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24 badische zeitung wirtschaft montag, 2. dezember 2013 Bali soll endlich den Welthandel beleben Neue Regeln für den globalen Warentausch könnten auch Entwicklungsländern nützen – doch es geht seit langem nichts voran / Konferenz in Indonesien beginnt Von unserem Mitarbeiter Christian Mihatsch, epd und dpa BANGKOK/DENPASAR. Seit Anfang des Jahrtausends müht sich die Welt- handelsorganisation (WTO), den globa- len Warentausch ankurbeln – vergeb- lich. Bestehen bleiben viele Handels- hemmnisse. Die Ministerkonferenz, die am morgigen Dienstag auf der indo- nesischen Insel Bali beginnt und bis Freitag dauert, gilt als letzte Chance, die Gespräche der sogenannten Doha-Run- de zu beleben. Der neue Generalsekre- tär der WTO warnt: Wird das Treffen ein Flop, droht die Organisation nicht mehr ernst genommen zu werden. Dabei hat es bei einigen Themen zuletzt Bewegung gegeben. Die WTO-Mitglieds- staaten haben sich während einer Vorbe- reitungskonferenz für Bali in Genf darauf geeinigt, den ärmsten Ländern der Welt einen besseren Zugang zum Weltmarkt zu verschaffen. So soll den Entwicklungslän- dern dabei geholfen werden, Zollformali- täten zu vereinfachen. Selbst im beson- ders umstrittenen Agrarsektor vermelde- te die WTO Teilerfolge. So sollen jene um- strittenen Exportsubventionen für Agrar- produkte gesenkt werden, die den Bauern in vielen armen Ländern das Geschäft er- schweren. Importquoten, die ohnehin nicht voll genutzt werden, sollen wegfal- len. Dies gilt allerdings nicht für die USA. Als einziges Industrieland hat die größte Volkswirtschaft der Erde die Möglichkeit, derartige Quoten zu behalten. Francisco Marí von „Brot für die Welt“ hofft auf Fortschritte in Bali. „Den ärms- ten Ländern muss die Möglichkeit einge- räumt werden, ihre Agrarbereiche so lan- ge zu schützen, bis sie wettbewerbsfähig sind“, meint er. Marí warnt, dass ohne Ei- nigung bei der WTO die Märkte armer Länder weiter von Überschüssen der In- dustrienationen, aber auch der großen Schwellenländer wie Brasilien überflutet werden. Um die Kleinbauern zu schüt- zen, hat die G 33, eine von Indien geführ- te Gruppe von 46 Entwicklungsländern, vorgeschlagen, Nahrungsmittelreserven zu bilden: Die Regierungen dürften dann ihren Landwirten Produkte abkaufen, um sie später zu verbilligten Preisen auf den nationalen Markt zu bringen. Die Befür- worter dieses Staatseingriffs argumentie- ren, dies schaffe „Versorgungssicherheit bei Nahrungsmitteln“. Doch nach Über- zeugung westlicher Experten wird dieses Argument oft dazu missbraucht, um staat- liche Zuschüsse zu verschleiern. Indien jedenfalls beharrt darauf, Nah- rungsmitteln zu überhöhten Preisen von armen Bauern kaufen zu dürfen. Der Staat plant, an zwei Drittel der 1,2 Milliarden Inder subventionierte Lebensmittel abzu- geben. Das dazu erforderliche Getreide soll zu einem Preis angekauft werden, der über dem Weltmarktpreis liegt. Doch da- gegen laufen die getreideexportierenden Staaten Sturm, sowohl Industriestaaten wie die USA als auch Entwicklungsländer wie Argentinien. Um diesen Streit zu entschärfen, hat man sich eigentlich auf eine sogenannte Friedensklausel geeinigt. Die indischen Subventionen werden zwar als illegal ein- gestuft, werden aber während einer Über- gangsperiode nicht vor dem