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Zlata Duraković, Wien 2015
BANJA LUKA - Geschichte, Kunst und Kultur
LAGE DER STADT
Die Stadt Banja Luka befindet sich in Bosanska Krajina im Nordwesten des Landes
Bosnien-Herzegowinas. Bosanska Krajina, eine kulturhistorische Region ohne politische
Funktion, erfasst im Nordwesten ein großes Gebiet mit drei Flüssen, Una, Sava und Vrbas.
Banja Luka ist die größte Stadt dieser Region und die zweitgrößte in Bosnien-
Herzegowina.
Abb. 1–3: Ansichten der Stadt Banja Luka
Banja Luka liegt in einem Tal, welches von Hügeln umgeben und im Osten mit Tal des
Flusses Vrbanja sowie im Norden mit Lijevče Polje, einem Teil der Pannonischen Tiefebene,
verbunden ist. Die das Banja Luka-Tal umgebenden Hügel sind niedrig und bewaldet;
westlich befinden sich Lauš (383 m) und Petričevac (305 m), östlich Starčevica (509 m)
und Trapiska Šuma (Trappisten-Wald). Etwas weiter entfernt erheben sich die Berge
Manjača (1.239 m) im Südwesten und Čemernica (1.338 m) im Südosten.
An der Stelle ,wo der kühle und schnelle Fluss Vrbas die gebirgige Gegend verlässt
und in der tiefen Ebene einen allmählich langsameren Verlauf annimmt, erstreckt sich auf
beiden Ufern die Stadt Banja Luka. Im südlichen Teil fließt der Vrbas mitten durch die
Stadt und im Norden am Stadtrand entlang. Neben dem Vrbas fließen zwei kleinere Flüsse
durch Banja Luka, Suturlija und Crkvena sowie der Fluss Vrbanja. Die ersten beiden
verbinden sich mit Vrbas im Zentrum der Stadt und Vrbanja am Stadtrand im Osten.
Abb. 4: Fluss Vrbas im Bereich der Stadt Banja Luka
Der Name der Stadt leitet sich von zwei Begriffen ab: Banja könnte von einer Therme
(banja), einem Bergwerk (bánya, ungarisch) oder auch vom Herrschertitel (ban)
abgeleitet werden. Luka bezieht sich auf den regionalsprachlichen Ausdruck für das ebene
Weideland neben einem Fluss – und nicht auf Hafen, was häufig angenommen wird.
Nachdem es in der Nähe Thermalbäder gibt, ist es am wahrscheinlichsten, dass der Name
einen Standort bzw. eine Feldwiese mit Therme in einer Ebene neben einem Fluss (oder
zwischen zwei Flüssen) umschreibt. Im deutschsprachigen Raum wurde Banja Luka auch
Weina Luka genannt. Diese Bezeichnung ist nicht mehr gebräuchlich. Wegen den Flüssen
und dem üppigen Wuchs um diese sowie wegen der zahlrechen grünen Alleen gilt Banja
Luka als eine grüne Stadt. Beide Flüsse, Vrbas und Vrbanja, leiten vermutlich ihren Namen
von vrba (=Weide) ab; am Flussufer in einigen Gebieten der Stadt und der Umgebung
wuchern heute noch reichlich Weidenbäume (u. a. Bejtić 1953: 92, Ludvik 1954: 49f.,
Imamović 1998: 31).
