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NOTIZEN 223 Strukturchemie von Chalkogenid-halogeniden 1: Die Kristallstrukturen von Pb4SeBr6 und Pb5S2J6 Bernt Krebs Anorganisdi-Chemisches Institut der Universität Göttingen (Z. Naturforsch. 25 b, 223— 224 [1970] ; eingegangen am 5. Januar 1970) Wie kürzlich von R abenau und Mitarbb.2 gezeigt wurde, entstehen beim Tempern von Gemischen Blei halogenid —Bleichalkogenid die stabilen ternären Chal- kogenid-halogenide Pb4SeBr6 , Pb5S2J 6 und Pb7S2Br10 . Das metastabile Pb4SCl6 wird beim Abschrecken einer Schmelze dieser Zusammensetzung von 600 °C er halten. Diese Verbindungen stellen Vertreter einer neuen Verbindungsklasse des Bleis dar. Einkristalle konnten durch Reaktion des entsprechenden Chalko- genids mit konz. Halogenwasserstofflösungen unter hy drothermalen Bedingungen hergestellt werden. Wir haben diese für die Strukturchemie des Bleis und die Systematik der Chalkogenidhalogenide wichtigen Ver bindungen durch vollständige Röntgenstrukturanalysen untersucht. Pb4SeBr6 kristallisiert orthorhombisch in der Raum gruppe Imm2 —Cf® mit c = 4,361 (2), 6 = 15,780(8), c = 9,720(5) Ä, Z = 2, dx = 6,886, dex p. = 6,84 g/cm3. Pb5S2J6 bildet eine monokline Struktur (Raumgruppe C2]m-Clh) mit a = 14,338 (7), 6 = 4,437(2), c = 14,552(7)Ä, /J = 98,04(5)°, Z = 2, dx = 6,743, dexv. = Punktlage X y z Pb (1) 2 (a) 0 0 0,0251 Pb (2 ) 2 (b) 0 0,5 0 Pb (3) 4(d) 0 0,2377 0,7827 Br, Se(l) 2 (a) 0 0 0,7048 Br, Se (2) 4(d) 0 0,1138 0,2982 Br, Se (3) 4(d) 0 0,3663 0,4661 Br, Se(4) 4(d) 0 0,3149 0,0784 Tab. 1. Pb4 SeBr6: Punktlagen und Parameter der Atome. Punktlage X y z Pb (1) 2 (a) 0 0 0 Pb (2) 4 (i) 0,2164 0 0,7606 Pb (3) 4 (i) 0,1266 0 0,4633 Jd ) 4 (i) 0,3637 0 0,0640 J( 2 ) 4 (i) 0,1185 0 0,2043 J (3) 4 (i) 0,4266 0 0,3565 S 4 (i) 0,2803 0 0,5943 Tab. 2 . Pb5 S2 J 6: Punktlagen und Parameter der Atome. 1 Frühere Mitt.: B. K rebs u. H. B eyer , Z. Naturforsch. 23b, 741 [1968] ; Z. anorg. allg. Chem. 365, 199 [1969]. 2 A. R abenau , H. R au u. G. R osenstein , Naturwissenschaf ten, 55, 82 [1968] ; A. R abenau u. H. R au , Z. anorg. allg. Chem. 369, 295 [1969] ; A. R abenau u. H. R au , Angew. Chem. 80. 292 [1968] ; Angew. Chem. internat. Edit. 7, 308 [1968], 3 H. R au u. A. R abenau , Mat. Res. Bull. 2, 609 [1967]. 6.87 g/cm3 (vgl. I.e .2). Beide Verbindungen kristalli sieren in roten Nadeln parallel zur kürzesten Achse. Die Atomparameter der nach P a t t e r s o n -Metho den gelösten und bis zu R = 5,6% bzw. 5,2% verfeiner ten Strukturen sind in Tab. 1 und 2 zusammengefaßt. Die Strukturen sind geordnet und stöchiometrisch. Im Pb4SeBr6 sind alle Pb-Atome von Br (Se)-Atomen in Form eines trigonalen Prismas umgeben, wobei zu sätzliche Nachbarn über den Mitten der Prismaflächen die Koordinationszahl zu 7, 8 oder 9 ergänzen. P b(l) hat ein 7-Koordination mit Pb —Br (Se)-Abständen von 3.088 (4 x), 3,113 und 3,205 (2 x) Ä; Pb(2) ist von 8Br(Se) in Abständen von 2,953 (2 x), 3,019 (2 x) und 3,440 (4 x) Ä umgeben. Pb (3) hat 7 Anion-Nach- barn in Abständen von 3,064 (2 x), 3,121, 3,204 (2 x) und 3,260 (2 x) Ä sowie zwei weiter entfernte (3,686 und 3,827 Ä), die nur noch unter Vorbehalt zur Koor dinationssphäre des Pb zu zählen sind. Jedes Br(Se) besitzt 4 oder 5 Pb-Atome als gebundene Nachbarn. Zwischen Br und Se konnte noch nicht sicher unter schieden werden; wahrscheinlich ist jedoch, daß die Punktlage 2 (a) vollständig von Se besetzt ist. Im Pb5S2J6 haben zwei der drei symmetrisch nicht äquivalenten Pb-Atome ebenfalls erweiterte trigonal prismatische Koordination: P b (2) ist von 6 Jod [d(Pb-J) =3,233 (2 x), 3,324 (2 x) und 3,685 (2x)Ä] und einem Schwefel [d(Pb-S) = 2,705 Ä] umgeben; Pb (3) hat in seiner Bindungssphäre 5 Jod in Abstän den von 3,597 (2 x), 3,755 und 3,784 (2 x) Ä sowie 3 Schwefel in Abständen von 2,704 und 2,779 (2 x) Ä. Im Gegensatz dazu ist das dritte Pb-Atom P b (l) Mit telpunkt eines nahezu unverzerrten PbJ6-Oktaeders mit J(Pb-J) = 3,180 (4 x) und 3,211 (2 x) Ä. Die J-Atome haben 4 oder 6 Pb, die S-Atome 4 Pb als nächste Nach barn. Aufbau und Verknüpfung der Koordinationspolyeder beider Verbindungen zeigen starke Ähnlichkeiten zur Struktur des PbCl2 4’ 5 (und PbrB2)6, während gemein same Strukturelemente mit den entsprechenden reinen Chalkogeniden nicht vorhanden sind. Charakteristisch für alle diese vom PbCl2 abgeleiteten Strukturen ist eine sehr kurze Gitterkonstante von 4,3 —4,6 Ä, die der Höhe der trigonal-prismatischen PbXc + «-Koordinations- polyeder (n = l, 2, 3) entspricht, und die identisch ist mit der Nadelachse der Kristalle. Die Koordinations polyeder sind in dieser Richtung bevorzugt über Flächen verknüpft; alle Atome liegen auf Spiegel ebenen senkrecht zu dieser Richtung. Während das reine PbJ2 im Brucit- oder im CdCl2-Typ mit okta edrischer 6-Koordination kristallisiert7, stabilisiert im Pb5S2J6 die Gegenwart der relativ kleineren Schwefel atome — zumindest für einen Teil der Pb-Atome — 4 H. B raekken , Z. Kristallogr., Mineralog. Petrogr. Abt. A 83,222 [1932]. 5 K. S ahl , Beitr. Mineralog. Petrogr. 9, 111 [1963] ; K. S ahl u. J. Z emann , Naturwissenschaften 48, 641 [1961]. 6 W. N ieuwenkamp u. J. M. B ijvoet , Z. Kristallogr., Mine ralog. Petrogr. Abt. A 84, 49 [1933]. 7 Zusammenstellung der verschiedenen PbJ2-Strukturen von R. W. G. W yckoff , in: Crystal Structures, Band I, Wiley- Interscience, New York 1963, S. 269.

