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von Dr. med. Dr. Sportwiss. Thorsten Schiffer

Deutsche Sporthochschule Köln

Physiologische Grundlagen des Ausdauersports

Differenzierte Trainingsmethoden im Ausdauerbereich

Dr. med. Dr. Sportwiss. Thorsten Schiffer, geb. 1968 in Hamburg. Sport- und Medizinstudium in Köln mit Abschluss als Diplom-Sportlehrer 1998. Bis 2002 ärztlich klinisch tätig. Seit 2003 Facharzt für Chirurgie. Spezialisierung in Sport-, Tauch- und Rettungsmedizin. Seit 2003 Lehr- und Forschungstätigkeit als Studienrat im Hochschuldienst im Institut für Motorik und Bewegungstechnik – Leichtathletik, Schwimmen, Turnen an der Deutschen Sporthochschule Köln mit dem wissenschaftlichen Schwerpunkt im Bereich leistungsphysiologischer und anatomisch-struktureller Anpassungen an Kraft- und Ausdauertraining.

Dr. med. Dr. Sportwiss. Thorsten Schiffer

Facharzt für ChirurgieTauchmedizin - Sportmedizin

Diplom-Sportlehrer

Deutsche Sporthochschule KölnInstitut für Motorik und

BewegungstechnikCarl-Diem-Weg 6

50933 Köln

Email: t.schiffer@dshs-koeln.de

1. Definition Ausdauer

2. Ausdauerarten

3. Energiebereitstellung

4 Laktat in der Leistungsdiagnostik

5. Lokale aerobe dynamische Ausdauer

6. Allgemeine aerobe dynamische Ausdauer

7. Ausdauertrainingseffekte

Praxis der Ausdauersportarten

1

2

3

4

5

6

7

8

AusdauertrainingWer oder was ist „ausdauernd“? Bei einhergehender Betrachtung des Begriffs „Ausdauer“ sind darin mehrere Facetten zu erkennen. Wenn ein Hochleistungssportler 5000 Meter unter 13 Minuten läuft, ist er dann ausdauernd oder schnell? Hat Ausdauer etwas mit Schnelligkeit zu tun? Wenn Jan Ullrich ein Zeitfahren bei der Tour de France gewinnt und man seine definierte Oberschenkelmuskulatur betrachtet, ist er dann kräftig, schnell oder ausdauernd? Im Profifußball wird 90 Minuten lang abwechselnd gesprintet und getrabt. Ist das ausdauernd oder können sich Fußballspieler sehr gut erholen? Eines können wir jetzt schon festhalten. Selbst in den klassischen Ausdauersportarten, Laufen, Radfahren und Schwimmen gibt es „die“ Ausdauer nicht. Sie ist immer gepaart mit den konditionellen Fähigkeiten Koordination (Technik), Kraft (Kraftausdauer) und Schnelligkeit (Schnelligkeitsausdauer).DefinitionAuf Grund der Komplexität des Ausdauerbegriffs ist eine alle Gegebenheiten umfassende Definition schwierig. Daher sind in zahlreichen Lehrbüchern mehr oder weniger komplexe Definitionen zu finden. Die meisten Definitionen beruhen auf den Kernaussagen der von Hollmann geprägten „Kölner Sportmedizin“. Demnach wird die Ausdauer als Ermüdungswiderstandsfähigkeit angesehen. Bei gegebenen muskulären Leistungen wird die Ausdauer aus didaktischen Gründen nach ihrer morphologischen (mehr oder weniger als 1/6 - 1/7 der benutzten Muskulatur), biochemischen (aerob - anaerob) und biophysikalischen (statisch - dynamisch) Beanspruchung des Organismus eingeteilt.

Sportverlag Strauß

Muskelausdauer

lokale allgemeine

aerobe anaerobe aerobe anaerobe

statische

dynamische

statische

dynamische

statische

dynamische

statische

dynamische

Einteilung nach Hollmann

ATP --> ADP + anorganisches Phosphat (Pi) + Energie

Die Bereitstellung von Energie zur Muskelkontrak-tion geschieht über die Spaltung von ATP:

ADP + Kr-phosphat --> ATP + Kreatin (LOHMANN Reaktion)

Die Resynthese des ADP kann auf

verschiedenen Wegen erfolgen:

ADP + Glukose (Glykogen) --> ATP + Laktat (anaerobe Glykolyse)

ADP + Glukose, Fettsäuren oder Proteine + Sauerstoff --> ATP + CO2 + H2O (via Zitratzyklus/Atmungskette)

--> anaerob alaktazide Energiebereitstellung

--> anaerob laktazide Energiebereitstellung

--> aerobe Energiebereitstellung

Kinetik des aeroben und anaeroben Stoffwechsels

Sportverlag Strauß

- Abtransport aus der Muskelzelle erfolgt via Diffusion- Laktat als „Abfallprodukt“ „Bloß kein Laktat bilden“- Ursache für Muskelermüdung und Schmerz

Traditionelle Ansichten zum Laktat

Neues zur Laktatelimination

- aktiver Transport (85 %) spez. Monocarboxylat Membrantransporter (MCT)

- 75% des gebildeten Laktat werden der oxidativenEnergiegewinnung zugeführt.