WTO- Schiedsgericht angefochten. Damit hätte Indien Zeit, den staatlichen Getreidean- kauf zu reformieren. Erst dann müsste sich Indien dem Weltmarkt stellen. Doch während der Vorbereitungskonferenz für Bali in Genf hat Indien diese Friedens- klausel bereits wieder in Frage gestellt. So könnte sich das Szenario der WTO-Konfe- renz von 2008 wiederholen, wo eine Ei- nigung an Indien und den USA scheiterte. Kontrovers diskutiert werden auch Subventionen für Agrarexporte. Die G 20, eine Gruppe großer Agrarexporteu- re wie Brasilien und Argentinien, plädiert für die Halbierung der Subventionen, mit denen Industriestaaten ihren Bauern den Export zu Dumpingpreisen ermöglichen. Doch obwohl sich die WTO bereits 2005 auf deren Abschaffung bis Ende 2013 ge- einigt hatte, wurde dieser Schritt mangels Einigung in anderen Streitpunkten der Doha-Runde bis heute nicht umgesetzt. Ein großes Problem der seit 2001 lau- fenden Verhandlungen der Doha-Runde ist die Verfahrensweise „Alles oder nichts“. Nichts kann in Kraft treten, ehe nicht alles beschlussfähig ist. Das erwies sich im Interessenkampf zwischen Indus- trie- und Entwicklungsländern als zu komplex. Den Teufelskreis hofft der Brasi- lianer Roberto Azevêdo, der die WTO seit September führt, nun durch verbindliche Bali-Abkommen auf einzelnen Gebieten zu durchbrechen, ehe man dann weitere Doha-Ziele angeht. Keine Einigung gab es während der Vorbereitungskonferenz in Genf bei der Erleichterung einiger Zollformalitäten. Umstritten ist vor allem der Transit von Gütern – ein Thema, das insbesondere für Binnenländer wie die Schweiz oder Nepal von Bedeutung ist. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag, dass die Herkunft der Gü- ter im Transit keine Rolle spielen darf. Doch damit können sich nicht alle Länder anfreunden. Schwierig ist zudem der Transit von Öl und Gas mit Hilfe von Pipe- lines. Für die Empfängerländer ist es zen- tral, dass ihnen die Transitländer nicht einfach die Leitung zudrehen. Einigung gibt es hingegen bei einigen anderen Themen wie dem Informations- austausch zwischen den Zollbehörden des Export- und des Importlandes. Außer- dem hat man sich darauf geeinigt, dass al- le Zollformalitäten an einem einzigen Schalter abgewickelt werden müssen. Mit derartigen Erleichterungen lassen sich enorme Wohlfahrtsgewinne erzie- len. Das Peterson Institute for Internatio- nal Economics hat ausgerechnet, dass durch den Abbau und die Vereinheitli- chung von Zollformalitäten die Wirt- schaftsleistung der Welt um 1000 Milliar- den Dollar gesteigert werden kann. Das ist ein Plus von 1,4 Prozent. Dadurch könnten nach Berechnungen der Interna- tionalen Handelskammer (ICC) in Paris 21 Millionen neue Jobs entstehen, 18 Millionen davon in Entwicklungsländern. Dies ist nicht der einzige Grund, war- um Azevêdo die Handelsminister be- schwört, alles für einen erfolgreichen Ab- schluss der Gespräche zu tun. In Bali stehe nicht weniger als das multilaterale Handelssystem auf dem Spiel. „In Genf (am Sitz der WTO) haben wir das Ende des Prozesses erreicht. Ein Misserfolg in Bali hätte schwerwiegende Folgen“ für den Welthandel, sagte Azevêdo. Denn die WTO hat seit ihrer Gründung 1995 noch keinen einzigen neuen Handelsvertrag beschlossen. Wird Bali ein Flop, besteht die Gefahr, dass viele Länder die WTO als Verhandlungsforum nicht länger ernst nehmen. Zu leiden hätten darunter vor al- lem die Armen, wie Azevêdo warnt: „Nicht einem einzigen Menschen, der in Armut lebt, wird es besser gehen, wenn wir in Bali versagen.