1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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1. Kapitel Verfahren in Familiensachen Übersicht Rdn. A. Grundlagen .................. 1 B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen ........... 30 I. Ehesachen (§ 111 Nr. 1 FamFG) .... 30 II. Kindschaftsachen (§ 111 Nr. 2 FamFG) ..................... 35 1. Verfahren betreffend die elterliche Sorge .................... 39 2. Verfahren betreffend das Umgangsrecht .............. 44 3. Verfahren betreffend die Heraus- gabe des Kindes ............. 47 4. Verfahren betreffend die Vor- mundschaft ................ 49 5. Verfahren betreffend die Ergän- zungspflegschaft ............. 52 6. Verfahren betreffend die Unter- bringung Minderjähriger ....... 53 7. Verfahren betreffend Erziehungs- maßregeln nach dem JGG ...... 54 III. Abstammungssachen (§ 111 Nr. 3 FamFG) ..................... 55 IV. Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4 FamFG) ..................... 60 V. Wohnungszuweisungs- und Haus- haltssachen (§ 111 Nr. 5 FamFG) .... 62 VI. Gewaltschutzsachen (§ 111 Nr. 6 FamFG) ..................... 74 VII. Versorgungsausgleichssachen (§ 111 Nr. 7 FamFG) ............ 77 VIII. Unterhaltssachen (§ 111 Nr. 8 FamFG) ..................... 78 1. Unterhaltssachen als Familien- streitsachen ................ 81 a) Unterhaltssachen betreffend die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unter- haltspflicht .............. 82 b) Unterhaltssachen betreffend die durch Ehe begründete gesetzli- che Unterhaltspflicht ....... 91 c) Unterhaltssachen betreffend die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m BGB ............. 97 2. Unterhaltssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 231 Abs. 2 FamFG ................... 98 IX. Güterrechtssachen (§111 Nr. 9 FamFG) ..................... 99 1. Verfahren aus dem ehelichen Güter- recht (§ 261 Abs. 1 FamFG) ...... 100 2. Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 261 Abs. 2 FamFG) ................... 112 X. Sonstige Familiensachen (§ 111 Nr. 10 FamFG) ..................... 114 1. Allgemeines ................ 114 Rdn. 2. Sonstige Familiensachen als Famili- enstreitsachen ............... 121 a) Ansprüche zwischen miteinan- der verlobten oder ehemals ver- lobten Personen im Zusammen- hang mit der Beendigung des Verlöbnisses und auch gegen- über Dritten .............. 122 b) Ansprüche aus der Ehe herrüh- rend ................... 123 c) Ansprüche zwischen miteinan- der verheirateten oder ehemals verheirateten Personen oder zwischen einer solchen Person und einem Elternteil im Zusam- menhang mit Trennung oder Scheidung ............... 132 d) Ansprüche aus dem Eltern- Kind-Verhältnis ........... 135 e) Ansprüche die aus dem Umgangsrecht herrühren ..... 136 f) Grenzen der Zuständigkeit für sonstige Familiensachen ...... 137 3. Sonstige Familiensachen als Verfahren der freiwilligen Gerichts- barkeit .................... 139 C. Familiensachen kraft Sachzusam- menhangs und kraft prozessrechtli- chen Zusammenhangs ........... 141 I. Allgemeines ................... 141 II. Familiensachen kraft Sachzusammen- hangs ....................... 142 III. Familiensachen kraft prozessrechtli- chen Zusammenhangs ............ 145 D. Unterteilung der Familiensachen in »Ehesachen« und »andere Familien- sachen« ..................... 146 E. Die Unterteilung der Familiensachen in sog. Familienstreitsachen (ZPO- Familiensachen) und sog. FGG-Fami- liensachen .................... 148 I. Allgemeine Vorschriften .......... 148 II. Familienstreitsachen ............. 150 1. Familiensachen und Familienstreit- sachen .................... 150 2. Anwendbarkeit der ZPO-Vor- schriften für Ehesachen und Famili- enstreitsachen ............... 152 a) Grundsatz: Anwendbarkeit der ZPO-Vorschriften .......... 152 b) Ausnahmen und Besonderheiten 156 aa) Besonderheiten im Ver- fahren ............... 156 bb) Besonderheiten bei den Kosten .............. 161 (1) Familienstreitsachen . . . 162 TypoScript GmbH Mo 17.08.2009 16:13:55 z:/wk/buch/fafamr/07-Auflage/fafamrI S. 21 schwarz gelb cyan magenta Seiler/Geißler

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Page 1: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

1. KapitelVerfahren in Familiensachen

Übersicht Rdn.

A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11

FamFG im Einzelnen . . . . . . . . . . . 30I. Ehesachen (§ 111 Nr. 1 FamFG) . . . . 30II. Kindschaftsachen (§ 111 Nr. 2

FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351. Verfahren betreffend die elterliche

Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392. Verfahren betreffend das

Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . 443. Verfahren betreffend die Heraus-

gabe des Kindes . . . . . . . . . . . . . 474. Verfahren betreffend die Vor-

mundschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 495. Verfahren betreffend die Ergän-

zungspflegschaft . . . . . . . . . . . . . 526. Verfahren betreffend die Unter-

bringung Minderjähriger . . . . . . . 537. Verfahren betreffend Erziehungs-

maßregeln nach dem JGG . . . . . . 54III. Abstammungssachen (§ 111 Nr. 3

FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55IV. Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4

FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60V. Wohnungszuweisungs- und Haus-

haltssachen (§ 111 Nr. 5 FamFG) . . . . 62VI. Gewaltschutzsachen (§ 111 Nr. 6

FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74VII. Versorgungsausgleichssachen

(§ 111 Nr. 7 FamFG) . . . . . . . . . . . . 77VIII. Unterhaltssachen (§ 111 Nr. 8

FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781. Unterhaltssachen als Familien-

streitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . 81a) Unterhaltssachen betreffend

die durch Verwandtschaftbegründete gesetzliche Unter-haltspflicht . . . . . . . . . . . . . . 82

b) Unterhaltssachen betreffend diedurch Ehe begründete gesetzli-che Unterhaltspflicht . . . . . . . 91

c) Unterhaltssachen betreffend dieAnsprüche nach § 1615l oder§1615m BGB . . . . . . . . . . . . . 97

2. Unterhaltssachen der freiwilligenGerichtsbarkeit, §231 Abs.2FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

IX. Güterrechtssachen (§111 Nr. 9FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991. Verfahren aus dem ehelichen Güter-

recht (§261 Abs.1 FamFG) . . . . . . 1002. Güterrechtssachen der freiwilligen

Gerichtsbarkeit (§261 Abs.2FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

X. Sonstige Familiensachen (§111 Nr.10FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Rdn.

2. Sonstige Familiensachen als Famili-enstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . 121a) Ansprüche zwischen miteinan-

der verlobten oder ehemals ver-lobten Personen im Zusammen-hang mit der Beendigung desVerlöbnisses und auch gegen-über Dritten . . . . . . . . . . . . . . 122

b) Ansprüche aus der Ehe herrüh-rend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

c) Ansprüche zwischen miteinan-der verheirateten oder ehemalsverheirateten Personen oderzwischen einer solchen Personund einem Elternteil im Zusam-menhang mit Trennung oderScheidung . . . . . . . . . . . . . . . 132

d) Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis . . . . . . . . . . . 135

e) Ansprüche die aus demUmgangsrecht herrühren . . . . . 136

f) Grenzen der Zuständigkeit fürsonstige Familiensachen . . . . . . 137

3. Sonstige Familiensachen alsVerfahren der freiwilligen Gerichts-barkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

C. Familiensachen kraft Sachzusam-menhangs und kraft prozessrechtli-chen Zusammenhangs . . . . . . . . . . . 141

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141II. Familiensachen kraft Sachzusammen-

hangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142III. Familiensachen kraft prozessrechtli-

chen Zusammenhangs . . . . . . . . . . . . 145D. Unterteilung der Familiensachen in

»Ehesachen« und »andere Familien-sachen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

E. Die Unterteilung der Familiensachenin sog. Familienstreitsachen (ZPO-Familiensachen) und sog. FGG-Fami-liensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

I. Allgemeine Vorschriften . . . . . . . . . . 148II. Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . 150

1. Familiensachen und Familienstreit-sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

2. Anwendbarkeit der ZPO-Vor-schriften für Ehesachen und Famili-enstreitsachen . . . . . . . . . . . . . . . 152a) Grundsatz: Anwendbarkeit der

ZPO-Vorschriften . . . . . . . . . . 152b) Ausnahmen und Besonderheiten 156

aa) Besonderheiten im Ver-fahren . . . . . . . . . . . . . . . 156

bb) Besonderheiten bei denKosten . . . . . . . . . . . . . . 161(1) Familienstreitsachen . . . 162

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Rdn.

(2) Ehesachen – Kostenbei Aufhebung der Eheund bei Scheidung . . . 166– Kostenentscheidung

bei Aufhebungder Ehe,§ 132 FamFG . . . . . 167

– Kosten in Schei-dungssachen undFolgesachen,§ 150 FamFG . . . . . 168

(3) Kosten in Familiensa-chen der freiwilligenGerichtsbarkeit . . . . . 169

III. FGG-Familiensachen . . . . . . . . . . . 1721. Anwendbarkeit des 1. Buches für

FGG-Familiensachen . . . . . . . . . 172a) Allgemeine Vorschriften . . . . . 173

aa) Zuständigkeit . . . . . . . . . 174bb) Ausschließung und Ableh-

nung der Gerichtsperso-nen . . . . . . . . . . . . . . . . 180

cc) Beteiligtenbegriff, Beteilig-tenfähigkeit und Verfah-rensfähigkeit . . . . . . . . . . 181

dd) Bevollmächtigte, Verfah-rensvollmacht und Bei-stand . . . . . . . . . . . . . . . 183

ee) Akteneinsicht . . . . . . . . . 186ff) Bekanntgabe von Ent-

scheidungen, Fristen undWiedereinsetzung in denvorherigen Stand . . . . . . . 189

gg) Verfahrensverbindung undVerfahrenstrennung, Aus-setzung des Verfahrens . . . 196

hh) Antragsrücknahme . . . . . . 198b) Verfahren im ersten

Rechtszug . . . . . . . . . . . . . . . 200aa) Einleitung des

Verfahrens . . . . . . . . . . . 202bb) Beweisverfahren . . . . . . . 206

(1) Grundsatz der Amtser-mittlung . . . . . . . . . . 206

(2) Mitwirkungspflichtender Beteiligten . . . . . . 208

(3) Verfahrensleitung desGerichts . . . . . . . . . . 211

(4) Beweiserhebung . . . . . 215(5) Terminsbestimmung

und persönlichesErscheinen der Betei-ligten . . . . . . . . . . . . . 224

(6) Beweiswürdigung . . . . 228cc) Zwangsmittel, Vergleich . . . 229

c) Entscheidung durchBeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . 232aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . 234

(1) Rubrum und Tenor . . . . 235(2) Begründung . . . . . . . . 237(3) Rechtsbehelfs-

belehrung . . . . . . . . . . 242

Rdn.

bb) Berichtigung und Ergän-zung . . . . . . . . . . . . . . . . 243

cc) Bekanntgabe und Wirksam-werden . . . . . . . . . . . . . . 245

dd) Abänderung und Wieder-aufnahme des Verfahrens . . 248

ee) Rechtskraft . . . . . . . . . . . 250d) Kosten (Kurzübersicht) . . . . . . 251

aa) Bisherige Regelung . . . . . . 251bb) Aktuelle Rechtslage . . . . . . 254

e) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . 261F. Zusammenfassende Übersicht . . . . . . 263G. Zuständigkeit in Familiensachen . . . . 264I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264II. Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . 266III. Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . 267

1. Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2682. Andere Familiensachen . . . . . . . . . 276

a) Anhängigkeit einer Ehesache . . . 276b) Keine Ehesache anhängig . . . . . 284

aa) Unterhaltssachen . . . . . . . 285bb) Güterrechtssachen und

sonstige Familienstreitsa-chen . . . . . . . . . . . . . . . . 289

cc) Kindschaftssachen . . . . . . . 290dd) Versorgungsausgleichsver-

fahren . . . . . . . . . . . . . . . 291ee) Abstammungssachen . . . . . 292ff) Adoptionssachen . . . . . . . 293gg) Ehewohnung und Haus-

haltssachen . . . . . . . . . . . . 294hh) Gewaltschutzsachen . . . . . 295ii) Güterrechtssachen der frei-

willigen Gerichtsbarkeit . . . 296jj) Sonstige Familiensachen

der freiwilligen Gerichts-barkeit . . . . . . . . . . . . . . . 297

kk) Verfahren nach §§5-8 Sorge-RÜbkAG . . . . . . . . . . . . 298

ll) Kollision verschiedenerZuständigkeiten . . . . . . . . 299

c) Nach Anhängigkeit einer »ande-ren Familiensache« wird eineEhesache rechtshängig . . . . . . . 300

IV. Funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . 301V. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . 302VI. Überleitung von Verfahren . . . . . . . . . 303

1. Familiensachen der freiwilligenGerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 306

2. Ehesachen und Familien-streitsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

3. Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 312H. Isolierte Familiensachen . . . . . . . . . . 322J. Verbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324I. Aufgabe und Bedeutung des

Verbunds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324II. Entstehen des Verbunds . . . . . . . . . . . 329III. »Zwangsverbund« . . . . . . . . . . . . . . 333

1. Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334a) Anwaltszwang (§114 Abs.1

FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . 336

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2 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Seiler/Geißler

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Rdn.

b) Antragsschrift(§133 FamFG) . . . . . . . . . . . . 338

c) Ausschließlichkeit des Ehever-fahrens (§126 FamFG) . . . . . . . 344

d) Vorbereitung der mündlichenVerhandlung . . . . . . . . . . . . . . 345

e) Zustellung der Antragsschrift . . 347f) Reaktions- und Verteidigungs-

möglichkeiten des Antragsgeg-ners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

g) Amtsermittlung . . . . . . . . . . . 350h) Aussetzung des Scheidungsver-

fahrens (§136 FamFG) . . . . . . . 358i) Kein Hinausschieben der Zustel-

lung von verkündeten Beschlüs-sen (§41 FamFG) . . . . . . . . . . 359

j) Erledigung der Hauptsache beiTod eines Beteiligten(§131 FamFG) . . . . . . . . . . . . 360

2. Folgesache öffentlich-rechtlicherVersorgungsausgleich (§111 Nr.7FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

IV. Verbund auf Antrag . . . . . . . . . . . . . 3631. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3632. Familienstreitsachen als

Folgesachen . . . . . . . . . . . . . . . . 3683. FGG-Folgesachen . . . . . . . . . . . . 370

V. Wirkungen des Verbunds . . . . . . . . . . 371VI. Auflösung und Ende des Verbunds . . . 382VII. Beschluss im Verbundverfahren . . . . . 396

1. Einheitliche Entscheidung durchBeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396

2. Kostenentscheidung(§150 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . 401

3. Sofortige Wirksamkeit derEntscheidung . . . . . . . . . . . . . . . 402

4. Zustellung des Verbundbe-schlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

5. Beispiel für einen Verbundbeschluss(ohne Versorgungsausgleichsent-scheidung): . . . . . . . . . . . . . . . . . 407

K. Anwaltliche Vertretung und Verfah-rensvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . 408

I. Anwaltliche Vertretung . . . . . . . . . . . 408II. Verfahrensvollmacht . . . . . . . . . . . . . 417L. Vorläufiger Rechtsschutz . . . . . . . . . 418I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418II. Bisherige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . 425

1. Bei Anhängigkeit der Ehesache oderPKH – Antrag hierfür . . . . . . . . . . 427a) Einstweilige Anordnung,

§§620ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . 427b) Arrest und einstweilige

Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . 4352. Keine Ehesache oder entsprechen-

der PKH – Antrag anhängig . . . . . . 439a) ZPO – Familiensachen . . . . . . . 440b) FGG – Familiensachen . . . . . . . 448

Rdn.

III. Neue Rechtslage – die einstweiligeAnordnung, §§49ff. FamFG und derArrest nach §119 FamFG . . . . . . . . . . 4511. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 451

a) FGG-Familiensachen . . . . . . . . 457b) Familienstreitsachen . . . . . . . . 458

2. Voraussetzungen, Inhalt undUmfang des einstweiligen Rechts-schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464a) Voraussetzungen für den Erlass

der einstweiligen Anordnungsind daher . . . . . . . . . . . . . . . 465

b) Inhalt und Umfang der einstwei-ligen Anordnung, §49 Abs.2FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . 466

3. Verfahren und Zuständigkeit . . . . . 467a) Sachliche und örtliche Zustän-

digkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467b) Verfahren, §51 FamFG . . . . . . . 471

4. Verhältnis zur Hauptsache,§52 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . 475a) Amtsverfahren . . . . . . . . . . . . 477b) Antragverfahren . . . . . . . . . . . 480

5. Vollstreckung der einstweiligenAnordnung, §53 FamFG und derenAussetzung, §55 FamFG . . . . . . . . 482a) Vollsteckung . . . . . . . . . . . . . . 482b) Aussetzung der

Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . 4866. Aufhebung oder Änderung der Ent-

scheidung, §54 FamFG . . . . . . . . . 4877. Außerkrafttreten der einstweiligen

Anordnung, §56 FamFG . . . . . . . . 4928. Rechtsmittel gegen die einstweiligen

Anordnung, §57 FamFG . . . . . . . . 497IV. Besonderheiten bei FGG-Familiensa-

chen und Familienstreitsachen . . . . . . 5021. FGG-Familiensachen . . . . . . . . . . 502

a) Sonderregelung in Kindschafts-sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503aa) Umgang des nicht sorgebe-

rechtigten Elternteils mitdem Kind . . . . . . . . . . . . . 504

bb) Elterliche Sorge für eingemeinschaftliches Kindund Herausgabe des Kindesan den anderen Elternteil . . 510(1) Elterliche Sorge für

ein gemeinschaftlichesKind . . . . . . . . . . . . . 511

(2) Herausgabe des Kindesan den anderen Eltern-teil . . . . . . . . . . . . . . . 513

b) Benutzung der Ehewohnungund des Haushalts . . . . . . . . . . 514

c) Sonderregelung in Gewalt-schutzsachen . . . . . . . . . . . . . 518

d) Güterrechtssachen nach§261 Abs.2 FamFG und sonstigeFamiliensachen nach §266 Abs.2FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . 521

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3Verfahren in Familiensachen 1. Kapitel

Seiler/Geißler

Page 4: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Rdn.

2. Familienstreitsachen . . . . . . . . . . . 522a) Besonderheiten bei der einstwei-

ligen Anordnung . . . . . . . . . . . 522aa) Besonderheiten für Unter-

haltssachen . . . . . . . . . . . . 526(1) Zunächst ist die Rege-

lung des §246 FamFGzu betrachten . . . . . . . . 527

(2) Schutz der Mutter unddes Kindes nach§247 FamFG . . . . . . . . 533

(3) Einstweilige Anordnun-gen im Vaterschaftsfest-stellungsverfahren nach§1600d BGB, §248FamFG . . . . . . . . . . . . 536

(4) Gesamtzusammenstel-lung zum einstweiligenRechtsschutz in Unter-haltssachen nach bisheri-gem und neuem Recht 542

bb) Arrest in Familienstreitsa-chen . . . . . . . . . . . . . . . . 544(1) Durch Arrest schutzfä-

hige Ansprüche . . . . . . 545(2) Zulässigkeits- und

Begründetheitsvoraus-setzungen von Arrest imAllgemeinen . . . . . . . . 549(a) Allgemeine Prozess-

voraussetzungen . . . 549(b) Arrestantrag . . . . . . 552(c) Zuständiges Gericht 554(d) Begründetheit . . . . . 555

(3) Besonderheiten für diewichtigsten Fälle . . . . . 557(a) Sicherung des künf-

tigen Zugewinnaus-gleichs . . . . . . . . . . 557

(b) Arrest zur Sicherungvon Unterhaltsrück-ständen sowie künf-tigen Unterhalts . . . 562

(4) Verfahrensgang bis zurEntscheidung . . . . . . . 565

(5) Entscheidung im Arrest-verfahren sowie derenBekanntgabe . . . . . . . . 569

(6) Vollziehung vonArrest . . . . . . . . . . . . 571

(7) Schadensersatz wegenVollziehung einer unge-rechtfertigten Arrestan-ordnung (§945 ZPO) . . 577

M. Rechtsmittel in Familiensachen . . . . . 579I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579

1. Funktion des Rechtsmittels und dieRechtsmitteltypen . . . . . . . . . . . . 579

2. Überblick über die Neuordnung desRechtsmittelrechts . . . . . . . . . . . . 580

3. Zuständigkeiten und Instanzenzugnach dem FGG-ReformG . . . . . . . 583

Rdn.

