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Zeitschrift der JUSO Kanton Zürich April 2010, Nr. 3, www.juso.org neuland

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Zeitschrift der JUSO Kanton ZürichApril 2010, Nr. 3, www.juso.orgneuland

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Man hätte kaum mehr damit gerechnet nach diesem bitteren Winter. Doch end-lich ist es soweit. Der Frühling steht vor der Türe. Und mit ihm all die Frühlingsge-fühle: entspannte Seligkeit, neue Lebens-energie – und dieses wunderbar-merk-würdige Gefühl im Magen, das einem gleichzeitig beflügelt und lahm legt... Aus aktuellem Anlass deshalb Tipps zum The-ma Frühling.

«Moon Safari»Musikalbum der französischen Band

Air. Was gibt es schöneres, als zu den wundervoll orchestrierten, sphärischen Klängen dieser Band die Seele baumeln zu lassen? Sich an einem warmen Tag in die Hängematte zu fläzen, «Play» zu drü-cken und den Gedanken freien Lauf zu lassen? Schlichtwegs der perfekte Sound-track zum Frühling.

Virgin Records, 1998, 43:33 Minuten, 15 Franken

Die neuen Leiden des jungen W.Buch von Ulrich Plenzdorf. DIE klassi-

sche Liebesgeschichte der deutschen Literatur darf hier natürlich nicht fehlen. Diesmal jedoch in neuem Gewand: W. steht nicht für Werther, sondern für Wibeau. Charlotte wird nicht mit Lotte, sondern mit Charlie abgekürzt. Und die Geschichte spielt im Ostberlin der 70er-Jahre.

Mittels geschickter Reminiszenzen auf das Meisterwerk von Goethe schafft es Plenzdorf, die ganze Spiessigkeit und den Mief der damaligen DDR zu ent-larven, ohne der Zensur anheim zu fallen.

Suhrkamp, 1976, 148 Seiten, circa 10 Franken

American BeautyFilm von Sam Mendes. Der Plot die-

ses Meisterwerks in einem Satz zusam-mengefasst, tönt so abgedroschen, wie es nur geht: Ein Mann in der Midlife-Crisis erlebt seinen zweiten Frühling.

Doch der Film ist mehr als das. Er ist eine brillante Parodie darüber, was die-se Gesellschaft mit all ihren Sachzwängen aus den Menschen macht. Er ist ein Auf-ruf dazu, aus der ganzen Scheisse aus-zubrechen und von neuem anzufangen. Er zeigt die Unmöglichkeit, als Einzelner dem System zu entkommen. Und trotz al-ledem ist er einfach nur wunderschön.

Dreamworks Pictures, 1999, 117 Minuten, circa 15 Franken

Kulturtipps45 000 Unterschriften sind bereits ge-

sammelt. Damit wir die 1:12-Initiative bis im Oktober ganz zusammen haben, heisst‘s in den nächsten Monaten auch im Kanton Zürich nochmals: Sammeln, sam-meln, sammeln. Hoffentlich auch mit dir!

Hier wird in der nächsten Zeit gesammelt: Do, 15. April, 17.30 bis 19.30 Uhr

Am Central in Zürich

Sa, 17. April Nationaler Sammeltag: 10 000 Unter-schriften in der ganzen Schweiz!

Do, 22. April, 17.30 bis 19.30 Uhr Am Central in Zürich

Sa, 24. April, 11.00 bis 13.00 Uhr In der Marktgasse in Winterthur / im Zürcher Unterland (genauer Ort siehe unterland.juso.org)

Sa, 1. bis Mo, 3. Mai An den 1.Mai-Demos/-Festen

Do, 6. Mai, 17.30 bis 19.30 Uhr Am Bellevue in Zürich

Sa, 8. Mai, 11.00 bis 14.00 Uhr Marktgasse in Winterthur

1:12Di, 20.4.2010Allgemeines Aktionsgruppentreffen

JUSO Winterthur, Zeit: 19:30, Ort: UNIA Sekretariat, Lagerhausstr. 6, Winterthur.

Fr, 30.4.2010 – So, 2.5.20101. Mai Fest Stadt Zürich: Wie immer

mit der legendären JUSO/SP-Bar! Ort: Kasernenareal, Zürich.

Sa, 1.5.2010Podiumsdiskussion «Gerechte

Löhne», Zeit: 18:00, Ort: Zeughaus 5, Ka-sernenareal, Zürich.

