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10 Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Erzeugung und Nutzung von Biogas und Gärresten Martina Bischert, Barb-Kerstin Müschner, Dieter Noack, Manfred Roscke, Berthold Wilck Landwirtschaftliche Biogasanlagen unterliegen viel- fältigen Vorgaben aus öffentlich-rechtlichen Vor- schriften der EU, des Bundes und des Landes nebst zugehörigen Verwaltungsvorschriften. Diese regeln u.a. die Errichtung und den Betrieb der Anlagen, den Stoffeinsatz, die Verwendung der Gärreste oder die Vergütung der aus dem Biogas gewonnenen Elektroenergie. Darüber hinaus sind umfassende technische Bestimmungen zur Gewährleistung der Anlagensicherheit zu beachten. Nachstehend sind die maßgeblichen Genehmigungspflichten für die Errichtung, die Änderung und den Betrieb von landwirtschaftli- chen Biogasanlagen, düngemittelrechtlichen Anforderungen an die landwirtschaftliche Verwertung von Gärresten, sicherheitstechnischen Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb landwirtschaftlicher Biogasanlagen dargestellt. 10.1 Genehmigungspflichten für die Errichtung, die Änderung und den Betrieb von landwirt- schaftlichen Biogasanlagen Landwirtschaftliche Biogasanlagen sind stets ge- nehmigungspflichtig. Ob dies im baurechtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Verfahren erfolgt, ergibt sich aus der Betriebsweise der Anlage (z.B. als ortsfeste Abfallentsorgungsanlage zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen) und aus der Aus- gestaltung bestimmter Anlagenteile oder Verfahrens- schritte (z.B. aus der Feuerungswärmeleistung der zugehörigen Verbrennungsmotorenanlage). In der Regel ist für eine Biogasanlage, auch wenn sie auf dem Betriebsgelände einer Tierhaltungs- anlage bzw. direkt daran anschließend errichtet werden soll, ein separates Genehmigungsver- fahren zu führen. Ob eine Biogasanlage als Ne- beneinrichtung zu einer Tierhaltungsanlage anzu- sehen ist, muss im Einzelfall unter Berücksich- tigung objektiver Kriterien (Anlagenbegriff nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV) geklärt werden. Ist die Biogasanlage immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig (Kap. 10.1.1), schließt die Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen nach § 13 Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ein (z.B. die Baugenehmigung nach Brandenburgischer Bau- ordnung - BbgBO). Insofern reicht die Genehmi- gung in ihren Wirkungen über den Geltungsbe- 54 Leitfaden Biogas 2006 reich des BImSchG hinaus. Besteht für die Biogas- anlage keine Genehmigungspflicht nach den Vor- schriften des BImSchG (z.B. weil bestimmte Leistungsgrenzen unterschritten werden), so kommt in jedem Falle die Genehmigungspflicht nach der BbgBO in Betracht (Kap. 10.1.2). Werden in einer Biogasanlage tierische Nebenprodukte einschließlich Gülle verarbeitet, bedarf diese Anla- ge zudem einer Zulassung nach Artikel 15 der Ver- ordnung (EG) Nr. 1774/2002. Wie soll der Antragsteller aber nun erkennen, ob die geplante Biogasanlage einer immissions- schutzrechtlichen Genehmigung bedarf? 10.1.1 Immissionsschutzrechtliche Genehmi- gungsbedürftigkeit und Anforderungen aus Gründen des Immissionsschutzes Das BImSchG sieht eine besondere Genehmi- gungspflicht für Anlagen vor, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebes in besonde- rem Maße geeignet sind, schädliche Umweltein- wirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefähr- den, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen. Die Genehmigungspflicht gilt zudem auch für ortsfeste Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen. Welche Anlagen im Einzelnen genehmigungsbe- dürftig sind, ist bundeseinheitlich (abschließend) in der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bun- des-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) festgelegt. Unter dem Begriff „Biogasanlage“ versteht man in der Regel eine Anlage zur Erzeugung, Lagerung und Verwertung von Biogas unter Einschluss aller dem Betrieb dienenden Einrichtungen und Bauten. Die Erzeugung erfolgt aus der Vergärung organi- scher Stoffe. (Quelle: Sicherheitsregeln für land- wirtschaftliche Biogasanlagen, herausgegeben vom Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften e.V., 2002). Derjenige, der eine Biogasanlage errichten und be- treiben möchte, wird im Anhang zur 4. BImSchV allerdings vergeblich nach der Anlagenbezeichnung „Biogasanlagen“ suchen, woraus er schließen könn- te, dass landwirtschaftliche Biogasanlagen immissi- onsschutzrechtlich genehmigungsfrei und im bau- rechtlichen Verfahren zu genehmigen sind. Beachtet werden muss aber, dass eine Biogasanlage aus un- terschiedlichen Anlagenteilen besteht, die zur Bio- gaserzeugung und Biogasnutzung vorhanden sind, wie z.B. die Lagerung der Einsatzstoffe, der Biogas- reaktor, die Gasspeicherung, die Verbrennungsmo- torenanlage oder die Fackelanlage. Die immissions- schutzrechtliche Genehmigungspflicht von Biogas-

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10 Gesetzliche Rahmenbedingungenfür die Erzeugung und Nutzung vonBiogas und GärrestenMartina Bischert, Barb-Kerstin Müschner,Dieter Noack, Manfred Roscke, Berthold Wilck

Landwirtschaftliche Biogasanlagen unterliegen viel-fältigen Vorgaben aus öffentlich-rechtlichen Vor-schriften der EU, des Bundes und des Landes nebstzugehörigen Verwaltungsvorschriften. Diese regelnu.a. die Errichtung und den Betrieb der Anlagen,den Stoffeinsatz, die Verwendung der Gärreste oderdie Vergütung der aus dem Biogas gewonnenenElektroenergie. Darüber hinaus sind umfassendetechnische Bestimmungen zur Gewährleistung derAnlagensicherheit zu beachten.

