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Der Orthopäde Leitthema Orthopäde 2019 · 48:776–783 https://doi.org/10.1007/s00132-019-03790-x Online publiziert: 8. August 2019 © Der/die Autor(en) 2019 S. Scheipl 1 · B. Liegl-Atzwanger 2 · J. Szkandera 3 · B. Rinner 4 · C. Viertler 2 · J. Friesenbichler 1 · M. Bergovec 1 · A. Leithner 1 1 Univ.-Klinik für Orthopädie und Traumatologie, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich 2 Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich 3 Univ.-Klinik für Innere Medizin, Klin. Abt. für Onkologie, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich 4 Biomedizinische Forschung, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich Gibt es eine Magic Bullet für Sarkome? Personalisierte Therapie von malignen Tumoren des Stütz- und Bewegungsapparates Personalisierte Therapien von Tu- morerkrankungen zielen darauf ab, spezifische überlebenswichti- ge Mechanismen eines Tumors bei bestmöglicher Schonung des rest- lichen Organismus medikamentös zu unterbinden. Maßgeschneider- te Therapeutika sind mittlerweile für viele Tumorerkrankungen im Einsatz. Damit stellt sich die Frage, inwieweit diese neuen Therapie- formen auch für maligne Tumoren des Stütz- und Bewegungsapparates relevant werden. Personalisierte Behandlung von Tumorerkrankungen Das Ziel einer personalisierten Krebs- behandlung ist es, auf zellulärer Ebe- ne tumorspezifische Entstehungs- und Überlebensmechanismen zu identifi- zieren, welche die Entwicklungen von „maßgeschneiderten“ Behandlungsstra- tegien erlauben. Durch diese soll ein optimaler, gegen den Tumor gerichteter Behandlungseffekt erzielt und der rest- liche Organismus weitgehend geschont werden [29]. „Wir müssen chemisch zielen lernen“ Dieses Konzept ist keineswegs neu und geht auf den deutschen Medizi- ner und Nobelpreisträger Paul Ehrlich (1854–1915) zurück [27, 29]: Basierend auf seinen Beobachtungen im Rahmen der Behandlung von Infektionskrank- heiten erkannte er, dass diese erapien effizienter und besser verträglich waren, sofernsie sichgegenStrukturenrichteten, die ausschließlich in den eindringenden Parasiten bzw. Keimen vorkamen, nicht jedoch im Wirtsorganismus. Daraus ent- wickelte er jene den maßgeschneiderten erapiekonzepten zugrundeliegende Vision einer „Zauberkugel“ (englisch: „magic bullet“), welche sich analog zu einer Gewehrkugel selektiv gegen Krank- heitserreger richtet, gesundes Gewebe jedoch schont [27, 29]. Anfänge der maßgeschneiderten Krebstherapie Knapp 100 Jahre später wurde diese Idee wieder aufgegriffen und erhielt neue Nahrung: So wurde der Biochemiker Stanley Cohen im Jahr 1986 mit dem Nobelpreis für Physiologie und Me- dizin ausgezeichnet. Er erhielt diesen für die Beschreibung des sogenannten epidermalen Wachstumsfaktors („epi- dermal growth factor“, EGF) und des dazugehörigen Rezeptors an der Zell- oberfläche („epidermal growth factor receptor“, EGFR). Dieses System von Ligand und Rezeptor funktioniert nach einem Schlüssel-Schloss-Prinzip und Abkürzungen ABL „Abelson tyrosine kinase“ BCR „Breakpoint cluster region“ CD „Cluster of differentiation“ c-KIT „Stem-cell factor receptor“; „receptor tyrosine kinase CD117“ COL1A1 „Collagen type I alpha 1 chain“ CSF „Colony stimulating factor“ DFSP Dermatofibrosarcoma protuberans EGF „Epidermal growth factor“ EGFR „Epidermal growth factor receptor“ ETV6 „ETS variant transcription factor 6“ EWSR1 „Ewing sarcoma breakpoint region“ 1 FDA Food and Drug Administration FLI1 „Friend leukemia virus integration“ 1 GIST Gastrointestinaler Stromatumor HER2 „Human epidermal growth factor receptor“ 2 IDH Isozitratdehydrogenase NTRK „Neurotrophic receptor tyrosin kinase“ PDGFB „Platelet-derived growth factor beta polypeptide“ PDGFR „Platelet-derived growth factor receptor“ RANKL „Receptor activator of NF-κB ligand“ SFT Solitärer fibröser Tumor TKI Tyrosinkinaseinhibitor 776 Der Orthopäde 9 · 2019

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Der Orthopäde

Leitthema

Orthopäde 2019 · 48:776–783https://doi.org/10.1007/s00132-019-03790-xOnline publiziert: 8. August 2019© Der/die Autor(en) 2019

S. Scheipl1 · B. Liegl-Atzwanger2 · J. Szkandera3 · B. Rinner4 · C. Viertler2 ·J. Friesenbichler1 · M. Bergovec1 · A. Leithner11 Univ.-Klinik für Orthopädie und Traumatologie, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich2Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich3Univ.-Klinik für Innere Medizin, Klin. Abt. für Onkologie, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich4 Biomedizinische Forschung, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich

Gibt es eine Magic Bulletfür Sarkome?Personalisierte Therapie von malignenTumoren des Stütz- undBewegungsapparates

Personalisierte Therapien von Tu-morerkrankungen zielen daraufab, spezifische überlebenswichti-ge Mechanismen eines Tumors beibestmöglicher Schonung des rest-lichen Organismus medikamentöszu unterbinden. Maßgeschneider-te Therapeutika sind mittlerweilefür viele Tumorerkrankungen imEinsatz. Damit stellt sich die Frage,inwieweit diese neuen Therapie-formen auch für maligne Tumorendes Stütz- und Bewegungsapparatesrelevant werden.

