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MEMORIAL FÜR DIE LANDSGEMEINDE DES KANTONS GLARUS 2019 Vom Landrat beraten in den Sitzungen vom 19. Dezember 2018, 23. Januar 2019, 6., 13. und 27. Februar 2019 Bericht zur Jahresrechnung 2018 Übersicht über die Jahresrechnung 2018 und das Budget 2019 Rechnungen der Fonds und Stiftungen Rechnungen der Versicherungskassen Rechnungen der Glarnersach Rechnung der Glarner Kantonalbank Rechnung der Kantonsspital Glarus AG Beilagen

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MEMORIAL FÜR DIELANDSGEMEINDEDES KANTONS GLARUS2019

Vom Landrat beraten in den Sitzungen vom19. Dezember 2018,23. Januar 2019,6., 13. und 27. Februar 2019

Bericht zur Jahresrechnung 2018Übersicht über die Jahresrechnung 2018 und das Budget 2019Rechnungen der Fonds und StiftungenRechnungen der VersicherungskassenRechnungen der GlarnersachRechnung der Glarner KantonalbankRechnung der Kantonsspital Glarus AG

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Inhaltsverzeichnis

Seite

§ 1 Eröffnung der Landsgemeinde 3

§ 2 Wahl in die Gerichtsbehörden 3

§ 3 Festsetzung des Steuerfusses für das Jahr 2020 3

§ 4 Änderung des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen 4 Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus (Bereich Kindes- und Erwachsenenschutz) § 5 Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen 17 (Förderung der medizinischen Grundversorgung)

§ 6 Änderung des Publikationsgesetzes 47

§ 7 Memorialsantrag «Ladenöffnungszeiten am Samstag und an Feiertagen» 55

§ 8 Änderung des Steuerrechts 62 A. Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel B. Bausteuerzuschlag für die Gemeinden C. Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen» D. Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus E. Änderung des Finanzausgleichsgesetzes § 9 Änderung des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage 127

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§ 1 Eröffnung der Landsgemeinde

Die Landsgemeinde wird durch den Landammann eröffnet. Die stimmberechtigten Männer und Frauen werden hierauf den Eid auf das Vaterland schwören.

§ 2 Wahl in die Gerichtsbehörden

A. Obergericht

Urs Menzi, Filzbach, tritt per 30. Juni 2019 als Mitglied des Obergerichts zurück. Es ist eine entspre-chende Ersatzwahl vorzunehmen.

B. Vereidigung

Nach erfolgter Wahl findet die Vereidigung der oder des Gewählten statt.

§ 3 Festsetzung des Steuerfusses für das Jahr 2020

Das Budget für das laufende Jahr weist in der Erfolgsrechnung einen Ertragsüberschuss von rund 1,7 Millionen Franken aus. Es sind Nettoinvestitionen im Umfang von 37,5 Millionen Franken vorge-sehen. Die Selbstfinanzierung beläuft sich auf 5,9 Millionen Franken, der Finanzierungsfehlbetrag auf 31,6 Millionen Franken. Der Selbstfinanzierungsgrad beträgt tiefe 16 Prozent. Mit dem Budget 2019 beginnt eine Phase mit überdurchschnittlich hohen Investitionen (z. B. in Projekte wie die Stichstrasse Näfels-Mollis oder die Sanierung und Erweiterung der Lintharena SGU).

In finanzieller Hinsicht bleibt die Zukunft herausfordernd. Es werden Aufwandüberschüsse von 1,3 (2020) bis 8,9 Millionen Franken (2023) prognostiziert. Die Finanzierungsfehlbeträge bleiben hoch, die Selbstfinanzierungsgrade tief. Letztere bewegen sich in der Finanzplanperiode zwischen 18 (2023) und 30 Prozent (2021). Bis 2023 beläuft sich die Summe der Finanzierungsfehlbeträge auf über 150 Millionen Franken. Dieses Geld muss sich der Kanton auf dem Kapitalmarkt beschaffen. Die Fremd-verschuldung steigt dadurch massiv von 40 Millionen Franken per Ende 2017 auf mehr als 200 Millionen Franken per Ende 2023 an. Die Mittel müssen verzinst werden. Dies lässt den Finanzaufwand steigen. Das Zinsniveau ist jedoch nach wie vor sehr tief. Das hält die Belastung für den Staatshaushalt in Grenzen. Das regierungsrätliche Ziel einer auf Stabilität ausgerichteten Finanzpolitik und Beibehaltung der Steuerlast auf heutigem Niveau kann in der Finanzplanperiode eingehalten werden. Die Ausgangs-lage des Kantons ist aufgrund der guten Rechnungsabschlüsse der vergangenen Jahre komfortabel. Sie erlaubt, die Lasten auch bei einer finanziellen Eintrübung gut zu schultern. Standorte mit einer nach-haltigen Finanzpolitik wie Glarus werden die Steuersätze zumindest kurz- und mittelfristig beibehalten können.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, gestützt auf Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 131 Absatz 2 des Steuergesetzes, den Steuerfuss für das Jahr 2020 auf 53 Prozent der einfachen Steuer sowie den Bau-steuerzuschlag auf 1,5 Prozent der einfachen Steuer und 15 Prozent der Erbschafts- und Schenkungs-steuer festzusetzen. Der Bausteuerzuschlag ist zweckgebunden für die Gesamtsanierung des Kantons-spitals zu verwenden.

