Zugleich systematischer Nachvollzug der Prüfung des Eingangsfalles

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§ 2 Regelungsstruktur und große Generalklausel des § 3 I UWB (unlautere geschäftliche Handlungen), §§ 4 – 7 UWG Zugleich systematischer Nachvollzug der Prüfung des Eingangsfalles

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§ 2 Regelungsstruktur und große Generalklausel des § 3 I UWB (unlautere

geschäftliche Handlungen), §§ 4 – 7 UWG

Zugleich systematischer Nachvollzug der Prüfung des Eingangsfalles

Page 2: Zugleich systematischer Nachvollzug der Prüfung des Eingangsfalles

Überblick über § 2

I. Regelungsstruktur, große Generalklausel des § 3 I UWG und Grundbegriffe

II. § 7 I 1 UWG als eigenständige Verbotsnorm

III. Katalog unlauterer Handlungen(nicht: unzulässiger …!! ----> § 3 I!)

IV. Systematische Besonderheiten

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I. Regelungsstruktur, große Generalklausel und Grundbegriffe

1. Regelungsstruktur a. Struktur des UWG 2004:

Wettbewerbshandlung als Anknüpfungspunkteine GK (§ 3) mit Beispielstatbeständenkeine besonderen Verbrauchertatbestände

b. 1. UWG-Novelle v. 2008: geschäftliche Handlung als Anknüpfungspunktzwei GK (§§ 3, 7) mit Beispielskatalogen §§ 4 – 7 UWG

besondere Verbraucher-Beispiels-Tatbestände (Relevanz des Verbraucherbegriffs)„schwarze Liste“verstärkte Bedeutung der RL (Vollharmonisierung „b2c“)gespaltener Schutzzweck (Wettbewerber/Verbraucher)

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2. Generalklausel § 3 I UWG

a. geschäftliche Handlung, § 2 I Nr. 1 UWG Vgl. BGHZ 3, 270 – Constanze; 65, 325 – Warentest II; Grundlage ist Art. 2 lit. d UGP-RL (dazu sogleich)Erfasst werden auch:

UnterlassungenHandlungen nach Geschäftsabschlussz.B. Ankündigung eines Gewährleistungsausschlusses gegenüber Verbrauchern

durch AGB entgegen § 475 BGB, BGH NJW 2011, 76

oder Ankündigung des Besuchs eines „Inkasso-Teams“; OLG München GRUR-RR 2010, 50 Rn.

Beachte: auch Krankenkasse ist Unternehmen i.S. von § 2 I Nr. 1 UWG bzw. der UGP-RL (so EuGH NJW 2014, 288)

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(Generalklausel § 3 I UWG)

b. Unlauterkeit

aa. alle Handlungen, die den anständigen Gepflogenheiten in Handel, Gewerbe, Handwerk und selbständiger beruflicher Tätigkeit zuwiderlaufen

bb. Konkretisierung allgemein in § 3 UWG

cc. Beispiele der §§ 4 – 7 UWG: wichtig!

dd. Bedeutung der Richtlinie 2005/29/EG: unlautere Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern

- „UGP-Richtlinie“ee. Verschulden? Nur für Schadenersatz wichtig

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(Generalklausel § 3 I UWG)

c. Zum Nachteil bestimmter Dritter

aa. konkrete Beeinträchtigung des Wettbewerbs

bb. Definitionen des § 2 UWG: Mitbewerber, Verbraucher, Marktteilnehmer

Mitbewerber nur bei konkretem Wettbewerbsverhältnis z.B. KG GRUR 2000, 242: Versicherung/Versicherungsmakler

(wenden sich an denselben Kundenkreis zwecks Geschäftsabschluss)

Problematik der allgemeinen Marktbehinderung

z.B. BGH GRUR 2004, 602, 603 – Zwanzig Minuten Köln –Verteilung kostenloser durch Anzeigen finanzierter Tageszeitung

mit der Konsequenz von Absatzeinbußen bei Kaufzeitungen (zulässig!)

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(Generalklausel § 3 I UWG)

d. Erheblichkeit bzw. Spürbarkeit

nur Bagatellfälle ausgeschlossen (was ist das?); vgl. Art. 5 II RL

Wertung aus dem Blickwinkel der Wettbewerbsordnung! Spielraum für Argumentation!

