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www.faszination2012.de 11 1 1. Vorlesung: Mayazahlen und die Mathematik Imix Bevor wir uns an den Kalender stürzen, müssen wir erst mal ein paar Worte zu den Mayazahlen und zur Mathematik verlieren. Man könnte diese Kapitel auch überschreiben mit: „Pünktchen, Pünktchen, Muschel und Strich mehr braucht der Maya zum Rechnen nicht“. Damit ist die gesamte Symbolik der Mayazahlen schon umrissen. Daraus basteln wir jetzt ein Zahlensystem: Die Punkte, Striche und die Muschel sind die Bausteine der 20 Ziffern: 0 1 bis 5: 6 bis 10: 11 bis 15: 16 bis 19: Übrigens habe ich mir mal überlegt, wie die Maya die Zahlen dargestellt haben, wenn sie diese nicht gezeichnet haben. Wie denn? Na, mit Steinchen für die Punkte, und Holzstückchen für die Striche, sowie Muscheln für die Null. Das geht wunderbar. Denn Papier war ja kostbar damals. Die Mayaziffern sind nun die Bausteine von mehrstelligen Mayazahlen. Bei mehrstelligen Zahlen stehen die Ziffern üblicherweise übereinander, quasi in „Etagen“, man spricht von

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1. Vorlesung:Mayazahlen und die Mathematik

Imix

Bevor wir uns an den Kalender stürzen, müssen wir erst mal ein paar Wortezu den Mayazahlen und zur Mathematik verlieren. Man könnte diese Kapitelauch überschreiben mit: „Pünktchen, Pünktchen, Muschel und Strich – mehrbraucht der Maya zum Rechnen nicht“. Damit ist die gesamte Symbolik derMayazahlen schon umrissen. Daraus basteln wir jetzt ein Zahlensystem:

Die Punkte, Striche und die Muschel sind die Bausteine der 20 Ziffern:

0

1 bis 5:

6 bis 10:

11 bis 15:

16 bis 19:

Übrigens habe ich mir mal überlegt, wie die Maya die Zahlen dargestellthaben, wenn sie diese nicht gezeichnet haben.

Wie denn?

Na, mit Steinchen für die Punkte, und Holzstückchen für die Striche, sowieMuscheln für die Null. Das geht wunderbar. Denn Papier war ja kostbardamals.

Die Mayaziffern sind nun die Bausteine von mehrstelligenMayazahlen. Bei mehrstelligen Zahlen stehen die Ziffernüblicherweise übereinander, quasi in „Etagen“, man spricht von

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Positionen. Um den Wert der Zahl zu ermitteln, muss man die Wertigkeitender Positionen bzw. die Stellenwerte kennen. Das sind im Mayazahlensystem,wegen der 20 Ziffern, Potenzen der Zahl 20:

203

202

201

200

Der Zahlenwert in unserem Dezimalsystem ergibt sich dann wie folgt:

Ziffer 1 Stellenwert 1 + Ziffer 2 Stellenwert 2 + ...

In unserem Beispiel also

1 8000 + 17 400 + 17 20 + 7 1 = 15147

Übrigens taucht in der Mayazahl die Ziffer 17 (siehe rechts)zweimal auf, liefert aber durch die unterschiedlichenPositionen unterschiedliche Beiträge zum Wert der Zahl.

Wir brauchen diese Umrechnungen der Mayazahlen in unser System, wennwir z. B. eine Steleninschrift in unser Datum umrechnen wollen. Bei derVerwendung der Zahlen für astronomische Zwecke gilt es allerdings, folgendeBesonderheiten zu beachten:

1. Die Ziffern sind anders angeordnet.

2. In der Position 2 von unten geht die Zählung nur biszur Ziffer 17

3. Dadurch ändern sich alle Stellenwerte der weiteroben liegenden Ziffern. Die 3. Position von unten hat dann denStellenwert 360 statt 400. Weiter geht’s mit 7200, 144000, 2880000usw.

Nachfolgend ist eine derartige Inschrift aus Oxkintok zu sehen:

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Ein scharfer Blick genügt, um die Ziffern 9, 2, 11, 16 und 17 zu erkennen.Tatsächlich ist hier das Datum 9.2.11.16.17 abgebildet. Darin verbirgt sich dieAnzahl der Tage seit Erschaffung der Welt, die wir wie folgt ermittelnkönnen:

9 144000 + 2 7200 + 11 360 + 16 20 + 17 1 = ?

Ohne Rechner kaum zu bewältigen, oder? In dieser Form stellen sich für unsdie Aufgaben, wenn wir Datumsinschriften übersetzen wollen. Darauf gehenwir später noch genauer ein.

