1 KU Rechtsgeschichte WS18 - roemr.univie.ac.at · 04.10.2017 1 030031 KU Römische...

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04.10.2017 1 030031 KU Römische Rechtsgeschichte und ausgewählte Gebiete des Personen- und Familienrechts WS 2017/18 Ao.Univ.-Prof. Dr. Richard Gamauf 11.10.2017 Gegenstand der Lehrveranstaltung Überblick über die Geschichte des römischen Rechts von den Zwölf-Tafeln bis zu den modernen europäischen Zivilrechtskodifikationen Klassik: Rechtserzeugung, Rechtswissenschaft Justinianische Kodifikation Rezeption und moderne Kodifikationen Gegenstand der Lehrveranstaltung Überblick über das römische Personen- und Familienrecht Fokus auf die Bereiche, die für das Verständnis des Vermögensrechts (Sachen- und Schuldrecht) wesentlich sind Familienstruktur Sklaverei, Ehe, Vormundschaft, Pflegschaft

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030031 KU Römische Rechtsgeschichte und ausgewählte

Gebiete des Personen- und Familienrechts

WS 2017/18

Ao.Univ.-Prof. Dr. Richard Gamauf

11.10.2017

Gegenstand der Lehrveranstaltung

• Überblick über die Geschichte des römischen Rechts von den Zwölf-Tafeln bis zu den modernen europäischen Zivilrechtskodifikationen

– Klassik: Rechtserzeugung, Rechtswissenschaft

– Justinianische Kodifikation

– Rezeption und moderne Kodifikationen

Gegenstand der Lehrveranstaltung

• Überblick über das römische Personen- und Familienrecht

– Fokus auf die Bereiche, die für das Verständnis des Vermögensrechts (Sachen- und Schuldrecht) wesentlich sind

– Familienstruktur

– Sklaverei, Ehe, Vormundschaft, Pflegschaft

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FÜM

• Romanistische Fundamente: 120 Punkte

• Minimum: 40 Punkte

• Quellen/Methodenfrage: 12 Punkte

Literatur

Programm (Institutshomepage)

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• Folien VOR der jeweiligen Einheit auf der Institutshomepage

Themen: 1. Einheit

• • Einleitung

• Periodisierung der Römischen

Rechtsgeschichte

• Aufbau der römischen Familie 1

Themen: 2. Einheit

• • Archaische Zeit und Zwölf-Tafeln– Leges regiae (Königsgesetzgebung)

– Zwölf Tafeln» Existenz?

