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Verhaltensökonomie und Umweltverhalten
Vorlesung 1: Einführung
Elisabeth Gsottbauer Frühjahrssemester 2014
Überblick Titel: Verhaltensökonomie und Umweltverhalten
Semester: Frühjahrssemester 2014
Zeit: Mittwoch, 10:00-12:00 Uhr
Ort: ETH, CHN D 44
Dozentin: Elisabeth Gsottbauer
Adresse: Chair of Economics, CLD C10, Clausiusstrasse 37
Erreichbarkeit: email gsottbauer@econ.gess.ethz.ch
Format: Vorträge, Präsentationen/Diskussionen und Gruppenarbeiten
Benotung: Präsentation (40%), Gruppenarbeit (30%), Schiedsrichter-Bericht (20%), und Anwesenheit/aktive Teilnahme (10%)
Unterlagen: http://www.vwl.ethz.ch/
19. Februar 2014 2
Chair of Economics / gsottbauer@econ.gess.ethz.ch
Kursziele
Einführung in die Grundlagen der Verhaltensökonomie
Anwendung verhaltensökomischer Erkentnisse als
Erklärungsansatz für umweltrelevantes Verhalten von
Konsumenten/Haushalten
Auseinandersetzung mit Methoden der experimentellen
Wirtschaftsforschung
Kennenlernen aktueller Literatur und Diskussion zu
umweltpoltischen Implikationen
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Voraussetzungen
Wählen Sie ein Papier aus der Literaturliste und
präsentieren Sie dieses in 2-er/3-er Gruppen
Verfassen Sie einen “Schiedsrichter-Bericht” über ein
zugeordnetes Papier
Entwerfen Sie ein eigenes Experiment in der Form einer
Gruppenarbeit
Regelmässige Teilnahme und aktive Mitarbeit
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Format und Benotung Präsentation: Präsentieren Sie jeweils in 2er- oder 3er-Gruppen ein Papier aus der aktuellen Literatur (40% der Note). Eine Präsentation soll etwa 45 Minuten dauern (ca. 25 Minuten Präsentation und 20 Minuten Diskussion) und sollte sich an der Beantwortung der folgenden Fragen orientieren:
1. Welche Forschungsfrage wird bearbeitet? 2. Was ist die zugrundeliegend Theorie und/oder welcher
verhaltensökonomische Aspekt wird untersucht? 3. Welches experimentelles Design wurde gewählt? 4. Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Papiers? Welche
umweltpolitischen Schlussfolgerungen können gezogen werden? 5. Wo sehen Sie Kritikpunkte (z.B. Probleme des Forschungsdesign,
praktische Anwendbarkeit der Ergebnisse, etc.)?
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Format und Benotung Schiedsrichter-Bericht:
Ein 2-seitiger Schiedsrichter Bericht (11pt, Times New Roman, 1 ½ Abstand) sollte einer kurze Zusammenfassung sowie eine kritische Diskussion (positive/negative Kritik) eines zugewiesenen Papiers enthalten. Schiedsrichter-Berichte müssen spätestens am Vorabend der Präsentation des zugewiesenen Papers abgegeben werden. Aufgabe des Schiedsrichters ist es auch die Diskussion zum jeweiligen Papier zu leiten.
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Format und Benotung Gruppenarbeit: Die Gruppenarbeit (3-4 Personen) hat zum Ziel eine experimentelle Forschungsidee darzulegen (Maximum 8 Seiten). Der Bericht soll folgende Punkte beinhalten: Forschungsfrage und verwandte Literatur, Hypothesen, Forschungsdesign (experimentelles Design), und zu erwartende Resultate. Es wird ebenfalls eine Kurzpräsentation über ihr Projekt erwartet (Maximum 7 Minuten + 3 Minuten Diskussion). Gruppenarbeiten müssen spätestens bis zum 20.5 abgebeben werden.