Nachstehend sind die maßgeblichen

– Genehmigungspflichten für die Errichtung, dieÄnderung und den Betrieb von landwirtschaftli-chen Biogasanlagen,

– düngemittelrechtlichen Anforderungen an dielandwirtschaftliche Verwertung von Gärresten,

– sicherheitstechnischen Anforderungen an dieErrichtung und den Betrieb landwirtschaftlicherBiogasanlagen

dargestellt.

10.1 Genehmigungspflichten für die Errichtung,die Änderung und den Betrieb von landwirt-schaftlichen Biogasanlagen

Landwirtschaftliche Biogasanlagen sind stets ge-nehmigungspflichtig. Ob dies im baurechtlichenoder immissionsschutzrechtlichen Verfahren erfolgt,ergibt sich aus der Betriebsweise der Anlage (z.B.als ortsfeste Abfallentsorgungsanlage zur Lagerungoder Behandlung von Abfällen) und aus der Aus-gestaltung bestimmter Anlagenteile oder Verfahrens-schritte (z.B. aus der Feuerungswärmeleistung derzugehörigen Verbrennungsmotorenanlage).

In der Regel ist für eine Biogasanlage, auch wennsie auf dem Betriebsgelände einer Tierhaltungs-anlage bzw. direkt daran anschließend errichtetwerden soll, ein separates Genehmigungsver-fahren zu führen. Ob eine Biogasanlage als Ne-beneinrichtung zu einer Tierhaltungsanlage anzu-sehen ist, muss im Einzelfall unter Berücksich-tigung objektiver Kriterien (Anlagenbegriff nach § 1Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV) geklärt werden.

Ist die Biogasanlage immissionsschutzrechtlichgenehmigungsbedürftig (Kap. 10.1.1), schließt dieGenehmigung andere die Anlage betreffendebehördliche Entscheidungen nach § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ein (z.B. dieBaugenehmigung nach Brandenburgischer Bau-ordnung - BbgBO). Insofern reicht die Genehmi-gung in ihren Wirkungen über den Geltungsbe-

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reich des BImSchG hinaus. Besteht für die Biogas-anlage keine Genehmigungspflicht nach den Vor-schriften des BImSchG (z.B. weil bestimmteLeistungsgrenzen unterschritten werden), sokommt in jedem Falle die Genehmigungspflichtnach der BbgBO in Betracht (Kap. 10.1.2). Werdenin einer Biogasanlage tierische Nebenprodukteeinschließlich Gülle verarbeitet, bedarf diese Anla-ge zudem einer Zulassung nach Artikel 15 der Ver-ordnung (EG) Nr. 1774/2002.

Wie soll der Antragsteller aber nun erkennen, obdie geplante Biogasanlage einer immissions-schutzrechtlichen Genehmigung bedarf?

10.1.1 Immissionsschutzrechtliche Genehmi-gungsbedürftigkeit und Anforderungenaus Gründen des Immissionsschutzes

Das BImSchG sieht eine besondere Genehmi-gungspflicht für Anlagen vor, die auf Grund ihrerBeschaffenheit oder ihres Betriebes in besonde-rem Maße geeignet sind, schädliche Umweltein-wirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise dieAllgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefähr-den, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zubelästigen. Die Genehmigungspflicht gilt zudemauch für ortsfeste Abfallentsorgungsanlagen zurLagerung oder Behandlung von Abfällen.

Welche Anlagen im Einzelnen genehmigungsbe-dürftig sind, ist bundeseinheitlich (abschließend) inder Vierten Verordnung zur Durchführung des Bun-des-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung übergenehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV)festgelegt.

Unter dem Begriff „Biogasanlage“ versteht man inder Regel eine Anlage zur Erzeugung, Lagerungund Verwertung von Biogas unter Einschluss allerdem Betrieb dienenden Einrichtungen und Bauten.Die Erzeugung erfolgt aus der Vergärung organi-scher Stoffe. (Quelle: Sicherheitsregeln für land-wirtschaftliche Biogasanlagen, herausgegebenvom Bundesverband der landwirtschaftlichenBerufsgenossenschaften e.V., 2002).

Derjenige, der eine Biogasanlage errichten und be-treiben möchte, wird im Anhang zur 4. BImSchVallerdings vergeblich nach der Anlagenbezeichnung„Biogasanlagen“ suchen, woraus er schließen könn-te, dass landwirtschaftliche Biogasanlagen immissi-onsschutzrechtlich genehmigungsfrei und im bau-rechtlichen Verfahren zu genehmigen sind. Beachtetwerden muss aber, dass eine Biogasanlage aus un-terschiedlichen Anlagenteilen besteht, die zur Bio-gaserzeugung und Biogasnutzung vorhanden sind,wie z.B. die Lagerung der Einsatzstoffe, der Biogas-reaktor, die Gasspeicherung, die Verbrennungsmo-torenanlage oder die Fackelanlage. Die immissions-schutzrechtliche Genehmigungspflicht von Biogas-

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anlagen bestimmt sich nach diesen Anlagenteilen.Sie ergibt sich daher aus verschiedenen Ziffern desAnhangs zur 4. BImSchV und ist u.a. abhängigdavon, ob Abfälle als Einsatzstoffe vorhanden sind,auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- undAbfallgesetzes (KrW-/AbfG) Anwendung finden undbestimmte Einsatzmengen überschritten werden, dieFeuerungswärmeleistung bestimmte Leistungenübersteigt oder das Gärrestelager, bei Einsatz vonAbfällen, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfGAnwendung finden, bestimmte Größen überschrei-tet. Auf landwirtschaftlich erzeugte Biomasse (sog.nachwachsende Rohstoffe) und Ausscheidungenvon landwirtschaftlichen Nutztieren in Form vonGülle, Jauche, Stallmist (Tierische Nebenprodukte)als Einsatzstoffe finden die Vorschriften des KrW-/AbfG keine Anwendung.