4. Anfechtungsberechtigung . . . . . . . 5875. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5886. Fristwahrung . . . . . . . . . . . . . . . 5937. Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597a) unverschuldete

Fristversäumung . . . . . . . . . . . 597b) Antrag auf Wiedereinsetzung . . 600c) Sonderfall PKH für beabsich-

tigte Beschwerde . . . . . . . . . . . 6048. Verschlechterungsverbot . . . . . . . . 607

II. Rechtsmittel und Verfahrensart . . . . . . 6111. Rechtsmittel gegen eine Entschei-

dung in einer isoliert geführtenFamiliensache . . . . . . . . . . . . . . . 612a) Isolierte Familiensachen der frei-

willigen Gerichtsbarkeit . . . . . . 612b) Isolierte Familienstreitsachen

und Ehesachen . . . . . . . . . . . . 6142. Rechtsmittel gegen eine im Verbund

ergangene Entscheidung . . . . . . . . 615a) Anfechtung des Scheidungs-

ausspruchs sowie der Folge-sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616

b) Anfechtung lediglich von Folge-sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619

c) Anfechtung der Abtrennung . . . 622d) Anfechtung bei Zurückweisung

des Scheidungsantrags . . . . . . . 624e) Anfechtung der Kostenentschei-

dung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6253. Rechtsmittel gegen eine Entschei-

dung im einstweiligen Rechtsschutzaußerhalb des Verbunds . . . . . . . . 628a) Arrest in Familienstreit-

sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6284. Anfechtung der einstweiligen

Einstellung der Zwangsvoll-streckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630

III. Die Beschwerde gegenEndentscheidungen Ehe- undFamilienstreitsachen . . . . . . . . . . . . . 6311. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 631

a) Statthaftigkeit (§58 Abs.1FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . . 632aa) Ohne Zulassung: Über-

schreiten der Beschwerde-werts . . . . . . . . . . . . . . . 633

bb) Zulassungsbeschwerde . . . 638b) Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . 644

aa) Einlegung . . . . . . . . . . . . 645bb) Begründung . . . . . . . . . . . 646cc) Sonderfälle des Fristbeginns 647dd) Fristverlängerung . . . . . . . 649ee) Sondervorschrift des

§145 Abs.1 FamFG . . . . . 650c) Form und Begründung der

Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . 651aa) Berufungsschrift

(Einlegung) . . . . . . . . . . . 651

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4 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Seiler/Geißler

Page 5: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Rdn.

bb) Notwendiger Inhalt . . . . . 656– Beschwerdeanträge

(§117 Abs.1 Satz 1FamFG) . . . . . . . . . . . 657

– Beschwerdebegründung 6592. Prüfungsumfang des Beschwerde-

gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6643. Präklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . 6704. Anschlussbeschwerde (§66 FamFG,

§524 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 675a) Unselbständigkeit der

Anschlussbeschwerde . . . . . . . 676b) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . 678c) Zeitpunkt der Einlegung,

Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679d) Form und Begründung . . . . . . 681e) Abhängigkeit vom Hauptrechts-

mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682f) Anschlussbeschwerde oder

Abänderungsantrag . . . . . . . . . 6855. Rechtsmittelverzicht . . . . . . . . . . 6876. Beschwerderücknahme . . . . . . . . . 6907. Entscheidung des Beschwerdege-

richts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695a) Zurückweisung der Beschwerde

durch Beschluss . . . . . . . . . . . 695b) Einzelrichter in der Beschwerde-

instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 699c) Inhalt des Beschwerdeentschei-

dung (§69 FamFG) . . . . . . . . . 702d) Zurückverweisung in die erste

Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 704IV. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . 707

1. Zulassungsrechtsbeschwerde(§70 Abs.1 FamFG) . . . . . . . . . . . 711a) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . 711b) Zulässigkeit im Übrigen . . . . . . 715c) Prüfungsumfang und Entschei-

dung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7172. Nichtzulassungsbeschwerde . . . . . 7193. Sprungrechtsbeschwerde

(§75 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . 721V. Rechtsmittel gegen Endentscheidungen

in Familiensachen der freiwilligenGerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 7221. Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . 723

a) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . . . . 723b) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725c) Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727d) Beschwerdeberechtigung . . . . . 728

Rdn.

e) Beschwerdewert . . . . . . . . . . . 729f) Beschwerdebegründung . . . . . . 730g) Begründetheit . . . . . . . . . . . . . 732h) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . 733

2. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . 735VI. Die Beschwerde gegen Zwischen- und

Nebenentscheidungen und einstweiligeAnordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7391. Sofortige Beschwerde

(§§567ff. ZPO) . . . . . . . . . . . . . . 743a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . 743

aa) Statthaftigkeit . . . . . . . . . . 743bb) Frist . . . . . . . . . . . . . . . . 745cc) Rechtsmittelgericht . . . . . . 746dd) Beschwerdesumme . . . . . . 747ee) Einreichung,

Anwaltszwang . . . . . . . . . 748b) Mindestinhalt . . . . . . . . . . . . . 750c) Begründung und neues Tatsa-

chenvorbringen . . . . . . . . . . . . 751d) Abhilfemöglichkeit . . . . . . . . . 754e) Entscheidung des Beschwerde-

gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . 757f) Rechtsmittel:

Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . 7612. Die Beschwerde gegen einstweilige

Anordnungen (57 FamFG) . . . . . . 762a) Anfechtbare Entscheidungen . . 762b) Form und Frist . . . . . . . . . . . . 764c) Begründung . . . . . . . . . . . . . . 765d) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . 766

3. Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7674. Anhörungsrüge . . . . . . . . . . . . . . 768

N. Rechtskraft und Wirksamwerden desScheidungsausspruchs . . . . . . . . . . . 770

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770II. Formelle Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . 775

1. Wirksamer Rechtsmittelverzicht . . . 7772. Ablauf der Fristen für Hauptrechts-

mittel und Anschlussrechtsmittel . . 7823. Zur Befristung von Rechtsmitteler-

weiterung in Verbundsachen undAnschließung im Einzelnen . . . . . . 784a) Zweck des §145 FamFG . . . . . . 784b) Anwendungsbereich . . . . . . . . 785c) Grundsätze des

Fristensystems . . . . . . . . . . . . 786d) Stufen des Fristensystems . . . . . 788

4. Erschöpfung des Instanzenzugs . . . 791III. Materielle Rechtskraft . . . . . . . . . . . . 792

A. Grundlagen

1Mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheitender freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG), welches als Art. 1 dasGesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen

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5A. Grundlagen 1. Kapitel

Seiler/Geißler

Page 6: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Gerichtsbarkeit (FamFG) enthält, wurden das FGG und das 6. Buch der ZPO zum01.09.2009 abgelöst.1

1 Siehe hierzu grundlegend: Borth FamRZ 2009, 157 ff.; Büte FuR 2008, 537 ff. und 583 ff.

2 Insgesamt enthält das FGG-RG 112 Änderungen, wobei als letzter Punkt das neue Über-gangsrecht geregelt wurde. Art. 111 Satz 1 FGG-RG bestimmt, dass auf Verfahren, die biszum Inkrafttreten des FamFG eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zumInkrafttreten des FamFG beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des FamFG gel-tenden Vorschriften anzuwenden sind. Auf die Altverfahren findet somit das alte RechtAnwendung. Dies gilt für den gesamten Instanzenzug, bis zum Abschluss des Verfahrens.

3 Dies hat zur Folge, dass das FGG und vor allem das 6. Buch der ZPO auch noch die nächs-ten Jahre von Bedeutung sein werden. Andererseits wurde mit dem VAStrRefG (untenKap. 7 Rdn. 10) die Übergangsvorschrift ergänzt, damit ein zügigerer Übergang zum neuenRecht erfolgen kann. Es wird aber bereits an dieser Stelle für prozessuale Probleme bei Ver-fahren, die vor dem 01.09.2009 eingeleitet wurden auf die Vorauflage des Handbuchs verwie-sen. Die dortigen Kommentierungen haben auch weiterhin erhebliche Bedeutung.

4 In dieser Auflage werden nur noch Verfahren betrachtet, die nach dem 01.09.2009 eingeleitetwurden oder deren Einleitung erst nach dem Inkrafttreten des FamFG beantragt wurde. Eswird lediglich auf das ab dem 01.09.2009 geltende Recht abgestellt, somit vor allem auf dasFamFG.

5 Art. 111 Satz 2 FGG-RG stellt noch klar, dass die Übergangsregelung auch für Verfahren aufAbänderung, Verlängerung oder Aufhebung gilt. Auch hier kommt es darauf an, wann dieseVerfahren eingeleitet worden sind.

�6 Beispiel:Wurde ein Unterhaltstitel im Frühjahr 2008 errichtet und ein Abänderungsverfahrenbis zum 31.08.2009 eingeleitet, so finden die bisherigen Vorschriften auch für das Abän-derungsverfahren (§ 323 ZPO) Anwendung.

7 Wurde das Abänderungsverfahren dagegen erst ab dem 01.09.2009 eingeleitet, so sind hier-auf die Vorschriften des FamFG (§§ 238 f. FamFG) anzuwenden.2

2 So auch Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 50.

8 Mit dem Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) wurde inArt. 22 auch Art. 111 des FGG-RG ergänzt. Es wurde die bisherige Regelung zum neuenAbs. 1 und weitere Absätze 2 bis 5 angefügt. Nach Abs. 2 ist jedes gerichtliche Verfahren,das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren im Sinnedes Abs. 1 Satz 1. Damit wird klargestellt, dass in Bestandsverfahren wie Betreuung, Vor-mundschaft oder Beistandschaft jeder selbständige Verfahrensgegenstand, der mit einerdurch Beschluss (§ 38 FamFG) zu erlassenden Endentscheidung zu erledigen ist, ein neues,selbständiges Verfahren begründet. Hierunter fällt insbesondere die gerichtliche Aufsichts-und Genehmigungstätigkeit. Dadurch soll sichergestellt werden, dass auch in Bestandsver-fahren eine zügige Umstellung auf das neue Recht erfolgt.3

3 BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 127 f.

9 In Abs. 3 wird klargestellt, dass das neue Verfahrensrecht auf Verfahren in Familiensa-chen anzuwenden ist, die auf der Grundlage einer formellen gerichtlichen Entscheidung beiInkrafttreten des FGG-RG am 01.09.2009 ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht sind odernach diesem Zeitpunkt ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht werden, wobei insbeson-dere die Aussetzung des Verfahrens nach z.B. §§ 246 ff., 614 ZPO, § 52 Abs. 2 FGG oder dieAnordnung des Ruhens nach §§ 251, 251a ZPO betroffen sind.4

4 BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128.

10 Für die Verfahren über den Versorgungsausgleich ordnen die Abs. 4 und 5 darüberhinausgehend die Umstellung von Altverfahren auf das neue Verfahrensrecht an, damit

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6 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Seiler

Page 7: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

der Gleichlauf zu der in § 48 VerAusglG enthaltenen Übergangsregelung hergestelltwird5

5 BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128.

. Nach Abs. 4 Satz 1 findet das neue Verfahrensrecht Anwendung für Verfahren überden Versorgungsausgleich, die am 01.09.2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach die-sem Zeitpunkt abgetrennt werden. Satz 2 stellt insoweit noch klar, dass dies auch dann gilt,wenn die Versorgungsausgleichsfolgesache gemeinsam mit weiteren Folgesachen aus demVerbund abgetrennt wird.6

6 Siehe insoweit auch Borth FamRZ 2009, 562, 565 f.

Alle abgetrennten Folgesachen werden als selbständige Verfahrenfortgeführt und stehen zueinander nicht im Restverbund.7

7 BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128.

Abs. 5 ordnet schließlich eineUmstellung der erstinstanzlichen Verfahren über den Versorgungsausgleich an, soferndiese nicht innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des FGG-RG durch Endentschei-dung abgeschlossen wurden. Dies gilt auch für Scheidungs- und Folgesachen, soweit sie mitdem Verfahren über den Versorgungsausgleich im Verbund stehen.8

8 BT-Drucks. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses 16/11903 S. 128 f.

11Was Familiensachen sind, ist in § 111 Nr. 1 bis 11 FamFG abschließend aufgezählt. Soweitandere Gesetze den Begriff »Familiensache« verwenden, ist nunmehr § 111 FamFG maßgeb-lich9

9 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 493.

. § 111 FamFG stellt eine Legaldefinition des Begriffes »Familiensache« dar. § 23bAbs. 1 Satz 2 GVG a.F. wurde aufgehoben und § 23b Abs. 2 GVG n.F. regelt nunmehr diegerichtsorganisatorischen Fragen. Die Regelung über die sachliche und örtliche Zuständig-keit findet sich in anderen Vorschriften. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibtsich aus § 23a Abs. 1 Nr. 1 GVG n.F., die örtliche Zuständigkeit für die einzelnen Familiensa-chen ergibt sich aus den jeweiligen Kapiteln und ist dort vor Ort geregelt. Die Zuständigkeitfür Ehesachen ist in § 122 FamFG weiterhin als ausschließliche geregelt. Durch die stetigeVerweisung an das Gericht für Ehesachen wird auch weiterhin sichergestellt, dass in Schei-dungs- und Folgesachen eine einheitliche Entscheidung ergehen kann.

12Bereits mit In-Kraft-Treten des KindRG am 01.07.199810

10 BGBl I 2942.

ist die Entscheidungskompetenzder FamGe wesentlich erweitert worden: Sie umfasste seither auch Ansprüche aus gesetzli-cher Unterhaltspflicht, Kindschaftssachen, Ansprüche des ein nicht eheliches Kind betreuen-den Elternteils und Befreiungen von Vorschriften zur Eingehung der Ehe. Dazu wurden dieVorschriften des § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 5 GVG a.F. neu gefasst sowie die Nr. 12, 13und 14 angefügt. Mit dieser Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs der FamGe hatte derGesetzgeber einen sachgerechten, seit langem empfohlenen und weitgehend als notwendigerachteten11

11 Vgl. BVerfG FamRZ 1992, 157.

Schritt in die richtige Richtung getan. Allerdings waren weiterhin nicht sämtli-che vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten gegeneinander in den Zuständigkeitsbe-reich der FamGe einbezogen; dies erschien aber nach wie vor wenig sachgemäß. Erweitertwurde die Zuständigkeit der FamGe durch Einbeziehung der Lebenspartnerschaftssachen(§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 15 GVG a.F.) und im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes (§ 23bAbs. 1 Satz 2 Nr. 8a GVG a.F.; vgl. § 64b FGG).

13Erst die Einführung des FamFG hat nunmehr die Zuständigkeit der Familiengerichte noch-mals deutlich erweitert. So unterliegen der Zuständigkeit der Familiengerichte nunmehrauch:– Die Verfahren betreffend die Vormundschaft oder Pflegschaft für Minderjährige, § 151

Nr. 4 und 5 FamFG.– Adoptionssachen gemäß §§ 186 ff. FamFG, denen gemäß § 186 Nr. 4 FamFG auch die

Verfahren auf Befreiung vom Eheverbot gemäß § 1308 Abs. 1 BGB zugeordnet werden.– Die Verfahren betreffend die religiöse Kindererziehung, die vormals dem Vormund-

schaftsgericht zugewiesen waren, Art. 63 Fam-RG.12

12 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 319.

– Sämtliche Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, auch soweit sie bisher den Zivilge-richten zugeordnet waren, unterliegen nunmehr den Familiengericht, §§ 210 ff. FamFG.

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7A. Grundlagen 1. Kapitel

Seiler

Page 8: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

– Bei den Unterhaltssachen erfolgt eine Ausweitung auch auf die Verfahren nach § 3 Abs. 2Satz 3 BKGG sowie § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG, § 231 Abs. 2 FamFG.

– sonstige Familiensachen im Sinne des § 266 FamFG von denen hier zunächst einmal nurdie Mitwirkungspflichten zur gemeinsamen Einkommensteuererklärung, der Gesamt-schuldnerausgleich nach § 426 BGB oder die Gesamtgläubigerschaft nach § 430 BGB,die Auseinandersetzung der BGB-Innengesellschaft genannt werden sollen.

– Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2 FamFG.– Eigenes Gesetz über die Gerichtskosten in Familiensachen, Art. 2 Fam-RG, das

FamGKG,13

13 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 197 ff.

das dem neuen GKG nachempfunden wurde und daher im Anhang ein eige-nes Kostenverzeichnis enthält.14

14 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 223 ff.

14 Entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, dass sich die Zuständigkeit nach dem Klagevor-trag richtet und durch Einwendungen der Gegenseite nicht beeinflusst wird, entscheidet sichdie Frage, ob ein Rechtsstreit Familiensache ist, allein nach der Begründung des geltendgemachten Anspruchs.15

15 BGH. FamRZ 1985, 903; 1990, 851; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1504 m.w.N.

Das Verfahren wird nicht etwa dadurch zur Familiensache, dassbei der Entscheidung auf Grund des Verteidigungsvorbringens familienrechtliche Frageneine Rolle spielen.16

16 BGH FamRZ 1980, 988.

Die rechtliche Einordnung des Klagevorbringens richtet sich, da es umdie Frage der Zuständigkeit geht, auch in Fällen mit Auslandsberührung nach deutschemRecht als der lex fori.17

17 BGH FamRZ 1983, 155; vgl. BGH FamRZ 1983, 1008, wonach das Verfahren über die Voll-streckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung Familiensache ist, wenn die entschiedeneSache nach inländischem Recht als Familiensache einzuordnen ist.

15 Wird ein einheitlicher prozessualer Anspruch auf verschiedene Anspruchsgrundlagengestützt, von denen – für sich betrachtet – nur eine das Verfahren zur Familiensache machenwürde, so kommt nach dem Zweck der familienrichterlichen Spezialzuständigkeit demFamG grundsätzlich der Vorrang zu, es sei denn, dass bereits offensichtlich ist, dass die gel-tend gemachte familienrechtliche Anspruchsgrundlage nicht besteht.18

18 BGH FamRZ 1983, 155, 156; OLG Bamberg FamRZ 1989, 408 m.w.N.

16 Gem. § 260 ZPO können mehrere Ansprüche, auch wenn sie auf verschiedenen Gründenberuhen, nur dann in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche dasProzessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.19

19 Näher Thomas/Putzo/Reichold § 260 Rn. 13 f.

17 Für das Verfahren in Familiensachen ist mit dem 2. Kapitel des FamFG (§§ 111 bis 270)eine eigene Verfahrensordnung vorgegeben und somit eine andere Prozessart vorgesehen, alsfür die im allgemeinen Streitverfahren zu verfolgenden Ansprüche. Dies gilt auch, obwohl§ 113 FamFG in einer Vielzahl von Fällen, vor allem für die Ehesachen und Familienstreitsa-chen auf die ZPO verweist.20

20 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 12 ff.; Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 453 ff.

18 Mehrere Ansprüche, die teils Familiensachen, teils Nichtfamiliensachen sind, können alsonicht in einer Klage verbunden werden (der frühere Fall des § 621a Abs. 2 ZPO ist nunmehrin § 265 FamFG geregelt21

21 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 454 f.