“ Doch wie schwierig die Verhandlun- gen sind, wenn derart viele Interessen aufeinanderprallen, zeigt sich auch an an- derer Stelle. In Bali sollen einige kleinere Handelsverträge erweitert werden, de- nen nur ein Teil der WTO-Mitglieder an- gehört. Aber selbst das ist schwierig. Ei- ner der Verträge, die überarbeitet werden sollen, ist ein Abkommen über die Infor- mationstechnologie. Demnach können Computer und andere Elektronikartikel zollfrei eingeführt werden. Die Liste die- ser Produkte stammt jedoch aus dem Jahr 1996, als es weder Smartphones noch Tabletcomputer gab. Aus diesem Grund soll diese Liste nun um 250 Produkte er- weitert werden. Dagegen wehrt sich je- doch ausgerechnet der größte Exporteur von Elektronik: China. Peking will bei 140 dieser Produkte die Möglichkeit be- halten, Zölle zu erheben, um die heimi- schen Betriebe zu schützen. Für John Neuffer, den Chef des Information Tech- nology Industry Councils, eines Industrie- verbands, ist Chinas Haltung unbegreif- lich: „Alle Verhandlungsdelegationen, und ich meine alle, arbeiten sehr hart um Kompromisse zu schließen – mit Ausnah- me von China.“ Mit teuren Ölen aus der Rezession In Olivenhainen lässt sich einiges über die griechische Krise lernen / Erst jetzt entdeckt das Land sein Olivenöl als Hochpreisprodukt MESSINIA. Griechenlands Oli- venbäume haben die Welt schon immer mit Öl versorgt. Aber für eine Vermarktung als eigenes Qualitätsprodukt fehlte den Helle- nen das Händchen. Nun wollen sie nicht mehr zuschauen, wie an- dere mit ihrem grünen Gut Geld verdienen. Die Exporterfolge der Olivenbranche sollen Vorbild für andere Branchen des rezessions- geplagten Landes werden. Giorgos Paraskevopoulos testet sein Olivenöl so, wie die Franzo- sen ihren Wein testen: mit allen Sinnen. „Ein Olivenöl guter Qualität aus- zuwählen, ist wie eine feine Flasche Wein auszusuchen – Aroma, Geschmack und Aussehen müssen exzellent sein“, sagt der Landwirt im Hotelresort Costa Nava- rino im Süden der griechischen Halbinsel Peloponnes. Die Olivenernte ist in der Nähe von Ka- lamata in vollem Gang, die Stadt ist welt- bekannt für den Export der Steinfrucht. Hier will Griechenland seine Olivenin- dustrie aus dem Tal der Wirtschaftskrise herausführen. Hunderte Hektar Land sind bepflanzt, neue Mühlen gebaut wor- den. Die Hersteller investieren in schicke Verpackungen und ins Marketing, um das Image griechischen Öls auf Hochglanz zu polieren. Einst größter Olivenölproduzent der Antike, hat Griechenland seinen Handel in den vergangenen Jahrzehnten fast aus- schließlich von den Exporten nach Italien abhängig gemacht. Das Land kauft 60 Pro- zent der jährlichen griechischen Oliven- ernte. Für die Italiener lohnt sich der Ein- kauf. Laut der Unternehmensberatung McKinsey schlagen italienische Firmen die Hälfte auf den Preis für das Olivenöl auf, das sie aus griechischen Oliven her- stellen und verkaufen. „In den vergangenen fünf Jah- ren haben wir den Trend eines zu- nehmenden Olivenölexports be- obachtet – vor allem durch die Hersteller, die das Produkt jetzt als ihr eigenes abfüllen und etiket- tieren“, so Grigoris Antoniadis, Präsident