Thorsten Gromes Vorlesung Ordnungen des Politischen 16. April 2010 Zentrale Begriffe der...

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Thorsten Gromes

VorlesungOrdnungen des Politischen

16. April 2010

Zentrale Begriffe der Politikwissenschaft:Konflikt, Macht, Herrschaft, Gerechtigkeit

Sie finden die Folien auf:

www.uni-erfurt.de/politische-theorie/lehrvera

nstaltungen/

Ordnung

• entsteht durch Ziehen einer Grenze

• ist etwas Regelhaftes und Systematisches

• verweist auf Gesetzmäßigkeiten

• umfasst bestimmte Beziehung zwischen Elementen

oder Menschen,

• weist Status, Funktion oder Platz zu

• bestimmt Rechte und Pflichten

Politik

soziales Handeln, das auf die

Herstellung und Durchsetzung

allgemein verbindlicher Entscheidungen

zur Lösung öffentlicher Probleme

bei nicht vorauszusetzendem Konsens abzielt.

Konflikt als politische Ordnung

Gäbe es keine Konflikte,

müsste uns Politik überflüssig erscheinen.

Definition sozialer Konflikt

In einem Konflikt verfolgen die beteiligten Parteien

aktiv antagonistische Positionen.

Dimensionen von Konflikten

1. Konfliktparteien

Individuen,

Organisationen, Gruppen,

Staaten, Staatenbündnisse

Dimensionen von Konflikten

2. Konfliktgegenstand

Materielle Güter

Ideen, Werte, Weltanschauungen,

Ordnungsvorstellungen

Macht

Dimensionen von Konflikten

3. Konfliktaustrag

kontinuierlich – sporadisch

unreguliert – reguliert

gewaltsam – gewaltlos

Gewaltloser Sport?

Dimensionen von Konflikten

3. Konfliktaustrag

Gewaltlos Gewaltsam

Sport und Spiel

Wettbewerb

Debatte

Wahlkampf

Schlägerei

Attentat

Terrorismus

Krieg

Völkermord

Gängige Fehler in Reden über Konflikt

Konflikt mit Krieg gleichsetzen.

Konflikte per se als gut oder schlecht einstufen.

Nachbarschaftsgruppen bilden

Neun bis zwölf TeilnehmerInnen bilden eine

Nachbarschaftsgruppe und setzen sich demnächst

stets an die gleiche Stelle.

Arbeit in der Nachbarschaftsgruppe

Deklinieren Sie einen politischen Konflikt durch:

• Konfliktparteien,

• Konfliktgegenstand,

• Konfliktaustrag

Konflikt und Macht

bei nicht vorauszusetzendem Konsens

allgemein verbindliche Entscheidungen

herbeiführen und durchsetzen

Konflikt als Einsatzgebiet der Macht

„Macht bedeutet jede Chance,

innerhalb einer sozialen Beziehung

den eigenen Willen

auch gegen Widerstreben durchzusetzen“.

Max Weber

Macht bei Norbert Elias

Macht „besitzt“, wer jemanden dazu zwingen kann,

dass dieser etwas gegen seinen Willen tut.

Macht ist aber kein Ding, sondern eine

Struktureigenschaft aller menschlichen Beziehungen.

Macht ist weder per se gut noch schlecht.

Gewalt als Quelle der Macht?

„Mit einem freundlichen Wort und einer Pistole kann man

mehr erreichen als mit einem freundlichen Wort allein.“

Al Capone

„Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.“

Mao Tse-Tung

Quellen der Macht bei Elias (1)

Macht entsteht durch Abhängigkeit.

Man ist abhängig durch

• Gewalt

• Liebe

• Bedürfnis nach Geld, Gesundheit oder

Achtung

Quellen der Macht bei Elias (2)

Ungleiche Abhängigkeiten führen

zu Machtdifferentialen.

Als Struktureigenschaft menschlicher Beziehungen

fluktuieren Machtbalancen.

Herrschaft nach Max Weber (1)

Sonderform von Macht.

„Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl

bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam

zu finden.“ Max Weber

Das Handeln eines der Herrschaft Unterworfenen

folgt dem Willen des Herrschers.

Herrschaft nach Max Weber (2)

Herrschaft umfasst eine Einwilligung in das

Herrschaftsverhältnis.

Diese Einwilligung beruht darauf, dass die Herrschaft als

legitim, d.h. als anerkennungswürdig, rechtmäßig oder

gerechtfertigt betrachtet wird.

Gewalt- und Machtverhältnisse werden zur Herrschaft,

wenn sie sich durch Legitimität institutionalisieren.

Reintypen legitimer Herrschaftnach Max Weber

Traditionale Herrschaft

„Alltagsglauben an die Heiligkeit

von jeher geltender Traditionen

und die Legitimität der durch

sie zur Autorität Berufenen“

Reintypen legitimer Herrschaftnach Max Weber

Traditionale Herrschaft

„Autorität des ‚ewig Gestrigen‘“

Nimbus des Heiligen und Unumstößlichen

Regeln werden nicht aufgrund eines bestimmnten

Zustandekommens beurteilt

Reintypen legitimer Herrschaftnach Max Weber

Charismatische Herrschaft

„außeralltäglichen Hingabe

an die Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die

Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie

offenbarten oder geschaffenen Ordnungen“

Reintypen legitimer Herrschaftnach Max Weber

Charismatische Herrschaft

Grundlage nicht das Normale,

sondern die Ausnahme, das Außerordentliche

eines Heiligen, Helden oder Anführers

Reintypen legitimer Herrschaftnach Max Weber

Legale Herrschaft

„Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen

und des Anweisungsrechts

der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen“

Reintypen legitimer Herrschaftnach Max Weber

Legale Herrschaft

Gehorsam aufgrund formaler Legalität.