Im Wesentlichen kommen folgende Anlagenartendes Anhangs zur 4. BImSchV in Betracht:

– Verbrennungsmotorenanlagen zum Antrieb vonArbeitsmaschinen oder zur Erzeugung vonStrom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärmeoder erhitztem Abgas für den Einsatz von gas-förmigen Brennstoffen (Biogas, ... ) mit einerFeuerungswärmeleistung von ≥ 1 Megawatt (Nr.1.4 Anh. 4. BImSchV)

– Gasturbinenanlagen zum Antrieb von Arbeits-maschinen oder zur Erzeugung von Strom,Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder er-hitztem Abgas für den Einsatz von gasförmigenBrennstoffen (Biogas, ... ) mit einer Feuerungs-wärmeleistung von ≥ 1 Megawatt (Nr. 1.5 Anh.4. BImSchV)

Weiterhin, im Falle der Vergärung von Bioabfällenbzw. Kofermentation von Gülle mit geeignetenBioabfällen:

– Anlagen zur biologischen Behandlung von a) besonders überwachungsbedürftigen Abfäl-

len, auf die Vorschriften des KrW-/AbfGAnwendung finden, mit einer Durchsatz-leistung von ≥ 1 Tonne Abfälle je Tag

b) nicht besonders überwachungsbedürftigenAbfällen, auf die Vorschriften des KrW-/AbfGAnwendung finden, mit einer Durchsatz-leistung von ≥ 10 Tonnen Abfällen je Tag (Nr.8.6 Anh. 4. BImSchV)

Weitere Genehmigungstatbestände können sich ausder Lagerung der Gärreste ergeben, wenn es sichum Gärrückstände aus der Vergärung von Abfällenhandelt, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfGAnwendung finden (Nr. 8.12 Anh. 4. BImSchV).

Aus den Hinweisen zur Anwendung der 4. BImSchVbei Biogasanlagen des Ministeriums für LändlicheEntwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz vom25. August 2005 sind nähere Erläuterungen zu ent-

nehmen: http://www.mluv.brandenburg.de/cms/de-tail.php/116717

Für Errichtung, Änderung und Betrieb der Biogas-anlage kann die Durchführung einer Umweltver-träglichkeitsprüfung (UVP) nach dem Gesetz überdie Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erfor-derlich sein. Gegenstand der UVP als unselbstän-digem Teil eines Zulassungsverfahrens ist dieErmittlung, Beschreibung, Bewertung und Berück-sichtigung der Auswirkungen des Vorhabens aufMenschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser,Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstigeSachgüter, sowie die Wechselwirkung zwischenden vorgenannten Schutzgütern im Hinblick aufdie Zulassungsentscheidung; sie (die UVP) wirdunter Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt.

Anlage 1 zum UVPG führt diejenigen Vorhaben auf,für die eine UVP-Pflicht besteht oder bestehen kann.Die bei Biogasanlagen eine Rolle spielenden Anla-genarten (siehe vorn) sind Bestandteil dieser Vor-habenliste. Sie können somit, je nach Größen- oderLeistungswerten, der UVP-Pflicht unterfallen und zwar

– als zwingend durchzuführende UVP,– im Ergebnis einer allgemeinen Vorprüfung des

Einzelfalls oder– im Ergebnis einer standortbezogenen Vorprü-

fung des Einzelfalls.

Zuständig für die Durchführung immissionsschutz-rechtlicher Genehmigungsverfahren im Land Bran-denburg ist das Landesumweltamt (LUA) in dendrei Regionalabteilungen

– West am Standort Potsdam,– Ost am Standort Frankfurt (Oder) und– Süd am Standort Cottbus.

Ansprechpartner sind die jeweiligen Genehmi-gungsverfahrensstellen der Regionalabteilungen(Abb. 10.1). Deren Aufgabe ist es auch, den Trägerdes Vorhabens im Hinblick auf die Antragstellungzu beraten; dies setzt eine frühzeitige Unterrich-tung der Genehmigungsbehörde durch den Vorha-benträger voraus.

Die Art und Weise der Durchführung des immissi-onsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrensregelt die Verordnung über das Genehmigungs-verfahren (9. BImSchV). Die Formblätter für einen„Antrag auf Genehmigung einer Anlage nach demBundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)“ unddie in den Antragsunterlagen zu verwendendenFormblätter können unter

www.stadtentwicklung.berlin.de/service/formula-re/de/umwelt/immissionsschutz.shtml

aus dem Internet heruntergeladen werden.

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Welche (materiellen) immissionsschutzrechtlichenVorgaben im Einzelnen – im Genehmigungsverfah-ren oder im Rahmen der Überwachung – zu prüfensind, hängt vom konkreten Vorhaben ab. Bei Bio-gasanlagen kommen u.a. folgende in Betracht:

– Die Technische Anleitung zur Reinhaltung derLuft (TA Luft 2002) dient dem Schutz der All-gemeinheit und der Nachbarschaft vor schädli-chen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreini-gungen und der Vorsorge gegen schädlicheUmwelteinwirkungen durch Luftverunreinigun-gen, um ein hohes Schutzniveau für die Umweltinsgesamt zu erreichen.

Für Biogasanlagen, die Abfälle behandeln, ent-hält die TA Luft im speziellen Teil unter Nr.5.4.8.6.1 besondere Anforderungen zur Vorsor-ge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Min-destabstand der Anlagen zur nächsten vorhan-denen Wohnbebauung oder zu einer in einemBebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung,bauliche und betriebliche Anforderungen,staubförmige Emissionen im Abgas, geruchsin-tensive Stoffe, Keime).

Besondere Regelungen zur Vorsorge gegenschädliche Umwelteinwirkungen gelten auchfür andere Anlagenarten, nach denen Biogas-anlagen genehmigungsbedürftig sein können

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(Nr. 5.4 TA Luft). Für den Betrieb von Verbren-nungsmotorenanlagen sind sie in Nr. 5.4.1.4 TALuft aufgeführt.

Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkun-gen durch Geruchsimmissionen wird von der TALuft nicht geregelt, insoweit wird auf die fürBrandenburg gültige Geruchsimmissions-Richt-linie hingewiesen; dagegen werden die Anfor-derungen zur Vorsorge gegen schädlicheUmwelteinwirkungen durch Geruchsemissio-nen in Nr. 5.2.8 TA Luft beschrieben.

