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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013 SpruchZ 2013 Seite 33 Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting, Organverträgen und Fusionen Nr. 2/2013 vom 17. Februar 2013 ISSN 2195-7274 Inhaltsübersicht Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der Aktienrechtsnovelle 2012“: Weitere Stellungnahmen, S. 34 Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen, S. 35 Entscheidungen zu Spruchverfahren: OLG Frankfurt a.M. zu einer Leistungsklage nach Abschluss eines vertragsüberdauernden Spruchverfahrens zu einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (AEG/Daimler), S. 48 mit Anmerkung von Rechtsanwalt Dr. Theo Schubert, S. 52 Abgeschlossene Spruchverfahren: ASKO Deutsche Kaufhaus AG, S. 54; Deutsche SB-Kauf AG, S. 55 Anstehende und laufende Spruchverfahren: net-m privatbank 1891 AG, S. 56 Die Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ ). Sie erscheint jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected] Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen. Spruchverfahren aktuell

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Spruchverfahren aktuell Nr. 2/2013

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Recht & Praxis bei Squeeze-out-Fällen, Delisting,

Organverträgen und Fusionen

Nr. 2/2013 vom 17. Februar 2013 ISSN 2195-7274

Inhaltsübersicht

Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der

Aktienrechtsnovelle 2012“:

Weitere Stellungnahmen, S. 34

Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen, S. 35

Entscheidungen zu Spruchverfahren:

OLG Frankfurt a.M. zu einer Leistungsklage nach Abschluss eines

vertragsüberdauernden Spruchverfahrens zu einem Beherrschungs- und

Gewinnabführungsvertrag (AEG/Daimler), S. 48

mit Anmerkung von Rechtsanwalt Dr. Theo Schubert, S. 52

Abgeschlossene Spruchverfahren:

ASKO Deutsche Kaufhaus AG, S. 54; Deutsche SB-Kauf AG, S. 55

Anstehende und laufende Spruchverfahren:

net-m privatbank 1891 AG, S. 56

Die Zeitschrift „Spruchverfahren aktuell“ (kurz: SpruchZ) wird per E-mail verteilt und

online verfügbar archiviert (u.a. unter http://de.slideshare.net/SpruchZ). Sie erscheint

jeweils nach Bedarf. Der Bezug ist kostenlos. Für Bestellungen und Abbestellungen

wenden Sie sich bitte an den Herausgeber: [email protected]

Die Zeitschrift dient lediglich der Information über die aktuelle Rechtsentwicklung. Sie

kann eine umfassende rechtliche Beratung nicht ersetzen.

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SpruchZ 2013 Seite 34

Vorschlag „Änderungen im Umwandlungsrecht und

Folgeänderungen anlässlich der Aktienrechtsnovelle

2012“

Die Anhörung zu der geplanten Gesetzesänderung findet am 18. Februar 2013 vor

dem Rechtsausschuss des Bundestags statt.

Neben den bereits dokumentierten Stellungnahmen zu der Gesetzesinitiative

"Änderungen im Umwandlungsrecht und Folgeänderungen anlässlich der

Aktienrechtsnovelle 2012" on der letzten Ausgabe ist insbesondere auf folgende

Stellungnahmen zu verweisen:

Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)

http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-

deutschland/2013/januar/stellungnahme-der-brak-2013-01.pdf

Die Bundesrechtsanwaltskammer bemängelt u.a., dass das OLG als Eingangsinstanz

zu "einem Verlust von Sachkunde (führen werde), was für eine

Verfahrensbeschleunigung und die Gewährleistung einer vollen Entschädigung

abträglich wäre". Die Kammer für Handelssachen am Landgericht sei zur

Sachverhaltsaufklärung deutlich besser geeignet.

Der Gesetzesvorschlag werde bei Umsetzung "zu einer weiteren Zersplitterung der in

Spruchverfahren regional extrem uneinheitlichen Rechtsprechung führen".

Deutscher Notarverein

http://www.dnotv.de/Dokumente/Stellungnahmen/STN-DNotV-UmwG.pdf

Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen (nachfolgend S. 36 ff.)

http://www.meilicke-hoffmann.de/assets/pdf/Stellungnahme-Aenderungen-im-

Umwandlungsrecht-15-01-13.pdf

IDW - Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.

http://www.idw.de/idw/portal/n281334/n281114/n281120/d332922/search/verlautba

rung.do?status=Sonstige&cmd=sdf?id...

(unter "Verlautbarungen" > "Download sonstiger Verlautbarungen"

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Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei Meilicke Hoffmann & Kollegen,

Rechtsanwälte Dr. Daniel Lochner und Sebastian Schödel:

Sehr geehrter Herr Dr. Weis,

sehr geehrter Herr Dr. Neye,

mit Schreiben vom 30. November 2012, Az. III A 1 - 3501/24, hat das

Bundesministerium der Justiz die am Gesellschaftsrecht interessierten Verbände

allgemein dazu aufgerufen zu einem Vorschlag des Vorsitzenden des

Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins (im Folgenden auch

„Regelungsvorschlag“) Stellung zu nehmen, der einige grundlegende Änderungen

im Umwandlungsgesetz und weiteren gesellschaftsrechtlichen Gesetzen zum

Gegenstand hat. Einer der zentralen Gegenstände dieses Regelungsvorschlages ist

es, zur Beschleunigung aller Spruchverfahren künftig die Entscheidungen durch das

Oberlandesgericht als erste und einzige Instanz vorzusehen.

Zumal unsere Kanzlei sowohl Aktiengesellschaften als auch Groß- und

Minderheitsaktionäre vertritt und seit vielen Jahren in aktienrechtlichen Spruch-

verfahren tätig ist, greifen wir Ihren Aufruf gerne auf, um unsere Sichtweise zu dem

Regelungsvorschlag dazulegen. Da der Handelsrechtsauschuss des Deutschen

Anwaltvereins mit Kollegen besetzt ist, die in ihrer Berufpraxis praktisch ausschließlich

Gesellschaftsinteressen vertreten, was sich auch im Regelungsvorschlag

widerspiegelt, denken wir aufgrund unserer Erfahrung auch in der Vertretung von

Anlegern einen Beitrag leisten zu können, damit sich für den Rechtausschuss des

Deutschen Bundestages ein ausgewogenes Gesamtbild bietet. Inhaltlich

beschränken wir unsere Stellungnahme auf die vorgeschlagene Verkürzung des

Rechtsschutzes im Spruchverfahren durch Abschaffung des Instanzenzuges.

Das mit dem Regelungsvorschlag erklärtermaßen verfolgte Ziel, die Dauer von

Spruchverfahren zu verkürzen, ist grundsätzlich sehr zu befürworten. Denn das Gebot

effektiven Rechtsschutzes verlangt im Interesse der Rechtssuchenden die

Durchführung von Gerichtsverfahren innerhalb angemessener Zeit. Es hieße jedoch

das „Kind mit dem Bade auszuschütten“ und wäre daher der falsche Ansatz, wenn

dieses Ziel einer Effizienzsteigerung und damit Verbesserung des Rechtsschutzes im

Spruchverfahren ausgerechnet durch die Abschaffung von Rechtsmitteln verwirklicht

werden soll, d.h. indem man mit den Rechtsschutzsuchenden „kurzen Prozess“

macht. Vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung der letzten Jahre, die

Kapitalanleger durch einen erheblichen Rückbau des Rechtschutzes im

Anfechtungsprozess immer mehr auf ein „dulde und liquidiere“ verweist, ist es nicht

gerechtfertigt nun auch den Rechtsschutz im Spruchverfahren zurückzufahren. Das

im Regelungsvorschlag als Regelungsvorbild für die vorgeschlagene eininstanzliche

Ausgestaltung herangezogene Freigabeverfahren bietet schon wegen seines

Charakters als Eilverfahren keine geeignete Orientierung. Überdies ist auch nicht

plausibel zu begründen, warum die Verlagerung der Eingangsinstanz auf das

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Oberlandesgericht - neben einer absehbar massiven Mehrbelastung der

Oberlandesgerichte - zu einer Verfahrensverkürzung beitragen sollte. Dies gilt umso

mehr, da in der jüngeren Praxis vermehrt zu beobachten ist, dass gerade die

Landgerichte die Verfahrensdauer ganz erheblich durch einen zunehmend

effizienten Gebrauch ihrer Verfahrensleitungsbefugnisse verkürzen.

Im Einzelnen:

A. Inhalt und Auswirkungen des Regelungsvorschlags

I. Inhalt des Regelungsvorschlags

Der Regelungsvorschlag sieht vor, die Zuständigkeit für die Durchführung des

Spruchverfahrens den Oberlandesgerichten zuzuweisen (§ 11 Abs. 1 SpruchG n.F.)

und deren Beschluss für unanfechtbar zu erklären (§ 11 Abs. 2 S. 2 SpruchG n.F.). § 12

SpruchG, der in der gegenwärtigen Fassung die Beschwerde gegen die

Entscheidung der ersten Instanz regelt, soll dementsprechend ersatzlos gestrichen

werden.

II. Auswirkungen

1. Geltung für sämtliche Spruchverfahren

Die vorgeschlagene Änderung des Spruchverfahrensgesetzes würde für sämtliche

Spruchverfahren gelten und geht daher über den im Regelungsvorschlag

benannten Regelungsanlass, eine alternative Form der Nachbesserung bei der

Verschmelzung zu ermöglichen, deutlich hinaus.

2. Abschaffung auch der Rechtsbeschwerde?

Nach der gegenwärtigen, seit Einführung des FamFG im Jahre 2009 geltenden

Rechtslage, kann das Beschwerdegericht nach § 70 Abs. 1 FamFG die

Rechtsbeschwerde zum BGH zulassen. In diesem Fall besteht der Rechtsweg im

Spruchverfahren also aus drei Instanzen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde existiert

anders als nach § 544 ZPO allerdings nicht. Für Altverfahren vor Einführung des

FamFG besteht die Möglichkeit der weiteren Beschwerde und der Divergenzvorlage

nach § 12 Abs. 2 S. 2 SpruchG a.F. i.V.m. § 28 Abs. 2 und 3 FGG fort (vgl. Drescher, in:

Spindler/Stilz, AktG, § 12 SpruchG Rn. 22).

