Post on 19-Jan-2019
Kapitel 47: Entwicklung der Tiere
Entwicklung der Tiere
Zygote (einzelne Zelle)
Mensch (Milliarden differenzierter Zellen)
• Die Frage, wie aus einer befruchteten Eizelle ein Tier wird, hat Wissenschaftler schon seit Jahrhunderten beschäftigt
• Noch im 19. Jahrhundert war die Präformationslehre die
am weitesten verbreitete Theorie • Man nahm an, dass die Eizelle oder das Spermium einen
vollständig vorgebildeten (präformierten) Embryo enthält, der im Lauf seiner Entwicklung lediglich größer wird
Geschichtliches
• Die Entwicklung eines Organismus wird gesteuert vom Genom der Zygote und von Molekülen, die von der Mutter im Ei platziert wurden und cytoplasmatische Determinanten genannt werden
• Zelldifferenzierung ist der Prozess der
Zellspezialisierung in Struktur und Funktion • Die Morphogenese ist der Prozess, durch den ein
Organismus Gestalt annimmt
Determinanten, Zelldifferenzierung, Morphogenese
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• Ein Modellorganismus ist eine Art, die sich für die Untersuchung einer bestimmten Frage eignet und sich leicht im Labor halten und züchten lässt
• Bei den klassischen embryologischen Untersuchungen
sind die folgenden Modellorganismen eingesetzt worden: Seeigel, Frosch, Huhn und der Nematode Caenorhabditis elegans
Modellorganismen
Kapitel 47: Entwicklung der Tiere
Entwicklungsvorgänge verschiedener Vertebraten sind ähnlich
• Die Entwicklung von Embryonen verschiedener Vertebraten sind sehr ähnlich: Fisch, Molch, Hühnchen, Mensch (v.l.n.r) ‚Biogenetische Grundregel von Haeckel� • Frühentwicklung sehr ähnlich Hühnchen und Mensch sind im Stadium der Organbildung (Mitte) noch sehr ähnlich • Auf Molekularer Ebene auch hohe Aehnlichkeit: Homöotische Gene bei Drosophila und Maus
Kapitel 47: Entwicklung der Tiere
Uebersicht Modellsysteme für Entwicklungsstudien
Beobachtung der frühen Entwicklung Besamung aktiviert die Entwicklung: Seeigel, Maus Furchungsteilungen Seeigel, Maus, Frosch Gastrulation: der Embryo wird mehrschichtig Frosch Neurulation: Einfaltung des Neuralrohr Frosch, Hühnchen Oganbildung im Embryo Hühnchen Extraembryonale Hüllen, Plazenta Hühnchen, Mensch Studium von Mechanismen der Entwicklung Verteilung von Eikomponenten als Morphogene Polgranula von C. elegans Polarität im frühen Embryo grauer Halbmond beim Froschei Embryonale Induktion primäre primäre Induktion beim Frosch, Molch Musterbildung und Determination im Embryo Drosphila Determination von Extremitäten Zone Polarizing activity (ZPA) beim Hühnchen Veränderung der Zellform bei der Neurulation von Amphibien Zellwanderung Neuralleistenzellen
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Vom Ei zum Embryo in einigen Tagen: Molchentwicklung
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Auslösung der Embryonalentwicklung durch die Befruchtung
Nach der Befruchtung schreitet die Embryonalentwicklung durch Furchung,
Gastrulation und Organogenese fort
• Nach der Befruchtung durchläuft der wachsende Embryo drei für die weitere Entwicklung und Gestaltbildung wichtige Stadien: – Furchung: durch Zellteilung entsteht aus der Zygote
eine vielzellige Hohlkugel, die Blastula – Gastrulation: die Blastula wird zu einem
mehrschichtigen Embryo, der Gastrula, umgestaltet – Organogenese: das Zusammenspiel und die
Bewegung der drei Schichten führen zu Organanlagen, aus denen sich die adulten Strukturen entwickeln
