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8z sClI DIE >BLAUE REIHE< HEFT NR. 17 Die Bräder Yom FZAS Eiu Streifzug durcå die Gesdriúte des Freimaurerbu4des Zur Àufgehenden Sonne von. JOTIANIT..{# DßECHS¿ER BAUHÜTTEN

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8z sClI

DIE>BLAUEREIHE<

HEFTNR. 17

Die Bräder Yom FZASEiu Streifzug durcå die Gesdriútedes Freimaurerbu4des Zur Àufgehenden Sonne

von.

JOTIANIT..{# DßECHS¿ER

BAUHÜTTEN

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Die Brüder vom FZÀS

von

Johant'tes Drecåsler

Depcsitum Stadtbibiiûtlìek

VÅ01,1¡'lA 8t. Gaiien

BAUHÜTTEN VERLÀG GMBH, HÀMBURG

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1971

Bauhùttea Verlag GmbH, Hamburg 70

Dru*.: Ludwig Appel & Sohn, Hamburg

Tlm Gründungsiahr des ,,Freimaurerbundes Zur Atf.-gehenden Sonne", im Jahre 1907, wurde die Freimau-rerei in Deutsdrland durdr folgende acht Großlogenreprâsentiert:

die Große Loge von Hamburg (1737)

die große Landesloge von Sadrsen (1738)

die Große Nationale Mutterloge ,,Zu den dreiWeltkugeln" (17+O)

die Große Landesloge der Freimaurer vonDeutsdl-land (1770)

die Große Mutterloge des eklektisdren Freimaurer-bundes in Frankfurt a. M. (1783)

die Große Loge von Preußen, genannt ,,ZtrrFreundsdraft" (früher Royal York) 1798

die Große Loge ,,Zar Sonne" in Bayreuth (1829)

die Große Freimaurerloge ,,Zur Eintradrt" inDarmstadt (184ó).

An dem Vorhandensein dieser acht Großlogen ersehen

wir, daß es damals keine einheitliche deutsche Frei-maurerei gegeben hat.

Alle acht Großlogen hatten zwar als geistiges Funda-ment ihrer Arbeiten das Konstitutionsbuch James An-dersons, ,,Die Alten Pflidrten" anerkannt, untersdriedensic.:h aber dennoch wesentlidl in ihren Verfassungenund Ritualen. Diese Unterschiede sind in erster Liniezurückzuführen auf die versdriedene Auslegung derHauptstü&e I und II der ,,Alten Pflidrten".

Es muß sdron sehr früh zu unterschiedlidren Ausle-gungen gekommen sein, denn der erst€n Fassung der

,,Alten Pflidrten" vor- 1723 folgte bereits 1738 eine

neue in erweiterter und detaillierter Form. Grundlage

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der Freimaurerei aber blieb das Konstitutionsbuch inseiner Fassung von L723.

Die Auslegung seiner Hauptteile I und II wurde derAnlaß zu Streit und Konflikten, die erst ihr Endefanden, als die Großlogen sich nach dem zweiren Welt-krieg zu gemeinsamer Arbeit zusammenschlossen.

Es war vor allem die im Abschnitt I ,,Gotr und dieReligion betreffend" niedergelegte Formulierung,,, denMaurer allein zu der Religion zu verpflichten, in deralle Menschen übereinstimmen", die eine immerwäh-rende untersdriedlidre Auslegung hervorrief. DieserStreit führte z,ur Bildung der beiden Hauptridrtungeninnerhalb der deutschen Freimaurerei: die christlicheund die humanitäre.

Die christliche Richtung der Freimaurerei vertritt dieAnsicht, daß Anderson in seinen ,,Alten pflidrten,, nurdie versdriedenen Formen der drristlidren Religiongemeint haben kann und begründet ihre Meinung da-mit, daß Anderson ein strenggläubiger presbyteria-nisdrer Geistlidrer gewesen sei. Sie macht d,as Chri-stentum zur Vorbedingung für die Aufnahme. DerAufzunehmende wurde auf die Bibel als die göttlicJreOffenbarung vereidigt. Der Glaube an den persön-lichen Gott der Bibel und an die Auferstehung derSeele waren unerläßlidre Voraussetzungen. Die huma-nitären Logen hingegen legten ,,Die Alten pflidrten,.dahin aus, daß die von Anderson geforderte religiöseToleranz sidr auf alle Glaubensbekenntnisse beziehensoll, also ,audr auf die nichtchristlidren. Zwar legtenauch sie die Bibel auf ihren Altar, aber diese war fürsie das Symbol des Glaubens an eine göttlidre Welt-ordnung, nidrt das Zeidten einer dogmatischen Bin-dung an eine bestimmte Konfession.

Als im Jahre 1877 der Grand Orient de France durdreinen Besdrluß den Glauben an Gott nidrt mehr zu¡

Pflidrt machte und in seinen Satzungen den GroßenBaumeister aller'Welten strich, gab er dem Artikel 1

seiner Verfassung folgenden'Wortlaut:

,,Die Freimaurerei, eine vor allem philantropisdre,philosophisdre und fortschrittliche Institution, hatzu ihrem Zwed<'das Sudren nach 'Wahrheit, das

Studium der allgemeinen Moralitât, der Kunst und'Wissensdraft und die Ausübung der'Wohltätigkeit.Sie hat zu Grundsätzen die unbedingte Gewissens-freiheit und die mensdrlidre Solidarität, sie schließtniemanden um seines Glaubens willen aus, sie hatals'Wahlspruch: Freiheit, Gleichheit, Brüderlich-keit."

Diese¡ Beschluß löste in Deutsdrland heftige Reaktionaus. Und schon auf seinem nächsten Großlogentag1878 in Harnburg gab der ,,Dzutsc"he Großlogenbund"nadrstehende Grundsatzerklärung ab:,,Der Freimau-rerbund fordert von seinen Mitgliedern kein dogma-tisch bestimmtes Gottesbekenntnis, und die Aufnahmeder einzelnen Bräder wird nidrt abhängig gemachtvon einem religiösen Bekenntnis. Aber die freimaure-risdren Symbole und die freimaurerisdren Ideale wei-sen ausdrüd<lidr auf Gott hin und wären ohne Gottunverständlich und unsinnig. Die Prinzipien und dieGeschichte der Freimaurerei lehren und bezeugenGott. Die Freimaurer verehren Gott im Bilde des

Großen Batrmeisters des Weltalls. Das dem Freimau-rer heilige Sittengesetz hat seine tiefste und stärkste'Wurzel in Gott.'Würde die Freimaurerei abgelöst vonder Gottesidee, so würde ihr ideales Bestreben über-haupt seine nachhaltige Kraft und sein höchstes Zielverlieren und wü¡de haltlos und ohnmächtig werden.Der Deutsdre Großlogentag spridrt daher im Namendes Deutschen Freimaurerbundes die Überzeugungaus, daß die Freimaurerloge, welche die Existenz Got-

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tes bestreiten und verleugnen wollte, nidrt,als geredrteund vollkommene Loge anzusehen sei, und daß eineatheistische Freimaurerei aufgehört hat, eine Freimau-rerei zu sein,"

Aber nicht nur der Hauptabschnitt f, auch der Haupt-abschnitt II der ,,Alten Pflichten", der ,,von der bür-gerlidren Obrigkeig der hödtsten und unrergeordne-ten" handelt, hat viele Debatten ausgelöst. Hier wares die Formulierung ,,ein Maurer ist ein friedfertigerIJntertan der bürgerlic.rhen Gewalt" und ,,sollte einBruder ein Empörer gegen den Staat sein, so ist er inseiner Empörung nicht zu bestärken". Die Frage, wieweit ein Maurer ein friedfertiger lJntertan zu seinhabe, und was unter einem Empörer zu verstehen sei,hat viele Köpfe erhitzt.Für viele galt zwar der Satz Fichtes: ,,Vaterlandsliebeist des Maurers Tät, Weltbürgertum sein Gedanke".Aber leider hatte der Gedanke des 'Weltbürgerrums

in denlogen, die sich inVerfassung und Lehrart ihremLandesherren verpflidrtet sahen, keinen Eingang ge-funden. Bei ihnen, die nodr Fürsten,Könige undKaiserzu ihren Mitgliedern und Protektoren zählten, rilarnoch von IJntertanentreue, von Ehrfu¡drt und Er-gebenheit dem Landesherren gegenüber die Rede. Aussolchem Geiste devotesrerlJnterwürfigkeit ist audr dieHuldigungsadresse zu versrehen, weldre die Großlogevon Hamburg Kaiser Wilhelm f. zu seinem 90. Ge-burtstag überreidren ließ und die folgenden 'Wortlaut

hatte:

,,Allerdurchlaudrtigster, Großmädrtiger Kaiser !

Hodrwürdigster Protektor!Ew. Kaiserlidre Majestät wollen huldreidrst geruhen,an dem heutigen Tage, an weldrem das ganze deutsdreVolk in dankbarer Verehrung auf seinen Kaiser blickt,audr die Glü&- und Segenswtinsdre des deutschen

Großlogenbundes entgegen zu nehmen.'Was an Ruhmund Madrt, an Größe und Herrlichkeit einem Sterb-lidren verliehen werden kann, ist Ew. Majestät zuTheil geworden. Aber nicåt de¡ Kaiserliche Glanzzieht heute das Volk zu demThrone seines Herrschers,das Volk betet heute für seinen Vater und dankt Ihmin kindlidrer Liebe für die Güte und Milde, fär dieTleue und das'Wohlwollen, für alle Sorge und Huld,welcåes es von Ihm erfahren hat. Das Reicl, welchesEw.Majestät geschafien haben, wurzelt in den Herzenaller Untertanen, ,es wird groß und mächtig bleiben,wie die Liebe des Volkes zu seinem Kaiser unvergäng-lich ist.

Der g.B.a.'W. segne und erhalte Ew. Majestät nodrviele Jahre in der geistigen Frische und der körper-lichen Rüstigkeit, auf welche die ganze Welt mit Be-wunderung sieht, zum Heile unseres fheuren Vate¡-landes."

An diesem Stil hat sich audr bis zum ersten'Weltkriegnichts geändert. Als Beweis dafür die einmütig be-schlossene Erklärung des Deutschen Großlogentagesvom 29.Mai 1915 an den damaligenKaiserWilhelm II.

,,Eure Majestät bitten ehrfurdrtsvoll im Namen derDeutschen Frmrei die zum vierzigsten DeutsdrenGroßlogentag versammelten Grmstr. und Vert¡eterder adrt Deutsdren Großlogen, die Versicherung ihrerunverbrüdrlichen teue, Liebe und Verehrung aller-gnädigst entgegennehmen zu wollen. Tieu den altenGesetzen der Frmr., welchen deren Versammlungendie Erörterung politischer und konfessioneller Fragenverbieten, weisen wir weit von uns jede Gemeinsdraftmit jenen entarteten Geheimbünden gewisser Länder,weldre, den altehrwürdigen Namen der Frmr. miß-braudrend, unter dessen Ded<mantel politischen Ein-fluß erstreben. In diesem'Weltkriege, mit dem räube-

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risdre Nadrbarn uns überfielen, verehren die Deut-schen Frmr. mit tiefstem Danke in Eu¡er Majestät denweitblid<enden, sieggek¡önten Herrsdrer und Vertei-diger des Vaterlandes, aber zugleidr den gomgewolltenFührer zur Erhöhung der Wtirde und des Wohles dergesitteten Menschheit und zur'Wahrung ihrer heilig-sten Güter. Gott schütze, Gott segne Eure Majestät!'.