VON DEN ERSTEN SIEDLUNGEN BIS ZUM MITTELALTER
Auf welche Zeit die ersten Siedlungen in Banja Luka zurückzuführen sind, entzieht
sich einer Feststellung. Einige Funde lassen auf die Besiedlung bereits in der Jungsteinzeit
schließen. Die bei der Festung Kastel ausgegrabenen Keramikstücke weisen auf die
Verbindung zur Badener- und Vučedol-Kultur hin und zeugen von der kulturellen
Entwicklung in der spätneolithischen Zeitepoche. Die ausgegraben Kupfergegenstände
um die Flüsse Vrbas (in den Ortschaften Bočac, Griča, Laktaši) und Bosna weisen darauf
hin, dass Metallwerkzeuge wahrscheinlich über die Wege um Save und Donau ins
Landesinnere Bosniens verbreitet wurden. Zahlreiche Artefakte, einen großen Zeitraum
betreffend, von der prähistorischen bis in die römische Zeit hinein, wurden in der Gegend
von Laktaši (Vorort Banja Lukas), sowie unweit von Banja Luka, in
Donja Dolina bei Bosanska Gradiška (neuerdings nur Gradiška)
ausgegraben. Die vorzeitliche Epoche betreffend, ist die
archäologische Stätte Donja Dolina in Bosnien-Herzegowina
eine der bedeutendsten. Die archäologische Stätte umfasst eine
Siedlung im Sumpfgebiet in der Größe von ca. 40.000m2 mit
dichterrichteten Pfahlbauten und 174 Gräbern. Neben vielen
Funden, Werkzeugen und Waffen wurde auch ein 12 m langes
Holzboot entdeckt. Die Siedlung war mindestens sieben
Jahrhunderte lang bewohnt. Vor den Römern haben auch die
Illyrer diese Gegend bewohnt. Forschungen zeigen, dass
zwischen Banja Luka und Prijedor die illyrischen Stämme der
Maezaei lebten, weiter westlich bis in Lika und weitere
naheliegenden kroatischen Gegenden hinein, die Stämme der
Japoden (siehe dazu u. a. Benac 1966: 70, Čović 1966: 87, 94ff.,
98f., 120, 122, 124–130, 134f., 141, 152ff., 154, 157, 164–165,
ders. 1976: 169–185, Pašalić 1966: 190, Garašanin/Kovačević
1966: 22, Garašanin 1982: 110, Harding 1995: 57, 59f., 69, 71,
97, Imamović 1998: 18f., 33f., König 2004: 10, 29, 42, 137, 142,
Šmalselj 2012: 131–160, LEJ I: 163).
Abb. 5: Skelett mit
Grabbeigaben, Donja Dolina
Eine Römerstraße führte auch über das Gebiet Banja Lukas, wo sich das Lager Castra
befand. In der Tabula Peutingeriana wurden Castra (Casra geschrieben) und Servitio
(Servitium/Bosanska Gradiška) verzeichnet. Die Straße verband Dalmatien mit
Pannonien, und war eine der längsten errichtenden Strecken dieser Zeit, und zugleich der
kürzeste Weg zwischen Salona, dem Verwaltungszentrum der damaligen Provinz Illyrien
(später Dalmatia), und der Pannonia, der römischen Provinz, die Ungarn, Burgenland,
sowie Teile Kroatiens, Sloweniens und Österreichs umfasste.
Karte I: Rekonstruktion der römischen Straßen aus Salona durch Bosnien
Castra, vermutlich vorerst ein militärisches Lager, lag entweder im Bereich von Gornji
Šeher, dem Stadtviertel im Süden Banja Lukas, oder direkt an der Stelle der späteren
Festung Kastel. Wie bedeutend Castra war, und ob es auch eine befestigte Siedlung
umfasste, ist nicht eindeutig. Ravlić ist der Ansicht, dass es eine Festung (castra) und eine
größere Siedlung (canabae) gab. Funde aus der unmittelbaren Gegend, in erster Linie
zahlreiche römische Münzen, Baureste bei der Festung Kastel und um die
schwefelhaltigen Wasserquellen sowie Ziegel, Stelen, Marksteine und Tempelreste
bestätigen diese Vermutung (Ravlić 1979: 9, siehe dazu u. a.: Truhelka 1901: 227ff., ders.
1903: 542, Čović 1976: 169–185, ders. 1984: 101–176, Pašalić 1966: 203–205, 218–224,
228, ders. 1984: 220ff., Bojanovski 1974: 18, 45, 49, 89, ders. 1988: 301ff., 325–344,
Basler 1984: 356, Imamović 1998: 34, Husedžinović 2005: 33ff.).
Einer der bedeutendsten antiken Funde aus dieser Gegend ist ein dem Gott Jupiter
geweihter Altar, welcher während der Umbauarbeiten der Brücke über den Fluss Crkvena
im Jahre 1895 im Stadtzentrum gefunden wurde. Die 112 cm hohe Ara wurde aus einem
Stück Kalkstein gearbeitet. Der Mittelteil mit der Inschrift misst 41 cm und steht auf einem
einfach abgetreppten 49 cm breiten Sockel. Den oberen Abschluss bilden ein
vorspringendes Gesims und ein abgerundeter, seitlich leicht zurückgesetzter Aufsatz
(siehe dazu Bojanovski 1988: 301f., Ravlić 2002: 42ff.).