Benotung: Die Benotung erfolgt folgendermassen: Präsentation (40%), Gruppenarbeit (30%), Schiedsrichter-Bericht (20%), und Anwesenheit/aktive Teilnahme (10%). 7
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Vorläufiger Zeitplan
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Datum Inhalt Präsentationen
19.2 Einführung 26.2 Methodik experimentelle Forschung
05.3 Entscheidungsanomalien: Informationsverarbeitung
Paper 1
12.3 Interaktive Entscheidungseffekte I: Soziale Dilemma
Paper 2
19.3 Interaktive Entscheidungseffekte II: Soziale Dilemma
Paper 3
26.3 Entscheidungen unter Unsicherheit und Risiko Paper 4
02.4 Entscheidungen und zeitliche Struktur Paper 5
09.4 Psychologie von Anreizen Paper 6
16.4 Präsentation Papiere Paper 7 + 8
30.4 Präsentation Papiere Paper 9 + 10
07.5 Vorbereitung Gruppenarbeiten
14.5 Vorbereitung Gruppenarbeiten
21.5 Vorträge Gruppenarbeiten
28.5 Abschluss
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Paper Nr. Date Research Paper 1 05.3 Araña, J., and Carmelo, J. (2012): Can defaults save the climate? Evidence from a field experiment on carbon offsetting
programs
2 12.3 Milinski et al. (2008): The collective-risk social dilemma and the prevention of simulated dangerous climate change
3 19.3 Rustagi, D., Engel, S., and Kosfeld, M. (2010): Conditional cooperation and costly monitoring explain success in forest commons management
4 26.3 Petrolia, D., Landry C.E., and Coble, K.H (2013): Risk preferences, risk perceptions, and flood insurance
5 02.4 Leibbrandt, A., and Fehr, E., (2011) A field study on cooperativeness and impatience in the tragedy of the commons. Journal of Public Economics 95: 1144-55.
6 2.10 Cardenas, J.C., Stranlund, J., and Willis, C. (2000): Local environmental control and institutional crowding-out
7 16.4 Ferraro, P., and Price, M. (2011): Using non-pecuniary strategies to influence behavior: Evidence from a large scale field experiment
8 16.4 Goesch, T and Perino, G (2012) Instrument choice and motivation: Evidence from a climate change experiment. Environmental and Resource Economics, 52 (2). pp. 195-212.
9 30.4 Yoeli, E., Hoffman, M., Rand, D., and Nowak, M. (2013) Powering up with indirect reciprocity in a large-scale field experiment. PNAS 10424-10429
10 30.4 Dannenberg, A., Sturm, B., and Vogt, C. (2009) Do equity preferences matter for climate negotiators? An experimental investigation. Environmental and Resource Economics 47: 91–109
Unterlagen Empfohlenes Lehrbuch : List, J., and Price, M. (2013) Handbook on experimental economics and the environment. Edward Elgar Populärwissenschaftlicher Literatur: Kahneman, D. (2011) Thinking, fast and slow. Macmillan Ariely, D. (2008) Predictably irrational: The hidden forces that shape our decisions. Harper Collins Blogs und Videos: Dan Ariely: http://danariely.com/ Nudge blog: http://nudges.org/ Ted talks: http://www.ted.com/topics/behavioral%20economics
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Verhaltensökonomie und Umweltverhalten
Begriffsabgrenzung
Umweltökonomie Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften welches sich mit dem
Zusammenspiel Wirtschaft und Umwelt beschäftigt Ökonomische Bewertung von umweltrelevanten Entscheidungen
(Kosten-Nutzen-Analyse) Theoretische und empirische Analyse der Auswirkungen von
umweltpolitschen Instrumenten (z.B. Steuern, Subventionen, Ökolabel, Information, etc.)
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Was ist umweltrelevantes Verhalten?
