Post on 04-Jun-2018
AJS Forum 2015: Kinder und Jugendliche
zwischen Erwartungsdruck und Selbstentfaltung
Referat: Vom Chillen bis zur Bildung –
die Aneignungsräume
von Kindern und Jugendlichen
Dortmund, 22.10.2015
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen
1 Die „Räume“ von Kindern und Jugendlichen
verändern sich
2 Blick in zwei „neue“ Räume: Kinder –
Ganztagsschule, Jugendliche - Shopping Mall
3 Sie passen sich an und sie eignen sich Räume an!
4 Was können wir tun: Aneignungsprozesse fördern,
das „Chillen“ schützen!
Dortmund, 22.10.2015
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen, meine Perspektive:
• Kinder und Jugendliche schaffen sich Frei-Räume (die wir auch
nicht alle kennen müssen)
• Es geht für mich weniger darum, ob wir Freiräume gewähren
sondern eher um die subjektive Perspektive, auch die subversive
Perspektive der Kinder und Jugendlichen
• Wie sehen die „Räume“ der Kinder/Jugendlichen aus, wie
schaffen sie „Räume“, verändern, gestalten sie diese?
• …und wie können wir dies unterstützen?
Dortmund, 22.10.2015
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen
1 Die „Räume“ von Kindern und Jugendlichen
verändern sich
2 Blick in zwei „neue“ Räume: Kinder –
Ganztagsschule, Jugendliche - Shopping Mall
3 Sie passen sich an und sie eignen sich Räume an!
4 Was können wir tun: Aneignungsprozesse fördern,
das „Chillen“ schützen!
Dortmund, 22.10.2015
Studie: Ganztagsschule (OGS) aus Sicht von Kindern
Befragung von Kindern an sechs Schulstandorten in
Düsseldorf
• Wie wird die Schule wahrgenommen?
• Wie werden die Räumlichkeiten, die räumliche Gestaltung und die Atmosphäre erlebt?
• Wie zufrieden sind die Kinder mit den zentralen Gestaltungselementen?
• Wie werden Beziehungen erlebt?
• Welche Stressoren lassen sich identifizieren?
• Wie schätzen die Kinder Partizipation ein?
• Umgebung der Schule und Schulweg?
Methodenübersicht
Die Befragung fand mit einem Mix
aus qualitativen und quantitativen
Methoden statt.
… Kinderfragebogen: 362 Kinder
… Nadelmethode: 177 Kinder
… Subjektive Schulkarte: 143 Kinder
… Subjektive Landkarte: 40 Kinder
… Gruppeninterviews: 60 Kinder
… Autofotographie: 38 Kinder
Legende: Rot: unbeliebt; Blau: beliebt; Gelb: kenne ich nicht, nutze ich nicht
Subjektive Schulkarte
46
48,5
33,5
48,2
17,3
40
die
Lehrerinnen
und Lehrer
die AG's
der Unterricht
29,4
15,7
13,3
1,8
22,7
6,4
Betreuer und
Betreuerinnen
in der OGS
dass ich jeden
Tag weiß, was
mich erwartet
das
Mittagessen
88,7
59,3
52
89,1
57,3
62,7
das Spielen
mit Freunden
die Ausflüge
mit den
anderen
Kindern
die anderen
Kinder
OGS Besuch
Kein OGS Besuch
Schule als Sozialer Ort (Ergebnisse Fragebogen)
„Stell Dir vor Du bist vier Wochen nicht in der Schule. Gibt es etwas was Dir fehlen würde?“
Basis: Alle Befragten, die eine Angabe gemacht haben, n=358 (248/ 110). (Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich)
Das Spielen mit Freunden, die anderen Kinder, Ausflüge mit ihnen….das würde den Kindern fehlen!
73,2%
34,0%
51,1%
54,7%
41,2%
21,5%
46,4%
26,2%
38,7%
21,5%
4,7%
17,1%
20,2%
3,9%
32,9%
Wir haben draußen genügend Platz zum Spielen!
Wir haben drinnen genügend Platz zum Spielen!
Wir haben Plätze zum Ausruhen!
Wir haben gute Sachen zum Spielen!
Wir haben Orte, wo wir auch ohne Erwachsene sein können!
stimmt geht so nein Keine Angabe
Räume (Ergebnisse Fragebogen)
„Wenn Du an Deine Schule und Deine OGS denkst - stimmen die Sätze, die unten stehen?“
TEIL I/II Basis: Alle Befragten, n=362.