Di, 4.5.2010VV JUSO Winterthur, Zeit: 19:30, Ort:

UNIA Sekretariat, Lagerhausstrasse 6, Winterthur.

So, 9.5.2010Treffen der AG-Bildung, JUSO Kt. ZH,

Zeit: 15:00, Gartenhofstr. 7, 8004 Zürich.

Mo, 10.5.2010VV JUSO Unterland, Zeit: 19:30, Ort:

Unia Sekretariat Bülach.

Di, 18.5.2010Allgemeines Aktionsgruppentreffen

JUSO Winterthur, Zeit: 19:30, Ort: UNIA Sekretariat, Lagerhausstr. 6, Winterthur.

Di, 25.5.2010VV JUSO Stadt Zürich, Zeit: 19:00,

Ort: Gartenhofstrasse 7, 8004 Zürich.

Do, 27.5.2010VV JUSO Illnau-Effretikon, Zeit: 19:30,

Ort: Kipferhaus, Effretikon.

JUSO-Agenda

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Arschloch des QuartalsAbzocker-Schreck Thomas Minder, mischt seit geraumer Zeit in der Bun-

despolitik mit. Für seine Initiative hat er kürzlich mit dem Teufel paktiert. Was ist der Grund dafür? Ihm ist aufgefallen, dass sein Initiative erhebliche Mängel aufweist und ein Gegenvorschlag her muss. Wer wäre dabei der beste Bünd-nispartner? Ja genau! Ausgerechnet der alte Mann, der, als er noch Justizmi-nister war, im Dossier Aktienrechtrevision völlig versagt hat. Übrigens meint Minder zur 1:12-Initiative: «Die Juso-Initiative geht zu weit. Der Ansatz ei-nes Faktors finde ich nicht schlecht, doch müssten die Aktionäre diesen selbst über die Statuten festlegen können.» Den ArbeiterInnen wäre damit aber be-stimmt nicht geholfen, die Kapitalgeber werden weiterhin den Managern die hohen Bonis genehmigen. In guten, wie in schlechten Zeiten.

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folgreiche Unternehmen abzuzwacken. Skrupel oder Solidarität kennt man dabei keine. So wird zum Beispiel gerne auch mal der kantonale Finanzausgleich fürs eigene Steuerdumping missbraucht.

Nützt eine solche kantonale Steuerpo-litik wirklich allen? Nicht wirklich, mei-nen die AppenzellerInnen, die sich auf-grund der explodierenden Bodenpreise den Wunsch nach einem Einfamilienhaus in ihrem Heimatort nicht erfüllen können. Nicht wirklich, meinen die ZugerInnen, die aufgrund der überhöhten Miet- und Lebenserhaltungskosten in den Nachbar-kanton ziehen müssen.

Nicht wirklich, meint man auch auf kommunaler Ebene. Dort werden Sozial-hilfebezüger mit Peitsche («Deine Woh-nung ist zu teuer!») und Zucker («Wir zahlen einen Teil deiner neuen Miete, wenn du wegziehst!») aus ihren Gemein-den vertrieben. Schliesslich bezahlen die Gemeinden die Sozialhilfe – und ir-gendwie muss das Geld aus den Steuer-

senkungen ja wieder reinkommen. Über-haupt nicht, weiss man inzwischen auf eidgenössischer Ebene, wo man immer noch konsequent zwischen Steuerhinter-ziehung und Steuerbetrug unterscheidet, und wo man sich am untragbaren Bank-geheimnis festklammert. Jährlich werden dadurch nur schon die Entwicklungs-länder um 5,4 Milliarden – sprich dem Zweieinhalbfachen der Schweizer Ent-wicklungshilfe – betrogen.

Doch Rettung naht! Unter der Be-zeichnung «Steuerwende» haben sich verschiedene Organisationen versam-melt, um diesen Übeln entgegenzuwir-ken. Mit Forderungen, wie der Abschaf-fung des Bankgeheimnisses, der Ein-führung von Kapitalgewinnsteuern und generell von mehr Transparenz kämpft man für Steuergerechtigkeit. Ob es nützt? Aber sicher!