– Entstehung

– Inhalt

– Fortwirken

• Aufbau der römischen Familie 2– Altersstufen

– Tutela

– Cura

– Rechtsstellung der Frau

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Themen: 3. Einheit

• • Rechtserzeugung in der Republik

– Gesetzgebung

– Prätor und ius honorarium

• Sklaverei 1

– Entstehung der Sklaverei

• Rechtfertigung der Sklaverei

• Rom als Sklavenhaltergesellschaft

– Freilassung

• Rechtsstellung der Freigelassenen

• Soziale Position von Freigelassenen

Themen: 4. Einheit

• • Rechtserzeugung in der Kaiserzeit

– Rechtserzeugung durch den Prinzeps

• Sklaverei 2

– Rechtsstellung der Sklaven

• Rechtunfähigkeit

• Peculium

– soziale Position

Themen: 6. Einheit

• • Die römischen Juristen

– Tätigkeiten

– Literatur

• Ausgewählte Werkgattungen

• Gaius-Institutionen

• Die römische Ehe

– Eheschließung und Scheidung

– Manus und manus-Begründung

– Ehegüterrecht

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Themen: 7. Einheit

• • Spätantike und Justinian

– Vulgarrecht

– Codices Gregorianus, Hermogenianus

– Codex Theodosianus

– Justinian und seine Kompilationen

• Digesten/Pandekten

• Institutionen

• Codex

Themen: 8. Einheit

• 14.12.2016 • Rezeption

– Wiederentdeckung des römischen Rechts im Mittelalter

• Glossatoren, Konsiliatoren

– Usus modernus, Naturrecht

– Kodifikationen des 18. Jh. und der Einfluss des römischen Rechts

• insb. ABGB

Themen: 9. Einheit

• • 19. Jahrhundert: Kodifikation vs. Historisierung

– Kodifikationsstreit Savigny-Thibaut

– Historische Rechtsschule

– Pandektistik

– Römisches Recht als historische Wissenschaft

• Interpolationenjagd

• Antike Rechtsgeschichte

• Zeitkritik als Kritik am römischen Recht

– Pkt. 19 Parteiprogramm der NSDAP

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Themen: 7. Einheit

• 25.11.2016 • Prinzipien des römischen Rechts• 1934 erschienenes, mehrfach übersetztes

Buch von Fritz Schulz (1879-1957)

• vertriebene Wissenschaft

• ausgewählte „Prinzipien“ nach Schulz

– besondere, bis heute nachwirkende und die europäischen Privatrechte prägenden Leistungen des römischen Rechts/der römischen Rechtswissenschaft

Leistungsbeurteilung

• 15.11.2017 1. Test• 17.01.2018 2. Test• 24.01.2018 Ersatztest

• Pro Test sind 12 Punkte erreichbar; insgesamt werden 12 Punkte und die Teilnahme an 2 Tests für ein positives Zeugnis benötigt. Ein versäumter Test kann durch die Teilnahme am Ersatztest ersetzt werden.

• Wer an keinem Test teilnimmt, wird automatisch abgemeldet; nach einer Testteilnahme ist keine Abmeldung mehr möglich.

Quellen

Juristische Quellen

• Vorjustinianisch– Gaius Institutionen

– Epitome Ulpiani, Collatio legum Mosaicarum et Romanarum, FragmentaVaticana, Pauli Sententiae …

• Justinianisch– Digesten

– Institutionen

– Codex

– Novellen

Nichtjuristische Quellen

• Römische und griechische Literatur

• Inschriften

• Papyri

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Periodisierung(en) der Römischen Rechtsgeschichte

• Antikes Römisches Recht (5. Jh. v. bis 6. Jh. n./Zwölf Tafeln bis Justinian)– darin als zentrale Epoche die

• Klassische Römische Rechtswissenschaft (1. – 3. Jh. n.)

• Rezeption – von der Wiederentdeckung der Digesten und der

Entstehung einer an Universitäten gepflegten europäischen Rechtswissenschaft im 11. Jh. bis zur für das geltende Privatrecht maßgeblichen deutschen Pandektistik des 19. Jh.

Periodisierung(en) der Römischen Rechtsgeschichte

• Verfassungsgeschichtlich:– Königszeit (bis 509 v.) – Republik (bis 27 v.) –

Kaiserzeit• Prinzipat (bis 284 n.) - Dominat

• Wirtschafts-/Sozialgeschichtlich: – Bäuerliche Frühzeit – Aufstieg zur Weltmacht

• Privatrechtsgeschichtlich:– Altrömische Periode (bis 2 Jh.) – Vorklassik und

Klassik – Nachklassik - Justinian

Periodisierung(en) der Römischen Rechtsgeschichte

• Königszeit

– Rex: sakrales Königtum

– Altrömischer Staat: „Gründung“ der patres

familias – gentes (Adelsgeschlechter)

– Einfluss der Etrusker

– Imperium - potestas

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Periodisierung(en) der Römischen Rechtsgeschichte

• Republik – Verfassung 367 v. leges Liciniae Sextiae– Konsuln: Kollegialität, Annuität

– Prätor

» Zensoren (seit 366 v.)