26,7%
72,1%
43,8%
49,4%
10,4%
28,7%
55,0%
22,7%
45,4%
35,5%
39,8%
47,4%
16,3%
3,2%
7,2%
12,7%
47,4%
21,5%
2,0%
2,0%
3,6%
2,4%
2,4%
2,4%
Mir schmeckt das Essen gut!
Mir gefällt es gut, mit den anderen Kindern gemeinsam zu
essen!
Ich habe genügend Zeit um Mittag zu essen!
Ich fühle mich nicht gestresst beim Mittagessen!
Es ist angenehm ruhig beim Mittagessen!
Ich kann zu Mittag essen, ohne dass mich jemand stört!
stimmt geht so nein Keine Angabe
Mittagessen (Ergebnisse Fragebogen)
„Wenn Du an das Mittagessen denkst - stimmen die Sätze, die unten stehen?“
Basis: Befragte Kinder, die die OGS besuchen (n=251).
Handlungsempfehlungen
• Stärkere Berücksichtigung von Freundschaften /
Peers
• Schule als Lebensort, den Kinder auch mitgestalten/
mitbestimmen können, d.h.
Beteiligungsmöglichkeiten und Partizipation
ausbauen
• Weitere Verbesserung des sozialen Klimas
• Mädchen und Jungen erleben die Ganztagsschule
unterschiedlich (Genderaspekte)
Handlungsempfehlungen
• Kinder benötigen vielfältige Aneignungs- und
Bildungsformen, die über das schulische Lernen weit
hinausgehen: „Möglichkeitsräume“
• Öffnung der Offenen Ganztagsschule in den
Sozialraum
• Räume/Räumlichkeiten, „Gestaltungsräume“,
„Ermöglichungsräume“
• Feste Kooperationen mit Kinder- und Jugend-
einrichtungen, Abenteuerspielplätzen - auch als
außerschulische Lernorte und als „Räume“
außerhalb von Schule.
Kinder zwischen Erwartungsdruck und Selbstentfaltung, vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von Kindern und Jugendlichen
• Veränderungen von Kindheit (z.B. Verhäuslichung) werden spürbar
• Die Schule ist zu einem zentralen Lebensort der Kinder geworden, an dem sie ihre Freundschaften usw. haben
• Die Kinder würden gern mehr mitbestimmen, warum geht das nicht?
• Die Kinder finden (kleine) Möglichkeiten der Selbstentfaltung, „Aneignungsräume“ durch Veränderungen, Umwidmungen, Spiel, aber es fehlen Rückzugsmöglichkeiten
• Außerschulische Partner z.B. die Kinder- und Jugendarbeit mit ihren Lern- und Aneignungsformen erweitern den „Raum“ der Schule und die Bildungsmöglichkeiten im Bereich informeller, non-formaler Bildung.
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen
1 Die „Räume“ von Kindern und Jugendlichen
verändern sich
2 Blick in zwei „neue“ Räume: Kinder –
Ganztagsschule, Jugendliche - Shopping Mall
3 Sie passen sich an und sie eignen sich Räume an!
4 Was können wir tun: Aneignungsprozesse fördern,
das „Chillen“ schützen!
Dortmund, 22.10.2015
Forschungsprojekt: „`Chillen´ in der Shopping Mall - neue Aneignungsformen von Jugendlichen in halböffentlichen, kommerziell definierten Räumen“
Lebenswelten untersuchen: Befragungen in Shopping Malls
Die Jugendlichen wurden an drei Orten befragt:
• Düsseldorf Arcaden in Düsseldorf Bilk
• CentrO in Oberhausen
• LeoCenter in Leonberg
Fragebogen: 387 Jugendliche 11 – 21 Jahre.