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NOTIZEN 223

Strukturchemie von Chalkogenid-halogeniden 1: Die Kristallstrukturen von Pb4SeBr6 und Pb5S2J6

B e r n t K r e b s

Anorganisdi-Chemisches Institut der Universität Göttingen

(Z. Naturforsch. 25 b , 223— 224 [1970] ; eingegangen am 5. Januar 1970)

Wie kürzlich von R a b e n a u und Mitarbb.2 gezeigt wurde, entstehen beim Tempern von Gemischen Blei­halogenid — Bleichalkogenid die stabilen ternären Chal- kogenid-halogenide Pb4SeBr6 , Pb5S2J6 und Pb7S2Br10 . Das metastabile Pb4SCl6 wird beim Abschrecken einer Schmelze dieser Zusammensetzung von 600 °C er­halten. Diese Verbindungen stellen Vertreter einer neuen Verbindungsklasse des Bleis dar. Einkristalle konnten durch Reaktion des entsprechenden Chalko- genids mit konz. Halogenwasserstofflösungen unter hy­drothermalen Bedingungen hergestellt werden. Wir haben diese für die Strukturchemie des Bleis und die Systematik der Chalkogenidhalogenide wichtigen Ver­bindungen durch vollständige Röntgenstrukturanalysen untersucht.