Ob mit dem Regelungsvorschlag auch die Abschaffung der Rechtsbeschwerde

angestrebt ist, wird in der Begründung nicht ausdrücklich angesprochen. Auf den

ersten Blick scheint die vorgeschlagene Neuregelung nicht zwingend auf die

Abschaffung der Rechtsbeschwerde hinauszulaufen. Denn nach § 70 Abs. 1 FamFG

kann nicht nur das „Beschwerdegericht“, sondern auch das in erster Instanz tätige

Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zulassen.

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Ungeachtet dessen dürfte der Gesetzgebungsvorschlag jedoch gerade auch auf

die Abschaffung der Rechtsbeschwerdemöglichkeit zielen. Dafür spricht die

ausdrückliche Rede von einem „eininstanzlichen“ Verfahren und die Betonung der

Parallele zum Freigabeverfahren nach § 246a AktG. Denn für das Freigabeverfahren

ist anerkannt, dass die auch dort grundsätzlich nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in

Betracht kommende Rechtsbeschwerde durch § 246a Abs. 3 S. 4 AktG

ausgeschlossen ist, der den Beschluss des OLG für „unanfechtbar“ erklärt (vgl. Hüffer,

AktG, § 246a Rn. 26; Heidel in: Heidel, Aktienrecht, § 246a AktG, Rn 11, 27; Dörr, in:

Spindler/Stilz, AktG, § 246a Rn. 35). Eine gleichlautende Regelung soll nach dem

Regelungsvorschlag auch in § 11 Abs. 2 S. 2 SpruchG n.F. aufgenommen werden.

Dies könnte daher ebenso wie im Rahmen von § 246a Abs. 3 S. 4 AktG als Ausschluss

der Rechtsbeschwerde ausgelegt werden.

Ohne dies ausdrücklich anzusprechen, zielt der Regelungsvorschlag also offenbar

nicht nur auf die Abschaffung der Beschwerde, sondern auch auf die Abschaffung

der Rechtsbeschwerde, die der Gesetzgeber erst durch die Einführung des FamFG im

Jahre 2009 für das Spruchverfahren eröffnet hat.

B. Begründung der Verkürzung des Rechtsschutzes im Spruchverfahren auf eine

Instanz

Die Begründung des Regelungsvorschlags für die angestrebte

Rechtsschutzverkürzung beschränkt sich auf die pauschale Feststellung, dass

Spruchverfahren unzumutbar lang seien und dass die Dauer „erheblich verkürzt

werden [könne], wenn sich der Gesetzgeber entschließt, das Verfahren auf eine

Instanz zu beschränken und dem OLG zuzuweisen“. Aufsetzend auf diesem Befund

einer unzumutbaren Verfahrenslänge zieht der Regelungsvorschlag eine Parallele

zum Freigabeverfahren und führt aus, sei es „dringend geboten, auch für das

Spruchverfahren ein eininstanzliches Verfahren vorzusehen“. Näher erläutert wird

dieser Aspekt aber nicht.

C. Vorgeschlagene Rechtsschutzverkürzung nicht empfehlenswert

Zur Beurteilung der Sachfrage, ob dem Vorschlag einer Verkürzung des

Rechtsschutzes im Spruchverfahren zugestimmt werden kann, ist zunächst das

zentrale Regelungsanliegen des SpruchG - der Vermögensschutz außenstehender

Aktionäre bei Eingriffen in ihr Aktieneigentum - in Erinnerung zu rufen (I). Dies ist vor

allem deswegen angezeigt, weil die Begründung des vorgelegten

Regelungsvorschlags einseitig die Perspektive des zum Ausgleich, zur Abfindung oder

Zuzahlung verpflichteten Unternehmens einnimmt. Im Anschluss daran wird auf die

Details des im Regelungsvorschlag verfolgten Begründungsansatzes einzugehen sein

(II).

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I. Regelungszweck des Spruchverfahrens

1. Gewährleistung vermögensrechtlichen Aktionärsschutzes

AktG und UmwG erlauben mit Recht die Durchführung zahlreicher

Strukturmaßnahmen auch gegen den Willen außenstehender Aktionäre, obgleich

diese Maßnahmen wertmindernd in deren Aktieneigentum eingreifen oder dieses

sogar ganz entziehen. Das Gesetz räumt den Aktionären insoweit Abfindungs-,

Ausgleichs- und Zuzahlungsansprüche ein, deren Angemessenheit als Kompensation

für die erlittene Beeinträchtigung im Spruchverfahren überprüft wird.

Das Spruchverfahren bildet damit einen wichtigen Teil des Rechtsschutzes, den Art.

14 Abs. 1 GG erfordert, wenn das Gesetz es der Mehrheit erlaubt, in das

Aktieneigentum der Minderheit einzugreifen (vgl. etwa Riegger, in: Kölner

Kommentar zum SpruchG, Einleitung Rn. 2). Denn nach ständiger Rechtsprechung

des BVerfG schützt Art. 14 Abs. 1 GG das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum,

das sowohl die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs in der Gesellschaft als auch

vermögensrechtliche Ansprüche vermittelt (vgl. BVerfGE 14, 263, 276; 25, 371, 407; 50,

290, 339; 100, 289, 301 f.). Verliert der außenstehende Aktionär diese

mitgliedschaftliche Stellung oder wird er hierin durch eine Strukturmaßnahme in

relevantem Maße eingeschränkt, muss er für den Verlust seiner Rechtsposition und

die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll

entschädigt werden (vgl. BVerfGE 100, 289, 304 f.). Dabei hat die Entschädigung den

"wirklichen" oder "wahren" Wert des Anteilseigentums widerzuspiegeln (vgl. BVerfGE

100, 289, 306). Zudem folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG, dass die grundrechtlich geschützte

Aktionärsstellung auch verfahrensrechtlich abgesichert werden muss. Dies bedeutet,

dass eine Abfindungs- und Ausgleichsregelung gerichtlich überprüfbar sein muss (vgl.

BVerfGE 100, 289, 304; BVerfGK 1, 265; 269; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des

Ersten Senats vom 23. August 2000 - 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97 -, NJW 2001, S. 279, 281;

BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 390/04 -,

NJW 2007, S. 3268, 3270 Rn. 20). Diese Grundsätze, die ursprünglich für die

Fallgestaltungen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sowie einer

Eingliederung entwickelt worden sind, hat das BVerfG auch auf den Squeeze-out

sowie auf Fälle der Verschmelzung durch Aufnahme übertragen (vgl. BVerfG,

Beschluss vom 26. April 2011 - 1 BvR 2658/10 -, NJW 2011, S. 2497, 2498 Rn. 22; BVerfG,

Beschluss vom 24. Mai 2012 - 1 BvR 3221/10 -, NJW 2012, 3020).

2. Einseitige Betonung der Interessen des Kompensationsschuldners durch den

Regelungsvorschlag

Obwohl das Spruchverfahren wie aufgezeigt der Gewährleistung einer vollen

Entschädigung außenstehender Aktionäre dient, berücksichtigt die Begründung des

Regelungsvorschlags durchgehend nur die Perspektive des

Kompensationsschuldners. Dies ist bereits bedenklich, soweit es lediglich um die

Einführung einer alternativen Form der Nachbesserung nach § 15 UmwG geht, weil

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auch insofern die damit ggfs. einhergehenden Eingriffe in die Interessen der

außenstehenden Aktionäre nicht ausgeblendet werden dürfen. Soweit dieses

Regelungsziel aber zum Anlass genommen wird, Gesetzesänderungen einzuführen,

die ganz allgemein auf eine Verkürzung des Rechtsschutzes im Spruchverfahren

hinauslaufen, liegt darin eine nicht mehr akzeptable Verengung der Perspektive. Im

Einzelnen:

a. Zur Bedeutung der inter omnes-Wirkung

Als Grund dafür, dass schon „vergleichsweise kleine Korrekturen des

Umtauschverhältnisses […] große Zahlungspflichten der übernehmenden

Gesellschaft zur Folge haben“ können, verweist der Regelungsvorschlag auf die inter

omnes-Wirkung nach § 13 SpruchG. Dieser Verweis auf die bloße Regelungstechnik

des § 13 SpruchG verdeckt jedoch den Blick auf die wirtschaftlichen Hintergründe

großer Nachzahlungspflichten:

Der eigentliche Grund dafür, dass vergleichsweise kleine Korrekturen des Umtausch-

verhältnisses zu großen Zahlungspflichten der übernehmenden Gesellschaft führen

können, liegt schlicht darin, dass zuvor in eine große Vielzahl von Rechten

eingegriffen wurde, die als Multiplikator wirken. Denn die fehlerhafte Festlegung des

Umtauschverhältnisses vor der Korrektur hat zu einem entsprechend großen

Vermögenstransfer zu Lasten einer Vielzahl von Aktionären der übertragenden

Gesellschaft geführt. Vergleichbares gilt für alle Strukturmaßnahmen, an die sich

Spruchverfahren anschließen können: Stets korrespondiert der im Spruchverfahren

festgelegte Umfang der zu leistenden Kompensation mit dem Umfang des

Vermögenstransfers, der zuvor zu Lasten der außenstehenden Aktionäre

stattgefunden hat, d.h. in deren Anteilseigentum durch die Strukturmaßnahme

eingegriffen worden ist.