» Volkstribunen

• Ius intercedendi – „Vetorecht“

» Ädilen

– Senat

– Volksversammlungen

• Comitia curiata

• Comitia centuriata

• Comitia tributa

• „Mischverfassung“

Periodisierung(en) der Römischen Rechtsgeschichte

• Kaiserzeit: 27 v. - Prinzipat des Augustus

– Trennung von Amt und Befugnis

• z.B. tribunicia potestas

– „Kaiser“ ist nur princeps inter pares/Erster unter Gleichen

– Auctoritas principis: • Res gestae 34: Post id tempus auctoritate omnibus praestiti, potestatis autem

nihilo amplius habui quam ceteri, qui mihi quoque in magistratu conlegae

fuerunt.

• Nach dieser Zeit überragte ich an Ansehen alle, an Gewalt besaß ich jedoch nicht mehr als die anderen, die jeweils meine Kollegen im Amt waren.

Periodisierung(en) der Römischen Rechtsgeschichte

• Kaiserzeit: 284 n. – Dominat– Grundlegende Verfassungsreform durch Diokletian –

Vierteilung des Reiches/Tetrarchie– Absolutismus – Kaiser wird zum dominus et

deus/Herren und Gott– Ab Konstantin: Christentum– 476 n. letzter weströmischer Kaiser Romulus

Augustulus wird von Odoakar abgesetzt– Justinian I. (527-565)– 1453 n. letzter oströmischer/byzantinischer Kaiser

Konstantin XI. fällt bei der Eroberung von Byzanz durch die Osmanen

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Aufbau der römischen Familie

• Was ist eine Familie?

• Verwandtschaft

– Biologische Grundlagen

– Juristisches Konstrukt

– Unterschiedlichste Verwandtschaftssysteme –

historisch, kulturabhängig …

Aufbau der römischen Familie

• D. 2, 4, 4,3 (Ulpianus 5 ad edictum)• Parentes etiam eos accipi Labeo

existimat, qui in servitutesusceperunt: nec tamen, ut severusdicebat, ad solos iustos liberos: sed et si volgo quaesitus sit filius, matrem in ius non vocabit,

• D. 2, 4, 5 (Paulus 4 ad edictum)• Quia semper certa est, etiam si volgo

conceperit: pater vero is est, quemnuptiae demonstrant.

• D 2,4,4,3 (Ulpian im 5. Buch seines Ediktskommentars)

• Labeo ist der Ansicht, dass unter Eltern auch diejenigen zu verstehen sind, die ihre Kinder in der Sklaverei bekommen haben. Dies Edikt gilt, wie (der Jurist) Valerius Severus sagt, nicht nur für eheliche Kinder; vielmehr darf auch ein nichtehelicher Sohn seine Mutter nicht vor Gericht laden.

• D 2,4,5 (Paulus im 4. Buch seines Ediktskommentars)

• Weil die Mutter immer feststeht, auch wenn sie außerehelich empfangen hat; der Vater aber wird durch die Ehe bestimmt.

Aufbau der römischen Familie

• Was ist eine Familie?

• Verwandtschaft

– Biologische Grundlagen

– Juristisches Konstrukt

– Unterschiedlichste Verwandtschaftssysteme –

historisch, kulturabhängig …

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Aufbau der römischen Familie

Gaius, Institutiones 1.9:De condicione hominum:

• Et quidem summa divisio de iure personarum haec est, quod omnes homines autliberi sunt aut servi.

• 48: Sequitur de iurepersonarum alia divisio. nam quaedam personae sui iuris sunt, quaedam alienoiuri subiectae sunt.

Gaius, Institutiones 1.9:

Die rechtliche Lage der Menschen

• Und zwar ist die oberste Einteilung für die Rechtsstellung der Personen diejenige, dass alle Menschen entweder freie Menschen oder Sklaven sind.

• 48: Es folgt eine weitere

Einteilung hinsichtlich der

Rechtsstellung der Personen.

Manche Personen sind nämlich

rechtlich selbständig, manche

sind fremdem Recht unterworfen.

