Sterbehilfe - Ärztekammer Nordrhein€¦ · Tetraplegie, insuffiziente Atemmechanik, starke...

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Sterbehilfe

Interessenkonflikte:keine

Barbara KertzFachärztin für AllgemeinmedizinFachärztin für AnästhesiologieQualifizierte Palliativärztin

Sterbehilfe:Passiv - Indirekt –Aktiv– Beihilfe

Begriffsbestimmung

Unterscheidung zwischen - Hilfe im Sterben

- Hilfe zum Sterben

Hilfe im Sterben= Sterbebegleitung

Menschen, die an einer nichtheilbaren, fortschreitenden bzw.

weit fortgeschrittenen Erkrankungleiden, die die Lebenserwartung auf

Tage, Wochen oder Monate begrenzt

Hilfe im Sterben= Sterbebegleitung

- Veränderung des Therapieziels: nicht mehr Heilung sondern

Verbesserung der Lebensqualität

Definition von Ciceliy Saunders

Palliativmedizin bedeutet

"Nicht dem Leben mehr Tage hinzufügen,

sondern den Tagen mehr Leben geben“(Cicely Saunders

1918-2005)

Cicely Saunders

Hilfe im Sterben= Sterbebegleitung

- Palliative Schmerz- und Symptomkontrolle

- Ziel ist nicht die Verkürzung des Lebens

- Kann u. U. sterbensverlängernd sein

Hilfe zum Sterben

Passive SterbehilfeAktive SterbehilfeIndirekte SterbehilfeUnterstützter Suizid

Stellungnahme der BÄKzur passiven Sterbehilfe

Das Sterben darf durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Maßnahme ermöglicht werden, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht

Passive Sterbehilfe

- Es gibt keine Pflicht zur Lebenserhaltung unter allen Umständen

- Keine Behandlung ohne Einwilligung

- D.h. eine begonnene aber nicht gewünschte Behandlung darf abgebrochen werden, (z.B. künstliche Beatmung, Ernährung/Dialyse)

- Pflicht zur Basisbetreuung (Körperpflege, Linderung belastender Symptome, Stillen von Hunger- und Durstgefühl)

Fallbeispiel 1

M.N., 69 J., mHoher Querschnitt nach UnfallInsuffiziente AtemmuskulaturLZ-Heimbeatmung seit einigen JahrenZuletzt vermehrt pulmonale KomplikationenPat. geistig klar, d. h. voll geschäftsfähigGroßer TodeswunschWunsch nach Beendigung der BeatmungWünscht Begleitung durch Palliativteam

Fallbeispiel 1

M.N., 69 J., m

Vorgehen durch uns:Begleitung über einige Wochen zur Optimierung der

Symptomkontrolle und Stabilisierung der psychischen Verfassung

Viele Gespräche mit Pat, seiner Ehefrau, einigen langjährigen Weggefährten, Hausarzt und Intensivpflegekräften

Fallbeispiel 1

M.N., 69 J., mWeiterhin eindeutiger Wunsch nach Beendigung

der BeatmungTeaminternes Ethik-KonsilIn Anwesenheit der Ehefrau und einiger enger

Freunde Sedierung und Abschalten des Beatmungsgerätes

Tod tritt nach wenigen Minuten ein

Indirekte Sterbehilfe

Schmerz-/symptomlindernde Behandlung eines Patienten im Endstadium der Behandlung, bei der man ein Lebensverkürzungsrisiko in Kauf nimmt. Im Sinne einer palliativen oder auch terminalen Sedierung, d.h. Beruhigung bis hin zur Bewusstseinsausschaltung in der Finalphase einer Krankheit.

Dabei wird das Risiko, dass die Medikamentengabe das Leben des Patienten verkürzen könnte, dem Therapieziel untergeordnet

Fallbeispiel 2

A.F., 74 J, wWeit fortgeschrittene ALSTetraplegie, insuffiziente Atemmechanik, starke bronchiale

Verschleimung, DysphagieAufnahme ins stationäre HospizTrotz Ausschöpfung aller palliativmedizinischen und -

pflegerischen Maßnahmen kann keine für die Patientin erträgliche Symptomkontrolle erreicht werden

Fallbeispiel2

A.F., 74 J, w- Nach Aufklärung und Einwilligung der Patientin und

Einbindung der Familie- Entscheidung zur palliativen Sedierung mittels

Medikamenten-Pumpe- Hierunter wirkt Pat. ruhig und entspannt und verstirbt

nach 4 Tagen im Beisein ihrer Angehörigen

Direkte/aktive Sterbehilfe

- Tötung auf Verlangen (strafbar, § 216 StGB)