), auch nicht im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag.22

22 Vgl. BGH FamRZ 1986, 348; ausdrücklich BayObLG FamRZ 2003, 1569.

Geschieht dies dennoch, so ist zunächst das Gericht (Abteilung, Spruchkörper) zuständig,das zur Entscheidung über den Hauptanspruch berufen ist. Eine Verweisung (Abgabe) desRechtsstreits wegen des Hilfsanspruchs, über den dieses Gericht nicht sachlich entscheidenkann, ist zunächst nicht möglich; erst wenn und soweit der Hauptanspruch abgewiesenwird, kann das Verfahren wegen des Hilfsanspruchs abgegeben werden.23

23 BGH FamRZ 1979, 215; 1980, 554; 1981, 1047.

Betrifft ein Teil desVerfahrens eine Nichtfamiliensache, so hat insoweit nach § 145 ZPO eine Abtrennung –

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8 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 9: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

auch noch in zweiter Instanz24

24 BGH FamRZ 1979, 217.

– zu erfolgen. Ist eine Abtrennung nicht zulässig, so erstrecktsich die Zuständigkeit des FamG auf alle Ansprüche.25

25 BGH FamRZ 1979, 215.

19Vor einem Gericht für allgemeine Zivilsachen (Prozessgericht) kann mit einem Anspruch auseiner Familiensache aufgerechnet werden. Auf diese Weise können auch die allgemeinenZivilgerichte mit Familiensachen befasst werden. Durch die Aufrechnung, die die Gegenfor-derung nicht rechtshängig macht, wird der Rechtsstreit allerdings nicht zu einer Familiensa-che. Der zuständige Spruchkörper kann aber nach § 148 ZPO die Verhandlung aussetzen, bisdie Partei, die die Aufrechnung erklärt hat, eine Entscheidung über ihre Gegenforderungbeigebracht hat.26

26 BGH FamRZ 1989, 166.

Im umgekehrten Fall kann das FamG auch über die Aufrechnung miteiner Gegenforderung entscheiden, die vor dem Prozessgericht einzuklagen wäre.27

27 OLG Köln FamRZ 1992, 450; Zöller/Philippi § 621 Rn. 3 ff.

20Liegt keine Familiensache vor, hat das mit dem entsprechenden VKH-Gesuch oder Verfah-renskostenhilfe-Gesuch (nunmehr in §§ 76–78 FamFG für die FGG-Familiensachen)befasste Gericht einen Verweisungsantrag nach § 281 ZPO (bei Ehe- und Familienstreitsa-chen) bzw. Verweisungsantrag (nach § 3 FamFG bei FGG-Familiensachen) anzuregen. Erstwenn dieser nicht gestellt wird, ist das entsprechende Gesuch abzulehnen.28

28 OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 621; Zöller/Philippi § 114 Rn. 22 a für das VKH-Gesuch.

21Bei ausländischen Rechtsverhältnissen bestimmt die deutsche lex fori, ob der Verfahrens-gegenstand eine Familiensache darstellt oder ihr zugerechnet werden kann.29

29 OLG Hamm FamRZ 1993, 211 m.w.N.; vgl. für iranisches Recht (Streit über Morgengabe): KGFamRZ 1980, 470, 471 (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG); OLG Bremen FamRZ 1980, 606 (§ 23bAbs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG); für jordanisches Recht: OLG Köln IPrax 1983, 74; OLG HamburgIPrax 1983, 76; offen BGH FamRZ 1987, 463 f.; vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 1979, 813, 814;OLG Bremen FamRZ 1980, 606, 607. Nicht als Verfahren nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVGwurden die Herausgabe der Aussteuer und Ansprüche aus Schenkungen nach türkischem Rechtangesehen; OLG Köln FamRZ 1994, 1476; 1995, 236; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1085.

Bei Anwend-barkeit von materiellem ausländischem Recht liegt eine Ehesache vor, wenn der Verfahrens-gegenstand dem einer Ehesache entspricht.30

30 Vgl. die Beispiele aus der Praxis noch zum alten Recht für eine Gleichstellung mit Scheidungsver-fahren i.S.d. § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GVG bei Rn. 15.

22Mit dem 2. Buch des FamFG sollten eigene Verfahrensvorschriften für das familiengericht-liche Verfahren geschaffen werden. Gründe für die Reform aus familienrechtlicher Sicht warvor allem die Unübersichtlichkeit des aktuellen familienrechtlichen Verfahrens, vor allem dasNebeneinander verschiedener Verfahrensordnungen. Das Verfahren ist teilweise in derZPO, im FGG, im BGB, in der HausratsVO und in zahlreichen weiteren Gesetzen geregelt.Darüber hinaus besteht eine Mixtur aus der Parteimaxime der ZPO einerseits sowie aus demAmtsermittlungs- und Beibringungsgrundsatz des FGG anderseits. In den Gesetzesmateria-lien heißt es, die zahlreichen Hin- und Rückverweisungen stellten eine »komplizierte unddissonante Regelungstechnik« dar, die dazu führt, dass die Bürgerinnen und Bürger einewenig transparente Gesetzeslage vorfinden, die zu einer schwer verständlichen Ausgestal-tung des familiengerichtlichen Verfahrens führt.31

31 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352.

23Am Beispiel der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit lässt sich belegen, dass allein eineformale Ordnung des Familienverfahrensrechts und eine Zusammenfassung an einem ein-heitlichen Ort sinnvoll ist: So ist die sachliche Zuständigkeit in nicht weniger als 14 Paragra-phen – die örtliche Zuständigkeit sogar in 20 Paragraphen in vier Gesetzen beziehungsweiseVerordnungen geregelt, die durch sieben weitere Vorschriften zu Abgabe und Verweisungergänzt werden.32

32 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352.

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9A. Grundlagen 1. Kapitel

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Page 10: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

24 Eine Novellierung des bestehenden FGG und 6. Buches der ZPO schied nach Auffassungder Bundesregierung aus, weil die oben aufgezeigten Strukturdefizite nicht behebbarerschienen.33

33 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352.

Dennoch gilt auch das FamFG nicht uneingeschränkt für alle Familiensachen.An der Unterscheidung zwischen Amtsermittlung und Beibringungsgrundsatz istgleichwohl für das familiengerichtliche Verfahren inhaltlich grundsätzlich festzuhalten. EineSäumnisentscheidung muss in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, vor allem im Unter-haltsprozess, weiterhin möglich sein.

25 Die Zweispurigkeit ist daher beizubehalten; es sind aber die Möglichkeiten des Gerichts zurVerfahrensförderung und Sachverhaltsaufklärung zu verbessern, zum Beispiel durch denAusbau der Auskunftsrechte und der Auskunfts- und Belegpflichten der Beteiligten imUnterhaltsverfahren.34

34 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 352.

26 Neu sind aber dennoch die einheitlichen Begriffe im Verfahren gemäß § 113 Abs. 5 FamFG:

Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung1. Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,2. Klage die Bezeichnung Antrag,3. Kläger die BezeichnungAntragsteller,4. Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,5. Partei die Bezeichnung Beteiligter

27 Dies hat zur Folge, dass der verfahrenseinleitende Schriftsatz als »Antragsschrift« (statt bis-her: Klageschrift) bezeichnet wird, es nunmehr Stufen-, Feststellungs-, Abänderungs- Voll-streckungsabwehr- und Leistungsverfahren gibt. Weiter spricht man von Beteiligten- undVerfahrensfähigkeit und Verfahrensstandschaft.35

35 Zur neuen Terminologie: Schael FamRZ 2009, 7 ff.; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 113 FamFG,Rn 20 ff.

28 Als Konsequenz der Zweispurigkeit des Verfahrens wurde im 2. Buch ein Abschnitt 1 mitallgemeinen Vorschriften vorangestellt. In § 111 FamFG erfolgt die Grundaufteilung derFamiliensachen. Maßgeblich ist aber nicht mehr wie bisher die Unterscheidung zwischen»Ehesachen« (§§ 606–620g ZPO) und »anderen Familiensachen« (§§ 621 ff. ZPO), sondernalle Familiensachen werden gleichwertig nacheinander aufgezählt. Ein neuer wichtigerUnterschied ist nunmehr die Differenzierung zwischen Ehe- und Familienstreitsachen undsonstigen Familiensachen. Familienstreitsachen (§§ 112, 113 FamFG) sind vor allem die bis-herigen ZPO- Familiensachen (siehe dazu unten Rdn. 150 ff.).

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10 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 11: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Übersicht über die Familiensachen, § 111 FamFG29

Ehesachen, § 111 Nr. 1 FamFG

Verfahren auf Scheidung,§ 1564–1568 BGB,§§ 113–120 FamFG;§§ 121–132, 133–150 FamFG

Verfahren auf Aufhebung einer Ehe,§§ 1313–1318 BGB,§§ 113–120, 121–132 FamFG

Verfahren auf Festellung des Bestehensoder Nichtbestehens einer Ehe,§§ 113–120, 121–132 FamFG

Kindschaftssachen, § 111 Nr. 2 FamFG

§ 151 FamFG Kindschaftssachen

Kindschaftssachen sind die demFamiliengericht zugewiesenen Verfahrendie1. die elterliche Sorge,2. das Umgangsrecht,3. die Kindesherausgabe,4. die Vormundschaft5. die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder für eine Leibesfruch6. die Genehmigung der freiheitsent- ziehenden Unterbringung eines Minderjährigen (§§ 1631b, 1800 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),7. die Anordnung der freiheitsent- ziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach den Landes- gesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder8. die Aufgaben nach dem Jugend- gerichtsgesetz betreffen.

Gewaltschutzsachen, § 111 Nr. 6 FamFG

§ 210 FamFG Gewaltschutzsachen:

Gewaltschutzsachen sind Verfahrennach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutz-gesetzes.

Versorgungsausgliachssachen, § 111 Nr. 7 FamFG

§ 217 FamFG

Versorgungsausgleichssachen

Versorgungsausgleichssachen sindVerfahren, die den Versorgungsaus- betreffen.

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11A. Grundlagen 1. Kapitel

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Page 12: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Unterhaltssachen, § 111 Nr. 8 FamFG

§ 231 FamFG

Unterhaltssachen

(1) Unterhaltssachen sind Verfahren, die1. die druch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht2. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,3. die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m des Bürgerlichen Gesetz- buchs betreffen.(2) Unterhaltssachen sind auch Ver-fahren nach § 3 Abs. 2 Satz 3 des Bundeskindergeldgesetzes und § 64 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuer-gesetzes. Die §§ 235 bis 245 sind nicht anzuwenden.

Abstammungssachen, § 111 Nr. 3 FamFG

§ 169 FamFG: Abstammungssachen

Absstammungssachen sind Verfahren1. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind- Verhältnisses, insbesondere der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft,2. auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsunter- suchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme,3. auf Einsicht in ein Abstammungs- gutachten oder die Aushändigung einer Abschrift oder4. auf Anfechtung der Vaterschaft.

Adoptionssachen, § 111 Nr. 4 FamFG

§ 186 FamFG Adoptionssachen:

Adoptionssachen sind Verfahren, die1. die Annahme als Kind,2. die Ersetzung der Einwilligung als Kind,3. die Aufhebung des Annahmever- hältnisses oder4. die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betreffen.

Wohnungszuweisung- undHausratssachen, § 111 Nr. 5 FamFG

§ 200 FamFG Wohnungszuweisungs-

sachen; Haushaltssachen:

(1) Wohnungszuweisungssachen sindVerfahren1. nach § 1361b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,2. nach § 1568a des Bürgerlichen Gesetzbuchs.(2) Hausratssachen sind Verfahren1. nach § 1361a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,2. nach § 1568b des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

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12 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 13: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

sonstige Familiensachen, § 111 Nr. 10 FamFG

§ 266 FamFG: Sonstige Familiensachen

(1) Sonstige Familiensachen sindVerfahren, die1. Ansprüche zwischen miteinander Verlobten oder ehemals verlobten Personen um Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1299 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einer solchen und einer dritten Person,2. aus der Ehe herrührende Ansprüche,3. Ansprücje zwischen miteinander verheirateten oder ehemlas mitein- ander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe,4. aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche oder5. aus dem Umgangsrecht herrührende Ansprüche betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe a bis k der Zivilprozess- ordnung genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt.

Lebenspartnerschaftssachen, § 111 Nr. 11 FamFG

§ 269 FamFG Lebenspartnerschaftssachen

B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen

I. Ehesachen (§ 111 Nr. 1 FamFG)

30Der Begriff der »Ehesache« ist in § 121 FamFG legal definiert als VerfahrenNr. 1 auf Scheidung der Ehe (Scheidungssachen), (§§ 1564–1568 BGB, §§ 121–132, 133–150

FamFG)Nr. 2 auf Aufhebung der Ehe (§§ 1313–1318 BGB, §§ 121–132 FamFG) undNr. 3 auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Beteilig-

ten (§§ 121–132 FamFG).

31Rechtstatsächlich am Bedeutsamsten sind die Scheidungssachen. Rechtssystematisch sind dieScheidungssachen von den anderen Ehesachen zu trennen. § 126 FamFG regelt die Anhän-gigkeit mehrerer Ehesachen und das Verhältnis zu anderen Verfahren. Gemäß § 126 Abs. 1FamFG können mehrere Ehesachen miteinander verbunden werden. Gemäß § 126 Abs. 3FamFG ist – wenn sowohl der Scheidungsantrag als auch der Aufhebungsantrags begründetist – nur die Aufhebung der Ehe auszusprechen.36

36 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 494.

Die Ehenichtigkeitsklage wurde imZusammenhang mit der Eheschließungsreform abgeschafft; gegen fehlerhafte Eheschließun-

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13B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 14: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

gen kann seit 01.07.1998 nur noch mit dem Aufhebungsantrag (§§ 1313 ff. BGB, §§ 121–132FamFG) vorgegangen werden.

32 Nicht mehr unter den Begriff der Ehesache fallen die Verfahren auf Herstellung des eheli-chen Lebens sowohl in der Form des positiven Herstellungsverfahrens als auch in der Formdes negativen Herstellungsverfahrens, nämlich dem Verfahren auf Feststellung des Rechtszum Getrenntleben (§ 1353 BGB). (zu den gesamten Streitfragen, siehe die Vorauflage Kap. 1Rdn. 125 ff. mit vielen Nachweisen). Sie sind nicht mehr bei § 121 FamFG genannt. DieseAnsprüche sind als sonstige Familiensache gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG als Familien-streitsache (§ 112 Nr. 3 FamFG) ohne das Privileg der Amtsermittlung geltend zu machen.37

37 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 174.

33 Ehesachen sind auch Verfahren, mit denen Ehegatten eine im ausländischen Recht vorge-sehene Gestaltung ihrer Ehe durchsetzen wollen, insbesondere die Trennung von Tisch undBett nach italienischem Recht,38

38 BGH FamRZ 1967, 452 ff.; OLG München NJW 1978, 1117; OLG Bamberg FamRZ 1979, 514;OLG Frankfurt FamRZ 1979, 813, 814.

die Bestätigung der einverständlichen Trennung39

39 AG Offenbach FamRZ 1978, 509 m. Anm. Jayme; vgl. auch AG München FamRZ 1979, 815 f. m.Anm. Hausmann.

und dasErlöschen der bürgerlichen Wirkungen einer religiös geschlossenen Ehe.40

40 OLG Frankfurt FamRZ 1978, 510, 511.

34 Zu kritisieren ist, dass das vor allem aus dem italienischen Recht bekannte Verfahren »aufTrennung ohne Auflösung des Ehebandes« (Art. 151 des italienischen Zivilgesetzbuches)in die Aufzählung des § 121 FamFG nicht aufgenommen wurde41

41 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 175.

. Der Regierungsentwurfmerkt hierzu nur an, dass sich für die Zuordnung zu den Ehesachen keine Änderungen zumderzeitigen Rechtszustand ergeben42

42 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 501.

. Die EuEheVO43

43 Abgedruckt in T/P 28. Aufl. 2007 S. 1597 ff. und kommentiert von Hüßtege.

(Brüssel II a – VO, VO EG Nr. 2201/2003) führt diese Verfahren unter Art. 1 Abs. 1 lit. a explizit auf, wie auch die Verfahren aufUngültigkeit der Ehe, die in anderen Rechtsordnungen enthalten sind. Zwar sind diese Ver-fahren von der Rechtsprechung als Ehesachen anerkannt.44

44 Siehe Fn. 28 bis 30; BGH FamRZ 2001, 992; 1987, 793 bezüglich der Nichtigkeit nach türkischemRecht.

Dennoch wäre es mit Borth45

45 Borth FamRZ 2007, 1925, 1932.

wünschenswert gewesen, zumindest unter dem Gesichtspunkt der Transparenz und Über-sichtlichkeit, auch diese Verfahren als Ehesachen zu definieren. Insbesondere schon deshalb,weil in § 107 Abs. 1 FamFG diese Verfahren im Rahmen der Anerkennung ausländischerEntscheidungen ausdrücklich genannt werden.

II. Kindschaftsachen (§ 111 Nr. 2 FamFG)

35 Der Begriff der Kindschaftssachen wird durch das FamFG neu geregelt.46

46 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 561; Schulte-Bunert/Weichreich/Tschichoflos, FamFG, Vorb.zu den § 151 ff. Rn 1 ff.

Während manfrüher die in § 640 Abs. 2 ZPO genannten Verfahren, vor allem die mit Bezug auf dieAbstammung verstand, sind künftig die in § 151 FamFG genannten Gegenstände umfasst,die die in § 621 Abs. 1 Nr. 1–3 und 12 ZPO aufgezählten Verfahren in Familiensachen betref-fen, teilweise auch bisher vom Vormundschaftsgericht wahrgenommene Bereiche.47

47 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 246.

ImRegierungsentwurf heißt es:48

48 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 518.

36 »Durch den Begriff Kindschaftssachen soll der für die überwiegende Zahl der davonumfassten Einzelverfahren gemeinsame Gesichtspunkt, dass das Kind im Zentrum desVerfahrens steht, hervorgehoben werden. Dass damit einem anderweitig besetzten Geset-zesbegriff ein neuer Inhalt gegeben wird, dürfte zu keinen nennenswerten Problemen füh-

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14 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 15: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

ren, zumal ein entsprechender Bedeutungswandel des Begriffs in der Praxis bereits heute zubeobachten ist.«

37Der Begriff Kindschaftssache umfasst nunmehr sämtliche Verfahren, die die Verantwor-tung für die Person oder das Vermögen oder die Vertretung des Minderjährigen betref-fen, § 151 FamFG. Das Vormundschaftsgericht wird abgeschafft; stattdessen übernimmtdas Betreuungsgericht die bisherigen vormundschaftsgerichtlichen Zuständigkeiten ausdem Bereich der Betreuung und Unterbringung.49

49 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 238.

Die aus dem Bereich der Vormundschaftübergegangenen Aufgabenbereiche sind mit denen des Familiengerichts vergleichbar. ImÜbrigen besteht häufig auch ein sachlicher Zusammenhang mit familiengerichtlichen Ent-scheidungen, zum Beispiel zur elterlichen Sorge. Das Nebeneinander zwischen Entschei-dungen des Vormundschaftsgerichts und des Familiengerichts wird damit aufgegeben,was eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften ermöglicht.50

50 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 248.

38In § 151 FamFG werden folgende Bereiche genannt:– die elterliche Sorge,– das Umgangsrecht,– die Kindesherausgabe,– die Vormundschaft,– die Pflegschaft oder die gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Min-

derjährigen oder für eine Leibesfrucht,– die Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen

(§§ 1631b, 1800 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),– die Anordnung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach den

Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker oder– die Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz betreffen.

1. Verfahren betreffend die elterliche Sorge

39§ 151 Nr. 1 FamFG stellt eine Art Auffangvorschrift dar. Die elterliche Sorge umfasst alleVerfahren, die die Bestimmung der Person, der Rechte oder Pflichten des Sorgeberech-tigten betreffen. Soweit die Nr. 2 bis 8 auch erfüllt sind, gehen diese als speziellere Vor-schrift vor.51

51 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 519.

Damit bleiben alle bisher unter § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO umfassten VerfahrenKindschaftssachen, die ohnehin in den letzten Jahren einer stetigen Ausweitung unterlagenund deren Streitfragen vor allem durch § 151 Nr. 5 bis 8 nunmehr größtenteils zugunsten desFamG gelöst sind:

40Nach der Neuregelung durch das KindRG wurde das FamG im Bereich der elterlichenSorge umfassend zuständig. Die Erweiterung der Zuständigkeit des FamG gilt insbeson-dere für die Vorschrift des § 1666 BGB, ferner auch für §§ 1632, 1634 BGB. Nach der Kon-zeption des KindRG (§ 1697 BGB) konnte und auch künftig kann das FamG im Rahmenvon Regelungen der elterlichen Sorge bei dauerndem Getrenntleben oder anlässlich der Ehe-scheidung selbst den Vormund oder Pfleger auswählen, was zu einer erheblichen Vereinfa-chung in der Praxis führt. Es verblieben restliche Kompetenzen zu Gunsten des VormG imBereich des Adoptionsrechts und der Vormundschaft (§§ 1741 ff., 1773 ff. BGB). Die Verla-gerung der Zuständigkeiten von den Vormundschafts- zu den Familiengerichten hatte diefrüher bestehenden Abgrenzungsprobleme freilich nicht völlig beseitigt.

41Die Regelung des § 23b Nr. 2 GVG i.d.F. des 1. EheRG hatte aus der ursprünglich umfassen-den Kompetenz des VormG für Sorgerechtsangelegenheiten nur einen Ausschnitt auf dasFamG übertragen (§§ 1671, 1672, 1678 Abs. 2, 1681 Abs. 2 Satz 3, 1696 BGB a.F.). DieZuständigkeit des FamG beschränkte sich nach dem betroffenen Personenkreis auf Regelun-gen, die das Verhältnis von Eltern zu ihren gemeinschaftlichen Kindern betrafen. Außer denEltern konnte nur ein Vormund oder Pfleger Adressat der Entscheidung sein (§§ 1671 Abs. 5,

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15B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 16: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

1672, 1681 Abs. 2 Satz 3, 1696 BGB a.F.).52

52 Zur Zuständigkeit von FamG und VormG nach früherem und seit 01.07.1998 geltendem Rechtnäher Büdenbender FuR 1996, 300 m.w.N. Zum Nebeneinander von VormG und FamG beigenehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften vgl. Wesche Rpfleger 2000, 145. Zur Zuständigkeit desVormG für Änderung der Vormundschaft vgl. OLG Köln NJWE-FER 2000, 158. Zur Abgren-zung der Zuständigkeit von FamG und VormG im Bereich der Pflegschaft vgl. ZoRn. FamRZ2000, 719 (zugleich krit. Anm. zu OLG Stuttgart FamRZ 1999, 1601 und OLG ZweibrückenFamRZ 2000, 234). Im Anwendungsbereich des § 1693 BGB ist das FamG nur in Eilfällen für dieAnordnung der Ergänzungspflegschaft (§ 1909 BGB) zuständig. – Im Anwendungsbereich des§ 1697 BGB beschränkt sich die Zuständigkeit des FamG auf die Anordnung der Ergänzungs-pflegschaft in dem Fall, dass die Anordnung der Pflegschaft als Folge einer anderen getroffenenfamiliengerichtlichen Anordnung als erforderlich erweist. Für die Auswahl des Pflegers ist entwe-der nach §§ 1915 Abs. 1, 1779 BGB das VormG oder nach § 1697 BGB das FamG berufen. Für dieförmliche Bestellung des Pflegers (§ 1789 BGB) und die gerichtliche Genehmigung von Pflegerge-schäften ist nach wie vor das VormG zuständig. Zur Zuständigkeit bei der Ergänzungspflegschaftvgl. auch BayObLG NJW-RR 2000, 959; Bestelmeyer FamRZ 2000, 1068.

Diese gegenständliche und persönlicheBeschränkung fiel durch das KindRG weg. Adressat der Entscheidung konnte nun auch einDritter sein (§ 1640 Abs. 3, 1666 Abs. 4, 1688 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus hatte dasKindRG auch die entsprechenden neu erfassten Verfahren nach ihrem Gegenstand durch dasmaterielle Recht näher umschrieben, das jeweils die darin bezeichneten Angelegenheitendem FamG zuwies, nämlich gem. §§ 1612 Abs. 2 Satz 2, 1618 Satz 4, 1626c Abs. 2 Satz 3,1628, 1629 Abs. 2 Satz 3, 1630 Abs. 2 und 3, 1631 Abs. 3, 1631b, 1632, 1640 Abs. 3, 1643,1644, 1645, 1666, 1666a, 1667, 1671, 1672, 1673 Abs. 2 Satz 3, 1674, 1678 Abs. 2, 1680 Abs. 2,1681, 1682, 1683, 1686, 1687 Abs. 2, 1687a, 1688 Abs. 3 und 4 BGB, einschließlich erforderli-cher Änderungsverfahren (§ 1696 BGB)53

53 BayObLG FGPrax 1999, 61 m. Anm. Schmidt stellt klar, dass es sich bei der Überprüfung undAbänderung einer Sorgeentscheidung gem. § 1696 BGB um ein gegenüber der Erstentscheidungselbständiges Verfahren handelt, für das seit Inkrafttreten des KindRG das FamG auch dannzuständig ist, wenn die Erstentscheidung vom VormG getroffen worden war.

und der Bestellung eines Pflegers oder Vormunds(§ 1697 BGB).

42 Ausfluss der elterlichen Sorge (genauer: des aus Art. 6 GG fließenden Elternrechts) ist nachh.M.54

54 BGH FamRZ 1999, 1648; dazu Oelkers/Kreutzfeldt FamRZ 2000, 645, 647 m.w.N. in Fn. 7 u.Fn. 34 (Gegenmeinung). Folge für Rechtsmittel: § 621e ZPO, nicht § 19 FGG.

auch das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens, so dass die dem FamGzugewiesene Entscheidung nach § 1618 Satz 4 BGB eine die elterliche Sorge für ein Kindbetreffende Familiensache i.S.d. § 151 Nr. 1 FamFG ist. Die Zuständigkeit des FamG ist auchbeim Streit nicht miteinander verheirateter Eltern um das gemeinsame Sorgerecht gegeben.Ist auf Grund einer Maßnahme des FamG (z.B. § 1666 BGB) eine Vormundschaft oderPflegschaft anzuordnen, konnte diese Anordnung bereits vor dem FamFG das FamG tref-fen. Es konnte den Vormund auswählen;55

55 Damit hat der Gesetzgeber der Entscheidung des BGH FamRZ 1981, 1049 Rechnung getragen.

die Anordnung konnte in einer einheitlichen Ent-scheidung getroffen werden (Ausnahme: Verbundverfahren). Wie bisher umfasste dieZuständigkeit des FamG in allen Fällen einen erforderlichen vorläufigen Rechtsschutz.

43 Darüber hinaus fallen unter § 151 Nr. 1 FamFG beispielsweise nun auch56

56 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 249.

:– Verfahren, die die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge

eines Beteiligten für den anderen zum Gegenstand haben (vgl. den bisherigen § 640Abs. 2 Nr. 3 ZPO); diese sind nach dem vorliegenden Entwurf keine Abstammungssachenmehr (vgl. § 169 FamFG);

– Verfahren nach § 112 BGB, §§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 2 und § 7 RelKErzG, § 2 Abs. 1 NamÄndG,§ 16 Abs. 3 VerschG und zahlreichen anderen spezialgesetzlichen Vorschriften, soweit derMinderjährige unter elterlicher Sorge steht und auch

– Verfahren nach §§ 1303 Abs. 2 bis 4, 1315 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB.

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16 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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2. Verfahren betreffend das Umgangsrecht

44§ 151 Nr. 2 FamFG entspricht dem bisherigen § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und betrifft denUmgang des Kindes.

45Bis zum Inkrafttreten des KindRG zum 01.07.1998 fielen in die Entscheidungskompetenzdes FamG nach Nr. 3 a.F. nur Umgangsverfahren zwischen Ehegatten und ihren gemein-schaftlichen ehelichen Kindern (§ 1634 BGB a.F.); für Umgangsverfahren zwischen einemElternteil und einem Dritten, der das Kind in Obhut hatte, war demgegenüber (auch füreinen Auskunftsanspruch) das VormG zuständig. Diese Differenzierung hat das KindRGaufgegeben. Nach dem Grundgedanken des nunmehr einheitlich für eheliche und nicht ehe-liche Kinder geltenden neuen Sorgerechts ist die Zuständigkeit des FamG seit 01.07.1998auf Umgangsregelungen erweitert worden, die »nicht eheliche« Kinder betreffen. Damitwurde eine umfassende Zuständigkeit des FamG für Umgangsverfahren geschaffen. Diesgilt auch hinsichtlich des durch das KindRG neu eingeführte Umgangsrechts des Kindesgegenüber seinen Eltern (§ 1684 Abs. 1 BGB).57

57 Eingehend zur Umgangsverweigerung und ihren Folgen Finger FuR 2006, 299.

Das FamG ist für Umgangsregelungen »ehe-licher« und »nicht ehelicher« Kinder nach §§ 1684, 1685 BGB einschließlich eines erforderli-chen Auskunftsverfahrens (§ 1686 BGB) sowie für Verfahren nach § 1632 Abs. 2 u. 3 BGBzuständig. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Umgangsregelung auf eine Entscheidungnach §§ 1671, 1672 oder auf § 1666 BGB stützt. Ob für das Kind elterliche Sorge besteht, istin den Fällen von §§ 1684, 1685 BGB unerheblich. Die Zuständigkeit des FamG erfasst auchUmgangsregelungen gegenüber Dritten nach § 1685 BGB (einschließlich abändernde Ent-scheidungen) und Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes.

46Für die bisherigen Vormundschaftssachen nach §§ 1800, 1631 bis 1633 BGB ist wegen § 151Nr. 4 nunmehr auch das FamG zuständig.

3. Verfahren betreffend die Herausgabe des Kindes

47§ 151 Nr. 3 FamFG entspricht dem bisherigen § 621 Abs. 1 Nr. 3 FamFG und betrifft dieHerausgabe des Kindes.

48Bis zum Inkrafttreten des KindRG zum 01.07.1998 war das FamG nach Nr. 4 a.F. fürHerausgabeverlangen des § 1632 BGB a.F. über eheliche Kinder nur für Verfahren im Ver-hältnis der Ehegatten untereinander zuständig; im Übrigen bestand eine Zuständigkeit desVormG. Nachdem das KindRG in § 1632 BGB Herausgabeverlangen einheitlich für ehelicheund nicht eheliche Kinder regelt, ist für diese Verfahren einheitlich das FamG zuständig,unabhängig davon, gegen wen sich das Herausgabeverlangen richtet, also für Verfahrennach § 1632 Abs. 1 u. 4 mit Abs. 3 BGB. Das FamG ist damit auch zuständig, wenn es um dasHerausgabeverlangen des Vormunds des betroffenen minderjährigen Kindes gegen die leibli-chen Eltern oder einen leiblichen Elternteil58

58 OLG Hamm FamRZ 2005, 1845.

oder wenn es um die Herausgabe eines Kindesbei einer Pflegeperson geht. Die erweiterte Zuständigkeit umfasst (wie schon früher) Abän-derungsverfahren (§ 1696 BGB) und den erforderlichen vorläufigen Rechtsschutz. Vorausset-zung ist nur, dass elterlicher Sorge besteht; unerheblich ist dagegen, ob die elterliche Sorgebeschränkt ist (z.B. durch Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts). Das VormGblieb nur zuständig etwa für das Herausgabeverlangen des Vormunds gegen die Elternnach Entziehung der elterlichen Sorge gem. §§ 1800, 1631 Abs. 1 BGB). Hierfür ist nun-mehr auch das FamG nach § 151 Nr. 4 FamFG zuständig.

4. Verfahren betreffend die Vormundschaft

49§ 151 Nr. 4 FamFG erweitert die Kindschaftssachen auch auf die Verfahren der Vormund-schaft. Umfasst sind sämtliche Verfahren, die die Bestimmung der Person oder der Rechteoder Pflichten des Vormunds betreffen. Insbesondere sind zu nennen die Anordnung undAufhebung der Vormundschaft, die Auswahl und Bestellung des Vormunds, die Genehmi-

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17B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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gungen des Vormundschaftsrechts, die Aufsicht über die Tätigkeit des Vormunds und Ent-scheidungen über die Vergütung.59

59 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 519 f.

50 Dies ist eine wesentliche Änderung gegenüber der früheren Rechtslage. Eine Zuständigkeitdes VormG für Angelegenheiten der elterlichen Sorge war bereits früher nur noch aus-nahmsweise geblieben. Sie beschränkte sich grundsätzlich auf die Vormundschaft über Min-derjährige (vgl. aber bereits § 1626c Abs. 2 Satz 3 BGB). Vormundschaftssachen warenallerdings die Verfahren nach den oben genannten Vorschriften, wenn sie das Verhältnis zwi-schen einem Kind und seinem Vormund (Pfleger) betrafen (insbesondere §§ 1800, 1837Abs. 4 BGB) oder wenn es um die Bestellung eines nach § 1697 BGB vom FamG ausgewähl-ten Vormunds (Pflegers) und die Führung der vom FamG gem. §§ 1693, 1697 BGB angeord-neten Vormundschaft (Pflegschaft) ging.

51 § 151 Nr. 4 FamFG hat insoweit Klarheit geschafft. Nunmehr ist das FamG für all diese Fällezuständig. Stritten die gemeinsam personensorgeberechtigten Eltern über die religiöse Erzie-hung ihrer minderjährigen Kinder, bestand gem. § 7 RKEG die Zuständigkeit des Vormund-schaftsgerichts.60

60 AG Weilburg FamRZ 2003, 1308.

Auch hierfür gilt nunmehr § 151 Nr. 4 FamFG. Gleiches gilt für Genehmi-gungen und Entscheidungen des FamG nach § 112 BGB, §§ 3 Abs. 2, 7 RelKErzG, § 2Abs. 1 NamÄndG, § 16 Abs. 3 VerschG, §§ 1303 Abs. 2–4, 1315 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB,wenn der Minderjährige unter Vormundschaft steht.61

61 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 561.

5. Verfahren betreffend die Ergänzungspflegschaft

52 § 151 Nr. 5 FamFG hat nunmehr vor allem die Streitfragen bezüglich der Anordnung einerErgänzungspflegschaft in den Fällen der §§ 1909 und 1912 BGB geklärt:

Streitig war durch die Änderungen der §§ 1693, 1697 BGB, ob das FamG oder das VormGzur Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB bei Verhinderung der Elternan der rechtlichen Vertretung des Kindes zuständig sei. Zum einen wurde die Ansicht vertre-ten, dass das FamG sowohl für die Anordnung als auch für die Auswahl des Ergänzungs-pflegers allein zuständig sei62

62 So Hamm FamRZ 2001, 718 m. abl. Anm. Bestelmeyer.

oder jedenfalls für die Anordnung der Ergänzungspflegschaft,während für die Auswahl des Ergänzungspflegers die Zuständigkeit des FamG und desVormG nebeneinander bestand.63

63 So BayObLG FamRZ 2000, 568 und 1111; Zweibrücken FamRZ 2000, 243 = NJW-RR 2000,1679; Dresden FamRZ 2001, 715 = NJW-RR 2000, 1677; vgl. MüKo/Schwab § 1909 Rn. 62.

Zum anderen wurde angenommen, dass sich die Zustän-digkeit des FamG auf die Ausnahmefälle des § 1697 BGB sowie Eilfälle im Rahmen des§ 1693 BGB beschränke und es im Übrigen, insbesondere für die praktisch häufig auftreten-den Vertretungsausschlüsse nach §§ 1629, 1795, 181 BGB bei der Zuständigkeit des VormGverblieb. Durch § 151 Nr. 5 FamFG ist diese Frage nunmehr zugunsten des FamG geklärt.64

64 Vgl. OLG Karlsruhe 19. ZS. FamRZ 2000, 568 (VormG, wenn kein Eilfall vorliegt) 20. ZS.FamRZ 2001, 41 (grds. VormG; jedenfalls dann keine kumulative Zuständigkeit des FamG, wenndas VormG zuerst mit der Vormundschaftssache befasst ist und die – restriktiven – Voraussetzun-gen der §§ 1693, 1697 BGB nicht vorliegen); OLG Stuttgart Rpfleger 2001, 129; KG FamRZ 2001,719.

6. Verfahren betreffend die Unterbringung Minderjähriger

53 § 151 Nr. 6 und 7 FamFG betreffen die Unterbringung Minderjähriger. Wegen § 167 FamFGsind hier die Vorschriften für das Verfahren in Unterbringungssachen anzuwenden.65

65 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 255.

Es han-delt sich um Fälle die bisher teilweise unter § 70 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 3 FGG geregelt waren.

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18 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

Seiler

Page 19: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

7. Verfahren betreffend Erziehungsmaßregeln nach dem JGG

54§ 151 Nr. 8 FamFG betrifft hauptsächlich Erziehungsmaßregeln nach §§ 9, 53, 104 Abs. 4JGG oder die Bestellung eines Pflegers gemäß § 67 Abs. 4 Satz 3 JGG.66

66 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 561.

III. Abstammungssachen (§ 111 Nr. 3 FamFG)

55Die Abstammungssachen sind nunmehr in den §§ 169 bis 185 FamFG geregelt.67

67 Stößer FamRZ 2009, 923.

56§ 169 FamFG umfasst vor allem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einesEltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Parteien einschließlich der Feststellung der Wirk-samkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft (§ 169 Nr. 1 FamFG), dieVerfahren auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchungund Anordnung der Duldung einer Probeentnahme (§ 169 Nr. 2 FamFG), die Verfahren aufEinsicht in ein Abstammungsgutachten oder die Aushändigung einer Abschrift (§ 169 Nr. 3FamFG) und die Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung (§ 169 Nr. 4 FamFG).

57Unter Abstammungssachen sind im Wesentlichen die bislang in § 640 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 ZPOgenannten Verfahren zu verstehen, früher als »Kindschaftssachen« bezeichnet, und zwarauch wenn ein Fall des § 1600e Abs. 2 BGB a.F. vorliegt (früher dem FGG – Verfahren zuge-wiesen). Die §§ 1600e BGB wurde aufgehoben. All diese Verfahren sollen künftig aus-nahmslos Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sein68

68 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 220.

. Hierin liegt eine wesentlicheNeuerung gegenüber dem bisher geltenden Recht. Hintergrund ist die größere Flexibilitätder Verfahrensordnung und die problemlosere Einbeziehung weiterer Beteiligter. Auch istein formaler Gegner nicht mehr zwingend notwendig, was insbesondere für das Verhältnisvon Kind zum anfechtenden Vater von Vorteil ist.69

69 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 315.

58Die Einleitung des Verfahrens erfolgt wie bisher durch einen Antrag, der begründet werdensoll (§ 171 Abs. 2 FamFG).

59Die für das bisherige Verfahren nach §§ 640 ff. ZPO typischen besonderen Elemente, wie derStrengbeweis (die Wirkung der Entscheidung für und gegen alle sowie besondere Regelun-gen für eine Wiederaufnahme, sollen in das FamFG-Verfahren integriert und auf diese Weiseerhalten werden.70

70 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 542.

IV. Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4 FamFG)

60Adoptionssachen waren bislang dem Vormundschaftsgericht zugeordnet. Unter Adopti-onssachen sind Verfahren zu verstehen, die die Annahme als Kind betreffen (§ 186 Nr. 1FamFG). Dies umfasst das gesamte Verfahren inklusive beispielsweise der familienrechtli-chen Genehmigung nach § 1746 Abs. 1 4 BGB bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit desAnnehmenden und des Kindes sowie der Namensbestimmung nach § 1757 BGB.71

71 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 669.

Nach§ 186 Nr. 2 FamFG betreffen Adoptionssachen auch Verfahren auf die Ersetzung der Einwil-ligung zur Annahme als Kind (§§ 1748 BGB bezüglich des Elternteils oder § 1749 Abs. 1Satz 2 BGB bezüglich des Annehmenden), die Aufhebung des Annahmeverhältnisses (§ 186Nr. 3 FamFG, §§ 1759 f. BGB) oder die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 Abs. 1 des Bür-gerlichen Gesetzbuchs.

61Mit der Abschaffung des Vormundschaftsgerichts ist künftig das Familiengericht fürAdoptionssachen zuständig.72

72 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 668.

Dies ergibt sich im Zusammenhang mit der Bildung des gro-

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19B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 20: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

ßen Familiengerichts und ist im Zuge der Auflösung des Vormundschaftsgerichts sachge-recht (vgl. oben Rdn. 13). Adoptionssachen sollen, wie bisher, dem Verfahrensrecht der frei-willigen Gerichtsbarkeit unterliegen. Die vorhandenen verfahrensrechtlichen Sonderbestim-mungen sollen weitgehend übernommen werden73

73 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 333.

. Die Mitwirkung eines Verfahrensbei-stands für einen minderjährigen Beteiligten soll künftig in allen Adoptionssachen ermöglichtwerden. In Bezug auf Adoptionssachen ist das FamG auch zuständig für die Adoption Voll-jähriger74

74 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 668.

. Durch den Wechsel der Aufgaben zum FamG ist nunmehr das OLG Beschwerde-gericht, nicht mehr das LG75

75 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 333; Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 668.

. Die Wirkungen des AdWirkG sind nach § 199 FamFG weiter-hin anzuwenden und gehen den allgemeinen Vorschriften der §§ 186 ff. FamFG vor (vgl.Kap. 3 Rdn. 278, 281).

V. Wohnungszuweisungs- und Haushaltssachen (§ 111 Nr. 5 FamFG)

62 Familiensachen sind alle Verfahren betreffend die Zuweisung der Ehewohnung und desHaushalts für die Zeit vor (§§ 1361, 1361a, 1361b BGB) oder nach (§§ 1568a, 1568b BGB)Ehescheidung (nebst Annexverfahren). Das Verfahren ist der freiwilligen Gerichtsbarkeitzugeordnet (Umkehrschluss aus § 112 FamFG).76

76 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 343.