Einflüssen des Menschen auf die Umwelt umweltschädigend oder umweltschützend Einkaufsverhalten (nachhaltiger Konsum) Umgang mit Energie (zB Ökostrom) Verkehrsverhalten (ÖV) Abfallbeseitigung/Recycling, etc.
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Was ist umweltrelevantes Verhalten?
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Begriffsabgrenzung
Verhaltensökonomie Teilgebiet der Ökonomie (Wirtschaftswissenschaften) Untersucht ökonomisches Entscheidungsverhalten welches im
Widerspruch zum traditionellen Modell des Homo Oeconomicus steht Psychologische Fundierung von Verhalten und Entscheidungen Verhaltensökomische Alternativen zum Rationalmodel (Homo
Oeconomicus), u.a. Fairness, Prospect Theory
Experimentelle Ökonomie Methode zur Untersuchung individuellen Entscheidungsverhalten Bewertung ökonomischer Theorien Empirische Datenerhebung unter kontrollierten Bedingungen
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Verhaltensökonomie und Umweltverhalten 1. Welche verhaltensökonomischen Faktoren beeinflussen
umweltrelevantes Verhalten? Informationsverarbeitung Interaktive Entscheidungseffekte (Soziale Dilemma) Wahrnehmung von Risiko Zeitlicher Struktur von Entscheidungsproblemen
2. Methode der Datenerhebung Experimente = Beobachtungen unter kontrollierten Bedinungen
3. Sind die Faktoren bekannt… Welche umweltpolitsche Schlussfolgerungen können gezogen
werden? Wie kann (falls notwendig) eine Verhaltensänderung erreicht
werden?
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Betrachten Sie folgendes Problem:
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17 x 24
1. Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen CHF 1.10. Wenn der Schläger einen Franken mehr kostet als der Ball, wie viel kostet dann der Ball?
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CHF 1.05 CHF 1.00 CHF 0.20 CHF 0.10 CHF 0.05
2. Wenn es bei 5 Maschinen 5 Minuten braucht um 5 Produkte zu fertigen, wie lange brauchen 100 Maschinen um 100 Produkte zu fertigen?
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1 Minuten 5 Minuten 10 Minuten 20 Minuten 100 Minuten
3. In einem See wird eine Fläche von Seerosen bedeckt. Da die Seerosen neue Blätter bilden, verdoppelt sich die bedeckte Fläche jeden Tag. Wenn es 48 Tage dauert, bis die Seerosen den gesamten See bedecken, wie lange dauert es, bis die Seerosen den halben See bedecken?
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6 Tage 12 Tage 24 Tage 36 Tage 47 Tage
Mensch denkt in zwei Systemen Auflösung (Frederick 2005; Cognitive Reflection Test) Der Ball kostet 5 Rappen; (intutitiv: 10 Rappen) Die 100 Maschinen brauchen 5 Minuten; (intutitiv: 100 Minuten) Es dauert 47 Tage (intuitiv. 24 Tage) bis die Seerosen den halben See
bedecken
Quelle: Kahneman 2011: Thinking, Fast and Slow
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System 1 • Impulsiv, intuitiv • Ohne Anstrengung • ABER führt oftmals zu falschen Schlussfolgerungen
System 2 • Rational, logisch • Angestrengtes Nachdenken • Richtige Lösungen
Verhaltensmodelle Neoklassische Theorie
basiert auf Individuen die rational (“Rationalitätsprinzip) ihren subjektiven Eigenutz maximieren (“Nutzenmaximierung”): Homo Oeconomicus
Optimales Entscheidungsmodell Alle möglichen Konsequenzen können im Voraus festgelegt und
bewertet werden Alle möglichen Ereignissen können Wahrscheinlichkeiten zugeordnet
werden Vollständige Information über die wählbaren Alternativen und
Sicherheit über deren Konsequenzen
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Umweltpolitische Handlungsempfehlungen Verhalten kann ausnahmslos durch Materielle Anreize Ge- und Verbote gesteuert werden
Wie motiviert man Menschen nachhaltig zu handeln? Materielle Anreize wie eine CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffen
führen zur Verteuerung von Treibstoffen wie Erdöl und geben daher Anreiz umweltfreundlichere Energiequellen zu nutzen
Ge- und Verbote basieren auf staatlichen Verhaltensvorschriften wie
etwa die Setzung von Leistungsstandard für energieeffiziente Produkte (e.g. Kühlschränke)
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Verhaltensmodelle Verhaltensökonomie
findet, dass der Mensch kein Homo Oeconomicus ist Labor und Feldstudien beweisen viele Irrationalitäten von Entscheidungen Entscheidungen werde oft auf Basis von Faustregeln (Heuristiken)
getroffen Optimismus und Selbstüberschätzung Verluste werden höher gewichtet als Gewinne (Verlustaversion) Fairness und soziale Präferenzen Routineverhalten Einfluss von Normen, Gewohnheiten, intrinsischer Motivation
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Entscheidungssituationen Entscheiden wir uns «rational» im Sinne des Homo Oeconomicus?
