Verhältnis von Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften unter rechtlicher Perspektive.

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Verhältnis von Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften unter rechtlicher

Perspektive

Verhältnis von Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften unter rechtlicher Perspektive

3.1Grundgesetz3.2Staatskirchenverträge3.3Religionsfreiheit3.4Rechtsstellung von

Religionsgemeinschaften3.5Kirchensteuer und staatliche Zuschüsse3.6Religionsunterricht

3.1 Grundgesetz

Grundgesetz

• Das Grundgesetz will Fehlentwicklungen vorbeugen, die im Dritten Reich stattfanden

• Art. 4: Gewissens- und Religionsfreiheit• Artikel der Weimarer Reichsverfassung (WRV)– Durch Art. 140 GG sind weiterhin gültig:Art. 136-139 und 141 WRV

Grundgesetz

• Präambel:„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott

und den Menschen … hat sich das Deutsche Volk … dieses Grundgesetz gegeben“

• Gottesbezug gehört zur deutschen Verfassung

Grundgesetz

• Art. 4:(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens

und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Grundgesetz• Art 7:(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des

Staates.(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die

Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

Grundgesetz

• Art. 141:Artikel 7 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung

in einem Lande, in dem am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche Regelung bestand.

• Sog. „Bremer Klausel“– betroffen sind Bremen und Berlin– später auch Brandenburg

Grundgesetz

• Art. 33:(3) Der Genuss bürgerlicher und

staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

Grundgesetz• Art. 56:Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor

den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:

"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."

Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

Grundgesetz

• Art. 140:Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138,

139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Grundgesetz• Art. 136 WRV– Religionsfreiheit

• Art. 137 WRV– kein Staatskirchentum– Rechtsstellung der Religionsgesellschaften

• Art. 138 WRV– Eigentum der Religionsgemeinschaften

• Art. 139 WRV– Sonn- und Feiertagsschutz

• Art. 141 WRV– Seelsorge in öffentlichen Anstalten

3.2 Staatskirchenverträge

Staatskirchenverträge

• Verträge zwischen Religionsgemeinschaften und dem Staat

• beide begegnen sich als Partner• Begriffe bei den Kirchen– Konkordat (katholisch)– Kirchenvertrag (evangelisch)

Staatskirchenverträge

• Regeln die Angelegenheiten, die Staat und Religion gemeinsam angehen– Religionslehrerausbildung– Seelsorge im öffentlichen Raum– Bischofswahlen– Aufteilung von Territorien

Staatskirchenverträge

• Seit 2003 auch Vertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland

• Verträge mit islamischen Religionsgemeinschaften sollen folgen

3.3 Religionsfreiheit

Religionsfreiheit

• Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht– eigenen Glauben leben können– kein Zwang einer Religion anzugehören

• Zwei Formen von Religionsfreiheit– negative: Kein Zwang, Freiheit von Glauben– positive: Unterstützung, Freiheit im Glauben– beide Formen sind im Grundgesetz verankert

Religionsfreiheit

• Religionsfreiheit wird auch von den Bundesländern geregelt– Gesetze zum Kirchenaustritt– schulischer Religionsunterricht

• Kinder nur bedingt „religionsmündig“– ab dem 12. Lebensjahr müssen sie einem Austritt

zustimmen– ab dem 14. Lebensjahr können sie selbst über ihre

Religion entscheiden

Religionsfreiheit

• Mögliche Verhältnisse von Religion und Staat– Staatskirche

– Laizismus

– Kooperation

StaatKirche

Staat Kirche

KircheStaat

Religionsfreiheit

• In Deutschland:Kooperation KircheStaat

Staatskirchenvertrag

Religionsfreiheit

• Staat bleibt weltanschaulich neutral• keine Religionsgemeinschaft wird bevorzugt• aber: neue Religionsgemeinschaften müssen

erst als solche wahrgenommen und zugeordnet werden

3.4 Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften

Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften

• „Religionsgemeinschaft“– Gruppe von Gläubigen– gleiches oder verwandtes Bekenntnis– bedarf keiner Anerkennung durch den Staat– darf sich frei zusammenschließen– darf Religionsunterricht anbieten

Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften

• mehr Rechte und Privilegien hat eine Religionsgemeinschaft als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ (KdöR)– darf Steuern erheben– wird als KdöR ernannt

