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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 33
Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,
Organverträgen und Fusionen
Nr. 2/2013 vom 17. Februar 2013 ISSN 2195-7274
Inhaltsübersicht
Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der
Aktienrechtsnovelle 2012“:
Weitere Stellungnahmen, S. 34
Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen, S. 35
Entscheidungen zu Spruchverfahren:
OLG Frankfurt a.M. zu einer Leistungsklage nach Abschluss eines
vertragsüberdauernden Spruchverfahrens zu einem Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag (AEG/Daimler), S. 48
mit Anmerkung von Rechtsanwalt Dr. Theo Schubert, S. 52
Abgeschlossene Spruchverfahren:
ASKO Deutsche Kaufhaus AG, S. 54; Deutsche SB-Kauf AG, S. 55
Anstehende und laufende Spruchverfahren:
net-m privatbank 1891 AG, S. 56
Die Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und
online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint
jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen
wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: Verteiler@SpruchZ.de
Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie
kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.
Spruchverfahren aktuell
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 34
Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und
Folgeänderungen anlässlich der Aktienrechtsnovelle
2012“
Die Anhörung zu der geplanten Gesetzesänderung findet am 18. Februar 2013 vor
dem Rechtsausschuss des Bundestags statt.
Neben den bereits dokumentierten Stellungnahmen zu der Gesetzesinitiative
"Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der
Aktienrechtsnovelle 2012" on der letzten Ausgabe ist insbesondere auf folgende
Stellungnahmen zu verweisen:
Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)
http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-
deutschland/2013/januar/stellungnahme-der-brak-2013-01.pdf
Die Bundesrechtsanwaltskammer bemängelt u.a., dass das OLG als Eingangsinstanz
zu "einem Verlust von Sachkunde (führen werde), was für eine
Verfahrensbeschleunigung und die Gewährleistung einer vollen Entschädigung
abträglich wäre". Die Kammer für Handelssachen am Landgericht sei zur
Sachverhaltsaufklärung deutlich besser geeignet.
Der Gesetzesvorschlag werde bei Umsetzung "zu einer weiteren Zersplitterung der in
Spruchverfahren regional extrem uneinheitlichen Rechtsprechung führen".
Deutscher Notarverein
http://www.dnotv.de/Dokumente/Stellungnahmen/STN-DNotV-UmwG.pdf
Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen (nachfolgend S. 36 ff.)
http://www.meilicke-hoffmann.de/assets/pdf/Stellungnahme-Aenderungen-im-
Umwandlungsrecht-15-01-13.pdf
IDW - Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.
http://www.idw.de/idw/portal/n281334/n281114/n281120/d332922/search/verlautba
rung.do?status=Sonstige&cmd=sdf?id...
(unter "Verlautbarungen" > "Download sonstiger Verlautbarungen"
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Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen,
Rechtsanwälte Dr. Daniel Lochner und Sebastian Schödel:
Sehr geehrter Herr Dr. Weis,
sehr geehrter Herr Dr. Neye,
mit Schreiben vom 30. November 2012, Az. III A 1 - 3501/24, hat das
Bundesministerium der Justiz die am Gesellschaftsrecht interessierten Verbände
allgemein dazu aufgerufen zu einem Vorschlag des Vorsitzenden des
Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins (im Folgenden auch
„Regelungsvorschlag“) Stellung zu nehmen, der einige grundlegende Änderungen
im Umwandlungsgesetz und weiteren gesellschaftsrechtlichen Gesetzen zum
Gegenstand hat. Einer der zentralen Gegenstände dieses Regelungsvorschlages ist
es, zur Beschleunigung aller Spruchverfahren künftig die Entscheidungen durch das
Oberlandesgericht als erste und einzige Instanz vorzusehen.
Zumal unsere Kanzlei sowohl Aktiengesellschaften als auch Groß- und
Minderheitsaktionäre vertritt und seit vielen Jahren in aktienrechtlichen Spruch-
verfahren tätig ist, greifen wir Ihren Aufruf gerne auf, um unsere Sichtweise zu dem
Regelungsvorschlag dazulegen. Da der Handelsrechtsauschuss des Deutschen
Anwaltvereins mit Kollegen besetzt ist, die in ihrer Berufpraxis praktisch ausschließlich
Gesellschaftsinteressen vertreten, was sich auch im Regelungsvorschlag
widerspiegelt, denken wir aufgrund unserer Erfahrung auch in der Vertretung von
Anlegern einen Beitrag leisten zu können, damit sich für den Rechtausschuss des
Deutschen Bundestages ein ausgewogenes Gesamtbild bietet. Inhaltlich
beschränken wir unsere Stellungnahme auf die vorgeschlagene Verkürzung des
Rechtsschutzes im Spruchverfahren durch Abschaffung des Instanzenzuges.
Das mit dem Regelungsvorschlag erklärtermaßen verfolgte Ziel, die Dauer von
Spruchverfahren zu verkürzen, ist grundsätzlich sehr zu befürworten. Denn das Gebot
effektiven Rechtsschutzes verlangt im Interesse der Rechtssuchenden die
Durchführung von Gerichtsverfahren innerhalb angemessener Zeit. Es hieße jedoch
das „Kind mit dem Bade auszuschütten“ und wäre daher der falsche Ansatz, wenn
dieses Ziel einer Effizienzsteigerung und damit Verbesserung des Rechtsschutzes im
Spruchverfahren ausgerechnet durch die Abschaffung von Rechtsmitteln verwirklicht
werden soll, d.h. indem man mit den Rechtsschutzsuchenden „kurzen Prozess“
macht. Vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung der letzten Jahre, die
Kapitalanleger durch einen erheblichen Rückbau des Rechtschutzes im
Anfechtungsprozess immer mehr auf ein „dulde und liquidiere“ verweist, ist es nicht
gerechtfertigt nun auch den Rechtsschutz im Spruchverfahren zurückzufahren. Das
im Regelungsvorschlag als Regelungsvorbild für die vorgeschlagene eininstanzliche
Ausgestaltung herangezogene Freigabeverfahren bietet schon wegen seines
Charakters als Eilverfahren keine geeignete Orientierung. Überdies ist auch nicht
plausibel zu begründen, warum die Verlagerung der Eingangsinstanz auf das
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Oberlandesgericht - neben einer absehbar massiven Mehrbelastung der
Oberlandesgerichte - zu einer Verfahrensverkürzung beitragen sollte. Dies gilt umso
mehr, da in der jüngeren Praxis vermehrt zu beobachten ist, dass gerade die
Landgerichte die Verfahrensdauer ganz erheblich durch einen zunehmend
effizienten Gebrauch ihrer Verfahrensleitungsbefugnisse verkürzen.
Im Einzelnen:
A. Inhalt und Auswirkungen des Regelungsvorschlags
I. Inhalt des Regelungsvorschlags
Der Regelungsvorschlag sieht vor, die Zuständigkeit für die Durchführung des
Spruchverfahrens den Oberlandesgerichten zuzuweisen (§ 11 Abs. 1 SpruchG n.F.)
und deren Beschluss für unanfechtbar zu erklären (§ 11 Abs. 2 S. 2 SpruchG n.F.). § 12
SpruchG, der in der gegenwärtigen Fassung die Beschwerde gegen die
Entscheidung der ersten Instanz regelt, soll dementsprechend ersatzlos gestrichen
werden.
II. Auswirkungen
1. Geltung für sämtliche Spruchverfahren
Die vorgeschlagene Änderung des Spruchverfahrensgesetzes würde für sämtliche
Spruchverfahren gelten und geht daher über den im Regelungsvorschlag
benannten Regelungsanlass, eine alternative Form der Nachbesserung bei der
Verschmelzung zu ermöglichen, deutlich hinaus.
2. Abschaffung auch der Rechtsbeschwerde?
Nach der gegenwärtigen, seit Einführung des FamFG im Jahre 2009 geltenden
Rechtslage, kann das Beschwerdegericht nach § 70 Abs. 1 FamFG die
Rechtsbeschwerde zum BGH zulassen. In diesem Fall besteht der Rechtsweg im
Spruchverfahren also aus drei Instanzen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde existiert
anders als nach § 544 ZPO allerdings nicht. Für Altverfahren vor Einführung des
FamFG besteht die Möglichkeit der weiteren Beschwerde und der Divergenzvorlage
nach § 12 Abs. 2 S. 2 SpruchG a.F. i.V.m. § 28 Abs. 2 und 3 FGG fort (vgl. Drescher, in:
Spindler/Stilz, AktG, § 12 SpruchG Rn. 22).
Ob mit dem Regelungsvorschlag auch die Abschaffung der Rechtsbeschwerde
angestrebt ist, wird in der Begründung nicht ausdrücklich angesprochen. Auf den
ersten Blick scheint die vorgeschlagene Neuregelung nicht zwingend auf die
Abschaffung der Rechtsbeschwerde hinauszulaufen. Denn nach § 70 Abs. 1 FamFG
kann nicht nur das „Beschwerdegericht“, sondern auch das in erster Instanz tätige
Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zulassen.
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Ungeachtet dessen dürfte der Gesetzgebungsvorschlag jedoch gerade auch auf
die Abschaffung der Rechtsbeschwerdemöglichkeit zielen. Dafür spricht die
ausdrückliche Rede von einem „eininstanzlichen“ Verfahren und die Betonung der
Parallele zum Freigabeverfahren nach § 246a AktG. Denn für das Freigabeverfahren
ist anerkannt, dass die auch dort grundsätzlich nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in
Betracht kommende Rechtsbeschwerde durch § 246a Abs. 3 S. 4 AktG
ausgeschlossen ist, der den Beschluss des OLG für „unanfechtbar“ erklärt (vgl. Hüffer,
AktG, § 246a Rn. 26; Heidel in: Heidel, Aktienrecht, § 246a AktG, Rn 11, 27; Dörr, in:
Spindler/Stilz, AktG, § 246a Rn. 35). Eine gleichlautende Regelung soll nach dem
Regelungsvorschlag auch in § 11 Abs. 2 S. 2 SpruchG n.F. aufgenommen werden.