– Die Technische Anleitung zum Schutz gegenLärm (TA Lärm) dient dem Schutz der Allgemein-heit und der Nachbarschaft vor schädlichen Um-welteinwirkungen durch Geräusche sowie derVorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungendurch Geräusche. Sie gibt unter Nummer 6Immissionsrichtwerte vor, die als Summe aller derTA Lärm unterliegenden Anlagen (genehmigungs-bedürftige und nicht genehmigungsbedürftige)nicht relevant (< 1 dB) überschritten werden dür-fen. Somit ist die Zulässigkeit einer Biogasanlageaus Gründen des Schallschutzes einerseits vonder zu genehmigenden Anlage selbst (Zusatz-belastung – alle Anlagenkomponenten einschließ-lich Fahrzeugverkehr), andererseits aber auchvon der schalltechnischen Vorbelastung derImmissionsorte abhängig.

Abb. 10.1: Genehmi-gungsverfahrensstellender Regionalabteilungendes LandesumweltamtsBrandenburg

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Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens isteine Geräuschimmissionsprognose nach TALärm anzufertigen, die sich bei geringen Ent-fernungen (< 300 m) zu schutzwürdigen Bebau-ungen insbesondere mit dem tieffrequentenGeräuschanteil auseinander setzen muss. Indiesen Fällen sind i. d. R. besondere Ausführun-gen der Abgasschalldämpfer und der Contai-nerausführung des BHKWs notwendig.

Die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwir-kungen durch Geräusche ist insbesonderedurch die dem Stand der Technik zur Lärm-minderung entsprechenden Maßnahmen zurEmissionsbegrenzung sicherzustellen (Nr. 3.1TA Lärm).

– Werden in einer Biogasanlage tierische Neben-produkte eingesetzt, ist zu prüfen, ob die Anla-ge im Einklang mit den Anforderungen der Ver-ordnung (EG) Nr. 1774/2002 (EG-VerordnungTierische Nebenprodukte, Anhang VI), demTierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz(TierNebG) und der Verordnung zur Durch-führung des Tierische Nebenprodukte-Beseiti-gungsgesetzes (TierNebV) steht. Dazu sind inAbhängigkeit von den in der Biogasanlage ein-gesetzten tierischen Nebenprodukten die unter-schiedlichen an die Anlage zu stellenden bau-lich-technischen Anforderungen sowie Hygiene-bestimmungen zu ermitteln und festzulegen,z.B. hinsichtlich der vollständigen physischenTrennung der Biogasanlage von der Nutztier-haltung (Tiere, Tierfutter, Einstreu), der Errich-tung von Einrichtungen zur Reinigung undDesinfektion von Fahrzeugen und Behältern,der Verfügbarkeit eines Labors etc.

Die beim Einsatz von tierischen Nebenproduk-ten erforderliche Zulassung nach Artikel 15 derVerordnung erfolgt im Zusammenhang mit derAnlagengenehmigung, wobei mit dem Betriebder Anlage erst begonnen werden darf, wennnach erfolgreicher Abnahmeprüfung die Zulas-sungsnummer vom LUA erteilt worden ist. Erstdanach ist der Einsatz von Stoffen, die der EG-Verordnung Tierische Nebenprodukte unterfal-len, zulässig.

– Biogas ist ein brennbares Gas. Es kann beiLuftzutritt unter bestimmten Bedingungen zuExplosionen führen (dies ist in Deutschlandbereits vorgekommen!); es enthält giftige Kom-ponenten (H2S, NH3). Bei der Errichtung undbeim Betrieb von Biogasanlagen kommt es da-her auf die sorgfältige Beachtung der notwen-digen Sicherheitsvorkehrungen an. Neben Re-gelwerken des Arbeitsschutzes (z.B. BGR 104„Explosionsschutz – Regeln“) ist in besonderenFällen die Anwendbarkeit der Störfall-Verord-nung (12. BImSchV) zu prüfen. Allerdings fallen

landwirtschaftliche Biogasanlagen in der Regelnicht in den Anwendungsbereich der 12.BImSchV.

Näheres zu den sicherheitstechnischen Anfor-derungen an Biogasanlagen enthält Kap. 10.3.

Eine Übersicht der wichtigsten Rechtsgrundlagenin Zusammenhang mit der Genehmigung und demBetrieb von Biogasanlagen sind im Anhang zu die-sem Leitfaden aufgeführt.

Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn sicherge-stellt ist, dass die immissionsschutzrechtlichenPflichten der Betreiber genehmigungsbedürftigerAnlagen (§ 5 BImSchG und Durchführungsvor-schriften) und andere öffentlich-rechtliche Vor-schriften sowie Belange des Arbeitsschutzes derErrichtung und dem Betrieb der Anlage nicht ent-gegenstehen (§ 6 BImSchG). Dabei schließt dieGenehmigung andere, die Anlage betreffende be-hördliche Entscheidungen ein (sog. Konzentra-tionswirkung, § 13 BImSchG), z.B. öffentlich-recht-liche Genehmigungen, Zulassungen, Erlaubnisseund Bewilligungen. So wird in Verbindung mit derimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung auchdie Baugenehmigung erteilt. Ausgenommen vonder Konzentrationswirkung sind u.a. wasserrechtli-che Erlaubnisse und Bewilligungen nach den § 7und 8 des Wasserhaushaltsgesetzes (im Einzelnens. § 13 BImSchG).

Hervorgehoben werden soll, dass sich die Geneh-migung ausschließlich auf die Errichtung, Ände-rung und den Betrieb der Anlage bezieht. DieKonditionen für die Stromeinspeisung (Netzan-schlussbedingungen usw.) oder die Anmeldungder Anlage beim Hauptzollamt entsprechendEnergiesteuergesetz (EnergieStG) sind dement-sprechend nicht im Genehmigungsumfang enthal-ten; um diese Anforderungen muss sich der Trägerdes Vorhabens gesondert bemühen.

