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eine Szenen Forschungsreise einer Liebe – 102 BEZIEHUNGEN & TANTRA Szenen einer Liebe Ekstasen erleben, Krisen durchstehen, verzeihen, die Beziehung neu erfinden – all das gehört zur Dramaturgie einer wahren Liebesgeschichte dazu. Vom immer neuen Erblühen einer großen Liebe TEXT IRIS DISSE

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Szenen

Forschungsreiseeiner Liebe –

102 BEZIEHUNGEN & TANTRA Szenen einer Liebe

Ekstasen erleben, Krisen durchstehen, verzeihen, die Beziehung neu erfinden – all das gehört zur

Dramaturgie einer wahren Liebesgeschichte dazu. Vom immer neuen Erblühen einer großen Liebe

T E X T ♥ I R I S D I S S E

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DIE GROSSE LIEBE – DER FILMWir gehen zusammen durch unser Leben, schon lange. Was ist das – Liebe? Ein Fels, auf dem ich stehen kann? Eine Wolke, die sich immer wieder verflüchtigt? Beides?

Damals. Ich habe dich in Wien besucht, da kannten wir uns kaum. Du hast mit einem dampfenden Hähnchen auf dem Teller in der Tür gestanden, Messer und Gabel haben oben dringesteckt. Max und Moritz? Nein. Du hast mich angeschaut, mit den Augen bist du in mich eingedrungen. Ein sexueller Männerblick. Das hat mir gefallen.

Später in der Nacht – wir haben Liebe gemacht, wieder und wieder – hast Du mir von deiner Zeit als Tangotänzer erzählt. Hast mir „Loco“ vorgespielt, gesungen von dem betrunkenen Goyeneche, el Polaco, gespielt von Piazolla. Da habe ich mich fast bewusstlos geweint. Du hast mich einfach nur gehalten, gar nicht erst versucht, mich zu trösten. Da wusste ich, dass wir uns lieben. Auf ewig und immer und noch mehr.

FILMRISS – KRISEKrisen gehören zur Liebe, das weiß jeder … aber dann – es fühlt sich grässlich an, zerstört mich, und ich will das nicht. Es fing gleich an, als ich schwanger wurde und dich weggeschickt habe – ich konnte deine Nähe nicht mehr ertragen. Warum? Weiß ich nicht. Du wohntest in Zürich, ich in Berlin. Um eine Annäherung unmöglich zu machen, sagte ich dir: „Das Kind ist nicht von dir“. Da bist du endlich abgereist mit den Worten: „Ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich liebe dich.“

Als unser Sohn sieben Monate alt war, wusste ich eines Morgens, dass ich ihn dir vorstellen muss. Zürich. Der Kleine ist endlich eingeschlafen. Wir sitzen in deinem Zimmer – ich auf deinem Wasserbett mit Ballonseidenla-ken, du am Schreibtisch. Noch immer das Schweigen. Es ist intensiv und gut. Wir haben noch nicht über „unseren“ Sohn gesprochen. Wir sind einfach zu dritt zusammen. Jetzt. „Komm her.“ Ich komme, und du hast mich auf dei-nen Schoss gezogen, wir haben ganz still gesessen, und da war ich wieder zu Hause in unserer Liebe und grenzenlos glücklich. Das Trennende war einfach untergegangen, kam aus einer früheren, längst vergangenen Zeit.

FILM EDITIEREN – VERZEIHENImmer wieder gab es diese Momente: Alles aus. Ende. Nie mehr … Und im nächsten Moment grenzenlose Nähe. Wir mussten lernen, zu verzeihen – und noch einmal, und noch einmal. Und noch einmal. Als ich mit unserem Sohn zu dir kam, hast du mir verziehen, und das finde ich heroisch. Später war ich es, die lernen musste, zu verzei-hen – wenn du mich angelogen hast. Betrogen. Wer liebt, öffnet sich für Verletzungen. Es ist meine Entscheidung, zu lieben und das zuzulassen. Nach vielen unfruchtbaren Auseinandersetzungen war klar: Wenn wir nicht lernen, die Verantwortung für unsere eigenen Liebeswunden zu übernehmen und sie zu heilen, müssen wir uns trennen. Das wollten wir nicht.

Wir begannen, unsere Liebesfilme anzuschauen – und dahinter zu sehen, wer der andere eigentlich ist. Aber ach, wir treffen auf ein Vexierbild, dessen Eigenschaften Franz Kafka so beschreibt:

„Das Versteckte in einem Vexierbild ist deutlich und unsichtbar“ – deutlich war es für mich, wenn ich dich suchte: „Du lebst da den Film deines Vaters …“, unsicht-bar und daher Unsinn für dich. Kaum nötig zu sagen, dass ich genauso blind bin, wenn du mich auf meine eigenen seltsamen Verhaltensweisen ansprichst.