des Olivenölfirmenver- bands Esvite. Dabei sei Griechen- land das drittgrößte Herstellungs- land von Olivenöl – mit einem Produktionsvolumen von 300000 Tonnen in einem guten Jahr. Sarantos Polyzois spricht we- niger von einem Trend als einer Identitätskrise des griechischen Oliven- öls. Der Betreiber einer modernen Oli- venmühle im Dorf Kremmydia exportiert sein Öl „1000 Horia“ nach Deutschland und Österreich. „Wir müssen ausländi- schen Verbrauchern erklären, warum es sich lohnt, griechisches statt italienisches oder spanisches Öl zu wählen. Wir müs- sen deutlich machen, dass das Öl aus Kala- mata wegen der Geografie und des Klimas zu den weltbesten gehört.“ Der Verkauf griechischen Olivenöls stieg im vergangenen Jahr in Deutschland um 24 Prozent, in China um 68 Prozent. Die Zahlen könnten dieses Jahr noch übertroffen werden. „Griechenland kannte die Kunst der Selbstvermarktung nicht. Seine Produkte sind großartig, aber sie waren auf dem Weltmarkt völlig unbe- kannt“, sagt der Geschäftsmann Peter Poulus – „bis jetzt“. Zusammen mit Marina Papatoni grün- dete er vor drei Jahren die Marke Navari- no Icons, nachdem ihnen „ein Bedürfnis nach hoher Qualität, schön verpackten griechischen Lebensmitteln und Kultur- produkten“ auf dem internationalen Markt aufgefallen war. Heute wird das hochwertige Olivenöl von Costa Navari- no rund um den Globus in Luxusläden wie dem Londoner Kaufhaus Harrods ver- kauft. „Wir schauen aktiv nach der Expan- sion in Märkte, von denen wir wissen, dass die Kunden dort die Qualität griechi- scher Produkte schätzen“, sagt Poulus. Viele Olivenbauern verzichten bei der Ernte weiter auf Maschinen, pflücken die Frucht mit der Hand. „Das beste Olivenöl ist das Extra-Virgin Öl, das einen Säurege- halt von weniger als 0,8 hat“, erklärt der Verbandspräsident Paraskevopoulus. Vie- le der mehr als 10 000 Bäume von Costa Navarino der Sorte Koroneiki hätten so- gar ein Säurelevel von unter 0,3. Christine Pirovolakis (dpa) Billig telefonieren Quelle: BZ/Sachs Stand 29.11.2013 BZ-Grafik Alle Angaben ohne Gewähr! FERNGESPRÄCHE Montag-Freitag Zeit Anbieter Kennzahl Ct./Min. ORTSGESPRÄCHE Montag-Freitag Zeit Anbieter Kennzahl Ct./Min. • In der Tabelle sind nur Anbieter berücksichtigt, deren Netzkapazitäten nicht ständig überlastet sind und deren Preisgestaltung einigermaßen transparent und verlässlich ist. ZUM HANDY Montag-Sonntag Zeit Anbieter Kennzahl Ct./Min. 0-24 Da der Anrufer die Handyvorwahl nicht mehr dem Netz zuordnen kann, sind die Anbieter so gewählt, dass er im günstigsten Fall weniger, aber auf keinen Fall mehr bezahlt. 0-7 7-19 19-24 0-7 7-8 8-18 18-19 19-24 tellmio 01038 010011 010011 Tele2 01013 Arcor 01070 tellmio 01038 Star79 01079 Tele2 01013 Arcor 01070 01070 Tele2 01013 010011 010011 01041 01041 010011 010011 01038 01038 010011 010011 01038 01038 Tele2 01013 010011 010011 0,47 0,57 1,38 1,84 0,47 0,57 0,37 0,41 0,49 0,81 0,89 0,97 0,49 0,97 0,41 0,49 2,02 2,19 Arcor Indiens Regierung will Bauern wie diesen nahe Bangalore Getreide zu überhöhten Preisen abkaufen. Dieses Getrei- de soll dann verbilligt an die Armen abgegeben werden. Das missfällt nicht nur den Amerikanern. Derartige Eingrif- fe in den Agrarmarkt gelten seit langem als Hauptstreitpunkte bei Welthandelsrunden. FOTO: DPA Olivenernte im Süden Griechenlands FOTO: DPA