Jetzt unterschreiben für Steuer-grechtigkeit: www.steuerwende.ch

Nyima Tsering In einem Land, in welchem die Innenpolitik zunehmend auf Standortpolitik reduziert wird, ähneln die verschiedenen Gemeinden und Kantone immer mehr profitorientierten Unterneh-men. Durch Imageberater, die man der Privatwirtschaft abspenstig gemacht hat, soll das «Produkt» möglichst viele reiche Zuzüger gewinnen. Als effizientestes In-strument dient der interkantonale Steuer-wettbewerb, bei dem es darum geht, den anderen Kantonen auf Teufel komm raus zahlungskräftige Einzelpersonen und er-

Luzi Borner Wir trauern um die Kulturbesetzung Chalchi – gute Freundin, Kultur- und Politikzentrum: Die «Chalchi» ist im hohen Alter von sechs Jahren von der VBZ als Hauseigentümerin und der Zürcher Stadt-polizei zu Grabe getragen worden. Nach einem schwie-rigen Start 2003 (nach einer Renovation 2001 wurde die Chalchi zwei Jahre später von der Stadt professio-nell «unbesetzbar» gemacht) hat die Chachli ein Leben geführt, das für alle, die daran teilhaben konnten, eine Bereicherung war.

Mit der Chalchi konnten wir Nächte lang unkom-merzielle Partys feiern. Oft haben wir sie erst zu später Stunde verabschiedet. Viele haben gemeinsam mit ihr geplant, organisiert und aufgeräumt. Wir haben mit ihr gratis Filme geschaut, uns kulinarische Köstlichkeiten

zu Leibe geführt und unsere eigenen T-Shirts gedruckt. Sie hatte stets ein offenes Ohr für unsere politischen Ideen und hat sich mancher Diskussion gestellt. Beein-druckend an der Chalchi war, dass sie immer auf unse-re Visionen und Luftschlösser baute.

Ein herzliches Beileid und ein Dankeschön an alle Freunde und Angehörigen, die ihr in guten wie in schlechten Zeiten beistanden. Wir hoffen das in Zu-Reich schon bald ein würdiger Nachkomme der Chal-chi das Licht der Welt erblickt und wünschen den Ge-burtshelfern gutes Gelingen!

Nachruef uf d’ cChalchi

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Steuergerechtigkeit jetzt!

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Mit der üblichen Härte setzen die Rechten den Rot-stift auch dieses Jahr auf Seite der Versicherten an. Ei-genverantwortung heisst ihr Credo, Sozialabbau ihr Ziel. Den ersten Angriff gegen die Sozialwerke konn-ten wir Linken eindeutig für uns gewinnen: Das wuchti-ge Nein gegen eine Senkung der Pensionskassen-Rente spricht eine deutliche Sprache. Die Bürgerlichen schei-nen diese Sprache aber nur teilweise verstanden zu haben. Nach der Abstimmungsniederlage gegen den Rentenklau – und aus Angst vor einem Referendum – milderten sie zwar ihre Forderungen in der Arbeitslo-senversicherungs-Revision ein wenig ab, hielten aber weiterhin am Abbau fest, der sich vor allem gegen Jun-ge und Langzeitarbeitslose richtet.

Zeit, eine deutlichere Sprache zu sprechenEs ist nicht die Schuld der ArbeitnehmerInnen,

wenn sie arbeitslos werden. Nicht sie haben die Kri-se verursacht, sondern der Neoliberalismus und Fi-nanzkapitalismus. Es ist ein System, das nach Profit und Gier schreit. So hat das gierige Treiben der Mana-ger aus der Teppichetage die Welt in die Krise gerit-ten. Plötzlich schrieen jene ganz laut nach dem Staat, die sonst den Staat verschmähen. Und der Staat? Die bürgerlichen PolitikerInnen eilten in Windeseile heran und halfen mit Milliarden-Geschenken ihren ideologi-schen FreundInnen aus der Patsche. Diese feiern fröh-lich weiter – von Reue und Reflexion keine Spur. Und dieselben, die grosszügig Milliardengaben an die Ban-ken verteilt haben, bitten nun die ArbeitnehmerInnen, Familien und RentnerInnen zur Kasse. Sie sollen für eine Krise bezahlen, die sie nicht verursacht haben. Die Arbeitslosigkeit sinkt nach wie vor nicht, die Angst vor Arbeitsplatzverlust sitzt weiterhin im Nacken und die Lohnschere öffnet sich von Jahr zu Jahr. Mindestlöhne, eine fixe Lohnbandbreite von 1:12, Abschaffung des Boni-Systems? Zu viel staatliche Einmischung, behaup-ten die, die auf Kosten des Staates in der Krise profi-tiert haben. Diese Arroganz lassen wir uns nicht bieten!