(MAZZEO et al. 1986; BROOKS et al. 1996; JUEL 1997; GLADDEN 2004).

Höchste Laktatelimination durch Training bei 6-14% der aaS

Training im Intensitätsbereich 6-12mmol/L Laktat

Training der Laktatelimination?

TREFFENE et al. 80, BANGSBO et al. 90

0

20

40

60

80

TB 1 TB 2 TB 3

TopathletAmateur

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

TB1

TB2

TB 3

Lakta

t [m

mol/

l]

Geschwindigkeit

6 8 10 12 14 16 18

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0

Km/h

m/s

200

100

120

140

160

180

Herz

freq

uen

z [S

/m

in]

Schwellenkonzepte, maximales Laktat Steady state

Konzepte und Fehlerquellen

3.4 3.8 4.2 4.6 5.0 5.4 5.8 6.2 6.6 V [m/s]

0

2

4

6

8

10

12

Ruhe

(nach MADER et al. 1976)

Lakt

at[m

mol

/l]„Aerob-anaerobe Schwelle“

5 10 15 20 25 30 t (min)0

2

4

6

8

10

12

Lakt

at[m

mol

/l]

Ruhe

(nach HECK und ROSSKOPF 1994) 170 Watt

160 Watt

150 Watt

140 Watt

120 Watt

maxLassmaxLass im Dauertestim Dauertest

Einflüsse auf die Laktatmessung

Leistungswerte in Abhängigkeit von Testschemata

0 50 100 150 200 250 300

0

2

4

6

8

30Watt/5min

25Watt/2min

50Watt/3min

50Watt/2min

P (Watt)

Lakta

t[m

mo

l/l]

(nach HECK 1990)

LB 6%

LB 4% LB 2%

LB 0%

Wald

RekortanRasen

2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0Geschwindigkeit (m/s)

2

4

6

8

10

12

Lakt

at (m

mol

/l)Laufbandwinkel + Untergrund

(nach HECK 1990)

(n = 13)

Problem: Gerätevarianz

5,55 mmol/l (theoretisch)

5

5,2

5,4

5,6

5,8

6

6,2

6,4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15Anzahl der Proben

Laktat [mmol/L]

Gerät A 1. Best.Gerät A 2. Best.Gerät B 1. Best.Gerät B 2. Best.Portables Gerät

Sperlich 2006

Es gibt nicht die Schwelle

Sämtliche „Schwellenkonzepte“ sind mathematisch-statistisch errechnete Bezugspunkte. Sie können im Einzelfall mit der maxLass zutreffen.

Jedes „Schwellenkonzept“ ist gleich gut oder schlecht. Es kommt auf den/die Diagnostiker/in an und welche Erfahrung er/sie mit dem angewendeten Konzept gesammelt hat.

Eine Überprüfung im Training ist unbedingt erforderlich!

Unterteilung in KZA, MZA, LZA

LLF: Absolute maximale Sauerstoffaufnahme

Relative maximale Sauerstoffaufnahme

Höhe der aerob-anaeroben Schwelle

Größe der Glykogendepots

Qualität der Stoffwechselvorgänge

Allgemeine aerobe dynamische Ausdauer

HZV

Maximale Diffusionskapazität der Lunge

Durchblutung der Arbeitsmuskulatur

Zelluläre metabolische Kapazität

Blutvolumen

Totaler Hb-Gehalt

Ernährungszustand

VO2 = Hf x Schlagvolumen x Arteriovenöse Sauerstoffdifferenz

O2-Transport

O2 – Ausnutzung im Muskel

"20 Jahre lang 40 Jahre alt bleiben„

Zitat: Prof. Hollman

Entnommen aus Hollmann Hettinger – Sportmedizinische Grundlagen

Anpassungseffekte durch Ausdauertraining

1. Herz

2. Muskel

3. Blut

4. Lunge/Atmung

5. Fettstoffwechsel

6. Immunsystem

7. Körperformung

8. Psyche Sportverlag Strauß

Physiologische Anpassungen

Anpassungen an aerobes Ausdauertraining erfolgen bei einer Beanspruchung von 40-80 % der _O2max entsprechend eines Laktatwertes von ca. 1,5 bis 3,5 mmol/l, einer Herzfrequenz von 120–170 Schlägen pro Minute, einem 3er oder 4er Schrittrhythmus oderbeim „Laufen ohne zu schnaufen“. Diese Intensitätsbereiche sind als Orientierungen zu verstehen. Sie schwanken zum Teil erheblich je nach Alter, Geschlecht und Trainingszustand der Trainierenden, aber auch in Abhängigkeit von der Sportart, den Witterungsbedingungen oder der Flüssigkeitsaufnahme. Um die individuelle Leistungsfähigkeit zu erheben, sollte vor dem Beginn eines Trainingsprogramms die medizinische Sporttauglichkeit attestiert und eine fachgerechte sportwissenschaftliche Leistungsdiagnostik durchgeführt werden.