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24 b a d i s c h e z e i t u n g wirtschaf t montag, 2 . dezember 2013

Bali soll endlich den Welthandel belebenNeue Regeln für den globalen Warentausch könnten auch Entwicklungsländern nützen – doch es geht seit langem nichts voran / Konferenz in Indonesien beginnt

Vo n u n s e r e m M i ta r b e i t e r

C h r i s t i a n M i h a t s c h , e p d u n d d p a

BANGKOK/DENPASAR. Seit Anfangdes Jahrtausends müht sich die Welt-handelsorganisation (WTO), den globa-len Warentausch ankurbeln – vergeb-lich. Bestehen bleiben viele Handels-hemmnisse. Die Ministerkonferenz,die am morgigen Dienstag auf der indo-nesischen Insel Bali beginnt und bisFreitag dauert, gilt als letzte Chance, dieGespräche der sogenannten Doha-Run-de zu beleben. Der neue Generalsekre-tär der WTO warnt: Wird das Treffenein Flop, droht die Organisation nichtmehr ernst genommen zu werden.

Dabei hat es bei einigen Themen zuletztBewegung gegeben. Die WTO-Mitglieds-staaten haben sich während einer Vorbe-reitungskonferenz für Bali in Genf daraufgeeinigt, den ärmsten Ländern der Welteinen besseren Zugang zum Weltmarkt zuverschaffen. So soll den Entwicklungslän-dern dabei geholfen werden, Zollformali-täten zu vereinfachen. Selbst im beson-ders umstrittenen Agrarsektor vermelde-te die WTO Teilerfolge. So sollen jene um-strittenen Exportsubventionen für Agrar-produkte gesenkt werden, die den Bauernin vielen armen Ländern das Geschäft er-schweren. Importquoten, die ohnehinnicht voll genutzt werden, sollen wegfal-len. Dies gilt allerdings nicht für die USA.Als einziges Industrieland hat die größteVolkswirtschaft der Erde die Möglichkeit,derartige Quoten zu behalten.

Francisco Marí von „Brot für die Welt“hofft auf Fortschritte in Bali. „Den ärms-ten Ländern muss die Möglichkeit einge-räumt werden, ihre Agrarbereiche so lan-ge zu schützen, bis sie wettbewerbsfähigsind“, meint er. Marí warnt, dass ohne Ei-nigung bei der WTO die Märkte armerLänder weiter von Überschüssen der In-dustrienationen, aber auch der großenSchwellenländer wie Brasilien überflutetwerden. Um die Kleinbauern zu schüt-zen, hat die G33, eine von Indien geführ-te Gruppe von 46 Entwicklungsländern,vorgeschlagen, Nahrungsmittelreservenzu bilden: Die Regierungen dürften dannihren Landwirten Produkte abkaufen, umsie später zu verbilligten Preisen auf dennationalen Markt zu bringen. Die Befür-worter dieses Staatseingriffs argumentie-ren, dies schaffe „Versorgungssicherheitbei Nahrungsmitteln“. Doch nach Über-zeugung westlicher Experten wird diesesArgument oft dazu missbraucht, um staat-liche Zuschüsse zu verschleiern.

Indien jedenfalls beharrt darauf, Nah-rungsmitteln zu überhöhten Preisen vonarmen Bauern kaufen zu dürfen. Der Staatplant, an zwei Drittel der 1,2 MilliardenInder subventionierte Lebensmittel abzu-geben. Das dazu erforderliche Getreidesoll zu einem Preis angekauft werden, derüber dem Weltmarktpreis liegt. Doch da-gegen laufen die getreideexportierendenStaaten Sturm, sowohl Industriestaatenwie die USA als auch Entwicklungsländerwie Argentinien.