Dies könnte daher ebenso wie im Rahmen von § 246a Abs. 3 S. 4 AktG als Ausschluss
der Rechtsbeschwerde ausgelegt werden.
Ohne dies ausdrücklich anzusprechen, zielt der Regelungsvorschlag also offenbar
nicht nur auf die Abschaffung der Beschwerde, sondern auch auf die Abschaffung
der Rechtsbeschwerde, die der Gesetzgeber erst durch die Einführung des FamFG im
Jahre 2009 für das Spruchverfahren eröffnet hat.
B. Begründung der Verkürzung des Rechtsschutzes im Spruchverfahren auf eine
Instanz
Die Begründung des Regelungsvorschlags für die angestrebte
Rechtsschutzverkürzung beschränkt sich auf die pauschale Feststellung, dass
Spruchverfahren unzumutbar lang seien und dass die Dauer „erheblich verkürzt
werden [könne], wenn sich der Gesetzgeber entschließt, das Verfahren auf eine
Instanz zu beschränken und dem OLG zuzuweisen“. Aufsetzend auf diesem Befund
einer unzumutbaren Verfahrenslänge zieht der Regelungsvorschlag eine Parallele
zum Freigabeverfahren und führt aus, sei es „dringend geboten, auch für das
Spruchverfahren ein eininstanzliches Verfahren vorzusehen“. Näher erläutert wird
dieser Aspekt aber nicht.
C. Vorgeschlagene Rechtsschutzverkürzung nicht empfehlenswert
Zur Beurteilung der Sachfrage, ob dem Vorschlag einer Verkürzung des
Rechtsschutzes im Spruchverfahren zugestimmt werden kann, ist zunächst das
zentrale Regelungsanliegen des SpruchG - der Vermögensschutz außenstehender
Aktionäre bei Eingriffen in ihr Aktieneigentum - in Erinnerung zu rufen (I). Dies ist vor
allem deswegen angezeigt, weil die Begründung des vorgelegten
Regelungsvorschlags einseitig die Perspektive des zum Ausgleich, zur Abfindung oder
Zuzahlung verpflichteten Unternehmens einnimmt. Im Anschluss daran wird auf die
Details des im Regelungsvorschlag verfolgten Begründungsansatzes einzugehen sein
(II).
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I. Regelungszweck des Spruchverfahrens
1. Gewährleistung vermögensrechtlichen Aktionärsschutzes
AktG und UmwG erlauben mit Recht die Durchführung zahlreicher
Strukturmaßnahmen auch gegen den Willen außenstehender Aktionäre, obgleich
diese Maßnahmen wertmindernd in deren Aktieneigentum eingreifen oder dieses
sogar ganz entziehen. Das Gesetz räumt den Aktionären insoweit Abfindungs-,
Ausgleichs- und Zuzahlungsansprüche ein, deren Angemessenheit als Kompensation
für die erlittene Beeinträchtigung im Spruchverfahren überprüft wird.
Das Spruchverfahren bildet damit einen wichtigen Teil des Rechtsschutzes, den Art.
14 Abs. 1 GG erfordert, wenn das Gesetz es der Mehrheit erlaubt, in das
Aktieneigentum der Minderheit einzugreifen (vgl. etwa Riegger, in: Kölner
Kommentar zum SpruchG, Einleitung Rn. 2). Denn nach ständiger Rechtsprechung
des BVerfG schützt Art. 14 Abs. 1 GG das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum,
das sowohl die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs in der Gesellschaft als auch
vermögensrechtliche Ansprüche vermittelt (vgl. BVerfGE 14, 263, 276; 25, 371, 407; 50,
290, 339; 100, 289, 301 f.). Verliert der außenstehende Aktionär diese
mitgliedschaftliche Stellung oder wird er hierin durch eine Strukturmaßnahme in
relevantem Maße eingeschränkt, muss er für den Verlust seiner Rechtsposition und
die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll
entschädigt werden (vgl. BVerfGE 100, 289, 304 f.). Dabei hat die Entschädigung den
"wirklichen" oder "wahren" Wert des Anteilseigentums widerzuspiegeln (vgl. BVerfGE
100, 289, 306). Zudem folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass die grundrechtlich geschützte
Aktionärsstellung auch verfahrensrechtlich abgesichert werden muss. Dies bedeutet,
dass eine Abfindungs- und Ausgleichsregelung gerichtlich überprüfbar sein muss (vgl.
BVerfGE 100, 289, 304; BVerfGK 1, 265; 269; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des
Ersten Senats vom 23. August 2000 - 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97 -, NJW 2001, S. 279, 281;
BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 390/04 -,
NJW 2007, S. 3268, 3270 Rn. 20). Diese Grundsätze, die ursprünglich für die
Fallgestaltungen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sowie einer
Eingliederung entwickelt worden sind, hat das BVerfG auch auf den Squeeze-out
sowie auf Fälle der Verschmelzung durch Aufnahme übertragen (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 26. April 2011 - 1 BvR 2658/10 -, NJW 2011, S. 2497, 2498 Rn. 22; BVerfG,
Beschluss vom 24. Mai 2012 - 1 BvR 3221/10 -, NJW 2012, 3020).
2. Einseitige Betonung der Interessen des Kompensationsschuldners durch den
Regelungsvorschlag
Obwohl das Spruchverfahren wie aufgezeigt der Gewährleistung einer vollen
Entschädigung außenstehender Aktionäre dient, berücksichtigt die Begründung des
Regelungsvorschlags durchgehend nur die Perspektive des
Kompensationsschuldners. Dies ist bereits bedenklich, soweit es lediglich um die
Einführung einer alternativen Form der Nachbesserung nach § 15 UmwG geht, weil
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auch insofern die damit ggfs. einhergehenden Eingriffe in die Interessen der
außenstehenden Aktionäre nicht ausgeblendet werden dürfen. Soweit dieses
Regelungsziel aber zum Anlass genommen wird, Gesetzesänderungen einzuführen,
die ganz allgemein auf eine Verkürzung des Rechtsschutzes im Spruchverfahren
hinauslaufen, liegt darin eine nicht mehr akzeptable Verengung der Perspektive. Im
Einzelnen:
a. Zur Bedeutung der inter omnes-Wirkung
Als Grund dafür, dass schon „vergleichsweise kleine Korrekturen des
Umtauschverhältnisses […] große Zahlungspflichten der übernehmenden
Gesellschaft zur Folge haben“ können, verweist der Regelungsvorschlag auf die inter
omnes-Wirkung nach § 13 SpruchG. Dieser Verweis auf die bloße Regelungstechnik
des § 13 SpruchG verdeckt jedoch den Blick auf die wirtschaftlichen Hintergründe
großer Nachzahlungspflichten:
Der eigentliche Grund dafür, dass vergleichsweise kleine Korrekturen des Umtausch-
verhältnisses zu großen Zahlungspflichten der übernehmenden Gesellschaft führen
können, liegt schlicht darin, dass zuvor in eine große Vielzahl von Rechten
eingegriffen wurde, die als Multiplikator wirken. Denn die fehlerhafte Festlegung des
Umtauschverhältnisses vor der Korrektur hat zu einem entsprechend großen
Vermögenstransfer zu Lasten einer Vielzahl von Aktionären der übertragenden
Gesellschaft geführt. Vergleichbares gilt für alle Strukturmaßnahmen, an die sich
Spruchverfahren anschließen können: Stets korrespondiert der im Spruchverfahren
festgelegte Umfang der zu leistenden Kompensation mit dem Umfang des
Vermögenstransfers, der zuvor zu Lasten der außenstehenden Aktionäre
stattgefunden hat, d.h. in deren Anteilseigentum durch die Strukturmaßnahme
eingegriffen worden ist.
Die inter omnes-Wirkung des Spruchverfahrens ist lediglich die gesetzestechnische
Umsetzung dieser Einsicht, die im Übrigen alternativlos ist (vgl. etwa Drescher, in:
Spindler/Stilz, AktG, § 1 SpruchG Rn. 2; Riegger, in: Kölner Kommentar zum SpruchG,
Einl. Rn. 2). Denn jede alternative Gestaltung hätte eine teilweise
Kompensationslosigkeit des erzwungenen Vermögenstransfers zur Folge, was nicht
mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar wäre.
b. Zur Bedeutung der überlangen Verfahrensdauer
Auch die Verfahrensdauer betrachtet der Regelungsvorschlag allein aus Perspektive
des Kompensationsschuldners. Belastungen bringt die überlange Dauer von
Spruchverfahren aber nicht nur für den Kompensationsschuldner mit sich, sondern
primär für die in ihrem Aktieneigentum von der Konzernierungsmaßnahme
betroffenen außenstehenden Aktionäre.