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§ 4 Änderung des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus (Bereich Kindes- und Erwachsenenschutz)

Die Vorlage im Überblick

Der Landsgemeinde wird eine Änderung des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus (EG ZGB) im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes unterbreitet. Der Bund hat das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht auf den 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt. Gestützt darauf waren umfangreiche Anpassungen im kantonalen Recht, vornehm-lich im EG ZGB, vorzunehmen. Die seit Inkraftsetzung des neuen Rechts gemachten Erfahrungen ermöglichen nun verschiedene Verbesserungen. Entsprechende Gesetzgebungsprojekte wurden in anderen Kantonen bereits umgesetzt, teilweise sind sie noch in Bearbeitung.

Organisation Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde

Das geltende Recht bestimmt eine recht komplizierte und vor allem starre Struktur der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB). So hat diese aus einem vollamtlichen Präsidium, zwei haupt-amtlichen ständigen und drei bis fünf weiteren nebenamtlichen Mitgliedern zu bestehen. Dies hat sich aus Sicht des Regierungsrates nicht bewährt, insbesondere auch vor dem Hintergrund der An-forderungen an die Fachlichkeit und der Zusammensetzung des Spruchkörpers für den jeweiligen Fall. Zudem waren Entscheide in der sogenannten Fünferbesetzung selten.

Der Regierungsrat wollte die organisatorischen Vorgaben im neuen Recht deshalb auf das Notwen-digste reduzieren und Mindeststandards festgelegen. Neu sollte die KESB nur noch aus ständigen, voll- und hauptamtlichen Mitgliedern bestehen. Auf die bisher drei bis fünf nebenamtlichen Mitglieder sollte verzichtet werden. Da die aktuelle Dotation der KESB zu knapp ist, sollte jedoch ein zusätzliches ständiges haupt- oder vollamtliches Mitglied gewählt werden. Die bisherige Unterdotierung führte zu hohen Kosten für externe Unterstützung. Auf Entscheide in Fünferbesetzung wollte der Regierungsrat verzichten.

In den Beratungen im Landrat setzte sich jedoch die Auffassung durch, dass auch künftig drei bis fünf weitere, nichtständige Behördenmitglieder nebst dem Präsidium und der ständigen, haupt- oder vollamtlichen Mitglieder zu wählen seien. Mit nebenamtlichen Mitgliedern können nicht nur weitere Fachdisziplinen (z. B. Medizin) berücksichtigt werden. Auch würden dadurch weitere, nicht-fachspe-zifische und lokale Aspekte in die Entscheidfindung einfliessen. Auch entschied sich der Landrat für die Beibehaltung der Fünferbesetzung und gegen die Möglichkeit, dass die unterstützenden Dienste die Stellvertretung gewährleisten sollten.

Mit einem weiteren ständigen Mitglied wird der nötige Freiraum geschaffen, um das Funktionieren der Behörde gewährleisten zu können. Die Organisation zeichnet sich dadurch aus, dass die Behörde zur Hauptsache in Dreierbesetzung, ausnahmsweise in Fünferbesetzung tagt. Die Einzelzuständigkeiten werden erweitert. Sehr einschneidende Massnahmen sind jedoch weiterhin in Fünferbesetzung zu treffen. Das Präsidium bestimmt den Spruchkörper aus einem Pool von mindestens drei (haupt- oder vollamtlichen) und drei bis fünf nebenamtlichen Mitgliedern. Sie tragen die Geschäftslast gemeinsam, sorgen für die Stellvertretung und können sich (durch Rotation) gegenseitig entlasten. Auch werden die Mitglieder neu wie andere Mitarbeiter öffentlich-rechtlich auf unbestimmte Zeit angestellt und nicht mehr auf Amtsdauer gewählt.

Wohnsitz

Der zivilrechtliche Wohnsitz bevormundeter Minderjähriger und Volljähriger unter umfassender Bei-standschaft befindet sich am Sitz der KESB. An den zivilrechtlichen Wohnsitz knüpfen die gericht-lichen Zuständigkeiten, das Sozialhilferecht oder das Steuerrecht an. Im Kanton Glarus hat dies zur Folge, dass sich für diese Personen stets der Wohnsitz Glarus ergibt. Um die Gemeinde Glarus weder zu bevorzugen (Steuereinnahmen) noch vermehrt zu belasten (v. a. ungedeckte Heimkosten, Pflege-restkosten), ist diese Wohnsitzregelung anzupassen. Neu bleibt grundsätzlich der Wohnsitz in jener Gemeinde bestehen, der zum Zeitpunkt der KESB-Massnahme gegolten hat. Diese Regelung gilt in der Mehrheit der Kantone.