Verfahren und Gesetze begründen Folgsamkeit.

Gehorsam gilt primär der Regel, nicht der Person

Herrschaft im Überblick (1)

• institutionalisierte Form von Macht

• bestimmt über Anordnung und Gehorsam

• äußert sich in sozialer Unter- und Überordnung

• umfasst Anerkennung als rechtmäßig oder

sachdienlich

• Herrschaft gibt es auch außerhalb des Politischen

Herrschaft im Überblick (2)

Typologisierung von (politischer) Herrschaft nach

• den Zielen,

• den eingesetzten Mitteln,

• den Subjekten der Herrschaft

Arbeit in der Nachbarschaftsgruppe

Erörtern Sie, welchen Herrschaftsverhältnissen

Sie unterworfen sind.

Gerechtigkeit

„Grundbegriff menschlichen Verlangens“

(Otfried Höffe)

Streben nach Gerechtigkeit ist

eine anthropologische Konstante

(Stefan Gosepath)

Gerechtigkeit

Keine Frage hat so viel Blut gekostet

wie die nach der Gerechtigkeit

(Hans Kelsen, in: Was ist Gerechtigkeit?)

Gerechtigkeit

bezieht sich auf

• etwas, das durch Handeln herbeigeführt wurde,

• gesellschaftliche Verhältnisse,

• interpersonale, intergruppen- oder internationale

Beziehungen

Gerechtigkeit und Politik

Frage der Gerechtigkeit stellt sich in sozialen Konflikten.

In öffentlichen Konflikten führt Politik allgemeinverbindliche

Entscheidungen herbei und setzt diese um.

Damit ist die Politik Arena und Adressat von

Auseinandersetzungen über Gerechtigkeit.

Frage der Gerechtigkeit tritt aber auch im Privaten auf!

Sprache der Gerechtigkeit

Gerechtigkeitsvorstellungen ergeben

sich oftmals aus Eigeninteressen.

Die Forderung nach Gerechtigkeit

spricht aber nicht die Sprache von Eigeninteressen,

sondern die der Ansprüche.

Diese Ansprüche kleidet ein Akteur

in Begriffen der Unparteilichkeit.

Gerechtigkeit und allgemeine Normen

Erhebt ein Akteur einen Anspruch, verweist er auf soziale

Normen, die seiner Aussage nach für alle die gelten

sollen, die einem Beziehungsgeflecht angehören.

Das Einfordern von Gerechtigkeit rechtfertigt er mit

Normen, von denen er behauptet, sie sollten allgemein

und wechselseitig gelten.

Gerechtigkeit als Gleichheit

Gleichheit ist der „Inbegriff der Gerechtigkeit.“

(Stefan Gosepath)

Gerechtigkeit als Gleichheit

„Gleichheit“ aber lässt sich mit sehr unterschiedlichen

Forderungen verbinden:

Chancengleichheit vs. Gleichheit im Ergebnis

umfassende Gleichheit vs. partielle Gleichheit

Gerechtigkeit als Gleichheit

„Gleichheit“ kann sich auch auf verschiedene Dimensionen

beziehen:

• materielle Güter

• Rechte und Pflichten

• Anerkennung, Wertschätzung

Gerechtigkeit als Ausgleich

Oftmals behaupten einzelne Menschen oder Gruppen, sich

besonders verdient gemacht oder Opfer erbracht zu

haben, sodass ihnen eine besondere, ungleiche

Behandlung zustünde.

Forderung, ein Akteur dürfe keinen dauerhaften Nutzen

daraus ziehen, einem anderen geschadet zu haben.

Dimensionen der Gerechtigkeit in der Politik

1. Verteilung von Gütern und Anerkennung

2. Partizipation an politischen Entscheidungen

3. Definition der politischen Arena (Grenze des

Gemeinwesens, Felder der Autonomie)

4. Zugang zu öffentlichen Institutionen

Arbeit in Nachbarschaftsgruppe

Erörtern Sie, welche Art von Gerechtigkeitsvorstellungen

die politischen Parteien im letzten

Bundestagswahlkampf geäußert haben.

Rausschmeißer

Macht heißt, es sich leisten zu können,

nicht zu lernen.

Karl Wolfgang Deutsch

Möge die Macht mit Dir sein.

Meister Yoda

Aufgaben zur Nachbereitung (1)

Konflikt• Schlagen Sie eine Tageszeitung auf und identifizieren Sie

drei soziale Konflikte. Bestimmen Sie die Konfliktparteien, den –gegenstand und den –austrag.

Macht• Inwiefern hat ein Student Macht über einen Professor, ein

Angestellter über seinen Vorgesetzten, ein Patient über seinen Arzt, ein Bürger über seinen Bürgermeister?

• Gehen Sie der Frage nach, in welcher Hinsicht welche Menschen von Ihnen abhängig sind.

Aufgaben zur Nachbereitung (2)

Herrschaft• Finden Sie jeweils zwei Beispiele für legale, traditionale und

charismatische Herrschaft.• Handelt es sich um ein Herrschaftsverhältnis, wenn Polizisten

Ihr Fahrrad auf Verkehrstauglichkeit prüfen?• Diskutieren Sie folgende These: „Man muss Anarchist

gewesen sein, um ein guter Demokrat werden zu können.“

Gerechtigkeit• Kennen Sie einen politischen Akteur, der etwas fordert, das

er selbst als ungerecht erachtet?• Diskutieren Sie die folgende These; „Justice can be a great

source of pain, maybe even more a source of pain than injustice”. Barrington Moore