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Die Beeinträchtigungen sind zum einen vermögensrechtlicher Art, weil die
außenstehenden Aktionäre im Falle einer zu niedrigen Festsetzung bis zum Abschluss
des Spruchverfahrens auf die ihnen von Verfassungswegen zustehende volle
Entschädigung für den Eigentumseingriff warten müssen. Während dieser Zeit sind sie
an einer anderweitigen Anlage ihres Kapitals gehindert und tragen zudem das
Insolvenzrisiko des Kompensationsschuldners (vgl. aus der Praxis z.B. den Fall der
Edscha AG, bei dem das Übernahmevehikel während des Spruchverfahrens
Insolvenz anmeldete, Beschluss des LG Düsseldorf vom 11.01.2012, Az. 33 O 137/07,
abrufbar über juris). Die Beeinträchtigungen der außenstehenden Aktionäre sind zum
anderen auch immaterieller Natur, was sich etwa darin niederschlägt, dass die
Bundesrepublik Deutschland zugunsten von betroffenen außenstehenden
Aktionären wegen der überlangen Dauer von Spruchverfahren zur Zahlung von
immateriellem Schadensersatz verurteilt worden ist (vgl. EGMR vom 20. Februar 2003,
Az. 44324/98 - Kind./.Deutschland). Vergleichbare Ansprüche können sich heute
auch aus dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 198 GVG ergeben.
c. Zur Bedeutung der Verzinsung
Soweit die Begründung des Regelungsvorschlags auf die angeblich „hohe“
Verzinsung nach § 15 Abs. 2 UmwG hinweist, ist dieses Argument nicht nur der Sache
nach unbegründet; es steht auch im Wertungswiderspruch zu den Feststellungen des
Gesetzgebers des ARUG.
Entgegen dem durch den Regelungsvorschlag nahegelegten Eindruck wird der
Kompensationsschuldner durch diese Vorschrift keineswegs einseitig belastet. Denn
durch die Verzinsung wird lediglich ausgeglichen, dass ihm für die Dauer des
Spruchverfahrens die Vorteile aus dem zu seinen Gunsten erfolgten
Vermögenstransfer verbleiben, den er für eine von ihm zu niedrig angebotene
Kompensation erlangt hat.
Die Verzinsung ist auch nicht etwa unangemessen hoch. Mit der Rüge einer (zu)
hohen Verzinsung begibt sich der Regelungsvorschlag zu Unrecht in Widerspruch zu
den Wertungen des Gesetzgebers des ARUG. Denn der Gesetzgeber hat den
Zinssatz erst mit Wirkung zum 1. September 2009 von 2 auf 5 Prozentpunkte über dem
Basiszinssatz erhöht und ihn damit an den Zinssatz für Verzugs- und Prozesszinsen
angeglichen (vgl. § 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB). Für vor diesem Zeitpunkt liegende
Zeiträume gilt der alte Zinssatz nach wie vor fort (vgl. § 321 Abs. 1 UmwG).
Hintergrund der Erhöhung war die zutreffende Erkenntnis des Gesetzgebers, dass ein
zu niedrig angesetzter Zinssatz wegen des daraus resultierenden Finanzierungsvorteils
für den Kompensationsschuldner einen Anreiz zur Verfahrensverzögerung auf Kosten
der Kompensationsgläubiger bietet (vgl. BegrRegE ARUG BT-Drs. 16/11642 S. 42 f., 44)
- an der Richtigkeit dieser Feststellungen des Gesetzgebers hat sich bis heute nichts
geändert.
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II. Ansatz des Regelungsvorschlags
Die im Regelungsvorschlag vorgesehene Abschaffung des Instanzenzuges im
Spruchverfahren lässt sich unter keinem Gesichtspunkt rechtfertigen.
1. Argumentation in Bezug auf die Dauer von Spruchverfahren nicht
überzeugend
a. Falscher Ansatz der verfolgten Problemlösungsstrategie
Die im Regelungsvorschlag verfolgte Problemlösungsstrategie ist ganz grundsätzlich
verfehlt:
Zwar ist die unangemessene Dauer von Gerichtsverfahren in der Tat ein Missstand:
Sowohl die Vorgaben des Grundgesetzes über die Gewährung effektiven
Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3
GG) als auch die Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland aus Art. 6
Abs. 1 EMRK treffen, gebieten die Durchführung von Gerichtsverfahren innerhalb
eines angemessenen Zeitraums.
Es ist jedoch in sich widersprüchlich, wenn ausgerechnet diese Vorgaben des Gebots
effektiven Rechtsschutzes, die den Rechtsschutzsuchenden, d.h. hier die Antrag-
steller des Spruchverfahrens, schützen sollen, zur Rechtfertigung der Abschaffung von
Rechtsschutz - das Abschneiden des Instanzenzuges - zu Lasten der Rechts-
schutzsuchenden herangezogen werden. Zwar mag der Instanzenzug durch die
Gewährleistungen des Grundgesetzes nicht zwingend vorgegeben sein. Gleichwohl
ist das geltende System der zivilrechtlichen Rechtsschutzverwirklichung in
Deutschland aus guten Gründen durch mehrinstanzliche Verfahrenszüge geprägt.
Die Möglichkeit einer Rechts- und (zumindest eingeschränkten) Tatsachenkontrolle
durch eine zweite Instanz sorgt ganz allgemein für eine höhere Richtigkeitsgewähr
der getroffenen Entscheidungen, die grundsätzlich zusätzlich mögliche
Rechtskontrolle durch eine bundesweit zuständige dritte Instanz sorgt für die
gebotene Rechtseinheit.
Es besteht kein Anlass, für das Spruchverfahren von diesen systematischen
Grundentscheidungen des deutschen Verfahrensrechts abzuweichen, zumal dieses
Verfahren dazu dient, eine von Verfassungswegen geschuldete volle Entschädigung
für einen Eigentumseingriff zu gewährleisten. Bedenkt man, dass die Rechtsordnung
etwa für Nachbarschafts- oder Mietstreitigkeiten schon bei Streitwerten von nur
wenigen Tausend Euro einen Rechtsweg über bis zu drei Instanzen zur Verfügung
stellt, ist es nicht zu rechtfertigen, dass ausgerechnet für rechtlich und
bewertungstechnisch äußerst anspruchsvolle Spruchverfahren, bei denen es
regelmäßig um die Kompensation eines Vermögenstransfers in hoher Millionen- oder
gar Milliarden-Euro-Höhe geht, der Rechtsschutz auf eine einzige Instanz beschränkt
werden soll.
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SpruchZ 2013 Seite 42
b. Beschwerde und Rechtsbeschwerde tragen nicht entscheidend zur
überlangen Verfahrensdauer bei
Darüber hinaus lässt sich bei Lichte betrachtet die durch den Regelungsvorschlag
aufgestellte These nicht rechtfertigen, es ließe sich durch die Abschaffung des
Instanzenzuges die Dauer des Spruchverfahrens „erheblich“ verkürzen.
Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn eine wesentliche Ursache der
überlangen Dauer von Spruchverfahren gerade in der Dauer der 2. oder 3. Instanz zu
sehen wäre. Nachweise für diese These führt die Begründung des
Regelungsvorschlages nicht an und solche sind auch nicht bekannt. Insbesondere
fehlt ein entsprechender Nachweis durch eine statistische Betrachtung der
Verfahrenslänge von Spruchverfahren. Ob sich die These durch eine systematische
Erfassung überlanger Spruchverfahren bestätigen ließe, erscheint zweifelhaft. Die 3.
Instanz kann schon deswegen überhaupt nur ganz eingeschränkt zur
Verfahrensdauer beitragen, weil die Rechtsbeschwerde lediglich bei Zulassung
durch das Beschwerdegericht statthaft ist (§ 70 Abs. 1 FamFG) und sie in der Praxis im
Regelfall nicht zugelassen werden braucht.
Eine Durchsicht der Rechtsprechung - ihr entspricht der von uns in der Praxis
gewonnene Eindruck - zeigt, dass die wesentlichen zeitlichen Beiträge zu einer
überlangen Verfahrensdauer in aller Regel in die 1. Instanz und nicht in die
Beschwerdeinstanz fallen. Angesichts des Umstandes, dass die Eingangsinstanz die
Hauptlast für die Bewältigung der auftretenden Sach- und Rechtsfragen trägt,
während das OLG auf einen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bereits
aufbereiteten Fall trifft, ist dies auch nicht verwunderlich. Vor diesem Hintergrund ist
die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass durch die vorgeschlagene Änderung
des Spruchverfahrens der bislang gewährte Rechtsschutz erheblich verkürzt wird,
ohne dass dies entscheidend zur Vermeidung überlanger Verfahren beiträgt.