Pb4SeBr6 kristallisiert orthorhombisch in der Raum­gruppe Imm2 — Cf® mit c = 4,361 (2), 6 = 15,780(8),

c = 9,720(5) Ä, Z = 2, dx = 6,886, dexp. = 6,84 g/cm3. Pb5S2J6 bildet eine monokline Struktur (Raumgruppe C2]m -C lh) mit a = 14,338 (7), 6 = 4,437(2), c =

14,552(7)Ä, /J = 98,04(5)°, Z = 2, dx = 6,743, dexv.=

Punktlage X y z

Pb (1) 2 (a) 0 0 0,0251Pb (2) 2 (b) 0 0,5 0Pb (3) 4(d) 0 0,2377 0,7827Br, Se(l) 2 (a) 0 0 0,7048Br, Se (2) 4(d) 0 0,1138 0,2982Br, Se (3) 4(d) 0 0,3663 0,4661Br, Se(4) 4(d) 0 0,3149 0,0784

Tab. 1. Pb4SeBr6: Punktlagen und Parameter der Atome.

Punktlage X y z

Pb (1) 2 (a) 0 0 0Pb (2) 4 (i) 0,2164 0 0,7606Pb (3) 4 (i) 0,1266 0 0,4633

J d ) 4 (i) 0,3637 0 0,0640

J (2) 4 (i) 0,1185 0 0,2043

J (3) 4 (i) 0,4266 0 0,3565S 4 (i) 0,2803 0 0,5943

Tab. 2 . Pb5S2J6: Punktlagen und Parameter der Atome.

1 Frühere Mitt.: B. K rebs u. H. B e y e r , Z. Naturforsch. 23b, 741 [1968] ; Z. anorg. allg. Chem. 365, 199 [1969].

2 A. R a b e n a u , H. R a u u. G. R o se n s t e in , Naturwissenschaf­ten, 55, 82 [1968] ; A. R a b en a u u . H. R a u , Z. anorg. allg. Chem. 369, 295 [1969] ; A. R a b e n a u u . H. R a u , Angew. Chem. 80. 292 [1968] ; Angew. Chem. internat. Edit. 7, 308[1968],

3 H. R a u u . A. R a b e n a u , Mat. Res. Bull. 2, 609 [1967].

6.87 g/cm3 (vgl. I .e .2). Beide Verbindungen kristalli­sieren in roten Nadeln parallel zur kürzesten Achse.

Die Atomparameter der nach P a t t e r s o n - Metho­den gelösten und bis zu R = 5,6% bzw. 5,2% verfeiner­ten Strukturen sind in Tab. 1 und 2 zusammengefaßt. Die Strukturen sind geordnet und stöchiometrisch.

Im Pb4SeBr6 sind alle Pb-Atome von Br (Se)-Atomen in Form eines trigonalen Prismas umgeben, wobei zu­sätzliche Nachbarn über den Mitten der Prismaflächen die Koordinationszahl zu 7, 8 oder 9 ergänzen. Pb(l) hat ein 7-Koordination mit Pb —Br (Se)-Abständen von3.088 (4 x), 3,113 und 3,205 (2 x) Ä; Pb(2) ist von 8Br(Se) in Abständen von 2,953 (2 x), 3,019 (2 x) und 3,440 (4 x) Ä umgeben. Pb (3) hat 7 Anion-Nach- barn in Abständen von 3,064 (2 x), 3,121, 3,204 (2 x) und 3,260 (2 x) Ä sowie zwei weiter entfernte (3,686 und 3,827 Ä), die nur noch unter Vorbehalt zur Koor­dinationssphäre des Pb zu zählen sind. Jedes Br(Se) besitzt 4 oder 5 Pb-Atome als gebundene Nachbarn. Zwischen Br und Se konnte noch nicht sicher unter­schieden werden; wahrscheinlich ist jedoch, daß die Punktlage 2 (a) vollständig von Se besetzt ist.