Um diesen Streit zu entschärfen, hatman sich eigentlich auf eine sogenannteFriedensklausel geeinigt. Die indischenSubventionen werden zwar als illegal ein-gestuft, werden aber während einer Über-gangsperiode nicht vor dem WTO-Schiedsgericht angefochten. Damit hätteIndien Zeit, den staatlichen Getreidean-kauf zu reformieren. Erst dann müsstesich Indien dem Weltmarkt stellen. Dochwährend der Vorbereitungskonferenz fürBali in Genf hat Indien diese Friedens-klausel bereits wieder in Frage gestellt. So

könnte sich das Szenario der WTO-Konfe-renz von 2008 wiederholen, wo eine Ei-nigung an Indien und den USA scheiterte.

Kontrovers diskutiert werden auchSubventionen für Agrarexporte. DieG20, eine Gruppe großer Agrarexporteu-re wie Brasilien und Argentinien, plädiertfür die Halbierung der Subventionen, mitdenen Industriestaaten ihren Bauern denExport zu Dumpingpreisen ermöglichen.Doch obwohl sich die WTO bereits 2005auf deren Abschaffung bis Ende 2013 ge-einigt hatte, wurde dieser Schritt mangelsEinigung in anderen Streitpunkten derDoha-Runde bis heute nicht umgesetzt.

Ein großes Problem der seit 2001 lau-fenden Verhandlungen der Doha-Rundeist die Verfahrensweise „Alles odernichts“. Nichts kann in Kraft treten, ehenicht alles beschlussfähig ist. Das erwiessich im Interessenkampf zwischen Indus-trie- und Entwicklungsländern als zukomplex. Den Teufelskreis hofft der Brasi-lianer Roberto Azevêdo, der die WTO seitSeptember führt, nun durch verbindliche

Bali-Abkommen auf einzelnen Gebietenzu durchbrechen, ehe man dann weitereDoha-Ziele angeht.

Keine Einigung gab es während derVorbereitungskonferenz in Genf bei derErleichterung einiger Zollformalitäten.Umstritten ist vor allem der Transit vonGütern – ein Thema, das insbesondere fürBinnenländer wie die Schweiz oder Nepalvon Bedeutung ist. Auf dem Tisch liegtder Vorschlag, dass die Herkunft der Gü-ter im Transit keine Rolle spielen darf.Doch damit können sich nicht alle Länderanfreunden. Schwierig ist zudem derTransit von Öl und Gas mit Hilfe von Pipe-lines. Für die Empfängerländer ist es zen-tral, dass ihnen die Transitländer nichteinfach die Leitung zudrehen.

Einigung gibt es hingegen bei einigenanderen Themen wie dem Informations-austausch zwischen den Zollbehördendes Export- und des Importlandes. Außer-dem hat man sich darauf geeinigt, dass al-le Zollformalitäten an einem einzigenSchalter abgewickelt werden müssen.

Mit derartigen Erleichterungen lassensich enorme Wohlfahrtsgewinne erzie-len. Das Peterson Institute for Internatio-nal Economics hat ausgerechnet, dassdurch den Abbau und die Vereinheitli-chung von Zollformalitäten die Wirt-schaftsleistung der Welt um 1000 Milliar-den Dollar gesteigert werden kann. Dasist ein Plus von 1,4 Prozent. Dadurchkönnten nach Berechnungen der Interna-tionalen Handelskammer (ICC) in Paris21 Millionen neue Jobs entstehen, 18Millionen davon in Entwicklungsländern.

Dies ist nicht der einzige Grund, war-um Azevêdo die Handelsminister be-schwört, alles für einen erfolgreichen Ab-schluss der Gespräche zu tun. In Balistehe nicht weniger als das multilateraleHandelssystem auf dem Spiel. „In Genf(am Sitz der WTO) haben wir das Endedes Prozesses erreicht. Ein Misserfolg inBali hätte schwerwiegende Folgen“ fürden Welthandel, sagte Azevêdo. Denn dieWTO hat seit ihrer Gründung 1995 nochkeinen einzigen neuen Handelsvertragbeschlossen. Wird Bali ein Flop, bestehtdie Gefahr, dass viele Länder die WTO alsVerhandlungsforum nicht länger ernstnehmen. Zu leiden hätten darunter vor al-lem die Armen, wie Azevêdo warnt:„Nicht einem einzigen Menschen, der inArmut lebt, wird es besser gehen, wennwir in Bali versagen.“