• Bedingungen für KdöR– auf Dauer angelegt– genügend Mitglieder– geeignete Verfassung– müssen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland

beachten

Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften

• KdöR in Deutschland– alle römisch-katholischen Bistümer– alle evangelischen Landeskirchen– viele andere christliche Gemeinschaften– auch jüdische Gemeinden

• nicht alle erheben Kirchensteuer• einige haben mehr Rechte durch

Staatskirchenverträge

Rechtsstellung von Religionsgemeinschaften

• bislang keine muslimische Religionsgemeinschaft als KdöR anerkannt

• Argument: fehlende innere Organisation• zum Teil kein Interesse an diesem Status• oft als e.V. organisiert

3.5 Kirchensteuer und staatliche Zuschüsse

Kirchensteuer und staatliche Zuschüsse

• Ursprung: Reichsdeputationshauptschluss aus dem Jahr 1803

• deutsche Fürsten müssen Gebiete an Frankreich abtreten

• zur Entschädigung erhalten sie Kirchengut aber auch die Verpflichtung, die Kirchen

zu versorgen

Kirchensteuer und staatliche Zuschüsse

• Kirchengeld reichte im 19. Jh. nicht mehr aus• Staat verleiht das Recht, Steuern zu erheben

Kirchensteuer und staatliche Zuschüsse

• Bundesländer regeln den Einzug der Kirchensteuer

• deswegen Austritt aus der Kirche vor einer staatlichen Stelle beantragen

Kirchensteuer und staatliche Zuschüsse

• Weitere Gründe für Kirchensteuer– Kirche stellt Infrastruktur bereit

• Schulen• Hochschulen/Universitäten• Kindergärten• Krankenhäuser

– Historische Gebäude müssen bewahrt werden– Personalkosten (für die Seelsorge u.a.)– Verwaltung

• Daher weitere Zuschüsse vom Staat

3.6 Religionsunterricht

Religionsunterricht

• Art. 7 GG:– Religionsunterricht ist ordentliches Schulfach• versetzungsrelevant• wird gleichbehandelt mit anderen Fächern• Teilnahmepflicht

– Ausgenommen („Bremer Klausel“)• Berlin• Brandenburg• Bremen

Religionsunterricht

• Was ist Ziel des Religionsunterrichtes?– Gleiche Ziele wie die Schule• Schüler auf das Leben vorbereiten• zu mündigen Bürgern machen

– Spezifischer• existentielle Fragen aufwerfen• eigene Religion kennen lernen• andere Religionen kennen lernen

– Nicht: Glaubensunterweisung

Religionsunterricht

• Der Lehrer muss beidem gerecht werden– dem Anspruch der Religionsgemeinschaft• freie, selbstbestimmte Schüler• Kritikfähigkeit• Reflexion der eigenen Glaubensinhalte

– dem Anspruch des Staates• mündige Schüler• Ausbildung ethischer und interkultureller Kompetenz

Religionsunterricht

• Argumente und Vorbehalte gegen den schulischen Religionsunterricht– Staat und Kirche sind getrennt– „Den Staat geht nicht an, was die Leute glauben.“– „Meinungen werden als Wahrheiten verkauft.“

Religionsunterricht

• Argumente für den schulischen Religionsunterricht– Fähigkeit zur Gesellschaftskritik– Kennen der eigenen Geschichte und Kultur– Antworten auf existentielle Fragen– mit anderen Religionen kommunizieren können

Religionsunterricht

• Um „religiöse Indoktrination“ zu verhindern,staatliche Aufsicht– schon bei der Ausbildung der Lehrer

aber mit kirchlicher Beteiligung• Problem für muslimischen Religionsunterricht– bisher keinen Ansprechpartner von muslimischer

Seite gefunden– zu großer Pluralismus

3.6 Religionsunterricht

• aber: Muslimen steht Religionsunterricht zu– sie sind eine Religionsgemeinschaft– es gibt genügend Schüler

• schon seit den 1980er Jahren Diskussion über solchen Unterricht

• bisher gibt es einzelne Projekte• mit der Lehrerausbildung

wurde begonnen

Religionsunterricht

• jüdischer Religionsunterricht, dort woes genügend Schüler gibt

• ein Ansprechpartner für den Staat ist der Zentralrat der Juden in Deutschland