Eine der maßgeblichen Genehmigungsvoraus-setzungen für die Errichtung einer Biogasanlage, diebauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens,sollte möglichst zeitig geprüft und ggf. die erforderli-chen Voraussetzungen geschaffen werden.

Landwirtschaftliche Biomasseanlagen werden inden meisten Fällen im Außenbereich errichtet. Mitder am 20.07.2004 in Kraft getretenen Novellierungdes Baugesetzbuches (BauGB) wurde im § 35Abs. 1 Nr. 6 ein eigener Privilegierungstatbestandfür die Errichtung von Biomasseanlage im Außen-bereich geschaffen. Danach ist ein Vorhaben hierzulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegen-stehen, die ausreichende Erschließung gesichertist und es der energetischen Nutzung von Biomas-se im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftli-chen Betriebs, eines Betriebs der gartenbaulichen

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Erzeugung oder eines Betriebs mit Intensivtier-haltung dient. Die Privilegierung wird dabei an eineReihe von Tatbeständen geknüpft, die insgesamterfüllt sein müssen.

Zur Verwaltungsvereinfachung und zur einheitli-chen Auslegung dieser Privilegierungsvorausset-zungen im Land Brandenburg ist der „Gemeinsa-me(r) Erlass des Ministeriums für Infrastruktur undRaumordnung und des Ministeriums für LändlicheEntwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zurbauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Biomas-seanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB (Biomas-seerlass)“ ausgearbeitet worden.

Einleitend wird in dem Erlass ausgeführt, wiePlanungsrecht „hergestellt“ werden kann, u.a. auchwenn einer der Privilegierungstatbestände nach § 35Abs. 1 Nr. 6 BauGB, z.B. im Falle der Überschrei-tung der installierten elektrischen Leistung derAnlage, nicht erfüllt ist.

Da für die Frage der Zulässigkeit der Biomasse-anlage als wesentliches Kriterium die tatsächlichePrivilegierung des Betriebes gegeben sein muss,dem die Anlage zugeordnet werden soll, wird derBegriff Landwirtschaft nach § 201 BauGB erläutertund auf die „im Rahmen eines Betriebes“ mögli-chen Rechtsformen eingegangen.

Weiterhin werden die in den vier Privilegierungs-tatbeständen a) bis d) des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGBverwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe imHinblick auf die Zulässigkeitsprüfung erläutert undausgelegt.

Abschließend wird auf die in § 35 Abs. 5 Satz 2BauGB geforderte Abgabe einer Rückbauver-pflichtung und die damit verknüpfte Sicherstellungdurch eine Sicherheitsleistung verwiesen, die indem gesonderten Erlass 24/01.06 des MIR zu § 65Abs. 3 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO)geregelt ist.

Beide Erlasse sind im Amtsblatt für BrandenburgNr. 18, 2006, Seiten 354 - 359 veröffentlicht und imInternet zu finden unter: http://www.landesrecht.brandenburg.de/

10.1.2 Bauordnungsrechtliche Genehmigungs-bedürftigkeit

Ist nach den zuvor genannten Kriterien dieBiogasanlage immissionsschutzrechtlich nichtgenehmigungsbedürftig, so unterliegt sie dem bau-ordnungsrechtlichen Genehmigungserfordernis(§ 54 ff. Brandenburgische Bauordnung - BbgBO),das heißt, die Biogasanlage bedarf als genehmi-gungspflichtiges Vorhaben der Baugenehmigung.Dazu ist vom Bauherrn ein schriftlicher Bauantragzu stellen, der bei der zuständigen unteren

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Bauaufsichtsbehörde (Landkreis, kreisfreie Stadtoder große kreisangehörige Stadt, § 51 BbgBO), indem / in der das Vorhaben errichtet werden soll,einzureichen ist. Mit dem Bauantrag sind auch allefür die Beurteilung des Vorhabens erforderlichenUnterlagen (Bauvorlagen) einzureichen.

Von der Bauaufsichtsbehörde wird ein Baugeneh-migungsverfahren durchgeführt, in dem die Zuläs-sigkeit des Vorhabens nach

– den Vorschriften des Baugesetzbuchs (BauGB),– den Vorschriften der Brandenburgischen Bau-

ordnung (BbgBO) und zugehöriger Vorschriftenund

– anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriftengeprüft wird.

Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn demVorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriftenentgegenstehen (§ 67 Abs. 1 BbgBO).

Neben den in Kap. 10.1.1 genannten immissions-schutzrechtlichen Anforderungen, die grundsätz-lich auch für bauordnungsrechtlich genehmi-gungsbedürftige Biogasanlagen zutreffen, ist hierggf. auch die Verordnung über kleinere und mitt-lere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) anzuwen-den.

Unabhängig von dem bauordnungsrechtlichenGenehmigungserfordernis besteht für Anlagen, indenen tierische Nebenprodukte zum Einsatz kom-men, eine Zulassungspflicht nach Artikel 15 derVerordnung (EG) Nr. 1774/2002. Die Zulassungerfolgt, sofern die entsprechenden Anforderungenerfüllt werden, durch die jeweils zuständigenVeterinär- und Lebensmittelüberwachungsämterder Landkreise und kreisfreien Städte.

10.2 Abfall- und düngemittelrechtliche Anfor-derungen an die landwirtschaftliche Ver-wertung von Gärresten

10.2.1 Düngemittelrechtliche Einordnung vonGärresten

Bei der Verwertung von Gärresten auf landwirt-schaftlichen Nutzflächen als Düngemittel sind inAbhängigkeit von den Inputstoffen verschiedenedüngemittelrechtliche und abfallrechtliche Rege-lungen zu beachten.

Aus düngemittelrechtlicher Sicht können aus deranaeroben Behandlung in Biogasanlagen Gärresteals

– Wirtschaftsdünger und– organische Düngemittel

in Verkehr gebracht werden.