BGH NJW 2004, 3032, 3032 – WerbeblockerBGH NJW 2006, 1665 – Direktansprache am Arbeitsplatz IIBGH NJW 2008, 1388 – fehlerhafte Preisauszeichnung (zu hoher Preis!)OLG Saarbrücken v. 30. 11. 2007 – Fehler bei Angabe auf Anwaltsbriefkopf

Problem: fehlerhafte AGB; vor allem hinsichtlich Belehrung über Widerrufsrecht; zur Konkurrentenklage vgl. Köhler, NJW 2008, 177.

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II. § 7 I 1 UWG als eigenständige Verbotsnorm

1. § 7 I 1 UWG unzumutbare Belästigung2. § 7 I 2 UWG als hervorgehobenes Beispiel: Briefkasten!3. § 7 II UWG unzulässige Telefonwerbung pp.

(mit Ordnungswidrigkeitssanktion in § 20 UWG: 0, 3 Mio. Euro) –

praktisch wichtig! Problem für Direktmarketing(vgl. BGH NJW 2013, 2683 – Einwilligung in Werbeanrufe II)

zu Double-Opt-In (vor einem Telefonanruf) vgl. OLG München, WRP 2013, 111; BGH NJW 2011, 2657; Ernst, NJW 2013, 2637.

4. § 7 III UWG als Konzession an die Werbebranche

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III. Katalog unlauterer Handlungen(nicht: unzulässiger …!! ----> § 3 I!)

1. Unlauterkeit nach § 4 UWG

Nr. 1 EntscheidungsfreiheitNr. 2 Ausnutzung …Nr. 3 Verschleierung des WerbecharaktersNr. 4 Unklarheiten bei VerkaufsföderungsaktionenNr. 5 Unklarheit bei PreisausschreibenNr. 6 sog. Kaufzwang (näher dazu unten )Nr. 7 VerunglimpfungNr. 8 schädigende TatsachenbehauptungNr. 9 Nachahmung (Abgrenzung zum Sonderrechtsschutz)Nr. 10 gezielte Behinderung (sehr wichtig! Abgrenzungsproblem! Headhunter!)Nr. 11 Verstoß gegen Rechtsvorschriften (sehr wichtig!)

Stand 30. 4. 2014

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Einige Beispiele zu § 4 UWG (+=unlauter) :Nr. 1: „jeder 100ste Einkauf gratis“, BGH v. 22. 1. 2009 –; Bewerbung von Zigarillos ohne

Warnhinweis, BGH v. 13. 7. 2006 +Nr. 2: Sammelaktion für Schokoriegel, BGH v. 17. 7. 2008 +; Werbung für Handy-Klingeltöne

bei erheblichen Kosten, BGH v. 6. 4. 2006 +; Zeitschrift mit Sonnenbrille, BGH v. 22. 9. 2005 -; 2 Euro Rabatt für jede Eins (vgl. Nr. 28 Anhang!), BGH v. 3. 4. 2014 -

Nr. 3: Aufmachung von Werbeanzeige als redaktioneller Beitrag in kostenlosem Magazin, so OLG Karlsruhe v. 8. 10. 2004 +; „sponsered by“ genügt nicht für bezahlte Anzeige, so BGH v. 6. 2. 2014 – I ZR 2/11 +

Nr. 4: bereits bei Werbung für Räumungsverkauf sind Bedingungen (etwa Ende des Räumungsverkaufs) nicht angegeben, so BGH v. 30. 4. 2009 +

Nr. 5: bei FIFA-WM-Gewinnspiel mussten Teilnahmebedingungen genau angegeben werden; bei Fernsehwerbung evtl. gewisse Erleichterung; BGH v. 9. 7. 2009 -– Orientierung am Aufklärungsbedürfnis bei Urlaubsgewinnspiel, BGH v. 10. 1. 2008 –– „Kostenbeitrag“ bei Gewinnspiel muss transparent sein, Anruf über kostenpflichtige

Tel-Nr. unzulässig, wenn nicht tatsächlich Gewinn erzielt, BGH v. 9. 6. 2005 +

Nr. 6: vgl. dazu näher unten § 3

Fortsetzung folgt!