Personalisierte Behandlung vonTumorerkrankungen

Das Ziel einer personalisierten Krebs-behandlung ist es, auf zellulärer Ebe-ne tumorspezifische Entstehungs- undÜberlebensmechanismen zu identifi-zieren, welche die Entwicklungen von„maßgeschneiderten“ Behandlungsstra-tegien erlauben. Durch diese soll einoptimaler, gegen den Tumor gerichteterBehandlungseffekt erzielt und der rest-liche Organismus weitgehend geschontwerden [29].

„Wir müssen chemisch zielenlernen“

Dieses Konzept ist keineswegs neuund geht auf den deutschen Medizi-

ner und Nobelpreisträger Paul Ehrlich(1854–1915) zurück [27, 29]: Basierendauf seinen Beobachtungen im Rahmender Behandlung von Infektionskrank-heiten erkannte er, dass diese Therapieneffizienter und besser verträglich waren,sofernsiesichgegenStrukturenrichteten,die ausschließlich in den eindringendenParasiten bzw. Keimen vorkamen, nichtjedoch imWirtsorganismus. Daraus ent-wickelte er jene den maßgeschneidertenTherapiekonzepten zugrundeliegendeVision einer „Zauberkugel“ (englisch:„magic bullet“), welche sich analog zueinerGewehrkugel selektiv gegenKrank-heitserreger richtet, gesundes Gewebejedoch schont [27, 29].

Anfänge der maßgeschneidertenKrebstherapie

Knapp 100 Jahre später wurde diese Ideewieder aufgegriffen und erhielt neueNahrung: So wurde der BiochemikerStanley Cohen im Jahr 1986 mit demNobelpreis für Physiologie und Me-dizin ausgezeichnet. Er erhielt diesenfür die Beschreibung des sogenanntenepidermalen Wachstumsfaktors („epi-dermal growth factor“, EGF) und desdazugehörigen Rezeptors an der Zell-oberfläche („epidermal growth factorreceptor“, EGFR). Dieses System vonLigand und Rezeptor funktioniert nacheinem Schlüssel-Schloss-Prinzip und

AbkürzungenABL „Abelson tyrosine kinase“

BCR „Breakpoint cluster region“

CD „Cluster of differentiation“

c-KIT „Stem-cell factor receptor“; „receptortyrosine kinase CD117“

COL1A1 „Collagen type I alpha 1 chain“

CSF „Colony stimulating factor“

DFSP Dermatofibrosarcoma protuberans

EGF „Epidermal growth factor“

EGFR „Epidermal growth factor receptor“

ETV6 „ETS variant transcription factor 6“

EWSR1 „Ewing sarcoma breakpoint region“ 1

FDA Food and Drug Administration

FLI1 „Friend leukemia virus integration“ 1

GIST Gastrointestinaler Stromatumor

HER2 „Human epidermal growth factorreceptor“ 2

IDH Isozitratdehydrogenase

NTRK „Neurotrophic receptor tyrosinkinase“

PDGFB „Platelet-derived growth factor betapolypeptide“

PDGFR „Platelet-derived growth factorreceptor“

RANKL „Receptor activator of NF-κB ligand“

SFT Solitärer fibröser Tumor

TKI Tyrosinkinaseinhibitor

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Abb. 18 Algorithmus zur pathologischen Tumordiagnostik. (Mit freundl. Genehmigung,© B. Liegl-Atzwanger, alle Rechte vorbehalten)

steuert unter anderem das Wachstumder Zelle [27, 29]. Diese Entdeckungwar wegbereitend für die Entwicklungvon maßgeschneiderten Tumortherapi-en. Im Jahr 1998 wurdemit Trastuzumab(Herceptin®, Roche/Genentech Inc., Ba-sel, Schweiz) der erste humanisiertemonoklonale Antikörper durch die US-amerikanische Food and Drug Admi-nistration (FDA) zugelassen, welchersich gegen ERBB2 (besser bekannt alsHER2/neu) richtet. Dies ist ein Rezep-tor für Wachstumsfaktoren, welcher aufBurstkrebszellen vielfach vermehrt an-zutreffen ist. Trastuzumab wird nachwie vor erfolgreich in der Behandlungvon HER2/neu-positivem Brustkrebseingesetzt [29].

Auf Paul Ehrlich geht auch die Ideezurück, eine solche „Zauberkugel“ durchdie systematische chemische Weiterent-wicklung von Substanzen zu erzeugen,um deren Treffsicherheit gegen Pathoge-ne zu erhöhen („Wir müssen chemischzielen lernen“) [29]. Imatinib (Glivec®/Gleevec®, Novartis Pharma AG, Basel,Schweiz) ist ein Beispiel für einen klein-molekularen Kinaseinhibitor, welchergezielt gegen eine krankheitsauslösendemolekulare Struktur entwickelt wurde[12]. Imatinib hemmt die TyrosinkinaseBCR-ABL, welche als Genprodukt der

Philadelphia-Chromosom-Translokati-on t(9; 22) im Rahmen der chronisch-myeloischen Leukämie entsteht. DasBCR-ABL Fusionsonkoprotein fungiertdabei als dysreguliertes, hochaktives En-zym, welches das Wachstum und dieTeilung der Zellen durch seine Interak-tion mit zahlreichen nachgeschaltetenSignalwegen fördert und dadurch dieLeukämieentstehung bewirkt [12]. Ba-sierend auf Paul Ehrlichs Aussage „Wirmüssen chemisch zielen lernen“ warImatinibmesylat der erste rational kon-zipierte kleinmolekulare Inhibitor, derentwickelt wurde, um selektiv die Tu-morzellen, nicht jedoch die „normalen“Zellen im Rahmen einer chronisch-myeloischen Leukämieerkrankung zuhemmen. Aus diesem Grund gilt Imati-nib als Paradigma der maßgeschneider-ten Krebstherapie (englisch: „targetedtherapy“) [29].

Neue Erkenntnisse erweitern dieDiagnostik und Therapie

Maligne Tumoren des Knochens undder Weichteile („Sarkome“) sind ausge-sprochen seltene Tumoren (sogenannte„orphan diseases“). Ihre Inzidenz beträgt4–5/100.000/Jahr, die Inzidenz der Kno-chensarkome liegt noch darunter [6, 7].

Ein multidisziplinärer therapeutischerAnsatz ist für diese Tumorenobligat [6, 7,19]. Neben der lokalen Therapie mittelsweiter/radikaler chirurgischer Resekti-on und (neo-)adjuvanter Bestrahlungs-behandlung galten Chemotherapien,insbesondere solche auf Doxorubicin-Basis, lange Zeit als ausschließliche sys-temische Behandlungsoptionen für vieleKnochen- und auch Weichteilsarkome[6,7,19].MitdemAufkommendermole-kularpathologischen Diagnostik wurdenbei vielen Sarkomen charakteristischegenetische Veränderungen beschrieben,sodass die Molekularpathologie aus derRoutinediagnostik von Sarkomen nichtmehr wegzudenken ist (. Abb. 1; [6, 7,19, 20]). Die molekulare Tumorklassi-fikation unterscheidet dabei komplexegenetische Veränderungen, welche bei-spielsweise bei Osteosarkomen oderChordomen anzutreffen sind, von „ein-fachen“ genetischen Veränderungen wieTranslokationen, Amplifikationen, oderMutationen. Speziell letztere stellen po-tenzielle therapeutische Targets dar [6,7, 19, 20]. Basierend auf diesen Er-kenntnissen hat die Entwicklung vonpersonalisiertenTherapien auch den Be-reich muskuloskelettaler Tumoren vollerfasst [19]. Speziell diverse Tyrosinki-naseinhibitoren, aber auch monoklonaleAntikörper, werden mittlerweile in derTherapie von Tumoren des Stütz- undBewegungsapparates, insbesondere derWeichteile, evaluiert [19]. Demgegen-über haben immuntherapeutische Kon-zepte, mit wenigen Ausnahmen [8, 14],in der Sarkomtherapie aktuell noch einenuntergeordneten Stellenwert [19]. Dienachfolgenden Abschnitte sollen einenÜberblick über relevante genetischeVer-änderungen sowie aktuelle Ansätze inder personalisierten Behandlung mali-gner bzw. lokal aggressiver Tumoren desStütz- und Bewegungsapparates liefern.

Maßgeschneiderte Therapienfür Knochensarkome?

Als häufigste maligne Primärtumorendes Knochens sind bei Kindern undJugendlichen das Osteo- und das Ewing-Sarkom anzuführen [7], im höherenErwachsenenalter das Chondrosarkom[7, 15].

Der Orthopäde 9 · 2019 777

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Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2019 · 48:776–783 https://doi.org/10.1007/s00132-019-03790-x© Der/die Autor(en) 2019

S. Scheipl · B. Liegl-Atzwanger · J. Szkandera · B. Rinner · C. Viertler · J. Friesenbichler · M. Bergovec · A. Leithner

Gibt es eine Magic Bullet für Sarkome? Personalisierte Therapie vonmalignen Tumoren des Stütz- undBewegungsapparates

ZusammenfassungHintergrund. Personalisierte Therapienvon Tumorerkrankungen zielen darauf ab,spezifische überlebenswichtigeMechanismeneines Tumors medikamentös zu unterbinden.Ziel der Arbeit und Methode. Der Beitragsoll einen Überblick über relevante ge-netische Veränderungen und potenzielletherapeutische Zielstrukturen von Knochen-und Weichteilsarkomen vermitteln undaktuelle Ansätze in der personalisiertenBehandlung maligner Tumoren des Stütz- undBewegungsapparates darlegen.Ergebnisse. Die molekularpathologischeDiagnostik ist für Knochen- und Weich-teiltumoren mittlerweile unerlässlich. FürKnochensarkome existieren noch keine rou-

tinemäßig einsetzbarenmaßgeschneidertenTherapeutika. Denosumab ist lediglich alssymptomatische Behandlung von Riesen-zelltumoren zu werten. Imatinib stellt einemaßgeschneiderte Therapie für Untergruppenmaligner gastrointestinaler Stromatumoren(GIST) bzw. für Formen des Dermatofibro-sarcoma protuberans dar. Der Einsatz vonantiangiogenetischenMultikinaseinhibitorenund anderen Tyrosinkinaseinhibitoren(TKI) bzw. monoklonalen Antikörpern wirdbei diversen Weichteilsarkomen evaluiert.Sorafenib zeigte vielversprechende Ergebnissebei der Behandlung aggressiver Fibromatosen.Für histologiespezifische Chemotherapien

konnte eine prospektiv-randomisierte Studiekeinen Benefit zeigen.Diskussion. Ein besseres Verständnis derAuswirkungen molekularpathologischerVeränderungen auf die Tumorentstehungist vielfach noch nötig, um treffsichere Be-handlungen entwickeln zu können. KlinischeStudienansätze müssen effizienter werdenund der Seltenheit bzw. der zunehmendenSubtypisierung von Sarkomen Rechnungtragen.

