Post on 14-Jul-2015
Rezension
Rezensionstitel: Fobbe: Forensische Linguistik
Autor: Dr. Sascha Bechmann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Rezension: Eilika Fobbe, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Greifswald, hat mit dem
Studienbuch Forensische Linguistik eine höchstinteressante Einführung in ein spezielles Teilgebiet der
angewandten Linguistik vorgelegt. Als Schulungsleiterin für forensische Linguistik beim
Bundeskriminalamt ist die Autorin prädestiniert dafür, Studierenden der Germanistik wie auch
Jurastudenten und interessierten Laien einen Einblick in diesen Themenkomplex zu geben, der
zwischen Kriminalistik, Linguistik und Rechtswissenschaft angesiedelt ist.
Das Studienbuch umfasst 254 Seiten reinen Text, ergänzt durch ein ausführliches Literaturverzeichnis
und ist in drei größere Teilabschnitte aufgegliedert. Der erste Teil befasst sich mit dem
Gegenstandsbereich der forensischen Linguistik und gibt dem Leser Einblicke sowohl in die
Arbeitsfelder als auch in die Arbeitstechniken forensischer Linguistik. Insbesondere der Aspekt der
Autorenerkennung anhand spezifischer stilistischer Textmerkmale wird in den Fokus gerückt. Teil II
des Studienbuchs ist Aspekten der Analyse verschiedener Textsorten gewidmet und umfasst
interessante Textsorten wie etwa den Erpresserbrief oder Abschiedsbriefe im Zuge suizidaler
Sachverhalte. Der Leser gewinnt hier u.a. wertvolle Hinweise dazu, anhand welcher Merkmale die
Autorenschaft eines Textes zweifelsfrei gesichert werden kann. Die analytischen Befunde sind
durchweg sprachwissenschaftlich durch Definitionen untermauert, so dass die besprochenen
Techniken der Textanalyse auf gutem wissenschaftlichem Fundament stehen.
Teil III dieser Arbeit befasst sich intensiv mit gerichtlichen Gutachten und gibt Einblicke in den
Aufgabenbereich eines Sachkundigen vor Gericht. Dieser Abschnitt scheint mir der schwächste des
Buches zu sein, weil hier insbesondere die Übungsaufgaben wenig zum Erkenntnisgewinn des Lesers
beitragen.
Befördert werden das Verständnis und die Lesbarkeit dieses Buches durch zahlreiche Beispiele und
durch Übungsaufgaben, die das Buch auf den ersten Blick didaktisch erst zu einem echten
Studienbuch für das Selbststudium machen. Leider muss man hier anmerken, dass die
Übungsaufgaben, die sich in jedem Kapitel und äußerst zahlreich finden lassen, im Weiteren ohne
Auflösung bleiben. Eine Selbstkontrolle für den Leser wird dadurch nur teilweise möglich, so dass aus
didaktischer Sicht am Sinn der gestellten Aufgaben gezweifelt werden darf. Hier wäre weniger
vermutlich mehr: Wenige, dafür aber deutlich zielgerichtete Übungsaufgaben mit ausführlichen
Musterlösungen wären didaktisch sinnvoller.
Die vielen eingängigen Beispiele (z.B. in der Darstellung verschiedener Textsorten) sorgen dafür, dass
der Leser die Inhalte auch ohne fundiertes linguistisches Wissen erschließen kann. Somit eignet sich
das Studienbuch nicht nur für Studierende der Sprachwissenschaft, sondern vermutlich ebenso gut
auch für Praktiker aus dem Bereich Kriminalistik und selbstverständlich auch für Studierende
benachbarter Disziplinen. Dass Fobbe hier ein Studienbuch mit interdisziplinärer Ausrichtung vorlegt
und durch weitgehenden Verzicht auf Fachvokabular einer breiten Leserschaft zugänglich macht, ist
als besonders positiv hervorzuheben.
Trotz der vielen Beispiele und der sprachlichen Einfachheit dieses Buches gibt es doch einen
Wermutstropfen: Das Studienbuch ist sehr textlastig und auch wenn die dargestellten Sachverhalte
wenig komplex sind, würde die eine oder andere Abbildung dem Buch gut tun. Der Textfluss ist sehr
homogen, so dass man sich deutlichere typographische Strukturelemente wünschen würde, die
einzelne Abschnitte und Themenbereiche voneinander trennen. Ebenso fehlen Hervorhebungen
wichtiger Begriffe oder Merksätze, die gerade für den Laien das Lernen von Fachbegriffen erleichtern
würden. Ein kurzes Fazit am Ende eines jeden Kapitels oder Abschnitts wäre wünschenswert, so dass
man auch nach einiger Zeit noch Dinge einfach nachschlagen und wiederfinden kann.
Fazit: Insgesamt ist dieses Studienbuch eine interessante Einführung, die sich aufgrund der
Einfachheit der Darstellung an eine breite Leserschaft wendet, aber didaktisch deutliche Schwächen
aufweist und typographisch eher lieblos und langweilig gestaltet ist. Hier wäre mehr didaktisches und
gestalterisches Potenzial vorhanden gewesen und hätte genutzt werden sollen, insbesondere, da sich
das Studienbuch zum Selbststudium auch an interessierte (sprachwissenschaftliche) Laien richtet.
Ansonsten auch in Punkto Preis-Leistung ein empfehlenswertes Buch.