Parasiten - Karl-Franzens-Universität Graz · Fehlwirt: aus ihm kann sich ein Parasit u.U. nicht...

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Parasitismus

= Leben – oder zumindest Vermehrung – durch Energieraub in oder an einem anderen lebenden Organismus (=Wirt)

Parasiten

= alle Erreger von Infektionen und Infestationen, die nicht zu den Viren, Bakterien oder Pilzen gehören

Eindringen (Invasion) und

Vermehrung des Erregers

Immunreaktion des Wirts (daraus ev. Infektionskrankheit)

Infektion

Infestation

Eine Infestation umfasst das Eindringen

und die Etablierung des Parasiten:

keine Vermehrung

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Wirte von Parasiten

Endwirt: in ihm wird Parasit geschlechtsreif

Zwischenwirt: in ihm setzt Parasit Entwicklung fort (Vermehrung oder Reifung), ohne geschlechtsreif zu werden

Fehlwirt: aus ihm kann sich ein Parasit u.U. nicht mehr befreien oder sich nicht weiterentwickeln

Parasitologische Termini

monoxene Parasiten: für Zyklus ist nur ein Wirt erforderlich (zB. Ascaris)

heteroxene Parasiten: ein- oder mehrfacher Wirtswechsel

diheteroxen (zB. Plasmodium) triheteroxen (zB. Diphyllobothrium)

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Definitionen

Präpatenz: Zeit zwischen der Infektion einesWirts und dem ersten Auftreten von nachweis-baren Stadien bzw. dem Ausscheiden vonEiern

Patenz: Zeitraum vom Beginn der Ausscheidung oder des Auftretens vonLarven bis zum letzten Ausscheidungstermin.

Endoparasiten

Protozoen: Amöben, Flagellaten, Ciliaten, Sporozoen

Archaezoen: Microspora (Pilze?)

Helminthen:

Trematoda (Saugwürmer)

Cestoda (Bandwürmer)

Nematoda (Fadenwürmer)

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Ektoparasiten

� Arthropoden (Gliederfüßler)

Acarina (Milben, Zecken)Insecta (Läuse, Wanzen, Mücken, Flöhe)

Übertragung

Unmittelbare Übertragung von Mensch zu Mensch (Trichomonas)

Direkte Übertragung (ohne ZW) von Mensch zu Mensch durch Dauerstadien (Entamöba)

über Zwischenwirte (Plasmodium)

Über Dauerstadien und Zwischenwirte (Schistosoma)

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Erreger von Infektionen und Infestationen des Menschen

Prionen: Proteine ohne DNS oder RNS

(Viroide: „nackte Nukleinsäuren“)

Viren: DNS oder RNS+ Proteine

Bakterien (inl. Chlamydien, Mykoplasmen, Rickettsien): Prokaryonten mit Zellwand

Pilze: Eukaryonten mit Zellwand

Eukaryonte Parasiten s.str.: Archezoen, Protozoen, Helminthen, Arthropoden

Parasitäre Infektionen und

Infestationen des Menschen

• Durch PROTOZOEN und ARCHEZOEN(ca. 70 medizinisch relevante Species: zB.: Schlafkrankheit, Amöbose, Malaria, Toxoplasmose)

• durch HELMINTHEN(ca. 350 med. rel. Species: zB.: Bilharziose, Zystizerkose, Askaridose, Onchozerkose)

• durch ARTHROPODEN (einige 100 med. rel. Species: zB.: Skabies, Myiasis) große Bedeutung als Vektoren pathogener Mikroorganismen

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Parasitosen: Globaler medizinischer Stellenwert

Toxoplasmose >3.000 ?

Ascaris lumbr. 1.420

Ancylostoma d. 1.300 0,065

Entamoeba h. 500 0,07

Plasmodium sp. 500 2,5 (2005)

Plasmodium sp. 214 0,5 (2015)

Schistosoma. sp. 200 0,02

Leishmania sp. 12 0,08

Infizierte (Mill.) Todesfälle/Jahr (Mill.)

Pathogen� Intestinal:

– Entamoebahistolytica

� Frei lebende:

– Naegleria species

– Acantamoebaspecies

– Balamuthiamandrillaris

Kommensalen� Intestinal:

– Entamoeba polecki +/-

– Dientamoeba fragilis +/-

– Iodamoeba bütschlii +/-

– Entamoeba dispar

– Entamoeba moshkovskii

– Entamoeba coli

– Entamoeba hartmanni

– Endolimax nana

Amöben

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Amöbose – Amöbiasis (Amöebenruhr):

� Entamoeba histolytica• Pathogene Spezies• Alleiniger Verursacher von Amöbendysenterie und

Amöbenleberabszess• Kann auch bei asymptomatischen Trägern vorkommen• Unterscheidbar: Isoenzymelektrophorese, ELISA, PCR

� Entamoeba dispar• Nichtpathogene Spezies• Keine oder nur sehr geringe Erkrankung (leichte

Diarrhoe)?• Wesentlich häufiger als Entamöba histolytica

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Amöbose: Entamoeba histolytica