Wir testen verschieden Entscheidungssituation und überlegen anschliessend, was unsere Ergebnisse für die Wirksamkeit von umweltpolitischen Massnahmen bedeuten
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Strategische Entscheidungssituationen Bei interaktiven Entscheidungssituationen geht es darum, sich in andere
Personen hineinzuversetzen 1. Einschätzung eigener sowie Rationalität der Anderen 2. Welche Ziele verfolgen die Anderen und welche Motivation liegt
ihrem Handel zu Grund?
Schere/Stein/Papier Gewinner ist, wer am besten vorhersieht, was der Mitspieler tun wird Ergebnisse der Verhaltensökonomie belegen, dass menschliche Entscheidungen in interaktiven und strategischen Entscheidungen nicht allein auf rational und nutzenorientierte Prozesse beruhen
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Wie entscheiden Sie? Stellen Sie sich vor, dass Sie 100 CHF erhalten und Sie müssen
entscheiden, wie Sie diesen Betrag mit einer anderen Person teilen.
Falls Ihr Angebot akzeptiert wird, erhalten Sie und die andere Person den jeweiligen Anteil. Falls Ihr Angebot abgelehnt wird, erhalten beide nichts!
Was wird Ihr Angebot sein?
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Ultimatum Spiel Das Ultimatum Spiel wurde von Güth et al (1982) entwickelt Es wäre rational 1 CHF anzubieten – und auch rational ein Angebot
dieser Höhe zu akzeptieren! Die Angebote für die andere Person liegen meist zwischen 40-50 CHF
und werden auch akzeptiert Angebote um die 30 CHF werden normalerweise abgelehnt Fazit: Menschen verhalten sich in vielen Situation nicht ausschliesslich
eigennützig Soziale Präferenzen wie u.a. eine Präferenz für Fairness können die hohen Angebote erklären
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Klimaverhandlungen und Fairness? Internationaler Klimavertrag notwendig um Reduktion von CO2-
Emissionen zu gewährleisten Befragung von Lange et al. (2007) von Beteiligten an internationaler
Klimaverhandlungen um folgende Frage zu beantworten: Welche Bedeutung haben Gerechtigkeitsvorstellungen bei der
«Lastenverteilung» (burden-sharing) globaler CO2-Emissionsrechte? Gerechtigkeitsaspekte tatsächlich als sehr wichtig in internationalen
Klimaverhandlungen, insbesondere für Beteiligte aus den G77 (inkl China)
Verteilungsregeln «Verursacherprinzip« die am weitesten akzeptierten Fairness-Regeln
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Individuelle Entscheidungssituationen Optimale Entscheidungssituation: Entscheidungsträger hat vollständige
Information über wählbare Alternativen und Sicherheit über deren Konsequenzen
ABER Viele Entscheidungen werden unter Unsicherheit getroffen Entscheidungen sind komplex und bieten zu viele
Entscheidungsalternativen Individuelle Kapazitäten zur Informationsverarbeitung sind beschränkt Entscheidungen finden unter Zeitdruck statt Zusätzliche Entscheidungsdeterminanten (Normen, Routine, etc.)
