Prof. em. Dr. Werner Sacher Universität Erlangen-Nürnberg: Die Kooperation zwischen Eltern und...

Post on 06-Apr-2015

108 views 4 download

Transcript of Prof. em. Dr. Werner Sacher Universität Erlangen-Nürnberg: Die Kooperation zwischen Eltern und...

Prof. em. Dr. Werner SacherUniversität Erlangen-Nürnberg:

Die Kooperation zwischen Eltern Die Kooperation zwischen Eltern und Schuleund Schule

Vortrag im Arbeitskreis Bildungder CDU Ulm

Ulm, 27. 03. 2009

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Inhalt:

1. Das Potenzial von Elternarbeit2. Die Ziele der Elternarbeit3. Die Bereiche der Elternarbeit

3.1 Informationsaustausch3.2 Lern- und Erziehungskooperation mit der Schule3.3 Elternbildung / Elterntraining3.4 Hilfeleistungen der Eltern für die Schule3.5 Beteiligung der Eltern an Entscheidungen 3.6 Kooperation Einrichtungen am Ort3.7 Pflege der Atmosphäre3.8 Pflege von Kontakten

4. Problemzonen der Elternarbeit4.1 Schülerorientierte Elternarbeit4.2 Elternarbeit mit Migranten

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

1.1. Das Potenzial der ElternarbeitDas Potenzial der Elternarbeit

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Eltern haben großen Einflussauf die Schulleistung!

Einflüsse auf Lesekompetenz:

Begleituntersuchungen zu PISA 2000:

OECD 2001: Lernen fürdas Leben, S.356

Ähnlich: Einflüsse auf mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenz!

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

2. Die Ziele der Elternarbeit

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Die Ziele der Elternarbeit

Elternarbeit zielt auf verbesserten Lernerfolg auf verstärkten Erziehungserfolg

Elternarbeit muss bei den Schülern ankommen!

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

3. Die Bereiche der Elternarbeit

Aufgaben: Standards der National Parent Teacher Association 1997

„Communicating” / Kommunizieren: Informationsaustausch „Student learning”: Lern- und Erziehungskooperation

mit der Schule „Parenting“ / Elternbildung bzw. Elterntraining: Entwicklung der

Erziehungskompetenz der Eltern „Volunteering” / Hilfeleistungen der Eltern für die Schule „School Decision Making and Advocacy” / Partizipation der

Eltern an schulischen Entscheidungen und Beratungen „Collaborating with Community” / Kooperation mit

Einrichtungen und Personen am Ort

Bereiche der Elternarbeit

„Communicating” / Kommunizieren: Informationsaustausch „Student learning”: Lern- und Erziehungskooperation

mit der Schule „Parenting“ / Elternbildung bzw. Elterntraining: Entwicklung der

Erziehungskompetenz der Eltern „Volunteering” / Hilfeleistungen der Eltern für die Schule „School Decision Making and Advocacy” / Partizipation der

Eltern an schulischen Entscheidungen und Beratungen „Collaborating with Community” / Kooperation mit

Einrichtungen und Personen am Ort

Basis (Sacher 2008): Intensive Kontakte

Bereiche der Elternarbeit

Aufgaben (Standards der National Parent Teacher Association 1997)

Gute Atmosphäre

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

3.1 Informationsaustausch

Informationsaustausch – nicht nur Informationsfluss: Lehrkräfte holen viel weniger Information aus den

Elternhäusern ein, als sie über Schule und Unterricht geben!

Bringschuld und Holschuld beider Seiten!

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

3.2 Lern- und Erziehungskooperationmit der Schule

Schule soll unterrichten. Elternhaus soll erziehen:

Eltern prägen Weltanschauung und moralische Grundhaltung.

Aber: Schule soll Sekundärtugenden und Pflicht- und Akzeptanzwerte vermitteln.

Teilweise noch hinderliche Vorstellung einer Arbeitsteilung:

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Überwachung der Hausaufgaben

Hoher Lerneinsatz der Kinder

Leistungserwartungen

Diszipliniertes Verhalten

Tagesablauf der Schüler

Erziehungsmaßnahmen

Absprachen über Werte

Bayer. ViP-Projekt /Ausgangserhebung 2006

0% 20% 40% 60% 80% 100%

nie / kaum öfter / häufig

Die Mehrheit der Eltern pflegt keine Erziehungskooperation!