Arbeit, Lohn und Rente statt Profit und GierVor 150 Jahren sind ArbeiterInnen aufgestanden,

um für ihre Rechte und gegen die ausbeutende Klas-

se zu kämpfen. Heute ist dieser Kampf nötiger denn je. Mit der 1:12-Initiative der JUSO, der Mindestlohn- Initiative der Gewerkschaften, die dieses Jahr lanciert wird, und mit dem AVIG-Referendum stehen wichti-ge sozial- und arbeitspolitische Forderungen auf der Agenda. Gerechte Löhne müssen endlich durchgesetzt werden. Es geht nicht an, dass einige Wenige Millio-nen absahnen und andere als Working-Poor in der rei-chen Schweiz leben müssen. Dass wir dabei nicht auf die bürgerlichen PolitikerInnen zählen können, wenn es darum geht, gerechte Löhne, weniger Arbeitslo- sigkeit und menschenwürdige Renten zu fordern, ist klar. Aber wir können auf die Betroffenen zählen. Es muss endlich wieder das Volk die Spielregeln fest- legen, nach denen die Wirtschaft zu funktionieren hat.

Die Bürgerlichen versuchen nicht nur, den Sozial-staat abzubauen, sondern auch den Tag der Arbeit ab-zuschaffen. Beides lassen wir uns nicht nehmen, denn wir haben am 1. Mai, unserem Tag der ArbeitererInnen-bewegung, unzählige Gründe, auf die Strasse zu gehen, den Bürgerlichen unsere Stärke zu zeigen und zu skan-dieren: Arbeit, Lohn und Rente statt Profit und Gier!

Mattea Meyer Der 1. Mai hat seinen Ursprung als «Kampftag der Arbeit» in Gene-ralstreiks Ende des 19. Jahrhunderts, in denen die nordamerikanische ArbeiterInnen-bewegung einen Achtstundentag forderte. Seither hat sich vieles getan: Schritt für Schritt erkämpften linke Kräfte den Ausbau des Sozialstaates. Seither versuchen die Bürgerlichen aber auch, diese Errungenschaften immer wieder anzugreifen.

Auf die Strasse am 1. Mai!

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Seite 5Sascha Rinaldi nennt seine Illustration schlicht

«Hai». Er wuchs in München auf und studierte an der Zürcher Kunstschule Mobile Application Design. Zurzeit lebt Sascha in Hamburg und arbeitet im Be-reich Mobile Interface Design & Interactive Design (www. imagelab.de).

Wir möchten in jeder Ausgabe einer jungen Illust-ratorin / einem jungen Illustratoren die Gelegenheit ge-ben, ihr/sein Schaffen zu präsentieren. Wärst du dar-an interessiert, auf Seite 5 ein Werk von dir zu sehen? Dann melde dich bitte bei [email protected].

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Linda Bär Mit dieser Forderung haben JUSOs im ganzen Kanton Zürich aktiv an den Gemeinderatswah-len teilgenommen – und gewonnen! Mit einem Mini-bus haben wir gleich selber vorgemacht, wie ein gra-tis ÖV aussehen könnte. Am Freitag 19. Februar fuhren wir mit der Linie 1 (JUSO-Büssli) in Zürich, Winter-thur, Uster und Ilnau-Effretikon Pendlerinnen und Pend-ler gratis durch die Gegend. In Uster und Illnau-Effreti-kon kamen vor allem junge ausgangsbegeisterte Leute in den Genuss unseres gratis Fahrdienstes. Und es hat sie gefreut.

Wieso braucht es einen gratis ÖV? Es braucht ihn aus zwei Gründen. Gratis ÖV ist sozial gerecht. Für vie-le Menschen sind die Ausgaben für den ÖV eine der grössten Posten in ihrem Budget. Mit einem gratis An-gebot können wir so Menschen spürbar entlasten. Und gratis ÖV ist natürlich ökologischer. Je attraktiver der ÖV wird, desto mehr Leute werden vom motorisierten

Cédric Weidmann Was, wenn der Verkauf von Killerspielen plötzlich verbo-ten würde? Wären Jugendliche plötzlich gewaltfrei und die Menschen vernünfti-ger? Politiker haben es sich zur Mode ge-macht, statt in der Wirtschaft bei den Jugendlichen Beschränkungen durch-zusetzen. Auch das Killerspielverbot ist ein modisches Accessoire, das in diesen Trend passt. Einmal mehr zeichnet es sich durch den hippen Zug aus, dass PolitikerInnen über Dinge entscheiden, von denen sie höchstens ansatzweise Ah-nung haben.