- Ärztlich assistierter Suizid (u.U. strafbar, wenn er geschäftsmäßig i.S. des §217 StGB erfolgt)

- Gesundheitszustand ist hierbei strafrechtlich irrelevant, wenn freier Wille gebildet werden kann

Aktive SterbehilfeGrundsätze der BÄK

Die Tötung des Patienten ist strafbar, auch wenn sie auf Verlangen des Patienten erfolgt. Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung ist keine ärztliche Aufgabe.

Aktive SterbehilfeAEKNO §16 BO

„Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten“

Aktive Sterbehilfe

Umfrage der DGP von 2015 (Knapp 900 Ärzte)

- Anzahl der Pat. mit Bitte um Suizidassistenz über die letzten 5 Jahre: 10-30 %- Anzahl der geleisteten Suizidassistenz 3% der Ärzte (meist 1-2 mal, ein Arzt 12 mal)

Umgang mit Wunsch nach Sterbehilfe

Nicht immer gleichzusetzen mit Aufforderung zur Suizidbeihilfe oder

aktiven Sterbehilfe!!

Umgang mit Wunsch nach Sterbehilfe

- Meist hohes Autonomiebedürfnis der Betroffenen

- Wunsch nach offenem Austausch mit dem Arzt

- Frage nach alternativen Therapieoptionen

Fallbeispiel 3G.D., 61 J., wMet. Ovarial-KarzinomRez. (Sub-)IleuszuständeSeit Jahren Mitglied bei Dignitas

Fallbeispiel 3Erstkontakt in meiner Praxis mit Überweisung zur PalliativmedizinPat berichtet über DIGNITAS-Mitgliedschaft und, dass sie keinesfalls „als Pflegefall auf fremde Hilfe angewiesen“ sein möchte.Trotz fortgeschrittener Erkrankung und hoher Symptomlast sei aber aktuell für sie noch nicht die Zeit gekommen in die Schweiz zu fahren.

Fallbeispiel 3- Gemeinsam wird ein palliatives

Behandlungskonzept besprochen.- Pat. kommt anfangs regelmäßig zu ihren Terminen in

die Praxis- Im Verlauf zunehmende AZ-Verschlechterung und

Hinfälligkeit- Reise in die Schweiz wird von Patientin seit ihrer

Verschlechterung nicht mehr thematisiert- Sie stimmt letztlich einer Aufnahme ins stationäre

Hospiz zu, wo sie einige Wochen später verstirbt

Sonderfall:freiwilliger Verzicht auf Essen und Trinken (FVET)- Die Entscheidung hierzu trifft die entscheidungs-

fähige Patient*in- Die Entscheidung von Patient*innen zum FVET sollte

vom Behandlungsteam wie jede andere Form eines Sterbewunsches abgeklärt werden

- Die Entscheidung zur Versorgung von Patient*innen, die sich zum FVET entschlossen haben, muss vom Behandlungsteam geprüft werden

- Radbruch et al. Dt. Ärzteblatt 115 (2019) 1828-32

FVET: juristische AspekteFVET ist lt. §217 STGB kein Suizid im Sinne der Selbsttötung- Mensch mit Todeswunsch und freiem Willen ist kein Patient

- Körperliche Integrität wird gewahrt (keine Zuführung tödlicher Mittel oder äußerer Gewalt)

- Keine Assistenz Dritter für Herbeiführung des Todes selbst

- Leben wird nicht abrupt beendet

- Das Leben wird „aufgegeben“ durch zum Tode führendes Unterlassen

- Begleitung für den Arzt unproblematisch, da es um reine Symptomlinderung geht

- Eine Patientenverfügung für den Fall eintretender Bewusstlosigkeit ist sinnvoll

ZusammenfassungHilfe beim SterbenPalliative Schmerz- und Symptomkontrolle: ärztlich gebotener Beistand

Hilfe beim SterbenPassive und indirekte Sterbehilfe: straf- und berufsrechtlich unproblematisch (auch Begleitung eines Menschen der freiwillig auf Essen und Trinken verzichtet

Ärztlich assistierter Suizid: u.U. nicht strafbar, aber durch die BO der AEKNO verboten!

Direkte Sterbehilfe: strafrechtlich verboten

VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT