1 Allgemeine Einführung in die Landeskunde Afghanistans · 2017. 6. 13. · Dekhanabad Saragt...
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Ländername: Islamische Republik Afghanistan
Fläche: 652.225 km²
Einwohnerzahl: ca. 29 Mio. (geschätzt 2010)
Bevölkerungsdichte: 38 Einwohner pro km²
Hauptstadt: Kabul (ca. 4,5 Mio. Einwohner)
Amtssprachen: Paschtunisch und Dari (Persisch)
1 Allgemeine Einführung in die Landeskunde Afghanistans
M 1 Ungefähre ethnische Siedlungsschwerpunkte in Afghanistan
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EthnienInsgesamt exis tieren neben den beiden dominierenden Volksgruppen (Paschtunen und Tadschiken) rund ein halbes Dutzend kleinerer Volksgruppen.
Paschtunen: etwa 42% der Bevölkerung. Ihnen werden u. a. mehrere Nomadenstämme zugeordnet, die in der afghanischen Verfassung einen Sonderstatus zuerkannt bekamen (spezielle Mitspracherechte). Stammesstruk-turen und traditionelles Recht spielt bei vielen Paschtu-nen eine wichtige Rolle. Bereits früher waren sie traditio-nell Führer der großen Handelskarawanen und dominie-ren bis heute das Transportwesen und den Großhandel.
Tadschiken: Mit etwa 27% die zweitgrößte Gruppe Lan-des. „Tadschik“ ist eine generelle Bezeichnung der per-
sischsprachigen Bevölkerung in Afghanistan, oft wer den sie auch „Parsiwan“ („Persischsprecher“) genannt. Die Ta d-schiken bilden keine ethnische Gruppe im engeren Sinn, eine erkennbare kulturelle, soziale oder politische Ab-grenzung zu anderen Gruppen besteht nicht. Im Wes ten sind sie die direkte Fortsetzung der persischsprachigen Bevölkerung Irans, im Norden die der persischspra-chigen Bevölkerung Zentralasiens. Sie bilden zudem die Mehrheit in den meisten Städten Nordafghanistans.
Hazara: stellen etwa 10% der Bevölkerung. Sie sind eben-falls per sischsprachig, jedoch größtenteils schiitischen Glaubens.
Usbeken: turksprachig, etwa 10% der Bevölkerung. Sie sind meist Bauern und Schafzüchter.
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M 2 Verwaltungsbezirke und Hauptverkehrswege in Afghanistan
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Verwaltungsstruktur des Landes: Afghanistan ist ein Zen tralstaat mit 34 Pro vinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Provinzgouverneure und Distriktchefs werden von der Zentralregierung ernannt. Jede Provinz verfügt über einen Provinzrat.
Bruttoinlandsprodukt 2009: 13,47 Mrd. $
Prokopf-BIP 2009: 464 $
Geographie: Afghanistan liegt an der Kreuzung des Iran und dem Arabischen Meer im Westen, Pakistan und In-dien im Südosten und den Steppen Zentralasiens im Nor den. Bergpässe bildeten über Jahrtausende die Ein-fallstore von Invasionen Mittelasiens nach Süden bzw. des Fernhandels.
Das Land wird durch die massive Bergkette des Hindu-kusch mit seinen 4000-, 5000-Meter hohen Bergen in einen Nord- und einen Südteil unterteilt. Südlich des Hindukusch leben mehrheitlich Paschtunen, nördlich ist es hingegen mehrheitlich von Turkstämmen bewohnt. Im un zugänglichen Hindukusch selbst leben überwie-gend Per sisch sprechende Tadschiken und Hazari.
In den südlichen Ausläufern des Hindukusch liegen die Millionenstädte Kabul und Kandahar, umgeben von den fruchtbarsten Tälern des Landes.
Der Westen und Süden zählen zu dem östlichsten Rand des flachen und kargen, wüstenähnlichen iranischen Hochplateaus. Eine Ausnahme bildet dort die über 3000 Jahre alte Oasenmetropole Herat (ca. 250.000 Einwohner).
Nördlich des Hindukuschs beginnen die kargen Step-pen Zentralasiens. Die größte Stadt ist dort Masar-e Scharif mit ca. 300.000 Einwohnern. Sie zählt zu den größten Wallfahrtsorten Afghanistans und zu den heili-gen Städten des Islam.