Die inter omnes-Wirkung des Spruchverfahrens ist lediglich die gesetzestechnische

Umsetzung dieser Einsicht, die im Übrigen alternativlos ist (vgl. etwa Drescher, in:

Spindler/Stilz, AktG, § 1 SpruchG Rn. 2; Riegger, in: Kölner Kommentar zum SpruchG,

Einl. Rn. 2). Denn jede alternative Gestaltung hätte eine teilweise

Kompensationslosigkeit des erzwungenen Vermögenstransfers zur Folge, was nicht

mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar wäre.

b. Zur Bedeutung der überlangen Verfahrensdauer

Auch die Verfahrensdauer betrachtet der Regelungsvorschlag allein aus Perspektive

des Kompensationsschuldners. Belastungen bringt die überlange Dauer von

Spruchverfahren aber nicht nur für den Kompensationsschuldner mit sich, sondern

primär für die in ihrem Aktieneigentum von der Konzernierungsmaßnahme

betroffenen außenstehenden Aktionäre.

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Die Beeinträchtigungen sind zum einen vermögensrechtlicher Art, weil die

außenstehenden Aktionäre im Falle einer zu niedrigen Festsetzung bis zum Abschluss

des Spruchverfahrens auf die ihnen von Verfassungswegen zustehende volle

Entschädigung für den Eigentumseingriff warten müssen. Während dieser Zeit sind sie

an einer anderweitigen Anlage ihres Kapitals gehindert und tragen zudem das

Insolvenzrisiko des Kompensationsschuldners (vgl. aus der Praxis z.B. den Fall der

Edscha AG, bei dem das Übernahmevehikel während des Spruchverfahrens

Insolvenz anmeldete, Beschluss des LG Düsseldorf vom 11.01.2012, Az. 33 O 137/07,

abrufbar über juris). Die Beeinträchtigungen der außenstehenden Aktionäre sind zum

anderen auch immaterieller Natur, was sich etwa darin niederschlägt, dass die

Bundesrepublik Deutschland zugunsten von betroffenen außenstehenden

Aktionären wegen der überlangen Dauer von Spruchverfahren zur Zahlung von

immateriellem Schadensersatz verurteilt worden ist (vgl. EGMR vom 20. Februar 2003,

Az. 44324/98 - Kind./.Deutschland). Vergleichbare Ansprüche können sich heute

auch aus dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 198 GVG ergeben.

c. Zur Bedeutung der Verzinsung

Soweit die Begründung des Regelungsvorschlags auf die angeblich „hohe“

Verzinsung nach § 15 Abs. 2 UmwG hinweist, ist dieses Argument nicht nur der Sache

nach unbegründet; es steht auch im Wertungswiderspruch zu den Feststellungen des

Gesetzgebers des ARUG.

Entgegen dem durch den Regelungsvorschlag nahegelegten Eindruck wird der

Kompensationsschuldner durch diese Vorschrift keineswegs einseitig belastet. Denn

durch die Verzinsung wird lediglich ausgeglichen, dass ihm für die Dauer des

Spruchverfahrens die Vorteile aus dem zu seinen Gunsten erfolgten

Vermögenstransfer verbleiben, den er für eine von ihm zu niedrig angebotene

Kompensation erlangt hat.

Die Verzinsung ist auch nicht etwa unangemessen hoch. Mit der Rüge einer (zu)

hohen Verzinsung begibt sich der Regelungsvorschlag zu Unrecht in Widerspruch zu

den Wertungen des Gesetzgebers des ARUG. Denn der Gesetzgeber hat den

Zinssatz erst mit Wirkung zum 1. September 2009 von 2 auf 5 Prozentpunkte über dem

Basiszinssatz erhöht und ihn damit an den Zinssatz für Verzugs- und Prozesszinsen

angeglichen (vgl. § 288 Abs. 1 S. 2, 291 BGB). Für vor diesem Zeitpunkt liegende

Zeiträume gilt der alte Zinssatz nach wie vor fort (vgl. § 321 Abs. 1 UmwG).

Hintergrund der Erhöhung war die zutreffende Erkenntnis des Gesetzgebers, dass ein

zu niedrig angesetzter Zinssatz wegen des daraus resultierenden Finanzierungsvorteils

für den Kompensationsschuldner einen Anreiz zur Verfahrensverzögerung auf Kosten

der Kompensationsgläubiger bietet (vgl. BegrRegE ARUG BT-Drs. 16/11642 S. 42 f., 44)

- an der Richtigkeit dieser Feststellungen des Gesetzgebers hat sich bis heute nichts

geändert.

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II. Ansatz des Regelungsvorschlags

Die im Regelungsvorschlag vorgesehene Abschaffung des Instanzenzuges im

Spruchverfahren lässt sich unter keinem Gesichtspunkt rechtfertigen.

1. Argumentation in Bezug auf die Dauer von Spruchverfahren nicht

überzeugend

a. Falscher Ansatz der verfolgten Problemlösungsstrategie

Die im Regelungsvorschlag verfolgte Problemlösungsstrategie ist ganz grundsätzlich

verfehlt:

Zwar ist die unangemessene Dauer von Gerichtsverfahren in der Tat ein Missstand:

Sowohl die Vorgaben des Grundgesetzes über die Gewährung effektiven

Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3

GG) als auch die Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland aus Art. 6

Abs. 1 EMRK treffen, gebieten die Durchführung von Gerichtsverfahren innerhalb

eines angemessenen Zeitraums.

Es ist jedoch in sich widersprüchlich, wenn ausgerechnet diese Vorgaben des Gebots

effektiven Rechtsschutzes, die den Rechtsschutzsuchenden, d.h. hier die Antrag-

steller des Spruchverfahrens, schützen sollen, zur Rechtfertigung der Abschaffung von

Rechtsschutz - das Abschneiden des Instanzenzuges - zu Lasten der Rechts-

schutzsuchenden herangezogen werden. Zwar mag der Instanzenzug durch die

Gewährleistungen des Grundgesetzes nicht zwingend vorgegeben sein. Gleichwohl

ist das geltende System der zivilrechtlichen Rechtsschutzverwirklichung in

Deutschland aus guten Gründen durch mehrinstanzliche Verfahrenszüge geprägt.

Die Möglichkeit einer Rechts- und (zumindest eingeschränkten) Tatsachenkontrolle

durch eine zweite Instanz sorgt ganz allgemein für eine höhere Richtigkeitsgewähr

der getroffenen Entscheidungen, die grundsätzlich zusätzlich mögliche

Rechtskontrolle durch eine bundesweit zuständige dritte Instanz sorgt für die

gebotene Rechtseinheit.

Es besteht kein Anlass, für das Spruchverfahren von diesen systematischen

Grundentscheidungen des deutschen Verfahrensrechts abzuweichen, zumal dieses

Verfahren dazu dient, eine von Verfassungswegen geschuldete volle Entschädigung

für einen Eigentumseingriff zu gewährleisten. Bedenkt man, dass die Rechtsordnung

etwa für Nachbarschafts- oder Mietstreitigkeiten schon bei Streitwerten von nur

wenigen Tausend Euro einen Rechtsweg über bis zu drei Instanzen zur Verfügung

stellt, ist es nicht zu rechtfertigen, dass ausgerechnet für rechtlich und

bewertungstechnisch äußerst anspruchsvolle Spruchverfahren, bei denen es

regelmäßig um die Kompensation eines Vermögenstransfers in hoher Millionen- oder

gar Milliarden-Euro-Höhe geht, der Rechtsschutz auf eine einzige Instanz beschränkt

werden soll.

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b. Beschwerde und Rechtsbeschwerde tragen nicht entscheidend zur

überlangen Verfahrensdauer bei

Darüber hinaus lässt sich bei Lichte betrachtet die durch den Regelungsvorschlag

aufgestellte These nicht rechtfertigen, es ließe sich durch die Abschaffung des

Instanzenzuges die Dauer des Spruchverfahrens „erheblich“ verkürzen.

Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn eine wesentliche Ursache der

überlangen Dauer von Spruchverfahren gerade in der Dauer der 2. oder 3. Instanz zu

sehen wäre. Nachweise für diese These führt die Begründung des

Regelungsvorschlages nicht an und solche sind auch nicht bekannt. Insbesondere

fehlt ein entsprechender Nachweis durch eine statistische Betrachtung der

Verfahrenslänge von Spruchverfahren. Ob sich die These durch eine systematische

Erfassung überlanger Spruchverfahren bestätigen ließe, erscheint zweifelhaft. Die 3.

Instanz kann schon deswegen überhaupt nur ganz eingeschränkt zur

Verfahrensdauer beitragen, weil die Rechtsbeschwerde lediglich bei Zulassung

durch das Beschwerdegericht statthaft ist (§ 70 Abs. 1 FamFG) und sie in der Praxis im

Regelfall nicht zugelassen werden braucht.

Eine Durchsicht der Rechtsprechung - ihr entspricht der von uns in der Praxis

gewonnene Eindruck - zeigt, dass die wesentlichen zeitlichen Beiträge zu einer

überlangen Verfahrensdauer in aller Regel in die 1. Instanz und nicht in die

Beschwerdeinstanz fallen. Angesichts des Umstandes, dass die Eingangsinstanz die

Hauptlast für die Bewältigung der auftretenden Sach- und Rechtsfragen trägt,

während das OLG auf einen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bereits

aufbereiteten Fall trifft, ist dies auch nicht verwunderlich. Vor diesem Hintergrund ist

die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass durch die vorgeschlagene Änderung

des Spruchverfahrens der bislang gewährte Rechtsschutz erheblich verkürzt wird,

ohne dass dies entscheidend zur Vermeidung überlanger Verfahren beiträgt.

So sei etwa auf zwei jüngere Entscheidungen des BVerfG verwiesen, in denen jeweils

die Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aufgrund der überlangen

Dauer von Spruchverfahren festgestellt wurde (BVerfG vom 17. November 2011, 1

BvR 3155/09, AG 2012, 86 - „Daimler/AEG“ - sowie BVerfG vom 2. Dezember 2011, 1

BvR 314/11, ZIP 2012, 177 - „ABB“). In der Entscheidung in Sachen Daimler/AEG

entfielen dabei bereits auf die 1. Instanz rund 18 Jahre, während die 2. Instanz das

Verfahren in rund zwei Jahren zum Abschluss gebracht hat. Es ist offensichtlich, dass

das Fehlen einer Beschwerdemöglichkeit an der Tatsache einer überlangen

Verfahrensdauer in diesem Fall nichts geändert hätte. Gleiches gilt ungeachtet der

nunmehr seit etwa vier Jahren laufenden Beschwerdeinstanz auch in Sachen ABB,

weil dort bereits die Durchführung des Verfahrens in 1. Instanz einen Zeitraum rund 22

Jahren in Anspruch genommen hat.