3.2 Lern- und Erziehungskooperation mit der Schule

3.3 Elternbildung / Elterntraining

Nachlassende Erziehungskraft der Familien:Kleinfamilie, Medieneinflüsse, Leben an der Armutsgrenze …

Unterstützen statt Klagen „Empowerment“: Strukturierung des Tagesablaufs Geordnete Lebens- und Lernumgebung Leistungserwartungen der Eltern Wertschätzung von Bildung und Schule Persönliches Modell vorleben

Eltern brauchen Unterstützung bei der Erziehung!

Für Elternbildung / Elterntraining braucht die Schule Partner!

nie

manchmal

oft

Lernen u.

Fragen der

Medien-

Verkehrs-

Gesundheits-

Sexual-

Umwelt-

Gewalt-

Entwicklung imKindes- u.Leistungen

Erziehung

erziehung

erziehung

erziehung

erziehung

erziehung

problemeJugendalter

tatsächliche

Häufigkeit

Häufigkeit

gewünschteBayer. Repräsentativ-Untersuchung 2004

3.3 Elternbildung / Elterntraining

Eltern erwarten von Lehrkräften pädagogische Beratung!

Bei Gesprächskontakten angesprochene Themen:

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Elternhilfe wird nur in Randbereichen gewünscht und praktiziert!

Bayer. Repräsentativ-Untersuchung 2004

Von Schulen erbetene Elternhilfe

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Schulfeste usw.

Klassenfahrten usw.

Mittags- u.Nachmittagsbetreuung

Hausaufgabengruppen

Nachhilfegruppen

Förderunterricht

nein

ja

3.4 Hilfeleistungen der Eltern für die Schule

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Im internationalen Vergleich sehr gut entwickeltes kollektives Mitbestimmungsrecht der Eltern

Jedoch: Elternvertretungen sind oft nicht repräsentativ:

Sie vertreten hauptsächlich Interessen „bildungsnaher“ Schichten (Schelsky Mohrhart 1980)

Migranten sind nur halb so stark vertreten, wie es ihnen zukommt. (Studie 2004)

Elternvertretungen haben oft zu wenig Kontakt zu den mandatslosen Eltern.

Kollektive Mitbestimmung wirkt sich wenig auf Lern- und Erziehungserfolg der Kinder aus.

Individuelle Mitbestimmung wäre entscheidend – ist aber wenig entwickelt.

3.5 Beteiligung der Eltern an Entscheidungen

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Notwendigkeit der Kooperation:

Familien mit kumulierten Problemen: finanzielle Probleme Beziehungsprobleme gesundheitliche Probleme psychosoziale Probleme Gewalt Drogen ...

Netzwerkarbeit!

3.6 Kooperation mit Einrichtungen am Ort und in der Region

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Kooperationspartner deutscher Schulen

Kooperation mit schulunterstützenden Diensten (in % der Schulen)(Behr-Heintze & Lipski 2005, S.16)

Schulpsychologischer Dienst (62 % der Nennungen)Erziehungsberatung (48 %) Hort (30 %)Schulsozialarbeit (22 %)Förderzentrum (21 %)

sonstige Dienste (10 %)Mediation (8 %)Schulstation (2 %)

0

5

10

15

20

25

30

keineDienste

ein zwei drei vier fünf sechs sieben

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Kooperationspartner deutscher SchulenKooperationspartner aus der Kommune (in % der Schulen)

(Behr-Heintze & Lipski 2005, S.17)

Betriebe (45 %)Arbeitsamt/Berufsberatung (44%)Jugendzentrum/‑club (22 %)Sonstige (10 %)

Sportvereine (62 % der Nennungen) Kirchen/Glaubensgemeinschaften (61 %)kulturelle Einrichtungen (60 %)Gericht/Justiz/Polizei/Feuerwehrr (57 %)Gemeindeverwaltung/Ämter (53%)

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

keine ein zwei drei vier fünf sechs sieben acht

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Absprachen über Erziehungsmaßnahmen

überdurchschnittlicheAtmosphäre

unterdurchschnittlicheAtmosphäre

Wenn die Chemie stimmt, läuft vieles besser!