Aus Stil und Inhalt dieser Adressen weht wahrlidrkein Haudr Lessingsdren Geistes. Hier hat in der Tätder Patriotismus aufgehört, eine Tugend zu sein.

Derartige devote und sdrwulstige Huldigungsadressensind unseren Ohren nicht mehr ertrâglich, ja, sie sindkaum noch verständlich. Wir können sie nur noch alshistorische Dokumente werten, die den Geist der Zeitwiderspiegeln, in der sie entstanden sind, und von demman sidr, wenn audr nur langsam, zu trennen begann.

Solcåem Geist, der als eine Folge der klerikalen undnationalistischen Auslegung der Hauptabschnitte I undII der,,Alten Pflidrten" anzusehen ist, wollten die nachReform drängenden Brüder du¡dt Gründung einerneuen, freiheitlich gesinnten, fortschrittlichen, auf demBoden wissenschaftlicher Erkenntnisse arbeitendenGroßloge begegnen. Sie strebten eine außerhalb desDeutsdren Großlogenbundes stehende unabhängige,freigeistige Großloge an, in der auch NichtchristenAufnahme finden sollten. Seine Mitglieder sollten ankein religiöses Bekennrnis gebunden sein.

Damit stand also audr Atheisten der Zugang ofren.

So kam es 1907 zur Gründung des ,,FreirnaurerbundesZar Aafgehenden Sonne", karzFZAS genannt.

Sein Begründer war der Nürnberger Kaufmann Hein-rich Loeberich, ein Mann von hohen geistigen Gaben,der große organisarorische Tälente besaß und übereine außerordendiche Wîllenskraft verfügte. E¡ war

die treibende Kraft,'die zur Gründung des neuen Bun-des führte.

Das maure¡isdre Lidrt erblickte er 1899 in der Mün-chener Loge ,,Zat Leuchte", die unter der ,,GroßenFreimaurerloge von Deutscåland" arbeitete, und derer sedrs Jahre bis 1905 angehörre. Er verließ Logeund Bund, weil sie ihm zu sehr an Gott und Bibel ge-bunden waren, und, festgelegt in alten und. veraltetenTraditionen einem starren Bibelglauben huldigten. Ersehnte sidr nadr einerGroßloge, frei vomBibelglaubenund frommen Sprüdren, begründet auf freier monisti-scher Weltanschauung.

Der Grundgedanke der Freimaurerei war für ihn:,,Die Mensdren aus den engen Fesseln der dogmati-sdren und konfessionellen'Weltanschauung herauszu-heben und sie auf denBoden des reinenMenschentumszu stellen."

In der von ihm herausgegebenen monistisdren Zeit-sdrrift ,,Freie Glod<en" veröfientlichte er 1905 unterseinem Pseudonym Dr. Eri& Hein einen Aufsatz,,Einiges über Freimaurerei". Diesem Aufsatz folgtenBrosdrüren mit demTitel: ,,Die Freimaurerei imlichteder'Wahrheit" und ,,Streber nach Licht, ihr Blinden!*.Diese Schriften haben damals in den Reihen der Frei-maurer großes Aufsehen gemadrt und viel Unruhehervorgerufen. Sie stießen auf heftigste Kritik. Im-merhin hamen die Veröfientlichungen Erfolg und esfanden sich eine Anzahl Gleichgesinîter zv einer er-sten Besprechung zusartmen, die im Jahre 1905 inNürnberg stattfand. Nadr einem von Loeberic.h vor-gelegten Satzungsentwurf wurde die ,,Deutsche Frei_denkerloge" gegründet. Damit war die Grundlage zurGründung eines,,Allgemeinen Freimaurerbundes aufmonistisdrer'Weltanschauung,,, wie es Loeberich vor_schwebte, geschafien.

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Nun galt es, dem Bunde neue Mitglieder zuzuführenund durdr'Werbung fü¡ seine Ausbreitung zu sorgen.Das geschah in erster Linie durch Aufsätze und In-serate in der Zeitsdrrift ,,Freie Glocken". Diese Be-mühungen blieben nicht ohne Erfolg. 'Wlährend

sichbeim ersten Tiefien im Jahre 1905 nur 19 fnteressen-ten zusammenfanden, waren es auf der zum 27. l:uli1907 nac.:h F¡ankfurt a. M. einberufenen Generalver-sammlung schon 127 Teilnehmer. Nach einem vonLoeberich entworfenen Ritual fand hier die feierlidreEinführung aller Mitglieder in den I. Grad statt.

Auf Antrag des Bruders Jacobi wurde der Name derLoge in ,,Freimauredoge Zur Aufgehenden Sonne"geändert, eine von Bruder Rothe neu ausgearbeiteteSatzung wurde angenommen und die Eintragung desBundes in das Närnberger Vereinsregister als ,,Frei-maurerbund Zar Aaf gehenden Sonne" beschlossen.

Damit war der FZI.:S konstitutiert.

Es besteht kein Zweifel darüber, daß der,,Freimaurer-band Zar Aufgehenden Sonne" nach Auffassung deralten Logen, \ry'enn idr die Logen, die ihm bei seinerGründung gegenüberstanden, so nennen darf, wedereine anerkannte, noch eine reguläre Großloge war.Mitder Streidrung des A.B.a.'W. in seinemRitual, mit demVerzidrt der Bibel und der Auflegung des weißen ofie-nen Bucfres, mit der Bereitschaft, auch Atheisten inseine Reihen aufzunehmen, hatten seine Gründer ge-gen die Grundsatzerklärung des ,,Deutsdren Groß-logenbundes" aus dem Jahre 1878 verstoßen. In die-ser Erklärung, die idr bereits in ihrem vollen Wortlautzitiert habe, war bestimmt worden, daß eine atheisti-sche Freimaurerei, d. h. also eine Freimaurerei, diekeinen Bezag auf den persönlichen Gott der Bibel hat,keine Freimaurerei sei. über diese Bestimmung deralten Logen, die sidr selbst das Recht gaben, zu ent-

sdreiden, wer Freimaurer und was Freimaurerei sei,

hatten sich die Gründer der FZAS hinweggesetzt.

Hinweggesetzt hatten sie sich aber auch über denPunkt VIII der ,,General Regulations", der allgemei-nen freimaurerisdren Bestimmungen, zusammeîge-stellt vom Großmeister Payne im Jahre 1720, die aucfrheute noch ihre Gültigkeit haben. Im Punkt VIII die-ser ,,General Regulations" oder allgemeinen Ano¡d-nungen, wie sie in der vom Bauhütten Verlag heraus-gegebenen und neu übersetzten Ausgabe von 1966genannt werden, heißt es: ,,Sollte es eine Gruppe oderA,nzahl von Brüdern unternehmen, eine Loge ohne einPatent des Großmeisters zu gründen, so dürfen dieregulären Logen keinen Verkehr mit ihnen aufnehmen,sie auch nidrt als edtte redrtmäßige Brüder anerken-nen, noch ihre Handlungen undTaten billigen. Sie sindsolange als Aufrührer anzusehen, bis sie sidr wieder,der Ordnung fügen, wie es der Großmeister in seiner'Weisheit angeben wird, und bis er sie durdr ein Patentanerkannt hat, das den anderen Logen mitgeteilt wer-den muß, wie es der Brauc.h ist, wenn eine neue Logeim Logenverzeichnis eingetragen werden soll."

IInter diesem ,,Geburtsfehler", wie man das immergern genannt hat, hatte der FZAS in der Tät währendseines ganzen Bestehens zu leiden, und viele Mitglie-derverluste sind auf fün zurüd<zuführen.

Die Gründer jedodr setzten sidr über alle Bedenkenhinweg und taten das sicherlidr bewußt. Sie anerkann-ten den alten Logen kein Richteramt darüb er zr\ z1r

bestimmen, was redrtmäßig sei oder nidrt. Die Echt-heit ihres Ringes wollten sie durch maure¡ische Lei-stnngen erbringen. Die Bezeidrnung Freimaurerbundkonnte man fünen nicht streitig machen, denn dieses'Wort war nidrt geschützt. So arbeiteten sie auch nacåeinem neuen F¡eimaurerritual. Ursprünglich sollte nur

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im- ersten Grad gearbeitet werden. Davon kam manjedoch sdrnell ab und scåon 190g wurde dem I. Gradder 2. und 3. hinzugefügt.Die Auseinandersetzungen über Anerkennung und Re_gularität zwisdren dem FZAS und den alten Groß_logen wurden von beiden Seiten sehr einseitig geführt.Der FZAS versuchte auf vielerlei'Wegen, seinen ,,Ge_burtsfehler" wieder gut zlJ machen. Es waren Be_mühungen, die sich durch alle Jahre seines Bestehenshindurch erstreckten, aber doch nicht zu dem ersehn_ten Ziel führten. Icå will auf diese Gesdridrte, dieich von 1923 ab miterlebte, nicht näher eingehen. Siestellt auch kein Ruhmesblatt in der Geschichte derdeutsdren Freimaurerei dar. Sie ist zur Hauptsache ge_kennzeidrnet durch Mangel an Toleranz atlf beidenSeiten.

Daß man den neuen Bund als eine irreguläre Grün_dung bezeichnere und ihn auf Grund dà punktes gder ,,General Regulations,, nicht anerkennen wollte,das mußte er hinnehmen. 'Weniger

schön war es, ihnals ,,'Winkelloge,, zu bezeichn*. D"rio lag eine Dis_kriminierung, welc.:he die Brüder mit Recht als Krän_kung, ja als eine Beleidigung empfanden. Eine solcheAbwertung, wie sie in dieser Bezeichnung zum Aus_druck kam, hatte der Bund auf Grund seiner Arbeitund Wirkung und der Zusammensetzung seiner Bru_derschaft nicht verdient. Es sranden in sãio.n Refüenviele Brüdeq deren Namen im öfientlictren LebenRang und Klang harten. Icå darf hier nur an den Dep.u. Ehrengroßmeister Br. (Geheimrar prof. Dr.) \An_helm Osrwald, Nobeþreisträger für Chemie dés Jah_res 1909, erinnern. Auch CarI von Ossietzþ und KurtTudrolsky gehörten dem Freimaurerbund ,,Zur Arrf_gehenden Sonne* an. Ich halte es für eine pflicht, die_ser beiden Brüder, die für die Friedensidee in den Todgingen, hier kurz zu gedenken.