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c. Verfahrendauer als Problem unzureichender Ressourcen

Anhand der vorstehend zitierten Entscheidung des BVerfG in Sachen Daimler/AEG

lässt sich auch plastisch verdeutlichen, dass ein wesentlicher Beitrag zur Überlänge

von Spruchverfahren jedenfalls in der Vergangenheit in der Überlastung der

zuständigen Gerichte gelegen hat. Der Vorsitzende Richter der Kammer für

Handelssachen des LG Frankfurt, die für die erstinstanzliche Durchführung des

Spruchverfahrens zuständig war, das der Verfassungsbeschwerde zugrunde lag, hat

dies für die Stellungnahme des Hessischen Justizministeriums im Rahmen des

Verfassungsbeschwerdeverfahrens sorgfältig dokumentiert. Die vorgenannte

(unveröffentlichte, uns aus der Verfahrensakte zugängliche) Stellungnahme zitiert

den Kammervorsitzenden wie folgt:

„Die 3. Kammer für Handelssachen war hierfür in keiner Weise entlastet,

sondern hatte - auf der Grundlage der seinerzeitigen Buchstabenzuständigkeit

- ebenso viele Eingänge zu bearbeiten wie die anderen Kammern für

Handelssachen. Dabei war der streitgegenständliche Vorgang keineswegs

das einzige Verfahren dieser Art, vielmehr waren ca. zehn Spruchverfahren -

die ersten landesweit angefallenen Großverfahren dieser Art - mit

Allgemeinverbindlichkeit zu bearbeiten, einige davon gleichfalls mit

komplexen Bewertungen von Konzerngesellschaften und außerordentlicher

wirtschaftlicher Tragweite (R + V, Nestle, Mannesmann, Hartmann & Braun

u.a.). Da diese Verfahren, für die es keinerlei Entlastung gab, etwa denselben

Arbeitsaufwand verursachten wie die verbliebenen Sachen der allgemeinen

Zuständigkeit, waren in der 3. Kammer für Handelssachen über lange Jahre

hinweg praktisch zwei Kammerpensen zu bewältigen. Dies war wiederholt

Gegenstand von Überlastungsanzeigen, die - wie schon an der Kette der

Anzeigen abzulesen - in keinem Fall zu einer durchgreifenden Verbesserung

der Lage geführt haben. (…)“

Daran schließt sich in der vorstehend zitierten Stellungnahme eine detaillierte

Übersicht über die Überlastungsanzeigen des zuständigen Richters an, die über einen

Zeitraum von über 15 Jahren in etwa jährlichem Abstand erfolgt sind. Weiter führt die

Stellungnahme des Hessischen Justizministeriums aus, dass die Schilderung der

Belastungssituation auch von dem Präsidenten des Landgerichts für zutreffend

gehalten worden ist. Man wird davon ausgehen dürfen, dass auch an anderen

Gerichten bei der Geschäftsverteilung der mit der Durchführung von

Spruchverfahren verbundenen Arbeitsbelastung nicht ausreichend Rechnung

getragen worden ist (vgl. dazu auch Engel/Puszkajler, BB 2012, 1687, 1691 f.).

Aufschlussreich ist insoweit auch, dass zwischen einzelnen OLG-Bezirken ganz

erhebliche Unterschiede bei der durchschnittlichen Verfahrensdauer bestehen, für

die die unterschiedliche Ressourcenausstattung einen plausiblen Erklärungsansatz

bietet. Eine aktuelle statistische Auswertung der in den Jahren 2009 - 2011

abgeschlossenen Spruchverfahren zeigt z.B., dass die Gerichte im OLG-Bezirk

Frankfurt a.M. durchschnittlich 108 Monate benötigten, im OLG-Bezirk Düsseldorf 106

Monate und im OLG-Bezirk München dagegen nur 41 Monate; ähnliche Werte

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 44

waren etwa auch für Köln (45) und Saarbrücken (55) zu ermitteln (Lorenz, AG 2012,

284, 286).

Es muss nicht näher erläutert werden, dass sich die fehlende Zuteilung ausreichender

Ressourcen durch die Justizverwaltung stets als Hemmnis für eine zügige

Verfahrensdurchführung auswirken wird (vgl. zum Spruchverfahren Engel/Puszkajler,

BB 2012, 1687, 1691 f.; vgl. auch bereits Puszkajler, ZIP 2003, 518, 519 f.), völlig

unabhängig davon, ob sie die Kammer für Handelssachen oder das

Oberlandesgericht als Eingangsinstanz betrifft. Da die Besetzung der OLG-Senate mit

drei Berufsrichtern in der Justiz ungleich größere Personalressourcen bindet als eine

Kammer für Handelssachen, dürfte sich die Verlagerung der Eingangszuständigkeit

von der KfH auf das Oberlandesgericht sogar noch problemverstärkend auswirken.

So besteht die Gefahr, dass der Regelungsvorschlag sogar zu einer zusätzlichen

Verzögerung der Spruchverfahren führen könnte.

Dass ein Teil der Spruchverfahren bereits de lege lata vor die Oberlandesgerichte

gelangt, so dass diese schon jetzt mit Spruchverfahren befasst sind, ist kein

durchgreifendes Gegenargument, weil das OLG insoweit auf einen in rechtlicher und

tatsächlicher Hinsicht aufbereiteten Sachverhalt trifft, über den regelmäßig

vergleichsweise zügig entschieden werden kann.

d. Positive Effekte allein aus der Verlagerung der Eingangsinstanz auf das OLG?

Allein aus der Verlagerung der Eingangsinstanz von den Landgerichten auf die

Oberlandesgerichte ist keine wesentlichen Steigerungen der

Verfahrensgeschwindigkeit zu erwarten. Denn der notwendige Verfahrensaufwand

in der Eingangsinstanz verändert sich durch die Verlagerung der

Eingangszuständigkeit nicht.

Dafür, dass OLG-Richter aus irgendeinem Grund per se besser für die Durchführung

von Spruchverfahren qualifiziert seien und dass aus diesem Grund eine

Verfahrensbeschleunigung zu erwarten sei, streitet keine Vermutung (vgl. auch

Krenek, ZRP 2006, 78, 79). Die mit Spruchverfahren befassten Kammern der

Landgerichte sind mit erfahrenen Vorsitzenden Richtern besetzt, die sich bedingt

durch den Zuständigkeitsbereich ihrer Kammern regelmäßig über Jahre hinweg eine

große Expertise auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung erarbeitet haben und

sich zudem - anders als OLG-Senate - die praktische Erfahrung der Handelsrichter

nutzbar machen können (vgl. auch Wasmann, in: Kölner Kommentar, SpruchG, § 2

Rn. 2). Gerade in Spruchverfahren, in denen es u.a. darum geht, die vom

Kompensationsschuldner vorgelegten Unternehmensplanungen zu überprüfen,

können sich die Kenntnisse erfahrener Kaufleute an der Seite des Berufsrichters als

wertvolle Sachkompetenz erweisen. Der Spezialisierungsgrad auf Seiten der

Berufsrichter wird gerade im Hinblick auf den Umgang mit Spruchverfahren auch

noch dadurch verstärkt, dass zahlreiche Länder von der Möglichkeit einer

Zuständigkeitskonzentration nach § 2 Abs. 4 SpruchG a.F. bzw. jetzt § 71 Abs. 2 Nr. 4e,

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 45

Abs. 4 GVG Gebrauch gemacht haben (vgl. Puszkajler, ZIP 2003, 518, 519 f. zum

Zusammenhang zwischen einer Spezialisierung durch Verfahrenskonzentration und

Verfahrensbeschleunigung). Die zuständigen Kammervorsitzenden stehen zudem

auch untereinander vielfach in regem fachlichen Austausch. Es erscheint daher nicht

sinnvoll, diese insoweit in jahre- und jahrzehntelanger Arbeit gebildete Expertise der

Richterschaft an den Landgerichten durch den Transfer der Eingangszuständigkeit

auf die Oberlandesgerichte zu entwerten.

Im Übrigen zeigt sich gerade in jüngerer Zeit, dass die erstinstanzlichen

Verfahrensdauern an etlichen Landgerichten signifikant sinken (vgl. die statistischen

Angaben bei Lorenz, AG 2012, 284 ff.), was der Regelungsentwurf nicht

berücksichtigt. Ein Grund dafür ist, dass die erstinstanzlichen Gerichte zunehmend

konsequent ihre Verfahrensleitungsbefugnisse dazu nutzen, das Verfahren nach

Kräften zu beschleunigen. Auf die Notwendigkeit, dass die Spruchgerichte auf den

Vorwurf überlange Verfahrenslängen mit organisatorischen Maßnahmen reagieren

müssen, wies Puszkajler bereits 2003 hin (ZIP 2003, 518, 520). Potential zur

Beschleunigung durch verfahrensleitende Maßnahmen besteht insofern zum einen

bei einer Verfahrensverzögerung durch die Parteien (vgl. auch BegrRegE ARUG, BT-

Drs. 16/11642, S. 42 ff. zur Gefahr einer Verfahrensverzögerung durch den

Antragsgegner; in der Praxis zeigt sich dies etwa in der Form, dass der Antragsgegner

nicht in der gebotenen Weise mit dem Gutachter kooperiert) und zum anderen in

der häufig überlangen Bearbeitungsdauer von Sachverständigengutachten (vgl.

dazu auch die Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 19. Dezember 2012,

S. 7, abrufbar unter www.dnotv.de/dokumente/Stellungnahmen.html). Denn

während Unternehmensbewertungen etwa bei Unternehmensübernahmen

regelmäßig innerhalb von Wochen oder Monaten erstellt werden können, werden

Sachverständigengutachten in Spruchverfahren von den gerichtlich bestellten

Sachverständigen häufig dilatorisch erstellt und können daher ohne eine

Beschleunigung durch die Gerichte erfahrungsgemäß zu mehrjährigen

Bearbeitungszeiten führen (vgl. Lorenz, AG 2012, 284 f.). Hier sind die prozessualen

Möglichkeiten der Beschleunigung in der Vergangenheit oft nur sehr zurückhaltend

oder gar nicht genutzt worden, werden dies aber inzwischen mit zunehmender

Häufigkeit.