Es gibt tatsächlich Studien, die be- weisen sollen, dass das Aggressionspo-tenzial von KillerspielespielerInnen kurz-fristig während dem Killerspielen von Killerspielen ansteigt. Einmal davon ab-gesehen, dass solche Phänomene auch in Aktivitäten wie Autofahren oder Politisie-ren vorhanden sind, ist es nötig zu fragen: Was bringt ein Verbot?

Dass das Verbot juristisch nicht durch-setzbar sei, ist kein Argument dafür, es nicht einzuführen. Ein Argument wäre al-lerdings, dass Verbote keine nützlichen Massnahmen sind, den Umgang mit Me-dienkonsum zu verbessern. Nur weil ein Spiel verboten ist, macht es den poten-ziellen Spieler noch lange nicht zu einem vernünftigen Konsumenten.

Dieselbe fragwürdige Problemlösungs-methode macht sich die frische Rege-lung zu nutze, entschuldigte Absenzen ins

Individualverkehr auf Zug, Tram und Bus umsteigen. Mit dem gratis ÖV erreichen wir einen wirksamen Bei-trag zum Klimaschutz.

Wie soll der gratis ÖV finanziert werden? Die Finanzierung lässt sich einfach über die Steuereinnah-men regeln. Über diese Einnahmen ist auch gewähr-leistet, dass die Unternehmen sich deutlich stärker an der Finanzierung des ÖVs beteiligen, als sie das heute tun.

Natürlich ist das Ziel hoch gesteckt. Wir als JUSOs dürfen ja auch visionär sein. Aber wenn wir uns vor Augen führen, dass die Ticketeinnahmen für ÖV pro Jahr rund 2,5 Milliarden Franken einbringen, merken wir, dass unsere Forderung gar nicht so abwegig ist. Bei einer Boni-Steuer für Topverdienende von 50 Prozent, wie das Gordon Brown in England eingeführt hat, könnten wir den ÖV problemlos finanzieren und wir alle dürften gratis Zug, Tram und Bus fahren. Weil wir leider in diesem Land nicht die Mehrheiten für solche grosse Schritte haben, müssen wir uns mit klei-neren zufrieden geben. Zum Beispiel mit der Abschaf-fung des Nachtzuschlages.

Zeugnis einzutragen, mit einer abstrusen Hoffnung, das Schwänzen unter Schülern würde vielleicht auf einmal uncool und abwegig. Vom Zürcher Verbot von MP3-Playern an Schulen muss man gar nicht erst anfangen – schliesslich wird dort ernsthaft damit argumentiert, dass es die Konzentration und soziale Integration von Schülern fördern soll.

Selbst wenn man negative Auswir-kungen von MP3-Playern, unregistrierten Absenzen und Killerspielen eingestehen würde, so sind die erwähnten Massnah-men doch keine anständige Alternative. Es ist deshalb Zeit, zu zeigen, dass die repressive Bevormundung der Jungen aus der Mode gekommen ist.

Jetzt unterschreiben für eine selbstbe-stimmte Jugendkultur: www.pro-jugendkultur.ch!

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Gratis ÖV für alle!

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Killerspielekiller

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Wer sind die frisch gewählten JUSOs? In drei der vier grössten Zürcher Städte ziehen junge Frauen für uns in die Parla-mente ein: Linda Bär (24) in Zürich, Mat-tea Meyer (22) in Winterthur und Lena Lademann (21) in Dübendorf. In Illnau-Effretikon konnte sich Fabian Molina (19) einen Sitz erkämpfen. Und bereits am 31. Januar wurde Corina Bürgi (24) in den Gemeinderat von Wädenswil gewählt. Zeit, sich bei den neuen GemeinderätIn-nen einmal umzuhören, wofür sie sich in den kommenden vier Jahren in ihrer Ge-meinde einsetzen wollen.