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Fortsetzung: Einige Beispiele zu § 4 UWG :

• Nr. 9 betr. Übernahme eines Nummernsystems des Marktführers bei Briefmarkenkatalog; Nachahmung Medizinprodukt; LIKEaBIKEmountain/bykie für Kinderfahrrad; Nachahmung eines Ausbeinmessers; Herkunftstäuschung bei Handelsmarke; oder bei besonderem Möbel-Design (versch. BGH-Urteile von 2009/2010)

• Nr. 10: marktkonforme Auslegung nötig! praktisch sehr große Bedeutung! Vgl. Headhunter; Abwerbung von Mitarbeitern; Behinderung bei Absatz, bei Werbung, bei Kennzeichen, durch Boykott (Aufruf zur Kündigung Girokonto, BGH v. 6. 2. 2014)), durch Nachfragemacht, durch Betriebsstörung, durch Preisunterbietung, durch Diskriminierung, durch Registrierung von Domains, durch Keyword-Advertising– Fälle überschneiden sich häufig mit anderen speziellen Normen, auch des GWB!

• Nr. 11: praktisch auch sehr wichtig! Transformation von Verbotsvorschriften in Ansprüche Betroffener: Produkt-, Berufs-, Medienbezug, Pressegesetze, Preisauszeichnungs- und Aufklärungspflichten (Grenze: bloßer Schutz der öffentlichen Hand)– Aktuell wichtig: inwieweit sind die §§ 305 ff. BGH betr. AGB solche Verbote? BGH v. 31. 3. 2010

Gewährleistungsausschluss im Internet +

zum aktuellen Sachstand etwa Klute, NJW 2012, 3409; Lettl, BB 2012, 1999 ff. 1913, 2563 ff.

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2. Unlauterkeit nach den §§ 5-6 UWG

a. § 5 Unlauterkeit irreführender geschäftlicher Handlungen wichtig! Abs. 1 S. 2: unwahre Angaben bzw.

zur Täuschung geeignete Angaben (z.B. BGH WRP 2009, 951 bei Unklarheit – 20% auf alles); zur ges. Vermutung s. untenAngaben, keine Anpreisungen - vgl. „das strahlendste Weiß meines Lebens“ – aber:

Hühnergegacker!

Unwahr bzw. täuschend – betrifft typisierten Adressat - Stichwort Adressatenleitbild: früher in D große Schutzbedürftigkeit angenommen: Gefahr der Irreführung eines nicht

unerheblichen Teiles der Adressaten (10-20%) – heute: der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher (Adressat)

normativ!

Angaben über bestimmte Umstände: Nr. 1 – 7 Abs. 2 betrifft Verhältnis zu §§ 5, 15 MarkenG: kein Vorrang des Markenrechts vor dem UWG im Hinblick

auf die Herkunft (so aber noch BGHZ 149, 191, 195 f. – juris Rn. 24 - shell.de) wegen Art. 6 II lit. a RL über unlautere Geschäftspraktiken! Vgl. neuerdings BGH WRP 2009, 824 – Ostsee-Post -

Abs. 3 betrifft Irreführung bei vergleichender Werbung; vgl. BGH GRUR 2010, 658 – Paketpreisvergleich +Abs. 4 betrifft Mondpreiswerbung; vgl. BGH WRP 2009, 951 betreffend Rabattaktion +

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(Unlauterkeit nach den §§ 5-6 UWG)

b. § 5 a I UWG

Unlauterkeit der Irreführung durch Unterlassen (vgl. § 2 I Nr. 1 UWG; Rechtspflicht zum Handeln?) z.B. OLG Sachsen/Anhalt v. 29. 5. 2009 – juris: Werbung mit wiss. nicht abgesicherten Wirksamkeitsbehauptungen (Elektroosmose zur Trockenlegung von Mauerwerk)

Abs. 2-4 betreffen Werbung gegenüber Verbrauchern; dazu im nächsten Kapitel (§3)

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c. § 6 II Unlauterkeit bei vergleichender Werbung

§ 6 I UWG definiert

Vorschrift betrifft nur Werbung im Hinblick auf Mitbewerber (vgl. § 2 I Nr. Nr. 3 UWG), z. B. durch Produktimitation (vgl. BGH NJW 2010, 2213 Rn. 28 – Oracle; hier

war seitens der Zwischenhändler die Imitation erkennbar)

§ 6 II enthält abschließende Aufzählung für Unlauterkeit wegen eines Werbevergleiches

(aber: Vergleich kann aber aus sonstigen Gründen, z.B. wegen Irreführung unlauter sein! § 5 Abs. 2 und 3)

Hintergrund ist Art. 4 RL 2006/114/EG v. 12. 12. 2006 und Art. 34 ff. AEUV Frühere deutsche Judikatur war sehr restriktiv! RG GRUR 1931, 1299 – Hellegold.; BGHZ 139, 378 – Vergleichen Sie.