2. Keine Parallele zum Freigabeverfahren

Die durch den Regelungsvorschlag in seiner Begründung behauptete Vorbildfunktion

des Freigabeverfahrens, die eine parallele Ausgestaltung des Instanzenzugs auch im

Spruchverfahren angeblich „dringend geboten“ erscheinen lasse, ist sachlich nicht

nachvollziehbar.

Zwar sieht das Gesetz für das Freigabeverfahren ein eininstanzliches Verfahren vor.

Eine Übertragung auf das Spruchverfahren könnte allenfalls dann wie vom

Regelungsvorschlags behauptet „dringend geboten“ sein, wenn in Spruch- und

Freigabeverfahren vergleichbare Regelungsanliegen verfolgt werden würden, die

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 46

dementsprechend auch eine vergleichbare Ausgestaltung des Verfahrens

bedingen. Dies ist jedoch nicht der Fall:

a. Regelungszweck des Freigabeverfahrens

Das Freigabeverfahren ist im deutschen Aktien- und Gesellschaftsrecht ebenso wie

im allgemeinen Zivilrecht weitgehend ohne Vorbild und wird dementsprechend als

Eilverfahren eigener Art qualifiziert (vgl. Begr. RegE UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 28;

Hüffer, AktG, § 246a Rn. 1; Schatz, Der Missbrauch der Anfechtungsbefugnis durch

den Aktionär und die Reform des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts, 2012, S.

128 ff.). Zwar ist auch bei anderen Eilverfahren (Arrest, einstweilige Verfügung) der

Zugang zur Revisionsinstanz verschlossen (§ 542 Abs. 2 ZPO); doch stehen hier

immerhin zwei Instanzen zur Verfügung. Zudem zielt das Freigabeverfahren auf die

rechtsbeständige Handelsregistereintragung von Hauptversammlungsbeschlüssen

und damit anders als Arrest und einstweilige Verfügung auf eine endgültige

Regelung.

Geschuldet sind diese besonderen Ausprägungen des Freigabeverfahrens dabei

dem gesetzgeberischen Bestreben, das Blockadepotential von Anfechtungsklagen

bei eintragungspflichtigen Hauptversammlungsbeschlüssen zu reduzieren, um so

missbräuchlichen Anfechtungsklagen entgegenzuwirken. Der beklagten

Aktiengesellschaft wird es daher im Freigabeverfahren angesichts der mit

Konzernierungsmaßnahmen regelmäßig einher gehenden wirtschaftlichen Interessen

in Millionen- oder Milliarden-Euro-Höhe unter bestimmten Umständen ermöglicht,

unbeschadet einer anhängigen Anfechtungsklage in einem Eilverfahren die

konstitutive Handelsregistereintragung herbeizuführen. Die Verwirklichung dieses

Zwecks hängt entscheidend von der möglichst zügigen Durchführung des

Freigabeverfahrens ab. Diesem ganz besonders gelagerten Ziel hat der Gesetzgeber

die Ausgestaltung des Verfahrens - gerade auch hinsichtlich der erst- und

letztinstanzlichen Zuständigkeit des OLG und der Vorgabe, dass das Verfahren

innerhalb von drei Monaten erledigt werden soll - nahezu durchgehend

untergeordnet.

b. Regelungszweck des Spruchverfahrens

Für das Spruchverfahren stellt sich die Interessenlage demgegenüber vollständig

anders dar. Blockadepotential für Strukturmaßnahmen besteht nicht. Vielmehr

schließt die Existenz des Spruchverfahrens gerade aus, dass Beschlüsse über

Strukturmaßnahmen mit der Begründung angefochten (und damit blockiert) werden

können, dass die als Ausgleich für den mit der Maßnahme einhergehenden Eingriff in

das Anteilseigentum der außenstehenden Aktionäre angebotene Kompensation zu

niedrig ausfällt (vgl. Drescher, in: Münchner Kommentar, AktG, § 1 SpruchG Rn. 2). Für

radikale Eingriffe in die Ausgestaltung des Spruchverfahrens nach dem Vorbild des

Freigabeverfahrens als Eilverfahren fehlt damit jede Rechtfertigung.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 47

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich eine Abschaffung des Instanzenzuges im

Spruchverfahren noch einschneidender auswirken würde, als dies schon im

Freigabeverfahren der Fall ist. Denn dort ist es dem klagenden Aktionär

unbenommen, seine Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren auch nach

erfolgter Freigabe weiter zu betreiben, Schadensersatz zu verlangen und implizit die

Rechtsverletzung der Gesellschaft feststellen zu lassen (vgl. BegrRegE ARUG BT-Drs.

16/11642 S. 42). Dafür steht der gesamte Instanzenzug zur Verfügung. Für das

Spruchverfahren kommt ein vergleichbares Vorgehen nicht in Betracht, da das

Spruchverfahren selbst für Bewertungsrügen das Hauptsacheverfahren ist und es den

außenstehenden Aktionären auch bzw. gerade verwehrt ist, mit der Begründung der

mangelnden Angemessenheit der ihnen angebotenen Kompensation eine

Anfechtungsklage zu betreiben.

Für die darin liegende Schlechterstellung des Aktionärs im Spruchverfahren fehlt jede

Rechtfertigung. Dies wird spätestens deutlich, wenn man sich die Rechtsentwicklung

der letzten Jahre vor Augen führt (vgl. dazu auch die Stellungnahme des Deutschen

Notarvereins vom 19. Dezember 2012, S. 2 ff., abrufbar unter

www.dnotv.de/dokumente/Stellungnahmen.html). Denn wie der massive Rückgang

an Anfechtungsklagen zeigt (vgl. nur Bayer/Hoffmann/Sawada, ZIP 2012, 897, 899 f.;

Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329 ff.) wurde der Aktionärsrechtsschutz durch

UMAG und ARUG in den letzten Jahren stark abgebaut - nicht zuletzt durch die

Einführung des eininstanzlichen Freigabeverfahrens. Durch die Erschwerung von

Anfechtungsklagen werden außenstehende Aktionäre immer mehr auf ein „dulde

und liquidiere“ verwiesen. Wenn außenstehende Aktionäre für rechtswidrig erachtete

Konzernierungsmaßnahmen nicht mehr verhindern können, sondern dulden müssen,

gewinnt für sie das Spruchverfahren als Rechtsschutz zur Durchsetzung einer

angemessenen Kompensation zusätzlich an Bedeutung. Daher erscheint es verfehlt,

ausgerechnet das verkürzte Freigabeverfahren, durch das dem Rechtsschutz durch

die Anfechtungsklage teilweise die Effektivität genommen wurde, zum Vorbild zu

nehmen, um nun auch den verbliebenen Rechtsschutz im Spruchverfahren zu

verkürzen.

D. Ergebnisse

Dem Vorschlag, die Eingangsinstanz des Spruchverfahrens auf die

Oberlandesgerichte zu verlagern und den Instanzenzug abzuschaffen, sollte nicht

gefolgt werden. Auch wenn eine Verfahrensbeschleunigung im Spruchverfahren

erstrebenswert ist, ist eine Verkürzung des Rechtsschutzes schon angesichts der das

Anfechtungsrecht zunehmend beschneidenden Rechtsentwicklung das falsche

Mittel. Dies gilt umso mehr, da es ohnehin fraglich erscheint, ob eine eininstanzliche

Ausprägung des Spruchverfahrens vor den Oberlandesgerichten überhaupt zu einer

Verfahrensverkürzung oder nicht ausschließlich zu einer zusätzlichen Überlastung der

Oberlandesgerichte führen würde. Eine Stärkung der personellen Ressourcen bei den

zuständigen Gerichten und eine - teilweise bereits umgesetzte - konsequente

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 48

Verfahrensbeschleunigung durch verfahrensleitende Maßnahmen der Gerichte sind

effizientere Mittel, um eine Verfahrensverkürzung zu erreichen, ohne die über viele

Jahre an den Landgerichten aufgebaute wertvolle Expertise aufzugeben und den

Rechtsschutz im Spruchverfahren abzubauen.

Entscheidungen zu Spruchverfahren

Vertragsüberdauerndes Spruchverfahren (AEG/Daimler):

Leistungsklage nach Abschluss des Spruchverfahrens betreffend

einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 6. November 2012, Az. 5 U 133/111

I. Instanz: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 2. November 2011, Az. 3-03 0 96/1 0

mit Anmerkung von RA/StB Dr. Theo Schubert, M.C.L., S. 52 ff.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerinnen verlangen die Auszahlung von Dividenden der Beklagten, die in den

Hauptversammlungen zwischen dem 29.5.1997 und 9.4.2009 beschlossen worden

waren, die Klägerin zu 1.) zusammen 5.148,48 €, die Klägerin zu 2.) zusammen 505,92

€. Die Klägerinnen waren 1988 Inhaber von 50 (Klägerin zu 1.) und 5 (Klägerin zu 2.)