So sei etwa auf zwei jüngere Entscheidungen des BVerfG verwiesen, in denen jeweils
die Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aufgrund der überlangen
Dauer von Spruchverfahren festgestellt wurde (BVerfG vom 17. November 2011, 1
BvR 3155/09, AG 2012, 86 - „Daimler/AEG“ - sowie BVerfG vom 2. Dezember 2011, 1
BvR 314/11, ZIP 2012, 177 - „ABB“). In der Entscheidung in Sachen Daimler/AEG
entfielen dabei bereits auf die 1. Instanz rund 18 Jahre, während die 2. Instanz das
Verfahren in rund zwei Jahren zum Abschluss gebracht hat. Es ist offensichtlich, dass
das Fehlen einer Beschwerdemöglichkeit an der Tatsache einer überlangen
Verfahrensdauer in diesem Fall nichts geändert hätte. Gleiches gilt ungeachtet der
nunmehr seit etwa vier Jahren laufenden Beschwerdeinstanz auch in Sachen ABB,
weil dort bereits die Durchführung des Verfahrens in 1. Instanz einen Zeitraum rund 22
Jahren in Anspruch genommen hat.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 43
c. Verfahrendauer als Problem unzureichender Ressourcen
Anhand der vorstehend zitierten Entscheidung des BVerfG in Sachen Daimler/AEG
lässt sich auch plastisch verdeutlichen, dass ein wesentlicher Beitrag zur Überlänge
von Spruchverfahren jedenfalls in der Vergangenheit in der Überlastung der
zuständigen Gerichte gelegen hat. Der Vorsitzende Richter der Kammer für
Handelssachen des LG Frankfurt, die für die erstinstanzliche Durchführung des
Spruchverfahrens zuständig war, das der Verfassungsbeschwerde zugrunde lag, hat
dies für die Stellungnahme des Hessischen Justizministeriums im Rahmen des
Verfassungsbeschwerdeverfahrens sorgfältig dokumentiert. Die vorgenannte
(unveröffentlichte, uns aus der Verfahrensakte zugängliche) Stellungnahme zitiert
den Kammervorsitzenden wie folgt:
„Die 3. Kammer für Handelssachen war hierfür in keiner Weise entlastet,
sondern hatte - auf der Grundlage der seinerzeitigen Buchstabenzuständigkeit
- ebenso viele Eingänge zu bearbeiten wie die anderen Kammern für
Handelssachen. Dabei war der streitgegenständliche Vorgang keineswegs
das einzige Verfahren dieser Art, vielmehr waren ca. zehn Spruchverfahren -
die ersten landesweit angefallenen Großverfahren dieser Art - mit
Allgemeinverbindlichkeit zu bearbeiten, einige davon gleichfalls mit
komplexen Bewertungen von Konzerngesellschaften und außerordentlicher
wirtschaftlicher Tragweite (R + V, Nestle, Mannesmann, Hartmann & Braun
u.a.). Da diese Verfahren, für die es keinerlei Entlastung gab, etwa denselben
Arbeitsaufwand verursachten wie die verbliebenen Sachen der allgemeinen
Zuständigkeit, waren in der 3. Kammer für Handelssachen über lange Jahre
hinweg praktisch zwei Kammerpensen zu bewältigen. Dies war wiederholt
Gegenstand von Überlastungsanzeigen, die - wie schon an der Kette der
Anzeigen abzulesen - in keinem Fall zu einer durchgreifenden Verbesserung
der Lage geführt haben. (…)“
Daran schließt sich in der vorstehend zitierten Stellungnahme eine detaillierte
Übersicht über die Überlastungsanzeigen des zuständigen Richters an, die über einen
Zeitraum von über 15 Jahren in etwa jährlichem Abstand erfolgt sind. Weiter führt die
Stellungnahme des Hessischen Justizministeriums aus, dass die Schilderung der
Belastungssituation auch von dem Präsidenten des Landgerichts für zutreffend
gehalten worden ist. Man wird davon ausgehen dürfen, dass auch an anderen
Gerichten bei der Geschäftsverteilung der mit der Durchführung von
Spruchverfahren verbundenen Arbeitsbelastung nicht ausreichend Rechnung
getragen worden ist (vgl. dazu auch Engel/Puszkajler, BB 2012, 1687, 1691 f.).
Aufschlussreich ist insoweit auch, dass zwischen einzelnen OLG-Bezirken ganz
erhebliche Unterschiede bei der durchschnittlichen Verfahrensdauer bestehen, für
die die unterschiedliche Ressourcenausstattung einen plausiblen Erklärungsansatz
bietet. Eine aktuelle statistische Auswertung der in den Jahren 2009 - 2011
abgeschlossenen Spruchverfahren zeigt z.B., dass die Gerichte im OLG-Bezirk
Frankfurt a.M. durchschnittlich 108 Monate benötigten, im OLG-Bezirk Düsseldorf 106
Monate und im OLG-Bezirk München dagegen nur 41 Monate; ähnliche Werte
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
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waren etwa auch für Köln (45) und Saarbrücken (55) zu ermitteln (Lorenz, AG 2012,
284, 286).
Es muss nicht näher erläutert werden, dass sich die fehlende Zuteilung ausreichender
Ressourcen durch die Justizverwaltung stets als Hemmnis für eine zügige
Verfahrensdurchführung auswirken wird (vgl. zum Spruchverfahren Engel/Puszkajler,
BB 2012, 1687, 1691 f.; vgl. auch bereits Puszkajler, ZIP 2003, 518, 519 f.), völlig
unabhängig davon, ob sie die Kammer für Handelssachen oder das
Oberlandesgericht als Eingangsinstanz betrifft. Da die Besetzung der OLG-Senate mit
drei Berufsrichtern in der Justiz ungleich größere Personalressourcen bindet als eine
Kammer für Handelssachen, dürfte sich die Verlagerung der Eingangszuständigkeit
von der KfH auf das Oberlandesgericht sogar noch problemverstärkend auswirken.
So besteht die Gefahr, dass der Regelungsvorschlag sogar zu einer zusätzlichen
Verzögerung der Spruchverfahren führen könnte.
Dass ein Teil der Spruchverfahren bereits de lege lata vor die Oberlandesgerichte
gelangt, so dass diese schon jetzt mit Spruchverfahren befasst sind, ist kein
durchgreifendes Gegenargument, weil das OLG insoweit auf einen in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht aufbereiteten Sachverhalt trifft, über den regelmäßig
vergleichsweise zügig entschieden werden kann.
d. Positive Effekte allein aus der Verlagerung der Eingangsinstanz auf das OLG?
Allein aus der Verlagerung der Eingangsinstanz von den Landgerichten auf die
Oberlandesgerichte ist keine wesentlichen Steigerungen der
Verfahrensgeschwindigkeit zu erwarten. Denn der notwendige Verfahrensaufwand
in der Eingangsinstanz verändert sich durch die Verlagerung der
Eingangszuständigkeit nicht.
Dafür, dass OLG-Richter aus irgendeinem Grund per se besser für die Durchführung
von Spruchverfahren qualifiziert seien und dass aus diesem Grund eine
Verfahrensbeschleunigung zu erwarten sei, streitet keine Vermutung (vgl. auch
Krenek, ZRP 2006, 78, 79). Die mit Spruchverfahren befassten Kammern der
Landgerichte sind mit erfahrenen Vorsitzenden Richtern besetzt, die sich bedingt
durch den Zuständigkeitsbereich ihrer Kammern regelmäßig über Jahre hinweg eine
große Expertise auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung erarbeitet haben und
sich zudem - anders als OLG-Senate - die praktische Erfahrung der Handelsrichter
nutzbar machen können (vgl. auch Wasmann, in: Kölner Kommentar, SpruchG, § 2
Rn. 2). Gerade in Spruchverfahren, in denen es u.a. darum geht, die vom
Kompensationsschuldner vorgelegten Unternehmensplanungen zu überprüfen,
können sich die Kenntnisse erfahrener Kaufleute an der Seite des Berufsrichters als
wertvolle Sachkompetenz erweisen. Der Spezialisierungsgrad auf Seiten der
Berufsrichter wird gerade im Hinblick auf den Umgang mit Spruchverfahren auch
noch dadurch verstärkt, dass zahlreiche Länder von der Möglichkeit einer
Zuständigkeitskonzentration nach § 2 Abs. 4 SpruchG a.F. bzw. jetzt § 71 Abs. 2 Nr. 4e,
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 45
Abs. 4 GVG Gebrauch gemacht haben (vgl. Puszkajler, ZIP 2003, 518, 519 f. zum
Zusammenhang zwischen einer Spezialisierung durch Verfahrenskonzentration und
Verfahrensbeschleunigung). Die zuständigen Kammervorsitzenden stehen zudem
auch untereinander vielfach in regem fachlichen Austausch. Es erscheint daher nicht
sinnvoll, diese insoweit in jahre- und jahrzehntelanger Arbeit gebildete Expertise der
Richterschaft an den Landgerichten durch den Transfer der Eingangszuständigkeit
auf die Oberlandesgerichte zu entwerten.
Im Übrigen zeigt sich gerade in jüngerer Zeit, dass die erstinstanzlichen
Verfahrensdauern an etlichen Landgerichten signifikant sinken (vgl. die statistischen
Angaben bei Lorenz, AG 2012, 284 ff.), was der Regelungsentwurf nicht
berücksichtigt. Ein Grund dafür ist, dass die erstinstanzlichen Gerichte zunehmend
konsequent ihre Verfahrensleitungsbefugnisse dazu nutzen, das Verfahren nach
Kräften zu beschleunigen. Auf die Notwendigkeit, dass die Spruchgerichte auf den
Vorwurf überlange Verfahrenslängen mit organisatorischen Maßnahmen reagieren
müssen, wies Puszkajler bereits 2003 hin (ZIP 2003, 518, 520). Potential zur
Beschleunigung durch verfahrensleitende Maßnahmen besteht insofern zum einen
bei einer Verfahrensverzögerung durch die Parteien (vgl. auch BegrRegE ARUG, BT-
Drs. 16/11642, S. 42 ff. zur Gefahr einer Verfahrensverzögerung durch den
Antragsgegner; in der Praxis zeigt sich dies etwa in der Form, dass der Antragsgegner
nicht in der gebotenen Weise mit dem Gutachter kooperiert) und zum anderen in
der häufig überlangen Bearbeitungsdauer von Sachverständigengutachten (vgl.
dazu auch die Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 19. Dezember 2012,
S. 7, abrufbar unter www.dnotv.de/dokumente/Stellungnahmen.html). Denn
während Unternehmensbewertungen etwa bei Unternehmensübernahmen
regelmäßig innerhalb von Wochen oder Monaten erstellt werden können, werden
Sachverständigengutachten in Spruchverfahren von den gerichtlich bestellten
Sachverständigen häufig dilatorisch erstellt und können daher ohne eine
Beschleunigung durch die Gerichte erfahrungsgemäß zu mehrjährigen
Bearbeitungszeiten führen (vgl. Lorenz, AG 2012, 284 f.). Hier sind die prozessualen
Möglichkeiten der Beschleunigung in der Vergangenheit oft nur sehr zurückhaltend
oder gar nicht genutzt worden, werden dies aber inzwischen mit zunehmender
Häufigkeit.
2. Keine Parallele zum Freigabeverfahren
Die durch den Regelungsvorschlag in seiner Begründung behauptete Vorbildfunktion
des Freigabeverfahrens, die eine parallele Ausgestaltung des Instanzenzugs auch im
Spruchverfahren angeblich „dringend geboten“ erscheinen lasse, ist sachlich nicht
nachvollziehbar.