CørI oon Ossietzky, am 3. Oktober 1889 in Hamburggeboren, war Bruder der Hamburger Loge,,Mensdren-tum", der er im April 1919 beigetreten war. Brudervon Ossietzky war Journalist und Schriftsteller, er warMitherausgeber und späterer Chefredakteur der un-abhängigen Wodrenschrift für Politik,Kunst und Wis-sensdraft ,,Die Weltbühne". Er war ein unersdrrocke-ner Kämpfer für Frieden und Freiheit.Wegen der unter seiner verantwortlichen Redaktionveröffentlichten Arrikel, die der Aufdeckung der ge-heimen Aufrüstung der'Wehrmacht galten (,,Windi-ges aus der Luftfahrt",März 1929, Autor Walter Krei-ser), wurde er im Herbst 1931 vom Reichsgerichtwegen Verr,ars militärisdrer Geheimnisse angeklagtund zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis ver-urteilt. Das rief helle Empörung in der ganzen zivili-sierten Welt hervor. Thomas Mann schrieb dazu:,,Dieses Urteil war kein Rechtssprudt, sondern einpolitischer Akt." Am 10. Mai 1932 trat Bruder vonOssietzky seine Strafe an und wurde am 23, Dezemberamnestiert. Aber schon im Morgengrauen des 2g.Februar 1933, in der Nadrt des Reidrstagsbrandes,wurde er von den Nationalsozialisten erneut verhaftetund in die Konzentrationslager Sonnenburg undPapenburg gebracht. Die Nachridrten, die über seinenGesundheitszustand nur schwer nacÍr außen drangen,'waren beunruhigend, ja alarmierend. Sie ließen kei-nen Zweif el darüber za, daß Bruder Ossietzky Folte-rungen ausgesetzt war. Alle Versudre internationalerhumanitärer und pazifistisdrer Organisationen, seineÌJberführung in ein reguläres Krankenhaus zu er-reichen, blieben erfolglos. Erst im Oktober 1935 ver-schaffte sidr der Schweizer Historiker und DiplomatCarl Jacob Burd<hardt, als Mitglied und im Auftragedes fnternationalen Komitees des Roten Kreazes, Zu_gaîg zlt dem Lager und verlangte Herrn Ossieøþ zu

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sehen und ohne Zeagen zu sprechen. Er sdrreibt überseinen Besuch: ,,Nadr zehn Minuten kamen zwei SS-Leute, die einen kleinen Mann mehr sdrleppten undtrugen als heranführten.

Ein zitterndes, totenblasses Etwas, ein'Wesen, das ge-fühllos zu seinsdrien, ein Auge geschwollen, dieZähneanscheinend eingesc.hlagen, er sdtleppte ein gebroche-nes, schlecht ausgeheiltes Bein. Vor mir, gerade nochlebend, stand ein Mensch, der an der äußersten Grenzedes Tragbaren angelangt war."AIs Bruder Ossietzþ im Jahre 1936 den Friedens-nobelpreis für 1935 erhielt, wurde ihm nicht erlaubr,diesen Preis anzunehmen, und die nationalsozialistisdreRegierung verbot daraufhin allen Reic.rhsdeutschen dieAnnahme eines Nobelpreises.

Die immer wiederholten und besonders nacih der Ver-leihung des Friedensnobelpreises srärker we¡dendenInterventionen internationaler Organisationen undnamhafter Politiker, Gelehrter und Künstler, zwangendie nationalsozialistisdre Regierung, Bruder Ossietzþin ein Krankenhaus zu überführen. Von dort wurdeer am 17. Mai 1936 in ein Privatsanarorium entlassen,wo €r noch anderthalb Jahre lebte. Am 4. Mai 1938 istBruder Ossietzþ dann an den Folgør seiner Miß-handlungen gestorben.

Aus Anlaß seines Todes sdr¡ieb Thomas Mann: ,,DieNachridrt vom Tode Ossietzkys hat auch midr tiefberührt und das Gefühl der Ehrerbierung vertieft undftir immer befestigt, das sein Sdridrsal mir einflößte.Seine Person ist in den Augen der Welt zu einemSymbol für das Leiden des freien und freiwilligen Gei-stes geworden - mit Recht, denn er hat gelitten fürdas, was ihm gut und menscålidr ersdrien."

Kurt Tucbolsky, am 9. Januar 1890 in Berlin geboren,gehörte einer unserer Berliner Logen an. Audr er war

politischer Journalist und Sdrriftsteller und im Jahre1926 fur kurze Zeit Herausgeber der 'Weltbühne. AlsKorrespondent der Vossisdren Zeitang und durdr dieHerausgabe seiner eigenen Bücher, die sehr hohe Auf-lagen erlebten, war er weiten Kreisen bekannt. Er warder Autor mit den ,,5 PS". Außer unter eigenemNamen schrieb er noch unter den Pseudonymen:Theobald Tïg.t, Ignaz 'Wrobel, Peter Panter undKaspar Hauser.Bruder Tücholsky war ein Meister der Feder und einStilist hohen Ranges. Er war ein Satiriker und Kriti-ker, der mit messerscharfen 'Worten und ungeheurerTheffsicherheit die'Wunden der Zeit bloßzulegen ver-stand. Gleidr unserem Brude¡ Carl von Ossietzþ waraudr er ein leidensdraftlicher Kämpfer für Frieden undFreiheit, für Wahrheit und Menschlichkeit. BruderTucholsky war'der erste deutsche Journalist, dem derdamalige französische Ministerpräsident Poincaré nadrdem ersten Weltkrieg, es muß Mitte der zwanzigerJahre gewesen sein, ein Interview gewährte. Seine

Rüd<reise von Paris nach Berlin nahm BruderTücholsky über Hamburg und berichtete hier in einerTempelarbeit der Loge ,,Menschentum" vor BrüderMeistern und Gesellen über die Eindrüd<e seines Be-suches bei Poincaré. Deutlich sehe idr Bruder Tu-drolsky noch vor mir. Erwar von mittlerer Statur undein wenig korpulent. So spitz wie seine Feder, so ge-schliffen waren audr seine

'Worte. Ihm zuzuhören, warein Genuß, wenn seine aggressive Art auch nicht jedemzusagte. Ich bin ihm nur dieses eine Mal begegnet.1929 siedelte Bruder Tudrolsky nadr Hindas (Schwe-den) über. 1933 wurde er von den Nationalsozialistenausgebürgert. Seine Bücher wurden verboten und ver-brannt.Am 21. Dezember 1935 schied Bruder Tucholsky frei-willig aus dem Leben durch Vergiftung.

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Der ,,Freimaurerbund Zw Aafgehenden Sonne" lei-stete sehr gute Arbeit, und viele Brüder, die selbst inder AFAM führende Ämter innehatten oder nodrinnehaben, gingen aus seinen Reihen hervor. DerFZAS war kein schlechter Mutterboden.

Die Entwid<lung des FZAS nahm einen befriedigendenVerlauf. Im Jahre 1923 zähtte der neue Bund 79 Logenmit Z g5O Brüdern, deren Zahl noch auf über 3 000anstieg.

Außer seinen in Deutschland gelegenen Logen unter-hielt der FZ1IS auch solche in der Sdrweiz, in derTschedroslowakei, in Ungarn und Osterreich. DasSprengelredrt der Sdrweizer Großloge Alpina zwaîg,die in der Sdrweiz befindlichen Logen, sich vom FZASzu trennen; die in de¡ Tsdrechoslowakei geführtenLogen mußten sich aus politischen Gründen'der dor-tigen Großloge ansdrließen.

Neben diesen Verlusten gab es immer wieder Gruppenvon Brüdern, die den Bund wegen der Frage der Regu-larisierung verließen. In den Jahren 1925-1927 hatteder FZAS einen Verlust von ca. 800 Brüdern za -veÍ-

zeidrnen. lfnter Führung des ehemaligen Großmei-sters Br. (Dr.) Karl -Weigt,

verließ t927 eine größereGruppe von Brüdern den Bund und sdrloß sidr derBayreuther Großloge zur Sonne an. Den sdrwerstenMitgliederverlust jedoch erlitt der FZAS 1930, als beider Gründung der Symbolisdren Großloge vonDeutschland unter Führung des dep. GroßmeistersPeter Heinsen 600 Brüder seine Reihen verließen.'Wenn die entstandenen Lücken auch durch Neuauf-nahmen verringert werden konnten, so gelang es demFZAS nicJrt, sich von diesen Verlusten wieder zv er-holen.

Die verm,inderte Mitgliederzahl beeinträdrtigte aberin keiner Weise die Arbeitskraft des Bundes.

Die Arbeiten innerhalb der Logen erfolgten nach der

Gradeinteilung Lehrling, Geselle und Meister. Das

einst von Br. Loeberich entworfene Ritual wurde 1915

durch die Annahme des neuen Rituals von Br. (Dr.med.) Johannes Marcinowski abgelöst, das später noch

einmal überarbeitet wurde. Das geistige Leben der

Logen, die sich durdrweg einmal in der Woche zus¿rm-

menfanden, war sehr rege und stand immer auf einem

beachtlidren Niveau. Die Vorträge, stets aus freimau-rerisdrer Sicht gehalten, bezogen sich auf alle Gebietedes Lebens, der Kunst und der'Wissensdraften. Stets

folgte dem Vortrag eine Ausspradre.

Nach außen wirkte der Bund durdr seine 1908 heraus-gegebene Zeitschrift,,Sonnenstrahlen" ; f ür den inter-nen Gebrauch dienten die 1909 herausgegebenen ,,Ver-traulichen Mitteilungen". Die Zeitschrift ,,Sonnenstrah-len" stand von 1908-1922, mit einer n'ur ku¡zen IJn-terbrechung, unter der Schriftleitung des Bruders (Dr.)Kurt Floericke, eines in der öfientli&keit sehr be-kannten Naturwissenschaftlers. Ab Januar 1923 über-nahm Bruder (Dr.) Max Seber, der später letzreGroßmeister des FZAS, die llerausgabe dieser Zeit-schrift, deren fTtel 1927 in,,Das Neue Freimaurertum"geändert wurde. Neben diesen periodischen Zeit-sclrriften veröfientlidrte 'der FZAS noch eine ganze

Anzahl freimaurerisdrer Schriften und Brosdtüren,denen später Sdrriftenreihen unter dem Sammeltitel

,,Bausteine" und ,,Kultur und Zeitfragen" folgten.Weite Beachtung fanden die Bücher des GroßmeistersBr. (Dr.) Rudolf Penzig,,Freimauter-Lehrbudr" und

,,Logengespräche über Politik und Religion".

über die eben genannte Zeitschrift ,,Das Neue Frei-maurertum" urteilt das Internationale Freimaurerlexi-kon'der Brüder Lennhofi/Posner wie folgt:,,,Das NeueFreimaurertum' steht auf einer Höhe, die von vielen

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regulâren Freimaurerzeitungen nicht erreicht witd",und über den Großmeister Br. Rudolf Penzig ist an

gleidrer Stelle zu lesen: ,,Die Wirksamkeit Penzigs hataudr die reguläre Freimaurere,i beeinflußt."

Ein wicfrtiges Kapitel in der Gesdrichte des Freimau-rerbundes Zar Aafgehenden Sonne betrifit seine Frie-densarbeit und seine Bemühungen um Völkerverstän-digung. Namentlidr in 'der Annäherung zwischenFrankreidr und Deutsdrland nach dem 1. 'Weltkrieg

hat er Vorbildlidres geleistet.

Die erste Fühlungnahme des FZAS mit einem Bruderder Grande Loge de France erfolgte im Jahre 1920 aufdem Pazifistenkongreß in Basel. Es war 'der BruderBlodr, Baden, der dort die ersten Fäden mit dem Bru-der Gaston Moch, Paris, knüpfte. D,iese erste persön-liche Fühlungnahme veranlaßte die Grande Loge de

France, Paris, einen Brief, datiert vom 27.9.2I, an denGroßmeister des FZAS, Bruder (Dr.) Rudolf Penzigzu senden. In diesem Schreiben heißt es unter ande-reml. ,,Zunädrst mußten wir aber durch die G. L. d. F.feststellen lassen, daß Sie, der FZAS, ein rec.rhtmäßigerfrmr. Madrtfaktor sind, mit dem wir infolgedessenauch nadr Freimaurerart in Verbindung treten können.'Wiewohl

es sdrien, als ob bei lhrer Entstehung dieallgemein üblichen Verpflichtungen, wie sie zur Grün-d,ung eines Freimaurerbundes erforderlich sind, nidrterfüllt wurden, haben wir uns trotzdem und sozusageneinstimmig entschlossen, den F. Z. A. S. als einenordentlidren und regelredrten Freimaurerbund anzu-erkennen."