Besamung und Befruchtung
• Die Hauptfunktion der Befruchtung besteht im Zusammenführen der haploiden Chromosomensätze zweier Individuen zu einer einzigen, diploiden Zelle, der Zygote
• Das Eindringen des Spermiums in die Eizelle löst
Stoffwechselreaktionen aus, die die Embryonalentwicklung in Gang setzen
Die Akrosomreaktion
• Die Akrosomreaktion wird ausgelöst, wenn das Spermium die Eizelle berührt
• Das Akrosom setzt im Spermienkopf hydrolytische
Enzyme frei, die die Eigallerte ankauen
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Die Corticalreaktion
• Kontakt und Fusion der Membranen depolarisieren die Eizellmembran und setzen einen schnellen Block gegen Polyspermie in Gang
• Die Fusion der Plasmamembranen von Eizelle und Spermium löst auch die Corticalreaktion aus
• Diese Reaktion induziert einen Anstieg an Ca2+ und stimuliert damit
Corticalgranula, ihren Inhalt in den perivitellinen Raum zu entlassen • Diese Änderungen bewirken die Bildung einer Befruchtungshülle, die
als langsamer Block gegen Polyspermie wirkt
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Reaktion des Seeigeleis: Ca++ Welle pflanzt sich fort
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Zeitverlauf der Befruchtung beim Seeigel-Ei
Aktivierung des Eies
• Der starke Ca2+-Anstieg im Cytosol bewirkt eine bedeutende Zunahme der Zellatmung und Proteinsynthese im Ei
• Diese raschen Änderungen im Stoffwechsel werden als
Aktivierung des Eies bezeichnet • Der Spermienkern verschmilzt mit dem Eikern und ein
diploider Zygotenkern entsteht
Befruchtung bei Säugern
• Die Befruchtung bei landlebenden Tieren, einschließlich Säugern, erfolgt in der Regel im Körperinneren
• Bei der Befruchtung von Säugern katalysiert die Corticalreaktion Veränderungen in der Zona pellucida, die extrazelluläre Matrix des Eies, die dann als langsamer Block gegen Polyspermie wirken
Erste Zellteilung und Furchung
• Die erste Zellteilung erfolgt bei Säugern erst 12–36 Stunden nach der Spermienbindung
• Der diploide Zellkern liegt erst nach dieser ersten Teilung vor
• Kurz nach der Befruchtung folgt bei vielen Arten die Furchung, eine Reihe rascher Zellteilungen
• Die Furchung unterteilt das Cytoplasma einer einzigen, großen Zelle, der Zygote, in viele kleinere Zellen, Blastomeren genannt
• Die Blastula ist eine vielzellige Kugel, in der sich eine flüssigkeitsgefüllte Höhle, das Blastocoel, bildet
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Furchung, die ersten Teilungen des Seeigelembryos, verteilt das Cytoplasma in immer kleinere Zellen den
Blastomeren
Erste Furchung: Zweizellstadium
Zweite Furchung: Vierzellstadium
Morula mit 32 Zellen (Befruchtungshülle noch vorhanden)
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Frühentwicklung eines Amphibienembryos bis zur Blastula
Acht-Zell Stadium
Morula (16-64 Zellen)
Blastula (flüssigkeits-
gefüllter Hohlraum, das
Blastocoel)
Querschnitt durch
Blastula
Die Eizellen und Zygoten vieler Tieren – mit Ausnahme der Säuger – weisen eine
erkennbare Polarität auf • Die Polarität wird durch Konzentrationsgefälle
cytoplasmatischer Komponenten und Dotter definiert • Am vegetativen Pol befindet sich mehr Dotter; am animalen
Pol ist die Dotterkonzentration meist gering • Die drei Körperachsen werden festgelegt durch die Polarität
des Eis und durch eine corticale Rotation in Richtung der Spermieneintrittsstelle