Die Vorderseite des Gesimses sieht so aus, als ob
sie einst ein flaches Relief getragen hätte,
während die obere sowie die Rückseite im rohen
Zustand belassen wurden. Die auf der leicht
polierten ebenen Fläche angebrachte Inschrift
(„I(ovi) o(ptimo) m(aximo) et Gen(io) Loci L Sicinius
Macrinus b(eneficiarius) co(n)s(ularis) P(annoniae)
s(uperioris) v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito)“) lässt
vermuten, dass sich in der Gegend der Fundstätte
ein Jupiter-Heiligtum befand. Abb. 6: Jupiter-Altar, Zeichnung
Die breit angelegte Festung, Kastel genannt, stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Den
Namen Kastel trägt sie erst seit etwas mehr als einem Jahrhundert, seit der österreichisch-
ungarischen Verwaltung. Die Neuankömmlinge, österreichisch-ungarische Beamte und
Offiziere, bezeichneten nämlich die Festung mit dem deutschsprachigen Ausdruck Kastell.
Davor wurde die Anlage Stadt (Grad), Altstadt (Stari grad) oder einfach Festung
Banjalukas (Banjalučka tvrđava) genannt (Ravlić 2002: 181). Die Festung liegt auf einer
leichten Anhöhe am linken Ufer des Flusses Vrbas. Richtung Vrbas ist das Terrain
abfallend und auf der rechten Seite, angrenzend an den kleinen Fluss Crkvena, sanft und
eben. Bereits die geomorphologische Lage zwischen zwei Flüssen auf einer Anhöhe deutet
auf einen strategisch gut ausgesuchten Standort hin. Der gesamte Bereich der Festung
Kastel umfasst über 26.000 m², und innerhalb der Mauern über 21.000 m² . Die Festung
besitzt einen polygonalen, leicht trapezförmigen Grundriss.
Abb. 7: Grundriss der Festung Kastel
Die ältesten Funde in und um die Festung stammen aus der prähistorischen Zeit;
Fragmente der Steinwerkzeuge, Siedlungsreste, Keramikfragmente, Tierknochen etc. aus
der Steinzeit bis in die Spätbronze- und Eisenzeit. Die antiken Funde sind etwas seltener.
Hinweise auf Brände deuten darauf hin, dass die antiken Bauten teilweise aus Holz
errichtet wurden und dem Feuer zum Opfer fielen. Aufgrund der mehrfachen Umbauten
und der Erweiterung der Festung über die Jahrhunderte wurde bis zum Jahre 1988
lediglich vermutet, dass der erste Bau bis in die Antike zurückreicht. Die lange
Trockenperiode des Jahres 1988 begünstigte die Entdeckung der Fundamente einer
spätantiken Basilika, wodurch auch die bis dahin entdecken Mauerreste unter einem
anderen Blickwinkel betrachtet werden konnten. Die Fundamente der Basilika, nach dem
System opus incertum errichtet, sind über 40 m lang und 34 m breit. Die Größe der Basilika
unterstreicht die Bedeutung der gesamten antiken Festung. Die vorher entdeckten
Mauern im südöstlichen Teil der Festung wurden nach dem römischen Bauprinzip opus
quadratum aus 90 cm breiten quadratförmigen, regelmäßig aufgestellten Steinblöcken
errichtet. Die Reste dieser Mauer sind auf einer Seite sieben und auf der anderen neun
Meter lang. Aufgrund weiterer Funde innerhalb und außerhalb der Festung sind Forscher
der Ansicht, dass es eine große Siedlung neben der Festung gab. Die Festung wurde
sowohl im Mittelalter als auch während der osmanischen Herrschaft umgebaut, teilweise
umfunktioniert und erweitert (über die Festung siehe u. a. Radimský 1892: 221–222,
Skarić 1924, Bejtić 1953: 91, 93–97, Kreševljaković 1952: 123–125, 127, 151, ders.
1953: 26, Pašalić 1960: 24, Pašalić 1966: 203–205, Anđelić 1966: 419, Čremošnik 1972:
133f. dies. 1973: 193–195, Bojanovski 1974: 95, ders. 1988: 301f., 342, 349, 360, 375,
Žeravica L. 1975: 685–692, Žeravica Z. 1983: 41–54, Graljuk 1983: 23–40, ders.
1986: 136–137, ders. 1988, Ravlić 2002: 329, Husedžinović 2005: 39–45, 48–61).
Abb. 8–15: Ansichten der Festung Kastel