Weiter wird in dem Sdrreiben der Hoftnung Ausdruckgegeben, mit dem ,,Freimaurerbund Zur AufgehendenSonne" in gem,einsamer Arbeit eine Ära des Friedensund der Ruhe in der ganzen 'Welt he¡zustellen, unddaß die im Entstehen begriffenen zarten. Fäden sidr

noch viel enger schließen und im breiten Maße dazu

beitragen mögen, das 'Werk, weldres wir versuchen

gemeinsdraftl idt za b e ginnen, aadl za vollenden.

Auf dem nächsten Großlogentag des FZAS im Julilg22 in Hamburg, nahmen bereits Vertreter 'derGrande Loge de France und des Grand Orient de

France, Paris, teil. In der am 28. Juli in Hamburg imgroßen Saal des Conventgartens'durdr den FZAS ver-anstalteten offiziellen,,Kundgebung für Völkerf¡iedenund Kulturfortschritt" traten die französischen Dele-gierten vor einer Versammlung von weit über 1000

Personen als Redner auf. Neben dem Großmeister Br.(Dr.) Rudolf Penzigund den Brüdern (Dr.) Max Apel,Berlin, Emil Felden, Bremen, und (Dr.) Weigt, Han-nover, spradren die französisdren Brüder Gaston

Moch, Paris, von der Grande Loge de France undAdrien Juvanon, Paris, vom G¡and Orient de France.

Von dieser Zeit ab war 'der Verkehr zwisdren den

französisdren Logen und denen des FZAS sehr rege.

Es wurden gegenseitige Freundsdraftsgaranten er-

nannt und Tätigkeits- und Presseberichte ausgetauscht.

Von den freimaurerischen Friedensmanifestationen,die im jährlidren'Wechsel auf französischem oder deut-schem Boden stattfanden, sei nodt die vom 27. Mai1928 in Verdun besonders erwähnt. Hauptrednel'waren vom Grand Orient de France Senator Br.Bernadin, und vom FZAS Br. (Dr.) Max Seber. Hier,auf den Sdrladrtfeldern von Verdun, angesichts derGräber der Gefallenen beider Nationen wurde die

Freundsdraft zwisdren dem Freimaurerbund Zw Ã.uÍ.-

gehenden Sonne und dem Grand Orient de France

feierlidr bekräftigt. Eine Freundschaft, die sich bis zurAufl<isung des B,undes im Jahre 1933 bewährt hat.

Nach Beendigong der Kundgebung folgte der Bundes-

vorsúand des FZAS einer Einladung des Grand Orient

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de France nach Paris und stattete den französischenBrüdern dort seinen Besuch ab. Er ffat die Heimreisean mit der Zusicherung, daß ein Gegenbesudr erfol-gen sollte, der aber erst im Februar 1931'Wirklidrkeitwurde. Es war ein offizieller Besuch des Grand Orientde France in Hamburg. Dieser Besuch der französi-schen B¡üder war ein Ereignis audr für die Öfient-liókeit. Für mich war die Tþilnahme an den mit die-sem Besuch verbundenen Veranstaltungen einer derHöhepunkte meiner maurerischen Erlebnisse. Dieoffizielle Deputation des Grand Orient de France be-stand aus den Brüdern: Delauny, Paris; Bernardin,Nancy; Thiriet, Nancy; Radouan, Dijon; Perol, Cler-mont, und Siman, Fos (H-Garonne). Diese Deputationwurde vom Hamburger Senat offrziell und feierlichim Rathaus begrüßt. Ein Erinnerungsfoto, im Ehren-hof des Rathauses aufgenommen, erschien auch in derHamburger Presse.

Die Festloge, der später ein Bankett im Kaiserhof(Altona) unter Teilnahme der Schwestern folgte, fandim Logenhaus der Hamburger FZAS-Logen in Groß-Flottbek statt. In seiner in der Festloge gehaltenenRede sagte Br. Bernardin über das Ereignis dieses Be-suches, daß es das erste Mal sei, nicht nur seit demdeutsch-französischen Krieg 1914-19L8, sondernsogar seit dem Kriege 1870/71, daß der Grand Orientde France eine offizielle Gesandtsdraft, bestehend ausallen Mitgliedern seines Bürirs, ins Ausland entsendethabe. Von dieser Tatsache nahm auch die HamburgerPresse Notiz, als sie über den Empfang der französi-sdren Delegation durch den regierenden Bürgermei-ster berichtete. Auf seinem letzten Großlogentag 1932in Nürnberg, feierte der Freimaurerbund Zar Aaf.-gehenden Sonne unter Anwesenheit delegierter Brü-der der französischen Großlogen sein 25jähriges Be-stehen. AIs Vertreter fü¡ den Grand Orient de France

waren die Bräder Bernardin und Radouan ersdrienen,

für die Grande Loge de France der Bruder Charidat.

Auclr hier, Nürnberg 1932, fand noch eine öftentlidre

Veranstalfung statt, auf der die eben genannten fran-zösisdren Brüder sprac"hen, sowie auch 'die Brüder(Dr.) Hartmann und (Prof. Dr.) Walter A. Berend-

sohn vom ßZAS. Alle genannten Redner setzten sicrh

für internationale Verständigung und den Völkerfrie-den ein und wandten sich gegen den Mißbraudr 'dernationalen ldee.

Auf dieser öffentlichen Kundgebung kam es zu Tirmul-ten, h€rvorgerufen durch die im Saal verteilten Provo-kateure der NSDAP. Die Störungen nahmen ein der-

artiges Ausmaß an, daß die Veranstaltung unter-brocfren werden mußte. Erst nachdem die lautesten

Störenfriede aus dem Saal entfernt worden waren'

konnte sie in Ruhe und O¡dnung zt Ende geführtwerden. Gleidr am nädrsten Täg berichtete die Zei'tung ,,Der Stürmer" in einem groß aufgemachten

Hetzartikel über die Tägo.tg des FZAS. Als lllustra-tion war dem Artikel eine Aufnahme beigegeben, die

die Front des Hotels ,,Deutscher Hof" zeigte, an des-

sen einem Fenstersims das Banner des ,,Freimaurer-bundes Zw Aufgehenden Sonne", hier zum ersten undletztenMal gezeigt, angebracht \áar. Der Ablauf dieser

Veranstaltung ließ deutlich erkennen, wer und was da

heraufkam, und womit wir in Zakanft zu redrnenhaben würden.

Für mich persönlicJr bradrte dieser leøte Großlogen-tag eine große Überrasdrung. Idr wurde einstimmigals Groß-Sekretär in den Bundesvorstand gewählt. Dadieses Amt seit Jahren von Hamburger Brüdern be-setzt war, glaubte ich, mich diesem Rufe nidrt ent-ziehen zu können und nahm die 'Wahl an. Als manmich der Versammlung vorstellte, lry'ar man erfreut

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und überrasdrt darüber, daß mit mir ein junger Bru-der in den Bundesvorstand einzog. Und ich fühlte midrsehr geehrt, als der Bruder Bernardin, Großbeamterund offizieller Vertreter des Grand Orient de France,mir seinen Freimaurerpaß vorlegte und mich um dieEintragung meines Namens bat.'Wie üblich, kam es auf diesem Großlogentag audr zurBildung von Arbeitsaussdrüssen. Idr weiß nicht mehr,welcher Aussdtuß mir übertragen wurde, nur denNamen eines seiner Mitgl.ieder vermag idr heute nochzu nennen, es war der Bediner Bruder Willi Giwan.Der Bundesvorstand des FZAS setzte sich zusammenaus dem Großmeister, den Dep. Großmeistern, demGroß-Sekretär, dem Groß-Sdratzmeister und den Bei-sitzern. Der Großmeister oder ein Dep. Großmeister,der Groß-Sekretär und der Groß-Schatzmeisrer bilde-ten den gesdräftsführenden Aussdruß. Nach demNürnberger Großlogentag setzre sidr dieser Ausschußaus folgenden Brüdern zusaÍrmen:

Dep. Großmeiste¡: Br. (Prof. Dr.) 'Walter A. Berend-sohn, Hamburg.

Groß-Sekretär: Br. Johannes Dredrsler, Hamburg.Groß-Schatzmeister: Br.'Wilhelm Klud<, Bremen.

Der gesdräftsführende Aussdruß, der sidt monarlidlzusammenfand, hielt seine Sitzungen in den Räumendes Hamburger Groß-Sekrerariats ab. (Der Bund hatte1925 seinen Sitz von Nürnberg nadr Hamburg ver-leSt.)

ZumLobe dieses Ausschusses muß gesagt werden, daßer sich, selbst in dieser bedrohlicåen Zeit nodr, mitallen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, dem auf-kommenden nationalsozialistisdren Ungeist entgegen-stellte.

Die letzte größere Veransraltung hier, im norddeut-

scåen Raum, war die Tägong'der Bezirksloge Nieder-sachsen, die am 10. Oktober 1932 im GroßflottbekerLogenhaus, dem He'im der Hamburger FZAS-Logen,stattfand. Für den rituell gehaltenen Teil der Tägottghatte idr als Groß-Sek¡etär die Zeichnung übernom-men, den Arbeitsvortrag hielt der Dep. GroßmeisterBr. Berendsohn. Dann wurde es allmählich Nadrt überDeutschland. Die braune'Welle war nicht mehr auf-zuhalten. Und uns wurde klar, daß ein Verbot derFreimaurerei niút ausbleiben konnre.In Konsequenz dieser Erkenntnis, lösten wir den Frei-maurerbund Zur Aufgehenden Sonne, nodr bevor einVerbot erfolgt war, im Frühjahr 1933 a:uÊ. Damit'waren die Lidrter in allen Tèmpeln des Bundes erlo-scherr, in den H.erzen der Brüder aber glimmte e'ine

Ideine Flamme weiter und harrte der Stunde, in dersie wieder zu hellem Glanz erweckt werden würde.Die Auflösung des Sekretariats und des Bundes-Ardrivs wurde mir überlassen, eine Aufgabe, die midrvor sdrwere Entscheidungen stellte. Im srillen hofiteidr, wenigstens das Bundes-Ardriv retten zu können.Aber wohin mit den Akren, den Regale füllendenSchriftwedrsel, den Logen-Dossiers; wohin mit demnoch großen Bestand an Büchern, BroscJrüren undZeitschriften und vor allem, wohin mit dem Bundes-Ardriv, mit seinen IJrkunden, Protokollen und Son-der-Akten. Alles einstampfen lassen? Gut, aber durdrwen? Einer Privatfirma konnte iú das ganze Materialnidrt übergeben. Dann hätte ich mich der Gefahr aus-ges€tzt, daß es direkt in die Hände der SS oder derGestapo gelangt wäre. Es galt also zunächst nadreinem sidreren Aufbewahr,ungsort zu suchen. Dieserwar schnell gefunden. Ein Bruder meiner Loge ,,Les-sing" hatte sich, im Einverständnis mit seiner Frau,bereit erklärt, alles Material in den zu seiner 'Woh-

nung gehörigen Kellerrâumen untetzubringen. Von

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dort sollte es dann im Ofen der Zentralheizung nach

und nadr den Flammen äbergeben wer'den. Das wardie Lösung des Problems, ich fand keine bessere. Icih

ließ sofort Transportkisten anfertigen. Die Kisten,

welche das Archivgut enthielten, wurden mit dem

Btrchstaben A gekennzeidtnet, und nachdem alles ver-pad<t war, wurde es per Lastwagen an seinen neuen

Ort gebradrt. Dort standen die Kisten, sorgfältig auf-geschichtet, wie in einem Lagerhaus. Um die Vernidr-tung ihres Inhaltes brauchten wir uns allerdings keine

Sorgen-mehr zu machen, das taten andere.

