COPD, Asthma und Raucher­entwöhnung

DOSSIER:

Every Breath You Take

Die Reiselust der Deutschen ist ungebro-chen. Davon profitieren auch die Kreuzfahrt-schiffe. 2017 verbrachten 26 Mio. Menschen ihren Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff, da-runter zwei Millionen aus Deutschland. Seit die Kreuzfahrtbranche weltweit boomt, sind auch medizinische Dienstleistungen sehr ge-fragt. So finden heute auch Notfallmediziner und Pflegekräfte an Bord einen Arbeitsplatz. Gesucht werden: qualifizierte, flexible und natürlich seetaugliche Teamplayer.

Gehen Sie an Bord!Aber verabschieden Sie sich zuvor von Film- und Fernsehklischees. Adrette Bord-ärzte in Uniform, die gemeinsam mit dem Kapitän zwischenmenschliche Nöte der Passagiere lösen, finden Sie hier nicht. Es herrschen professionelle Arbeitsbedin-gungen: Das American College of Emer-gency Physicians hat für Räumlichkeiten, Ausstattung und personelle Besetzung der Bordhospitals Richtlinien aufgestellt, die weltweit für Kreuzfahrtre-dereien gelten. Alle Räume müssen auch

bei schwerem Wetter stabil sein, vom Sprechzimmer bis zum Raum für die In-tensivversorgung. EKG, Spirometer, Rönt-genapparat, diverse Laborgeräte so-wie chirurgisches Instrumentarium und Gips-Equipment sind Pflicht. Für Notfälle und die intensivmedizinische Versorgung gehören unter anderem Defibrillator, Mo-nitoring, Beatmungsgerät und Perfusoren zur Ausstattung.

TEXT | DR. MED. JENS TÜLSNER

ILLUSTRATION | MIA GROTE

Als Pflegefachkraft auf einem Kreuzfahrtschiff

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»DIE ARBEIT AN BORD BIETET VIEL ABWECHSLUNG UND IST ZUGLEICH EINE GROSSE HERAUSFORDERUNG.«

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Gute Planung und Improvisation sind allesDie medizinische Arbeit an Bord ist be-sonders und anspruchsvoll. Was tun bei einem Patienten mit Schlaganfall oder intrazerebraler Blutung, wenn für die Dif-ferenzialdiagnose kein CT vorhanden ist? Was, wenn ein Laborgerät trotz Wartung einen Defekt anzeigt? Oder der Medika-mentenbestand rasch abnimmt, obwohl die Planung sorgfältig war? Hier müssen belastbare Entscheidungen her: ein ide-aler Arbeitsort für stresserprobte Mitar-beiter mit notfallmedizinischen und/oder intensivmedizinischen Kenntnissen und Erfahrungen. Mal müssen nur zwei und mal 50 Patienten am Tag versorgt wer-den. Auch Organisations- und Improvi-sationstalente können hier ihre Wirkung entfalten.

Den eigenen Horizont erweiternAls Arzt oder Pflegefachkraft in einem multiprofessionellen, internationalen Team auf einem Kreuzfahrtschiff zu ar-beiten ist eine tolle Chance, einzigartige, unvergessliche Erfahrungen und Erinne-rungen zu sammeln. Vom ersten Tag an Bord kann jeder medizinische Mitarbeiter seine persönlichen und beruflichen Fä-higkeiten und Kenntnisse einbringen und dabei eine neue Welt erleben. Was die Ar-beit an Bord so reizvoll macht? Sie bietet viel Abwechslung und ist zugleich eine große Herausforderung: Sehnsuchts-Or-te kennenlernen, Menschen aus anderen Kulturen nahe sein und täglich im Team unter besonderen Bedingungen medizi-nische Arbeit leisten.

Lust bekommen?Für erfahrene Pflegekräfte, die sich für die Arbeit auf See wappnen möchten, bietet die ZAB GmbH in Gütersloh in Zu-sammenarbeit mit Marine Medical Solu-tions ab sofort die Fortbildung „Nurse at Sea“ an.