• 49: Rursus earum personarum, quae alieno iuri subiectae sunt, aliae in potestate, aliae in manu, aliae in mancipio sunt.

• 50: Videamus nunc de his, quae alieno iuri subiectae sint: nam si cognoverimus, quae istae personae sunt, simulintellegemus, quae sui iuris sint.

• 49: Weiterhin stehen von den Personen, die fremdem Recht unterworfen sind, manche in Hausgewalt, andere in Ehegewalt, andere in Manzipiumgewalt.

• 50: Wir wollen nun diejenigen betrachten, die fremdem Recht unterworfen sind; denn wenn man begriffen hat, welche diese Personen sind, versteht man zugleich, welche rechtlich selbständig sind.

Was heißt „Familie“? - D. 50,16,195,1

• D. 50,16,195,1 (Ulpianus 46 ed)

«Familiae» appellatio qualiter accipiatur, videamus. et quidem varie accepta est: nam et in res et in personas deducitur. in res, ut puta in lege duodecim tabularumhis verbis "adgnatus proximus familiamhabeto". ad personas autem referturfamiliae significatio ita, cum de patrono et liberto loquitur lex: "ex ea familia", inquit, "in eam familiam": et hic de singularibus personis legem loquiconstat.

• D 50,16,195,1 (Ulpian im 46. Buch seines Ediktskommentars)

Wir wollen sehen, auf welche Weise die Benennung familia gebraucht werde. Nun hat man sie auf verschiedene Weise gebraucht; denn sie wird sowohl auf Sachen, als auch auf Personen bezogen. Auf Sachen, z.B. in den zwölf Tafeln in diesen Worten: adgnatus proximusfamiliam habeto (der nächste Agnat soll die Erbschaft haben). Auf Personen wird aber die Bedeutung von familia dann bezogen, wenn das Gesetz vom Patron und Freigelassenen spricht: ex ea familia, sagt es, in eam familiam) (aus jener Familie in diese Familie) und bekanntlich spricht das Gesetz hier von einzelnen Personen.

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Was heißt „Familie“?- D. 50,16,195,2

• (2) Familiae appellatio refertur et

ad corporis cuiusdam

significationem, quod aut iure

proprio ipsorum aut communi

universae cognationis continetur.

iure proprio familiam dicimus

plures personas, quae sunt sub

unius potestate aut natura aut

iure subiectae, ut puta patrem

familias, matrem familias, filium

familias, filiam familias quique

deinceps vicem eorum

sequuntur, ut puta nepotes et

neptes et deinceps.

• (2) Die Benennung familia wird auch zur Bezeichnung einer gewissen Gemeinschaft gebraucht, welche entweder ihr besonderes Recht hat, oder in dem gemeinsamen Recht der gesamten Verwandtschaft begriffen wird. Familia mit besonderem Recht nennen wir mehrere Personen, welche unter der Gewalt eines Einzigen stehen, welche entweder durch die Natur oder durch das Recht unterworfen sind, z.B. paterfamilias (Hausvater), materfamilias (Hausmutter), filiusfamilias (Haussohn), filiafamilias (Haustochter) und die, welche sofort auf diese folgen, z.B. Enkel und Enkelinnen, und so fort.

Was heißt „Familie“?- D. 50,16,195,2

• pater autem familiasappellatur, qui in domo dominium habet, recteque hoc nomine appellatur, quamvisfilium non habeat: non enimsolam personam eius, sed et ius demonstramus: denique et pupillum patrem familiasappellamus. et cum pater familias moritur, quotquotcapita ei subiecta fuerint, singulas familias incipiunthabere ...

