Post on 21-Jan-2016
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Andreas Schröder
Typus Melancholicus
Konzept und Klinische Relevanz
Journal-Club 16.11.2000Klinik Sonnenhalde
Journal-Club 16.11.00
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Typus Melancholicus
historische WurzelnVorstellung des TypenkonzeptesFallbeispiel: Herr B.klinische RelevanzStand der Forschung
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Hintergründe
E. Kretschmer: cycloide Temperamente
Abraham (1924): zwanghafte (anale) Züge depressiver Patienten (psychoanalytische Sicht)
Japanische Autoren (Shimoda, 1932): Konzept der Statothymie
Kielholz (1959)
Tellenbach (1961): melancholischer Typus als dispositionelle Grundlage der monopolar verlaufenden Depression
- Studie (1959) an 119 Patienten der Heidelberger Klinik mit monopolarer Depression, empirisch-phänomenologischer Zugang: (deskriptiv orientierte Interviews an remittierten Pat: Frage nach Persönlichkeit und Situation bei Ausbruch der Depression)
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wichtige Begriffe bei Tellenbach (1961):
Wesensmerkmale des melancholischen Typus:
Ordentlichkeit: aktive Seite, Bedürfnis nach fester Ordnung in
der Arbeitswelt, den mitmenschlichen Bezügen usw. Gewissenhaftigkeit: als passive, Schuld-vermeidende Seite
Die prämelancholische Situation: Inkludenz: starres Festgelegtsein auf Ordnung, Gefangensein in
der eigenen (traditionellen) Rolle
Remanenz: Zurückbleiben hinter der eigenen Rollenerwartung
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Neuformulierung durch A. Kraus (1977)
Hypernomie: Unfähigkeit, die eigene Rolle zu wechseln, keine Rollendistanz herstellbar
Heteronomie: unkritisches Übernehmen sozialer Rollenerwartungen
Ambiguitätsintoleranz: Unfähigkeit, gleichzeitig gegensätzliche Gefühle wahrzunehmen, Personen differenziert zu betrachten („schwarz-weiss“); z.B. oft kaum Distanz zu Ehepartner möglich
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Fallbeispiel: Herr B., 62 Jahre
Wesensmerkmale: enge Beziehung zur Familie:
regelmässige Besuche in Sizilien „symbiotische“ Beziehung zur
Ehefrau (sei „sehr lieb“) sehr verärgert durch den
Ausbildungsabbruch des Sohnes; Sorge wegen dessen „schlechter Freunde“
hat Arbeitsstelle gewechselt, als es zur betrieblichen Umstrkturierung kam (kein richtiger Verkäufer)
im Atelier (kreative Arbeit) offensichtlich überfordert
prämelancholische Situation:
Rückstufung vom Schneider-Atelier in den Verkauf
Leute reden „komisch“, Irritation in den Beziehungen
Bedrohung durch Erkrankung der Frau (Knie-Arthrose)
Konflikt mit dem 22-jährigen Sohn (Sorge, wenn er spät nach Hause kommt) - zugleich Reibungen, wenn Freundin da ist
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Merkmale des Typus Melancholicus nach v. Zerssen (n. Krankengeschichten, 1990)
als Kind ruhig, brav, angepasst; Mitläufertyp gute, durch viel Fleiss erzielte Schulleistungen; wenig
spezielle Interessen konsequente Linie: Ausbildung-Beruf Beruf: Sicherheit wichtig; arbeitsam, zuverlässig späte bzw. keine Loslösung vom Elternhaus Ehe und Familie vorrangig neben Familie und Beruf kaum Interessen und Neigungen kleiner, aber stabiler Bekanntenkreis Orientierung an sozialen Normen, Regeln, Werten; häufig in
Gewissensnöten Lebensführung bescheiden, sparsam, selbstgenügsam
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Skalen Rigidität und Normenorientiertheit des MPT (v. Zerssen 1988)
Rigidität: „Wenn ich etwas anfange, will
ich es unbedingt ganz perfekt machen“
„Meine Reisen plane ich immer im voraus unter Festlegung eines genauen Reiseweges, von dem ich nur ungern abweiche“
„Meinen Arbeitsplatz verlasse ich immer erst, wenn ich ihn tadellos aufgeräumt habe“
„Ich betrachte meine Arbeit gewöhnlich als eine toternste Angelegenheit“
„Manchmal komme ich mir vor wie ein Gefangener meiner eigenen Gründlichkeit“
„Ich mache es mir zum Prinzip, mich durch nichts in der Arbeit abhalten zu lassen“
„Man sollte nach meiner Meinung die Freizeit erst dann richtig geniessen, wenn man seine Pflichten restlos erfüllt hat“
„Ich finde, dass man seinen Vorgesetzten unbedingtes Vertrauen entgegenbringen sollte
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Skalen Rigidität und Normenorientiertheit des MPT (v. Zerssen 1988)
Normenorientiertheit:
„Ab und zu erzähle ich gerne eine kleine Lüge“
„Ich greife schon mal zu nicht ganz fairen Mitteln, um mir einen Vorteil zu verschaffen“
„Hin und wieder gebe ich ein bisschen an“.
„Ich spreche schon mal über Dinge, von denen ich nichts verstehe.“
„Ich klatsche manchmal“ „Manchmal versuche ich, es
jemandem heimzuzahlen, statt zu verzeihen oder zu vergessen“
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