• Durch die Rotation entsteht ein grauer Halbmond entgegengesetzt von der Eintrittsstelle des Spermiums
Die Furchungsebenen folgen gewöhnlich einem bestimmten Muster relativ zum animalen und
zum vegetativen Pol der Zygote
Gastrulation
• Bei der Gastrulation ordnen sich die Blastula-Zellen zu einem dreischichtigen Embryo, Gastrula genannt
• Veränderung der Zellmobilität, Zellform und Affinität zu benachbarten Zellen und Komponenten der extrazellulären Matrix
• Lage der Zellschichten in der Gastrula ermöglicht Zellen neu in Wechselwrirkung zu treten
• Die drei Zellschichten, die im Verlauf der Gastrulation entstehen, werden als embryonale Keimblätter bezeichnet: – das Ektoderm (Haut und Nervensystem) – das Entoderm (Darm und Anhänge) – das Mesoderm (Bindegewebe, Muskulatur etc)
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Gastrulation im Amphibienembryo: Entstehung des dreischichtigen Embryos
Nach Bildung der drei Keimblätter (am Ende der Gastrulation) kann der Embryo zur Organogenese übergehen
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Regionen der Keimblätter bilden Organanlagen
Strukturierung eines Organs: erfordert morphogenetische Veränderungen von Zellen: • Faltung • Abspaltung • Kondensation Bei Fröschen beginnt die Organogenese mit der Bildung des Neuralrohrs
Organogenese
• Im Zuge der Organogenese entwickeln sich aus den drei embryonalen Keimblättern die Organe
• Der Frosch dient als Modellorganismus für die
Organogenese • Während der frühen Organogenese entsteht die Chorsa
dorsalis aus dem dorsalen Mesoderm und das Ektoderm entwickelt sich zur Neuralplatte
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Neurulation: das zentrale Nervensystem entsteht
1. Einwanderung des Mesoderms in der Gastrulation: Bildung der Chorda durch Kondensation. Später verlängert sich die Chorda (entwickelt sich später zur Wirbelsäule) und streckt Embryo entlang der embryonalen Längsachse (noch später entstehen Wirbel).
2. Neuralrohrbildung aus dorsalem Ektoderm 3. Neurulation: Einrollen der Ränder zum
Neuralrohr vom anterioren zum posterioren Pol des Embryos.
4. Die Neuralleistenzellen werden abgeschieden: vielseitige Zellen für verschiedene Zwecke (Zähne, Rinde der Nebenniere, einigen Knochen des Schädels)
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Neurulation im Hünchenembryo
Die Neuralleistenzellen wandern in verschiedene Regionen des Embryos und bilden periphere
Nerven, Zahnelemente, Schädelknochen und viele andere verschiedene Zelltypen
Die Entwicklung von Säugern
• Bei Säugereiern – werden nur wenig Nahrungsreserven in Form von
Dotter gespeichert und sie sind sehr klein – ist die Furchung der Zygote holoblastisch – konnte bisher noch keine Polarität nachgewiesen
werden • Die erste Furchungsteilung verläuft beim Menschen und
bei anderen Säugern relativ langsam
• Nach Beendigung der Furchung bildet sich die Blastocyste • Eine Gruppe von Zellen, die als innere Zellmasse
bezeichnet wird, entwickelt sich zum eigentlichen Embryo und trägt zur Bildung der extraembryonalen Membranen bei
• Der Trophoblast, das äußere Epithel der Blastocyste, bildet gemeinsam mit dem Mesoderm den fetalen Anteil der Placenta
• Die Placenta ermöglicht den Austausch von Nährstoffen, Gasen und stickstoffhaltigen Abfallprodukten zwischen Mutter und Embryo
• Nach abgeschlossener Einnistung beginnt die Gastrulation • Nach abgeschlossener Gastrulation haben sich die
embryonalen Keimblätter ausgebildet
