Post on 10-Oct-2020
Trends und Entwicklungsperspektiven für ländliche Räume – sind Senioren und Tourismus eine Chance? Vortag im Rahmen des ALR-Seminars „Entwicklungstrends für die ländlichen Räume in Niedersachsen“ am 05. November 2018 in Egestorf von Prof. Dr. Gabi Troeger-Weiß
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I
Entwicklungstrends für ländliche Räume
Ländliche Räume zeichnen sich durch eine hohe Heterogenität und Vielfalt aus „Den“ ländlichen Raum gibt es nicht – vielmehr verschiedene Typen: Ländliche – periphere, strukturschwache ländliche Räume Ländliche Regionen im Umfeld von Verdichtungsräumen Agrarisch geprägte ländliche Räume Touristisch geprägte ländliche Räume Ländliche Räume mit hoher wirtschaftlicher Entwicklungsdynamik –
Wachstumsmotoren Ländliche Räume als Schrumpfungsregionen Grenzregionen
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Aktuelle Herausforderung ländlicher Räume
Trends der regionalen und kommunalen Entwicklung Globalisierung – hohe Mobilität von Unternehmen - Ressourcen
Europäisierung – Trend zu „Europe first“
Reurbanisierung
Demographischer Wandel und Migration
Ökonomischer Wandel – Diskussion um bedingungsloses Grundeinkommen und damit einhergehende Wirkungen (Arbeitsmarkt)
Finanzstruktureller Wandel (Solidarpakt, Länderfinanzausgleich, europäische Strukturfonds, Schuldenbremse, Privatisierung öffentlicher Aufgaben)
Trends der regionalen und kommunalen Entwicklung Wissensgesellschaft – Zunahme der Komplexität
Digitalisierung – Daten als Kapital der Zukunft
Gesundheit als Zukunftsbranche: Nachfrageverschiebungen durch geänderte Altersstruktur – Entstehung neuer Märkte insbesondere im Bereich Gesundheit und Dienstleistungen für Senioren (Krankenversicherung als die Herausforderung)
Mobilität und deren Wirkungen auf Branchen und Berufszweige
Zunahme des Anspruchs auf Mitsprache und Mitentscheidung breiter Bevölkerungsgruppen
Trends mit hoher Relevanz für Kommunen und Staat Finanzknappheit der Kommunen
Investitionsstaus bei kommunaler und staatlicher Infrastruktur
Wettbewerb um Unternehmen, Fördermittel, Bevölkerungsgruppen
Akzeptanz von (großen) Infrastrukturprojekten
Privatisierung (Krankenhäuser, Wasserversorgung u.a.)
Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen als zentrale Motoren der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung (Multiplikatorwirkungen in allen Bereichen – Innovation, Einzelhandel Immobilienmarkt usw.)
Wertewandel gegenüber materiellen Werten und Sachwerten bei junger Generation −work-life-Balance −Small is sexy −Teilen statt besitzen
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II
Herausforderungen für Regionen und Kommunen in ländlichen Räumen
Geänderte Rahmenbedingungen und Herausforderungen für Regionen und Kommunen
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− Neue Formen des Arbeits- und Pendlerverhaltens und neue Formen des Wohnstandortverhaltens
− Wettbewerb der Kommunen um Gewinnung von Wohn- und Arbeitsbevölkerung sowie Unternehmen
− Knappe Haushaltsmittel im kommunalen Bereich (Infrastruktur) – hoher Investitionsstau bei Infrastruktur (z.B. Strassen)
− Profilbildung von Landkreisen und Gemeinden – Markenbildung
− Wertewandel gegenüber materiellen Werten und Sachwerten bei junger Generation
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Kernthemen: Demographie: Bevölkerungsentwicklung und Daseinsvorsorge
Marken- und Imagebildung, Standortmarketing
Standortsicherung (Unternehmen und Hochschulen)
Innovation, Bildung und Wissenschaft
Verkehr
Lebensqualität, Gesundheit, Freizeit und Tourismus
Heimatbewusstsein, Identität, Vernetzung und Netzwerke
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III
Senioren als Chance für die Entwicklung ländlicher Räume
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Neue Nachfragestrukturen durch Senioren
− Nahversorgung – Einzelhandel
− Dienstleistungen – Banken/Sparkasse
− Medizinische Versorgung – Allgemeinärzte
− Seniorenspezifische Dienstleistungen – Gesundheitsleistungen
− Mobilität
Medizinische Versorgung
Sicherung von Hausarztpraxen durch hohe Nachfrage – ländliche Räume als Modellregionen für E-Health/Online-Sprechstunden
Steigender Bedarf an Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen für ältere Menschen – neue Investitionsbereiche
Sicherung der (kommunalen) Krankenhäuser
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E-Health in der Altenpflege, Västernorrland/ Schweden Kommunförbundet Västernorrland:
Freiwilliger Zusammenschluss von sieben Kommunen Forschungs- und Entwicklungseinheit
Projekt zur Unterstützung pflegender Angehörige in der häuslichen
Pflege − Informationsprogramme, Beratung durch Krankenschwestern über
Webcams, „Stammtisch“ zum Austausch von Betroffenen − Laufzeit: 3 Jahre, 95 Teilnehmerinnen & Teilnehmer, Durchschnittsalter