Wir wissen nun, wie Mayazahlen aufgebaut sind und wie wir solche Zahlen inunser Dezimalsystem umrechnen können, aber wie funktioniert dasumgekehrt? Ein Beispiel: Wie sieht die Maya-27 aus? Im Dezimalsystemhaben wir 7 Einer und 2 Zehner. Zehner kennen die Maya nicht, Einerkennen sie. Die Frage muss also lauten: Wie viel Einer und wie vieleZwanziger sind das (weil Mayasystem = Zwanzigersystem)?

Klar, die Antwort ist simpel: 1 Zwanziger und 7 Einer, ergoein Punkt in oberer Position und ein Strich mit zwei Punktendarunter. War doch einfach. Die 20 ist also wichtig bzw.welche Zwanzigerpotenz steckt wie oft drin ... Zugegeben, da

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muss man sich schon ein bisschen strecken. Oder man arbeitet, wie imfolgenden Beispiel gezeigt, Schritt für Schritt den Algorithmus ab: Umzurech-nen ist die Zahl 1314697.

1314697 ÷ 20 = 65734 Rest 1765734 ÷ 20 = 3286 Rest 143286 ÷ 20 = 164 Rest 6164 ÷ 20 = 8 Rest 4

8 ÷ 20 = 0 Rest 8

Der Algorithmus bricht ab, wenn der Quotient Null gewordenist. Als Umrechnungsergebnis interessieren uns die Reste inumgekehrter Reihenfolge, also 8.4.6.14.17.

Besonders einfach geht die Umrechnung natürlich mit demComputer. Dazu habe ich ein Teilprogramm demKalenderrechner „Faszination2012“ beigefügt. Ebenso gibt’sdort ein Teilprogramm für die umgekehrte Umrechnung.

Diese fällt uns aber auch so nicht schwer, weil wir ja wissen, dasswir die Mayaziffern nur mit ihrem Stellenwert multiplizierenmüssen, um letztlich die Summe aus all diesen Produkten zubilden. Ich beginne mal von unten:

17 200 + 14 201 + 6 202 + 4 203 + 8 204

= 1314697

Das stimmt! (siehe oben)

So wäre das schön einfach, aber wir wissen ja, in der Kalendermathematikgibt’s doch diese Ausnahme: zweite Position nur bis 17 und dritte Positioneinmalig ein Faktor 18 statt der sonst immer üblichen 20. Für unser Beispielbedeutet das:

1314697 ÷ 20 = 65734 Rest 1765734 ÷ 18 = 3651 Rest 163651 ÷ 20 = 182 Rest 11182 ÷ 20 = 9 Rest 2

9 ÷ 20 = 0 Rest 9

Damit ergibt sich das Datum der Langen Zählung: 9.2.11.16.17.Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor? Richtig. Das ist das Inschriften-datum der vorhergehenden Seiten.

Zu den Grundrechenarten +, –, × und ÷ mit Mayazahlen sei folgendes gesagt:Für die Arbeit mit Datumsangaben auf Codices oder Inschriften ist es ofthilfreich, die Addition und die Subtraktion von Mayazahlen möglichst ohneden Umweg über das Dezimalsystem zu beherrschen. .

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Beginnen wir mit der Addition im Bereich der Ziffern, also bis 19 und ohneÜbertrag in die höhere Position:

+ =

Ist doch klar, aus fünf Punkten muss ein Strich werden.

Mit Übertrag in eine höherePosition sieht das so aus:

+ =

Da wieder fünf Punkte zu einem weiteren Strich werden, hätten wir vierStriche. Eine solche Ziffer gibt es nicht. Wir haben also die erste zweistelligeMayazahl. Ein Punkt für einen Übertrag erscheint in der höheren Position,während in der unteren Position in diesem Fall eine Null, also eine Muschelzu schreiben ist.

Bei mehrstelligen Zahlen müssen wir wieder unterscheiden, ob wir uns imreinen Zwanzigersystem oder in der Kalendermathematik befinden.

+

Basis 20:

=

Wir addieren erst die Einer (unten). Ein Übertrag entsteht imZwanzigersystem immer dann, wenn wir vier Striche „hochreichen“ können,woraus in der darüberliegenden Position ein zusätzlicher Punkt wird.

Nun die für uns relevante Kalendermathematik:

+

Basis 20:

= ?

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Wir addieren die Einer. Vier Striche werden in der Zifferdarüber zu einem Punkt. Dadurch entsteht aber die Ziffer 18.

Diese kommt aber im Kalender an der zweiten Positionvon unten nicht vor!

An dieser Position darf höchstens eine 17 stehen.

Was nun? Ja, jetzt wird der Übertrag noch eine Position nachoben geschoben. An dieser zweiten Position muss man in derKalendermathematik sehr aufpassen.

Zusammengefasst:

Schritt 1: Vier Striche werden zu einem Übertrag nach oben,es bleibt ein Strich mit zwei Punkten in der ersten Position.