Entscheidungen werde daher oft auf Basis von Heuristiken, sogenannten „Abkürzungen“ oder „Faustregeln“ (rules of thumb) getroffen
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Beispiel: Todesrisiken über welche in den Zeitungen berichtet wird, werden häufig überschätzt. Autounfälle werde eher beachtet als Herzinfarkte obwohl an Herzinfarkten wesentlich mehr Personen sterben als bei Unfällen.
Definition: Beurteilung von Häufigkeiten oder Wahrscheinlichkeiten
basiert auf der Zugänglichkeit relevanter Erinnerungen im Gedächtnis Fällt mir ein Ereignis leicht ein, glaubt man, dass es häufiger aufritt Je leichter es ist sich Beispiele gedanklich vorzustellen, wird die
subjektive Wahrscheinlichkeit grösser eingeschätzt (illusorische Korrelation)
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Verfügbarkeitsheuristik (availability heuristic)
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Beispiel: Auf welche der beiden folgenden Zahlenreihen würden Sie im
Lotto eher setzen?
A: 1 2 3 4 5 6
B: 23 45 7 15 43 22
Die meisten entscheiden sich für die zweite Zahlenreihe, jedoch sind objektiv betrachtet beide Zahlenreihen gleich wahrscheinlich
Antwort B wird gewählt weil es viele Unregelmässigkeiten enthält und so möglichst zufällig aussieht
Definition: Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines Ereignisses erfolgt nach konkreten Vorstellungen über Stereotype oder Prototypen
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Repräsentativitätsheuristik (representativeness heuristic)
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Beispiel: Studierende bekommen folgende Schätzaufgabe vorgelegt: Wie hoch ist der %-Anteil afrikanischer Staaten an der UNO (in %)? Eine Hälfte der Studenten (Gruppe A) bekommt als Zahlenhinweise 10% genannt, wobei die andere Hälfte (Gruppe B) den Hinweis auf 65% erhält
Gruppe A orientierte sich am „Anker“ und kommt zum einem Prozentsatz von 25%. Gruppe B hat sich mit einem Schätzergebnis von durchschnittlich 45% ebenfalls am „Anker“ orientiert (korrekte Antwort: 28%)
Definition: Wahrscheinlichkeitsschätzungen werden an einen Ausganswert angepasst
Ankereffekt stärker wenn der Anker plausibel erscheint und wenn Entscheidung unter Zeitdruck gefällt wird
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Ankereffekt (anchoring heuristic)
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Darstellungseffekt (framing) Beispiel 1: Stellen sie sich vor, dass sich die USA auf den Ausbruch
einer ungewöhnlichen asiatischen Krankheit vorbereiten, von der erwartet wird, dass 600 Personen daran sterben werden. Es wurden zwei verschiedene Pläne vorgeschlagen, die Krankheit zu bekämpfen. Nehmen sie an, dass die Folgen der beiden Pläne genau bekannt sind:
Wenn Plan A umgesetzt wird, werden 200 Personen gerettet Wenn Plan B umgesetzt wird, besteht eine Wahrscheinlichkeit von
einem Drittel (1/3), dass 600 Personen gerettet werden, und eine Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln (2/3), dass niemand gerettet wird
Wir würden Sie sich entscheiden?