Im Einzelnen sind die Abgrenzungskrite-rien umstritten.77

77 Ausführlich Johannsen/Henrich/Brudermüller § 1361a BGB Rn. 42 ff., § 1361b BGB Rn. 54 f. und§ 1 HausrVO Rn. 7 ff. zur Streitfrage bei verbotener Eigenmacht § 1361a BGB Rn. 58 ff. und§ 1361b BGB Rn. 47 ff. jew. m.w.N.; vgl. Palandt/Brudermüller § 1361a Rn. 19 und § 1361b Rn. 18.

63 Bislang war nach der Rechtsprechung des BGH von folgenden Grundsätzen auszugehen:Das allgemeine Zivilgericht war zuständig, wenn sich die Ehegatten darüber geeinigt hatten,wer von ihnen künftig in der Wohnung leben und wer den Haushalt erhalten sollte und nun-mehr ein Ehegatte auf Erfüllung des Vertrages klagte.78

78 BGH FamRZ 1974, 789; OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 621, 622; OLG Koblenz FamRZ 1984,1241; OLG Zweibrücken FamRZ 1993, 82, 83; Palandt/Brudermüller § 1 HausrVO Rn. 2 m.w.N.;a.A. KG FamRZ 1990, 183, 184.

Denn in einem solchen Fall geht esnicht um eine rechtsgestaltende Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung oderam Haushalt. Der Richter regelte diese nur, soweit sich die Ehegatten nicht einigen konnten.Der vertraglich begründete Anspruch konnte somit nach h.M. nur im allgemeinen Prozess-weg geltend gemacht werden. Im Hausratsverfahren war allerdings die Vorfrage, ob eineEinigung tatsächlich erfolgt ist, vom FamG zu klären; es hatte – ggf. von Amts wegen –festzustellen, dass keine wirksame Einigung vorlag.79

79 OLG Koblenz FamRZ 1984, 1241; OLG Zweibrücken FamRZ 1993, 82, 83; s.a. 8. Kap. Rdn. 2 ff.

64 Im Rahmen des § 111 Nr. 5 FamFG, hat sich insoweit nichts daran geändert, dass das FamGnach Rechtskraft der Entscheidung (§ 209 Abs. 2 FamFG) nicht für sämtliche Fragenzuständig ist. Nur soweit es um Fragen der Durchsetzbarkeit der Ansprüche der §§ 1361,1361a, 1361b oder der §§ 1568a, 1568 b BGB geht, ist das FamG zuständig, ebenso soweit esum deren Vollstreckung geht. Haben sich getrennt lebende Ehegatten darüber geeinigt, wervon ihnen künftig die im gemeinsamen Miteigentum stehende Ehewohnung benutzt, undkommt es nachträglich zum Streit über den Mietzins, ist das allgemeine Zivilgericht(zumeist der Mietrichter) zuständig; denn Anspruchsgrundlage ist dann nicht die speziellefamilienrechtliche Vorschrift des § 1568a Abs. 3 u. 5 BGB, sondern die allgemeinen miet-rechtlichen Vorschriften. Wird die Überlassung der Wohnung an den Nichteigentümernach § 1568a Abs. 2 BGB geregelt, von diesem jedoch kein Antrag auf Begründung einesMietverhältnisses nach § 1568a BGB gestellt, so vertraten Götz/Brudermüller80

80 Götz/Brudermüller NJW 2008, 3025, 3029.

die Auffas-sung, dass die Nutzungsentschädigung nach den bisherigen Grundsätzen zu gewähren ist.Dieser Anspruch sei eine sonstige Familiensache im Sinne des § 111 Nr. 10, 266 Abs. 1

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20 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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FamFG, der zur Zuständigkeit des FamG gehöre. Weiter forderten sie vom Gesetzgeber,dieser sollte die Nutzungsentschädigung in § 1568a BGB regeln und den Verfahrensregelnder §§ 200 ff. FamFG unterstellen81

81 Götz/Brudermüller NJW 2008, 3025, 3030.

. Schließlich wurde § 1568a Abs. 5 S. 1 BGB dahingehendabgeändert, dass auch die zur Vermietung berechtigte Person die Begründung eines Mietver-hältnisses über die Ehewohnung verlangen kann. Damit soll dem dinglich Berechtigten einkorrespondierender Anspruch auf Begründung eines Mietverhältnisses eingeräumt werden.Auch er kann nunmehr den Abschluss eines Mietvertrages verlangen. Eines gesondertenfamilienrechtlichen Anspruchs auf Nutzungsentschädigung (s. Götz/Brudermüller) bedarf esdaher nicht, da der dinglich Berechtigte durch den Anspruch auf Begründung eines Mietver-hältnisses ausreichend gesichert ist82

82 BT-Drucks 16/13027, S. 11.

.

65Zu beachten ist allerdings, dass eine Zuständigkeit im Rahmen des §§ 111 Nr. 10, 266 Abs. 1Nr. 3 FamFG in Betracht kommt, soweit es um die Einigung und Durchsetzung der vertrag-lichen Ansprüche anlässlich von Trennung und Scheidung der Ehegatten geht. Soweit esallerdings nicht um die rechtsgestaltenden Regelungen der §§ 200 ff. FamFG geht, könnendiese zivilrechtlichen Ansprüche als Familienstreitsachen im Rahmen des § 266 Abs. 1FamFG geltend gemacht werden.

66Für einen Streit getrennt lebender Ehegatten über die Rückschaffung eigenmächtig aus derEhewohnung entfernter Haushaltsgegenstände ist das FamG zuständig.83

83 OLG Frankfurt FamRZ 2003, 47.

67Keine Ehezuweisungs- oder Haushaltssachen sind zivilprozessuale Streitigkeiten, in denenAnsprüche aus Verträgen über die Auseinandersetzung von Ehewohnung und Haushalt gel-tend gemacht werden; es sei denn, dass der Kläger sein Begehren darauf stützt, dass die heraus-verlangten Haushaltsgegenstände von der einverständlichen Hausratsverteilung anlässlich derScheidung nicht erfasst seien und er sein Alleineigentum behauptet.84

84 BGH FamRZ 1979, 789.

Entscheidend für dieQualifizierung als Ehezuweisungs- oder Haushaltssachen ist nicht, ob ein Herausgabean-spruch auf § 985 BGB gestützt wird, sondern allein die Anwendbarkeit der §§ 1361, 1361a,1361b oder §§ 1568a, 1568b in Zusammenhang mit §§ 200 ff. FamFG.85

85 BGH FamRZ 1984, 575.

Die Rechtsnatur einerEhezuweisungs- oder Haushaltssachen hat das Verfahren dann auch schon vor der Überlei-tung ins Haushaltsverfahren. Ansonsten ist zu prüfen, ob die Ansprüche anlässlich der Tren-nung und Scheidung geltend gemacht werden. Dann greift § 266 Abs. 1 FamFG.

68§ 1568b Abs. 3 BGB ist als Anspruchsgrundlage ausgestaltet. Auch die Haushaltsgegen-stände, für die die Ehegatten im Rahmen der Verteilung wechselseitig Ausgleichszahlungenzu leisten haben, unterfallen der Sonderregelung des § 1568b BGB. Die angemessene Aus-gleichszahlung wird sich i.d.R. am Verkehrswert orientieren müssen, damit gerechte Ergeb-nisse erzielt werden. Etwaige Ausgleichszahlungen können dann im Verfahren über dieZuteilung von Hausrat unschwer verrechnet werden.

69Haushalt, der nach §§ 1361a, 1568b BGB verteilt werden kann, fällt nicht in den Zuge-winnausgleich.86

86 BGH FamRZ 1984, 144.

Demnach unterliegt Hausrat, der im Alleineigentum eines Ehegatten steht,den Regeln des Zugewinnausgleichs. Eine dem früheren § 9 HausrVO vergleichbare Rege-lung ist in § 1568b bewusst nicht übernommen worden.87

87 Siehe auch RegE zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts, S. 48 undGesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts, BT-Drucks. 16/10798.

70Zum Hausrat können auch Forderungen gehören, die sich auf Hausratsgegenstände bezie-hen, mit der Folge, dass sie dann dem Hausratsteilungsverfahren unterliegen und das FamGzuständig ist,88

88 BGH FamRZ 1980, 45.

z.B. Forderungen gegen Dritte, die sich auf Grund der Veräußerung einesHausratsgegenstandes ohne Einwilligung des anderen Ehegatten (etwa aus §§ 1369, 1368

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21B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 22: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

BGB) ergeben.89

89 BGH FamRZ 1983, 794.

Schadensersatzansprüche gegen den anderen Ehegatten,90

90 BGH FamRZ 1980, 45.

z.B. ausunrechtmäßiger Verfügung über einen Hausratsgegenstand,91

91 BGH FamRZ 1980, 988.

fallen dagegen nicht unter § 111Nr. 5 FamFG, sondern ggf. als sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zumFamG.92

92 Siehe unten Rdn. 111.

�71 Beispiel:Ein Ehegatte nimmt beim heimlichen Verlassen der Ehewohnung einen Großteil desHausrats mit, darunter Bettwäsche, einiges Besteck und Geschirr sowie ein wertvollesGemälde. Der andere Ehegatte verlangt die sofortige Rückschaffung sämtlicher Haus-ratsgegenstände. Welches Gericht ist zuständig? In welchem Eilverfahren kann derAnspruch auf Rückforderung geltend gemacht werden?Lösung: Streitigkeiten getrennt lebender Ehegatten über die Rückschaffung von eigen-mächtig aus der Ehewohnung entfernten Hausrats fallen nach h.M. – einschließlich deseinstweiligen Rechtsschutzes – unter die §§ 200 ff. FamFG und sind danach Familiensa-che.93

93 BGH FamRZ 1982, 1200; OLG Düsseldorf (5. und 6. ZS) FamRZ 1987, 483; 1994, 390; OLGZweibrücken FamRZ 1987, 1146; OLG Hamm FamRZ 1988, 1303; OLG Frankfurt FamRZ 1988,399; 1989, 76; a.A. OLG Bamberg FamRZ 1993, 35; vgl. auch Hambitzer FamRZ 1989, 236 ff.

Denn § 1361a BGB verdrängt nach h.M. als Spezialregelung den possessorischenBesitzschutz nach § 861 BGB, für den das allgemeine Prozessgericht zuständig wäre.94

94 A. A. OLG Düsseldorf (9. ZS) FamRZ 1984, 1095; 1987, 484; KG FamRZ 1987, 1147 – gleich-wohl im Ergebnis Zuständigkeit des FamG, aber für den einstweiligen Rechtsschutz einstweiligeVerfügung nach § 940 ZPO.

Das FamG kann nach verbreiteter Ansicht jedoch nur die Rückschaffung der Gegen-stände anordnen, die dem klagenden Ehegatten nach § 1568b BGB zuzuteilen sind. Esverstieße gegen den Grundsatz der Prozessökonomie, wenn der danach allein zustän-dige Familienrichter zunächst gem. § 861 BGB die Rückschaffung aller entzogenenHausratsgegenstände anordnet, auf die Gefahr hin, sie danach auf Antrag des anderenEhegatten diesem wieder zuteilen zu müssen. Entfernt ein Ehegatte eigenmächtig Haus-rat aus der Ehewohnung, ohne dieser Sachen dringend zu bedürfen, kann er bis zur end-gültigen Auseinandersetzung des Hausrats im Verfahren der einstweiligen Anordnunggem. §§ 49 ff. FamFG, § 1361a BGB vom FamG verpflichtet werden, die Sachen wiederzurückzuschaffen.95

95 Eingehend zur Lösung Brudermüller FuR 1996, 229, 230 f. m.w.N. zu den Streitfragen.

�72 Beispiel:Ein Ehegatte lässt das Schloss der Ehewohnung auswechseln, um den Anderen »auszu-sperren«. Der andere Ehegatte widersetzt sich aber einer Trennung und möchte wiederin die Wohnung eingelassen werden.Lösung: Nach nunmehr geltendem Recht ist stets das FamG zuständig: Verlangt einEhegatte, der nicht getrennt leben will, die Wiedereinräumung des durch verboteneEigenmacht entzogenen Mitbesitzes an der Ehewohnung (§ 861 BGB), so ist hierfür dasFamG gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zuständig. Umstritten ist, vor welchem Gerichtder getrennt lebende Ehegatte klagen muss, wenn er die Wiederbenutzung der Ehewoh-nung fordert. Hier ergibt sich die Zuständigkeit des FamG aus §§ 200 ff. FamFG,§ 1361b BGB mit der Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung (§§ 49 ff. FamFG) zuerwirken.

73 Zum Haushalt gehören nach geltendem Recht nicht die zum persönlichen Gebrauchbestimmten und der Berufsausübung eines Ehegatten dienende Sachen (z.B. Kleidung,Schuhe, Schmuck, Berufskleidung, Handwerkszeug, Fachliteratur, überwiegend beruflich

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22 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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benutzter Pkw), so dass insoweit die §§ 200 ff. FamFG nicht gelten. Für Klagen auf Heraus-gabe persönlicher Gegenstände ist nunmehr gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG auch dasFamFG zuständig. Die früher gespaltene Zuständigkeit für Herausgabeansprüche zwischengetrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, die sowohl Haushalt als auch persönlicheGegenstände erfasst hatte (»Mischfälle«), war aus praktischer Sicht unbefriedigend und istdurch das FamFG vom Gesetzgeber geändert worden. Soweit für diese Fälle früher ausGründen der Prozessökonomie die Zuständigkeit des FamG angenommen wurde,96

96 So z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 523.

handeltees sich um eine – zwar im Ergebnis wünschenswerte, aber wohl unzulässige – richterlicheRechtsfortbildung contra legem.

VI. Gewaltschutzsachen (§ 111 Nr. 6 FamFG)

74In die Zuständigkeit der Familiengerichte fallen nunmehr sämtliche Verfahren nach §§ 1,2 Gewaltschutzgesetz.97

97 Zu Fallstricken in der anwaltlichen Praxis sowie einem Muster für einen Antrag nach demGewSchG Machulla-Notthoff ZFE 2007, 55 noch zur alten Rechtslage.

Während früher Voraussetzung war, dass die Beteiligten einen aufDauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb von sechs Monaten vor derAntragstellung geführt haben, so ist nunmehr die Zuständigkeit der FamG für alle Gewalt-schutzsachen gegeben. Damit sollen keine Zweifel mehr über die Zuständigkeit bestehen.Eine Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte besteht nicht mehr. Dies kann allerdingszur Folge haben, dass das FamG sich mit Angelegenheiten zu befassen hat, die keinerleifamilienrechtliches Verhältnis aufweisen, wenn also z.B. eine Person ohne ein solches Nähe-verhältnis gegenüber einer anderen eine Gewalttat begeht.98

98 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 728.

75Mit der Vereinheitlichung der Zuständigkeit ist auch ein einheitliches Verfahrensrechtvorgesehen.99

99 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 363.

Sämtliche Gewaltschutzsachen sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts-barkeit, da es gegenüber der ZPO flexibler ist und eine den Besonderheiten des Falles ange-passte Verfahrensgestaltung ermöglicht.100

100 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 560.

Damit sind auch die Anforderungen an die verfah-renseinleitende Erklärung geringer, da die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes denAntragsteller entlastet; die Möglichkeit formloser Beweiserhebungen beschleunigt das Ver-fahren.101

101 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 560.

Bereits bestehende spezielle Verfahrensvorschriften sollen weitgehend beibehaltenwerden. Es wird erwartet, dass die Möglichkeit des hauptsacheunabhängigen einstweiligenRechtschutzes in Gewaltschutzsachen besondere praktische Bedeutung erlangen wird. Fürdie örtliche Zuständigkeit eröffnet § 211 FamFG dieselben Wahlmöglichkeiten wie vorher§ 64b FGG.

76§ 1 GewSchG setzt einen materiellrechtlichen Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004BGB voraus. Liegt er vor, ist das Gericht befugt, nicht nur die Unterlassung der Ver-letzungshandlung, sondern auch andere Schutzmaßnahmen (nicht Schadensersatz undSchmerzensgeld) anzuordnen, wobei die Aufzählung in § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG nichtabschließend ist. § 2 GewSchG begründet einen materiellrechtlichen Anspruch auf Woh-nungsüberlassung. Das Wohnungszuweisungsverfahren nach § 1361 b BGB hat aber gegen-über § 2 GewSchG Vorrang, wenn es sich um Ehegatten handelt, die getrennt leben odersofern Trennungsabsicht besteht, gegenüber einem Wohnungsüberlassungsverfahren nach § 2GewSchG.102

102 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 729.

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23B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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VII. Versorgungsausgleichssachen (§ 111 Nr. 7 FamFG)

77 Alle Streitigkeiten, die den Versorgungsausgleich (VA) betreffen, sind Familiensachen. Erfasstwerden nur Ansprüche auf VA, die nach In-Kraft-Treten des 1. EheRG begründet wordensind.103

103 BGH FamRZ 1979, 1005.

Wurde zwischen geschiedenen Ehegatten eine Regelung des VA nicht getroffen (etwaweil der VA rechtskräftig versagt worden ist) und verlangt ein Ehegatte von dem AnderenAuskunft über dessen Anrechte, um einen Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten bezif-fern zu können, so ist ein deswegen geführter Rechtsstreit keine Familiensache.104

104 BGH FamRZ 1984, 465.

VIII. Unterhaltssachen (§ 111 Nr. 8 FamFG)

78 § 111 Nr. 8 FamFG fasst die früher auf mehrere Nummern unterteilten Unterhaltssacheneinheitlich zusammen. In § 231 Abs. 1 FamFG werden die klassischen Familienstreitsachenumfasst, die auch bisher unter den Begriff der Unterhaltssache umgangssprachlich verstan-den wurden (siehe bereits früher: § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5, und 11 ZPO).

79 In § 231 Abs. 2 FamFG folgen nunmehr auch die Fragen der Bestimmung des Kindergeld-Bezugsberechtigten; maßgebend ist hier der enge tatsächliche und rechtliche Zusammen-hang mit Verfahren, die den Unterhalt des Kindes betreffen:105

105 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 384.

Nach § 1612b BGB hat dieFrage der Bezugsberechtigung auch unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des geschuldetenUnterhalts.106

106 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 569.

Diese Unterhaltsverfahren sind allerdings wie bisher Verfahren der freiwilli-gen Gerichtsbarkeit. Daher sind sie auch von den §§ 235 bis 245 FamFG, die die für ZPO-Verfahren typische Regelungen enthalten, ausgenommen. Für sie gelten die Vorschriften desersten Buches und die §§ 232 bis 234 FamFG.107

107 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 384.

80 Es bleibt bei den Familienstreitsachen auch weiterhin bei einer grundsätzlichen Anwend-barkeit der ZPO, allerdings mit der Modifikation, dass die Entscheidung nicht mehr durchEndurteil, sondern nunmehr durch Beschluss ergeht mit dem Rechtmittelweg des FamFG.

1. Unterhaltssachen als Familienstreitsachen

81 § 231 Abs. 1 FamFG definiert als Unterhaltssachen Verfahren, die1. die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,2. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,3. die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m des Bürgerlichen Gesetzbuchsbetreffen.

a) Unterhaltssachen betreffend die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhalts-pflicht

82 Der nunmehr in § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG genannte Verwandtenunterhalt war früher separatin §§ 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG, § 621 Nr. 4 ZPO geregelt.