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IV. Systematische Besonderheiten

1. Kein Schutzgesetz i.S. von § 823 II BGB BGH NJW 1974, 1503 - WM 1974, 751-754 - Prüfzeichen

2. Kein Verbotsgesetz i.S. von § 134 BGB

3. Verbote des UWG sind letztlich speziell geregelte Fälle des § 826 BGB! § 826 bleibt stets anwendbar (Verjährung!)

4. Im Anwendungsbereich des UWG sind die Grundsätze über den

Eingriff in den Gewerbebetrieb (§ 823 I BGB) unanwendbar.Stand 7. 5. 2014 (vgl. aber Verständnisfragen, nachfolgend!)

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Verständnisfragen zu § 2 der Vorlesung

1. Ein Brillenhersteller stellt Augenärzten ein Brillensortiment nebst Computersystem zur Brillenanpassung zur Verfügung, wobei im Falle der Bestellung durch den Patienten der Augenarzt zwischen 80 und 160 Euro Prämie erhält. Verstößt der Brillenhersteller gegen das UWG?

2. Baumarkt B garantiert seinen Kunden, dass diese bei Nachweis niedrigerer Preise seitens der Konkurrenz C die Differenz erstattet erhalten. Zulässig?

3. Einmalige unaufgeforderte Übersendung einer bereits auf den Namen des Empfängers ausgefüllten Kreditkarte durch ein Bankunternehmen an seine Kunden. Zulässig?

4. Was versteht man unter Unlauterkeit?5. Welche Definitionen bietet § 2 UWG?6. Welche Ansprüche ergeben sich aus den §§ 3 und 7 UWG?7. Was verbieten die §§ 4-6 UWG?8. Welche Bedeutung hat § 4 UWG für die Auslegung der Generalklauseln der §§ 3 und 7?9. Können mehrere Tatbestände des UWG gleichzeitig vorliegen?10. Welches sind die wichtigsten Tatbestände von § 4 UWG?

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Verständnisfragen zu § 2 der Vorlesung; Lösungshinweise

1. Ein Brillenhersteller stellt Augenärzten ein Brillensortiment nebst Computersystem zur Brillenanpassung zur Verfügung, wobei im Falle der Bestellung durch den Patienten der Augenarzt zwischen 80 und 160 Euro Prämie erhält. Verstößt der Brillenhersteller gegen das UWG? BGH NJW-RR 2011, 260

2. Baumarkt B garantiert seinen Kunden, dass diese bei Nachweis niedrigerer Preise seitens der Konkurrenz C die Differenz erstattet erhalten. Zulässig? ja

3. Einmalige unaufgeforderte Übersendung einer bereits auf den Namen des Empfängers ausgefüllten Kreditkarte durch ein Bankunternehmen an seine Kunden. Zulässig? BGH NJW 2011, 3159: ja.

4. Was versteht man unter unlauteren Handlungen? Alle Handlungen, die den anständigen Gepflogenheiten in Handel, Gewerbe, Handwerk und selbständiger beruflicher Tätigkeit zuwiderlaufen; vgl. auch § 3 II UWG und Art. 3 lit. h UGP-RL.

5. Welche Definitionen bietet § 2 UWG?6. Welche Ansprüche ergeben sich aus den §§ 3 und 7 UWG? keine.7. Was verbieten die §§ 4-6 UWG? nichts8. Welche Bedeutung hat § 4 UWG für die Auslegung der Generalklauseln der §§ 3 und 7? Wertung ist für

Konkretisierung relevant.9. Können mehrere Tatbestände des UWG gleichzeitig vorliegen? Ja.10. Welches sind die wichtigsten Tatbestände von § 4 UWG? Nr. 1, 10, 11.