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Darstellungseffekt (framing) Beispiel 2: Gleicher Sachverhalt, jedoch folgende Alternativen: Wenn Plan C umgesetzt wird, werden 400 Personen sterben Wenn Plan D umgesetzt wird, besteht eine Wahrscheinlichkeit von
einem Drittel (1/3), dass niemand sterben wird, und eine Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln (2/3), dass 600 Menschen sterben werden
Ergebnis: 72 % wählen Plan A; 78 % wählen Plan D ACHTUNG: Die Pläne A und C und die Pläne B und D sind identisch! Ihre respektive Folgen werden nur anders dargestellt – bei den Plänen A und B als „Gewinne“ und bei den Plänen C und D als „Verluste“ Definition: unterschiedliche Formulierungen einer Botschaft bei
gleichem Inhalt beeinflussen das Verhalten des Empfängers unterschiedlich
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Risikowahrnehmung: Einschätzung einer Risikosituation aufgrund intuitiver Beurteilung, persönlicher Erfahrung und/oder aufgenommener Informationen
Grundsätzlich gilt: Risikowahrnehmungen beeinflusst spezifische Bereitschaften zur Verhaltensänderung
Studie von Keller et al. (2006) misst den Effekt ob die Verfügbarkeit von Information über Hochwassereignisse die individuelle Risikowarhnehmung beinflusst Kontrollgruppe: Keine zusätzliche Information Experimentalgruppe: Studierenden wurden Informationen und Bilder
von Hochwassern aus der Vergangenheit vorgelegt Ergebnis: Studierende mit zusätzliche verfügbarer Information schätzen
persönliches Risiko höher ein!
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Was denken Sie: Wie wirken sich Heuristiken auf das wahrgenommen Risiko des Klimawandels aus?
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Eine Studie von Alpízar und Martinsson (2012) testet die Spendenbereitschaft von Touristen beim Besuch eines Nationalparks
Beim Betreteten des Nationalparks müssen die Touristen entscheiden
ob sie eine freiwillige Spende als Ersatz für einen verpflichtenden Eintritt machen möchten
Sozialer Einfluss wurde mit folgender Information manipuliert: “In the
past, one of the common donation per person is USD 1/2/3/4 for a visit”
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Was denken Sie: Wie wirkt sich die Handlung Anderer (sozialer Einfluss) auf die Spendenfreudigkeit von Touristen aus?
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Je höher der vorgeschlagene Betrag, desto höher auch die Spendenbereitschaft!
Konformität: Veränderung im Verhalten, bewirkt durch den Einfluss des Verhaltens Anderer
Konformität hängt von der Stärke (Macht, Sachkenntnis), Unmittelbarkeit (räumlicher, zeitlicher Nähe) und Größe (Anzahl) der Einflussquelle ab
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Die Einführung von sozialer Information hat einen positiven Effeckt auf das Spendenverhalten!
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Referenz Spende
Keine Referenz 1.47
USD 1 1.52
USD 2 1.85
USD 3 1.84
USD 4 1.44
Abweichungen vom traditionellen Modell des Homo Oeconomicus: 1. Abweichungen vom Prinzip der uneingeschränkten Rationalität, u.a. Kontextuelle „Einbettung“ oder „Framing“ beinflusst Entscheidung Fehleinschätzungen beim Umgang mit Wahrscheinlichkeit
2. Abweichungen vom Prinzip des uneingeschränkten Eigennutzen, u.a. Interaktive Entscheidungseffekte: soziale Präferenzen Einfluss von sozialen Normen, Konformität,…
Man findet relevante weitere Einflussgrössen mit Hilfe von empirischen Studien (vor allem Labor- und Feldexperimente)
Für die Umsetzung umweltpolitischen Massnahmen empfiehlt es sich auch andere Argumente in die individuellen Nutzenfunktionen (nicht nur Preis) zu berücksichtigen
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Was lernen wir aus diesen Beispielen?
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Experimente in Zurich
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Labor für experimentelle Wirtschaftsforschung: ETH Decision Science Laboratory Laboratory for Experimental and Behavioral
Economics, University of Zürich Teilnahme an Experimenten Online Registrierung: https://www.uast.uzh.ch/ Auszahlungen für die Teilnahme!
ETH DeSciL
UZH Laboratory
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