Aktien der A., die mit dem Vertrag vom 28.4.1988 und anschließenden Zustimmungen

der Hauptversammlung von der einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig

vereinfachend nur: Beklagte), durch einen Gewinnabführungs- und Beherrschungs-

vertrag dominiert werden sollte (hier Anl. B 1, BI. 74 ff. d.A.). Neben anderen

Aktionären der A. führten die Klägerinnen ein Spruchverfahren zur Erreichung einer

höheren Ausgleichszahlung und einer verbesserten Abfindung durch, das durch eine

Entscheidung vom 17.11.2009 nach 21 Jahren abgeschlossen wurde und das damit

endete, dass der in dem Vertrag bestimmte Abfindungsbetrag in Aktien der

Beklagten verbessert wurde.

In der Zwischenzeit war die A. 1996 auf die Beklagte verschmolzen worden, sodass

der Klägerin zu 1.) statt 50 Aktien aus der Umwandlung 71 Aktien der Beklagten und

der Klägerin zu 2.) für ihre fünf AEG-Aktien sieben Aktien zustanden

(Umtauschverhältnis 7 zu 1 angesichts Aktiensplits bei der Beklagten auf 5,00 DM). Die

Depotbank der Klägerinnen nahm den Umtausch der Aktienurkunden aber nicht vor,

1 Beide Urteile sind unter http://de.slideshare.net/SpruchZ als pdf-Dokumente abrufbar.

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 49

die 1997 für kraftlos erklärt wurden. Nach Veröffentlichung des Beschlusses zur

Beendigung des Spruchverfahrens am 4.12.2009 im Bundesanzeiger verlangten die

Klägerinnen von der Beklagten am 5.1.2010 den Umtausch ihrer A.-Aktien und

erhielten entsprechend dem erkannten Umtauschverhältnis (2,9 zu 1 bzw. 10 nach

Aktiensplit) entsprechend 173 Aktien und 17 Aktien, allerdings nur mit einer

Dividendenberechtigung ab 2010. Die Berechtigung zum Erhalt von Dividenden aus

der Zeit zwischen der Verschmelzung und der Annahme des Abfindungsangebots ist

streitig.

Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten, auf die insgesamt erhaltenen 173 und

17Aktien der Beklagten auch für die Jahre 1997 bis 2009 Dividendenansprüche zu

haben, deren Höhe je Aktie zwischen den Parteien unstreitig ist und aus der

Aufstellung der Klägerinnen zur Klageschrift folgt (BI. 14 d.A.), woraus sich die Klägerin

zu 1.) 5.148,48 € und die Klägerin zu 2.) 505,92 € errechnen.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1.) 5.148,48 € nebst Zinsen in

Höhe von 5 Prozentpunkten Über dem Basiszinssatz seit dem 4.6.201 0 zu

zahlen, und an die Klägerin zu 2.) 505,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5

Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.6.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerinnen hätten auf ihre durch die

Verschmelzung erlangten Mitgliedsrechte an der Beklagten bereits die

beschlossenen und ihnen zustehenden Dividenden erhalten. Das Gegenteil müssten

die Klägerinnen beweisen. Aus dem im Spruchverfahren angepassten

Abfindungsangebot seien sie für die Zeit vor dessen Annahme nicht

dividendenberechtigt. Sie hat sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, weil den Klägerinnen die Dividenden

aus ihrem durch die Verschmelzung entstandenen Mitgliedsrechtzustünden, zu

dessen Erfüllung die Beklagte beweisfällig sei. Ein Verjährungslauf sei durch das

Spruchverfahren gehemmt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des

erstinstanzlichen Parteivortrags und wegen der Entscheidungsgründe wird auf das

angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung weist die Beklagte darauf hin, dass das Landgericht nicht nach

den Erwerbstatbeständen unterschieden habe. Zu den in der Verschmelzung

erlangten Aktien liege die Beweislast wegen des Bankgeheimnisses bei der Klägerin.

Insoweit komme eine Hemmung der Verjährung nicht in Betracht, weil diese nicht

Gegenstand des Spruchverfahrens gewesen seien. Die weiteren durch die Annahme

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 50

des Abfindungsangebots erlangten Aktien seien für die Vergangenheit nicht

dividendenberechtigt, weil nach dem Beherrschungsvertrag zur Abfindung nur

Aktien mit aktueller Gewinnberechtigung zu gewähren seien.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerinnen verteidigen das Urteil.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig eingelegt und gerechtfertigt worden. Das

Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg, nämlich soweit das Urteil des Landgerichts auf

einem Rechtsfehler beruht (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtsschutzziele der Klägerinnen

sind dahin auszulegen, dass jede Klägerin nur Zahlung an sich selbst verlangt.

1. Aktien aus der Verschmelzung

Zu den durch die Verschmelzung im Jahr 1996 den Klägerinnen nach § 20 Abs. 1 Nr. 3

UmwG zugekommenen Aktionärsrechten an der Beklagten im Umfang von 71 und

sieben Aktien sind aus § 58 Abs. 4 AktG iVm. dem jeweiligen

Gewinnverwendungsbeschluss den Klägerinnen Zahlungsansprüche entstanden.

Erfüllung (§ 362 Abs.1 BGB) ist dazu nicht eingetreten, denn Zahlungen auf diese

Ansprüche hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Dazu war sie aber

gehalten, nachdem die Klägerinnen den Erhalt der Dividenden bestritten haben.

Eine Verschwiegenheitspflicht der Depotbank der Klägerinnen, auf die sich die

Beklagte zurück zieht, kann die Beklagte nicht an weiterem Vortrag hindern, nämlich

dazu, wann sie welche Zahlungen an die Klägerinnen bzw. ihre Depotbank geleistet

hat, die in Vollmacht der Depotkunden bei verwahrten Wertpapieren das Inkasso

übernimmt (vgl. Schimansky/Bunte/Lwoski, Bankrechthandbuch, 4. Aufl. 2011, § 72

Rz.175). Aktienurkunden der Beklagten aus der 1996 erfolgten Verschmelzung

wurden tatsächlich bei einer Depotbank der Klägerinnen überhaupt nicht verwahrt.

Die Klägerinnen hatten vielmehr, wie aus der Andienung vom 5.1.2010 ausreichend

folgt, die inzwischen für kraftlos erklärten Aktienurkunden der A. noch bei ihrer

Depotbank in Streifbandverwahrung, also körperlich, liegen.

Die Dividendenansprüche aus den 1996 erlangten Mitgliedsrechten an der

Beklagten, also im Umfang von 71 und sieben Aktien, sind aber ganz überwiegend

verjährt, worauf sich die Beklagte berufen hat, § 214 BGB iVm. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB

und Art. 229 § 6 Abs.4 EGBGB. Danach gilt ab 1.1.2002 die dreijährige

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 51

Regelverjährung auch zu den Dividendenansprüchen 1997 bis 2001, weil die

subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs.1 Nr:2 BGB vorlagen. Die Klägerinnen

waren sich mindestens infolge grober Fahrlässigkeit über die Verschmelzung nicht im

Klaren. Das führt dazu, dass eine Hemmung erstmals durch die alsbald zugestellte (§

167 ZPO) Klage, also am 10. August 2010, eintrat. Eine frühere Hemmung der

Verjährung ist durch das Spruchverfahren schon deshalb nicht eingetreten, weil der

Dividendenanspruch zu den 71 und sieben Aktien sich aus der Verschmelzung ergibt

und von dem Verlauf des Spruchverfahrens zum Gewinn- und Beherrschungsvertrag

unabhängig war. Danach kann die Beklagte die Leistung für die

Dividenden·verweigern, die mit der Hauptversammlung vom 13.4.2006 und früher

fällig wurden, denn diese Ansprüche verjährten Ende 2009. Es bleiben Ansprüche aus

den Gewinnverwendungsbeschlüssen der Hauptversammlungen vom 5.4.2007,

10.4.2008 und 9.4.2009, nämlich von 4,10 € je Aktie. Für die Klägerin zu 1.) führt das zu

291,10 € und für die Klägerin zu 2.) zu 28,70 €.

2. Aktien aus der Ausübung des Abfindungsanspruchs

Insoweit ist die Klage unbegründet.

Im Umfang der Aktien, die den Klägerinnen durch die Annahme des im

Spruchverfahren erhöhten Abfindungsangebots zugekommen sind (102 und 10

Stück), besteht aus § 5 des Gewinn- und Beherrschungsvertrags iVm. § 328 Abs.1 BGB

(vgl. dazu BGH vom 8.5.2006, 11 ZR 27/05 - BGHZ 167, 299 - Rz.18 bei juris) ein

Anspruch auf Dividendenzahlungen nicht.

Die Bestimmung der angemessenen Abfindung wirkt allerdings nach allgemeiner

Ansicht zurück auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BGH, wie vor;

MüKo/AktG/Kubis, 3. Aufl. 2010, § 13 SpruchG Rz. 2; Bürgers/Ederle/Theusinger, AktG,

2. Aufl. 2011, Rz.1 u.a.m.). Auch ist unschädlich, dass die Verschmelzung den

Beherrschungsvertrag hat erlöschen lassen. Denn das entstandene Drittrecht der

Klägerinnen entfiel durch eine Konfusion von Versprechendem und

Versprechensempfänger nicht, was sich auch aus den Grundsätzen des

vertragsübergreifenden Spruchverfahrens ergibt (vgl. MüKo/Paulsen, AktG, § 305, Rz.

38).

§ 5 Abs.1 des Beherrschungsvertrags (BI. 78 d.A.) räumt jedoch dem A.-Aktionär nur

ein Recht ein, seine Aktien in einem - im Spruchverfahren verbesserten - Verhältnis in

solche der Beklagten umzutauschen, also einen Verschaffungsanspruch. Dieser kann

nicht dahin ausgelegt werden, auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung,

dass er bei Ausübung rückständige Dividendencoupons einschlösse (a.A.