76 Jahre − Projekt wurde gut angenommen & erzielte positive Ergebnisse
Projekt Feeling secure – Night Peace, Västernorrland − Nächtliche Betreuung − Durchführung proaktiv in bestimmten Intervallen oder − Alarme mittels Nachrichten an Computer oder Mobiltelefone
Berlin – 19.11.2015
Gesundheitsversorgung 4.0 in Oberfranken
Seite 15
Quelle: Eigener Entwurf, Oberfranken Offensiv e.V., Juni 2017
Öffentlicher Nahverkehr und Nahversorgung
Neue Chancen im Bereich des ÖV mit kleinteiligen Maßnahmen Neue Auslastung des ÖPNV Neue Entwicklungen im Bereich des Angebots an Einrichtungen und
Dienstleistungen (Online-Shopping, Online-Banking, E-Health u.a.) insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge
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Verbindung Mobilität und Nahversorgung für Senioren
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Beispiele
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Lokaler Onlineshop “Freiamt bringt’s”
IV Tourismus als Chance für die Entwicklung ländlicher
Räume
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Neue Trends im Tourismus
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Trends mit Relevanz für den Tourismus
Gesundheit Individualisierung Konnektivität und Vernetzung Mobilität Neo-Ökologie New Work Sicherheit Silver Society Mehrwert statt Überfluss Regionalität und Nachhaltigkeit
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− Stetige Steigerung der verfügbaren „freien Zeit“ (Freizeit) aufgrund von arbeitnehmer-freundlichen Arbeitszeitmodellen (Multi-Options-Gesellschaft)
− Stetige Steigerung des verfügbaren Haushaltseinkommens aufgrund von häufig zwei Erwerbstätigen pro Haushalt
− Steigerung des Realeinkommens der Bevölkerung
− Günstige Arbeitsmarktlage
Generelle, gesellschaftliche Trends mit Relevanz für den Tourismus
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Generelle, gesellschaftliche Trends mit Relevanz für den Tourismus
− Hoher Grad an Motorisierung (PKW-Verfügbarkeit)
− Zunahme des Flugverkehrs aufgrund sinkender Flugpreise, u.a. durch Billiganbieter
− Steigerung der Bildungsniveaus (knapp die Hälfte eines Jahrgangs nimmt ein Studium auf)
− Zunehmende Internationalisierung, u.a. aufgrund neuer Medien
− Erschließung neuer (touristischer) Märkte (z.B. Russland, China, Indien u.a.)
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Touristische Trends (1)
− Stetige Steigerung der Reiseintensität (75% aller Deutschen führen mindestens einmal jährlich eine Reise von mindestens 4 Tagen/3 Übernachtungen durch)
− Abnahme des Massentourismus – starke Segmentierung, Individualisierung und Differenzierung des touristischen Marktes
− Abnahme des Pauschaltourismus zugunsten individueller Angebote
− Orientierung von Reiseveranstaltern auf individuelle Nachfrage (z.B. Vermietung von Hütten im Gebirge oder im Mittelgebirge über TUI)
− Zunahme von Busreisen
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Touristische Trends (2)
Zunahme individueller, maßgeschnittener, spezieller Angebote in folgenden touristischen Marktsegmenten:
− Gesundheitstourismus, Wellness, Kuren − Sporttourismus/Outdoor-Tourismus − Radtourismus, Wandertourismus (Beispiel: Nachfrage nach
Premiumwanderwegen) − Kulturtourismus − Städtetourismus − ökologischer/naturnaher Tourismus − Expeditionsreisen − Kreuzfahrttourismus − Geschäfts- und Dienstreiseverkehr − Single-Reisen − Zunahme des Seniorentourismus bei gelichzeitiger Abnahme des
Familientourismus
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Touristische Trends (3)
− Neue Formen des Buchungsverhaltens (Internet, Reisebüro, Airbnb)
− Trend zu hochwertigen Übernachtungsmöglichkeiten
− Trend zu hoher Dienstleistungsintensität
− Trend zu Kurzaufenthalten – zumeist mehrfach pro Jahr
− hohes „Floating“ bei den ausländischen Reisezielen (Türkei, Griechenland, USA) – abhängig von der politischen Situation
− hohe Tendenz zu Urlaub in Deutschland (beliebtestes Reiseland – Alpen, Ost- und Nordsee sowie Mittelgebirge)
− „Multilokalität“ am Urlaubsort – zunehmender „sekundärer“ Urlaubsverkehr
Handlungsempfehlungen Touristisches Angebot-
Professionalität
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Trends im Bereich Angebot
Differenzierung zwischen − Hotellerie (Hotel, Gasthof, Pension, Hotel garni, Motel)
und − Parahotellerie (Ferienheime, Ferienwohnungen, Jugendherbergen,
Privatzimmer, Campingplätze)
Klare Trends zu − zertifizierten Beherbergungsbetrieben − Hotelketten − hochwertigen Beherbergungsangeboten mit hohem Dienstleistungsgrad − Hochwertigen wetterunabhängigen Beherbergungsbetrieben
(Saunalandschaften, hoteleigene Fit&Fun-Houses, Wanderangebote, geführte Radtouren, Kinderabteilungen, Wellnessanwendungen mit ausgebildeten Physiotherapeuten u.a.)