SchlüsselwörterMedikamentenresistenz · Targeted Therapy ·Monoklonale Antikörper · Osteosarkome ·Tyrosinkinaseinhibitor

Is there a magic bullet for sarcomas? Personalised treatment for maligant tumours of bone and softtissue

AbstractBackground. Personalised tumour therapiesaim to selectively target pathways andstructures to which a tumour shows anoncogenic addiction.Objective and Method. This article aimsto provide an overview of relevant geneticalterations in bone and soft-tissue tumours,which might serve as potential therapeutictargets for personalised medicines inthe future. Recent approaches towardsa personalised treatment of various tumoursof bone and soft tissues are reviewed.Results. Molecular diagnosis has becomean essential tool for the characterisation ofbone and soft-tissue tumours. Currently, no

targeted therapies are routinely availablefor bone sarcomas. Denosumab is merelya symptomatic treatment for giant celltumours of the bone. Imatinib has becomethe paradigm of a targeted treatment for sub-groups of malignant gastrointestinal stromaltumours (GISTs) and dermatofibrosarcomaprotuberans. Antiangiogenic multikinaseinhibitors, various other tyrosine kinaseinhibitors (TKIs) and monoclonal antibodiesare currently being evaluated in several (sub-)types of soft-tissue sarcomas. Sorafenibshowed promising results in the treatmentof aggressive desmoid-type fibromatosis.Histology-tailored chemotherapies did

not yield superior results in a prospectiverandomised multicentre trial.Conclusion.More in-depth knowledge isrequired for many sarcomas to link theirgenetic alterations to tumorigenesis in orderto develop efficient personalised treatmentstrategies. Clinical trial designs need tobe adapted to evaluate new therapeuticstrategies in these ultra-rare tumours andtheir various sub-typesmore efficaciously.

KeywordsDrug resistance · Molecular targeted therapy ·Monoclonal antibodies · Osteosarcoma ·Tyrosine kinase inhibitor

Ewing-Sarkome zeigencharakteristische Translokationen

SowohlOsteo- als auchEwing-SarkomenisteinAnsprechenaufKombinationsche-motherapien gemeinsam. Sie werden imRahmen von multizentrischen, rando-misierten Studien laufend optimiert, undhaben in den vergangenen Jahrzehntenals Bestandteil multimodaler Therapie-konzepte zu einer signifikanten Steige-rung des Überlebens beigetragen [7].Demgegenüber konnten mit personali-sierten Therapieansätzen bis jetzt noch

keine nachhaltigen Erfolge bei diesenossären Sarkomen erzielt werden [19].Während klassische Osteosarkome sehrheterogene genetische Veränderungenaufweisen, welche einen einheitlichen„driver“, also eine definierte genetischeUrsache, nach aktuellem Erkenntnis-stand vermissen lassen [7, 16], zeichnensichEwing-Sarkomedurch charakteristi-sche Chromosomentranslokationen aus(. Abb. 2; [7]). Als „klassische“ und amhäufigsten (in circa 85%) beobachteteFusion gilt t(11;22)(q24:q12)mit den Fu-sionspartnern EWSR1 und FLI1, welche

zur Entstehung des EWSR1-FLI1-On-koproteins führt [19, 20]. Dieses agiertals abnormer Transkriptionsfaktor undträgt dadurch zur Tumorentstehung bei[19, 20]. Charakteristische Translokatio-nen unterstützen die Entwicklung vongezielten, minimal-invasiven Diagnose-undTumormonitoringverfahren,wieder„liquid biopsy“. Dabei gibt der Nachweisvon Tumormarkern im Blut der Patien-tinnen und Patienten einen Hinweis aufdie aktuelle Tumorlast und damit aufdas Ansprechen von Therapien bzw. aufein mögliches Wiederauftreten dieser

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Abb. 28 Ewing-Sarkom.Morphologie:klein-, rund-,blauzellig. Immunhistochemie: starkePositivitätfür CD99 (cluster of differentiation 99). Next Generation Sequencing:Nachweis der charakteristischenFusion EWSR1-FLI1 („Ewing sarcoma breakpoint region“ 1 bzw. „Friend leukemia virus integration“ 1).(Mit freundl. Genehmigung,© B. Liegl-Atzwanger, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 38 Riesenzelltumor des Knochensmit einem rund-ovalären bis spindelzelligen,mononukle-ären stromalen Tumorzellproliferat und zahlreichen, untermischten osteoklastären Riesenzellen (Hä-matoxylin-Eosin, 200×). Die Immunhistochemie für H3.3 (Insert) zeigt eine positive Kernreaktion dermononukleären Tumorzellen und eine negative (bzw. schwache, unspezifische) Reaktion derosteoklastären Riesenzellen. (Mit freundl. Genehmigung,©C. Viertler, alle Rechte vorbehalten)

Tumoren [17]. Demgegenüber ist einegezielte Entwicklung eines Inhibitorsgegen das Ewing-Translokationsproduktbei Ewing-Sarkomen bislang noch nichtgelungen [7, 20, 24], wenngleich diepräklinische Forschung dahingehendeAnsätze nachdrücklich verfolgt [9, 30];erste kleinmolekulare Inhibitoren be-

finden sich aktuell bereits in klinischerTestung (NCT02657005) [9, 30].