Doch wie schwierig die Verhandlun-gen sind, wenn derart viele Interessenaufeinanderprallen, zeigt sich auch an an-derer Stelle. In Bali sollen einige kleinereHandelsverträge erweitert werden, de-nen nur ein Teil der WTO-Mitglieder an-gehört. Aber selbst das ist schwierig. Ei-ner der Verträge, die überarbeitet werdensollen, ist ein Abkommen über die Infor-mationstechnologie. Demnach könnenComputer und andere Elektronikartikelzollfrei eingeführt werden. Die Liste die-ser Produkte stammt jedoch aus dem Jahr1996, als es weder Smartphones nochTabletcomputer gab. Aus diesem Grundsoll diese Liste nun um 250 Produkte er-weitert werden. Dagegen wehrt sich je-doch ausgerechnet der größte Exporteurvon Elektronik: China. Peking will bei140 dieser Produkte die Möglichkeit be-halten, Zölle zu erheben, um die heimi-schen Betriebe zu schützen. Für JohnNeuffer, den Chef des Information Tech-nology Industry Councils, eines Industrie-verbands, ist Chinas Haltung unbegreif-lich: „Alle Verhandlungsdelegationen,und ich meine alle, arbeiten sehr hart umKompromisse zu schließen – mit Ausnah-me von China.“

Mit teuren Ölen aus der RezessionIn Olivenhainen lässt sich einiges über die griechische Krise lernen / Erst jetzt entdeckt das Land sein Olivenöl als Hochpreisprodukt

MESSINIA. Griechenlands Oli-venbäume haben die Welt schonimmer mit Öl versorgt. Aber füreine Vermarktung als eigenesQualitätsprodukt fehlte den Helle-nen das Händchen. Nun wollensie nicht mehr zuschauen, wie an-dere mit ihrem grünen Gut Geldverdienen. Die Exporterfolge derOlivenbranche sollen Vorbild fürandere Branchen des rezessions-geplagten Landes werden.

Giorgos Paraskevopoulos testetsein Olivenöl so, wie die Franzo-sen ihren Wein testen: mit allenSinnen. „Ein Olivenöl guter Qualität aus-zuwählen, ist wie eine feine Flasche Weinauszusuchen – Aroma, Geschmack undAussehen müssen exzellent sein“, sagtder Landwirt im Hotelresort Costa Nava-rino im Süden der griechischen HalbinselPeloponnes.

Die Olivenernte ist in der Nähe von Ka-lamata in vollem Gang, die Stadt ist welt-bekannt für den Export der Steinfrucht.Hier will Griechenland seine Olivenin-dustrie aus dem Tal der Wirtschaftskriseherausführen. Hunderte Hektar Landsind bepflanzt, neue Mühlen gebaut wor-den. Die Hersteller investieren in schicke

Verpackungen und ins Marketing, um dasImage griechischen Öls auf Hochglanz zupolieren.

Einst größter Olivenölproduzent derAntike, hat Griechenland seinen Handelin den vergangenen Jahrzehnten fast aus-schließlich von den Exporten nach Italienabhängig gemacht. Das Land kauft 60 Pro-zent der jährlichen griechischen Oliven-ernte. Für die Italiener lohnt sich der Ein-kauf. Laut der UnternehmensberatungMcKinsey schlagen italienische Firmendie Hälfte auf den Preis für das Olivenölauf, das sie aus griechischen Oliven her-stellen und verkaufen.