Zwar sieht das Gesetz für das Freigabeverfahren ein eininstanzliches Verfahren vor.
Eine Übertragung auf das Spruchverfahren könnte allenfalls dann wie vom
Regelungsvorschlags behauptet „dringend geboten“ sein, wenn in Spruch- und
Freigabeverfahren vergleichbare Regelungsanliegen verfolgt werden würden, die
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 46
dementsprechend auch eine vergleichbare Ausgestaltung des Verfahrens
bedingen. Dies ist jedoch nicht der Fall:
a. Regelungszweck des Freigabeverfahrens
Das Freigabeverfahren ist im deutschen Aktien- und Gesellschaftsrecht ebenso wie
im allgemeinen Zivilrecht weitgehend ohne Vorbild und wird dementsprechend als
Eilverfahren eigener Art qualifiziert (vgl. Begr. RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 28;
Hüffer, AktG, § 246a Rn. 1; Schatz, Der Missbrauch der Anfechtungsbefugnis durch
den Aktionär und die Reform des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts, 2012, S.
128 ff.). Zwar ist auch bei anderen Eilverfahren (Arrest, einstweilige Verfügung) der
Zugang zur Revisionsinstanz verschlossen (§ 542 Abs. 2 ZPO); doch stehen hier
immerhin zwei Instanzen zur Verfügung. Zudem zielt das Freigabeverfahren auf die
rechtsbeständige Handelsregistereintragung von Hauptversammlungsbeschlüssen
und damit anders als Arrest und einstweilige Verfügung auf eine endgültige
Regelung.
Geschuldet sind diese besonderen Ausprägungen des Freigabeverfahrens dabei
dem gesetzgeberischen Bestreben, das Blockadepotential von Anfechtungsklagen
bei eintragungspflichtigen Hauptversammlungsbeschlüssen zu reduzieren, um so
missbräuchlichen Anfechtungsklagen entgegenzuwirken. Der beklagten
Aktiengesellschaft wird es daher im Freigabeverfahren angesichts der mit
Konzernierungsmaßnahmen regelmäßig einher gehenden wirtschaftlichen Interessen
in Millionen- oder Milliarden-Euro-Höhe unter bestimmten Umständen ermöglicht,
unbeschadet einer anhängigen Anfechtungsklage in einem Eilverfahren die
konstitutive Handelsregistereintragung herbeizuführen. Die Verwirklichung dieses
Zwecks hängt entscheidend von der möglichst zügigen Durchführung des
Freigabeverfahrens ab. Diesem ganz besonders gelagerten Ziel hat der Gesetzgeber
die Ausgestaltung des Verfahrens - gerade auch hinsichtlich der erst- und
letztinstanzlichen Zuständigkeit des OLG und der Vorgabe, dass das Verfahren
innerhalb von drei Monaten erledigt werden soll - nahezu durchgehend
untergeordnet.
b. Regelungszweck des Spruchverfahrens
Für das Spruchverfahren stellt sich die Interessenlage demgegenüber vollständig
anders dar. Blockadepotential für Strukturmaßnahmen besteht nicht. Vielmehr
schließt die Existenz des Spruchverfahrens gerade aus, dass Beschlüsse über
Strukturmaßnahmen mit der Begründung angefochten (und damit blockiert) werden
können, dass die als Ausgleich für den mit der Maßnahme einhergehenden Eingriff in
das Anteilseigentum der außenstehenden Aktionäre angebotene Kompensation zu
niedrig ausfällt (vgl. Drescher, in: Münchner Kommentar, AktG, § 1 SpruchG Rn. 2). Für
radikale Eingriffe in die Ausgestaltung des Spruchverfahrens nach dem Vorbild des
Freigabeverfahrens als Eilverfahren fehlt damit jede Rechtfertigung.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 47
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich eine Abschaffung des Instanzenzuges im
Spruchverfahren noch einschneidender auswirken würde, als dies schon im
Freigabeverfahren der Fall ist. Denn dort ist es dem klagenden Aktionär
unbenommen, seine Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren auch nach
erfolgter Freigabe weiter zu betreiben, Schadensersatz zu verlangen und implizit die
Rechtsverletzung der Gesellschaft feststellen zu lassen (vgl. BegrRegE ARUG BT-Drs.
16/11642 S. 42). Dafür steht der gesamte Instanzenzug zur Verfügung. Für das
Spruchverfahren kommt ein vergleichbares Vorgehen nicht in Betracht, da das
Spruchverfahren selbst für Bewertungsrügen das Hauptsacheverfahren ist und es den
außenstehenden Aktionären auch bzw. gerade verwehrt ist, mit der Begründung der
mangelnden Angemessenheit der ihnen angebotenen Kompensation eine
Anfechtungsklage zu betreiben.
Für die darin liegende Schlechterstellung des Aktionärs im Spruchverfahren fehlt jede
Rechtfertigung. Dies wird spätestens deutlich, wenn man sich die Rechtsentwicklung
der letzten Jahre vor Augen führt (vgl. dazu auch die Stellungnahme des Deutschen
Notarvereins vom 19. Dezember 2012, S. 2 ff., abrufbar unter
www.dnotv.de/dokumente/Stellungnahmen.html). Denn wie der massive Rückgang
an Anfechtungsklagen zeigt (vgl. nur Bayer/Hoffmann/Sawada, ZIP 2012, 897, 899 f.;
Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329 ff.) wurde der Aktionärsrechtsschutz durch
UMAG und ARUG in den letzten Jahren stark abgebaut - nicht zuletzt durch die
Einführung des eininstanzlichen Freigabeverfahrens. Durch die Erschwerung von
Anfechtungsklagen werden außenstehende Aktionäre immer mehr auf ein „dulde
und liquidiere“ verwiesen. Wenn außenstehende Aktionäre für rechtswidrig erachtete
Konzernierungsmaßnahmen nicht mehr verhindern können, sondern dulden müssen,
gewinnt für sie das Spruchverfahren als Rechtsschutz zur Durchsetzung einer
angemessenen Kompensation zusätzlich an Bedeutung. Daher erscheint es verfehlt,
ausgerechnet das verkürzte Freigabeverfahren, durch das dem Rechtsschutz durch
die Anfechtungsklage teilweise die Effektivität genommen wurde, zum Vorbild zu
nehmen, um nun auch den verbliebenen Rechtsschutz im Spruchverfahren zu
verkürzen.
D. Ergebnisse
Dem Vorschlag, die Eingangsinstanz des Spruchverfahrens auf die
Oberlandesgerichte zu verlagern und den Instanzenzug abzuschaffen, sollte nicht
gefolgt werden. Auch wenn eine Verfahrensbeschleunigung im Spruchverfahren
erstrebenswert ist, ist eine Verkürzung des Rechtsschutzes schon angesichts der das
Anfechtungsrecht zunehmend beschneidenden Rechtsentwicklung das falsche
Mittel. Dies gilt umso mehr, da es ohnehin fraglich erscheint, ob eine eininstanzliche
Ausprägung des Spruchverfahrens vor den Oberlandesgerichten überhaupt zu einer
Verfahrensverkürzung oder nicht ausschließlich zu einer zusätzlichen Überlastung der
Oberlandesgerichte führen würde. Eine Stärkung der personellen Ressourcen bei den
zuständigen Gerichten und eine - teilweise bereits umgesetzte - konsequente
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 48
Verfahrensbeschleunigung durch verfahrensleitende Maßnahmen der Gerichte sind
effizientere Mittel, um eine Verfahrensverkürzung zu erreichen, ohne die über viele
Jahre an den Landgerichten aufgebaute wertvolle Expertise aufzugeben und den
Rechtsschutz im Spruchverfahren abzubauen.
Entscheidungen zu Spruchverfahren
Vertragsüberdauerndes Spruchverfahren (AEG/Daimler):
Leistungsklage nach Abschluss des Spruchverfahrens betreffend
einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 6. November 2012, Az. 5 U 133/111
I. Instanz: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 2. November 2011, Az. 3-03 0 96/1 0
mit Anmerkung von RA/StB Dr. Theo Schubert, M.C.L., S. 52 ff.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerinnen verlangen die Auszahlung von Dividenden der Beklagten, die in den
Hauptversammlungen zwischen dem 29.5.1997 und 9.4.2009 beschlossen worden
waren, die Klägerin zu 1.) zusammen 5.148,48 €, die Klägerin zu 2.) zusammen 505,92
€. Die Klägerinnen waren 1988 Inhaber von 50 (Klägerin zu 1.) und 5 (Klägerin zu 2.)
Aktien der A., die mit dem Vertrag vom 28.4.1988 und anschließenden Zustimmungen
der Hauptversammlung von der einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig
vereinfachend nur: Beklagte), durch einen Gewinnabführungs- und Beherrschungs-
vertrag dominiert werden sollte (hier Anl. B 1, BI. 74 ff. d.A.). Neben anderen
Aktionären der A. führten die Klägerinnen ein Spruchverfahren zur Erreichung einer
höheren Ausgleichszahlung und einer verbesserten Abfindung durch, das durch eine
Entscheidung vom 17.11.2009 nach 21 Jahren abgeschlossen wurde und das damit
endete, dass der in dem Vertrag bestimmte Abfindungsbetrag in Aktien der
Beklagten verbessert wurde.