IDH-Mutationen charakterisierenChondrosarkome

Die Mehrzahl der Chondrosarkomezeichnet sich durch Mutationen in Ge-nen aus, welche für ein Enzym namens

Isozitratdehydrogenase (IDH 1 bzw. 2)codieren [15]. In der Folge führt dieszur Akkumulation des onkogenen Meta-boliten (D)-2-Hydroxyglutarat, welcherden Zellstoffwechsel fundamental beein-trächtigt [22]. Bisher ist es noch nichtgelungen, den genauen Mechanismusder durch diese Mutation hervorgeru-fenen Störung in der Entwicklung desKnorpelgewebes hin zum Tumor zuentschlüsseln bzw. einen zuverlässigenInhibitor gegen das fehlgeleitete Enzymund/oder den pathogenen Metabolitenzu identifizieren [15, 22].

Denosumab kann Riesenzell-tumoren nicht heilen

Ähnliches gilt für H3.3-Mutationen beiRiesenzelltumoren des Knochens undChondroblastomen. Beide Tumorenti-täten tragen in über 90% spezifischeMutationen in Genen, welche für einHiston-Proteincodieren(H3F3AbeiRie-senzelltumoren und H3F3B bei Chon-droblastomen) [4]. Analog zu Ewing-Sarkomen oder Chondrosarkomen istder exakte Wirkmechanismus diesergenetischen Veränderung noch nichtidentifiziert und es existiert noch keinspezifisches Therapeutikum [4, 7]. Ge-rade Riesenzelltumoren des Knochens,welche grundsätzlich den benignen Tu-moren zugerechnet werden, könnenein ausgesprochen aggressives lokalesWachstum zeigen [7]. Diese tumorbe-dingte Knochenresorption wird durchOsteoklasten hervorgerufen, die als na-mensgebende prominente Zellpopulati-on in diesem Tumor zu beobachten sind[7]. Eine Hemmung der Osteoklastendurch den RANKL(„receptor activa-tor of NF-κB ligand“; „nuclear factor-B ligand“)-Antagonisten Denosumabist jedoch lediglich als symptomatischeTherapie anzusehen [4]. Durch die Be-schreibung der Histonmutation H3F3Awurde bestätigt, dass nicht die oste-oklastären Riesenzellen, sondern dierund-ovalären bis spindelzellförmigen,mononukleären stromalen Zellen dieseMutation aufweisen und damit die neo-plastische Zellpopulation dieses Tumorsdarstellen (. Abb. 3; [4]). Eine Therapiemit Denosumab muss somit langfristigaufrechterhalten werden, da andernfalls

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Leitthema

Abb. 48 InfantilesFibrosarkombeieiner5-jährigenPatientin(a).Die ImmunhistochemiemitAntikörperngegenNTRK(„neu-rotrophic receptor tyrosin kinase“) zeigt ein typisches nukleäres und zytoplasmatisches Färbemuster (b). Next GenerationSequencing bestätigt das Vorliegen einer charakteristischenNTRK3-ETV6 („ETS variant transcription factor 6“)-Fusion (nichtillustriert). (Mit freundl. Genehmigung,© B. Liegl-Atzwanger, alle Rechte vorbehalten)

mit einem Wiederauftreten der Symp-tomatik zu rechnen ist [7]. Aus diesemGrund sowie aufgrund vonbeobachtetenbzw. vermuteten (Langzeit-)Nebenwir-kungen wird Denosumab heute nur ingezielten Indikationen, zum Beispiel zurbesserenpräoperativenAbgrenzungbzw.bei inoperablen Fällen, verabreicht [7].

Personalisierte Therapien vonWeichteiltumoren

Imatinib als Pionier derpersonalisierten Medizin

In den vergangenen Jahren konnten lau-fend neue personalisierte Therapeutikain diverse Behandlungsschemata vonWeichteiltumoren integriert werden [6,19]. Ein Pionier für einen behördlichzugelassenen, kleinmolekularen Kinase-inhibitor mit erfolgreicher Anwendungin der Therapie von Weichteiltumorenist Imatinib [19]. Imatinib wird nicht nurin der Behandlung der chronisch-mye-loischen Leukämie eingesetzt (s. oben),sondern auch in der Behandlung vonsoliden Tumoren. Dies ist der Tatsa-che geschuldet, dass Imatinibmesylat,abgesehen von BCR/ABL, auch Rezep-torkinasen an der Zelloberfläche hemmt,nämlich die Thrombozytenwachstums-faktorrezeptoren α und β (PDGFR-αund -β; „platelet-derived growth factorreceptor“ α und β),wie auchden Stamm-

zellfaktorrezeptor c-KIT (CD117), undandere mehr [12]. Daher findet Ima-tinib Anwendung in der Therapie vonKIT-mutierten, metastasierten sowieintermediate- bzw. „high-risk“ gastro-intestinalen Stromatumoren (GIST) [6,19], wie auch von Tumoren, welche ei-ne dysregulierte PDGFR-α/β Aktivitätzeigen. Dazu zählen beispielsweise eineUntergruppe von PDGFR-α mutier-ten GIST, oder auch Weichteiltumorenaus der Gruppe „Dermatofibrosarcomaprotuberans“ (DFSP). Diese weisen alsFolge einerTranslokation eine vermehrtePDGF(R)-ß-Expression auf (. Abb. 4);für sie stellt die Gabe von Imatinib mitt-lerweile eine Standardtherapie dar [6,19].