• Hausvater (paterfamilias) wird aber der genannt, welcher im Hause die Herrschaft hat, und er wird richtig mit diesem Namen benannt, wenn er auch keinen Sohn hat: denn wir bezeichnen nicht bloß die Person, sondern auch das Rechtsverhältnis desselben: sonach nennen wir auch eine Mündel Hausvater. Und wenn der Hausvater stirbt, so fangen soviel Häupter, als ihm unterworfen gewesen sind, ebenso viele einzelne Familien zu bilden an; denn jeder Einzelne nimmt den Namen Hausvater an. …

Was heißt „Familie“?- D. 50,16,195,4 & 5

• (4) Item appellatur familiaplurium personarum, quaeab eiusdem ultimi genitorissanguine proficiscuntur(sicuti dicimus familiamIuliam), quasi a fonte quodam memoriae.

(5) Mulier autem familiaesuae et caput et finis est.

• (4) Ferner wird familia (der Inbegriff) mehrerer Personen genannt, welche von dem Blute eines und desselben ersten Erzeugers abstammen, wie wenn wir familia Julia sagen, gleichsam a fonte quodammemoriae (von dem Ursprung der Erinnerung).

• (5) Eine Frau ist aber sowohl der Anfang als das Ende einer Familie.

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Patria potestas – väterliche Gewalt

• 55: Item in potestate nostra sunt

liberi nostri, quos iustis nuptiis

procreavimus. quod ius proprium

civium Romanorum est. fere enim

nulli alii sunt homines, qui talem

in filios suos habent potestatem,

qualem nos habemus, idque divus

Hadrianus edicto, quod proposuit

de his, qui sibi liberisque suis ab

eo civitatem Romanam petebant,

significavit. nec me praeterit

Galatarum gentem credere in

potestatem parentum liberos

esse.

• 55 Ferner stehen unsere Kinder, die wir in rechtmäßiger Ehe erzeugt haben, in unserer Hausgewalt; dieses Rechtsinstitut ist Sonderrecht der römischen Bürger. Es gibt nämlich fast überhaupt keine anderen Menschen, welche eine derartige Gewalt über ihre Kinder haben, wie wir sie haben, und das hat der verewigte Hadrian in einem Edikt klargestellt, das er für diejenigen erlassen hat, welche für sich und für ihre Kinder das römische Bürgerrecht von ihm erbaten. Es entgeht mir aber nicht, dass das Volk der Galater glaubt, Hauskinder stünden in der Hausgewalt ihrer Hausväter.

Patria potestas – väterliche Gewalt

• 127: Hi vero, qui in

potestate parentis sunt,

mortuo eo sui iuris fiunt.

sed hoc distinctionem

recipit: nam mortuo patre

sane omni modo filii filiaeve

sui iuris efficiuntur; mortuo

vero avo non omni modo

nepotes neptesve sui iuris

fiunt, sed ita, si post

mortem avi in patris sui

potestatem recasuri non

sint.

• 127 Diejenigen hingegen, die in der Hausgewalt eines Hausvaters stehen, werden durch seinen Tod rechtlich selbständig. Aber hier wird Folgendes unterschieden: Wenn der Vater stirbt, werden die Söhne oder Töchter wirklich in jedem rechtlich selbständig: stirbt aber der Großvater, so werden Enkel oder Enkelinnen nicht in jedem Fall rechtlich selbständig, sondern nur dann, wenn sie nach dem Tode des Großvaters nicht in die Hausgewalt ihres Vaters fallen.

Patria potestas – väterliche Gewalt

• itaque si moriente avopater eorum et vivat et in potestate patris fuerit, tunc post obitum avi in patris sui potestate fiunt; si vero is, quo temporeavus moritur, aut iammortuus est aut exiit de potestate patris, tunc hi, quia in potestatem eiuscadere non possunt, sui iuris fiunt.

• Wenn somit beim Tode des Großvaters ihr Vater sowohl lebte als auch in der Hausgewalt seines Vaters gewesen ist, dann kommen sie nach dem Tode des Großvaters in die Hausgewalt ihres Vaters; wenn er aber zum Zeitpunkt des Todes des Großvaters entweder schon tot ist oder aus der Hausgewalt seines Vaters ausgeschieden ist, dann werden sie rechtlich selbständig, weil sie nicht in dessen Hausgewalt fallen können.