83 Nach § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG in der Fassung vor Inkrafttreten des KindRG war das FamGnur für Streitigkeiten über die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber ehelichen Kindernnach §§ 1601 bis 1615 BGB zuständig. Das KindRG hatte die Zuständigkeit des FamG aufsämtliche Streitigkeiten über die gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Verwandten(§§ 1601 ff. BGB) erweitert einschließlich der Verfahren über den Unterhalt nicht ehelichgeborener Kinder. Erfasst werden auch die vereinfachten Verfahren zur Abänderung vonUnterhaltstiteln (vormals §§ 645 ff. ZPO, nunmehr in §§ 249 ff. FamFG – siehe unten Kap. 6Rdn. 353 ff.). Indem die Zuständigkeit nach § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG a.F. von da an alle Fälle

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24 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 25: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

einer gesetzlichen Unterhaltspflicht einschließlich Ansprüchen nichtehelich geborener Kin-der umfasste, fielen in die Entscheidungskompetenz des FamG einheitlich Unterhaltsansprü-che aus dem Verhältnis der Eltern zu ihren (ehelichen oder nichtehelichen) Kindern. DasFamG ist darüber hinaus nun auch zuständig für Unterhaltsansprüche der Kinder gegen-über anderen Verwandten, z.B. den Großeltern, und umgekehrt der Großeltern gegen-über ihren Enkeln.108

108 Vgl. dagegen nach früherem Recht noch BGH FamRZ 1992, 665 und 797.

84Das FamG entscheidet über eine vertraglich begründete Unterhaltspflicht unter derVoraussetzung, dass sie eine gesetzlich geregelte Unterhaltspflicht näher regelt odermodifiziert.109

109 Vgl. BGH in st. Rspr., z.B. FamRZ 1978, 674; 1979, 907.

Eine Familiensache liegt also auch vor, wenn die gesetzliche Unterhaltspflichtfür ein Kind im Rahmen einer (Scheidungs-)Vereinbarung zwischen den Eltern näher gere-gelt wird.110

110 Vgl. BGH FamRZ 1981, 19, 21.

Ein anlässlich der Scheidung von den Eltern abgeschlossener gerichtlicher Ver-gleich, in dem sich ein Ehegatte gegenüber dem Anderen zur Entrichtung gesetzlicherUnterhaltsleistungen für das gemeinschaftliche eheliche Kind verpflichtet, hat eine Familien-sache zum Gegenstand.111

111 BGH FamRZ 1978, 672.

Eine gegen eine solche Vereinbarung gerichtete Vollstreckungsab-wehr- oder Abänderungsklage ist ebenfalls Familiensache.112

112 BGH FamRZ 1978, 672.

85Es ist nicht erforderlich, dass die gesetzliche Unterhaltspflicht selbst Gegenstand des Verfah-rens ist. Den Gesetzeswortlaut (»betreffen«) legt die Rechtsprechung weit aus. Familiensa-chen sind danach auch Verfahren, die nur der Durchsetzung des gesetzlichen Unterhalts die-nen, wie z.B. ein Auskunftsverlangen (§ 1605 BGB).113

113 OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 288.

Auch ein Rechtsstreit über die Rück-gewähr von Leistungen, die zum Zweck der Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflichti.S.d. § 231 Abs. 1 FamFG erbracht wurden, werden daher als Familiensache behandelt.114

114 Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1979, 217 Nr. 158 und Nr. 159 bei einem Anspruch aufBefreiung von der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind undauf Erstattung bereits erbrachter Unterhaltszahlungen; näher dazu Johannsen/Henrich/Sede-mund-Treiber § 23b GVG Rn. 53, 56.

Vor das FamG gehören Ansprüche aus Verträgen, die die Eltern über den Kindesunterhaltgeschlossen haben, da dadurch nur die gesetzliche Unterhaltspflicht im Einzelnen ausgestal-tet wird.115

115 BGH FamRZ 1990, 867.

Bei Unterhaltsleistungen für ein Kind gilt dies auch dann, wenn sich die Klagegegen einen Elternteil richtet, der den zurückverlangten Betrag auf Grund einer vertragli-chen Vereinbarung der Eltern empfangen hat;116

116 BGH FamRZ 1978, 582, 584 f. (hier: Scheidungsfolgenvereinbarung).

ebenso, wenn ein Elternteil gegen den ande-ren mit der Behauptung, diesem obliegende gesetzliche Unterhaltsleistungen für ein gemein-schaftliches Kind erbracht zu haben, einen »Ausgleichsanspruch« geltend macht.117

117 BGH FamRZ 1978, 770.

, 118

118 BGH FamRZ 1980, 345; zu Unterhaltsstreitigkeiten kraft Sachzusammenhangs vgl. auch Rn. 71.

86Bei Ansprüchen des Scheinvaters gegen den biologischen Vater119

119 Noch zur alten Rechtslage: Eingehend dazu Schwonberg FuR 2006, 395, 443, 501; zum Anfech-tungs- und Umgangsrecht des biologischen Vaters Pieper FuR 2004, 385. Zu den Ansprüchengegen die Mutter: Huber FamRZ 2004, 145; Nehlsen-v Stryk FamRZ 1988, 225; Raiser FamRZ1986, 942; zu den Ansprüchen gegen das Kind: BGH FamRZ 1981, 30 und 764 (verneint werdenAnsprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, weil diesen der Entreicherungseinwand aus § 818Abs. 3 BGB entgegensteht); OLG Frankfurt FamRZ 1990, 558; Zum Forderungsübergang, wennUnterhalt auch in Kenntnis der Nichtvaterschaft geleistet wird: LG Bielefeld FamRZ 2006, 1149;OLG Schlegwig FamRZ 2007, 2012; OLG Koblenz FamRZ 2007, 2098; zur inzidenten Feststel-lung der Vaterschaft im Scheinvaterregress: BGH FamRZ 2008, 1424; 2009, 32; zur Vollstreckungdes titulierten Anspruchs auf Benennung des Kindsvaters: BGH FamRZ 2008, 1751.

handelt es sich um einenübergegangenen Unterhaltsanspruch, so dass eine Familiensache i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 1

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25B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 26: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

FamFG vorliegt.120

120 Noch zur alten Rechtslage: OLG Frankfurt FamRZ 2003, 1301; OLG Koblenz FamRZ 1999,658; Schwonberg FuR 2006, 501, 506; a.A. OLG Thüringen FamRZ 2003, 1125.

Auch die Auskunftsklage des Scheinvaters gegen die Kindesmutter istFamiliensache.121

121 OLG Hamm FamRZ 2005, 1844; Schwonberg FuR 2006, 501, 506.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nicht nach § 232 FamFG, sondernnach den allgemeinen Vorschriften.122

122 FAKomm-FamR/Klein § 1607 BGB Rn. 77; Schwonberg FuR 2006, 501, 506.

87 Schadensersatzansprüche des Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichtetensind Familiensache i.S.d. § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (vormals § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG a.F.),wenn geltend gemacht wird, dass der Schuldner versucht, sich seiner gesetzlichen Unter-haltspflicht zu entziehen.123

123 Vgl OLG Braunschweig FamRZ 1979, 719 f. (bei Verletzung der Unterhaltspflicht); a.A. OLGSchleswig SchlHA 1982, 76.

88 Keine Unterhaltssachen im Sinne von § 231 FamFG sind Streitigkeiten über (eher seltene)Verträge, die einen Unterhaltsanspruch ohne Rücksicht auf eine bestehende gesetzlicheUnterhaltsverpflichtung begründen.124

124 BGH FamRZ 1984, 874, 875; 1985, 367, 368. Die Annahme einer solchen Vereinbarung erfordertdas Vorliegen besonderer Anhaltspunkte, die eher beim Ehegatten- als beim Kindesunterhalt inBetracht kommen.

Ein Rechtsstreit über Ausgleichsansprüche Dritter –ohne Überleitung eines familienrechtlichen Anspruchs als Grundlage – ist keine Unterhalts-sache, etwa wenn ein Dritter von den Eltern des Kindes den Ersatz seiner Aufwendungenfür den Unterhalt dieses Kindes begehrt.125

125 BGH FamRZ 1979, 218.

Nimmt der so genannte Scheinvater den tatsäch-lichen Vater eines Kindes auf Erstattung der für den Vaterschaftsanfechtungsprozess aufge-wandten Kosten in Anspruch,126

126 FAKomm-FamR/Klein § 1607 BGB Rn. 58 m.w.N.

liegt auch nach der Erweiterung der familiengerichtlichenZuständigkeit durch das KindRG keine Unterhaltssache im Sinne von § 231 FamFG vor. DasFamG ist allerdings seit Inkrafttreten des FamFG gemäß § 266 Abs. 1 FamFG zuständig – eshandelt sich insoweit um eine sog. sonstige Familiensache (unten Rdn. 114).

89 Ist ein Rechtsstreit über Unterhalt Familiensache, bleibt sie dies, auch wenn ein Parteiwech-sel eintritt, sei es auf Seiten des Gläubigers (vgl. §§ 90, 91 BSHG, § 7 UVG, § 37 BAföG)127

127 Zu §§ 90, 91 BSHG: vgl. BGH FamRZ 1999, 843; zu § 37 BAföG: vgl. BGH FamRZ 1981, 758;zu § 7 UVG: BGH FamRZ 1998, 357 sowie auch BGH FamRZ 1995, 1131; 1996, 1203und 1207; 1997, 608.

oder des Schuldners (auch bei einem Erbfall). Auch Verfahren gegen den Vermögensnehmerkönnen Familiensache sein.128

128 Vgl. BGH NJW 1993, 417; 1996, 1067; 1997, 1919; 2000, 1358.

90 Beantragte das Kind »aus besonderen Gründen«, die Bestimmung der Eltern über die Artder Unterhaltsgewährung zu ändern (§ 1612 Abs. 2 BGB a.F.), so war vor dem UÄndG 2008strittig, welches Gericht für eine Entscheidung darüber zuständig ist.129

129 Siehe hierzu noch ausführlich die Vorauflage: FA-FamR/Heintschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1Rn. 33.

Seit der Änderungdes § 1612 Abs. 2 BGB130

130 Es wurde lediglich klargestellt, dass bei der Unterhaltsbestimmung »auf die Belange des Kindesdie gebotene Rücksicht zu nehmen ist«; vgl. BT-Drucks. 13/7338 S. 52, 13/9596 S. 32.

durch das UÄndG ist diese Frage geklärt und sie wird inzident imUnterhaltsprozess entschieden.131

131 FAKomm-FamR/Klein § 1612 BGB Rn. 2a.

b) Unterhaltssachen betreffend die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht

91 Die »durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht« umfasst drei Bereiche: den Fami-lienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) bei bestehender häuslicher Gemeinschaft, denTrennungsunterhalt (§ 1361 BGB) ab Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung und dennachehelichen Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) ab Rechtskraft der Scheidung. Die weite Geset-zesfassung erfasst grundsätzlich alle Ansprüche, deren Zuweisung in den familiengerichtli-

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26 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 27: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

chen Zuständigkeitsbereich nach Sinn und Zweck der Regelung geboten erscheint.132

132 Vgl. BGH FamRZ 1979, 1005 (Leistung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung);BayObLG FamRZ 1981, 688, 689 (Überlassung einer Wohnung); OLG Braunschweig FamRZ1983, 197 f. (Übernahme von Kosten für ein Grundstück, das der andere Ehegatte bewohnt);OLG Hamburg FamRZ 1985, 407 (Übernahme von Kinderbetreuungskosten); OLG DüsseldorfFamRZ 1997, 500 (Kosten der Hundehaltung, wenn diese zu den ehelichen Lebensverhältnissengehörte).

Das giltdemgemäß auch für Befreiungs-, Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche, die ihreWurzeln im unterhaltsrechtlichen Verhältnis der Ehegatten zueinander haben.133

133 Zum Schadensersatz vgl. OLG Braunschweig FamRZ 1979, 719 f. (bei verspäteter Erfüllung vonUnterhaltsschulden); OLG Schleswig FamRZ 1983, 394 (wegen Schlechterfüllung); OLG Düs-seldorf FamRZ 1988, 298 f. (hinsichtlich Unterhaltszinsen und Verfahrenskosten); OLG HammFamRZ 1988, 1291 f. (bei Streit über die Erstattung von Verfahrenskosten eines Rechtsbehelfsgegen unzulässige Vollstreckung aus einem Unterhaltstitel).

Dahergehören auch Ansprüche auf Befreiung von Krankenhauskosten und auf Zahlung von Kran-kenhaustagegeldern, die im Rahmen einer Familienversicherung angefallen sind, zu den diegesetzliche Unterhaltspflicht betreffenden Familiensachen.134

134 BGH FamRZ 1994, 626; vgl. aber OLG Hamm FamRZ 1991, 206 für Versicherungsleistungenbesonderer Art (Krankenhaustage- und Genesungsgeld).

Ebenso ist der familienrechtli-che Ausgleichsanspruch, der einem Elternteil, der allein für den Unterhalt eines gemeinsa-men Kindes aufgekommen ist, gegen den anderen Elternteil zusteht, als »Unterhaltsregress«vor dem FamG geltend zu machen.135

135 BGH FamRZ 1984, 775; OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 180.

Das FamG ist auch für eine Klage auf Rückzahlungdes geleisteten Kostenvorschusses zuständig.136

136 Es handelt sich allerdings nicht um einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB, sondern umeinen unterhaltsrechtlichen Anspruch eigener Art, so dass die Einrede der Entreicherung nichterhoben werden kann; BGH FamRZ 1990, 941.

92Wie bei den Verfahren nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (§ 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG – Verwand-tenunterhalt) ist das FamG nach § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (§ 23b Abs. 1 Nr. 6 GVG) auchbei dem Ehegattenunterhalt nur zuständig für Streitigkeiten, die die gesetzliche Unterhalts-pflicht betreffen. Streitigkeiten, die rein vertragliche Unterhaltsvereinbarungen der Ehe-gatten betreffen, sind daher keine Familiensachen,137

137 BGH FamRZ 1978, 674 (Unterhaltszusage trotz früherer Verschuldensscheidung); vgl. OLGHamm FamRZ 1978, 197; 1986, 819; FamRZ 1991, 443 f. (Zahlung einer Abfindungssumme fürden Fall der Scheidung ohne Bezug zum Unterhalt); OLG München FamRZ 1978, 601; OLGZweibrücken FamRZ 1981, 1090 sowie auch BGH FamRZ 1978, 873, 874 (Übernahme der Kos-ten eines Kindermädchens trotz Unterhaltsverzichts).

außer es besteht ein Zusammenhang mitder Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe: Dann greift ggf. § 266 Abs. 1 Nr. 3FamFG ein. Ansonsten muss der Wille der Parteien erkennbar sein, den Unterhaltsanspruchvöllig auf eine vertragliche Grundlage zu stellen und ihn damit des Wesens eines gesetzlichenUnterhaltsanspruchs zu entkleiden.138

138 BGH FamRZ 1984, 874: nur bei besonderen Anhaltspunkten anzunehmen.

Bei Unterhaltsvergleichen und anderen vertraglichenUnterhaltsregelungen kommt es darauf an, ob sie eine gesetzliche Unterhaltspflicht in demSinn betreffen, dass sie eine nähere Ausgestaltung oder Änderung der gesetzlichen Unter-haltspflicht zum Inhalt haben,139

139 Vgl. BGH FamRZ 1980, 45, wonach ein Anspruch auf Erstattung von Umzugskosten diegesetzliche Unterhaltspflicht i.S.d. § 23b Abs. 1 Nr. 6 GVG betreffen kann.

oder ob die Unterhaltspflicht völlig ohne Rücksicht auf diegesetzliche Unterhaltspflicht begründet wurde.140

140 BGH FamRZ 1978, 674.

Letzteres wird eher selten der Fall sein.Die Zuständigkeit des FamG ist für die Klage auf Zahlung einer für den Fall der Scheidungvereinbarten Abfindungssumme gegeben.141

141 OLG Hamm FamRZ 1991, 443.

Eine Vollstreckungsabwehrklage, mit der dieVerwirkung des titulierten Unterhaltsanspruchs geltend gemacht wird, bleibt auch dannFamiliensache, wenn die beklagte Partei behauptet, der verwirkte Anspruch sei später – alsvertraglicher – wieder begründet worden.142

142 BGH FamRZ 1979, 910.

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27B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 28: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

93 Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, der im gesetzlichen Unterhaltsverhältnis zwi-schen Ehegatten nicht nur bei intakter Ehe, sondern – eingeschränkt – auch noch nach derScheidung gilt, folgen unterhaltsrechtliche Nebenpflichten. Dazu gehört etwa die Pflichtdes unterhaltsberechtigten Ehegatten zur Zustimmung zum sog. begrenzten Realsplittinggem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG,143

143 Vgl. dazu BGH FamRZ 1983, 576.

weil er damit die finanzielle Belastung des Unterhaltsver-pflichteten mindert und so dessen Leistungsfähigkeit erhöht. Als Verfahren nach § 231 Abs. 1Nr. 2 FamFG (vormals § 23b Abs. 1 2 Nr. 6 GVG) ist daher die Klage auf Zustimmung undAusgleich einer insoweit entstandenen Belastung eingeordnet worden.144

144 FAKomm-FamR/Schöppe-Fredenburg § 10 EStG Rn. 11 und 16 m.w.N.; BGH FamRZ 1983, 576;1985, 1232, 1233; BayObLG FamRZ 1985, 947, 949; OLG Hamm FamRZ 1987, 489; 1987, 1046,1047; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1275; OLG Düsseldorf FamRZ 1983, 73; 1990, 160;OLG Köln FamRZ 1982, 383; 1986, 1111, 1112; OLG München FamRZ 1983, 594; KG FamRZ1982, 1020.

Wird die Zustim-mung, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte den Unterhalt als Sonderausgabe absetzenkann, unberechtigt verweigert,145

145 Vgl. dazu BGH FamRZ 1988, 143; 1988, 476; BGH 1998, 953.

besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, der vor demFamG zu verfolgen ist.146

146 OLG Köln FamRZ 1986, 1111. Zum Schadensersatz bei verspäteter Erstattung von Steuern nachbegrenztem Realsplitting OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 830.

94 Nicht unter § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (vormals § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG) fällt dagegeneine Klage auf Mitwirkung bei der Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuer.147

147 BayObLG FamRZ 1985, 947; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 160; OLG Stuttgart FamRZ 1992,1147; OLG Naumburg FamRZ 2000, 165; vgl. auch Rdn. 127.

Es handelt sich nicht um eine Streitigkeit, welche die durch die Ehe begründete Unterhalts-pflicht betrifft. Dass sich die Ersparnis von Steuern mittelbar auf die Höhe des Unterhaltsauswirken kann, ändert hieran nichts. Ebenso wenig liegt eine vermögensrechtliche Streitig-keit i.S.d. § 261 Abs. 1 FamFG (§ 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG) vor.148

148 Vgl. bei Rdn. 100 ff.

Nunmehr ist dieseFrage unter § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu subsumieren und damit dem FamG als sonstigeFamiliensache zugewiesen (vgl. Rdn. 127), wenngleich dies eine deutliche Ausweitung desZuständigkeitsbereichs des FamG zur Folge hat149

149 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 464.

. Das gilt auch für den Streit um eine Mit-wirkung bei dem Antrag auf Lohnsteuerermäßigung,150

150 BayObLG FamRZ 1985, 947, 848.

die anteilige Auszahlung des Lohn-steuerjahresausgleichs151

151 OLG Hamm FamRZ 1988, 518 m.w.N.

oder einer Steuererstattung.152

152 OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 82 f.

Auch die Klage eines Ehegattengegen den von ihm getrennt lebenden anderen Ehegatten auf Übertragung des KfZ-Scha-densfreiheitsrabatts ist keine Unterhaltssache.153

153 OLG Köln FamRZ 2003, 622 m.w.N.

Zu prüfen bleibt aber im Einzelfall, ob nichtdie Streitigkeit einen engen familienrechtlichen Zusammenhang mit Trennung und Schei-dung oder Aufhebung der Ehe haben; dann greift die Zuständigkeit des § 266 Abs. 1 FamFGein, die wegen der besonderen Sachnähe diese Streitigkeiten dem FamG zuweist (vgl. imEinzelnen Rdn. 132).

95 Wie in den Fällen des § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (§ 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG) (vgl. Rdn. 89) hatein Gläubiger- oder Schuldnerwechsel auf den Charakter einer unterhaltsrechtlichen Streitig-keit als Familiensache keinen Einfluss.

96 Verfahren zwischen Partnern einer nichtehelichen Gemeinschaft sind keine Familiensachen,auch dann nicht, wenn sich ein Partner auf eine entsprechende Geltung der Vorschriftenüber die eheliche Unterhaltspflicht beruft.154

154 Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber § 23b GVG Rn. 58; a.A. OLG Hamm FamRZ 1983, 273.

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28 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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c) Unterhaltssachen betreffend die Ansprüche nach § 1615l oder § 1615m BGB

97Durch das KindRG wurden Ansprüche der Mutter eines nichtehelichen Kindes gegen denVater aus der Zuständigkeit der allgemeinen Zivilabteilung herausgenommen und demFamG zugewiesen.155

155 Übersicht zur höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 1615l BGB bei Schilling FamRZ 2006, 1.