Multikinasehemmer beiWeichteilsarkomen

Ein weiterer Fokus in der Behandlungvon Weichteilsarkomen liegt auf demEinsatz von antiangiogenetischen Mul-tikinaseinhibitoren, wie beispielsweisePazopanib (Votrient®, GSK, London,UK), Sorafenib (Nexavar®, Bayer AG,Leverkusen, Deutschland und OnxyPharmaceuticals, South San Francisco,CA, USA), Sunitinib (Sutent®, Pfizer,New York, NY, USA) oder Regorafenib(Stivarga®, Bayer). Wie die Bezeichnungbereits andeutet, hemmen Multikinase-inhibitoren eine Vielzahl von Tyrosin-

kinasen [19]. Sie werden unter andereminderBehandlungvonImatinib-resisten-ten GIST (Sunitinib, Regorafenib) bzw.bei diversen fortgeschrittenen, nicht-lipomatösen Weichteilsarkomsubtypen(Pazopanib, Regorafenib) eingesetzt [6,19]. Wenngleich der exakte Wirkmecha-nismus für diese Multikinaseinhibitorennicht abschließend geklärt ist, und zu-verlässige, selektive Biomarker nochweitgehend fehlen, dürfte der antian-giogenetischen Wirkkomponente einewesentliche Bedeutung zukommen [19].Diese Annahmewird ferner dadurch un-terstützt, dass viele dieser Medikamente(z.B. Pazopanib oder Sunitinib) auch beifortgeschrittenen Nierenzellkarzinomenangewandt werden.

Für Angiosarkome oder maligne soli-täre fibröse Tumoren (SFT; vormals „Hä-mangioperizytome“) existieren ebenfallspositive Daten betreffend der Verab-reichung diverser antiangiogenetischerInhibitoren. Dazu zählen Multikinasein-hibitoren wie Pazopanib oder Sunitinib,aber auch der monoklonale, antian-giogenetische Antikörper Bevacizumab(Avastin®, Roche). Große, prospektiveStudien hierfür fehlen aber noch [1, 6,19, 25].

Große Hoffnungen liegen aktuell aufdem kleinmolekularen Inhibitor Larot-rectinib (Vitrakvi®; Loxo Oncology Inc./Bayer AG, Leverkusen, Deutschland).Dieser wurde im November 2018 von

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Abb. 58 Klassischer Teil eines DFSP (Dermatofibrosarcoma protuberans;links)mit abruptemÜbergang in den fibrosarkomatösenAnteil desDFSP.Insert: In der Immunhistochemie zeigt sich eine starke CD34-Expressionim klassischenAnteil des Tumors, nicht jedoch imfibrosarkomatösenAnteil. Next Generation Sequencing: Nachweis der typischen FusionCOL1A1-PDGFB (COL1A1 „collagen type I alpha 1 chain“, PDGFB „plate-let-derived growth factor beta polypeptide“; nicht illustriert). (Mit freundl.Genehmigung,© B. Liegl-Atzwanger, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 68 Fibromatose vomDesmoidtypmit charakteristischer nukleärerβ-Catenin-Expression (Insert). (Mit freundl. Genehmigung,© B. Liegl-Atz-wanger, alle Rechte vorbehalten)

der FDA für Erwachsene und Kindermit soliden Tumoren zugelassen, undweist eine Fusion des „neurotrophic re-ceptor tyrosin kinase“(NTRK)-Gens auf[23]. Zu diesen zählen auch mesenchy-male Tumoren, wie beispielsweise dasinfantile Fibrosarkom (. Abb. 5; [23]).Die Zulassung basierte auf drei Phase-I-und -II-Multicenterstudien, in welcheninsgesamt 75% der Tumoren auf dieseTherapie ansprachen [23]. Weitere kli-nische Studien mit NTRK-Inhibitorenlaufen [23].

Neue Therapie der aggressivenFibromatose?

Kinaseinhibitoren wie Imatinib, γ-Se-kretaseinhibitoren(Nirogacestat,Spring-WorksTherapeutics, Stamford, CT,USA;NCT03785964) oder Pazopanib werdenaktuell für die Therapie der progredien-ten bzw. symptomatischen aggressivenFibromatose vomDesmoidtyp eingesetztbzw. evaluiert (. Abb. 6; [6]). Darüberhinaus existieren äußerst vielverspre-chende Daten für die Behandlung deraggressiven Fibromatose mit dem Mul-tikinaseinhibitor Sorafenib [10]. Goun-der et al. 2018 berichten im New Eng-land Journal of Medicine von einer US-amerikanischen doppelblinden, rando-

misierten Phase-III-Multicenterstudie.Diese vergleicht insgesamt 87 Patien-tinnen und Patienten mit progredienter,symptomatischer oder rezidivierenderFibromatose, welche entweder Sorafe-nib (als 400-mg-Tablette einmal täglich)oder ein Plazebo erhalten hatten [10].Bei einem durchschnittlichen Follow-upvon 27,2 Monaten lag der Prozentsatzan progressionsfreiem 2-Jahres-Überle-ben bei 81% in der Sorafenib-Gruppeversus 36% in der Plazebogruppe. An-ders ausgedrückt, hatten Patientinnenund Patienten in der Sorafenib-Gruppeein um 87% geringeres Risiko für einVoranschreiten der Krankheit als jenein der Plazebogruppe [10]. Der exakteWirkmechanismus, bzw. ob oder inwie-weit die Wirkung von Sorafenib mitder bei desmoidartigen Fibromatosenbeobachteten β-Catenin-Mutation zu-sammenhängt, ist noch nicht bekannt[10]. Sofern sich diese Ergebnisse inweiteren (Langzeit-)Studien an größe-ren Kollektiven bestätigen lassen unddie Nebenwirkungen der Therapie vonden Patientinnen und Patienten tole-riert werden, könnte Sorafenib zu einemfixen Bestandteil im therapeutischen Al-gorithmus der aggressiven Fibromatosewerden.