Hinter mir steht meine Mutter … und mein Vater – schließlich bin ich Vaters Tochter. Wir sehen, dass meine Schwangerschaft grenzenlose Panik ausgelöst hatte: „Jetzt bin ich in der Mutter- und Ehefrauen-Falle“ – und da wollte ich als Schauspielerin und Regisseurin auf keinen Fall rein. Also lieber das Kind allein auf die Welt bringen. Und für dich war eine kleine Affäre kein Betrug, das Abstreiten keine Lüge – das macht man einfach so, das hatte Vater schon gemacht. Für mich ein absolutes No-go. Für dich eine Lappalie.

Und jetzt?

NEUES DREHBUCH – TANTRAWir suchten konkrete Hilfe. Techniken. Handwerkszeug in Sachen Liebe, Sexualität und Spiritualität – und began-nen ein Tantra-Jahrestraining.

Eine Offenbarung. Ich lerne: Wie auch immer ich es drehe, meine Gefühle lügen: Wenn ich in dich verliebt bin, sehe ich nur meinen inneren Traummann. Wenn ich dich verabscheue, sehe ich meinen inneren negativen Mann. Fazit: Dann lüge ich mich doch lieber bewusst positiv selbst an: Du bist mein Shiva, mein Gott, und ich deine Shakti, deine Göttin. Wow – und das klappt.

Ich lerne: Wie kommuniziere ich? Liebe, Sexualität, Gefühle – ein Knäuel, das es auseinanderzudröseln gilt. Was ist es für dich? Für mich? Wie kann ich frei blei-ben und doch lieben? Wie projiziere ich meine eigene

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Unfreiheit auf dich? Warum tue ich das? Wie werde ich schuldig in der Liebe? Gibt es das überhaupt – Schuld? Bist du verantwortlich für mein Glück? Meine Befriedigung? Ich lerne: Nur ich allein bin verantwortlich für mein Lie-ben, meine Sexualität, mein Glück, meine Entwicklung, meine Grenzen und meine Öffnungen. Autsch. Es gibt keine Opfer mehr.

Ich lerne: Wie berühre ich einen Mann? Wie will ich berührt werden? Wie kann ich mit dir darüber reden? Ich lerne: Der meditative Kaula-Tantra-Yoga hilft meinem Körper, ein Gefäß für die Lust zu werden, sie zu halten. Ein Aphrodisiakum.

Ich lerne: Liebe ist auf lange Sicht kein Gefühl. Sie ist eine Entscheidung. Ich entscheide mich, mit dir, Mann, einen Weg zu gehen. Wir schauen nicht nur aufeinander, schauen hinaus ins Leben. Schaffen eine gemeinsame Vision, kreieren unsere Wirklichkeit zusammen. Und lassen Raum, so dass sich jeder auch für sich selbst entwickeln kann.

Ich lerne: Liebe ist kein Zustand. Sie muss bei jeder Be-gegnung neu kreiert werden. Dazu muss ich nach jeder intensiven Begegnung loslassen, wieder zu mir zurück-kehren. Liebe braucht Beharrlichkeit und Rituale, die für uns bindend sind. Zeit für Liebe.

Ich lerne: Mein Gefühl der Liebe braucht Raum, innere Stille. Braucht Meditation, Langsamkeit. Yoga. Dann kann ich atmen und mich vom erstickenden Alltagsunkraut be-freien. Dann blüht sie auf: eine zarte, starke, wundersame und leuchtende Blume. Meine Liebe.

EIN ANDERER FILM – GELIEBTEDer Anspruch auf ein monogames Liebesleben ließ sich nicht halten – du willst auch andere Blumen am Wegrand pflücken können, wenn du auf Reisen bist. Erst ist es für meinen Film der „einzigen großen Liebe“ ein Skandal.

Wir forschen im Zentrum für experimentelle Gesell-schaftsgestaltung, ZEGG, einer Lebensgemeinschaft von 100 Menschen, zum Thema Liebe und Freiheit. Dann sage ich zögernd Ja. Ich hatte während des Tantra-Trainings er-lebt, dass mein Herz so offen sein kann, dass ich wirklich nicht eifersüchtig bin. Und dann: Ich bin stark. Ich will dich Mann aushalten, so wie du bist. Bloß keine Heimlichkeiten.

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Immer wieder gab es diese Momente: Alles aus. Ende. Nie

mehr … Und im nächsten Moment grenzenlose Nähe. Wir mussten lernen, zu verzeihen – und noch einmal, und noch einmal. Und

noch einmal.

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Später weiß auch ich diese Freiheit zu schätzen. Aber als wir beide über zwei Jahre hinweg feste Geliebte haben, die in unseren Alltag eindringen, kommen wir an unsere Grenzen. Heute, viele Jahre später, sind wir noch zusam-men. Die Zeit der Geliebten hat uns auf noch tieferer Ebene verbunden. Heute würde ich dieses Experiment nur weiterempfehlen, wenn es mit einer ehrlichen Lie-besforschung einhergeht und sich ein Paar mit anderen Paaren verbindet und beraten kann, die auf diesem Weg sind. Oder gleich Polyamorie leben. Es geht alles, wenn ich zu mir selbst stehe und offen kommuniziere. Die patriarchale Art – „Frauen in Liebesdingen anzulügen, ist keine Lüge“ – verletzt und ist der Liebe nicht würdig.