Der Abtransport der Kisten aus unseren Räumen Ger-truden-Kirdrhof 10 war nicht unbeobachtet geblieben.

Die Gestapo jedenfalls war info¡miert worden. So

fl.atterte mir denn nadr geraumer Zeit ein Schreiben

ins Haus, midr im Stadthaus zu einer Vernehmung ein-zufinden. Eine Mitteilung, die keine euphorisdre Stim-mung bei m'ir hervorrief. Bangen Herzens machte idrmich auf den'Weg. Nie werde idr den Moment ver-gessen, als die Tiir sich, nac.:hdem ich in das Zimmereingetreten \ry'ar, automatisch hinter mir sdrloß. Un-willkürlidr blid<te idr mich um und erkannte, daß es

keine Automatik war, denn links und rechts der Tiirsaß je ein Uniformierter, Kerle von Breitwandformat,weldre die Tär leise ins Schloß drückten. D'a wurdemir klar, in welcher gefährlichen Situation ich michbefand.Was wollte man von mir? Iú sollte ihnen Namen vonB¡üdern unseres Bundes nennen. Als idr mit der Ant-wort zögerte und der Frage auszuweichen suc,hte,

wurde mir energisch bedeutet, daß das keinen Zwed<habe, und man durchaus bereit sei, meinem Gedächtnisetwas nachzuhelfen. Daraufhin entnahm der verhö-rende Beamte seinem Panzersdrrank, der angefüllt warmit Veröffentlichungen unseres Bundes, ein Mitglie-derverzeidrnis unseres Bezirkes Niodersachsen. Idr er-

kannte sofort, daß es eine um Jahre zurüd<liegendeAusgabe war. 'Was hatte das für einen Sinn, von mirdie Nennung von Namen zu verlangen, die als ge-

drud<tes Verzeichnis sdron vorlagen. Schweigen hättezu nichts Gutem geführt, und so begann idr Brüdernamhaft zu mac"hen, die zwar in dem Verzeidrnis auf-geführt waren, aber schon seit Jahren in den ewigenOsten eingegangen waren. Eifrig prüfte der Beamtemeine Angaben. Dieses Fragespiel war bald beendet,und ich neige der Auffassung za, daß dieser Teil des

Verhörs de¡ P¡üfung meiner Glaubwürdigkeit galt.Dann kam die ,abrupte Frage, wo idr mit den Kistengeblieben sei, die idr wagenweise hätte abfahren las-sen. Sicher hätte idr sie wegschaffen lassen, um ihrenInhalt wieder zu verwenden. Meiner Versicherungdaß das nur geschehen sei, um alles zu vernichten,schenkte der Beamte keinen Glauben. Es folgte einlanges 'Wechselgesprädr über die Möglichkeit oderUnmöglichkeit der'Wiederbelebung der deutschenFreimaurerei. Hierbei v¡aren die Rollen vertausdrt, erhielt es für möglidr, idr hingegen für vollkommen un-möglich. Deshalb auch meine Absidrt, alles von zuver-lässiger Hand vernichten zu lassen. lJber drei Stundendauerte das Verhör, und immer noch saßen die Breit-wandmänner schweigend neben der für. Ilatte es nocheinen Sinn, so ging es mir durch den Kopf, Tausendevon Drucksachen zu hüten, von denen jede, wenn audrnur in wenigen Exemplaren, hier im Panzerschrankvorhanden war.'Würde man sie so wieder verwendenkönnen, müßte nidrt alles neu überdacht werden?Solchen IJberlegungen nachgehend, gab ich schließlidrden Ort der Aufbewahrung preis. Ich wurde entlassenrnit der Warnung, es nidrt zu versuchen, mit meinenFreunden Verbindung aufzunehmen, idr stünde unterBeobadrtung. Jetzt galt es, den Bruder zu benadrrich-tigen, der unsere Kisten in Verwahrung genommen

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hatte. Ihn von meiner'Wohnung aus anzurufen, sdrien

aicht geraten. So sudrte meine Frau eine öffentlidreFernsprechstelle auf, um unserem Bruder den ihm be-

vorstehenden Besuch anzukündigen. Seine Antwortwar: sind schon da! Es ließ mir keine Ruhe, ich mußtewissen, was dort geschehen war. Spät abends rnachten

meine Frau und ich uns auf den'Weg und erreichten,große lJmwege machend, zu später Stunde unseren

Bruder Willi Steines, erwar es, der unsere Kisten inObhut genommen hatte. Ladrend fährte er micå inden Keller. 'Wohl sieben bis adrt Kisten waren über-sehen wo¡den, dazu auch die mit dem Buchstaben Am,arkierten. Idr war darüber nidrt sehr erfreut, ver-mutete vielmehr eine Falle. Gleich am nächsten Mor-gen teilte ich der Dienststelle im Stadthaus mit, daß

ihre Leute einige Kisten übersehen hãtten und bat umumgehende Abholung, damit es nidrt heiße, wir hättenihnen diese Kisten vorenthalten. Noch im Laufe 'desTages wurden die restlidren Kisten abgeholt. Die mitdem Budrstaben A gekennzeichneten hielten wir je-doch weiter verborgen. Sie wechselten noch einmal inein anderes Haus über, wo wir sie auf dem Dachbodenhinter einer neu errichteten Steinmauer versteckt hiel-ten. Hier allerdings wurden sie 1943 ein Opfer dergroßen Luftangrifie auf Hamburg und gingen imFlammenmeer unter. So waren alle unsere Bemühun-gen, das Bundes-Archiv des FZAS zu retten, die uns

die Freiheit und das Leben hätten kosten können, letz-ten Endes doch vergebens gewesen. Gott sei Dankhatte keiner unserer Brüder dabei Sdraden gelitten.

Ich wurde ein zweites Mal zum Verhör bestellt, undes sah sehr bedrohlidr für rrrich aus. Dieses Verhörgalt den Beziehungen des ,,Freimaurerbundes ZurAufgehenden Sonne" zu den französisc.:hen GroßlogenGrande Loge de France und Grand Orient de F¡anceund der mit ihnen gemeinsarr durc.hgeführten Mani-

festationen, es galt weiterhin nnserer im Ausland ge-

führten Logen.

Dann aber legte man mir eine sdrlimme Tät zur Last.

Idr sollte in der französischen Zeiotng ,,Le petitParisien" einen Leitartikel gegen das nationalsozialisti-sche Deutsdrland veröfientlicht haben. Nie in meinemLeben hatte ich einen solchen Artikel gesdrrieben.

Aber die Herren wußten es besser. Sie wußten sogar'auf weldrem Wege der Artikel in diese Zeitung ge-langt war, nämlidr über Professor Berendsohn, Kopen-hagen. Und noch heute liegt mir der Tonfall im Ohr,in dem man hinzufügte: und den kennen Sie dodrwohl. Auch dieses Verhör zog sich über drei Stundenhin. Ich weiß nidrt mehr, was im einzelnen hin undher geredet wurde. Aber an diesem Täge hatte ichGlück, vielleicåt weil es der 20. April war. Alle Beam-ten waren sehr nervös. Sie schienen alle keine Zeitmehr zu haben, was mir ntgtJte karn, denn bald warich mit dem protokollführenden Beamten allein unddieser konnte mit 'dem Protokoll nicåt zu Rande kom-men. Und jetzt entstand die absurde Situation: ichdiktierte ihm das Protokoll! Dann war ich entlassen.

Es kam noch zu einem dritten Verhör, das aber nurvon kurzer Dauer war. Hier ging es um das Bundes-vermögen, das nicht mehr vorhanden war. Von nun ab

hatte ich Ruhe.'Wenn ich audr noch in manche heikleSituation geriet, diese Dienststelle betrat ich nicht wie-der.

Meine letzte Amtshandlung, die ich noch vorzuneh-men hatte, war, einem unserer Lessing-Preisträger sei-nen Preis auszuhändigen. Der ,,Freimaurerband ZurAufgehenden Sonne" hatte im Jahre 1929 zar Zwei-hundertjahrfeier der Geburt Lessings einen Lessing-preis gestiftet, der etwa alle zwei Jahre ausgeschriebenwe¡den sollte. Das Thema des Preisausschreibens 1930

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lautete: ,,'Was hat uns Lessing atrs Freimaurer zur kul-turpolitischen Lage der Gegenwart za sagen?" Nach

sorgfältiger Prüfung der eingegangenen Arbeiten,wurde der Preis, der mit RM I 000,- ausgeschrieben

war, geteilt, und den Arbeiten der Herren Karl Fischer

und Dr. Hans Hartmann je zur Hälfte zugesprochen.

Der Preisträger Karl Fischer hatte seinen Preis, ich

weiß nidrt mehr aus weldren Gründen, noch nicht inEmpfang nehmen können. Ihm händigte ich seinen