Heidel/Meilicke, AktG, 3. Aufl. 2011, § 305 Rz. 64). Denn durch ein solches Ergebnis

würde der Aktionär des beherrschten Unternehmens sich zu Unrecht bereichern. Die

gegebenenfalls im Spruchverfahren anzupassende Ausgleichszahlung nach § 304

Abs.1 AktG, die ihm bis zur Ausübung des Abfindungsrechts nach Beendigung des

Spruchverfahrens zusteht, ersetzt nämlich die ihm ansonsten zustehende Dividende,

die dadurch entfällt, dass der Gewinn vollständig dem herrschenden Unternehmen

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Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 52

zugeführt wird. Würde der außenstehende Aktionär neben dieser Entschädigung für

die Dividende noch rückwirkend die Dividende aus den Abfindungsaktien erhalten,

würde sein eingesetztes Kapital am Erfolg des herrschenden Unternehmens in

doppelter Weise profitieren.

Das kann man nicht unter Hinweis auf § 305 Abs.3 Satz3 AktG in Frage stellen. Nach

dieser Bestimmung werden allerdings Abfindungsbeträge, die in bar geleistet

werden, also nicht in Aktien des herrschenden Unternehmens, ab Wirksamkeit des

GuB-Vertrags mit 5 Prozentpunkten über Basiszins verzinst. Es entspricht aber

höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH vom 10.12.2007, 11 ZR 199/06 – BGHZ

174, 378 Rz. 8 bei juris; Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl. 2011, § 305 Rz. 12 je mwN.), dass

zur Vermeidung einer Überkompensation die Abfindungszinsen mit dem erhaltenen

jährlichen Ausgleichsbetrag zu verrechnen sind.

Die sich aus der Verschmelzung im Jahr 1996 ergebende Sondersituation rechtfertigt

keine andere Beurteilung, insbesondere keine abweichende Auslegung des früheren

Unternehmensvertrags. Damit traten nämlich nur an die Stelle der

Ausgleichzahlungen die Erträge aus den durch die Verschmelzung erlangten Aktien,

deren Angemessenheit im Zeitpunkt der Verschmelzungsentscheidung zu unterstellen

ist. Eine Anfechtung und gerichtliche Abänderung der Unitauschrelation ist nicht

vorgetragen.

Aus § 58 Abs.4 AktG iVm. mit den jeweiligen Gewinnverwendungsbeschlüssen, als

aus dem Mitgliedschaftsrechtselbst, haben die Klägerinnen im Umfang der 2010

erlangten weiteren Aktien keinen Anspruch auf vergangene Dividende, weil sie im

Zeitpunkt der Entstehung der Dividendenansprüche (1997 bis 2009) zwar einen

schuldrechtlichen Anspruch hatten, nicht aber Rechtsinhaber waren. Auch aus

Verzug (§ 286 Abs.1 BGB) besteht ein weitergehender Anspruch nicht, weil die

Entstehung des Anspruchs auf Aktienverschaffung das Abfindungsverlangen der

Klägerin voraussetzte, das erst 2010 erfolgte.

Der Zinsanspruch, im Berufungsverfahren ohnehin nicht gesondert angegriffen,

beruht jedenfalls ab dem beantragten Zeitpunkt - hier - auf § 286 Abs.2 Ziff.1 BGB. Die

Leistung der Dividende ist hier durch den Tag der Hauptversammlung bestimmt.

Anmerkung von RA/StB Dr. Theo Schubert, M.C.L.2

Zunächst ist festzustellen, dass das OLG Frankfurt die Rechtsprechung des BGH zum

vertragsübergreifenden Spruchverfahren übernimmt und grundsätzlich den

Ausgleichsanspruch in Form der anteiligen Dividende anerkennt, obwohl der

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Zeitpunkt der Verschmelzung

erloschen ist.

2 RA Dr. Theo Schubert vertrat in diesem Verfahren die Klägerinnen.

Page 21: Spruchz 2013 2

Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 53

Völlig unverständlich ist jedoch der Gedanke der Doppelzahlung. Besonders

befremdlich ist es, dass das OLG diesen Gedanken ins Spiel bringt bei den Aktien, die

durch die Annahme des erhöhten Abfindungsangebotes den Klägerinnen neu zu

gewähren waren. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Spruchverfahrens wusste

niemand, dass den ehemaligen Aktionären der beherrschten Gesellschaft eine

Aufbesserung des Umtauschverhältnisses gewährt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt

konnte niemand für diese zusätzlich zu gewährenden Aktien irgendwelche

Ausgleichszahlungen oder Dividenden bekommen. Wie es sich das OLG vorstellt,

dass für diese bis zur Rechtskraft der Spruchentscheidung für die Klägerinnen nicht

vorhandenen Aktien schon in der Vergangenheit irgendwelche Zahlungen an die

Klägerinnen geleistet worden sein sollen, bleibt völlig unerfindlich.

Da die Aktien der Klägerinnen bei der Verschmelzung nicht in Aktien der

herrschenden Gesellschaft umgetauscht wurden, erhielten die Klägerinnen auch für

die ihnen bereits ursprünglich gehörenden Aktien ab dem Zeitpunkt der

Verschmelzung keinerlei Zahlungen. Das OLG hat auch zu Recht die Behauptung der

Beklagten, sie habe irgendwelche Zahlungen geleistet, als nicht bewiesen verworfen.

Es war gerade Ziel der Klage, den Gewinnanteil zu bekommen, der unter Herstellung

eines angemessenen Umrechnungsverhältnisses auf Aktien der anderen Gesellschaft

entfällt (vgl. § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG).

Um die Ausführungen der Entscheidung zur Verjährung richtig einschätzen zu können

ist es hilfreich, die Argumente zu kennen, die die Klägerinnen vorgetragen haben,

die jedoch vom Gericht nicht aufgegriffen worden sind:

Das Landgericht hat die Hemmung der Verjährung darauf gestützt, dass während

der Dauer des Spruchverfahrens die Verjährung von Ausgleich und Abfindung

gehemmt ist, wie dies auch für andere materielle Gestaltungsklagen gilt. Das OLG

Frankfurt behandelt zwar die Hemmung, geht jedoch auf diesen Gesichtspunkt nicht

ein. Es stellt lediglich fest, die Klägerinnen hätten grob fahrlässig die Verschmelzung

nicht gekannt. Dergleichen war allerdings von keiner der Parteien vorgetragen

worden.

- Im Spruchverfahren hatte das Spruchgericht ausdrücklich schriftlich darauf

hingewiesen, dass eine fortdauernde Beteiligung an dem Spruchverfahren nur

dann unproblematisch ist, wenn die Antragsteller ihre Aktien an der beherrschten

Gesellschaft bis zum Ende des Verfahrens behalten (Verfügung des LG Frankfurt

vom 23.11.1989 und Verfügung des LG Frankfurt vom 22.2.1990, Az. 3/3 O 11/89).

Da die Klägerinnen am Spruchverfahren beteiligt waren, hielten sie sich für

berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet, aufgrund dieser Mitteilung des

Spruchgerichtes ihre Aktien bis zum Ende des Verfahrens zu behalten. Damit, dass

ein anderer Spruchkörper ihnen Verjährung vorhalten würde, wenn sie nach

dieser Anweisung des Spruchgerichtes verfahren, hatten sie nicht gerechnet.

Page 22: Spruchz 2013 2

Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 54

- Es war das OLG Frankfurt, das die Meinung vertreten hat, dass die Annahme der

Abfindung nur möglich sei binnen zwei Monaten ab Bekanntmachung der

Eintragung des Bestehens des Vertrages im Handelsregister und dann erst wieder

innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung der rechtskräftigen

Spruchverfahrensentscheidung (vgl. OLG Frankfurt, ZIP 2010, 370 (371)). Folgt man

dieser Rechtsmeinung, so konnten die Klägerinnen, die am Spruchverfahren

beteiligt waren, das Abfindungsangebot gar nicht vorher annehmen, als sie es

getan haben. Dies würde bedeuten, dass außenstehende Aktionäre mit der

Entscheidung, ihre Aktien zu behalten, um am Spruchverfahren teilnehmen zu

können, gleichzeitig auch die Verjährung ihrer Ausgleichsansprüche riskieren,

wenn es zu einem vertragsüberdauernden Spruchverfahren kommt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt

wesentlich mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet. Für Kleinaktionäre bleibt das

Terrain nach wie vor sehr schwierig.

Abgeschlossene Spruchverfahren

Abgeschlossenes Spruchverfahren ASKO Deutsche Kaufhaus AG

Pressemitteilung der SdK

Zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der im Jahr 1996

erfolgten Verschmelzung der ASKO Deutsche Kaufhaus AG (ASKO) auf die METRO

AG hatten ehemalige Aktionäre der ASKO, nämlich die Schutzgemeinschaft der

Kapitalanleger e.V., Karin Deger, Karsten Trippel, Metropol Vermögensverwaltungs-

und Grundstücks-GmbH, Norbert Kind, Heiner Stein und Hermut Weber, ein

Spruchverfahren vor dem Landgericht Saarbrücken eingeleitet. Im Rahmen der

Verschmelzung war ein Wert je ASKO-Stammaktie von DM 1.300,91 und je ASKO-

Vorzugsaktie von DM 1.170,81 ermittelt worden.

Auf Anraten und Vorschlag des Landgerichts Saarbrücken haben die Antragsteller,

die Antragsgegnerin METRO AG und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden

Aktionäre einen Vergleich zur einvernehmlichen Beendigung des Spruchverfahrens

geschlossen, der am 19.12.2012 gerichtlich protokolliert wurde. Auch das parallele

Spruchverfahren zur Verschmelzung der Deutsche SB-Kauf AG auf die METRO AG im

Jahr 1996, das beim Landgericht Frankfurt am Main anhängig war, ist durch

Vergleich beendet worden.

Danach ist die METRO AG verpflichtet, an alle ehemaligen außenstehenden

Page 23: Spruchz 2013 2

Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 55

Aktionäre der ASKO, die im Rahmen der Verschmelzung für ihre ASKO-Aktien Aktien

der METRO AG erhalten haben, eine bare Zuzahlung in Höhe von EUR 10,00 je

ehemaliger ASKO-Stammaktie und EUR 9,00 je ehemaliger ASKO-Vorzugsaktie, bei

1.782.510 Stammaktien und 200.000 Vorzugsaktien insgesamt EUR 19.625.100,-, zu

zahlen. Die baren Zuzahlungen werden nicht verzinst.