Damit ist einheitlich für alle Unterhaltsklagen aus dem Verhältnisnichtehelicher Eltern das FamG zuständig. In § 231 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind diese Fällenunmehr direkt genannt.

2. Unterhaltssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 231 Abs. 2 FamFG

98Wegen des engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs mit Verfahren, die denUnterhalt des Kindes betreffen, sind nunmehr auch die Fragen der Bestimmung des Kinder-geld-Bezugsberechtigten als Unterhaltssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß § 231Abs. 2 FamFG dem Unterhaltsrecht und damit dem Familiengericht zugewiesen. Hierfürspricht wegen § 1612b BGB auch der unmittelbare Einfluss auf die Höhe des zu zahlendenUnterhalts. § 231 Abs. 2 Satz 2 FamFG stellt aber klar, dass die §§ 235 bis 245 FamFG hiernicht gelten, da diese ZPO-typische Regelungen enthalten. Lediglich die §§ 232–234 FamFGund die allgemeinen Vorschriften des ersten Buches des FamFG finden Anwendung.

IX. Güterrechtssachen (§ 111 Nr. 9 FamFG)

99Der Begriff der Güterrechtssachen ist nunmehr in § 261 FamFG definiert. § 261 Abs. 1FamFG entspricht dem bisherigen § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO und umfasst alle Verfahren, dieAnsprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen. § 261 Abs. 2 FamFG erweitert denBereich der Güterrechtssachen um die Verfahren nach § 1365 Abs. 2, § 1369 Abs. 2 und den§§ 1382, 1383, 1426, 1430 und 1452 BGB.

1. Verfahren aus dem ehelichen Güterrecht (§ 261 Abs. 1 FamFG)

100§ 261 Abs. 1 FamFG umfasst – wie bisher – alle Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht. Esbleibt aber zu beachten, dass nicht sämtliche vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischenEhegatten Güterrechtssachen sind, sondern nur Streitigkeiten über solche Ansprüche, diesich auf den gesetzlichen Güterstand, auf Gütergemeinschaft oder auf eine güterrechtlicheVereinbarung nach § 1408 Abs. 1 BGB stützen. Bei Gütertrennung gibt es keine Streitigkei-ten »aus dem ehelichen Güterrecht«.156

156 OLG Hamm FamRZ 1993, 211, 212; vgl. neuerdings wieder OLG Stuttgart OLGR 2003, 409.

Zahlreiche Abgrenzungsfragen wären der Rechtspre-chung erspart geblieben, wenn der Gesetzgeber dem Regierungsentwurf des 1. EheRG157

157 BT-Drucks. 7/650 S. 23 f., 78.

gefolgt wäre und außer den Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht auch »die sonstigenvermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten gegeneinander« den Familiensachen zuge-ordnet hätte wie es de lege ferenda zu fordern ist. Diesem Wunsch ist durch das FamFG mitseinem § 266 FamFG nunmehr weitgehend Rechnung getragen worden, soweit es sich umAnsprüche zwischen den Beteiligten handelt, die eine besondere Nähe zu familienrechtlichgeregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflö-sung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen158

158 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 456.

(vgl. Rdn. 121).

101Für das Verständnis dieses familiengerichtlichen Aufgabenbereichs ist es hilfreich, folgende dreiKomplexe güterrechtlicher Auseinandersetzung zwischen Ehegatten zu unterscheiden:159

159 Vgl. BGH FamRZ 1978, 674; 1982, 785.

102(1) Soweit die Anwendung inländischen Rechts in Betracht kommt, sind Ansprüche ausdem ehelichen Güterrecht zunächst einmal solche, die sich unmittelbar aus den Vorschrif-ten über das gesetzliche Güterrecht (§§ 1363–1518 BGB) und das Güterrechtsregister(§§ 1558–1563 BGB) ergeben. Familiensache ist deshalb z.B. der Anspruch auf Zugewinn-

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29B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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ausgleich nach § 1378 BGB oder die Auskunftspflicht bei Beendigung des Güterstandsnach § 1379 BGB, der nunmehr nicht nur das End- sondern auch das Anfangsvermögenmit umfasst. Der Anspruch auf anteilige Erstattung der Steuernachzahlungen und Steuerbe-ratungskosten, der auf eine angebliche Ausgleichspflicht der Ehegatten gestützt wird, istkein Anspruch aus dem ehelichen Güterrecht.160

160 BGH FamRZ 1980, 554; 1980, 988; OLG Hamm FamRZ 1988, 518.

Er ist aber mit § 266 FamFG als sonstigeFamiliensache (§ 111 Rn. 10 FamFG) mit umfasst (vgl. Rdn. 132). Wird dagegen ein Ehegatteaus seiner Haftung auf Grund der Vorschriften über die Gütergemeinschaft von einem Gläu-biger des anderen Ehegatten in Anspruch genommen, so liegt eine Streitigkeit über Ansprü-che aus dem ehelichen Güterrecht vor.161

161 BGH FamRZ 1980, 551.

Dasselbe gilt für Streit über die Mitwirkungspflichtdes anderen Ehegatten nach § 1451 BGB.162

162 BGH FamRZ 1990, 851.

Für den Anspruch auf Entschädigung für dieNutzung der in eine Gütergemeinschaft eingebrachten Wohnung ist ebenfalls das FamGzuständig.163

163 OLG Köln FamRZ 1993, 713.

103 (2) Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht sind weiterhin Ansprüche aus – nach § 1408BGB zulässigen – vertraglichen Vereinbarungen der Ehegatten, in denen güterrechtlicheVerhältnisse im Einzelnen abweichend von einer gesetzlich vorgesehenen Ausgestaltunggeregelt sind. Eine vertragliche Regelung eines güterrechtlichen Verhältnisses liegt nur dannvor, wenn die Vereinbarung den zwischen den Ehegatten bestehenden Güterstand als sol-chen – sei es auch nur hinsichtlich eines einzigen Vermögensgegenstands – verändert, d.h.Rechtsfolgen auslöst, die nur durch eine Änderung des bestehenden Güterstandes ermög-licht werden können. Schuld- und sachenrechtliche Rechtsgeschäfte, deren Rechtsfolgen denbestehenden Güterstand unberührt lassen, stellen dagegen keine güterrechtliche Regelungdar.164

164 BGH FamRZ 1978, 674.

Dies gilt auch für Schenkungen unter Ehegatten, soweit sie den Güterstand nichtumgestalten. Eine Regelung der Ausgleichspflicht unter den Ehegatten als Gesamtschuldner(§ 426 BGB)165

165 BGH FamRZ 1981, 247.

sowie eine Regelung der Auseinandersetzung des Miteigentums an Grundstü-cken166

166 BGH FamRZ 1980, 1106.

oder eine Regelung der Auseinandersetzung wechselseitiger Beteiligung an einzelnenVermögensgegenständen167

167 BGH FamRZ 1981, 19.

lassen ebenfalls die güterrechtlichen Verhältnisse der Parteienunberührt. Hierzu siehe unten bei den sonstigen Familiensachen (vgl. Rdn. 132).

104 (3) Schließlich sind dem ehelichen Güterrecht auch Ansprüche aus Vereinbarungen der Ehe-gatten zuzurechnen, durch die bestehende güterrechtliche Ansprüche nachträglich modi-fiziert oder bei Auflösung der Ehe besondere Vereinbarungen über die Auseinanderset-zung der güterrechtlichen Beziehung getroffen werden.168

168 BGH NJW 1978, 1923.

Auch der Streit über die Wirk-samkeit einer Vereinbarung, durch die güterrechtliche Ansprüche modifiziert oder sonst dieAuseinandersetzung güterrechtlicher Beziehungen geregelt worden sind, ist Familiensache.169

169 BGH NJW 1980, 193.

Dem ehelichen Güterrecht zuzurechnen ist ein Anspruch, der sich darauf stützt, dass dieGeschäftsgrundlage einer während der Ehe der Parteien getroffenen güterrechtlichen Ausei-nandersetzungsvereinbarung infolge Scheidung der Ehe weggefallen ist.170

170 BGH FamRZ 1980, 989.

Enthält eineScheidungsfolgenvereinbarung sowohl güterrechtliche als auch sonstige vermögensrechtlicheRegelungen, z.B. über die gemeinsame Beteiligung an verschiedenen Vermögensgegenstän-den, so ist das FamG für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag zuständig, falls keine Zuordnungbestimmter Ansprüche nur zu einem der beiden Regelungsbereiche möglich ist und sich dieeinzelnen Regelungen daher nicht trennen lassen.171

171 Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1980, 878 mit dem Hinweis, dass die Zusage einernicht an die gesetzlichen Voraussetzungen gebundenen Unterhaltsrente zur Abgeltung einesAnspruchs auf Zugewinnausgleich erfolgt sein kann.

Nach jetziger Rechtslage ist das FamG

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30 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 31: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

auch für diese Fragen zuständig, da es sich um eine Scheidungsfolgenvereinbarung handeltund insoweit § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG eingreift. Bestimmungen in einem Scheidungsver-gleich, die Zuwendungen an die Kinder der Parteien vorsehen, durch die der nach demGesetz dem einen Ehegatten zustehende Anspruch auf Zugewinnausgleich vermindert wird,sind Inhalt der güterrechtlichen Auseinandersetzung der Parteien, so dass Streitigkeiten hie-raus Familiensache sind.172

172 BGH FamRZ 1981, 19.

105Ansprüche aus § 39 FGB/DDR sind Familiensachen i.S.d. §§ 111 Nr. 9, 261 Abs. 1 FamFG.173

173 BGH FamRZ 1991, 794.

106Keine güterrechtliche Regelung stellen schuld- und sachenrechtliche Rechtsgeschäfte dar,deren Rechtsfolgen den bestehenden Güterstand unberührt lassen. Hier greift nunmehr§ 266 FamFG ein (vgl. Rdn. 132). Dies gilt insbesondere für– Schenkungen unter Ehegatten, soweit sie keine Umgestaltung des Güterstands beinhal-

ten;174

174 BGH FamRZ 1978, 1923.

oder unter der Voraussetzung, dass die Ausgleichspflicht nicht (allein oder auch) zur Abgel-tung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich begründet worden ist;175

175 BGH FamRZ 1980, 878.

für eine Regelung der– Auseinandersetzung des Miteigentums an Grundstücken;176

176 BGH FamRZ 1980, 1106.

– Auseinandersetzung wechselseitiger Beteiligung an einzelnen Vermögensgegenständen;177

177 BGH FamRZ 1981, 19.

– Ausgleichspflicht unter den Ehegatten als Gesamtschuldner nach § 426 BGB.178

178 BGH FamRZ 1981, 247; vgl. auch BGH FamRZ 1987, 1239; 1988, 264; 1988, 1031; 1989, 147;vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1504 m.w.N. bei Ansprüchen unter Ehegatten wegenunerlaubter Verfügungen über ein Gemeinschaftskonto.

107Keine Güterrechtssachen – aber bei § 266 FamFG zu prüfen sind auch Ansprüche auf– Auseinandersetzung, Schadensersatz und Rechnungslegung, die sich auf ein während der

Ehezeit zu Miteigentum erworbenes, inzwischen versteigertes Grundstück beziehen;179

179 BayObLG FamRZ 1980, 468.

– Auseinandersetzung einer Gesellschaft;180

180 OLG Stuttgart FamRZ 1985, 83.

– Schadensersatz z.B. wegen schuldhafter Beschädigung einer Sache des anderen Ehegat-ten181

181 Vgl BGH FamRZ 1988, 476.

oder wegen pflichtwidriger Übertragung eines Kfz-Schadensfreiheitsrabatts aufeinen Dritten,182

182 OLG Stuttgart FamRZ 1989, 763.

– Güterrechtssache ist dagegen das Verfahren nach § 1368 BGB.183

183 BGH FamRZ 1981, 1045.

108Das Widerspruchsverfahren, mit der eine Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG verhin-dert werden soll,184

184 Vgl. unten Rdn. 143.

ist Familiensache, wenn das der Versteigerung entgegengehaltene Rechtim ehelichen Güterrecht wurzelt.185

185 BGH FamRZ 1985, 903 – Übernahmerecht nach § 1477 Abs. 2 BGB.

Dagegen fällt eine Widerspruchsklage, mit der ein Ehe-gatte nach § 774 ZPO die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in das eheliche Gesamt-gut geltend macht, jedenfalls dann nicht in die Zuständigkeit des FamG, wenn der Vollstre-ckungstitel, der die Grundlage der Zwangsvollstreckung ist, keine Familiensache ist.186

186 BGH FamRZ 1979, 219.

109Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung in § 261 Abs. 1 FamFG geht der Charak-ter als Familiensache nicht durch die Beteiligung Dritter am Verfahren verloren, sei es alsStreitgenosse,187

187 BGH FamRZ 1980, 551.

Nebenintervenient oder auch als Partei.188

188 BGH FamRZ 1981, 1045.

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31B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 32: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

110 Bei Streitigkeiten über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht sind Dritte am Verfahrenbeteiligt bei– Klagen eines Ehegatten gegen Dritte wegen Rechten aus der Unwirksamkeit eines Rechts-

geschäfts mit dem anderen Ehegatten (§§ 1368, 1369 Abs. 3 BGB),189

189 BGH FamRZ 1981, 1045.

– Ausgleichsansprüchen gegen einen beschenkten Dritten (§ 1390 BGB),– Klagen gegen einen Ehegatten als Gesamtschuldner (§§ 1437 Abs. 2, 1459 Abs. 2, 1480

BGB),190

190 BGHZ 76, 305.

– Klagen anteilsberechtigter Abkömmlinge gegen den überlebenden Ehegatten auf Aufhe-bung der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 1495 BGB),

– Klagen des aus einem Vertrag zu Gunsten Dritter, der die Regelung güterrechtlicherAnsprüche zum Gegenstand hat, Begünstigten.191

191 BGH FamRZ 1983, 156.

111 Keine Güterrechtssachen – auch nicht kraft Sachzusammenhangs192

192 Vgl. bei Rdn. 142.

– sind insbesondereSchadensersatzansprüche zwischen geschiedenen Ehegatten aus unrechtmäßiger Verfügungüber einen ihm gehörenden Gegenstand (auch über Hausratsgegenstände und Ansprüchenaus einer bereits getroffenen Hausratsteilung),193

193 Vgl. BGH FamRZ 1979, 789; 1980, 988.

aber auch schuld- und sachenrechtlicheRechtsgeschäfte unter Ehegatten, die den bestehenden Güterstand unberührt lassen.194

194 BGH FamRZ 1978, 771; vgl. neuerdings wieder OLG Stuttgart OLGR 2003, 409.

Siekönnen aber ggf. unter die sonstigen Familiensachen §§ 111 Nr. 10, 266 FamFG fallen.

2. Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 261 Abs. 2 FamFG)

112 § 266 Abs. 2 FamFG regelt Güterrechtssachen im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit.195

195 S.a. Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG § 261 Rn. 8 ff.; Thomas/Putzo/Hüßtege, FamFG § 261Rn. 5.

Darunter fallen die gerichtlichen Zuständigkeiten bei Gesamtvermögensgeschäften nach§§ 1365 Abs. 2, 1369 Abs. 2 BGB, die Verfahren nach § 1382, 1383 BGB (entsprechend demfrüheren § 621 Abs. 1 Nr. 9 ZPO) und bestimmte gerichtliche Aufgaben bei der Güterge-meinschaft nach §§ 1426, 1430 und 1452 BGB196

196 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 872.

.– Das Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung eines Ehegatten nach § 1365 Abs. 2

BGB bei einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen oder einer entsprechenden Ver-pflichtung war früher keine Güterrechtssache.197

197 BGH FamRZ 1982, 785.

Sie blieb dem Vormundschaftsgerichtvorbehalten. Nunmehr sieht § 266 Abs. 2 FamFG diese Verfahren als Güterrechtssachenexplizit vor.

– § 1369 Abs. 2 BGB betrifft die Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten beieiner Verfügung über Haushaltsgegenstände oder einer entsprechenden Verpflichtung, diefrüher dem Vormundschaftsgericht vorbehalten war.

– Die Verfahren nach §§ 1382, 1383 BGB (Stundung der Ausgleichsforderung und Über-tragung von Vermögensgegenständen) betreffen zwar auch Ansprüche aus dem eheli-chen Güterrecht, mussten jedoch früher als Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbar-keit unter § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 GVG a.F. besonders genannt werden, um sie von dengüterrechtlichen Zivilprozessen gem. § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG a.F. abzugrenzen.Konsequent gehören sie nun zu den Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeitgemäß § 266 Abs. 2 FamFG.

– Die Ersetzung der Einwilligung bzw. Zustimmung bei Gütergemeinschaft im Fallealleiniger Verwaltung durch einen Ehegatten folgt wegen der Abschaffung des Vormund-schaftsgerichts und der Nähe zum Güterrecht ebenso zu den Güterrechtssachen der frei-willigen Gerichtsbarkeit wie die Ersetzung der Zustimmung bei Gütergemeinschaft imFalle der gemeinschaftlichen Verwaltung, § 1452 BGB.

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32 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 33: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

113Nicht zu den Güterrechtssachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören die Verfahrennach §§ 1411, 1491 Abs. 3, 1492 Abs. 3 und 1493 Abs. 2 BGB, da in diesen Fällen das Wohldes Minderjährigen bzw. Betreuten im Vordergrund steht. In der Sache geht es um dieReichweite der Befugnisse des Sorgeberechtigten, Vormunds oder Betreuers, so dass dieseAngelegenheiten als Kindschaftssachen bzw. Betreuungssachen zu definieren sind.198

198 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 585.

X. Sonstige Familiensachen (§ 111 Nr. 10 FamFG)

1. Allgemeines

114Die §§ 266 bis 268 FamFG entstanden im Zuge der Verwirklichung des »Großen Familienge-richts«, wodurch die Zuständigkeit der Familiengerichte auch auf bestimmte Verfahrenerstreckt wird, die bislang vor den Zivilgerichten geführt wurden.199

199 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 456 ff.

Diese Zivilstreitigkeiten,die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oderdie in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen,sollen vor den Familiengerichten behandelt werden.200

200 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 367.

115Im Interesse der Beteiligten soll es dem Familiengericht möglich sein alle durch den sozialenVerband der Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden.Ineffektive und zudem die Beteiligten belastende Verfahrensverzögerungen, Aussetzungenund Mehrfachbelastung der Gerichte sollen vermieden werden.

116Die Zuständigkeit für diese Verfahren ergibt sich allein aus einer besonderen Sachnähe zuden Regelungsgegenständen des Familienrechts.201

201 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 586 f.

117Es lassen sich zwei Gruppen von sonstigen Familiensachen im Sinne des § 266 FamFGunterscheiden.202

202 Übersicht nach Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 459.

118

Verfahren die Ansprüche betreffen,die ihren Grund unmittelbar in einemfamilienrechtlich geregeltenRechtsverhältnis haben:z.B. Verlöbnis, Ehe, Eltern-Kind-Verhältnis, Umgangsrechtsverhältnis

Verfahren die Ansprüche betreffen,die einen Zusammenhang mit derBeendigung eines familienrechtlichgeregelten Rechtsverhältnis aufweisen,wie z.B. dem Verlöbnis, der Ehe; derBegriff des Zusammenhangs hat dabeieine inhatliche wie zeitliche Komponente

Zwei Gruppen werden hierbeiunterschieden

119Die Frage, ob die Streitigkeit vermögensrechtlicher oder nichtvermögensrechtlicherNatur ist, ist für den Anwendungsbereich des § 266 FamFG nicht entscheidend. Die Einbe-ziehung nichtvermögensrechtlicher Auseinandersetzungen, wie etwa Streitigkeiten wegenprivater Beleidigungen zwischen Ehegatten oder ein Verfahren wegen Herausgabe von pri-

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33B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 34: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

vatem Bildmaterial oder eines Tagebuchs kann gerade wegen des höchstpersönlichen Cha-rakters der Streitigkeit sinnvollerweise dem Familiengericht zuzuordnen sein.203

203 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587; auch Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 460.

120 Maßgeblich ist weiter die Rechtsnatur des Anspruchs bei seiner Entstehung. Soweit sichdie Beteiligten des konkreten Streitverfahrens nachträglich ändern, etwa weil die Ansprücheim Wege der Rechtsnachfolge auf einen Dritten übergegangen sind, ist dies unschädlich undändert nichts an der Einordnung als sonstige Familiensache.204

204 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587; Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 460.