Preis nach Auflösung des Bundes in meiner'Wohnungaus. Von beiden Preisträgern war nur Karl FisdrerFreimaurer. Es war der Bruder Karl G. Fischer, Kre-feld, nach 1945 bekannt geworden durch die von ihmherausgegebenen ,,Freimaurer Briefe" sowie als eir¡sti-ger Redakteur der,,Europäisdren Freimaurerzeitung".Beide Arbeiten, ,,Spirito masonica" von Karl Fisdrerund ,,Echte Freiheit" von Dr. Hans Hartmann, hat derFreimaurerbund Zar Aufgehenden Sonne, zu einemBuch vereint, im Verlag Br,uno Zedte| Leipzig, noch1932 ersc-heinen lassen.'War mit der Auflösung des Bundes, erzwungen durdrdie damalige politische Lage, seine organisatorisdreForm auch zerstört, der Zusammenhalt der Brüder,soweit sie sidr als echte Brüder Freimaurer erwiesen,blieb bestehen. Allerorten kamen sie in geheimenGruppen und Zirkeln zusâfirmen, und wenn audr ,an

eine ¡ituelle Arbeit nidrt mehr gedacht werden konnte,so \ry'aren diese Zusammenkünfte doch der einzigeHort, wo freies Denken, freie Rede, freier Meinungs-austausch und Kritik an den Machthabern noch mög-lich war. Hier, in diesen Konventikeln, holten sich dieBrüder die geistige Kraft, derer sie bedurften, um ge-gen die herrsdrende Knebelung des Geistes, gegen dieUnterdrüd<ung jeglic.her Freiheit und gegen die Be-stialitäten der Madrthaber bestehert ztt können.Audr die Brüder der Hamburger Loge ,,Lessing",

deren Stuhlmeister idr in den letzten Jahren ge\¡/esen

war, trafen sidr zu regelmäßigen Zusammenkünftenan wechselnden Orten. Bei einer solchen Zusammen-kunft im Alsterpavillon lasen wir in der Spätausgabe

des Hamburger Fremdenblattes, daß der HamburgerProfessor Dr. 'Walter A. Berendsohn sidr in Kopen-hagen das Leben genommen habe. Eine Nadrricht, der

ich sofort widerspradr und die als Wahrheit entgegen-zunehmen ich nidrt bereit war. Ich besdrloß, gegen

den Widerstand meiner Brüder, sofort in Kopenhagentelefonisdre Nac.:hfrage zu halten. Vom Alsterpavillonaus zu telefonieren, erschien mir bedenkliú. Icå begab

mich daher in das gegenüberliegende Hotel ,,Hambur-ger Hof ", heute ist dort das Postamt 12 untergebradrt,und meldete mein Gesprädr nach Kopenhagen an. DieVerbindung war rascjh hergestellt,und von einerlfaus-angestellten erfuhr ich, daß der Herr Professor wohl-auf sei und sich zur Stunde im Theater aufhalte. Mitdieser guten Nachricht kehrte ich zu meinen Brüdernzurüd<. 'Wir hielten es 'dann für klüger, nach diesemTelefonat für den Abend auseinanderzugehen. In sol-dren oder ähnlidren kleinen Zirkeln trafen sich Brü-der aller Obödienzen. Nicht alle hatten das Glüd<, denSchergen der NSDAP zu entgehen. Viele Brüder muß-ten ihrenWiderstand gegen den nationalsozialistischenTèrror mit ihrer Freiheit, ja mit ihremleben bezahlen.Eine große Anzahl ging in die Emigration, und nichtwenige, die keinen anderen Ausweg mehr wußten,wählten den Freitod. Immer aber waren es einzelneBrüder, die sich der aufkommenden Barbarei entge-genstellten und sich zu ihren bescitworenen Idealenbekannten.Wie unrühmlich dagegen das Verhalten der Großlogeder Freimaurer von Sachsen, eine der Großlogen, diemit die Reprãsentanz der deutschen Freimaurerei dar-stellte.

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Diese Großloge sandte am 21. M:àrz 1933, dem Tägvon Potsdam, ein in ihrer Hauptversammlung vom26. Márz nachträglidr einstimmig gutgeheißenes Tele-gram.m u. a. an den Herrn Reichspräsidenten General-feldmarschall von Hindenburg, an den Herrn Reidrs-kanzler Hitler, an die Herren Reichsminister Dr. Frickund Dr. Goebbels, das folgenden Inhalt hatte:

,,Die Große Landesloge der Freimanrer von Sadrsen

begrüßt am heutigen Weihetage die nationale Erhe-bung des deutschen Volkes und Vaterlandes. Sie gelobtin christlich-nationaler Pflidrttreue, wie bisher, imGeiste ihres Bruders Friedrichs 'des Großen mit derReichsregieraîg zrt arbeiten für Deutsdrlands Ehreund Größe, Einigkeit und Freiheit. Den Allmädrtigenbitten wir, das neue Reich segnen zu wollen."

Welch klägliches Versagen in einer Stunde, wo es aufBewãhr,ung ankam! Ich stelle diesem beschämendenTelegramm das mutige Rundsdrreiben des Großmei-sters Dr. Max Seber des ,,Freimaurerbundes Zar Auf.-gehenden Sonne" gegenübeq das dieser im Januar 1932

an die Meister seiner Großloge richtete.

,,An die Brr. Meister!Wi¡d die Jahreswende audr die Schid<salswende brin-gen? 'Werden wir endlich wieder einmal Hofinungschöpfen können oder wird sicå der grauenhafte Ab-stieg weiter fortsetzenl Diese Kernfrage taudtt in unsallen auf und wird je nadr Temperament und Stim-mung ganz verschieden beantwo¡tet. Niemand vermaghier überhaupt et'\áas Sicheres zu sagen. Wir sind ge-z\pungen, weiter zu warten. Keine Frage, daß dieses'Wartenmüssen etw,as ungemein Zermürbendes hat.Eine sdrwere Last, eine tiefe Bangigkeit liegt heuteauf und in uns. Verzweiflungsstimmung bricht vielfadrdurch, undVerzweiflungsschritte sind nicht selten. Dasist der Mutterboden fä¡ den Radikalismus jeder Art,

für lfnvernunft, Gewalttätigkeit. TTef hat sidr dieses

alles in unser'deutsches Volk hineingefressen. Sdrlimmeseelisdre Schäden werden überall sidrtbar. So begreif-lidr dies alles ist, so wenig zwe&mäßig sind doch diese

abnormen Reaktionen, die unsern Volksorganismus voninnen herausz:uzerstören drohen, ehe noch das äußere

Unheil sein 'Werk vollendet hat. Die Gef'ahr eines

Bürgerkrieges in unserem überreizten Land ist riesen-groß, drohend steht das Gespenst des kulturfeind-lidren, gewalttätigen Nationalsozialismus vor uns, deralle mühsam errungenen Freiheiten, ohne die es wahrePersönlichkeiten nicht gibt, za vernichten droht. Mit-tetralterlidrer Geist und mittelalterlicher Glaube sindim Begrifi, sidr auf uns niederzusenken, wollen mitGewalt For'derungen durchsetzen, die sie im freienSpiel der K¡äfte nie za erreidren vermögen.Allzulange haben die freiheitlidren Verbände gezögert,sich zusammenzusdrließen und mit Entsdrlossenheiteinen Kampf aufzunehmen, der nidrt nur ihrer Exi-stenz, der in 'W'ahrheit der humanitären Kultur gilt.,Zurüd< zur Barbarei'ist das zynisdre Sdrlagwort die-ser Gruppen, die das alte Madrtstaatsideal, den altenPatriardralismus, den zivilen Militarismus in seinerungeistigsten Form wieder auf den Thron setzenmöc.:hten. tfnter 'diesen Umständen ist, unbesdradetaller parteipolitiscåen Neutralität klar, was jetzt diePflicht des Br. Freirnaurers ist: mit aller Kraft, mitaller Bestimmtheit und Todesentsdrlossenheit für dieIdeale zu kämpfen, die ihm allein das Leben lebens-wert macrhen. Die Stelle in unserem Ritual: ,Bist dubereit, dies alles mit dem Tode zu besiegeln', die un-ser'er Zeit nicht mehr zu passen schien, kann heute tat-sächlidr werden und enthüllt ihren Ernst.'Wahrsdrein-lidr wird das weniger zur Verteidigung der Freimau-rerei selbst sein, was unter tfmständen den Einsatz des

Lebens erfordern kanr¡ als die Verteidigung der all-

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gemeinen Mensdrenredrte, die allen Freien und Gei-stigen teuer sind. Oder soll nur der triebgepeitschteUngeist in seiner hysteriscåen Exaltiertheit der Opfer-bereitschaft seiner Vertreter sidr rühmen dùi¡fen?Sollte das Gute weniger Begeisrerung entfachen alsdas Schledrte? Der Br. Freirnaurer wi¡d sidr auch inden erregtesten Zeiten keiner Gewalttat gegen poli-tische Gegner schuldig madren, er wi¡d dort, wo esZwed< und Sinn hat,mutvoll für seineldeale einstehenund den LJnsinn bekriegen, wo er ihn findet.

Meine B¡r.! Sdrwer ist unser Leben heute. Aber mitBänglidrkeit bezwingen wir es nicht. In unseren lfän-den liegt jetzt die Veranrworrung für die kommendenZeiten. Lassen wir es za, daß der Barbarismus desMittelalters von neuem triumphiert, so senkt sich dieNadrt des Unwissens und des Aberglaubens,auf unserVolk hernieder.

Es gilt die Güter, die wir von unseren Vätern ererbt,zu erwerben, um sie zubesitzen Da werden wir erstihres 'Wertes gewahr und merken erst, was wir be-saßen, im Augenblick, da wir alles zu verlieren drohen.Freiheit und Ffumanität, meine Brr., sind heute inhöchster Gefahr! Ic-h als Euer derzeitiger Großmeister,gebe vor Eudr allen 'das große Norzeichen! Helft undarbeitet, stellt Euren Mann! Geht hinein in die Ver-bände zum Sdrutze der Verfassung, zum Sdrutze derFreiheit. Die eiserne Front aller Entsdrlossenen \ffarrerauf Euch, meine Brr.! Noch ist es Zeit, noch ist Raumfür entschlossene Kämpferscharen! Tut Eure Pflicht,gedenket Eures Eides, gebt mir das Meisterzeidren!"

Das sind zwei grundversdriedene Bekenntnisse. Diereguläre Freimaurerei sendet ein Ergebenheitstele-gramm mit dem Gelöbnis,, christlich-nationaler Pfl icht-treue wie bisher" und bittet den Allmädrtigen, dasneue Reidr zu segn€n. Der Großmeister des irregulä-

ren,,Freimaurerbundes Zw Aufgehenden Sonne* gibtseinen Meistern das große Notzeichen, läßt sie in dasMeisterzeichen treten und fo¡dert sie auf, 'Widerstand

zu leisten und die hohen Ideale der Königlidren Kunstzu verteidigen. Es dürfte nicht schwerfallen, die Ant_wort auf die Frage zu geben, wer hier den echten Ringam Finger trug.

Dieser Meisterbrief wurde in einer nationalsozialisti-sdren Zeitschrift veröfientlidtt und brachte dem Groß_meister Br. (Dr.) Max Seber prompr einen prozeß ein,in welchem er sich selbst zwar glänzend verteidþe,aber doch Amt und Stellung verlor.Alle Kräfte, sidr dem Nadonalsozialismus enrgegen_zustellen, erwiesen sidr als zu schwach. Seine Entwick_lung und sdrließliche Konsolidierung war nidrt mehraufzuhalten. Sein toales Machtstreben endete in einerDiktatmr, die j eden'Widerstand erbarmungslos nieder_schlug. Jedes freiheitlicåe, auf Versöhnung, Friedenund Humanität ausgeridttete Denken wurde erstickt.Und der ,,Siegesmarsch,, des 1939 ausgelösten Kriegesendete in einem füimmerfeld ohnegleicJren. Am Endestand Deutschland vor dem Verlust ,all seiner

.Werte,

sowohl der moralischen als auch der saclrlicJren; auchdie Freimaurer standen vor den füimmern ihrer Tèm_pel. Dodr sdrnell erwadrre in ihnen der Wille, ihreArbeit wieder aufzunehmen.

Nadrdem der Nationalsozialismus zusammengebro_dren war, zögerten auch die Hamburger Brüder des,,Freimaurerbundes Zar Aufgehenden Sonne,, nicht,diesen wieder aufleben zu lassen.

Lfnter den denkbar schlechtesten Verhältnisser¡ ineiner Zeit des Hungers, der Kälte, der Lidrt_ undStromsperren, der Verkehrseinschränkungen, der Aus_gangsbesdrränkungen fanden siú.die Brüder der fünfHamburger Logen, die zum großen Teil nodr ohne

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Hab und Gut in Notunterkünften lebten, zusartmenund begründeten am 22. September 1945 die gemein-same Loge ,,Friede und Frefüeit" als die neue Mutter-loge des,,Freimaurerbundes ZurAufgehenden Sonne".Als Grundlage und Ridrtlinie der zukünftigen Arbeitwurden die Ziele und Satzungen des früheren Bundesbestimmt.