Medikamente gegen Riesenzell-tumoren der Sehnenscheiden

Auch für Riesenzelltumoren der Seh-nenscheiden vom diffusen Typ wirdder Einsatz von maßgeschneidertenTherapeutika evaluiert [26]. Diese Tu-moren werden grundsätzlich als benigneeingestuft, können jedoch einen aggres-siven und rezidivierenden biologischenVerlauf aufweisen, der bis hin zur Am-putation führen kann [18, 26]. Ziel-struktur der therapeutischen Ansätzeist in diesem Fall der Monozytenkolo-nien-stimulierende Faktor ([M-]CSF-1; „colony stimulating factor“-1) [26].Dieser wird bei Riesenzelltumoren derSehnenscheiden vermehrt exprimiert,vielfach als Ergebnis einer charakteris-tischen Translokation, in welche dasCSF-1-Gen (1p13) involviert ist, zumTeil jedoch auch ohne Vorliegen dieserTranslokation aus bisher noch nicht ab-schließend geklärter Ursache [26]. DaImatinib unter anderem auch den CSF-1-Rezeptor hemmt, wird dieser geläufigeKinaseinhibitor aktuell in der Therapierezidivierender und anderweitig nichtbeherrschbarer Riesenzelltumoren derSehnenscheide vom diffusen Typ eva-luiert [6, 26]. Darüber hinaus bestehenAnsätze, Inhibitoren zu entwickeln, wel-che eine optimale Hemmwirkung aufden CSF-1-Rezeptor (CSF-1R) ausüben[26].

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Leitthema

Bisher kein Benefit histologie-spezifischer Chemotherapien

Darüber hinaus existieren Ansätze, his-tologiespezifische neoadjuvante Chemo-therapien bei „high-grade“ Weichteil-sarkomen zu verabreichen. Diese Ideefußt auf der Beobachtung, dass die Gabedes ursprünglich aus Meereslebewe-sen gewonnenen ChemotherapeutikumsTrabectedin (Yondelis®, PharmaMar,Madrid, Spanien) in der Subgruppe dermyxoiden Liposarkome, verglichen mitanderen Entitäten, ein besonders gutesAnsprechen gezeigt hat [3, 6]. ErsteErgebnisse einer randomisierten mul-tizentrischen Studie lassen bislang fürdie Mehrzahl der untersuchten histolo-gischen Subtypen jedoch keinen Benefitsolcher „individualisierten“ Chemothe-rapien gegenüber Standardchemothera-pien beiWeichteilsarkomen erkennen [6,11]. Trabectedin lieferte bei myxoidenLiposarkomen zumindest äquivalenteErgebnisse, jedoch keinen eindeutigenBenefit [6, 11]. Wenngleich diese Studieeinige Limitationen aufweist, wie bei-spielsweise ein vergleichsweise kurzesFollow-up, hat sie die Erwartungen an„personalisierte Chemotherapien“ je-denfalls merklich gedämpft [11]. Ebensowenig konnten KombinationstherapienvonChemotherapeutikaundKinaseinhi-bitoren die in sie gesetzten Erwartungenbislang erfüllen: die Kombination vonOlaratumab (Lartruvo®, Eli Lilly, India-napolis, IN, USA; ein gegen PDGFRαgerichteter monoklonaler Antikörper)mit dem Chemotherapeutikum Doxo-rubicin zeigte initial in einer Phase-II-Studie ein verbessertes Gesamtüberle-ben [6, 28]. Eine konsekutive Phase-III-Studie konnte diese Ergebnisse jedochnicht bestätigen, sodass die weitere Ent-wicklung dieses Antikörpers seitens desPharmaunternehmens gestoppt wurde[2].

Ausblick

Die angeführten Beispiele illustrierenvielversprechende Ansätze zum Ein-satz personalisierter Therapeutika beiTumoren des Stütz- und Bewegungs-apparates. Dem stehen ernüchterndeErgebnisse großer, randomisierter Stu-

dien gegenüber, welche Hoffnungen inhistologiespezifische Chemotherapienoder synergistische Effekte von Che-motherapeutika und Rezeptorblockernvorerst nicht erfüllen konnten. Es wirdzunehmend klarer, dass die Tumorent-stehung ein komplexer Mechanismus ist,welchen man nicht mit der Hemmungeines einzelnen Targets nachhaltig undvollständig unterbinden kann [5, 21].Dazu kommt, dass viele der zur Tumor-entstehung führenden Mechanismennoch nicht abschließend geklärt sind.Nachgewiesene genetische Veränderungstellen oft nur die Spitze des Eisbergesdar, den es tiefgehender zu ergründengilt, um daraus Therapieansätze ableitenzu können [5, 19, 21]. IntratumoraleHeterogenitäten, Tumorplastizität unddie Entwicklung von Resistenzmecha-nismen bedingen darüber hinaus, dassdie Wirkung personalisierter Thera-peutika meist nur auf wenige Monatebeschränkt ist [5]. Darüber hinaus sinddie Nebenwirkungen, insbesondere vonMultikinaseinhibitoren, oft nicht uner-heblich [13], und die Behandlungskostenhoch. Dennoch haben die vergangenenJahre viele neue Ansätze erbracht, undunser Verständnis von Tumorentste-hung und -subklassifizierung nachhaltigverändert [19, 20].