Schritt 2: Position 2 ist nun derart aufgefüllt, dass daraus einÜbertrag für Position 3 wird. In Position 2 verbleibt dieMuschel.

Das prinzipielle Vorgehen beim Addieren von Mayazahlen dürfte damit klarsein. Nun ist die Subtraktion auch kein Problem mehr. Nehmen wir gleich diebekannten Beispiele. Das erleichtert das Verständnis für den Einsteiger, aberauch das Aufschreiben für mich.

Wir wissen bereits:

=

Das gilt aber nur für das reine Zwanzigersystem!

Links sind weniger Einer als rechts, wir müssen also von der darüberliegenden Position einen Punkt wegnehmen, der unten vier Striche hinzufügt.Die nunmehr fünf vorhandenen Striche und zwei Punkte minus zwei Stricheund zwei Punkte lassen drei Striche übrig.

Nehmen wir mal noch die folgende Aufgabe und sehen uns den Unterschiedzwischen Zwanzigersystem und Kalendermathematik anhand von Zeichnun-gen der gedachten Zwischenschritte an. .

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─ = ?

Linke Einer minus rechte Einer geht nicht. Wir nehmen darüber, also in derzweiten Position, einen Punkt weg, der uns unten vier weitere Striche bringt.Geht ja auch nicht. Nehmen wir also den Punkt aus der dritten Etage ...Hier die gedachten Zwischenschritte zur Umgestaltung des Minuenden:

So reicht man in Gedanken Werte von oberen an weiter unten liegendePositionen durch. Die so aufgeschriebenen Zahlen gibt es ja nicht wirklich.Dann funktioniert die Aufgabe so:

─ =

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─ =

Okay, soweit zur Basis 20. Nun zur Kalendermathematik.

Hier sieht die Reihe der gedachten Umformungen anders aus:

Dabei entspricht der Punkt der dritten Position nicht der Maya-20, sondernder Maya-18 in der zweiten Position. Zur Erinnerung: Die höchstmöglicheZahl in der zweiten Position ist in der Kalendermathematik die Maya-17.Dann folgt:

=

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─ =

Diese Methoden sollten ausreichen, um wesentliche Berechnungen ausführenzu können. Man kann auch den Kalenderrechner nutzen. Regeln zur Multipli-kation und Division werden wir nicht brauchen.

Apropos brauchen, das ist ja doch ziemlich trockener Stoff hier. Braucht man das?

Als ich mit diesem Buch begann und dieses Kapitel schrieb, quälte mich einbisschen der Gedanke, dass ich mit solcherart Theorie potentielle Maya-interessenten eher abschrecke als anlocke. Das mag für den oberflächlichinteressierten „Ich-will-von-allem-ein-bisschen-wissen,-um-überall-mitreden-zu-können-Leser“ sogar zutreffen. Wenn ich mich aber auch frage, für wenwir dieses Buch denn tatsächlich schreiben, habe ich das beste Gefühl bei derVorstellung, hiermit den von jeglicher Leistung dieser einzigartigen Hochkul-tur faszinierten und innerlich bewegten Typen zu erwischen, dem es Freudebereitet, sich ganz in diese Mayawelt hineinzuversetzen. Jenem wollen wir dieuns bekannten Puzzleteile liefern, um das ganze Bild erkennen zu können.

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Für das praktische Rechnen werden wir dann allerdings auf entsprechendeTeilprogramme von „Faszination 2012“ zurückgreifen.

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Neben diesen Zahlenumrechnern habe ich auch Teilprogramme zumAddieren bzw. Subtrahieren usw. eingebaut.

Bei Verwendung dieser Zahlenumrechner ist unbedingt zu beachten, dass die Voreinstellung„Mathematik zur Basis 20“ zwar wunderbar das Zwanziger-Positionssystem demonstriert,aber nicht der üblichen kalendergebundenen Mayamathematik entspricht. Dazu muss mandie Option „Mayamathematik“ wählen.

Genau, Jens. Übrigens, wenn es etwas Wichtiges zu bemerken gibt, wie indiesem Fall, soll es sofort geschehen, auch wenn wir uns gerade in der„Vorlesung“ befinden.

Wichtig ist unter anderem die Unterbringung des Maya-Forschenden im Mayaland:

Dient das jetzt dem betrachteten Sachverhalt?

Was soll diese Frage? Es dient dem Überleben des Maya-Forschenden.

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Imix ist der esoterische Name der Ceiba, des Heiligen

Baumes der Maya, welcher die Dualität Himmel – Erde

symbolisiert, also den Ursprung des Lebens. Die direkte

Bedeutung ist Krokodil, Symbol der Erde, der Fruchtbarkeit

und des Überflusses. Die unter diesem Zeichen geborene

Person liebt Kinder und achtet die Familie. Manchmal sucht

sie Konflikte und ist unentschlossen.