Unternehmensverantwortung im praktischen Spannungsfeld

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Unternehmensverantwortung im praktischen Spannungsfeld Schilderung aus der Sicht von Unternehmen, die staatlichen Anfragen zur Speicherung und Herausgabe von Nutzerdaten ausgesetzt sind

Maximilian Schubert

OCG: IT-Unternehmen zwischen Überwachungsstaat und Kundenverantwortung 09.10.2013, Österreichischer Gewerbeverein, Wien

Agenda

Über die ISPA

Problemfall dynamische IP-Adr.

Umsetzung der VDS in Österreich

ISPs im täglichen Spannungsfeld

Die ISPA vertritt die Internetwirtschaft

– Gegründet 1997

– Rund 200 Mitglieder aus den Bereichen Access, Hosting, Content & Services

– Zwei Drittel weniger als 25 MA

www.stopline.at

Meldestelle gegen

Kinderpornographie und Nationalsozialismus

im Internet

Sämtliche Rechtsgrundlagen auf nur einem(!) Blatt Papier zusammengefasst

Über die ISPA

Problemfall dynamische IP-Adr.

Umsetzung der VDS in Österreich

ISPs im täglichen Spannungsfeld

Agenda

Problemfall: Beauskunftung von „dynamischen IP-Adressen“

§103 Abs 4. TKG

Problemfall: Beauskunftung von „dynamischen IP-Adressen“

§103 Abs 4. TKG

aufgehoben 19.05.2011

Etwaige zuvor erlassene Gerichtsurteile wurden hierdurch gegenstandslos.

(zB OGH 13.04.2011, 15 OS 172/10y, ÖBB-Vorteilsticket)

Problemfall: Beauskunftung von „dynamischen IP-Adressen“

§92 Abs. 3 Z 16. TKG

Z 16 […] Öffentliche IP-Adressen sind Zugangsdaten im Sinne des § 92 Abs. 3 Z 4a. Wenn eine konkrete öffentliche IP-Adresse einem Teilnehmer für die Dauer des Vertrages zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen ist, handelt es sich zugleich um ein Stammdatum im Sinne des § 92 Abs. 3 Z 3.

In Kraft seit 19.05.2011

Erläuternde Bemerkungen zu § 92 Abs. 3 Z 16

[…] wenn sog. statische IP-Adressen vertraglich einem Teilnehmer zur ausschließlichen Nutzung individuell dauerhaft zugewiesen werden. Nur in diesem Fall handelt es sich bei der IP-Adresse auch um ein Stammdatum. Ihre Verknüpfung mit anderen Stammdaten ist ohne Auswertung von Verkehrsdaten möglich.

Problemfall: Beauskunftung von „dynamischen IP-Adressen“

DYNAMISCHE IP-ADR:

Eine IP-Adressen, die einem/r Nutzer/In nicht „für die Dauer des Vertrages zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen“ wurde, stellt kein Stammdatum dar. Die Regelungen für die Beauskunftung von Stammdaten kommen somit nicht zur Anwendung.

Eine nicht vertraglich vereinbarte IP-Adresse, eine sog. dynamische IP-Adresse, stellt ein „Zugangsdatum“ dar. -> Abfrage nach § 135 Abs 2 TKG (Betriebsdaten > 1 Jahr FS)

-> Abfrage nach § 135 Abs 2a TKG (Vorratsdaten > 1 Jahr FS)

-> Abfrage nach § 76a Abs 2 StPO (Teil der Betriebsdaten oder Vorratsdaten, kein Mindeststrafmaß)

-> Abfrage nach § 53 (a) SPG (Betriebsdaten oder Vorratsdaten)

Über die ISPA

Problemfall dynamische IP-Adr.

Umsetzung der VDS in Österreich

ISPs im täglichen Spannungsfeld

Agenda

Die ISPA bezieht eine klare Position zur Vorratsdatenspeicherung

Die beste Umsetzung wäre keine Umsetzung.

Die ISPA bezieht eine klare Position zur Vorratsdatenspeicherung

• Festhalten am Erfordernis des Richtervorbehaltes

Richterliche Bewilligung für alle Zugriffe auf Vorratsdaten

• Keine Ausweitung des Datenzugriffs

Nur für schwere Straftaten, keine niederschwelligen Delikte

• Effektiver Rechtsschutz für Betroffene

Information der Betroffenen, lückenlose Protokollierung

• Kostenersatz für Internet Service Provider

Ersatz der Investition - sowie der laufenden Kosten

Zeitrahmen bis zur Umsetzung

t

2009 2010 2011 2012 2006 2007 2008

Nov 2009 BMVIT Entwurf

TKG

2006 Erlassung RL

2007 Scheitern der ersten VDS-Umsetzung

Feb 2009 Beauftragung

BIM

Juli 2010 EuGH: Verstoß gg. GemeinschaftsR

Mai 2011 Beschluss TKG, StPO, SPG etc.