Der neue, vorläufige, Bundesvorstand wu¡de von denBrüdern Satow, Drechsler und Koym gebildet. ZumStuhlmeister der neuen Mutterloge ,,Friede und Frei-heit" wurde Br. Dredrsler gewählt.

Ein im Màrz 1946 erlassener Aufru-f zum Wieder-eintritt und zur Mitarbeit hatte einen un€rq/ørret gu-ten Erfolg.Von Hamburg alls wurde nun mit,der 'Wiedererrich-

tung von Logen und Kränzdren begonnen. Eine Ar-beitsgenehmigung für Freimaurerlogen durc.:h die Mi-litärregierung der britisdr en Zone lag zwar noch nidrtvor, aber die Edaubnis ztr internen Aufbauarbeitenund unpolitisdren Tagung€n war gegeben.

Gleidr uns w'aren audr,alle anderen Großlogen um die'Wiedererrichtung ihrer Bauhütten bemüht. Von ihrerSeite'aus wurde die Gründung einer Einheitsgroßlogeangestrebt, die alle Systeme umfassen sollte.

IJnser früherer Lessingpreisträger, Br. Karl G. Fisdrer,war sehr darum bemüht, atrch unseren Bund in dieseneue Gesamtorganisation einzubeziehen. fn seinemBrief vom 21. September 1945 sdrrieb er mir unter,an-derem: ,,Eine sehr wiútige Frage ist ja die zukänftigeGroßlogen-Org'anisation, und da mödrte icå Sie sdronjeat f.ragen, ob Sie es ftir möglidr und angebradrt hal-ten, daß auch der FZAS in die zukünftþ einheitlicheGroßlogenordnung eingebrac.rht wird und nicht mehrals irreguläres Gebitrde nebenher läuft." Aus meinerAntwort vom 27. Oktober 1945, die Br. Fischer in sei-

nem ,,Freim,aurerbrief " vom 15. November im Auszugwiedergegeben hat, zitiere ich den letzten Satz: ,,'Wirhaben auch heute, ohne nach irgendeinerAnerkennungzu fragen, unsere Arbeit wieder aufgenommen, wollenaber keinem Einigungsversuch ablehnend gegenüber-stehen."

Diese¡ Briefwedrsel weckte in mir die Hoffnung, daßes unter'den veränderten Verhältnissen doch gelingenkönnte, dem FZAS, unter Beibehaltung seiner Eigen-art, die Stellung zu versdraften, die ihm aufgrund sei-ner Bewährung und Leistung gebührte: gleidrberech-tigt an der Seite der anderen Großlogen zu stehen.Diese Hofinung erwies sic.:h als trügerisdr. Audr ein infreundsc.:haftlichem Geiste geführtes Gesprädr zwi-sdren Br. Satow und 'dem Großmeister Pastor 'W.

Hintze, Hamburg, führte zu keinem positiven Er-gebnis.

Inzwischen hatten die humanitären Logen zu einerZusammenkunft maßgebender Bräder nach Bensheimeingeladen, die am 10. und 11. November 1945 statt-fand. Man erwartete von dort grundlegende Besdrlüsseund widrtige Direktiven. Durdr den Freimaurer-Son-derbrief des Br.Karl Fischer erfuhren wir von der dortvollzogenen Gründung der Bundesgroßloge ,,Za denAlten Pflichten". Die Durchsicht des B¡iefes und diePrüf ung der ihm b eigele gten,,Vorläufi gen Verf assung"ließ erkennen, daß für 'den FZAS in dieser Organisa-tion nur dann ein Platz sei, '\t/enn ,er seine Eigenartaufgeben wü¡de. An dieser festzuhalten erachteten wirjedodr ,als unsere Pflidrt denjenigen Brüdern gegen-über, die ein Opfer des Nationalsozialismus gewordenwaren.

So begannen wir uns wieder auf uns selbst zu be-sinnen und setzten die Bemühungen um den-Wieder-aufbau des FZAS unermüdlicå fort.

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Am 16. Dezember 1945 erreichte midr aus Kiel-Fried-ridrsort, 1. Minenräumdivision, ein Brief, dem icå fol-gende Zeilen entnehme: ,,Mein lieber Bruder! Auftfmwegen über Br. Karl Fischer erfuhr ich Eure An-sdrrift. . . Mit Stolz und Freude hörte idr über Kre-feld, daß Ihr und Louis Satow kräftig am Werkseid. .. sollte iú im Frühjahr nadr Berlin entlassen

werden, möchte iú gleich kräftig'am Neuaufbau mit-arbeiten. Mit brdl. Gr. u. Hdsdrlg. bin ich stets Euer'Willi Giwan." Mit diesem Brief begann ein regerSclrriftwechsel zwisdren uns, und im lanaar 1946w,urde Br. Giwan in die Loge ,,Friede und Freiheit"aufgenommen.

Im Mai besuchte er midr, und nodr immer sehe ic.:h ihnvor mir stehen in der Marine-Uniform der britischenBesatzungsmacht. In unserem Gespräch ging es um den'Wiederaufbau der Berliner Loge, um die sicJr dort dervon mir beaufragte Br. Heller bereits bemühte. Am29. Jv,li 1946 war Br. Giwan nach Berlin entlassenwor'den und am 9. September sdrrieb er mir: ,,8r. Hel-ler hat wirklich gute Arbeit geleistet . . . In der Zusam-menkunft am 17. v. M. wurde beschlossen, den B. V.zu bitten, für Berlin die Gründung der Loge ,ZurMorgenröte' zu genehmigen." So wie in Berlin ginges nun audr an anderen Orten langsam voran.

Der Bensheimer Tägung, die nidrt zur Einigung allerSysteme der humanitären Richtung geführt hatte,folgte 1947 der Frankfnrter Konvent, der zar Grün-dung der ,,Frankfurter Arbeitsgemeinschaft von Frei-maurerlogen" führte. Auf der Großmeisterkonferenzdieser Arbeitsgemeinsdraft, die auf ,dem Großlogentag1948 in Bad Kissingen stattfand, wurde ein Grund-gesetz aufgestellt, das alle Johannislogen zu einer ver-einigten Großloge zusammenfassen sollte. Damit wardie Gründung der ,,Vereinigren Großloge von

Deutschland" (VGL), die sidr auf ihrem Großlogen-

tag 1951 in Bad Ems'den Namen ,,Vereinigte Groß-

loge der Alten und Angenommenen Maurer Yon

Deutschl'and" gab, vollzogen. Mit der VGL, das sei

hier vorweggenoûunen, gelang mir 'dann die Einglie-derung des FZAS! Die Genehmigung der Freimaurer-logen durch die Besatzungsbehörden blieb immer nodraus. Das führte lei'der dazu, daß viele Brüder, nament-

tich in den kleineren Orten, sidr wieder abwandten

oder den humanitären Logen zuwandten, die dortstärker vertreten waren, und von denen sie eifrig um-worben wur'den. Nichts ging mehr voran' alles sta-

gnierte. Sehr erschwert wurde die -Wiederaufbauarbeit

auch durch die Zoneneinteilung. Für jede der dreiwestlichen Besatzungsmädrte - Amerika, England undF¡ankreich - galten eigene, sehr unterschiedlidre Be-stimmungen über die 'Wiederzulassung der deutsdrenFreimaurerei.IJm einen besseren Kontakt unter unseren Brüdernheruustellen, gaben die Hamburger Brüder, untergroßen materiellen Opfern, 1945 die sporadisdr er-sdreinenden,, Vertraulichen Mitteilungen" heraus und1950 ,,Das Neue Freimaurertum" als Verteljahreszeit-scirrift. Aber audr das hatte nicht mehr den gewünsch-ten Erfolg. Selbst die Tatsache, daß wir am 3. Mai 1948

von der Kulturbehörde der Stadt Hamburg die Er-laubnis zur'Wiederaufnahme unserer Arbeit erhielten,vermochte den Aufbauwillen außerhalb Hamburgsnicht rnehr zu stärken. Briefe des Inhalts, daß man dieBemühungen auf Grund der kleinen Zahl der Inter-essenten eingestellt habe und daß man sidr einer hum,a-nitären Loge angeschlossen habe, waren kein Einzel-fall mehr. Ja, es sdrien, als wandten sidr unsere Brü-der jetzt in größerer ZahI den humanitären Logen zu,als daß sie unsere Reihen stärkten. Inmitten soldrerSituation erhielt idr aus Berlin von Br. Giwan, auf

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dessen Mitarbeit ich soviel Hoffnung gesetzt hatte, mitDatum vom 28. Márz 1949 ein Sdrreiben, dem ich fol-gendes entnehme: ,,Am 6. d. M. sind wir dr'eizehn

FZAS-Brüder von der Großen Freimaurerloge ,Zuden Alten Pflichten'regularisiert und'der Loge ,Ham-monia zur Treue' angesdrlossen worden. GroßmeisterRüdiger leitete selbst die Arbeit ... Am kommendenSonntag haben wir schon Lichteinbringung und nen-

nen uns Johannisloge ,Zar aufgehenden Sonne'. Mithe¡zlidren Grüßen,aucjh an alle Hamburger Brr. stets

Dein Dir trvbd. Br. Willi Giwan."

Damit war Berlin für uns verloren. Die Berliner Ent-scheidung machte wieder deutlidr, daß es der'Wunschder Brüder war, aus der Isolierung herauszukommen,um Anschluß an die reguläre Freimaurerei zu finden.Sie wollten nicåt länger mehr außerhalb der großen

Bruderkette stehen. Idr hatte dafär durchaus Verständ-nis, bedauerte nur, daß die Berliner Brüder diesen'Wegallein gegangen \À/aren.

'Wir hätten ihn gemeinsam aufBundesebene gehen sollen, d'as wäre besser und ein-,drucksvoller gewesen. Auf soldre Weise wurde dieZahl derjenigen, die bereit lvaren, am-Wiederaufbaudes FZAS mitzuarbeiten, l'angsam kleiner. In derHauptsache waren es Einzelbräder, die sicå in ihrenkleinen Often auf verlorenem Posten ftihlten, keineAussicht auf einen Erfolg ihrer Bemühungen mehrsahen und somit Mut und Geduld verloren. Bedingun-gen, wie sie in Hamburg vorhanden waren, waren ankeinem anderen Ort gegeben.

In l(a¡lsruhe w,ar seit 1945 unser Bruder Heinric.:hNic-kels um die Wiedererrichtung einer Bauhütte be-mäht. Aber audr er gab aus den gleichen widrigenUmständen seine Bemühungen auf. Mit seinem Sdrrei-ben vom 20. Novemb er 1949 bat er mich um seineehrenvolle Entlassung, um sich der Karlsruher Loge

,, Leopold zur Tr€ue" anzuschließen. Seinem'Wunsdrewurde entsprochen. fn meinem Antwortsch¡eiben batich ihn, dodr einmal wieder von sidr hören zu lassen.