Was war deine Motivation zu kandidieren?FM: Im Gemeinderat habe ich die Mög-

lichkeit, die Politik selbst mitzugestalten. Gerade auch auf dem Land müssen wir die JUSO und die gesamte Linke stärken.

MM: Es ist wichtig, dass junge Leute in politischen Ämtern vertreten sind und ich möchte mich dafür einsetzen, dass die SP eine wirklich linke Linie vertritt. Es braucht kritische Stimmen, die nicht alles abnicken.

LB: Um etwas bewirken zu können, muss man sich in den Räten engagieren. So kann ich meine Liebe zu Zürich und meine Liebe zur Sozialdemokratie ver-binden.

LL: Ich finde es spannend, die grossen Ideen im Hintergrund in kleinen konkre-ten Projekten so gut es geht in die Praxis umzusetzen.

Wofür wirst du dich konkret einsetzen?MM: Bezahlbaren Wohnraum für Stu-

dentInnen, Teilzeitstellen auf allen Ebe-nen, Anschlusslösungen für Jugendliche nach der Lehre und ein vielfältiges Kul-turangebot.

LL: Ein attraktives und autofreies Zent-rum, sowie einen nachhaltigen Nutzungs-plan für den ehemaligen Militärflugplatz.

FM: Einen Freestyle-Park für Jugend-liche aus der ganzen Region und einen AusländerInnen-Beirat.

LB: Mehr Freiräume für Jugendliche, sozialen Wohnungsbau und gratis ÖV.

Worauf freust du dich besonders bei der Arbeit als GemeinderätIn?MM: Auf spannende Diskussionen,

direkten Kontakt mit Leuten von ausser-halb der Politik – und nicht alles zu bejahen, was der links-grüne Stadt-rat macht.

LB: Auf Auseinandersetzungen in der Fraktion und im Rat, am Puls des politi-schen Geschehens zu sein, die Stadt ver-ändern und prägen zu können.

LL: Auf die Zusammenarbeit mit der Fraktion und darauf, eigene Ideen zu ver-treten.

FM: Darauf, Einblick in die parlamen-tarische Arbeit zu gewinnen und bei Pro-jekten von A bis Z dabei zu sein.

Worauf freust du dich nicht?LB: Auf Doppelsitzungen von 16 Uhr

bis Mitternacht.MM: Auf stundenlange Voten von

rechts. FM: Gewisse Diskussionen, zum Bei-

spiel über Fussgängerstreifen.LL: Als Linke immer in der Minderheit

zu sein und sich so fast nie durchsetzen zu können.

Worin siehst du die Chancen der Lokalpolitik?FM: Dank der föderalistischen Struk-

tur der Schweiz kann man auf Gemeinde-ebene viel bewirken. Gerade in ländlichen Gemeinden wie Illnau-Effretikon ist es wichtig, lokal aktiv zu sein, um nicht alle Entscheidungen den Städten zu überlas-sen. Es ist wie bei der Sektionsarbeit: Die Arbeit im kleinen Rahmen ist nicht immer spannend, aber unverzichtbar.

MM: Der direkte Kontakt und das Zu-sammenarbeiten mit der Bevölkerung macht die lokale Politik sehr spannend.

LL: Dort, wo man wohnt, kennt man die Probleme und Wünsche der Einwohne-rInnen am besten und kann gezielt etwas verbessern.

LB: Auf Gemeindeebene beginnt die Veränderung. Gerade die Stadt Zürich kann eine Vorreiterrolle für den Kanton und die ganze Schweiz einnehmen (zum Beispiel bei der 2000 Watt-Gesellschaft).

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Lucia Thaler Der 7. März war ein erfolgreicher Tag für uns: Die Senkung des Umwandlungs- satzes bei den Pensionskassen wurde klar abgelehnt, und im Kanton Zürich konnte die JUSO die Anzahl ihrer GemeinderätInnen von acht auf dreizehn stark ausbauen.

Die neuen JUSO-Gemeinderäte

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Impressum:

Herausgeberin: neuland ist das offizielle Publikationsorgan der JUSO Kanton Zürich und ihrer Sektionen: JUSO Kanton Zürich, Postfach 3015, 8021 Zürich; www.juso.org.

Redaktion: (erreichbar unter [email protected]): Linda Bär, Silvana Peier, David Gallusser, Fabio Hö-hener, Luzi Borner, Lucia Thaler, Luca Egli, Samuel Haffner, Marco Geissbühler, Cédric Weidmann, Patrick Angele.