Wir hätten dieses Experiment als Paar nicht überlebt, wenn wir uns nicht an unsere wöchentliche und verbind-liche Ritualzeit gehalten hätten. Wir waren gezwungen, alles anzuwenden, was wir gelernt hatten. Bis heute müs-sen wir unsere Liebe immer wieder neu erfinden, durch alle Krisen hindurch.

FILMPREMIERE – LUST UND ALLTAG„Rot-Grün“ heißen unsere Streits, wenn wir uns verfah-ren haben. Du sagst grün, ich sage rot, du sagst rot, ich sage grün. Beim kleinsten Anlass kann es losgehen. Rot: „Kannst du den Käse nicht mal wieder in den Kühlschrank zurücktun?“ Grün: „Das musst gerade du sagen, der du immer alles herumliegen lässt“, und schon kracht es. Wo-rum es eigentlich geht?

Manchmal ist es ganz einfach: Wir haben lange keine Liebe gemacht, und so überwuchert uns das Alltagsun-kraut und wird immer präpotenter, und es scheint auf den ersten Blick nichts anderes mehr zu geben. Es ist meist ein Zeichen dafür, dass wir nicht verbunden sind. Dann ist mir deine Nähe zu nah, sie juckt richtig, lenkt mich von meinen Dingen ab, ich werde verwirrt, verliere die Konzentration und Richtung. Stattdessen wirbelt die Ener-gie im Kreis, und wir werden mürrisch, empfindlich und

tanzen auf den Nerven des anderen, anstatt miteinander. Dann fühle ich mich grau und taub.

So ist der erste Schritt im wahrsten Sinne des Wortes: ein Spaziergang, nur ich und ich. Lust ist, zu spüren, dass ich lebendig bin, der Wind meine Haut streichelt und die Sonne mein Haar erwärmt. Dann du und ich: Ich werde kreativ. Frage mich: Was will ich?

Ich möchte mit dir die hohe Welle der Exstase reiten, ich möchte, dass wir uns dabei anschauen, rasten können, lachen, spielen, um dann wieder in den heiligen Ernst des Orgasmus einzutauchen. Das wünsche ich mir, wieder und wieder. Das verbinde ich mit Liebe, Verbundensein, Vertrauen. Das macht mich glücklich, offen, weit. Und manchmal ist es dann wirklich so, dass wir dann eins sind, jenseits von Raum und Zeit, und das ist dann ein Wunder.

Was tue ich? Vielleicht lade ich dich zu einem gemein-samen Ritual ein – obwohl sich gerade nichts, aber auch gar nichts wie Liebe oder Leidenschaft anfühlt.

Es ist eine spannende Einsicht, zu erkennen, dass man Liebesdisziplin braucht, den rituellen Rahmen, in dem sich das Spiel der Körper, der Seelen und des Geistes entfalten kann. So aufregend, zu wissen, dass wir es willentlich erschaffen können, dieses Mysterium, das größer ist als ich oder du. Und das mich verbindet – mit dir, dem Baum, dem Wind, der Blume, meinem Hund und der Katze, mei-ner Nachbarin, die auf dem hohen Feld Mais anbaut und einen Bohnensamen neben dem Mais in den Boden legt. Das mich auch mit der hungernden Frau auf einem Foto von Sebastião Salgado verbindet. Dann weiß ich, dass mich das angeht, dass dieser Hunger mich betrifft. Das wir etwas unternehmen müssen, um unseren Planeten zu einem Ort zu machen, wo es sich besser leben lässt.

Meine Lust bekräftigt, dass mir die kreative Macht ge-geben ist, etwas zu verändern. Wir machen uns auf. Du bist überall auf der Welt als neutraler Gastgeber in Dau-erkrisengebieten. Ich mache Filme und habe eine Schule für Tantra, Yoga und Schamanismus, um Transformation anzuregen. Danke, Geliebter. ♥

Iris Disse ist Meister-Yoga-Lehrerin, Theater- und Filmemacherin. Sie ist Gründerin der Durga's Tiger School for Tantra Yoga & Shamanism, die eine YA- und YAI-zertifizierte, international anerkannte Yogalehrer-ausbildung anbietet: 200, 300, 500 Stunden.

Hier wird yogisch-tantrisches und schamanistisches Wissen zusammengebracht. Iris Disse unterrichtet seit 20 Jahren Tan-tra in Workshops, auf Festivals und an der Universidad Andina Simón Bolívar, Quito. Ihr Partner David Höner ist Gründer der Hilfsorganisation Cuisine sans frontières.

Yoga-Lehrer-Ausbildung mit Iris Disse in der Durga's Tiger School for Tantra Yoga & Shamanism, Yoga und Schamanismus in Ecuador:

Vom 15. Oktober 2017 bis 17. März 2018 finden verschiedene Ret-reats statt, bei denen du mit einem Yoga Alliance YA Zertifikat ab-schließt (200/300/500 Std.) Deutschland: 28. Juni - 22. Juli 2018 Sommerkurs in der ZEGG-Gemeinschaft (B. Belzig). Infos unter: www.durgas-tiger-school.com

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