Bayer. ViP-Projekt /Ausgangserhebung 2006

3.7 Pflege der Atmosphäre

12,3% 87,7%

30,0% 70,0%

Absprachennie oder kaum

Absprachen öfteroder häufig

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Atmosphäre-Wahrnehmung der Eltern

Achtung u. Kooperations- Gesprächs- Informations-

gut

eher gut

eher schlecht

bereitschaftVertrauen kultur austausch

3.7 Pflege der Atmosphäre

Bayer. Repräsentativ-Untersuchung 2004

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Die Stellschrauben der Atmosphäre:

AtmosphäreAtmosphäre

Möglichkeit zurMitarbeit im Unterricht

Informations-Informations-austauschaustausch Gesprächs-Gesprächs-

kontaktekontakte

MitwirkungMitwirkung

Einholen vonElternfeedback

Infobriefe an Eltern

Ausstellung vonSchülerarbeiten

informelle Gesprächemit Eltern

Anrufe bei Eltern

flexible Sprechzeiten

Betreuung

Schulfeste ect.

Bitte um HilfeBitte um Hilfe

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Schulveranstaltungen: Schulfeste Schulfeiern Theateraufführungen Konzerte Informationsveranstaltungen Vorträge

Elternstammtische

Kollektive Kontakte:

Ohne nachhaltige Auswirkung auf die Atmosphäre:

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

3.8 Kontakte

Kontakte zwischen Schule und Elternhaus sind defizitorientiert.

Mangel an aufsuchender und offensiver Elternarbeit: Wenig ausdrückliche und persönliche Einladungen

zu einem Gespräch Wenig spontane Gespräche bei zufälligen

Begegnungen Wenig Angebote flexibler Sprechzeiten Wenig Telefonanrufe Kaum Hausbesuche

Kontakte der Elternvertreter mit Eltern

Ein Viertel der Eltern kennt die Elternvertreter nicht namentlich.

Zwei Fünftel kennen die Elternvertreter nicht persönlich.

Mit 30% bis 50% haben Elternvertreter noch nie Kontakt aufgenommen.

Fast niemand von den Eltern bat die Elternvertreter jemals um Hilfe.

Elternvertreter missverstehen sich als Hilfstruppe der Schule, als „Supereltern“.

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

4.4. Problemzonen der ElternarbeitProblemzonen der Elternarbeit

4.1 Schülerorientierte Elternarbeit

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Effekte in den ViP-Modellschulen

1,00

1,40

1,80

2,20

2,60

3,00

Kommunikation u.Kooperation

Elternhilfe Misstrauen u.Befürchtung von Druck

nein

eher nein

eher ja 2006 2007

In 10 von 11 Schulen nahm die Akzeptanz der Elternarbeit in dem Maße ab, wie die Schulen ihre Elternarbeit verbesserten!

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Effekte in den ViP-Modellschulen

In der Volksschule, die Eltern-Lehrer-Schüler-Gespräche einführte,nahm die Akzeptanz der Elternarbeit zu!

eher nein

eher ja

1,00

1,40

1,80

2,20

2,60

3,00

1 2 3

2006 2007

nein

Kommunikation u.Kooperation

Elternhilfe Misstrauen u.Befürchtung von Druck

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

4.4. Problemzonen der ElternarbeitProblemzonen der Elternarbeit

4.2 Elternarbeit mit Migranten

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Grundlagenarbeit:

Migranten sind in Elternvertretern unterrepräsentiert.

Migranten haben weniger Kontakt zu Elternvertretern.

Migranten werden vor allem in Schulen mit geringeren Migranten-Anteilen wenig beachtet und ausgegrenzt.

Migranten in die Elternschaft der Schule integrieren!