„In den vergangenen fünf Jah-ren haben wir den Trend eines zu-nehmenden Olivenölexports be-obachtet – vor allem durch dieHersteller, die das Produkt jetztals ihr eigenes abfüllen und etiket-tieren“, so Grigoris Antoniadis,Präsident des Olivenölfirmenver-bands Esvite. Dabei sei Griechen-land das drittgrößte Herstellungs-land von Olivenöl – mit einemProduktionsvolumen von300000 Tonnen in einem gutenJahr. Sarantos Polyzois spricht we-niger von einem Trend als einer

Identitätskrise des griechischen Oliven-öls. Der Betreiber einer modernen Oli-venmühle im Dorf Kremmydia exportiertsein Öl „1000 Horia“ nach Deutschlandund Österreich. „Wir müssen ausländi-schen Verbrauchern erklären, warum essich lohnt, griechisches statt italienischesoder spanisches Öl zu wählen. Wir müs-sen deutlich machen, dass das Öl aus Kala-mata wegen der Geografie und des Klimaszu den weltbesten gehört.“

Der Verkauf griechischen Olivenölsstieg im vergangenen Jahr in Deutschlandum 24 Prozent, in China um 68 Prozent.Die Zahlen könnten dieses Jahr noch

übertroffen werden. „Griechenlandkannte die Kunst der Selbstvermarktungnicht. Seine Produkte sind großartig, abersie waren auf dem Weltmarkt völlig unbe-kannt“, sagt der Geschäftsmann PeterPoulus – „bis jetzt“.

Zusammen mit Marina Papatoni grün-dete er vor drei Jahren die Marke Navari-no Icons, nachdem ihnen „ein Bedürfnisnach hoher Qualität, schön verpacktengriechischen Lebensmitteln und Kultur-produkten“ auf dem internationalenMarkt aufgefallen war. Heute wird dashochwertige Olivenöl von Costa Navari-no rund um den Globus in Luxuslädenwie dem Londoner Kaufhaus Harrods ver-kauft. „Wir schauen aktiv nach der Expan-sion in Märkte, von denen wir wissen,dass die Kunden dort die Qualität griechi-scher Produkte schätzen“, sagt Poulus.

Viele Olivenbauern verzichten bei derErnte weiter auf Maschinen, pflücken dieFrucht mit der Hand. „Das beste Olivenölist das Extra-Virgin Öl, das einen Säurege-halt von weniger als 0,8 hat“, erklärt derVerbandspräsident Paraskevopoulus. Vie-le der mehr als 10000 Bäume von CostaNavarino der Sorte Koroneiki hätten so-gar ein Säurelevel von unter 0,3.

Christine Pirovolakis (dpa)

Billig telefonieren

Quelle: BZ/Sachs Stand 29.11.2013 BZ-Grafik

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FERNGESPRÄCHE Montag-FreitagZeit Anbieter Kennzahl Ct./Min.

ORTSGESPRÄCHE Montag-FreitagZeit Anbieter Kennzahl Ct./Min.

• In der Tabelle sind nur Anbieter berücksichtigt, deren Netzkapazitäten nicht ständig überlastet sind und deren Preisgestaltung einigermaßen transparent und verlässlich ist.

ZUM HANDY Montag-SonntagZeit Anbieter Kennzahl Ct./Min.

0-24

Da der Anrufer die Handyvorwahl nicht mehr dem Netz zuordnen kann, sind die Anbieter so gewählt, dass er im günstigsten Fall weniger, aber auf keinen Fall mehr bezahlt.

0-7

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0-7

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Tele2 01013Arcor 01070 tellmio 01038Star79 01079 Tele2 01013Arcor 01070

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0,470,57

1,381,84

0,470,57

0,370,41

0,490,81

0,890,97

0,490,97

0,410,49

2,022,19

Arcor

Indiens Regierung will Bauern wie diesen nahe Bangalore Getreide zu überhöhten Preisen abkaufen. Dieses Getrei-de soll dann verbilligt an die Armen abgegeben werden. Das missfällt nicht nur den Amerikanern. Derartige Eingrif-fe in den Agrarmarkt gelten seit langem als Hauptstreitpunkte bei Welthandelsrunden. F O T O : D P A

Olivenernte im Süden Griechenlands F O T O : D P A