Die Einzelheiten des Vergleichs und der technischen Abwicklung werden demnächst

im Bundesanzeiger, in der Börsen-Zeitung und in den SdK "AnlegerPlus News", jedoch

nicht im Druckerzeugnis Frankfurter Allgemeine Zeitung, veröffentlicht.

* * *

Abgeschlossenes Spruchverfahren Deutsche SB-Kauf AG

Pressemitteilung der SdK

Zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der im Jahr 1996

erfolgten Verschmelzung der Deutsche SB-Kauf AG (DSBK) auf die METRO AG hatten

ehemalige Aktionäre der DSBK, nämlich die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger

e.V., Metropol Vermögensverwaltungs- und Grundstücks-GmbH, Norbert Kind,

OMEGA Vermögensverwaltungs-GmbH, Karsten Trippel, Carmen Barth-Weber,

Elfriede Bettermann und zwei weitere Antragsteller ein Spruchverfahren vor dem

Landgericht Frankfurt am Main eingeleitet. Im Rahmen der Verschmelzung war ein

Wert je DSBK-Aktie von DM 20,08 ermittelt worden.

Auf Anraten und Vorschlag des Landgerichts Frankfurt am Main haben die

Antragsteller, die Antragsgegnerin METRO AG und der gemeinsame Vertreter der

außenstehenden Aktionäre einen Vergleich zur einvernehmlichen Beendigung des

Spruchverfahrens geschlossen, der am 12.12.2012 gerichtlich protokolliert wurde.

Auch das parallele Spruchverfahren zur Verschmelzung der ASKO Deutsche

Kaufhaus AG auf die METRO AG im Jahr 1996, das beim Landgericht Saarbrücken

anhängig war, ist durch Vergleich beendet worden.

Nach dem Vergleich ist die METRO AG verpflichtet, an alle ehemaligen

außenstehenden Aktionäre der DSBK, die im Rahmen der Verschmelzung für ihre

DSBK-Aktien Aktien der METRO AG erhalten haben, eine bare Zuzahlung in Höhe von

DM 8,92 (EUR 4,56) je ehemaliger DSBK-Aktie, bei 1.078.590 Aktien insgesamt EUR

4.918.370,-, zu zahlen. Die bare Zuzahlung ist seit dem 13. Oktober 1996 mit jährlich 2

% und ab dem 1. September 2009 mit jährlich 5 % über dem jeweiligen Diskont- bzw.

Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen. Das Spruchverfahren ist beendet.

Die Einzelheiten des Vergleichs und der technischen Abwicklung werden demnächst

im Bundesanzeiger, in der Börsen-Zeitung und in den SdK "AnlegerPlus News", jedoch

nicht im Druckerzeugnis Frankfurter Allgemeine Zeitung, veröffentlicht.

Page 24: Spruchz 2013 2

Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 56

Anstehende und laufende Spruchverfahren

Bekanntmachung über die Abfindung der ausgeschlossenen

Minderheitsaktionäre der net-m privatbank 1891 AG

Die außerordentliche Hauptversammlung der net-m privatbank 1891 AG, Düsseldorf,

(„net-m“) vom 21. November 2012 hat die Übertragung der Aktien der übrigen

Aktionäre der net-m („Minderheitsaktionäre“) auf die Hauptaktionärin, die net

mobile AG, Düsseldorf, („net mobile“) gegen Gewährung einer angemessenen

Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG beschlossen („Übertragungsbeschluss“).

Der Übertragungsbeschluss wurde am 05. Februar 2013 in das Handelsregister der

net-m beim Amtsgericht Düsseldorf unter HRB 68452 eingetragen. Mit der Eintragung

des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister sind kraft Gesetzes alle Aktien

der Minderheitsaktionäre der net-m in das Eigentum der net mobile übergegangen.

Gemäß § 327e Abs. 3 Satz 2 AktG verbriefen die Aktienurkunden bis zu ihrer

Übertragung an die net mobile nur noch die Inhaberschaft an den

Barabfindungsansprüchen der Minderheitsaktionäre.

Gemäß Übertragungsbeschluss erhalten die ausgeschiedenen Aktionäre der net-m

eine von der net mobile zu zahlende Barabfindung in Höhe von EUR 6,49 je auf den

Inhaber lautender Stückaktie der net-m mit einem anteiligen Betrag des

Grundkapitals in Höhe von rund EUR 2,56 (Wertpapier-Kenn-Nummer 801 340 // ISIN

DE0008013400). Die Barabfindung ist von der gerichtlichen Bekanntmachung der

Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister des Amtsgerichts

Düsseldorf in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen

Informations- und Kommunikationssystem unter www.registerbekanntmachungen.de

an mit jährlich fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB

zu verzinsen.

Die Angemessenheit der Barabfindung wurde durch die Warth & Klein Grant

Thornton AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf, als dem durch das

Landgericht Dortmund ausgewählten und bestellten sachverständigen Prüfer geprüft

und bestätigt.

Die Auszahlung der Barabfindung an die aufgrund der Eintragung des

Übertragungsbeschlusses ausgeschiedenen Aktionäre der net-m erfolgt Zug um Zug

gegen Ausbuchung der Aktien bzw. Aushändigung der Aktienurkunden der net-m

durch die Commerzbank AG, Frankfurt am Main, über die jeweilige Depotbank.

Sofern die Aktien von einer Depotbank verwahrt werden (Streifband- oder

Girosammelverwahrung), werden die Auszahlung der Barabfindung und die

Ausbuchung der Aktien ohne besonderen Auftrag des Depotkunden durchgeführt.

Page 25: Spruchz 2013 2

Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 57

Ausgeschiedene Aktionäre, die noch effektive Aktienurkunden der net-m, lautend

auf die alte Firma „Bankverein Werther Aktiengesellschaft“, besitzen, bitten wir, diese

zusammen mit den Gewinnanteilscheinen Nr. 8 ff. und den Erneuerungsscheinen ab

sofort bei einer inländischen Geschäftsstelle der Commerzbank AG oder einem

anderen Kreditinstitut zur Weiterleitung an die Commerzbank AG während der

üblichen Schalterstunden einzureichen und gleichzeitig ihre Bankverbindung für die

Vergütung der Barabfindung anzugeben. Zug um Zug gegen Einreichung der

Aktienurkunden erhalten diese ehemaligen Aktionäre die Barabfindung vergütet,

sobald die üblichen Abwicklungsmaßnahmen, die mit der Einreichung von effektiven

Aktienurkunden verbunden sind, durchgeführt worden sind.

Vor 1999 ausgegebene Aktienurkunden sind mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger

vom 14. März 2000 für kraftlos erklärt worden. Inhaber solcher Urkunden müssen sich

zur Entgegennahme der Barabfindung zunächst zwecks Urkundenumtauschs an die

net-m wenden.

Soweit die Barabfindung (ggf. nebst Zinsen) nicht binnen drei Monaten seit dieser

Bekanntmachung über die Auszahlung der Barabfindung von abfindungs-

berechtigten Inhabern effektiver Aktienurkunden entgegengenommen worden ist,

behalten wir uns vor, diese (ggf. nebst Zinsen) zugunsten der Berechtigten beim

Amtsgericht Düsseldorf – Hinterlegungsstelle – unter Verzicht auf die Rücknahme zu

hinterlegen.

Die Auszahlung der Barabfindung ist für die Minderheitsaktionäre der net-m, die ihre

Aktien in einem Wertpapierdepot bei einem depotführenden Institut in Deutschland

(einschließlich einer deutschen Niederlassung einer ausländischen depotführenden

Bank) haben, provisions- und spesenfrei.

Aufgrund der Schließung des First Quotation Board der Frankfurter Wertpapierbörse

ist zwischenzeitlich die Notierung der Aktien der net-m im Freiverkehr an der

Frankfurter Wertpapierbörse sowie in diesem Zusammenhang auch an der Börse

Berlin eingestellt worden.

Für den Fall, dass in einem gerichtlichen Spruchverfahren gemäß § 327 f AktG, §§ 1 ff.

SpruchG rechtskräftig eine höhere als die festgelegte Barabfindung festgesetzt wird,

wird diese höhere Barabfindung allen gemäß §§ 327a ff. AktG ausgeschlossenen

Minderheitsaktionären der net-m gewährt werden.

Düsseldorf, im Februar 2013

net mobile AG

Der Vorstand

Quelle: Bundesanzeiger vom 12. Februar 2013

Page 26: Spruchz 2013 2

Spruchverfahren aktuell - Nr. 2/2013

SpruchZ 2013 Seite 58

Links

Nachbesserungsrechte.de

Nachbesserungsrechte.de ist ein Service

der VALORA EFFEKTEN HANDEL AG (VEH) für

Nachbesserungsrechte aus Aktien-

abfindungen. VEH, ein spezialisiertes

Wertpapierhandelshaus für unnotierte

Aktien und andere Wertpapiere, schreibt

auf der Eingangsseite:

„Falls Sie von Aktienabfindungen betroffen

sind, zu deren Angemessenheit noch ein

Spruchverfahren anhängig ist, können Sie

uns die daraus resultierenden Nach-

besserungsrechte zum Kauf anbieten.“

Aus meiner Sicht eine gute Idee. Das

Verzeichnis unter

http://nachbesserungsrechte.de/valora/nr

ist offenbar allerdings nicht mehr ganz

aktuell, da bei mehreren der dort

aufgeführten Gesellschaften die Spruch-

verfahren bereits beendet sind.

Zeitschrift und Dokumente auf

http://de.slideshare.net/SpruchZ

Impressum

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Zeitschrift

Spruchverfahren aktuell

(SpruchZ)

ISSN 2195-7274

Herausgeber:

Interessengemeinschaft

Spruchverfahren (IG

Spruch), c/o

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Bestellungen bitte an die E-

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