Interviews mit Jugendlichen, Fachkräften der OKJA, Mobilen Jugendarbeit, Securitys,
Nadelmethode mit Jugendlichen
59,9%
53,5%
42,9%
22,0%
31,8%
17,1%
21,4%
30,7%
31,0%
33,1%
48,8%
35,7%
39,5%
29,5%
5,4%
12,4%
20,2%
24,8%
27,9%
38,2%
43,4%
Shoppen
Freunde treffen
Chillen
Ins Café / zu Mc Donalds /Restaurant gehen
Smartphone / SMS / Facebook /WhatsApp / Messenger
Schaufenster anschauen
Leute beobachten
häufig ab und zu nie Keine Angabe
„Wenn du in die Shopping Mall gehst, wie oft gehst du folgenden Tätigkeiten nach?“
TEIL I/XVI
Basis: Alle Befragten, n=387, absteigend sortiert (häufig & ab und zu). (Wenn nicht anders vermerkt „keine Angaben“ > 7,5 %)
Chart I/II
53,2%
3,8%
0,6%
1,9%
1,3%
32,3%
20,3%
13,3%
5,7%
6,3%
11,4%
71,5%
81,0%
82,3%
83,5%
10,1%
8,9%
in die Coca Cola Oase gehen
Am Kanal rumhängen
In die KöPi-Arena gehen
Manni Mobil
Flotte Lotte
häufig ab und zu nie Keine Angabe
„Wenn du in die Shopping Mall gehst, wie oft gehst du folgenden Tätigkeiten nach?“ (nur Oberhausen)
TEIL XIV/XVI
Basis: Alle Befragten, n=158, absteigend sortiert (häufig & ab und zu). (Wenn nicht anders vermerkt „keine Angaben“ > 7,5 %)
79,3%
73,4%
60,5%
52,5%
50,9%
48,1%
41,6%
35,1%
34,4%
24,8%
17,6%
12,7%
4,7%
9,8%
24,0%
32,3%
28,7%
28,4%
24,5%
42,1%
46,0%
65,1%
5,7%
19,1%
25,8%
20,4%
14,0%
19,4%
26,6%
37,5%
20,2%
25,6%
14,0%
Stimme zu Stimme nicht zu Ist für mich unwichtig keine Angabe
„Inwiefern stimmst du den folgenden Aussagen zu?“
Teil I/VII
Basis: Alle Befragten, n=387, absteigend sortiert. (Wenn nicht anders vermerkt „keine Angaben“ > 7,5 %)
Hier kann ich mich in Ruhe mit Freunden
verabreden!
Fast alle meiner Freunde sind hier!
Ich bin hier weil es keinen anderen Ort
gibt wo wir uns in Ruhe treffen können!
Mir gefällt dass ich hier ohne
Erwachsene unterwegs sein kann!!
Meine Freunde hier zu treffen ist
wichtiger als Shoppen!
Hier sind einfach die besseren und
günstigeren Shops im Vergleich zur City!
Hier gibt es keinen Stress!
Hier lerne ich neue Leute kennen!
Ich fühle mich hier Willkommen
und erwünscht!
Durch die Shopping Mall bin ich
modisch auf dem Laufenden!
Hier zu sein ist angesagt!
64,9%
57,6%
25,1%
5,9%
23,3%
23,8%
44,7%
16,8%
5,7%
13,4%
23,3%
67,2% 10,1%
häufig ab und zu nie keine Angabe
„Wenn Du mit deinen Freunden in der Shopping Mall unterwegs bist, wie bleibt ihr in Kontakt?“
Teil I/II
Basis: Alle Befragten, n=387, absteigend sortiert (häufig & ab und zu). (Wenn nicht anders vermerkt „keine Angaben“ > 7,5 %)
Wir verbringen die ganze
Zeit zusammen
Über WhatsApp
Wir telefonieren
SMS
26,8%
19,7%
18,3%
7,0%
43,7%
40,8%
39,4%
25,4%
26,8%
29,6%
33,8%
59,2%
9,9%
8,5%
8,5%
Das freie W-Lan benutzen
Leo Chill
im Park rumhängen
Leo Action
häufig ab und zu nie Keine Angabe
„Wenn du in die Shopping Mall gehst, wie oft gehst du folgenden Tätigkeiten nach?“ (nur Leonberg)
TEIL XV/XVII
Basis: Alle Befragten, n=71, absteigend sortiert (häufig & ab und zu). (Wenn nicht anders vermerkt „keine Angaben“ > 7,5 %)
Leo Chill und Leo Action alsAngebote der Mobilen Jugendarbeit in der Leonberger Mall
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen
1 Die „Räume“ von Kindern und Jugendlichen
verändern sich
2 Blick in zwei „neue“ Räume: Kinder –
Ganztagsschule, Jugendliche - Shopping Mall
3 Sie passen sich an und sie eignen sich Räume an!
4 Was können wir tun: Aneignungsprozesse fördern,
das „Chillen“ schützen!
Dortmund, 22.10.2015
Kinder und Jugendliche zwischen Erwartungsdruck und Selbstentfaltung, Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von Kindern und Jugendlichen
• Jugendliche passen sich an, schätzen die Sicherheit, die Strukturen und übernehmen das dominante Thema Konsum
• Sie spielen mit der Rolle der potentiellen Kunden und holen sich Anerkennung
• Sie nutzen die Malls als nicht pädagogisierte Räume, als Freiräume
• Sie verändern Situationen, sie unterlaufen auch die Regeln und schaffen sich „Räume“, die aber nur schwer sichtbar sind
• Gegenkulturelle Räume sehen anders aus und können wohl nicht in den Malls entstehen!