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bgesehen von Seetauglich-keit und einer gewissen Fas-

zination für die See, welches (ggf. maritime) Wissen, welche Fähig-keiten und vor allem auch persön-liche Eigenschaften müssen Pfle-gefachkräfte mitbringen, um für das Fortbildungsprogramm „Nur-se at Sea“ ein passender Kandidat zu sein? Breit gefächerte Neugier und Spaß, sich auf etwas Neues einzu-lassen, sollte jeder Interessierte im Gepäck haben. Die Fortbildung richtet sich an examinierte Kran-kenpflegekräfte, die zwar gerne weiter in ihrem Beruf arbeiten und ihr Fachwissen und Erfah-rung einsetzen, dabei aber auch den eigenen – persönlichen wie beruflichen – Horizont erweitern möchten, um andere Facetten medizinischer und pflegerischer Fähigkeiten zu erlernen. Das Wis-sen um die Besonderheiten der maritimen Medizin vermittelt der Kurs „Nurse at Sea“.

Was für Einsätze erwarten die Pflegekräfte auf See? Stellen Sie sich einen 5000-See-len-Ort vor – und Sie sind als Medical Team Rettungsdienst, Notaufnahme, Hausarztpraxis, stationäre Krankenpflege und In-tensivstation in einem. Die Krank-heitsbilder, die an Bord medizi-nisch versorgt werden, zeigen das ganze Spektrum, das auch an Land vorkommt – der Unterschied dabei ist die Ressource „Personal“. Die Möglichkeit, bei hohen Ar-beitsaufkommen oder bei einem lebensbedrohenden Notfall Hilfe zu holen, ist begrenzt. Ob Masern, Schnupfen, Frakturen bei Sport-verletzungen, ein Myokardinfarkt oder ein Fingerschnitt beim Koch – auf alles vorbereitet zu sein, ist eine gute Einstellung. Und so be-handelt man auch Krankheitsbil-der, die bisher nicht zum vertrau-ten Spektrum gehörten – oder haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie Sie am besten 45 Seeigelstachel aus der Ferse eines Patienten entfernen?

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Ramona Herrfurth ist exa-minierte Krankenschwes-ter und hat selbst einige Jahre auf schaukelnder See Patienten behandelt. Sie weiß daher genau, worauf es bei der Arbeit auf Kreuzfahrtschiffen ankommt und was Pflege-fachpersonen hier alles erwartet. Wir haben mit ihr über ihre Erfahrun-gen und das neue Fortbil-dungsprogramm „Nurse at Sea“ gesprochen.

„Nurse at Sea“Arbeiten und Leben an Bord

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Wie genau unterscheidet sich die Arbeit im Pflegebereich auf See von der klassischen stationären/ ambulanten Pflege an Land? An Land ist heute eine Spezialisie-rung üblich und notwendig. Dass Sie als Pflegekraft Kinder, Senio-ren, internistische Krankheitsbil-der behandeln sowie auch Fraktur-versorgungen übernehmen, ist im Gegensatz zur Bordtätigkeit eher selten der Fall. Die „klassische Pflege“ mit Pflegeplanung findet im Schiffshospital so nicht statt,

dafür liegt der Schwerpunkt auf der notfallmedizinischen Betreu-ung. Aber natürlich werden auch an Bord Patienten manchmal über mehrere Tage stationär betreut, und das findet auf demselben ho-hen Niveau und mit derselben notwendigen Dokumentations-pflicht statt, wie man es in einem Krankenhaus an Land erwartet. Bei mehrtägiger stationärer Be-treuung kann dies für ein vier-köpfiges Team auch mal fordernd werden. Der Medikamenten- und Materialbestand muss fortlaufend im Auge behalten werden und bei erhöhtem Verbrauch umgehend gehandelt werden – die Lieferun-gen kommen hier nicht im Zwei-tagesrhythmus aus der Apotheke – sondern alle 2-4 Wochen mit der Großlieferung.

Wie kann ich mich persönlich als Pflegefachperson auf meinen Ein-satz auf einer Kreuzfahrt vorbe-reiten? Haben Sie ein paar Tipps?Fachlich ist jedes Wissen, das ich mitbringe, wertvoll. Auch wenn nicht jeden Tag lebensbedroh-liche medizinische Notfälle be-handelt werden müssen, ist die Erfahrung in dem Bereich eine wichtige Voraussetzung. Als chi-rurgische Fachkraft könnte ich – sofern möglich – noch in der in-ternen Ambulanz vorbeischauen und meine Kenntnisse auffrischen, wie ein 12-Kanal-EKG geschrie-ben wird. Als internistischer Profi hole ich mir noch mal ein Update im Verbandszimmer oder Gips-raum. Und auf persönlicher Ebe-ne ist es hilfreich, sich nicht ver-rückt zu machen vor dem „großen

Abenteuer“. Die Kollegen an Bord – die alten Hasen – weisen „die Neuen“ immer liebevoll und ge-duldig ein – aber alles, was ich be-reits mitbringe, lässt mir Raum für die schiffsspezifischen Aufgaben, die ich erst an Bord lernen kann. Und genau dafür wurde der Kurs „Nurse at Sea“ entwickelt: um die Spanne der Einarbeitung an Bord zu verkürzen. Je eher ich meine neuen Aufgaben beherrsche, des-to eher kann ich meine Freizeit an Bord und auch beim Landgang genießen.