2. Sonstige Familiensachen als Familienstreitsachen

121 Unter § 266 Abs. 1 FamFG fallen bestimmte Zivilrechtsstreitigkeiten, die eine besondereNähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen (Verlöbnis, Ehe) aufweisenoder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnissesstehen (Verteilung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten oder gemeinsamen Eigentums,Ausgleich von Zuwendungen usw.), aber auch Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnisund Ansprüche, die aus dem Umgangsrecht herrühren.

a) Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusam-menhang mit der Beendigung des Verlöbnisses und auch gegenüber Dritten

122 § 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG umfasst Ansprüche ehemals verlobter Personen oder einer sol-chen mit einem Dritten, wobei ein Zusammenhang mit dem Verlöbnis bestehen muss.Insbesondere Fallen hierunter Streitigkeiten in Zusammenhang mit Schadensersatzansprü-chen nach §§ 1298, 1299 BGB (so der Gesetzeswortlaut). Umfasst sind aber auch die Rück-gabe von Geschenken oder sonstiger Zuwendungen der Verlobten untereinander.205

205 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587.

Bzgl.Dritten dürfte die Anzahl der Verfahren eher gering, aber durch einen persönlichen Grund-konflikt der Beteiligten geprägt sein. Beispielsweise können hierunter auch die Rückgabevon Geschenken oder sonstiger Zuwendungen fallen.206

206 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 463.

b) Ansprüche aus der Ehe herrührend

123 § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nennt die aus der Ehe herrührenden Ansprüche, unabhängigdavon, gegen wen sie sich richten207

207 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588.

. Hierzu gehören insbesondere auch die aus § 1353 BGBherzuleitenden Ansprüche, wie z.B. die Mitwirkung zur gemeinsamen steuerlichen Veranla-gung (vgl. unten Rdn. 127). Weiter aber auch die Abwehr- und Unterlassungsansprüchegegen Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe gegenüber dem anderenEhegatten oder einem Dritten (sog. Ehestörungsanträge) und damit verbundene Schadenser-satzansprüche.

124 Zuständigkeitsprobleme ergaben sich früher insbesondere bei Anträgen auf Herstellung desehelichen Lebens nach § 1353 BGB. Diese begründeten als Ehesache i.S.d. § 606 Abs. 1Satz 1 ZPO a.F. nur dann die familiengerichtliche Zuständigkeit des AG, wenn die persona-len Ehewirkungen betroffen waren, insbesondere als auf die Durchsetzung von persönlichenAnsprüchen gegen den anderen Ehegatten gerichteten Leistungsanträge. Das Urteil war undder Beschluss ist wegen § 888 Abs. 2 ZPO allerdings nicht vollstreckbar, so dass ihm imWesentlichen eine bloße Appellfunktion zukommt. Nunmehr fallen diese Ansprüche unter§ 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.

125 Der Leistungsantrag auf Durchsetzung von persönlichen Ansprüchen kann sowohl aufWiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft insgesamt208

208 BGH MDR 1957, 540 m. abl. Anm. Beitzke; OLG Hamburg FamRZ 1967, 100.

als auch auf die Erfüllung

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34 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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Page 35: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

von einzelnen sich aus ihr ergebenden konkreten Verpflichtungen gerichtet sein,209

209 OLG Hamburg FamRZ 1967, 100.

die wie-derum in einem Tun210

210 RGZ 151, 159.

oder einem Unterlassen211

211 OLG Celle FamRZ 1964, 300; 1965, 507.

bestehen können.212

212 Vgl. auch Thomas/Putzo/Hüßtege vor § 606 Rn. 6.

� 126Beispiele für positive Herstellungsanträge:Antrag auf Gestattung der Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats, sofern damitdie Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft angestrebt wird;213

213 BGH FamRZ 1981, 633, 634; OLG Hamm FamRZ 1981, 477, 478.

Antrag deseinen Ehegatten gegen den anderen auf Unterlassung der Kündigung der von ihm alleingemieteten Ehewohnung; Antrag auf Vornahme einer Heilbehandlung mit dem Ziel derWiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft;214

214 OLG Frankfurt FamRZ 1982, 484.

Anträge auf Unterlassung vonehebrecherischen und ehewidrigen Handlungen.215

215 Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber § 23b GVG Rn. 25; FamK-Rolland/Roth § 606 Rn. 5; a.A.Stein/Jonas/Schlosser vor § 606 Rn. 14 b.

In die Zuständigkeit des FamG fallenauch Streitigkeiten über den zu leistenden Beitrag der Ehegatten zum Familienunterhalt(§ 1360 BGB), z.B. die Art der Haushaltsführung, die Verpflichtung zur Mitarbeit, Kin-derbetreuung u. ä.,216

216 Zöller/Philippi § 606 Rn. 16.

soweit damit keine vermögensrechtlichen Ansprüche verfolgt wer-den. Ehesache (und damit Familiensache) ist in diesem Zusammenhang auch der Antragauf Führung des Ehenamens (vgl. § 1355 BGB).217

217 Vgl. zur Neuordnung des Ehenamenrechts vgl. die Nachweise bei Palandt/Brudermüller § 1355Rn. 1 ff.

127Im Gegensatz zur früheren Rechtslage fallen unter § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nunmehrauch (wenngleich es sich nicht um positive Herstellungsanträge handelt).218

218 Siehe hierzu FA-FamR/Heinschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 13 ff.

– die (auch nach geschiedener Ehe noch aus § 1353 BGB folgende) Verpflichtung zur Mit-wirkung bei der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer (§ 26 EStG); weil essich hier um eine vermögensrechtliche Forderung handelt, die im Zusammenhang mit derEhe oder der Auflösung derselben besteht.219

219 OLG Hamburg FamRZ 1982, 507; OLG Koblenz FamRZ 1982, 942; OLG München FamRZ1979, 721; 1983, 614, 615; OLG Hamm FamRZ 1983, 937, 938; OLG Düsseldorf FamRZ 1984,805, 806; 1990, 160; OLG Köln FamRZ 1989, 1174; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 1147; vgl.auch BGH FamRZ 1977, 38. – Wichtig für die Fälle getrennte Veranlagung der Eheleute nachTrennung ist die Entscheidung BGH FamRZ 2007, 1229 mit Anm. Engels: Häufig liegt die Fall-konstellation vor, dass der unterhaltsverpflichtete Ehegatte mit dem höheren Einkommen wäh-rend der intakten Ehe die Lohnsteuerklasse III und der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit demgeringeren Einkommen die Steuerklasse V gewählt hat. Da der unterhaltsberechtigte Ehegattenach der Trennung bestrebt ist, seine Einkommenssituation soweit wie möglich aufzubessern,beantragt er beim Finanzamt die getrennte Veranlagung. Jedoch ist er verpflichtet, der gemeinsa-men Veranlagung zuzustimmen, wenn der andere Ehegatte ihm die Nachteile der getrenntenVeranlagung ausgleicht. Diese Verpflichtung besteht jedoch dann nicht, wenn der Ehegatte mitden höheren Einkünften als Unterhaltsverpflichtete aus dem höheren Einkommen Trennungsun-terhalt gezahlt hat, da in diesem Fall der Unterhaltsberechtigte an dem höheren Einkommen teil-nimmt und insoweit eine Ausgleichsverpflichtung nicht in Betracht kommt. Er muss also in die-sem Fall der getrennten Veranlagung zustimmen, ohne einen Anspruch auf Ausgleich der ihmdadurch entstehenden Nachteile zu haben. Ab dem Kalenderjahr, das der Trennung folgt, müs-sen die Eheleute ihre Steuerklassen ändern, da dann auch der Unterhaltsverpflichtete mit demhöheren Einkommen die Steuerklasse I wählen muss.

– Antrag auf Zustimmung zum begrenzten Realsplitting gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG;220

220 Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1983, 576 f; OLG Hamm FamRZ 1983, 937, 938; 1987,489; OLG Zweibrücken FamRZ 1987, 1275; OLG Köln NJW-RR 1987, 456: Schadensersatz.Vgl. aber bei Rdn. 93 zur Zuständigkeit des FamG nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG unterdem Gesichtspunkt der unterhaltsrechtlichen Nebenpflicht.

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35B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

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Page 36: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

– Schadensersatzklagen des einen Ehegatten gegen den Anderen wegen Verletzung der Mit-wirkungspflicht beim begrenzten Realsplitting221

221 Noch zur alten Rechtslage: BGH FamRZ 1988, 820.

und bei der Abgabe der Steuererklä-rung;222

222 Noch zur alten Rechtslage: OLG Hamm FamRZ 1979, 607; 1991, 1070; OLG Frankfurt FamRZ1980, 274; OLG Düsseldorf FamRZ 1984, 805; a.A. OLG München FamRZ 1983, 614.

– eine auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzklage, mit der ein Ehegatte Befreiung von dertitulierten Mitwirkungspflicht zur Abgabe einer gemeinsamen Einkommensteuererklä-rung verlangt;223

223 Noch zur alten Rechtslage: OLG Hamm MDR 1987, 855.

– Antrag auf Mitwirkung bei der Stellung von Anträgen auf Lohnsteuerermäßigung;224

224 Noch zur alten Rechtslage: BayObLG FamRZ 1985, 947, 949.

– Antrag auf Teilhabe des anderen Ehegatten am Lohnsteuerjahresausgleich)225

225 Noch zur alten Rechtslage: OLG München FamRZ 1979, 721, 723; OLG Hamburg FamRZ1982, 507; OLG Hamm FamRZ 1988, 518; vgl. auch BGH FamRZ 1988, 820.

oder aufdie ehegatteninterne Aufteilung des Betrages einer Steuerrückerstattung aus einergemeinsamen Veranlagung;226

226 Noch zur alten Rechtslage: OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 82.

– das Begehren auf Herausgabe des Steuerbescheides.227

227 Noch zur alten Rechtslage: OLG Hamm FamRZ 1991, 1070.

128 Umstritten war früher insbesondere die Einordnung der Ehestörungsklage gegen den ande-ren Ehegatten oder einen Dritten gegenüber Angriffen auf den sog. räumlich-gegenständli-chen Bereich der Ehe als Ehesache.228

228 Grundlegend BGHZ 6, 360; vgl. BGHZ 14, 358; 23, 215, 217; 23, 279, 281; 26, 217, 220; 57, 229,233; vgl. auch KG FamRZ 1983, 616; OLG Köln FamRZ 1984, 267; OLG Schleswig FamRZ1989, 979; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 705 sowie Palandt/Brudermüller § 1353 Rn. 6 m.w.N.

Nach h.M. handelte es sich nicht um eine Ehesache –und zwar unabhängig davon, ob sich die Klage nur gegen den anderen Ehegatten, denstörenden Dritten oder beide richtete –, so dass nicht das FamG, sondern das allgemeineProzessgericht zuständig war; denn es ging in diesen Fällen nicht um die persönlichen Ehe-beziehungen (Herstellungsklage), sondern um den räumlich-gegenständlichen äußerenLebensbereich der Ehe.229

229 OLG Karlsruhe FamRZ 1980, 139, 140; 1989, 77; OLG Hamm FamRZ 1981, 477, 478; OLGDüsseldorf FamRZ 1981, 577, 578; KG FamRZ 1983, 616, 617; OLG Zweibrücken FamRZ1989, 55 – Partnertausch; MüKo/Wacke § 1353 Rn. 42; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber§ 606 Rn. 12; FamK-Rolland/Roth § 606 Rn. 8; Zöller/Philippi § 606 Rn. 9; Riegel NJW 1989,2798, 2799; Smid FamRZ 1989, 1144: jedenfalls soweit die Klage gegen den in der Ehewohnungverweilenden Dritten – den Störer – gerichtet ist; a.A. OLG Celle FamRZ 1980, 242; MüKo/Walter § 606 Rn. 15; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 266 FamFG, Rn. 4.

De lege ferenda wurde bereits in der Vorauflage eine einheitlicheZuständigkeit des FamG aus Gründen des Sachzusammenhangs230

230 Vgl. dazu die Beispiele bei Rdn. 143.

als wünschenswert ange-sehen.231

231 Vgl. FA-FamR/Heinschel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 17.

Nunmehr sieht § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gerade diese Fälle auch als sonstigeFamiliensachen vor.232

232 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 880; Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 464.

129 Der Herstellungsantrag ist auch als negativer Feststellungsantrag möglich, weil das Rechtbesteht, die eheliche Lebensgemeinschaft zu verweigern (§ 1353 Abs. 2 BGB). Bei diesernegativen Herstellungsantrag auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben handelt essich – als Pendant zur positiven Herstellungsantrag – ebenfalls um eine sonstige Familiensa-che. Zur alten Rechtslage siehe noch die Vorauflage (Kap. 1 Rn. 18).

130 Ein Verfahren auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben nach § 266 Abs. 1 Nr. 2FamFG ist nur zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung besteht, § 256ZPO.233

233 Neuerdings wieder klarstellend OLG Saarbrücken FamRZ 2007, 402.

Dieses fehlt, wenn der andere Ehegatte das Recht des klagenden Ehegatten zumGetrenntleben nie bestritten hat und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von derGegenseite mit einem Verfahren auf Herstellung des ehelichen Lebens zu rechnen ist. Es

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36 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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besteht, wenn der Antragsteller dem Herstellungsverfahren des Anderen zuvorkommt.234

234 Stein/Jonas/Schlosser vor § 606 Rn. 14 a.

Der Umstand, dass die Parteien sich nicht darüber verständigen können, in welcher Weisedie Trennung in Bezug auf die Benutzung der Ehewohnung konkret durchzuführen ist,begründet dagegen allein kein Feststellungsinteresse.235

235 OLG München FamRZ 1980, 244; OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 81; 1989, 79.

Dass der andere Ehegatte mit derTrennung nicht einverstanden ist, genügt nicht.236

236 Zöller/Philippi § 606 Rn. 10 m.w.N.

Eine Klage auf Feststellung des Rechtszum Getrenntleben, die in Wirklichkeit nur auf das Verbot jeglicher persönlicher Kontakt-aufnahme sowie ehrverletzender und herabsetzender Erklärungen gerichtet ist, begründetenach früherer Rechtsprechung237

237 So OLG Karlsruhe FamRZ 1989, 77 (zweifelhaft).

keine Zuständigkeit des FamG. Durch § 266 Abs. 1 Nr. 2FamFG ist diese Frage zugunsten des FamG entschieden. Die Einbeziehung von Streitigkei-ten wegen privater Beleidigungen zwischen Ehegatten oder ein Verfahren wegen Herausgabevon privatem Bildmaterial oder eines Tagebuchs kann gerade wegen des höchstpersönlichenCharakters der Streitigkeit sinnvollerweise dem Familiengericht zuzuordnen sein238

238 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 587; auch Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 460.

(siehebereits oben Rdn. 114).

131Im Gegensatz zu früher sind somit auch vermögensbezogene Pflichten, wenn sie auf dieeheliche Lebensgemeinschaft gestützt werden, als Familienstreitsachen durchsetzbar.239

239 Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 880 – zu den früheren Argumenten siehe FA-FamR/Hein-schel-Heinegg 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 20.

Hierzu gehören nunmehr auch Schadensersatzansprüche wegen Verfügung über das ehelicheVermögen im Ganzen, § 1365 BGB.240

240 OLG Brandenburg FamRZ 2007, 293; vgl. auch 10. Kap. Rdn. 146 ff.

c) Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals verheirateten Personen oderzwischen einer solchen Person und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oderScheidung

132Unter § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG fallen Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oderehemals verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil. EinZusammenhang zur Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe ist auch hier notwendig.In Erweiterung zur bisherigen Rechtslage ist nunmehr das sog. Große Familiengerichtzuständig; d.h. umfasst wird nunmehr auch die Vermögensauseinandersetzung zwischen denEheleuten außerhalb des Güterrechts (sog. Nebengüterrecht).241

241 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588.

133Hierzu gehören bei Ehegatten vor allem:242

242 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 466.

– die Auflösung der Ehegatteninnengesellschaft;– die Auseinandersetzung der Miteigentumsgemeinschaft;– Streitigkeiten wegen des Gesamtschuldnerausgleichs;– die Rückgewähr von ehebezogenen Zuwendungen oder– die Aufteilung von Steuerguthaben;

134Auch die Auseinandersetzung zwischen einem Ehegatten und dessen Eltern oder denEltern des anderen Ehegatten aus Anlass der Trennung, Scheidung oder Aufhebung derEhe gehören hierzu.243

243 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588.

Am Häufigsten dürfte hier die Rückabwicklung von Zuwendungender Schwiegereltern sein. Diese sind nach der Rspr. des BGH244

244 BGHZ 129, 259 ff.; NJW 1999, 353, 355.

nach denselben Grundsätzenwie ehebedingte Zuwendungen245

245 Grundlegend zum Begriff der ehebedingten Zuwendungen und dessen Entwicklung, Dissertationjur., Seiler: Der Begriff der Schenkung in § 2287 BGB Rn. 528 ff.; Zuwendungen an das eigeneKind/Schwiegerkind Rn. 763 ff.

unter Ehegatten zu behandeln.

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37B. Familiensachen nach § 111 Nr. 1–11 FamFG im Einzelnen 1. Kapitel

Seiler

Page 38: 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

d) Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis

135 § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG betrifft die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührenden zivil-rechtlichen Ansprüche, die darin ihre Grundlage haben, wie z.B. Streitigkeiten wegen derVerwaltung des Kindesvermögens, die Herausgabe des Kindesvermögens gem. § 1698Abs. 1 BGB246

246 Schael FamRZ 2007, 10 m.w.N.

oder im Falle von missbräuchlicher Ausübung der elterlichen Sorge in FormSchadensersatzansprüchen,247

247 Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 468; Schulte-Bunert Das neue FamFG Rn. 880.

wobei der Anspruch im Eltern-Kind-Verhältnis seine Grund-lage haben muss. Ein bloßer Zusammenhang genügt nicht.248

248 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 588.

e) Ansprüche die aus dem Umgangsrecht herrühren

136 § 266 Abs. 1 Nr. 5 FamFG betrifft die Konstellation eines Schadensersatzanspruchs wegenNichteinhalten oder Vereitelung einer Umgangsregelung, für die nach Ansicht des Bundes-gerichtshofs249

249 BGH NJW 2002, 2566 ff. = BGHZ 151, 155 = FamRZ 2002, 1099; eingehend Bernau FamRZ2007, 248; vgl. auch 10. Kap. Rdn. 145, 150.

bislang die Zivilgerichte zuständig waren.

f) Grenzen der Zuständigkeit für sonstige Familiensachen

137 In den in § 266 Abs. 1 Nr. 1–5 FamFG genannten Fällen ist das Familiengericht nicht zustän-dig, wenn eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte vorliegt oder Sachgebiete betroffen sind,die das Wohnungseigentumsrecht, das Erbrecht oder eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2Nr. 2 a–k ZPO genannten Sachgebiete betreffen.250

250 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 589; Kroiß/Seiler Das neue FamFG § 3 Rn. 470 f.

Da hierzu spezielle Kenntnisse notwendigsind, soll das Familiengericht nicht mit diesbezüglichen Verfahren befasst werden. Die Spezi-alität setzt sich gegenüber der Zuständigkeit des Familiengerichts insoweit durch.251

251 BT-Drucks. RegE. 16/6308 S. 589.

138 Eine sonstige Familiensache liegt nicht vor, wenn es sich bereits nach den anderen Vorschrif-ten um eine Familiensache handelt.

3. Sonstige Familiensachen als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit

139 § 266 Abs. 2 FamFG nennt als sonstige Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit denAntrag nach § 1357 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Entscheidung war früher dem Vormundschafts-gericht zugewiesen und ist güterstandsunabhängig. Nunmehr entscheidet das FamG. Esunterliegt aber weiterhin der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

XI. Lebenspartnerschaftssachen (§ 111 Nr. 11 FamFG)

140 Sämtliche Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen sind Familiensachen (§§ 269, 270FamFG).252

252 Vgl. Palandt/Brudermüller vor § 1 LPartG Rn. 5; Überblick zum Lebenspartnerschaftsgesetz beiKoller FuR 2004, 482.

Zu beachten ist vor allem, dass durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebens-partnerschaftsrechts vom 15.12.2004 (BGBl I 3396), welches zum 01.01.2005 in Kraft trat,das Lebenspartnerschaftsrecht weitgehend an das Institut der Ehe herangeführtwurde.253

253 FAKomm-FamR/Weinreich LPartG, Einl. Rn. 1 ff., insb. Rn. 3. Zu den Änderungen im Einzelnensiehe Finger FuR 2005, 5.

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38 1. Kapitel Verfahren in Familiensachen

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