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Patria potestas – väterliche Gewalt

• 130: Praeterea exeuntliberi virilis sexus de parentis potestate, si flamines dialesinaugurentur et femininisexus, si virginesvestales capiantur.

• 130: Außerdem treten männliche Hauskinder aus der Hausgewalt ihres Hausvaters aus, wenn sie zum Oberpriester des Jupiter geweiht werden, und weibliche, wenn sie ausersehen werden, um vestalische Jungfrauen zu werden.

Patria potestas – väterliche Gewalt

• 132: Praeterea emancipationedesinunt liberi in potestatem parentum esse. sed filius quidemtribus mancipationibus, ceterivero liberi sive masculini sexussive feminini una mancipationeexeunt de parentium potestate: lex enim XII tabularum tantum in persona filii de tribus mancipationibus loquitur hisverbis: "si pater ter filium venumduit, a patre filius liber esto".

• 132: Außerdem scheiden Hauskinder durch Emanzipation aus der Hausgewalt der Hausväter aus. Doch tritt ein Sohn erst nach drei Manzipationen, alle anderen Abkömmlinge aber (sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts) treten schon nach einer Manzipation aus der Hausgewalt der Hausväter aus; das Zwölftafelgesetz spricht nämlich nur bei einem Sohn von drei Manzipationen, mit folgenden Worten: „Wenn der Vater den Sohn (dreimal) zum Verkauf gegeben hat, soll der Sohn vom Vater frei sein“.

• eaque res ita agitur: mancipatpater filium alicui; is eum vindictamanumittit; eo facto revertitur in potestatem patris; is eum iterummancipat vel eidem vel alii -- sedin usu est eidem mancipari --isque eum postea similitervindicta manumittit; eo facto rursus in potestatem patrisrevertitur; tertio pater eummancipat vel eidem vel alii -- sedhoc in usu est, ut eidemmancipetur -- eaquemancipatione desinit in potestatepatris esse, etiamsi nondummanumissus sit, sed adhuc in causa mancipii. --(....)--

• Dieses Geschäft wird folgendermaßen

durchgeführt: Der Vater manzipiert

jemandem den Sohn; dieser lässt ihn

durch Stab frei; dadurch kehrt er in die Hausgewalt des Vaters zurück; dieser

manzipiert ihn zum zweiten Mal entweder

demselben oder einem anderen (aber es

ist üblich, ihn demselben zu manzipieren),

und dieser läßt ihn daraufhin in ähnlicher

Weise durch Stab frei; dadurch kehrt er

ein weiteres Mal in die Hausgewalt des

Vaters zurück; zum dritten Mal manzipiert

ihn der Vater demselben oder einem

anderen (aber das ist üblich, dass er

demselben manzipiert wird), und

aufgrund dieser Manzipation scheidet er

aus der Hausgewalt des Vaters aus, auch

wenn er noch nicht freigelassen, sondern

immer noch in der Rechtsstellung der Manzipiumgewalt ist. …

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Agnation

• 156: Sunt autem agnati per

virilis sexus personas

cognatione iuncti, quasi a

patre cognati, veluti frater

eodem patre natus, fratris

filius neposve ex eo, item

patruus et patrui filius et

nepos ex eo. at hi qui per

feminini sexus personas

cognatione coniunguntur,

non sunt agnati, sed alias

naturali iure cognati.

• 156: Und zwar sind Agnaten diejenigen, welche durch Personen männlichen Geschlechtes miteinander blutsverwandt sind, sozusagen Blutsverwandte von väterlicher Seite, wie zum Beispiel der vom selben Vater gezeugte Bruder, der Sohn des Bruders oder der von diesem Sohn gezeugte Enkel, ferner der Bruder des Vaters, der Sohn und der von diesem Sohn gezeugte Enkel des Vaterbruders. Hingegen sind diejenigen, welche durch Personen weiblichen Geschlechtes miteinander blutsverwandt sind, keine Agnaten, sondern in sonstiger Weise durch natürliches Recht Verwandte („Kognaten“).