In der Zwischenzeit war die A. 1996 auf die Beklagte verschmolzen worden, sodass
der Klägerin zu 1.) statt 50 Aktien aus der Umwandlung 71 Aktien der Beklagten und
der Klägerin zu 2.) für ihre fünf AEG-Aktien sieben Aktien zustanden
(Umtauschverhältnis 7 zu 1 angesichts Aktiensplits bei der Beklagten auf 5,00 DM). Die
Depotbank der Klägerinnen nahm den Umtausch der Aktienurkunden aber nicht vor,
1 Beide Urteile sind unter http://de.slideshare.net/SpruchZ als pdf-Dokumente abrufbar.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 49
die 1997 für kraftlos erklärt wurden. Nach Veröffentlichung des Beschlusses zur
Beendigung des Spruchverfahrens am 4.12.2009 im Bundesanzeiger verlangten die
Klägerinnen von der Beklagten am 5.1.2010 den Umtausch ihrer A.-Aktien und
erhielten entsprechend dem erkannten Umtauschverhältnis (2,9 zu 1 bzw. 10 nach
Aktiensplit) entsprechend 173 Aktien und 17 Aktien, allerdings nur mit einer
Dividendenberechtigung ab 2010. Die Berechtigung zum Erhalt von Dividenden aus
der Zeit zwischen der Verschmelzung und der Annahme des Abfindungsangebots ist
streitig.
Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten, auf die insgesamt erhaltenen 173 und
17Aktien der Beklagten auch für die Jahre 1997 bis 2009 Dividendenansprüche zu
haben, deren Höhe je Aktie zwischen den Parteien unstreitig ist und aus der
Aufstellung der Klägerinnen zur Klageschrift folgt (BI. 14 d.A.), woraus sich die Klägerin
zu 1.) 5.148,48 € und die Klägerin zu 2.) 505,92 € errechnen.
Die Klägerinnen haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1.) 5.148,48 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten Über dem Basiszinssatz seit dem 4.6.201 0 zu
zahlen, und an die Klägerin zu 2.) 505,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.6.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Klägerinnen hätten auf ihre durch die
Verschmelzung erlangten Mitgliedsrechte an der Beklagten bereits die
beschlossenen und ihnen zustehenden Dividenden erhalten. Das Gegenteil müssten
die Klägerinnen beweisen. Aus dem im Spruchverfahren angepassten
Abfindungsangebot seien sie für die Zeit vor dessen Annahme nicht
dividendenberechtigt. Sie hat sich auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, weil den Klägerinnen die Dividenden
aus ihrem durch die Verschmelzung entstandenen Mitgliedsrechtzustünden, zu
dessen Erfüllung die Beklagte beweisfällig sei. Ein Verjährungslauf sei durch das
Spruchverfahren gehemmt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des
erstinstanzlichen Parteivortrags und wegen der Entscheidungsgründe wird auf das
angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung weist die Beklagte darauf hin, dass das Landgericht nicht nach
den Erwerbstatbeständen unterschieden habe. Zu den in der Verschmelzung
erlangten Aktien liege die Beweislast wegen des Bankgeheimnisses bei der Klägerin.
Insoweit komme eine Hemmung der Verjährung nicht in Betracht, weil diese nicht
Gegenstand des Spruchverfahrens gewesen seien. Die weiteren durch die Annahme
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 50
des Abfindungsangebots erlangten Aktien seien für die Vergangenheit nicht
dividendenberechtigt, weil nach dem Beherrschungsvertrag zur Abfindung nur
Aktien mit aktueller Gewinnberechtigung zu gewähren seien.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerinnen verteidigen das Urteil.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig eingelegt und gerechtfertigt worden. Das
Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg, nämlich soweit das Urteil des Landgerichts auf
einem Rechtsfehler beruht (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtsschutzziele der Klägerinnen
sind dahin auszulegen, dass jede Klägerin nur Zahlung an sich selbst verlangt.
1. Aktien aus der Verschmelzung
Zu den durch die Verschmelzung im Jahr 1996 den Klägerinnen nach § 20 Abs. 1 Nr. 3
UmwG zugekommenen Aktionärsrechten an der Beklagten im Umfang von 71 und
sieben Aktien sind aus § 58 Abs. 4 AktG iVm. dem jeweiligen
Gewinnverwendungsbeschluss den Klägerinnen Zahlungsansprüche entstanden.
Erfüllung (§ 362 Abs.1 BGB) ist dazu nicht eingetreten, denn Zahlungen auf diese
Ansprüche hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Dazu war sie aber
gehalten, nachdem die Klägerinnen den Erhalt der Dividenden bestritten haben.
Eine Verschwiegenheitspflicht der Depotbank der Klägerinnen, auf die sich die
Beklagte zurück zieht, kann die Beklagte nicht an weiterem Vortrag hindern, nämlich
dazu, wann sie welche Zahlungen an die Klägerinnen bzw. ihre Depotbank geleistet
hat, die in Vollmacht der Depotkunden bei verwahrten Wertpapieren das Inkasso
übernimmt (vgl. Schimansky/Bunte/Lwoski, Bankrechthandbuch, 4. Aufl. 2011, § 72
Rz.175). Aktienurkunden der Beklagten aus der 1996 erfolgten Verschmelzung
wurden tatsächlich bei einer Depotbank der Klägerinnen überhaupt nicht verwahrt.
Die Klägerinnen hatten vielmehr, wie aus der Andienung vom 5.1.2010 ausreichend
folgt, die inzwischen für kraftlos erklärten Aktienurkunden der A. noch bei ihrer
Depotbank in Streifbandverwahrung, also körperlich, liegen.
Die Dividendenansprüche aus den 1996 erlangten Mitgliedsrechten an der
Beklagten, also im Umfang von 71 und sieben Aktien, sind aber ganz überwiegend
verjährt, worauf sich die Beklagte berufen hat, § 214 BGB iVm. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB
und Art. 229 § 6 Abs.4 EGBGB. Danach gilt ab 1.1.2002 die dreijährige
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 51
Regelverjährung auch zu den Dividendenansprüchen 1997 bis 2001, weil die
subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs.1 Nr:2 BGB vorlagen. Die Klägerinnen
waren sich mindestens infolge grober Fahrlässigkeit über die Verschmelzung nicht im
Klaren. Das führt dazu, dass eine Hemmung erstmals durch die alsbald zugestellte (§
167 ZPO) Klage, also am 10. August 2010, eintrat. Eine frühere Hemmung der
Verjährung ist durch das Spruchverfahren schon deshalb nicht eingetreten, weil der
Dividendenanspruch zu den 71 und sieben Aktien sich aus der Verschmelzung ergibt
und von dem Verlauf des Spruchverfahrens zum Gewinn- und Beherrschungsvertrag
unabhängig war. Danach kann die Beklagte die Leistung für die
Dividenden·verweigern, die mit der Hauptversammlung vom 13.4.2006 und früher
fällig wurden, denn diese Ansprüche verjährten Ende 2009. Es bleiben Ansprüche aus
den Gewinnverwendungsbeschlüssen der Hauptversammlungen vom 5.4.2007,
10.4.2008 und 9.4.2009, nämlich von 4,10 € je Aktie. Für die Klägerin zu 1.) führt das zu
291,10 € und für die Klägerin zu 2.) zu 28,70 €.
2. Aktien aus der Ausübung des Abfindungsanspruchs
Insoweit ist die Klage unbegründet.
Im Umfang der Aktien, die den Klägerinnen durch die Annahme des im
Spruchverfahren erhöhten Abfindungsangebots zugekommen sind (102 und 10
Stück), besteht aus § 5 des Gewinn- und Beherrschungsvertrags iVm. § 328 Abs.1 BGB
(vgl. dazu BGH vom 8.5.2006, 11 ZR 27/05 - BGHZ 167, 299 - Rz.18 bei juris) ein
Anspruch auf Dividendenzahlungen nicht.
Die Bestimmung der angemessenen Abfindung wirkt allerdings nach allgemeiner
Ansicht zurück auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH, wie vor;
MüKo/AktG/Kubis, 3. Aufl. 2010, § 13 SpruchG Rz. 2; Bürgers/Ederle/Theusinger, AktG,
2. Aufl. 2011, Rz.1 u.a.m.). Auch ist unschädlich, dass die Verschmelzung den
Beherrschungsvertrag hat erlöschen lassen. Denn das entstandene Drittrecht der
Klägerinnen entfiel durch eine Konfusion von Versprechendem und
Versprechensempfänger nicht, was sich auch aus den Grundsätzen des
vertragsübergreifenden Spruchverfahrens ergibt (vgl. MüKo/Paulsen, AktG, § 305, Rz.
38).
§ 5 Abs.1 des Beherrschungsvertrags (BI. 78 d.A.) räumt jedoch dem A.-Aktionär nur
ein Recht ein, seine Aktien in einem - im Spruchverfahren verbesserten - Verhältnis in
solche der Beklagten umzutauschen, also einen Verschaffungsanspruch. Dieser kann
nicht dahin ausgelegt werden, auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung,
dass er bei Ausübung rückständige Dividendencoupons einschlösse (a.A.
Heidel/Meilicke, AktG, 3. Aufl. 2011, § 305 Rz. 64). Denn durch ein solches Ergebnis
würde der Aktionär des beherrschten Unternehmens sich zu Unrecht bereichern. Die
gegebenenfalls im Spruchverfahren anzupassende Ausgleichszahlung nach § 304
Abs.1 AktG, die ihm bis zur Ausübung des Abfindungsrechts nach Beendigung des
Spruchverfahrens zusteht, ersetzt nämlich die ihm ansonsten zustehende Dividende,
die dadurch entfällt, dass der Gewinn vollständig dem herrschenden Unternehmen
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 52
zugeführt wird. Würde der außenstehende Aktionär neben dieser Entschädigung für
die Dividende noch rückwirkend die Dividende aus den Abfindungsaktien erhalten,
würde sein eingesetztes Kapital am Erfolg des herrschenden Unternehmens in
doppelter Weise profitieren.