Im Pb5S2J6 haben zwei der drei symmetrisch nicht äquivalenten Pb-Atome ebenfalls erweiterte trigonal­prismatische Koordination: Pb(2) ist von 6 Jod [d(Pb-J) =3,233 (2 x), 3,324 (2 x) und 3,685 (2x)Ä] und einem Schwefel [d(Pb-S) = 2,705 Ä] umgeben; Pb (3) hat in seiner Bindungssphäre 5 Jod in Abstän­den von 3,597 (2 x), 3,755 und 3,784 (2 x) Ä sowie3 Schwefel in Abständen von 2,704 und 2,779 (2 x) Ä. Im Gegensatz dazu ist das dritte Pb-Atom Pb(l) Mit­telpunkt eines nahezu unverzerrten PbJ6-Oktaeders mit J(Pb-J) = 3,180 (4 x) und 3,211 (2 x) Ä. Die J-Atome haben 4 oder 6 Pb, die S-Atome 4 Pb als nächste Nach­barn.

Aufbau und Verknüpfung der Koordinationspolyeder beider Verbindungen zeigen starke Ähnlichkeiten zur Struktur des PbCl2 4’ 5 (und PbrB2)6, während gemein­same Strukturelemente mit den entsprechenden reinen Chalkogeniden nicht vorhanden sind. Charakteristisch für alle diese vom PbCl2 abgeleiteten Strukturen ist eine sehr kurze Gitterkonstante von 4,3 — 4,6 Ä, die der Höhe der trigonal-prismatischen PbXc + «-Koordinations- polyeder (n = l , 2, 3) entspricht, und die identisch ist mit der Nadelachse der Kristalle. Die Koordinations­polyeder sind in dieser Richtung bevorzugt über Flächen verknüpft; alle Atome liegen auf Spiegel­ebenen senkrecht zu dieser Richtung. Während das reine PbJ2 im Brucit- oder im CdCl2-Typ mit okta­edrischer 6-Koordination kristallisiert7, stabilisiert im Pb5S2J6 die Gegenwart der relativ kleineren Schwefel­atome — zumindest für einen Teil der Pb-Atome —

4 H. B r a e k k e n , Z. Kristallogr., Mineralog. Petrogr. Abt. A 83,222 [1932].

5 K. S a h l , Beitr. Mineralog. Petrogr. 9, 111 [1963] ; K. S a h l

u. J. Z e m a n n , Naturwissenschaften 48, 641 [1961].6 W. N ie u w e n k a m p u. J. M. B ijv o e t , Z. Kristallogr., Mine­

ralog. Petrogr. Abt. A 84, 49 [1933].7 Zusammenstellung der verschiedenen PbJ2-Strukturen von

R. W. G. W y c k o f f , in: Crystal Structures, Band I, Wiley- Interscience, New York 1963, S. 269.

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224 NOTIZEN

trigonal-prismatische 6 + 1- oder 6 + 2-Koordination. Im übrigen sind die von den reinen Halogeniden PbX2 ab­weichenden Strukturmerkmale beider Verbindungen nur eine Folge der veränderten Stöchiometrien Pb4X 7 bzw. Pb5X 8.

Audi im Pb4SeBr6 und Pb5S2J6 ist in Analogie zu anderen Pb (II)-Verbindungen die für das Blei mit 6 s2- Konfiguration charakteristische Tendenz zu einer ein­seitigen Konzentration der 3 oder 4 kürzesten Pb-X-Ab- stände im Koordinationspolyeder vorhanden.

Überblickt man die bisher bekannten Strukturen mit Blei-Halogen-Bindungen, so ergibt sich für Pb-Cl, Pb-Br

und Pb-J jeweils ein linearer Zusammenhang zwischen dem mittleren Pb-Halogen-Bindungsabstand und der Koordinationszahl innerhalb des PbXn-Polyeders.

Pb4SCl6 ist mit Pb4SeBr6 isotyp, wie der Vergleidi von Gitterkonstanten, Raumgruppe und Reflexintensi­täten zeigt. Die Strukturbestimmung des Pb7S2Br10 ist im Gange. Über beide Strukturen wird später im Zu­sammenhang berichtet.

Herrn Prof. Dr. A. R a b e n a u , Aachen, danke ich herzlich für die Überlassung von Einkristallen der untersuchten Sub­stanzen. Herrn Prof. Dr. 0. G lem ser gilt mein Dank für die Unterstützung dieser Arbeit.