Was bedeutet der Begriff Afghanistan?Afghanistan kann als „Land der Afghanen“ übersetzt wer den. „Afghanen“ ist dabei im persischen Sprachraum der Sammelbegriff für die Stämme der Paschtunen, die auf dem indischen Subkontinent als „Pathanen“ bezeich-net werden.
Der Begriff Afghanistan ist relativ jung. Über Jahrhun-derte war stattdessen der Name Khorasan für die Region verbreitet. Im 19. Jahrhundert wurde besonders von bri-tischen Geschichtsschreibern auch der Name „Kabulis-tan“ verwendet. Als Afghanistan wurden erstmals offizi-ell paschtunische Siedlungsräume im persisch-britischen Friedensvertrag von 1801 bezeichnet.
1916 erkannte das Deutsche Reich als erste europä-ische Großmacht das Land als souveränen Staat „Afgha-nistan“ an. Erst 1919, mit der vollen Unabhängigkeit des
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Landes, wurde der Staatsname Afghanistan internatio-nal gebräuchlich.
Wirtschaftliche StrukturLandwirtschaft: Obwohl nur etwa 10% der Staatsfläche landwirtschaftlich nutzbar sind und diese Nutzung meist von künstlicher Bewässerung abhängt, sind etwa zwei Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Große Bedeutung besitzt die Viehwirtschaft.
Weitreichende Waldrodungen, Überweidung der Böden und unkoordiniertes Abpumpen von Grundwasser wäh-rend der Bürgerkriegsjahre bewirkten einen Rückgang der landwirtschaftlich nutzbaren Ressourcen des Landes. Dadurch ist die Versorgung des Landes empfindlicher gegenüber Dürren und anderen Naturkatastrophen ge-worden. So sind die Ernten regelmäßig durch Dürren bedroht, die in ihrer Häufigkeit und Intensität in den letzten drei Jahrzehnten zugenommen haben. Dabei trockneten in manchen Fällen bestimmte Flüsse und Seen völlig aus.
Ein weiteres Problem stellt die nach wie vor große Minen gefahr aus dem kriegerischem Dauerkonflikt seit 1978 dar.
Drogenanbau: Afghanisten ist der größte Opiumprodu-zent der Welt. Im Juli 2000 wurde der Opiumanbau durch das Taliban-Regime verboten, worauf die Opiumproduk-tion völlig ein brach und im Jahre 2001 fast auf Null sank. Nach dem US-geführten Krieg stieg die Produktion wie-der an und ist seit 2004 höher als in den Jahren zuvor. 2006 betrug der Handel mit Opium 46% des Bruttoin-landsprodukts. Die Anbaufläche für Schlafmohn stieg seit der Beseitigung des Taliban-Regimes kontinuierlich, im Jahr 2006 er neut um 59% auf rund 193.000 Hektar. Der Schwerpunkt des Anbaus befindet sich in der Provinz Helmand. Nach Angaben des UNO-Büros für Drogen und Verbrechen (UNODC) wurden im Jahr 2006 über 6.000 Tonnen, 2007 über 8000 Tonnen Opium geerntet, das entspricht 92% der gesamten Weltproduktion.
Schlafmohnanbau ist für afghanische Bauern um etwa das Zehnfache lukrativer als der Weizenanbau.
Industrie und Bodenschätze: Die bedeutendsten Bo-denschätze sind neben Eisen- und Kupfererzen, Erdgas, Kohle und Halbedelsteinen (hauptsächlich der zur Farb-gewinnung bereits im Mittelalter in Europa begehrte blaue Lapislazuli) auch Erdöl, von dem im Jahr 2006 im Norden des Landes Lagerstätten entdeckt wurden. 2010 entdeckten darüber hinaus US-amerikanische Geologen große, für die Batterieherstellung von Elektroautos wichtige Lithium-Vorkommen.
Zahlreiche der früher ausschließlich als Staatseigen-tum angesehenen Minen und Lagerstätten wurden in-zwischen privatisiert, was die Beteiligung ausländischer Investoren erst ermöglicht. Bei Erhebungen des mög-lichen Abbaus vorhandener nicht-fossiler Bodenschätze wurden 20 Lagerstätten identifiziert, die das Potenzial für einen wirtschaftlichen Abbau besitzen sollen. Voraus-setzung für einen Produktionsbeginn ist jedoch eine aus-
reichende Sicherheitslage, die vielerorts noch nicht ge-geben ist.