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Wirtschaftsdünger

Nach Düngemittelgesetz (DMG) § 1, Nr. 2 sindWirtschaftsdünger „... tierische Ausscheidungen,Gülle, Jauche, Stallmist, Stroh sowie ähnlicheNebenerzeugnisse aus der landwirtschaftlichenProduktion, auch weiterbehandelt ...“. Entschei-dend für die Einordnung als Düngemittel ist immerdie Zweckbestimmung. Düngemittel sind dazubestimmt, unmittelbar oder mittelbar Nutzpflanzenzugeführt zu werden, um ihr Wachstum zu fördern,ihren Ertrag zu erhöhen oder ihre Qualität zu ver-bessern.

Bei Wirtschaftsdünger handelt es sich nicht um Ab-fall, da sich der Besitzer dieser nach Kreislaufwirt-schafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) § 3 Abs. 1nicht entledigen, sondern zum Zwecke der Dün-gung einsetzen will. Ein Entledigungswille nachKrW-/AbfG § 3 Abs. 2 liegt dann vor, „... wenn derBesitzer ... die tatsächliche Sachherrschaft übersie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmungaufgibt.“ Des Weiteren ist im § 8, Abs. 2, Satz 2festgelegt, dass abfallrechtliche Vorschriften fürWirtschaftsdünger nur dann anzuwenden sind,wenn das „... Maß der guten fachlichen Praxis imSinne des § 1a des Düngemittelgesetzes über-schritten wird.“

Werden als Ausgangsstoff in der Biogasanlage nurWirtschaftsdünger eingesetzt, ist die Vergärung inder Biogasanlage eine Behandlung von Wirt-schaftsdünger.

Für die im landwirtschaftlichen Produktionsprozesshergestellten pflanzlichen Produkte gilt auch, dasssich der Besitzer dieser Stoffe nicht entledigen,sondern sie im Sinne der Kreislaufwirtschaft zumZwecke der Düngung wieder als organische Dün-ger einsetzen will. Dabei ist es völlig unerheblich,ob die pflanzlichen Produkte innerhalb des Betrie-bes zur Tierernährung oder als spezielle Form desAnbaus nachwachsender Rohstoffe zur Energiege-winnung ausgenutzt werden.

Ein Inverkehrbringen im Sinne des DMG liegt nichtvor, wenn die Wirtschaftsdünger im eigenen Be-trieb nach den Grundsätzen der Düngeverordnung(DüV) eingesetzt werden. Eine Kennzeichnung istauch nicht erforderlich, wenn Wirtschaftsdünger anAndere zum eigenen Verbrauch auf landwirtschaft-lichen Nutzflächen abgegeben werden.

In allen anderen Fällen sind die Wirtschaftsdüngernach Düngemittelverordnung (DüMV), Anlage 4, zukennzeichnen, dazu gehören: Tierart, Nährstoffge-halte an N, P und K, bei flüssigen zusätzlich NH4-N,basisch wirksame Stoffe bei > 5 % CaO in derTrockenmasse.

Organische Düngemittel nach Abschnitt 3 der Dün-gemittelverordnung

Werden bei der Vergärung neben Wirtschaftsdün-gern andere, in der Düngemittelverordnung, An-hang 2, Tabellen 11 und 12, aufgeführte Stoffe ein-gesetzt, kann der anfallende Gärrest in flüssigeroder fester Form als organisches Düngemittel inVerkehr gebracht werden. Beim Inverkehrbringenmüssen diese Düngemittel die Anforderungen ge-mäß § 2 der Düngemittelverordnung einhalten undentsprechend § 4, in Verbindung mit Anlage 3, ge-kennzeichnet sein.

Anzugeben sind dabei u.a. Düngemitteltyp, typbe-stimmende Bestandteile, Nährstoff- und Spuren-elementgehalte, Schwermetallgehalte, Gehalt anorganischer Substanz, Ausgangsstoffe in der Rei-henfolge ihrer Mengenanteile, verwendete Aufbe-reitungshilfsmittel sowie zusätzliche Angaben zursachgerechten Anwendung, Lagerung und Be-handlung.

Beim Einsatz von Abfallstoffen zur Vergärung sinddie dafür geltenden abfallrechtlichen Regelungen,insbesondere die dort genannten Schadstoff-grenzwerte, zu beachten. Sofern abfallrechtlicheVorschriften nicht gelten, müssen die eingesetztenStoffe die Schadstoffwerte der DüMV, Anhang 2,Tab. 1, einhalten.

Neben Abfällen nach BioAbfV dürfen auch dienach der EG-Verordnung 1774/2002 nicht für denmenschlichen Verzehr bestimmten tierischen Ne-benprodukte eingesetzt werden. Dabei müssen dieAusgangsstoffe von Tieren stammen, die fleischhy-gienerechtlich als tauglich zum Genuss für Men-schen beurteilt wurden und deren Aufbereitung inBetrieben erfolgt ist, die ihre Tätigkeit nach § 3Abs. 1 der Futtermittel-Herstellungsverordnung an-gezeigt haben. Im Einzelnen dürfen

– Knochenmehle, Fleischknochenmehle, Fleisch-mehle, (Tab. 11 Nr. 23, Tab. 12 Nr. 3)

– Eiweißhydrolisat, (Tab. 11 Nr. 24)– Horn, Borsten, Haare, Haut, (Tab. 11 Nr. 25)– Blut, (Tab. 11 Nr. 26)– Magen-, Darm- und Panseninhalte, (Tab. 11 Nr. 27)– Federn, Wolle, (Tab. 11 Nr. 28, Nr. 29)– Küchen- und Kantinenabfälle (Tab. 12 Nr. 1)– Fett- und Fettrückstände (Tab. 12 Nr. 4)

eingesetzt werden.