Über den Einfluß der Kationen auf die K ra ft­konstanten der WO-Bindung in den Hexaoxo-

wolframaten (VI)J. H a u c k

Institut für anorganische Chemie der Universität Frankfurt am Main

(Z. Naturforsch. 25 b, 224—225 [1970] ; eingegangen am 12. Januar 1970)

In einer vorhergehenden Arbeit1 wurde festgestellt, daß bei den Alkalihexaoxometallaten sehr viele Li­thiumverbindungen, einige Natriumverbindungen, bis­her aber keine Kalium-, Rubidium- oder Cäsiumver­bindungen bekannt sind. Dies konnte nach der rönt­genographischen Strukturaufklärung der Lithium- und einiger Natriumverbindungen darauf zurückgeführt werden, daß die großen Kalium-, Rubidium- und Cä­siumionen in größerer Anzahl nicht um die X 0 6-0kta- eder angeordnet werden können. Nun schien es inter­essant zu untersuchen, warum kaum Hexaoxoverbin- dungen des Magnesiums gebildet werden, obwohl Mg2® (r = 0,66Ä) etwa ebenso groß ist wie Li® (r = 0,68Ä)2 und wegen der größeren Ladung weniger Magnesium­atome um die X 0 6-0ktaeder angeordnet werden müß­ten. Da nach dieser Betrachtung weniger strukturelle Gesichtspunkte als vielmehr ein Einfluß der Kationen auf die XO-Bindung entscheidend sein sollte, wurden die Festkörper-IR-Spektren verschiedener Hexaoxo- metallate verglichen, um festzustellen, welche Verände­rung der XO-Kraftkonstante durch die Alkali- und Erdalkaliatome hervorgerufen wird. Hierzu wurden zunächst die Hexaoxowolframate (VI) untersucht, da hier viele Erdalkaliverbindungen bekannt sind (siehe Tab. 1) 3. Außerdem haben alle Verbindungen ähn­liche Strukturen, nämlich verschiedenartig verzerrte (NH4) 3FeF6-Gitter 3, so daß eine Änderung der Kraft­konstanten hauptsächlich auf die Art der Kationen und weniger auf die Gittersymmetrie zurückzuführen sein dürfte.

1 J. H a u c k , Z. Naturforsch. 24 b. 1064 [1969].2 L. H. A h re n s , Geochim. cosmochim. A cta [London] 2, 155

[1952].

v 3 (Fiu) v i (Fiu) [cm J] / [mdyn/Ä]

Ca,MgWO0 660 440, 415, 395, 330 3,46Sr„MgW06 660 392, 348 3,46SrCaMgWO« 652 385 3,38BaSrMgW06 650 365 3,36Lis\̂ 0 6 620 425 3,00 I.e. 5Ca3W 0 6 610 415, 380 2,96Bai.5Ca1-5W 0 6 610 340 2,96BaSrCaWOg 610 350 2,96Ba,CaW06 610 325 2,96Ba2M gW 06 605 370 2,91SrCa,W06 602 370 2,88Sr,CaWOG 602 360 2,88BaCa2W Oa 602 350 2,88BaSr2W 06 600 345 2,86Sr3W 0 6 590 345 2,77Ba2SrW 06 580 330 2,67Ba3W 0 6 570 345 2,58

Tab. 1. Festkörper-IR-Spektren und Kraftkonstanten der Hexa oxowolframate (V I).

Die Verbindungen wurden durch mehrmaliges, je­weils zehnstündiges Erhitzen der Erdalkalikarbonatc (bzw. statt BaC03 auch Ba02) und W 03 im stöchio­metrischen Verhältnis auf 1000 °C im 0 2-Strom dar­gestellt 3. Zur Vervollständigung der Tabelle konnten außerdem die Verbindungen BaCa2W 06 und BaSr2W 06 hergestellt werden, während Mg3W 06, CaMg2W 06, SrMg2W 06 und BaMg2W 06 nicht erhalten wurden.

Die Festkörper-IR-Spektren (KBr-Preßtechnik) zei­gen zwischen 300 und 700 cm-1 jeweils zwei starke Banden, die V3(Fiu) = r(W O ) und V4(Fim) =<5 (WO) zuzuordnen sind4 (für Sr3W 06 außerdem vt bei 645 cm-1). Auf Grund der geringen Kopplung bei Schweratomen ergibt sich aus der Lage der r3-Bande die Kraftkonstante der WO-Bindung, wrobei

/ = 0,54-//wo(»'/l000)2 [mdyn/Ä]

sein sollte5. Aus einem Vergleich dieser Werte (Tab. 2) geht hervor, daß eine Abnahme der Kraftkonstante