Konzept & Gestaltung: Luca EusebioDruck: Oranis Offset, ChurAuflage: 1000 Ex.Abos: Ein Abo kannst du nicht wirklich bestellen,

da dies unsere Kapazitäten übersteigt. Einfach Mit- glied der JUSO Kanton Zürich werden. Dann kriegst du es erst noch gratis! Alle anderen können uns weiterhin beim Alkohol- oder Lebensmitteldealer ihres Vertrauens beziehen.

Ursula Naef Sie hasste Schirme. In Pelerinen ver-hüllte Personen flüchteten sich ins Tram und stachen sich dabei versehentlich mit ihren Regenschirmen in die Beine. Sie hasste Schirme. Sie rutschte so nahe ans Fenster wie möglich und drückte die Stirn gegen die kühle Scheibe. Verschiedene Bilder keimten in ihr auf. Aus Schwäche wählte sie das Freundlichste davon aus. Eine Frau, die, einen Schirm in ihrer Hand, durch die Luft flog. Mary Poppins, ihr Lieblingsfilm in Kinderzei-ten. Damals hatten Schirme für sie Freiheit bedeutet. Bis sie feststellte, dass ihr eigener Schirm sie endgül-tig nicht tragen wollte. Die Freiheit galt nicht für sie, zu-mindest daran hatte sich nichts geändert.

Sie kämpfte mit sich selbst, doch die Erinnerungen an vorigen Abend waren stärker und drängten an die Oberfläche.

Ihr Mann, der in der Nacht betrunken in die Woh-nung poltert, die Regenjacke tragend und bewaffnet mit

LexikonFreiheit, die; Wert, für den sich die Meisten poli-

tisch gerne stark machen – dabei aber Unterschied-liches meinen. Grundsätzlich bezeichnet F. die Mög-lichkeit eines/-r Einzelne/-n, unabhängig von Zwang selbst bestimmt handeln zu können. F. ist dabei nie absolut, sondern existiert mehr oder weniger gegen-über sie einschränkenden Umständen. Menschen handeln also mehr oder weniger unabhängig von Zwängen der Natur oder anderen Menschen. Das streicht Immanuel Kant hervor, wenn er das Ende seiner eigenen F. dort ortet, wo die eines/-r ande-ren beginnt. Unbestritten ist dabei, dass F. durch den unmittelbaren Zwang eines/-r anderen oder einer Gruppe anderer eingeschränkt wird. F. ist also, wenn mich niemand hindert meine Meinung zu äussern oder mit Gewalt zwingt, etwas zu tun. Die Geister scheiden sich, wenn nicht nur unmittelbarer, sondern auch sozialer Zwang gemeint ist. Muss auch von Un-freiheit gesprochen werden, wenn ich zu wenig Ein-kommen erhalte, um mich medizinisch versorgen oder sozial integrieren zu können? Oder schränke ich die F. anderer ein, wenn ich so viel Privateigentum besitze, dass andere in Armut leben müssen?

seinem Schirm. Er rastet aus, er tobt und beginnt wie-der auf sie einzuschlagen, mit dem, was er gerade in den Fingern hat. Sie hasste Schirme.

Schirme erinnerten sie an die Reihe von Enttäu-schungen, aus der ihr Dasein bestand, sowie an sich selbst. Auch Schirme waren schwach, zerstört, durch nur einen heftigen Windstoss.

Sie verabscheute dieses Leben, diese Welt, die-se Geschäftsfrauen und -männer, die stolz unter ihren Schirmen einher schritten, sicher, dass ihnen nichts et-was anhaben konnte. Selbst hatte sie schon lange kein Interesse mehr daran, diese Erhabenheit vorzutäu-schen.

Sie stieg aus und trat in den Regen. Ohne Schirm. Sofort spürte sie, wie die Nässe durch ihre Kleider drang, und es fühlte sich trist, aber richtig an. Es pass-te zu ihr, es war die einzige Freiheit, die sie sich nahm. Eine Revolte, eine Flucht aus ihrem Alltag.

Es war ein Hilferuf.Doch keiner hörte ihn, und keiner bemerkte die

Frau, deren Tränen vom Regen die Wangen hinunterge-spült wurden.

Kurzgeschichte: Schirme

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