Für den Einsatz von Abfällen, die nicht in der Po-sitivliste der BioAbfV verzeichnet sind, kann nachBioAbfV § 6 Abs. 2 ein Ausnahmeantrag an diezuständige untere Abfallwirtschaftsbehörde gestelltwerden. Diese entscheidet im Einvernehmen mitder landwirtschaftlichen Fachbehörde, ob ein Ein-satz erfolgen kann. In allen Fällen muss es sich

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aber um einen zulässigen Ausgangsstoff für dieErzeugung von Düngemitteln (DüMV, Anlage 2,Tab. 11 oder 12) handeln. Ist das nicht der Fall,dürfen diese Abfälle nicht zur Herstellung einesDüngemittels verwendet werden. Gleiches gilt fürdie Herstellung von Bodenhilfsstoffen, Kultursub-straten und Pflanzenhilfsmitteln.

Bei einem Einsatz von Gärresten auf landwirtschaft-lichen Nutzflächen sind zusätzlich die Anforderun-gen der Düngeverordnung (DüV) zu beachten.

10.2.2 Abfallrechtliche Einordnung von Gärresten

Bei der Beurteilung der Abfalleigenschaften vonGärresten aus Biogasanlagen kann auf die Hinwei-se des Ministeriums für Ländliche Entwicklung,Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV vom25.08.2005) zur Anwendung der 4. BImSchV beiBiogasanlagen abgestellt werden. Danach erge-ben sich folgende Aspekte:

Werden in einer Biogasanlage ausschließlich Wirt-schaftsdünger im Sinne des § 1 Abs. 2 Düngemit-telgesetz (DüngMG) und landwirtschaftlich er-zeugte Biomasse nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Bio-masseverordnung (BiomasseV) eingesetzt, so han-delt es sich bei den entstehenden Gärresten nichtum Abfall im Sinne des § 3 KrW-/AbfG. Vorausset-zung dafür ist, dass die Verwendung der Gärresteohne weitere Behandlung gesichert ist. Dies ist beiBiogasanlagen, die den Anforderungen nach § 35Abs. 1 Nr. 6 a und b BauGB entsprechen, anzuneh-men.

Gärreste aus Einsatzstoffen, die – auch nur teilwei-se – Abfälle enthielten, auf die die Vorschriften desKrW-/AbfG Anwendung finden, sind als Abfälle zubetrachten. Die Gärreste sind in der Regel als nichtbesonders überwachungsbedürftiger Abfall einzu-stufen (AVV 19 06 06).

10.3 Sicherheitstechnische Anforderungen andie Errichtung und den Betrieb landwirt-schaftlicher Biogasanlagen

Aufgrund der Eigenschaften von Biogas sind beider Errichtung und dem Betrieb einer Biogasanla-ge vielfältige Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.Sie sind in verschiedenen technischen Regelwer-ken beschrieben. Die hierfür geltenden Vorschrif-ten und technischen Regeln (Tab. 10.1) betreffenim Wesentlichen den Umgang mit brennbaren Ga-sen, den Brandschutz, die Baustatik, den Explo-sionsschutz, die Sicherheit elektrischer Anlagenund die Stromeinspeisetechnik. Eine zu berück-sichtigende Arbeitsgrundlage ist die vom Bundes-verband der landwirtschaftlichen Berufsgenossen-schaften herausgegebene Broschüre „Sicherheits-regeln für Landwirtschaftliche Biogasanlagen“(2002; Aktualisierung in Vorbereitung).

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Leitfaden Biogas 2006

Der Betreiber hat für seine Biogasanlage nach § 5Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bzw. nach § 3 derBetriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) eineGefährdungsbeurteilung zu erstellen und fortzu-schreiben. Weiterhin sind in einer Betriebsanwei-sung für den Normalbetrieb und für Betriebsstö-rungen die Maßnahmen festzulegen, die für dieBetriebssicherheit der Anlage erforderlich sind.

Über diese Unterlagen sind alle in der Anlagebeschäftigten Personen in regelmäßigen Abstän-den zu belehren. Die Belehrung ist durch Unter-schrift zu bestätigen. Die aktuellen Ausfertigungender Dokumente sind im Bereich der Anlage bereit-zuhalten.

Das Gefahrenpotential einer Biogasanlage kann nurunter Beachtung des komplexen Zusammenwir-kens der einzelnen Systeme mit den Sicherheits-einrichtungen und anhand der jeweiligen Aufstel-lungsorte der technischen Einrichtungen undHilfssysteme, d.h. für jeden Einzelfall gesondert,zuverlässig bewertet werden. Für eine immissions-schutzrechtlich genehmigungsbedürftige Biogas-anlage ist vor Inbetriebnahme oder nach wesent-licher Änderung regelmäßig eine Prüfung durcheinen Sachverständigen nach § 29a BImSchG vor-zunehmen. Diese Überprüfung sollte auch bei Bio-gasanlagen, die der Baugenehmigung bedürfen,durchgeführt werden.

Landwirtschaftliche Biogasanlagen fallen in derRegel nicht in den Anwendungsbereich der Stör-fallverordnung (12. BImSchV). Anderenfalls ergä-ben sich daraus einige zusätzliche Betreiberpflich-ten, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Umabschließend beurteilen zu können, ob die Störfall-verordnung zur Anwendung kommt, muss diemaximal mögliche Gasmenge für die einzelnenBehälter, Apparate und Rohrleitungen unterBerücksichtigung der Druckverhältnisse angege-ben werden.

Nach Errichtung der Anlage und nach wesentlicherÄnderung ist grundsätzlich während einer „Ab-nahmeprüfung“

7)gemeinsam mit den zuständigen

Behörden zu kontrollieren, ob die Anlage den An-forderungen der Genehmigung, einschließlichNebenbestimmungen, entspricht. Eine ähnlicheVorgehensweise sollte stets auch bei bauaufsicht-lich genehmigungsbedürftigen Biogasanlagen zurAnwendung kommen.