Wie lange sind die Einsätze auf Kreuzfahrten im Durchschnitt und wie lange können die Einsätze maximal sein?Das hängt von der jeweiligen Ree-derei ab, zwischen drei und sechs

Räumlichkeiten, Ausstattung sowie personelle Besetzung der Bordhospitals unterliegen bes­timmten Richtlinien, die welt­weit für Kreuzfahrt­ reedereien

gelten.

Für jeden Notfall gewappnet: EKG, Spirometer, Röntgen­ap­

parat, diverse Laborgeräte sowie chirurgisches Instrumen­

tarium, Gips­Equipment, De­fibrillator u. v. m. sind Pflicht an

Bord.

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Monaten sind die Einsätze norma-lerweise – durchschnittlich etwa 4 Monate, wenn man einen Festver-trag unterschrieben hat. Danach folgt normalerweise ein mehrwö-chiger Urlaub zu Hause oder wo auch immer man seine freie Zeit dann verbringen möchte.

Wie sind die Teams auf den Kreuz-fahrten zusammengestellt und wie zeichnet sich die Zusammen-arbeit aus? Der Großteil der Reedereien be-schäftigt zwei Ärzte und je nach Schiffsgröße zwei bis vier Kran-kenschwestern, manche Cruise Lines haben zusätzlich Medizini-sche Fachangestellte oder Not-fallsanitäter im Team. Als Pflege-

kraft arbeitet man mit einem Arzt als Team zusammen. Die Aufga-benverteilung ist sehr vergleich-bar mit denen in einem deutschen Krankenhaus, und das gibt schon der rechtliche Rahmen vor. Aber bei einem so kleinen Team muss das alles Hand in Hand gehen. Ein Grundverständnis für die be-stehende Hierarchie – Sie werden sehen, wie viele Gäste auf Ihre Schultern schauen und die Strei-fen abzählen – ist hier hilfreich, und jeder kann seine Stärken be-sonders gut einsetzen.

Was für besondere Momente dür-fen Pflegefachpersonen bei ih-ren Einsätzen auf Kreuzfahrten erwarten?

Auf der professionellen Ebene er-weitert man, wie bereits erwähnt, seine Kenntnisse und Fähigkeiten um ein breites Spektrum, eben-so festigen sich die englischen Sprachkenntnisse. Kulturelle Kompetenz wird nicht nur eine Phrase im Lebenslauf, sondern be-ruht auf der Erfahrung, mit Men-schen aus 40 und mehr Nationen, zusammengelebt und gearbeitet zu haben. Auf der persönlichen Ebene erhält man aber die beiden schönsten Geschenke: Durch die enge Zusammenarbeit und Leben auf eingeschränktem Raum bilden sich hier schnell Freundschaften – von denen manche lebenslang erhalten bleiben. Ich bin noch immer eng mit der Ärztin meines ersten Bordeinsatzes befreun-det – seit über 10 Jahren. Die an Bord verbrachte Zeit mit diesen besonderen Momenten – ein Blick auf den Horizont bei Sonnenun-tergang, ein Schwatz mit den Kol-legen beim Feierabenddrink auf dem Crew Deck – erlebt fast jeder sehr intensiv. Und natürlich erhält man die Chance, viele Ecken die-ser Welt beim Landgang zu entde-cken und immer wieder für einige Stunden das Fernweh zu stillen.

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Alle Räume müssen auch bei schwerem

Wetter stabil sein, vom Sprechzimmer bis zum

Raum für die Inten­siv­versorgung.

Die examinierte Kranken­schwester mit Schwerpunkt in der Anästhesie und Not­auf nahme hat selbst vier Jahre lang an Bord von Kreuz­fahrtschiffen gearbeitet. Mit der Arbeit und dem Leben an Bord beschäftigte sie sich aber auch an Land weiter und war für die Costa Group als Senior Medical Manager tätig. Heute lebt sie in Hamburg und un­terstützt „Nurse at Sea“ u. a. als Dozentin.

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