3 E. G. S te w a r d u. H . P. R ooksby , Acta crystallogr. [Lon­don] 4. 503 [1951].

4 J. H a u c k , Z. Naturforsch. 24 b, 645 [1969].5 J. H a u c k u . A. F a d in i, Z. Naturforsch., im Druck.

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NOTIZEN 225

Me3W 06Mg3 — Ca2Mg CaMg, — Ca3 SrMg2 — SrCa, BaMg2 — BaCa2

3,46 Sr2Mg2,96 Sr2Ca2.88 Sr32.88 BaSr,

3,462,882,772,86

Ba,Mg 2,91Ba2Ca 2,96Ba2Sr 2,67Ba» 2,58

Tab. 2. Vergleich der Kraftkonstanten der WO-Bindung bei verschiedenen Erdalkaliatomen Me.

von Kalzium- nach Strontium- und Barium-Hexaoxo- wolframat erfolgt. Außerdem verringern sich die Kraftkonstanten meistens bei Ersatz leichter Erdalkali- atome durch schwerere und umgekehrt. Eine qualita­tive Erklärung des Einflusses der Erdalkaliatome gibt die polarisierende Wirkung der die X 0 6-0ktaeder um­gebenden Alkali- oder Erdalkaliatome Me, was mit fol­gendem Bild dargestellt und erläutert werden soll:

&-

Me | 0 — X. Einerseits war bei der Untersuchung der

Lithiumhexaoxometallate 4 festgestellt worden, daß die Kraftkonstanten der AO-Bindung mit der Abnahme der formalen Ladung der A 066,5_-Gruppen (z. B. H f068-, Ta067“ , W 066-, ReOe5_) zunimmt, so daß dem Sauer­stoff bei kleinem ö~ eine starke Bindung zukommt. An­dererseits wirken nun die Alkali- oder Erdalkaliatome in der Umgebung des Sauerstoff atoms mit abnehmen­dem Ionenradius und zunehmender Ladung stärker polarisierend, so daß die negative Ladung am Sauer­stoff verringert und damit die XO-Bindung verstärkt wird (vgl. 1. c. 6’ 7) .

In der Nachbarschaft jedes Sauerstoffatoms des Me3W 06-Gitters befinden sich 5 Me-Atome, die dem

Sauerstoff einen Teil der negativen Ladung entziehen können. Da jedoch ein Me des Me3W 06 sechs und die beiden anderen zwölf nächste Sauerstoffnachbarn haben, dürfte die polarisierende Wirkung unterschied­lich sein, so daß kein additiver Einfluß der Kationen zu erwarten ist. Es zeigt sich jedoch, daß die polari­sierende Wirkung des Magnesiums wesentlich größer ist als diejenige des Kalziums oder Lithiums, da be­reits durch den Ersatz eines Ba-, Sr- oder Ca-Atoms durch ein Mg-Atom die WO-Kraftkonstante wesentlich vergrößert wird. Die Tatsache, daß kein Mg3W 06, CaMg2W 06, SrMg2W 06 und BaMg^WOg dargestellt werden konnten, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Kraftkonstante nicht beliebig vergrößert wer­den kann, sondern daß offensichtlich ein größtmög­licher Wert existiert. Eine Abschätzung der Kraftkon­stante für Einfachbindung nach S ie b e r t 8 ergibt fx = 2,88 mdyn/Ä, d. h. der höchste Wert ist etwa bei einem Bindungsgrad von 1,20 erreicht, während imBa3W 06 mit einem Bindungsgrad von 0,90 die WO-Bindung am schwächsten ist. Die Untersuchung zeigt, daß in den Hexaoxowolframaten im wesentlichen Einfachbindun­gen vorliegen, wobei bereits ein Mg durch das große Polarisationsvermögen die Bindung besonders ver­stärkt. Obwohl im Me3W 06-Gitter eine Zwölferkoordi­nation für Mg unmöglich sein sollte, dürfte die Tat­sache, daß Mg-reichere Verbindungen auch nicht in einem anderen Gitter auftreten, auf den stark polari­sierenden Einfluß zurückzuführen sein.

Ich danke der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie für Mittel und Geräte.

6 A . M ü l l e r , R. K e b a b c io g lu , B . K re b s , P . B o u c l i e r , J. 7 E. J. B a r a n , P . J. A y m o n in o u . A . M ü l l e r , Z. Naturforsch.P o r t ie r u . P . H a g e n m u l l e r , Z. anorg. allg. Chem. 368, 31 24 b, 271 [1969].[1969]. 8 H . S ie b e r t , Z. anorg. allg. Chem. 275, 225 [1954].