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Information geben: über das deutsche Schulsystem über berufliche Möglichkeiten und ihre Voraussetzungen über den Unterricht in Deutschland

Information einholen: über das Kind über die Familie

Mehrsprachig! Auch Einladungen!Hilfen:ane@ane.de Müller-Boehm 2005

Informationsarbeit:

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Kontaktarbeit:Kontakte in der Schule:

Elternfreundliche Schule, Gefühl des Willkommenseins, „gleiche Augenhöhe“

Ausdrückliche Einladung zu Zweier- u. Dreiergesprächen Angemessene Termine: flexible Sprechzeiten, Abende,

Samstage u. Wochenenden, vor Beginn der Arbeitszeit und des Unterrichts; ggf. mit den Arbeitgebern verhandeln

Feste und kulturelle Veranstaltungen mit Beiträgen der Migranten

„Samstags-“ oder „Sonntagstreffs“ von Migranten und Lehrkräften

Familiennachmittage und gemeinsame Ausflüge Exkursionen zu kulturellen Einrichtungen Bürgerzentren,

Sportvereinen, Betreuungs- und Beratungseinrichtungen, Religionsgemeinschaften, Betrieben …

Prof. Dr. W. Sacher, 13. 10. 2008

Kontaktarbeit:Kontakte in der Schule:

Elterntraining Deutschkurse Sonderveranstaltungen für bestimmte Herkunftsländer Evtl. Betreuungsmöglichkeiten für mitgebrachte Kleinkinder Evtl. Mitfahrmöglichkeiten Mitarbeit im Unterricht Migranteneltern als Dolmetscher Begleitpersonen bei Schullandheimaufenthalten, Auslfügen,

Exkursionen Mitarbeit bei der Schulentwicklung Migranten an Entscheidungen beteiligen,

Mitwirkung in Elternvertretungen

Kontaktarbeit:Kontakte bei den Eltern:

Anrufe Spontanes Ansprechen bei zufälligen Begegnungen Stammtische oder Kaffeekränzchen außerhalb der Schule Gelegentliche Gesprächskontakte in der Nachbarschaft

der Eltern in Restaurants, Kirchen, Jugendzentren, Kulturzentren usw.

Besuch von Einrichtungen und Veranstaltungen, wo Migranteneltern zu treffen sind (z. B. Sportveranstaltungen, kulturelle u. religiöse Veranstaltungen, Straßenfeste, Restaurants)

An der Wohnungstür ausgesprochene persönliche Einladungen

Hausbesuche

LiteraturMüller-Boehm, E. (2005): LINK-Tipps zum Thema Elternarbeit. In: Grundschulunterricht, 52, 12, S. 29-30.

National Parent Teacher Association (1997): National Standards for Parent Family Involvement Programs. Chicago.

OECD Organisation for Economic Cooperation and Development (2001): Lernen für das Leben. Erste Ergebnisse der internationalen Schulleistungsstudie PISA 2000. Paris.

Sacher, W. (2004): Elternarbeit in den bayerischen Schulen. Repräsentativ-Befragung zur Elternarbeit im Sommer 2004. Nürnberg (SUN Schulpädagogische Untersuchungen Nürnberg, Nr. 23).

Sacher, W. (2005): Erfolgreiche und misslingende Elternarbeit. Ursachen und Handlungsmöglichkeiten. Erarbeitet auf der Grundlage der Repräsentativbefragung an bayerischen Schulen im Sommer 2004. Nürnberg (SUN Schulpädagogische Untersuchungen Nürnberg, Nr. 24).

Sacher, W. (2005): Elternarbeit. Forschungsergebnisse und Empfehlungen. Zusammenfassung der Repräsentativ-Untersuchung an den allgemeinbildenden Schulen Bayerns im Sommer 2004. (Nürnberg SUN Schulpädagogische Untersuchungen Nürnberg, Nr. 25).

Sacher, W. (2008): Elternarbeit. Gestaltungsmöglichkeiten und Grundlagen für alle Schularten. Bad Heilbrunn.

Sacher, W. (2009): Elternarbeit schülerorientiert. Grundlagen und Praxismodelle. Für die Jahrgänge 1 bis 4. Berlin: Cornelsen (im Druck).