Die Entwicklung von Säugern (cont’d)
An der tierischen Morphogenese sind spezifische Veränderungen in Zellform, Zellposition und Zelladhäsion beteiligt
• Morphogenese ist ein wichtiger Aspekt der Entwicklung von Tieren wie auch Pflanzen
• Aber nur bei Tieren spielen dabei Zellbewegungen eine Rolle
Cytoskelett, Zellbewegung und konvergente Ausdehnung
• Veränderungen der Zellform erfordern gewöhnlich eine Reorganisation des Cytoskeletts
• Mikrotubuli und Mikrofilamente bewirken die Bildung des
Neuralrohrs
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Tierische Morphogenese führt zu Veränderungen in Zellform, Zellposition und Zelladhäsion geleitet von
der Reorganisation des Cytoskeletts
Zellen der Neuralplatte strecken sich unter Einfluss von Microtubuli Durch Kontraktion werden Zellen keilförmig Ektoderm krümmt sich nach Innen
• Die Zellwanderung, die aktive Bewegung von Zellen, wird auch vom Cytoskelett angetrieben
• Während der Gastrulation vollzieht sich die Invagination durch Veränderungen in der Zellschicht und durch Wanderung
• Kriechbewegungen von Zellen spielen bei der konvergenten Ausdehnung eine Rolle, einer Form der morphogenetischen Bewegung, bei der die Zellschicht schmaler wird während sie sich gleichzeitig in Längsrichtung ausdehnt
Konvergenten Ausdehnung
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Konvergente Ausdehnung
Zellen verschieben sich wie Keile zueinander: Zellschicht wird schmaler und länger
Rolle der Zelladhäsionsmoleküle und der extrazellulären Matrix
• Zelladhäsionsmoleküle (CAMs) an der Zelloberfläche tragen zur Zellwanderung und zu stabilen Gewebestrukturen bei
• Eine wichtige Klasse der CAMs sind die Cadherine, die wichtig für die Bildung der Froschgastrula sind
• Die extrazelluläre Matrix (ECM) trägt dazu bei, Zellen bei morphogenetischen Bewegungen zu lenken und zu leiten
• Verschiedene Arten extrazellulärer Glycoproteine fördern die Zellwanderung, indem sie sich bewegenden Zellen eine spezielle molekulare Verankerung bieten
Das Schicksal von sich entwickelnden Zellen ist von ihrer Vorgeschichte und induktiven
Signalen abhängig
• Jede Zelle im Körper eines vielzelligen Organismus hat dasselbe Genom
• Während der Differenzierung veranlassen bestimmte Mechanismen die Zellen dazu, verschiedene Wege der Genexpression einzuschlagen
• Zwei allgemeine Prinzipien liegen der Differenzierung zugrunde:
• Im Lauf der ersten Furchungsteilungen müssen die embryonalen Zellen Unterschiede entwickeln – das heterogene Cytoplasma wird durch asymmetrische
Zellteilungen auch ungleich auf die Blastomeren verteilt
• Nachdem die anfänglichen Zellasymmetrien einmal etabliert sind, beeinflussen die darauffolgenden Interaktionen zwischen den embryonalen Zellen ihr Schicksal, und zwar gewöhnlich dadurch, dass sie Veränderungen in der Genexpression bewirken – Dieser Mechanismus, der als Induktion bezeichnet
wird, wird möglicherweise durch diffundierende Signalmoleküle oder durch Zell-Zell-Wechselwirkungen vermittelt
• Sobald die embryonale Zellteilung Zellen schafft, die sich voneinander unterscheiden, beginnen die Zellen, einander durch Induktion zu beeinflussen
Induktion
• Signalmoleküle beeinflussen die Genexpression in den Zellen, die sie empfangen
• Signalmoleküle führen zur Differenzierung und Entwicklung bestimmter Strukturen
• Die Hox-Gene spielen bei der Musterbildung von Extremitäten ebenfalls verschiedene Rollen
HOX-Gene