Das kann man nicht unter Hinweis auf § 305 Abs.3 Satz3 AktG in Frage stellen. Nach
dieser Bestimmung werden allerdings Abfindungsbeträge, die in bar geleistet
werden, also nicht in Aktien des herrschenden Unternehmens, ab Wirksamkeit des
GuB-Vertrags mit 5 Prozentpunkten über Basiszins verzinst. Es entspricht aber
höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH vom 10.12.2007, 11 ZR 199/06 – BGHZ
174, 378 Rz. 8 bei juris; Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl. 2011, § 305 Rz. 12 je mwN.), dass
zur Vermeidung einer Überkompensation die Abfindungszinsen mit dem erhaltenen
jährlichen Ausgleichsbetrag zu verrechnen sind.
Die sich aus der Verschmelzung im Jahr 1996 ergebende Sondersituation rechtfertigt
keine andere Beurteilung, insbesondere keine abweichende Auslegung des früheren
Unternehmensvertrags. Damit traten nämlich nur an die Stelle der
Ausgleichzahlungen die Erträge aus den durch die Verschmelzung erlangten Aktien,
deren Angemessenheit im Zeitpunkt der Verschmelzungsentscheidung zu unterstellen
ist. Eine Anfechtung und gerichtliche Abänderung der Unitauschrelation ist nicht
vorgetragen.
Aus § 58 Abs.4 AktG iVm. mit den jeweiligen Gewinnverwendungsbeschlüssen, als
aus dem Mitgliedschaftsrechtselbst, haben die Klägerinnen im Umfang der 2010
erlangten weiteren Aktien keinen Anspruch auf vergangene Dividende, weil sie im
Zeitpunkt der Entstehung der Dividendenansprüche (1997 bis 2009) zwar einen
schuldrechtlichen Anspruch hatten, nicht aber Rechtsinhaber waren. Auch aus
Verzug (§ 286 Abs.1 BGB) besteht ein weitergehender Anspruch nicht, weil die
Entstehung des Anspruchs auf Aktienverschaffung das Abfindungsverlangen der
Klägerin voraussetzte, das erst 2010 erfolgte.
Der Zinsanspruch, im Berufungsverfahren ohnehin nicht gesondert angegriffen,
beruht jedenfalls ab dem beantragten Zeitpunkt - hier - auf § 286 Abs.2 Ziff.1 BGB. Die
Leistung der Dividende ist hier durch den Tag der Hauptversammlung bestimmt.
Anmerkung von RA/StB Dr. Theo Schubert, M.C.L.2
Zunächst ist festzustellen, dass das OLG Frankfurt die Rechtsprechung des BGH zum
vertragsübergreifenden Spruchverfahren übernimmt und grundsätzlich den
Ausgleichsanspruch in Form der anteiligen Dividende anerkennt, obwohl der
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Zeitpunkt der Verschmelzung
erloschen ist.
2 RA Dr. Theo Schubert vertrat in diesem Verfahren die Klägerinnen.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 53
Völlig unverständlich ist jedoch der Gedanke der Doppelzahlung. Besonders
befremdlich ist es, dass das OLG diesen Gedanken ins Spiel bringt bei den Aktien, die
durch die Annahme des erhöhten Abfindungsangebotes den Klägerinnen neu zu
gewähren waren. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Spruchverfahrens wusste
niemand, dass den ehemaligen Aktionären der beherrschten Gesellschaft eine
Aufbesserung des Umtauschverhältnisses gewährt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt
konnte niemand für diese zusätzlich zu gewährenden Aktien irgendwelche
Ausgleichszahlungen oder Dividenden bekommen. Wie es sich das OLG vorstellt,
dass für diese bis zur Rechtskraft der Spruchentscheidung für die Klägerinnen nicht
vorhandenen Aktien schon in der Vergangenheit irgendwelche Zahlungen an die
Klägerinnen geleistet worden sein sollen, bleibt völlig unerfindlich.
Da die Aktien der Klägerinnen bei der Verschmelzung nicht in Aktien der
herrschenden Gesellschaft umgetauscht wurden, erhielten die Klägerinnen auch für
die ihnen bereits ursprünglich gehörenden Aktien ab dem Zeitpunkt der
Verschmelzung keinerlei Zahlungen. Das OLG hat auch zu Recht die Behauptung der
Beklagten, sie habe irgendwelche Zahlungen geleistet, als nicht bewiesen verworfen.
Es war gerade Ziel der Klage, den Gewinnanteil zu bekommen, der unter Herstellung
eines angemessenen Umrechnungsverhältnisses auf Aktien der anderen Gesellschaft
entfällt (vgl. § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG).
Um die Ausführungen der Entscheidung zur Verjährung richtig einschätzen zu können
ist es hilfreich, die Argumente zu kennen, die die Klägerinnen vorgetragen haben,
die jedoch vom Gericht nicht aufgegriffen worden sind:
Das Landgericht hat die Hemmung der Verjährung darauf gestützt, dass während
der Dauer des Spruchverfahrens die Verjährung von Ausgleich und Abfindung
gehemmt ist, wie dies auch für andere materielle Gestaltungsklagen gilt. Das OLG
Frankfurt behandelt zwar die Hemmung, geht jedoch auf diesen Gesichtspunkt nicht
ein. Es stellt lediglich fest, die Klägerinnen hätten grob fahrlässig die Verschmelzung
nicht gekannt. Dergleichen war allerdings von keiner der Parteien vorgetragen
worden.
- Im Spruchverfahren hatte das Spruchgericht ausdrücklich schriftlich darauf
hingewiesen, dass eine fortdauernde Beteiligung an dem Spruchverfahren nur
dann unproblematisch ist, wenn die Antragsteller ihre Aktien an der beherrschten
Gesellschaft bis zum Ende des Verfahrens behalten (Verfügung des LG Frankfurt
vom 23.11.1989 und Verfügung des LG Frankfurt vom 22.2.1990, Az. 3/3 O 11/89).
Da die Klägerinnen am Spruchverfahren beteiligt waren, hielten sie sich für
berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet, aufgrund dieser Mitteilung des
Spruchgerichtes ihre Aktien bis zum Ende des Verfahrens zu behalten. Damit, dass
ein anderer Spruchkörper ihnen Verjährung vorhalten würde, wenn sie nach
dieser Anweisung des Spruchgerichtes verfahren, hatten sie nicht gerechnet.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 54
- Es war das OLG Frankfurt, das die Meinung vertreten hat, dass die Annahme der
Abfindung nur möglich sei binnen zwei Monaten ab Bekanntmachung der
Eintragung des Bestehens des Vertrages im Handelsregister und dann erst wieder
innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung der rechtskräftigen
Spruchverfahrensentscheidung (vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2010, 370 (371)). Folgt man
dieser Rechtsmeinung, so konnten die Klägerinnen, die am Spruchverfahren
beteiligt waren, das Abfindungsangebot gar nicht vorher annehmen, als sie es
getan haben. Dies würde bedeuten, dass außenstehende Aktionäre mit der
Entscheidung, ihre Aktien zu behalten, um am Spruchverfahren teilnehmen zu
können, gleichzeitig auch die Verjährung ihrer Ausgleichsansprüche riskieren,
wenn es zu einem vertragsüberdauernden Spruchverfahren kommt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt
wesentlich mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet. Für Kleinaktionäre bleibt das
Terrain nach wie vor sehr schwierig.
Abgeschlossene Spruchverfahren
Abgeschlossenes Spruchverfahren ASKO Deutsche Kaufhaus AG
Pressemitteilung der SdK
Zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der im Jahr 1996
erfolgten Verschmelzung der ASKO Deutsche Kaufhaus AG (ASKO) auf die METRO
AG hatten ehemalige Aktionäre der ASKO, nämlich die Schutzgemeinschaft der
Kapitalanleger e.V., Karin Deger, Karsten Trippel, Metropol Vermögensverwaltungs-
und Grundstücks-GmbH, Norbert Kind, Heiner Stein und Hermut Weber, ein
Spruchverfahren vor dem Landgericht Saarbrücken eingeleitet. Im Rahmen der
Verschmelzung war ein Wert je ASKO-Stammaktie von DM 1.300,91 und je ASKO-
Vorzugsaktie von DM 1.170,81 ermittelt worden.
Auf Anraten und Vorschlag des Landgerichts Saarbrücken haben die Antragsteller,
die Antragsgegnerin METRO AG und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden
Aktionäre einen Vergleich zur einvernehmlichen Beendigung des Spruchverfahrens
geschlossen, der am 19.12.2012 gerichtlich protokolliert wurde. Auch das parallele
Spruchverfahren zur Verschmelzung der Deutsche SB-Kauf AG auf die METRO AG im
Jahr 1996, das beim Landgericht Frankfurt am Main anhängig war, ist durch
Vergleich beendet worden.
Danach ist die METRO AG verpflichtet, an alle ehemaligen außenstehenden
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 55
Aktionäre der ASKO, die im Rahmen der Verschmelzung für ihre ASKO-Aktien Aktien
der METRO AG erhalten haben, eine bare Zuzahlung in Höhe von EUR 10,00 je
ehemaliger ASKO-Stammaktie und EUR 9,00 je ehemaliger ASKO-Vorzugsaktie, bei
1.782.510 Stammaktien und 200.000 Vorzugsaktien insgesamt EUR 19.625.100,-, zu
zahlen. Die baren Zuzahlungen werden nicht verzinst.
Die Einzelheiten des Vergleichs und der technischen Abwicklung werden demnächst
im Bundesanzeiger, in der Börsen-Zeitung und in den SdK "AnlegerPlus News", jedoch
nicht im Druckerzeugnis Frankfurter Allgemeine Zeitung, veröffentlicht.