„Räume“ der Kinder und Jugendlichen verstehen - mit dem Aneignungskonzept (Activity Theory):
• Jugendliche sind in der Lage, gesellschaftliche Orte, wie Schulen, Shopping Malls etc. in ihrer Weise zu (be)leben, d. h. neben deren offizieller Funktion ihr kindliches , jugendliches Leben zu entwickeln und sich eigene Räume anzueignen. Dies gelingt durch Umwidmung, Veränderung, Verknüpfung von Räumen und Situationen.
• In diesen „neuen“ Räumen finden auch informelle Lernprozesse statt!
• Dabei geht es immer auch um „Jugendkulturen“ und um kulturelle Aneignungspraxen!
Aneignungsformen sind:
• eigentätige Auseinandersetzung mit der Umwelt
• Inszenierung, Verortung im öffentlichen Raum (Nischen, Ecken, Bühnen) und in Institutionen
• Erweiterung des Handlungsraumes (die neuen Möglichkeiten, die in neuen Räumen liegen)
• Veränderung vorgegebener Situationen und Arrangements
• Erweiterung motorischer, gegenständlicher, kreativer und medialer Kompetenz
• Aneignung als Verknüpfung von Räumen (virtuelle und gegenständliche Räume)
• Aneignung als „Spacing“ (an einem Ort können mehrere Räume entstehen!)
„Learning by doing“ (J. Dewey)!
Der „andere“ Bildungs-
Diskurs im englisch-
sprachigem Raum.
Ein vom Subjekt aus-
gehender Bildungsbegriff!
(wie bei Humboldt).
Vom Aneignungskonzept
zur Activity Theory
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen
1 Die „Räume“ von Kindern und Jugendlichen
verändern sich
2 Blick in zwei „neue“ Räume: Kinder –
Ganztagsschule, Jugendliche - Shopping Mall
3 Sie passen sich an und sie eignen sich Räume an!
4 Was können wir tun: Aneignungsprozesse fördern,
das „Chillen“ schützen!
Dortmund, 22.10.2015
Wie können wir Aneignungsprozesse
fördern: indem wir im Hintergrund
Bretter festhalten und die Kinder wirken
lassen!
Zwölfter Kinder- undJugendberichtder Bundesregierung
S. 130
Vermittlung
Aneignung
„Bildungsmodalitäten“
allein
Kein fester Zeitrahmen
„Chillen ist, wenn wir einfach irgendwo zusammen rumhängen und nichts spezielles zu tun haben“ (Jugendliche aus Lübeck)
Chillen als Reaktion auf ihre Lebenssituation, als jugendspezifische Raumbildung?
„Was bedeutet für dich der Begriff ‚chillen‘?“ (Mehrfachnennungen möglich)
Teil I/IV
Basis: Alle Befragten die eine Angabe gemacht haben, n=380, absteigend sortiert, Angaben in Prozent.
Abhängen
Freunde treffen
entspannen
Keinen Stress
Musik hören
faulenzen
Nichts tun
Den Kopf frei kriegen und an
nichts denken müssen
Alleine sein
88,9%
85,3%
71,8%
63,4%
61,1%
57,6%
47,1%
39,7%
11,3%
Wie ist das „Chillen“ zu verstehen? Jugendliche schützensich mit der Bezeichnung„Chillen“, die Erwachsenenicht wirklich verstehen.Sie schaffen sich „Räume“.Sie reagieren auf denErwartungsdruck.
Wir interpretieren: „Jugendliche verharren in
Gelegenheitsstrukturen“ (Lothar Böhnisch)
Kinder zwischen Erwartungsdruck und Selbstentfaltung, vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von Kindern und Jugendlichen
Vom Chillen bis zur Bildung – die Aneignungsräume von
Kindern und Jugendlichen
1 Die „Räume“ von Kindern und Jugendlichen
verändern sich
2 Blick in zwei „neue“ Räume: Kinder –
Ganztagsschule, Jugendliche - Shopping Mall
3 Sie passen sich an und sie eignen sich Räume an!
4 Was können wir tun: Aneignungsprozesse fördern,
das „Chillen“ schützen-
als Jugendschutz!
„Tätigkeit - Aneignung – Bildung“Kostenlose Online-
Publikation im online-Journal: www.sozialraum.de:
„Vom Aneignungskonzept zur Activity Theory“
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