� Vorkommen: weltweit

Afrika, Asien, Lateinamerika: 70-90%

USA/Europa: 1-4%

500 Mio infiziert

50 Mio erkrankt

40-100000 Todesfälle

� Trophozoiten (=vegetative Stadien)

� 10-60µm;

� Zysten

� 10-16µm; widerstandsfähige Hülle

� Tenazität: 28-34°C = 8 Tage; 10°C = 1 Mo

Amöbose: Entamoeba histolytica/dispar

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� Stumme Phase: Aufnahme von reifen Zysten durch feste oder flüssige Nahrung –Passage durch Magen und Dünndarm

� Aktive Phase:• Exzystierung im Caecum

• Adhäsion, Proliferation

• Zystenbildung im distalen Colon

Amöbose:Lebenszyklus von E. hsitolytica

Symptome nach 2-4 Wochen nach Infektion oder nach monate- jahrelanger Latenzzeit

� Intestinale Form: perorale Aufnahme von reifen Zysten und Freiwerden der Amoeben im Dünn-oder Dickdarm� Symptomatisch oder Asymptomatisch

� Extraintestinale Form: hämatogene Streuung von E. hystolytica in andere Organe� Leberabszess (> 20%)� Selten: Lunge, Gehirn, Haut

Amöbose:Entwicklung und Pathogenese (1)

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• Pathogenitätsfaktoren

– Galaktose-Lektin

– Porenbildendes Peptid („Amöbapore“)

– Cysteinproteinasen

Amöbose:Entwicklung und Pathogenese (2)

• Symptomatische intestinale AmöboseTrophozoitenaktivitäten:

– Anheftung an Darmzellen durch Vermittlung von Oberflächenlektinen

– Abtötung von Zellen durch porenbildende Peptide (Amoebapor der Typen A-C)

– Auflösung der extrazellulären Matrix durch Cystein-Proteasen

Trophozoiten können dadurch in Darmwand eindringen:

Schwellung, Nekrosen, Geschwüre (Kolon, Zäkum, Rektum)

Akute Krankheit: Diarrhoe; oft rezidivierende, chronische

Kolitis (Monate bis Jahre)

Amöbose:Entwicklung und Pathogenese (3)

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• Asymptomatische intestinale Amöbose

�Wird meist durch E. dispar verursacht

�Ähnliche Adhäsionsfähigkeiten wie E. histolytica

� Produziert nur geringe Mengen von Amoebapor A und B und kein C

Amöbose:Entwicklung und Pathogenese (4)

Extraintestinale Amöbose:

�kleine Nekroseherde (Abszesse) durch Zerstörung von

Leberparenchymzellen

�Im Zerfallsherd: gelbbraune, eiterähnliche Flüssigkeit

�Fieber, Oberbauchbeschwerden. Lebervergrößerung

�Nur 10% Amöbenkolitis

�Abszesse können in Pleurahöhle oder Lunge

durchbrechen (selten Milz, Gehirn ua)

Amöbose:Entwicklung und Pathogenese (5)

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�Häufigkeit bei Männern wesentlich höher als bei

Frauen (bis zu 1:8)

�Bei 30-40 Jahre alten Menschen am häufigsten

�Meistens einzeln, selten multipel

�In zwei Drittel der Fälle keine vorherige Amöbiasis

�Auftreten zwischen einigen Wochen bis zu 6 Jahren

nach der Infektion

Amöbenleberabszess:

� Asymptomatische Zystenausscheider, Nachbehandlung der symptomatischen intestinalen Form:

Diloxanidfuroat (Furamid)

Paromomycin (Humatin)

� Extraintestinale und symptomatische Form:

Nitroimidazole:

Metronidazol (Flagyl, Clont ua)

Ornidazol (Tiberal)

Tinidazol (Fasigyn)

Amöbose:Therapie

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� Starke Wechselwirkung mir Alkohol (Anreicherung von Acetaldehyd): Alkoholkarenz!!

� Mögliche teratogene Wirkung –besonders im ersten Trimenon

� Gastrointestinale NW: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Obstipation

� Scharfer metallischer Geschmack, Verfärbung des Urins

� ZNS-Nebenwirkungen bei längerer Therapie

Nebenwirkungen von Metronidazol

E. histolytica and E. coli

E. histolytica

E. coli

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Giardia lamblia (Lambliose, Giardiose) Syn.: Giardia intestinalis

� Weltweit verbreitet (3-4% in Europa; >50% in Entwicklungsländern).

� Vegetative Stadien (Trophozoiten) auf Schleimhaut des Dünndarms (Saugscheibe).

� Zysten: 4 Kerne, Geißeln und sichelförmiger Mediankörper.

� Reservoir: Rind, Schaf, Hund??Biber in USA == Zoonose??