* * *
Abgeschlossenes Spruchverfahren Deutsche SB-Kauf AG
Pressemitteilung der SdK
Zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der im Jahr 1996
erfolgten Verschmelzung der Deutsche SB-Kauf AG (DSBK) auf die METRO AG hatten
ehemalige Aktionäre der DSBK, nämlich die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger
e.V., Metropol Vermögensverwaltungs- und Grundstücks-GmbH, Norbert Kind,
OMEGA Vermögensverwaltungs-GmbH, Karsten Trippel, Carmen Barth-Weber,
Elfriede Bettermann und zwei weitere Antragsteller ein Spruchverfahren vor dem
Landgericht Frankfurt am Main eingeleitet. Im Rahmen der Verschmelzung war ein
Wert je DSBK-Aktie von DM 20,08 ermittelt worden.
Auf Anraten und Vorschlag des Landgerichts Frankfurt am Main haben die
Antragsteller, die Antragsgegnerin METRO AG und der gemeinsame Vertreter der
außenstehenden Aktionäre einen Vergleich zur einvernehmlichen Beendigung des
Spruchverfahrens geschlossen, der am 12.12.2012 gerichtlich protokolliert wurde.
Auch das parallele Spruchverfahren zur Verschmelzung der ASKO Deutsche
Kaufhaus AG auf die METRO AG im Jahr 1996, das beim Landgericht Saarbrücken
anhängig war, ist durch Vergleich beendet worden.
Nach dem Vergleich ist die METRO AG verpflichtet, an alle ehemaligen
außenstehenden Aktionäre der DSBK, die im Rahmen der Verschmelzung für ihre
DSBK-Aktien Aktien der METRO AG erhalten haben, eine bare Zuzahlung in Höhe von
DM 8,92 (EUR 4,56) je ehemaliger DSBK-Aktie, bei 1.078.590 Aktien insgesamt EUR
4.918.370,-, zu zahlen. Die bare Zuzahlung ist seit dem 13. Oktober 1996 mit jährlich 2
% und ab dem 1. September 2009 mit jährlich 5 % über dem jeweiligen Diskont- bzw.
Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen. Das Spruchverfahren ist beendet.
Die Einzelheiten des Vergleichs und der technischen Abwicklung werden demnächst
im Bundesanzeiger, in der Börsen-Zeitung und in den SdK "AnlegerPlus News", jedoch
nicht im Druckerzeugnis Frankfurter Allgemeine Zeitung, veröffentlicht.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 56
Anstehende und laufende Spruchverfahren
Bekanntmachung über die Abfindung der ausgeschlossenen
Minderheitsaktionäre der net-m privatbank 1891 AG
Die außerordentliche Hauptversammlung der net-m privatbank 1891 AG, Düsseldorf,
(„net-m“) vom 21. November 2012 hat die Übertragung der Aktien der übrigen
Aktionäre der net-m („Minderheitsaktionäre“) auf die Hauptaktionärin, die net
mobile AG, Düsseldorf, („net mobile“) gegen Gewährung einer angemessenen
Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG beschlossen („Übertragungsbeschluss“).
Der Übertragungsbeschluss wurde am 05. Februar 2013 in das Handelsregister der
net-m beim Amtsgericht Düsseldorf unter HRB 68452 eingetragen. Mit der Eintragung
des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister sind kraft Gesetzes alle Aktien
der Minderheitsaktionäre der net-m in das Eigentum der net mobile übergegangen.
Gemäß § 327e Abs. 3 Satz 2 AktG verbriefen die Aktienurkunden bis zu ihrer
Übertragung an die net mobile nur noch die Inhaberschaft an den
Barabfindungsansprüchen der Minderheitsaktionäre.
Gemäß Übertragungsbeschluss erhalten die ausgeschiedenen Aktionäre der net-m
eine von der net mobile zu zahlende Barabfindung in Höhe von EUR 6,49 je auf den
Inhaber lautender Stückaktie der net-m mit einem anteiligen Betrag des
Grundkapitals in Höhe von rund EUR 2,56 (Wertpapier-Kenn-Nummer 801 340 // ISIN
DE0008013400). Die Barabfindung ist von der gerichtlichen Bekanntmachung der
Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister des Amtsgerichts
Düsseldorf in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen
Informations- und Kommunikationssystem unter www.registerbekanntmachungen.de
an mit jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB
zu verzinsen.
Die Angemessenheit der Barabfindung wurde durch die Warth & Klein Grant
Thornton AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf, als dem durch das
Landgericht Dortmund ausgewählten und bestellten sachverständigen Prüfer geprüft
und bestätigt.
Die Auszahlung der Barabfindung an die aufgrund der Eintragung des
Übertragungsbeschlusses ausgeschiedenen Aktionäre der net-m erfolgt Zug um Zug
gegen Ausbuchung der Aktien bzw. Aushändigung der Aktienurkunden der net-m
durch die Commerzbank AG, Frankfurt am Main, über die jeweilige Depotbank.
Sofern die Aktien von einer Depotbank verwahrt werden (Streifband- oder
Girosammelverwahrung), werden die Auszahlung der Barabfindung und die
Ausbuchung der Aktien ohne besonderen Auftrag des Depotkunden durchgeführt.
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 57
Ausgeschiedene Aktionäre, die noch effektive Aktienurkunden der net-m, lautend
auf die alte Firma „Bankverein Werther Aktiengesellschaft“, besitzen, bitten wir, diese
zusammen mit den Gewinnanteilscheinen Nr. 8 ff. und den Erneuerungsscheinen ab
sofort bei einer inländischen Geschäftsstelle der Commerzbank AG oder einem
anderen Kreditinstitut zur Weiterleitung an die Commerzbank AG während der
üblichen Schalterstunden einzureichen und gleichzeitig ihre Bankverbindung für die
Vergütung der Barabfindung anzugeben. Zug um Zug gegen Einreichung der
Aktienurkunden erhalten diese ehemaligen Aktionäre die Barabfindung vergütet,
sobald die üblichen Abwicklungsmaßnahmen, die mit der Einreichung von effektiven
Aktienurkunden verbunden sind, durchgeführt worden sind.
Vor 1999 ausgegebene Aktienurkunden sind mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger
vom 14. März 2000 für kraftlos erklärt worden. Inhaber solcher Urkunden müssen sich
zur Entgegennahme der Barabfindung zunächst zwecks Urkundenumtauschs an die
net-m wenden.
Soweit die Barabfindung (ggf. nebst Zinsen) nicht binnen drei Monaten seit dieser
Bekanntmachung über die Auszahlung der Barabfindung von abfindungs-
berechtigten Inhabern effektiver Aktienurkunden entgegengenommen worden ist,
behalten wir uns vor, diese (ggf. nebst Zinsen) zugunsten der Berechtigten beim
Amtsgericht Düsseldorf – Hinterlegungsstelle – unter Verzicht auf die Rücknahme zu
hinterlegen.
Die Auszahlung der Barabfindung ist für die Minderheitsaktionäre der net-m, die ihre
Aktien in einem Wertpapierdepot bei einem depotführenden Institut in Deutschland
(einschließlich einer deutschen Niederlassung einer ausländischen depotführenden
Bank) haben, provisions- und spesenfrei.
Aufgrund der Schließung des First Quotation Board der Frankfurter Wertpapierbörse
ist zwischenzeitlich die Notierung der Aktien der net-m im Freiverkehr an der
Frankfurter Wertpapierbörse sowie in diesem Zusammenhang auch an der Börse
Berlin eingestellt worden.
Für den Fall, dass in einem gerichtlichen Spruchverfahren gemäß § 327 f AktG, §§ 1 ff.
SpruchG rechtskräftig eine höhere als die festgelegte Barabfindung festgesetzt wird,
wird diese höhere Barabfindung allen gemäß §§ 327a ff. AktG ausgeschlossenen
Minderheitsaktionären der net-m gewährt werden.
Düsseldorf, im Februar 2013
net mobile AG
Der Vorstand
Quelle: Bundesanzeiger vom 12. Februar 2013
Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013
SpruchZ 2013 Seite 58
Links
Nachbesserungsrechte.de
Nachbesserungsrechte.de ist ein Service
der VALORA EFFEKTEN HANDEL AG (VEH) für
Nachbesserungsrechte aus Aktien-
abfindungen. VEH, ein spezialisiertes
Wertpapierhandelshaus für unnotierte
Aktien und andere Wertpapiere, schreibt
auf der Eingangsseite:
„Falls Sie von Aktienabfindungen betroffen
sind, zu deren Angemessenheit noch ein
Spruchverfahren anhängig ist, können Sie
uns die daraus resultierenden Nach-
besserungsrechte zum Kauf anbieten.“
Aus meiner Sicht eine gute Idee. Das
Verzeichnis unter
http://nachbesserungsrechte.de/valora/nr
ist offenbar allerdings nicht mehr ganz
aktuell, da bei mehreren der dort
aufgeführten Gesellschaften die Spruch-
verfahren bereits beendet sind.
Zeitschrift und Dokumente auf
http://de.slideshare.net/SpruchZ
Impressum
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Zeitschrift
Spruchverfahren aktuell
(SpruchZ)
ISSN 2195-7274
Herausgeber:
Interessengemeinschaft
Spruchverfahren (IG
Spruch), c/o
Rechtsanwaltskanzlei
ARENDTS ANWÄLTE,
Perlacher Str. 68,
D - 82031 Grünwald
(bei München)
Bestellungen bitte an die E-
Mail-Adresse:
Verteiler@SpruchZ.de
Redaktion/Mitarbeiter: Redaktion@SpruchZ.de
RA Martin Arendts, M.B.L.-
HSG (presserechtlich
verantwortlich), RA Dr.
Peter Dreier, RA/StB Dr.
Theo Schubert, M.C.L. Univ.
Mich., RA Clemens
Schmautzer
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