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Touristisches Angebot
Naturnahes und kulturelles Angebot
Natur
Klima
Kulturhistorische Gegebenheiten
Freizeitinfrastruktur, Events Beherbergungsgewerbe
Sport/Freizeit
Großveranstaltungen
Beherbergung
Touristische Nachfrage
Naherholungsverkehr und längerfristiger
Reiseverkehr
Touristisches Fachkonzept/touristischer Masterplan
„Tourismus für alle“
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Ziel eines touristischen Konzepts/eines Masterplans − Erfassung und Bewertung vorhandener touristischer Strukturen anhand einer touristischen Marktanalyse (Angebot und Nachfrage)
− Identifizierung touristischer Potentiale
− Aufzeigen von Handlungsempfehlungen auf Basis der Marktanalyse
− Berücksichtigung aktueller Entwicklungen und Trends im Bereich Tourismus
und Inwertsetzung für die jeweilige Region
− Inwertsetzung des Spezialsegments „Barrierefreier Tourismus“ - Seniorentourismus
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2. Bestandsaufnahme und touristische Marktanalyse
3. Stärken-Schwächen-Analyse
4. Handlungs- und Umsetzungskonzept
Ablauf eines touristischen Masterplans
1. Allgemeine Grundlagen
Zielgruppen
für den Tourismus in ländlichen Räumen
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Zielgruppen für den Tourismus
− Familien mit Kindern
− Senioren
− Sporttouristen – Wanderer - Radfahrer
− Tagungstourismus
− Naherholer
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Maßnahmen für die Entwicklung ländlicher Räume im Tourismus
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− Leitbild-Erstellung − Schwerpunktsetzung auf Potentiale, insbesondere Wandertourismus und Fahrradtourismus − Professionalisierung der Hotellerie und Gastronomie − Service-und Qualitätsoffensive im touristischen Angebot − Zertifizierung des Beherbergungsgewerbes − Ausbau wetterunabhängiger Angebote − Professionelles Marketing – einheitliches Erscheinungsbild − Steigerung des Bekanntheitsgrades − Stärkere Vernetzung der Angebote und der Anbieter
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Touristisches Fachkonzept „Historische Raiffeisenstraße“ Ziele für die Entwicklung des Tourismus
Die Sinne schärfen in Natur und
Landschaft
Ausbau des Aktivtourismus
sowie Kultur- und Bildungstourismus
Ausbau des Gesundheits-
tourismus und des barrierefreien
Tourismus
Qualitative Verbesserung der
touristischen Infrastruktur
Ausbau der Marketing-aktivitäten
Förderung der regionalen
Wertschöpfung
Förderung der Kooperation auf kommunaler und
betrieblicher Ebene
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− Steigerung der Qualität von Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben unter Berücksichtigung etablierter Klassifizierungsstandards (Zertifizierung)
− Optimierung des Wander- und Radwegenetzes (quantitativ und qualitativ) – Wegweisung, Karten, Flyer, GPS
− Verstärkte Verwendung regionaler Produkte/Erzeugnisse im Bereich der
Gastronomie
− Förderung der interkommunalen Kooperation und Zusammenarbeit im Bereich Tourismus zur Schaffung von Synergien zwischen touristischen Angebotsträgern
Erste konkrete Maßnahmen-Vorschläge für den Trend „Wandern“ und „Radfahren“
− Wanderwegekonzept u.a. mit barrierefreien Wanderwegen
− Marketing für Kurz- und Weitwanderwege
− Vernetzung der (Themen-)Wanderwege und Radwege
− Professionelle einheitliche Beschilderung
− Themenrouten und Routen für verschiedene Nutzergruppen (z.B. Familien mit Kleinkindern, Senioren, Menschen mit eingeschränkter Mobilität)
− Pauschalangebote und Pakete für Mobilitäts-eingeschränkte Zielgruppen
− Kooperation mit Wanderreiseveranstaltern
− Ausweisung (Rad-)wander-freundlicher Betriebe
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Barrierefreier Tourismus
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Barrierefreies Reisen wird immer mehr zu einem Qualitätsmerkmal für touristische Angebote und zu einem Wettbewerbsfaktor für die Destinationen. Durch den demografischen Wandel wird deren Zahl in Zukunft noch
deutlich steigen. „Barrierefreier Tourismus“ wird zur Schlüsselaufgabe der
Tourismusbranche.
Im Prinzip ist das Altwerden erlaubt, aber es wird nicht gern gesehen!
In diesem Sinn:
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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