Zentrale AnpassungenRegelmäßige intensive Trainingsbelastungen im Bereich des aeroben Ausdauertrainings können zur wohl bekanntesten Trainingsanpassung, dem Sportherzen führen, wobei für den Auswurf einer festgelegtenBlutmenge pro Zeiteinheit weniger Schläge benötigt werden. Dadurch schlägt das Herz in Ruhe (Herzminutenvolumen 5 Liter/min) in Ruhe ökonomischer und unter Belastung besteht eine Frequenzreserve, die letztendlich eine mehr als doppelt so große Leistungsfähigkeit des Herzmuskels des Trainierten (40 Liter/min) im Vergleich zum Untrainierten (20 Liter/min) ermöglicht. Periphere Anpassungen

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Die schnellsten auch durch extensives aerobes Ausdauertraining zu erzielenden Anpassungen erfolgen in der beanspruchten Muskulatur:Verbesserung der Durchblutung, Erhöhung der Zuckerdepots im Muskel, leistungsfähigere und vermehrt vorhandene Enzyme und Mitochondrien (Orte der Energiegewinnung aus Zucker und Sauerstoff) zur aeroben Energiegewinnung, vermehrte Nutzung von Fettsäuren zur Energiegewinnung sowie ein erhöhter Gehalt an sauerstoffbindendem Myoglobin im Muskel.

Die genannten Veränderungen führen zu einer höheren Ausdauerleistungsfähigkeit bei unveränderter kardiopulmonalerKapazität. Diese Effekte kommen dem Leistungssportler zur Deckung seines Energiegrundbedarfs auch bei intensiverer Tätigkeit zu Gute. Herzkranke und Untrainierte können durch die bessere Ausschöpfung des vorhandenen Sauerstoffs in der arbeitenden Muskulatur bei Alltagsbelastungen ohne eine unökonomische Aktivierung der Herztätigkeit über die Herzfrequenz auskommen.

Gehirn und PsycheKörperliche Aktivität hat einen entscheidenden und prägenden Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns und kann zu einer Verbesserung der Stimmung und des Wohlbefindens führen. Aerobes dynamisches Ausdauertraining kann die Gehirndurchblutung erhöhen und die Bildung von Nervenzellen über die Aktivierung von Wachstumsfaktoren fördern. Es existieren wissenschaftlich fundierte Untersuchungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass strukturellen und psychiatrischen Gehirnerkrankungen durch dosierte körperliche Tätigkeit entgegengewirkt werden kann.

Sportverlag Strauß

Wichtigste Untersuchungsmethode für die Erforschung muskulärer Anpassungen ist die Muskelbiopsie

Anatomisch-physiologische Adaptationen durch Ausdauertraining

0123456789

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An

stre

ng

un

gsg

rad

als

Lakta

t [m

mo

l/l]

A B

7,5

11,5

06 8 10 12 14 16 18

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0

Km/h

m/s

Geschwindigkeit

Rechtsverschiebung der Laktatleistungskurve

Sportverlag Strauß

Schiffer und Sperlich 2006

Ausdauertrainingseffekte in der Sportpraxis

Gesundheitlicher Nutzen körperlicher Aktivität

Reduktion der KHK-Mortalität und Morbidität bei adäquater körperlicher Belastung (Paffenbarger et al. 1993; Sesso et al. 2000).

ACSM/NYHA: 3-5 Trainingseinheiten/Woche, Hf 130 S•min-1, 30-60 min 3-6 MET, Laktatwert zwischen 1,5 und 3-4 mmol•l-12000-3000 Kilokalorienmehrverbrauch/Woche

Sportverlag Strauß

Körperliche Aktivität im Haushalt

Schiffer et al. 20050 100 200 300 400 500

BügelnStaubwischenSpülenFliesen schrubben StaubsaugenFensterputzen3 METWasserkästen tragen6 MET

Kcal/Stunde

Schiffer et al. 2005

8, 8 kcal/minDifferenz

1,29 kcal/min2,27 kcal/min0,98 kcal/minBügeln

2,25 kcal/min3,25 kcal/min1,0 kcal/minStaubwischen

1,49 kcal/min2,89 kcal/min1,40 kcal/minLeichtere Tätigkeiten

1,75 kcal/min3,73 kcal/min1,98 kcal/minKachel und Fliesen putzen

0,83 kcal/min3,2 kcal/min2,37 kcal/minStaubsaugen

0,36 kcal/min2,91 kcal/min2,55 kcal/minFenster putzen

Differenz zwischen den Daten

Daten von Spitzer,

Hettinger, Kaminsky

(1964)

Erhobene Daten

Art derTätigkeit

Ausdauertraining - Nordic Walking, Walking und Jogging

Schiffer et al. Eur. J. Appl. Physiol 2006

Schiffer et al. Eur. J. Appl. Physiol 2006

Schiffer et al. Eur. J. Appl. Physiol 2006

Ausdauertraining in Fitnessprogrammen

4,5 MET

300 kcal

Schiffer et al. 2005

Ausdauertraining in Fitnessprogrammen

Schiffer et al. 2005Schiffer et al. 2005