Dieser Bitte ist er mit seinem Brief vom 21. Februar1951 nadrgekommen, worin ,er mir mitteilte, daß erin der Loge ,,Leopold zur Treue", die sich aus Brüdernfast aller ehemaligen Großlogen zusaÍrmensetzt, eineherzliche Aufnahme gefunden habe, und dann heißtes wö¡tlich: ,,'!Vir'denken und handeln hier so dog-menfrei wie der FZA:S, fast möchte ich sagen, nodrungebundener. 'Wir haben Ritualfreiheit und gestaltenuns unser Brauchtum schön und gefällig. - Ich hattevor wenigen'Woc.:hen Gelegenheit, midr mit Großmei-ster Br. Vogel länger zu unterhalten. Er freute sidrvon mir zu hören, daß ich aus dem FZAS komme undsagte, er schäøe die Brüder vom FZAS sehr hoch undsie seien ihm besonders herzlidr willkommen, d,a er imBegriffe sei, den linken Flügel der Großloge soweitauszubauen, daß er dem Gedankengut des FZASgleidrstehe." Das war eine Mitteilung, die midr auf-horchen ließ. In meinem Anû¡¡ortschreiben vom 18.l4.ärz l95I erinnerte ich Bruder Nid<els zunächsr andas zwischen unserem Br. S,atow und dem GroßmeisterBr. Pastor lfintze, Hamburg, geführte Gesprädr, dasnegativ verlaufen w,ar und fuhr dann fragend fort:,, ... sollte der ehrwürdige Br. Großmeister Vogel indieser Frage großzigiger sein, als der GroßmeisterPastor Hintze in Hamburg? Das zu wissen wäre fürmidr sehr wertvoll, da es die Möglidrkeit zuläßt, das

GespräcJr mit Br. Vogel wieder aufzunehmen. Ichwürde es begrüßen, wenn Du diese Frage einmal ven-tilieren könntest."Mit diesem Briefwedrsel, den die Karlsruher Brüderan den Großmeister Br. Vogel weitergaben, begannenmeine Bemühungen um die Eingliederung des FZASin die VGL.

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Die Vereinigte Großloge von Deutschland war eine

Neugründung, in die alle ihr angeschlossenen Logenihre Tmdition und ihre Riruale einbradrten.'Wenn es

möglich wa4, die Logen .der versdriedenen Systeme

mit ihren untersdriedlidren Ritualen in einer Groß-loge zu vereinigen, dann, so schien es mir, mußte dortauch Platz für den FZAS sein.

Nadr mandrerlei Korrespondenz, nadr Nennung vie-ler Orte und Termine, schien eine Zusammenkunft mitBr. Vogel am 7. Oktober 1951 in Osnab¡ück möglicfr.Aber e¡st nach Festsetzung dieses Dafums unterrich-tete ich Bruder Satov/ als Mitglied des Bundesvorstan-des und Bruder Zel&.'als den derzeitigen Meister vomStuhl der Loge ,,Friede und Freiheit" über die von mirinzwisdren geführte Korrespondenz und s€tzte sie vonder bevorstehenden Zusamrnenkunft mit Br. Vogel inKenntnis. Ich hatte beide absichtlich vor ein faitaccompli gestellt, um das Zustandekorìmen dieses

Tleffens nicht schon vorher an ihrem freidenkerischenDogrnatismus scheitern zu lassen. Dieses Tieffen fanddann alle¡dings nidrt arut 7. 10. in Osnabrück statt,sondern sdron am 29. September 1951 in Hamburgim Hotel Reichshof. Großmeister Br. Vogel kam voneiner Stuhlmeisterkonferenz in Hannover, in seinerBegleitung befand sich Br. Alfred Buss.

Die Besprechung fand in einem freundlidren und brü-derlichen Geiste statt. Großmeister Br. Vogel erwies

sidr als ein konzilianter und toleranter Gesprädrspart-

ner, dem es sofort gelang, einen vertraulichen undherzlidren Kontakt herzustellen. In einer solchen

Atmosphäre kam es dann auch zu fitr beide Seiten an-nehmb,aren Bedingungen.'Was der Eingliederung des FZAS in die reguläre Frei-rn"¿urerei bisher trennend gegenüberstand, war ihrFesthalten 'an der Ausschaltung der Symbole des

ABA\M und der Bibel aus ihrem Ritual. Es war mitden Grundsätzen des FZAS unvereinbar, den ABA'Wals persönlidre Gottesvorstellung im Sinne der christ-lidren Religionen anzunehmen, es war audr nicJrt mög-lidr, die Bibel als göttliche Offenbarung hinzunehmen.Voraussetzungen, die die reguläre Freimaurerei an ih¡eMitglieder stellte, da für sie ja eine nicht auf Gott be-zog,erre Freimaurerei keine Freimaurerei war. 'Wer inVerhandlungen geht, muß sidr darüber klar sein, daß,will er zu positiven Ergebnissen kommen, Kompro-misse gemadrt werden müssen.'Was die Verhandlungen und den'Weg zu Kompro-missen erleidrterte, war die Tatsadte, daß uns in derVGL ein vollkommen neuer Partner gegenüberstand.Die VGL war nidrt die'Wiederholung einer der Groß-logen von vor 1933, sie war vielmehr eine Neugrün-dung der alle ihr angesdrlossenen Logen, trm der Eini-gung der deutsdren Freimaurerei willen, unterGewäh-rung von Konzessionen beigetreæn waren.

Das Ergebnis unserer Verhandlung wrar, daß die Ein-gliederung des FZAS in die VGL unter der Annahmeder folgenden Bedingungen erfolgen sollte:

1. Die Bibel nzuf auf 'dem Altar liegen, ob gesdrlossenoder offen, steht frei. Das weiße Badt darf weireraufgelegt wer.den. Die Bibel bedeutet keine kon-fessionelle Bindung, sie gilt als das Symbol ethi-sdlen Strebens.

2. Aufnahme des Symbols A. B. A. W., der auchG. B. A.'W. genannr werden kann, in das Ritual.Dieses Symbol ist nicfrt an eine persönliche Gottes-vorstellung gebunden.

3. Es darf nadr dem Rirual des FZAS unter Berück-sichtigung der Punkte 1 ur¡d 2 weitergearbeitetwe¡den.

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Das waren für mich akzeptable Bedingungen. Für dieBrtider Satow und Zel&. w,aren es sdrwere Brocken,die sie anf,angs gar nidrt sdrlucken wollten.Wir konnten diese Bedingungen weder 'annehmen

noch ablehnen, ohne unsere Brüde¡ vorher gefragt zuhaben. 'Wir tr€nnten uns mit dem Versprecåen, demGroßmeister Br. Vogel sofort Nachricht zu geben,

sobald die Hamburger Brüder sic.:h entschieden hätten.Der lJnterre'dung mit dem Großmeister Br. Vogelfolgte am 16. Februar 1952 nodr ,eine zweite mit Br.Emil Selter. Es wurden nochnrals alle Fragen erörtertund,auch über die Modalitäten einer eventuellen Ein-verbräderung gesprodren.Mir ist nidrt rnehr erinnerlidr, wann und wie oft dieHamburger Brüder über die Frage der Eingliederungin die VGL diskutiert haben. Aus meinen Manuskrip-ten ersehe idr jedoch, daß ich am 21. Februar 1952 inder Loge ,,Friede und Freiheit" über die Verhandlun-gen mit den Brüdern Vogel und Selter berichtet habe,unter ausführlidrer Sdritrderung der damaligen Lageder deutschen Freimaurerei. Die Debatten waren heißund heftig, führten súließlich aber dodr unter Mehr-heitsbesdrluß zur Annahme der uns gestellten Bedin-gungen. Der Eingliederung des FZAS in die VGLstand nun nidrts mehr im 'Wege. Am 23. llf.ai 1952sandte ich an den Großmeister Br. Vogel unsere Ant-wort, der icJr folgendes entnehme: ,, . ..'die mit Ihnen,sehr ver,ehrter Br. Vogel, und mit Br. Selter gefährtenGespräche gaben uns die Möglichkeit, der Frage eines

eventuellen Ansdrlusses an die VGL näherzutreten.Wir haben die Frage seitdem einer ernsten und gründ-lidren Prüfung unterzogen und haben uns für einenAnsúluß an die VGL entsdrieden . . . wir geben lhnen,sehr verehrter Br. Vogel, hiermit von diesem Besdrlußoffrziell Kenntnis und bitten um Eingliederung in dieVGL."

Aus der Antwort des Großmeisters Br. Vogel vom 26.

Mai 1952 zitiere idr: ,,Ihre Zeilen vom 23. l'{.ai 1952habe nicht nur idr mit herzlicher Freude empfangen,sondern ebenso der Großmeistertag der VereinigtenGroßloge, zu dem sämtliche Landesgroßur-eister un'dAlt-Großmeister Hintze, Hamburg, anwesend waren.Ich habe daher nicht nur für mich und im Namen derGroßloge, sondern audr im Auftrage dieser BrüderIhnen aufridrtigen Dank zu sagen und Sie unserer brü-derlichen Anteilnahme an'der Größe und MännlichkeitIhres Entschlusses zu versidrern. Wir meinen damit,daß Sie der Bedeutung jener Brüder und Männer sidrwürdig gezeigt haben, die den Freimaurerband ZarAufgehenden Sonne einst gründeten, für fün lebten,zeugten und in'den Tod gingen."

Die offizielle Eingliederung des FZAS erfolgte am12. Juni 7952 in der Harburger Loge ,,Zur Erkennt-nis". Sie wurde durchgeführt von dem 1. dep. Groß-meister Br. Paul Ehmke.

Der FZAS hatte damit aufgehört, als selbständigeOrganisation zu bestehen.

Um den Namen des Bundes zu erhalten, änderten wirden Namen der Loge ,,Friede und Freiheit" in ,,Friedeund Freiheit Zar Aufgehenden Sonne", der später in,,Frieden und Freiheit Zar Auf.gehenden Sonne" korri-giert wurde.

Damit hatten die Brüder des ,,Freim,aurerbundes ZurAufgehenden Sonne" ihren Beitrag zur Einigung derdeutsdren Freim,aurerei geleistet. Erleichtert wurdeihnen ihre Entscheidung durdr die in den Jahren derFinsternis gemadrten Erfahrungen und der aus ihnengewonnenen Erkenntnis der Notwendigkeit der über-windung der Zersplitterung der deutschen Freimau-rerei. ErmöglicJrt wurde die Eingliederung durch denguten'Willen aller beteiligten Brüder und ausgeführr

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wurde sie durdr die Anwendung der maurerisdrenTugenden, 'die uns imner leiten sollten:

Bruderliebe trnd Toleranz.

LITERATUR

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Rtdolpb Penzìg: Freimaurer-Leh¡budr" Gerhard g¡¡lling, Olden-burg 1926.

Mønfred Stefiens: F¡eimaurer in Deutsólan{ Bauhätten VerlagFrankfurt 1966.

LernhofilPomn: Intemationales Freimaure¡lexikon, AmaltheaVerlag, Mänóen 1932.

Karl G. Físdter: Freimau¡erbriefe Nov.45, Zeits&lFrìeilridt lohn Böttner: Zersplitterung und Einigung Hamburg

1962.

Dìe Alten Pflídtten son 1723: Bauhätten Verlag, Frankfu¡r 1966.

Joh annes Dredtsler Vertrauli&e Mitteilungen.

lobannes Dredtsler: Das Neue F¡eimaurernrm, 1950-1952, Zeit-só¡ift.

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