7)Erstmalige Begehung und Revision einer neuerrichteten oder geänderten Anlage nachErteilung einer immissionsschutzrechtlichenGenehmigung

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Leitfaden Biogas 2006

Tab. 10.1: Vorschriften und Technische Regeln mit Bezug zur Sicherheit von Biogasanlagen (Auswahl, in derjeweils aktuellen Fassung)

Bezeichnung Name/Inhalt, Herausgeber, Ort Datum der Ausgabe, Quelle

BetrSichV Betriebssicherheitsverordnung 2002, BGBl. I S. 3777,zuletzt geändert 2005,BGBl. I S. 1970

Arbeitsunterlage 69 Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogas- 05.09.2002 (Aktualisierunganlagen; Bundesverband landwirtschaftlicher in Vorbereitung)Berufsgenossenschaften e.V., Hauptstelle für Sicherheit und Gesundheitsschutz, Kassel

BbgBO Brandenburgische Bauordnung 2003, GVBl. I S. 210,zuletzt geändert 2005,GVBl. I S. 267

DVGW G 262 Nutzung von Gasen aus regenerativen Quellen in November 2004der öffentlichen Gasversorgung - Arbeitsblatt, Bonn

DVGW G 430 Richtlinie für Aufstellung und Betrieb von Nieder- Mai 1964druckgasbehältern - Arbeitsblatt, Bonn

DVGW G 472 Gasleitungen bis 10 bar aus PE (PE 80, PE 100 August 2000und PE - Xa), Errichtung - Arbeitsblatt, Bonn

Entwurf Sicherheitsregeln für Biogasbehälter mit Membran- Dezember 2005DWA-M 376 abdichtung; Deutsche Vereinigung für Wasser-

wirtschaft, Abwasser und Abfall, 53758 HennefGUV-R 127 GUV-Regeln für Deponien; Bundesverband der Februar 2001

Unfallkassen, MünchenGUV-R 126 Sicherheitsregeln für Arbeiten in geschlossenen März 1996

Räumen von abwassertechnischen Anlagen;Bundesverband der Unfallkassen, München

BGR 104 Explosionsschutz-Regeln; Regeln für das März 2005Vermeiden der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre mit Beispielsammlung - Ex-RL (bisher ZH 1/10)

BGV C 6 „Gase“ (bisher VBG 61) Januar 1997GPSG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz 2004, BGBl. I S. 2, 219,

zuletzt geändert 2005,BGBl. I S. 1970

9. GPSGV Maschinenverordnung 1993, BGB. I S. 704,zuletzt geändert 2004,BGBl. I S. 3758

1. GPSGV Verordnung über das Inverkehrbringen elektrischer 1979, BGBl. I S. 629,Betriebsmittel innerhalb bestimmter Spannungs- zuletzt geändert 2004,grenzen BGBl. I S. 2, 219

11. GPSGV Explosionsschutzverordnung 1996, BGBl. I S. 1914,zuletzt geändert 2004,BGBl. I S. 2, 219

EDIN 2403 Kennzeichnung von Rohrleitungen nach Durch- April 2005flussstoff

DIN EN 1127-1 Explosionsfähige Atmosphären - Explosionsschutz - Oktober 1997Teil 1: Grundlagen und Methodik

Normenreihe Elektrische Betriebsmittel für gasexplosions- www2.din.deDIN EN 60079 gefährdete BereicheNormenreihe Nicht-elektrische Geräte für den Einsatz in www2.din.deDIN EN 13463 explosionsgefährdeten BereichenNormenreihe Blitzschutz www2.din.deE DIN EN 62305 (VDE 0185)TRbF

8)Technische Regeln für brennbare Flüssigkeiten

8)Gemäß § 27 (6) der BetrSichV gelten diese Regeln (auf Basis der seit 01.01.2003 außer Kraft gesetztenVbF) bis zur Überarbeitung durch den zu gründenden „Ausschuss für Betriebssicherheit“ fort, bisher lie-gen erst wenige TRBS (Technische Regeln Betriebssicherheit) vor.

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10.4 Ansprechstelle Koordinierung

Die Errichtung von Biogasanlagen steht insbeson-dere im kleinen Leistungsbereich erst am Anfangeiner zunehmenden Verbreitung. Die mit dem EEGverbundene Stimulierung der energetischen Bio-gasnutzung soll hierzu die Impulse für die erforder-lichen Entwicklungen sowohl in der Industrie alsauch zur wirtschaftlichen Belebung der Landwirt-schaft liefern.

Auf Grund der nicht abgeschlossenen Entwicklunggibt es noch eine Reihe von Fragen, die nicht odernicht abschließend geklärt sind, dies betrifft nichtzuletzt auch verwaltungstechnische Regelungen.

Aus diesem Grund wurde im Geschäftsbereichdes MLUV eine Koordinierungsstelle „Biogas“ ein-gerichtet. Von dieser werden die anstehendenbzw. an sie herangetragenen Probleme bewertetund gebündelt, Anfragen an den/die zuständige(n)Mitarbeiter(in) weitergeleitet, die Lösung auftreten-der Widersprüche und Hindernisse mit den tangier-ten Fachgebieten organisiert und möglichst ver-bindliche Aussagen an Dritte gegeben.

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Leitfaden Biogas 2006

Mit Fragen und Problemen wenden Sie sich bitte an:

Landesumweltamt BrandenburgAbt. Technischer Umweltschutz, Ref. T1Koordinierungsstelle BiogasBerliner Str. 21 - 2514467 PotsdamTel.: (0331) 2776 40

Abb. 10.1: Die Biogasanlage Karstädt ging im De-zember 2001 in Betrieb und vergärt ca. 50.000 m

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Rindergülle und ca. 20.000 t/a verschiedener bio-gener Abfälle, wie Fettabscheiderinhalte, Schlacht-und Pizzaabfälle. Die Anlage ist als Abfallbehand-lungsanlage nach BImSchG genehmigt.

Abb. 10.2: In Niedergörsdorf in Teltow-Fläming wer-den in einer 500 kWel-Anlage Schweinegülle undNawaRos vergoren. Links im Bild der Substrat-Zu-fuhrschacht.

Abb. 10.3: Die im September 2006 in Betrieb gegan-gene und nach BImSchG genehmigte NawaRo-Bio-gasanlage in Görlsdorf hat eine Leistung von 850 kWel.Es werden Rindergülle, Maissilage und Getreide-körner vergoren.