Die mit 5,5 bis 11,3 Millionen Tonnen bedeutenden Vor-kommen von Kupfererzen bei Aynak, nur etwa 30 km süd-lich der Hauptstadt, werden künftig von einem chine-sischen Unternehmen abgebaut. Ende 2007 wurde be-schlossen dort innerhalb von 5 Jahren eine Mine zu er-richten.
PipelinesAfghanistan wird bereits seit Jahrzehnten als mögliches Transitland für fossile Brennstoffe in Betracht gezogen; dies aufgrund seiner Lage zwischen den turkmenischen Erdöl- und Erdgasfeldern des Kaspischen Meeres und dem Indischen Ozean. Der Baubeginn der seit längerem geplanten Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-Pipeline (kurz: TAPI), die Pakistan und gegebenenfalls Indien mit turkmenischem Erdgas beliefern würde, hätte 2006 statt-finden sollen. Das Projekt wurde aber aufgrund der unsi-cheren Sicherheitslage und unklarer Finanzierung auf unbestimmte Zeit verschoben und kommt möglicher-weise nicht mehr zustande.
Seit 2010 wird diese Idee wieder seitens Turkmenistans ins Gespräch gebracht.
EnergieversorgungNach Jahrzehnten des Bürgerkrieges war die elektrische Infrastruktur in weiten Teilen zerstört: 2003 hatten nur etwa 6–7% der Bevölkerung Zugang zu elektrischem Strom, der jedoch nur etwa 4 Stunden am Tag zur Verfü-gung stand. 30% aller Stromanschlüsse des Landes be-fanden sich in Kabul, die damals vorhandenen 42 Kraft-werke leisteten nur mehr 240 MW anstatt den nomi-nellen 454 MW. Ein landesweites Leitungsnetz existierte nicht, weshalb der Bau von kleineren Kraftwerken für die lokale Versorgung vorgeschlagen und auch schon mehrfach realisiert wurde. Ende des Jahres 2006 wurden mit einigen Nachbarstaaten Verträge für Stromimporte unterzeichnet. In Afghanistan wird insbesondere der Wasserkraft viel Potential eingeräumt.
VerkehrsinfrastrukturDas Straßennetz befindet sich im Wiederaufbau und wird zudem erweitert. Die sogenannte ring road, die Haupt verkehrsader des Landes, in deren Umgebung rund 60% der Bevölkerung leben, wurde wieder instand gesetzt. So wurden bis 2007 bereits 715 Kilometer von ihr erneuert. Die Fertigstellung des letzten rund 400 Ki-lometer langen, neu trassierten Teilstücks, welches die letzte Lücke im Nordwesten des Landes schließen würde, verzögert sich jedoch wegen der lokal prekären Sicher-heitslage.
Der Grenzfluss Amudarja beziehungsweise dessen Quellfluss Pjandsch stellt ein natürliches Hindernis für Überlandtransporte in die nördlich gelegenen Nachbar-länder Usbekistan und Tadschikistan dar, da nur wenige Brücken über diese beiden Flüsse existieren. Weiters be-steht teilweise eine hohe Minengefahr und viele Stra-ßen sind je nach Jahreszeit oft stark unterspült.
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BildungDie Analphabetenrate ist mit zirka 70–80% im internatio-nalen Vergleich sehr hoch. Invasion, Bürgerkrieg und die Kulturfeindlichkeit der Taliban ließen große Teile der Be-völkerung in den 1980er- und 1990er-Jahren ohne jeden Zugang zu Bildung aufwachsen. Besonders betroffen von diesem Ausschluss aus dem Bildungssystem waren Frauen, so dass noch heute mehr als 90% aller Afgha-ninnen Analphabetinnen sind. Der Analphabetismus ist eines der größten Hindernisse beim Wiederaufbau des Landes.
SterblichkeitDie durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei kaum mehr als 45 Jahren. Ein Fünftel der Kinder erreicht nicht das 5. Lebensjahr. Die Müttersterblichkeit liegt bei etwa zwei Todesfällen auf 100 Geburten.
Arbeitsvorschläge:1. Diskutieren Sie die Frage, welche Bedeutung die geografische Lage des
Landes für die politische und wirtschaftliche Situation Afghanistans haben könnte. Ziehen Sie dazu einen Atlas heran.
2. Informieren Sie sich über die Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-Pipe-line (TAPI).