Dez 2011 Veröffentlichung

DSVO

1. April 2012 Inkrafttreten der Pflicht zur VDS

Ende März 2012 Go-Live der

Durchlaufstelle

Erfahrungen seit der Umsetzung…

29. März2012 Veröffentlichung

InvestitionskostenVO

18. April 2012 Anpassung

ÜberwachungskostenVO

2012

Dez 2011 Veröffentlichung

DSVO

1. April 2012 Inkrafttreten der Pflicht zur VDS

Ende März 2012 Go-Live der

Durchlaufstelle

t

2013

Feb 2013 Probleme Google

Chrome v17

Herbst 2012 Einreichung

Investitionskosten

Dez 2012 Vorlage VfGH

Jan 2013 Vorlage DSK

Mai 2012 DSK Verfahren gg. Anbieter

Sommer 2013 Überarbeitung Spezifikation?

Herbst 2013 Abschluss

Auditierung

Umfang der Speicherverpflichtung

Wer ist zur Speicherung verpflichtet?

• Nur Anbieter von öffentlichen Kommunikationsdiensten • Speicherverpflichtung an RTR-Beitragspflicht geknüpft

(Umsatzgrenze: ca. EUR 277.000 Jahresumsatz aus Erbringung von KommDienst im Inland)

Welche Daten müssen gespeichert werden?

• Keine Speicherung von Inhaltsdaten (§102 (7) TKG) • Nur Daten, die im Zuge der Bereitstellung der

Kommunikationsdienste erzeugt oder verarbeitet werden • Speicherung & ggf. Beauskunftung der Daten für sechs Monate,

Löschung nach spätestens sieben Monaten

• Protokollierung „betreiberintern“ und zusätzlich Protokolldatei an die DLS • Es steht Anbietern frei wie lange Daten für betriebsnotwendige Zwecke

gespeichert werden müssen.

- Privacy by Design – Vorzeigemodell

• Die Branche hat in Zusammenarbeit mit VertreterInnen von Behörden sowie der Zivilgesellschaft das Konzept der Durchlaufstelle (DLS) erarbeitet und dieses in den gesetzlichen Entwürfen vorgesehen.

• Die DLS ermöglicht einfachen Austausch (CSV-Format) von Informationen und bietet ein Höchstmaß an Sicherheit und Transparenz.

Zusammenfassung: VDS in Österreich

The Good

• Gute Zusammenarbeit mit beteiligten Stellen!

• Relativ problemlose Anlaufphase

The Bad

• Rechtliche Probleme für Anbieter (DSG vs. TKG)

• Zahlreiche Verzögerungen - bis dato kein Ersatz der Investitionskosen

The Ugly

• Kein Mindeststrafrahmen für Beauskunftungen

• Eingeschränkt aussagekräftige Statistik

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Umsetzung der VDS in Österreich

ISPs im täglichen Spannungsfeld

Agenda

ISPs im täglichen Spannungsfeld

• Provider sind beträchtlichem Druck ausgesetzt

– Androhung von Zwangs-Beugemittel (Vorladung, Vorführung) („Es ist ein weiter Weg bis nach Wien/ Innsbruck.“)

– Sicherstellung („Kriegen wir die Daten so, oder müssen wir extra vorbei kommen?“)

– Führung des/r MA im Strafverfahren als Mittäter/in

– Öffentlichkeitswirksamkeit bei Weigerung bzw. Nichterfüllung („Das steht dann morgen in der Zeitung.“)

– Druck von Seiten der Kunden / Beschuldigten

• Rechtliche Graubereiche führen zu Problemen

– Mündliche Anordnungen der StA (§ 102 Abs. 1 StPO), 24/7

– Ersuchen um Bekanntgabe von „erweiterten“ Stammdaten (Lieferadresse, letzte Aufbuchung, Guthabensstand, PUK

– Folgeanordnungen (Handytausch)

– Selbstbeauskunftung „DSG vs. TKG“

Ausblick

• Wie weit soll die Anonymität im Internet gehen?

• Offener und ehrlicher Diskurs über die Reichweite und die Intensität von Überwachungsmaßnahmen

• Mehr Transparenz für Betroffene und Öffentlichkeit

Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene

Aussagekräftige Statistiken

„Justice must not only be done. It must also seen to be done.“ (Gordon Hewart, 1870 – 1943)

• Weitere vertrauensbildende Maßnahmen sowie Fortsetzung der respektvollen

und konstruktiven Zusammenarbeit von Rechtsverfolgungsbehörden und Anbietern

Vielen Dank!