Giardia lamblia

Epidemiologie: Zysten über Stuhl ins Wasser (ca. 3 Monate lebensfähig)

Übertragung: per os; fäkal-oral von Mensch zu Mensch oder über Trinkwasser und Nahrung.Inkubationszeit: 12-20 TagePathogenese: Entzündungserscheinungen im Dünndarm; Resorptionsstörungen; oft symptomlos mit spontaner Elimination, sonst:chronisch rezidivierende Durchfälle; Oberbauchbeschwerden, Erbrechen, Blähungen und Aufstoßen.

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Nitroimidazole:

Metronidazol (Flagyl, Clont ua)

Ornidazol (Tiberal)

Tinidazol (Fasigyn)Kinder: Furazolidon (Foroxone)

Schwangere: Paromomycin (Humatin)

Lambliose: Therapie

Trichomonas vaginalis: Trichomonose

Weltweit verbreitet

170 Millionen Neuerkrankungen/Jahr

In entwickelten Ländern: 5-20% Frauen< 5% Männer

Vaginitis, Urethritis

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Trichomonose Erreger

Birnenförmig; 10-20µm x 2-14µm; keine Zysten!�am vorderen Pol: Basalapparat mit 5 Geißeln�Achsenstab (Axostyl) aus Mikrotubuli�Ovaler Zellkern�Hydrogenosomen bilden H2 als Stoffwechselprodukt

TrichomonoseEntwicklung, Epidemiologie

T.vaginalis besiedelt Schleimhäutedes Urogenitaltraktes

Reservoir ist nur Mensch

Geringe Tenazität in der Außenwelt

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Trichomonose Krankheitsbild

Frau: Besiedelung der Vaginalschleimhaut(selten: Zervix); 20-50% symptomlos

Inkubationszeit: 2-24 Tage: Vaginitis

dünnflüssiger, eitriger, gelblicher Ausfluss

bis 70% in Harnröhre (Entzündungserscheinungen) (nur in Ausnahmefällen in Harnblase und Uterus)

Mann: <90% symptomlosUrethritis

Nitroimidazole:

Metronidazol (Flagyl, Clont ua)

Ornidazol (Tiberal)

Tinidazol (Fasigyn)Schwangere: Clotrimazol, lokal

Trichomonose Therapie

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Kryptosporidiose Cryptosporidium parvum

�1907 erstmals bei Mäusen entdeckt

�1976 erste Fälle beim Menschen beschrieben

�1993: Milwaukee (USA)

403.000 (1,3Mio) erkranken an einer schweren Diarrhoe, ausgelöst durch Cryptosporidien

354,600 persons (~88%) did not seek medical attention;44,000 persons (~11%) were seen as outpatients; and4,400 persons (~1%) were hospitalized.

� The total cost of outbreak-associated illness was $96.2 million:

� $31.7 million in medical costs and

� $64.6 million in productivity losses.

*) Emerging Infectious Diseases • Vol. 9, No. 4, April 2003

Cost of Illness in the 1993 Waterborne Cryptosporidium Outbreak, Milwaukee, Wisconsin*)

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Cryptosporidium sp.

� Obligat intrazellulärer Einzeller (Dünndarm)

� Kingdom:ProtistaPhylum:ApicomplexaClass:ConoidasidaSubclass:CoccidiasinaOrder:EucoccidioridaFamily:Cryptosporidiidae

� Genus:Cryptosporidium

� Inkubationszeit: 1 – 2 Wochen

� Klinik: • Immunkompetenz:

• meist asymptotischer Verlauf

• akut wässrige Diarrhoen

• abdominelle Krämpfe

• Selbstlimitierendes Krankheitsbild (5-11 Tage)

• Immundefizit:• Lebensbedrohlicher Verlauf; ausgeprägter

Wasser – und Elektrolytverlust, Tenesmen, Exsikkose und Gewichtsverlust

• va. Bei medikamentöser Immunsupression und fortg. HIV Infektion (CD4 Zellzahl <50/µl)

� ID 50: liegt bei 10 – 1.000 Oozysten

Kryptosporidiose

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Entwicklungszyklus: Cryptosporidium

Wirt

Umwelt

Mikrogamont

Mikrogamet

Makrogamet

Makrogamont

dünnwand. Oozyste

infektiöse

Oozyste

Schizont

Merozoit

Schizont

Sporozoit

Infektion

Oozysten von Cryptosporidium

sp.

ungefärbt Calcofluor- Färbungmodif. Ziehl-Neelsen

Färbung oder

Kinyoun-Färbung

Oozysten: ~5 µm Durchmesser

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Oocysts of Cryptosporidium parvum

Merozoit

Schizont

Cryptosporidium andersoniCryptosporidium baileyiCryptosporidium canisCryptosporidium felisCryptosporidium galliCryptosporidium hominisCryptosporidium meleagridisCryptosporidium murisCryptosporidium parvumCryptosporidium saurophilumCryptosporidium serpentisCryptosporidium wrairi

Species:

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Cryptosporidium "parvum" :

Genotype 1 (or genotype H for human) = Cryptosporidium hominis

Genotype 2 (or genotype C for calf) = Cryptosporidium parvum

Kryptosporidiose

Prävalenz in Europa

Gesamte Bevölkerung 2-4%

HIV-Patienten ca.20%

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