» Viele der zur Tumorentste-hung führenden Mechanismensind noch nicht abschließendgeklärt

Spezielle Forschungsansätze und Stu-diendesigns, wie beispielsweise Basket-Studien (englisch „trials“) tragen diesemUmstand bereits Rechnung. Sie untersu-chen das Ansprechen unterschiedlicherErkrankungen, welche dieselbe gene-tische Veränderung aufweisen, auf eingegen diese genetische Veränderunggerichtetes Medikament [19]. Dadurchkönnen auch ultraseltene Erkrankungen,wie Sarkome und ihre Subgruppen, indiese Studien eingeschleust und neu-en Behandlungen zugänglich gemachtwerden.

Wenngleich wir von der Ehrlich-Ver-sion eines „Magic Bullet“ noch weit ent-

fernt sind, stehenwir inmitten einer Ent-wicklung, welche das Potenzial hat, un-ser Krankheitsverständnis sowie die Be-handlungsmöglichkeiten von Sarkomennachhaltig zu verändern.

Fazit für die Praxis

4 Die Molekularpathologie ist fixerBestandteil der Routinediagnostikvon Tumoren des Stütz- und Bewe-gungsapparates.

4 Für Knochensarkome existieren nochkeine routinemäßig einsetzbarenpersonalisierten Therapeutika. De-nosumab ist als symptomatischeBehandlung von Riesenzelltumorenzu werten.

4 Tyrosinkinaseinhibitoren (z.B. Ima-tinib, Pazopanib, Sorafenib oderLarotrectinib) undmonoklonale Anti-körper (z.B. Bevacizumab) werden inder Therapie von Tumoren des Stütz-und Bewegungsapparates, insbeson-dere der Weichteile, evaluiert.

4 Große, randomisierte Studien konn-ten Erwartungen in histologie-spezifische Chemotherapien bzw.synergistische Effekte von Chemo-therapeutika und Rezeptorblockernvorerst nicht erfüllen.

4 Ein besseres Verständnis der Aus-wirkungen molekularpathologischerVeränderungen ist nötig, um treffsi-chere Behandlungen entwickeln zukönnen.

4 Klinische Studienansätze müssen ef-fizienter werden und der zunehmen-den Subtypisierung von SarkomenRechnung tragen.

Korrespondenzadresse

PDDDr. S. ScheiplUniv.-Klinik für Orthopädieund Traumatologie,Medizinische Universität GrazAuenbruggerplatz 5,8036 Graz, Ö[email protected]

Funding. Open access funding provided by MedicalUniversity of Graz.

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Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. S. Scheipl, B. Liegl-Atzwanger,J. Szkandera, B. Rinner, C. Viertler, J. Friesenbichler,M. BergovecundA. Leithner geben an, dass keinInteressenkonflikt besteht.

Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.

Open Access.Dieser Artikelwird unter der CreativeCommonsNamensnennung4.0 International Lizenz(http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche dieNutzung, Vervielfäl-tigung, Bearbeitung, VerbreitungundWiedergabein jeglichemMediumundFormat erlaubt, sofernSie den/die ursprünglichenAutor(en) unddieQuelleordnungsgemäßnennen,einenLinkzurCreativeCom-mons Lizenz beifügenundangeben, obÄnderungenvorgenommenwurden.

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Fachnachrichten

Kalkschulter: Schmerzengezielt mit Stoßwellen lindern

Die Erkrankung wird meistens erst recht

spät diagnostiziert, denn solange die

Kalkablagerungen klein sind, verursachensie keine Symptome. Warum sich die

Kalkansammlungen bilden, ist noch nicht

endgültig geklärt. Eine Ursache könnteeine Mangeldurchblutung und damit ein

Sauerstoffmangel in den Schultersehnensein. Ein therapeutischerAnsatz ist deshalb

die Aktivierung des Stoffwechsels durch

gezielte Bewegung. Bei Bedarf verordnetder Arzt zudem noch Medikamente

gegen Schmerzen oder Entzündungen.

Manchmal setzen auch Physiotherapeutentherapeutischen Ultraschall unterstützend

zur Schmerzbehandlung ein.

Bei großen Kalkansammlungen wird

den Patienten manchmal zur Operationgeraten. Eine schonende Alternative dazu

kann jedoch die Stoßwellentherapie sein.

Der Nutzen der Behandlung in Bezug aufeine Besserung der Symptome und Ver-

kleinerung der Kalkdepots ist inzwischenin vielen Studien nachgewiesen.

Bei der Therapie der Kalkschulter richtetder Arzt fokussierte Stoßwellen gezielt auf

das Kalkdepot in der Schultersehne. Das

Gewebe um die Kalkansammlung wirdnicht beeinträchtigt.

Ein bis drei Behandlungen sind in der

Regel ausreichend. Die Nebenwirkungen

sind gering, die Patienten werden durchdieses schonende Verfahren häufig wieder

schmerzfrei und in der Schulter beweglich.

Die Krankheitsdauerwird verkürzt undeineOperation in der Regel vermeidbar.

Quelle: http://www.degum.de

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