Agnation

• itaque inter avunculum et sororis filium non agnatio est, sed cognatio. item amitae, materterae filius non est mihiagnatus, sed cognatus; et invicem scilicet ego illi eodemiure coniungor, quia qui nascuntur patris, non matrisfamiliam secuntur.

• Somit besteht zwischen dem Bruder der Mutter und dem Sohn seiner Schwester keine agnatische Verwandtschaft, sondern eine kognatische. Ferner ist der Sohn der Schwester meines Vaters oder meiner Mutter nicht mein Agnat, sondern mein Kognat, und umgekehrt bin ich ihm gegenüber natürlich im selben Rechtsverhältnis verwandt, weil Kinder zur Familie des Vaters und nicht zu der der Mutter gehören.

Statusänderung-capitis deminutio

• 158: Sed adgnationisquidem ius capitisdeminutione perimitur, cognationis vero ius eomodo non commutatur, quia civilis ratio civiliaquidem iura corrumperepotest, naturalia vero non potest.

• 158: Doch das agnatischeRechtsverhältnis geht durch eine Schmälerung der Rechtsstellung verloren, während das kognatischeRechtsverhältnis auf diese Weise nicht verändert wird, weil ein Grundsatz des bürgerlichen Rechts zwar Rechtsverhältnisse des bürgerlichen Rechts aufheben kann, nicht aber Rechtsverhältnisse der Natur.

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Statusänderung-capitis deminutio

• 159: Est autem capitisdeminutio prioris statuspermutatio. eaque tribus modis accidit: nam autmaxima est capitisdeminutio, aut minor, quam quidam mediamvocant, aut minima.

• 159 Eine Schmälerung der Rechtsstellung ist nun die Veränderung der früheren Rechtsstellung und kommt in drei Arten vor: Die Schmälerung der Rechtsstellung ist entweder die „größte“ oder die „kleinere“, welche einige auch die „mittlere“ nennen, oder die „kleinste“.

Statusänderung-capitis deminutio

• 160: Maxima est capitisdeminutio, cum aliquis simul et civitatem et libertatem amittit;[…]

• 161: Minor sive media est capitis deminutio, cum civitasamittitur, libertas retinetur; quod accidit ei, cui aqua et igniinterdictum fuerit.

• 160: Die größte Schmälerung der Rechtsstellung ist es, wenn jemand zugleich das Bürgerrecht und die Freiheit verliert; …

• 161: Die kleinere oder mittlere Schmälerung der Rechtsstellung ist es, wenn jemand das Bürgerrecht verliert, aber die Freiheit behält; dies kommt bei jemandem vor, der durch Untersagung von Wasser und Feuer verbannt worden ist.

Statusänderung-capitis deminutio

• 162: Minima est capitis

deminutio, cum et civitas et

libertas retinetur, sed status

hominis conmutatur; quod

accidit in his qui adoptantur,

item in his quae coemptionem

faciunt, et in his qui mancipio

dantur quique ex

mancipatione manumittuntur;

adeo quidem, ut quotiens

quisque mancipetur aut

manumittatur, totiens capite

deminuatur.

• 162: Die kleinste Schmälerung der Rechtsstellung ist es, wenn jemand sowohl Bürgerrecht als auch Freiheit behält, aber eine Änderung der persönlichen Rechtsstellung erfährt; dies kommt bei denjenigen vor, die adoptiert werden, ferner bei denjenigen, die eine Kaufeheschließen, und bei denjenigen, die manzipiert werden oder die nach einer Manzipationfreigelassen werden; dies geht sogar so weit, dass jeder, der manzipiert oder freigelassen wird, jedes Mal eine Schmälerung der Rechtsstellung erfährt.