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Familienrat

Der Familienrat ist ein Interventionsverfahren, bei dem ein weit gefasstes Netz von Personen aus dem sozialen Umfeld von Betroffenen in die Hilfeplanung miteinbezogen wird. Diese Methode gewähr-leistet, dass Lösungsansätze von Klientinnen und Klienten und dem betroffenen Umfeld mitgetragen und akzeptiert werden. Der Familienrat kann etwa im zivil- und strafrechtlichen Kindesschutz, in der Arbeit mit Menschen mit Pflege-, Betreuungs- oder Unterstützungsbedarf und in Schulen eingesetzt werden. In mehreren Ländern Europas ist diese Methode gesetzlich verankert.

Weitere Anpassungen und Finanzielles

Weitere Änderungen ergeben sich, weil einzelne Regelungen systematisch neu eingeordnet werden. Die Gesetzesänderungen wirken sich auf den Personalbestand der KESB aus. Neu werden statt 260 maximal 400 Stellenprozent möglich sein. Dies hat Mehrkosten in der Höhe von maximal 240 000 Franken pro Jahr zu Folge. Dafür kann auf den aushilfsweisen Einsatz externer Fachleute ver-zichtet werden. Die Kosten dafür bewegten sich teils im Rahmen der Mehrkosten für die Aufstockung des Stellenetats.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde einstimmig, der Vorlage mit den von ihm vorgenommenen Änderungen der Organisation zuzustimmen. Die Änderungen sollen nach Annahme durch die Lands-gemeinde am 1. Juli 2019 in Kraft treten.

1. Ausgangslage

Der Bund hat das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht auf den 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt. Gestützt darauf waren durch die Landsgemeinde 2012 umfangreiche Anpassungen im kantonalen Recht, vornehmlich im Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus (Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch; EG ZGB) vorzunehmen.

Die seit Inkraftsetzung des neuen Rechts gemachten Erfahrungen ermöglichen nun die Optimierung verschiedener Regelungen; einzelne Normen erwiesen sich als zu eng gefasst, andere fehlten ganz. Entsprechende Gesetzgebungsprojekte wurden in einzelnen Kantonen bereits umgesetzt, in andern sind sie in Bearbeitung.

2. Themenbereiche

2.1. Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde

2.1.1. Geltendes Recht

Das geltende Recht bestimmt in den Artikeln 63a ff. EG ZGB eine recht komplizierte und vor allem starre Behördenstruktur. So hat die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, zwei ständigen und drei bis fünf weiteren Mitgliedern zu bestehen. Dabei kann nur die Präsidentin oder der Präsident vollamtlich tätig sein. Die ständigen Mitglieder üben ihr Amt hauptamt-lich und die weiteren Mitglieder nebenamtlich aus. Entscheide fallen ordentlicherweise in Dreier- und ausserordentlicherweise bzw. in schwerwiegenden Fällen in Fünferbesetzung. Nebstdem besteht eine Reihe von Einzelzuständigkeiten. Die Präsidentin oder der Präsident, die beiden ständigen sowie die weiteren Mitglieder werden durch den Regierungsrat gewählt.

2.1.1.1. Nebenamtliche Behördenmitglieder

2012 war man der Auffassung, dass sich die KESB aus ständigen (haupt- oder vollamtlichen) und aus weiteren (nebenamtlichen) Mitgliedern zusammensetzen soll. Die ständigen Mitglieder sollten durch die tägliche Beschäftigung mit der Materie und die abgestimmte und beständige Praxis, regelmässige Sit-zungen sowie enge Einbindung in die Verfahren Professionalität gewährleisten. Die Behörde sollte durch drei bis fünf weitere Mitglieder ergänzt werden. Diese sollten die Stellvertretung sicherstellen, eine an-dere fachliche Disziplin einbringen und für die laut Gesetz in Fünferbesetzung zu fällenden Entscheide hinzugezogen werden. Diese nebenamtlichen Mitglieder sollten mit Sitzungsgeld entschädigt werden, zumal die Zahl ihrer Einsätze damals noch nicht abgeschätzt werden konnte. Nebstdem war beabsich-tigt, die lokalen Verhältnisse einzubeziehen und auf diesem Weg auch das Know-how nutzen zu können, welches sich die Mitglieder der früheren kantonalen Vormundschaftsbehörde erarbeitet hatten.

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Allerdings kann die Verbindung zu den lokalen Verhältnissen auch im Rahmen der Entscheidfindung durch die KESB wie auch bereits vorher im Rahmen der Abklärungen gewährleistet werden. Für letzte-res ist der interne Abklärungsdienst zuständig. Dessen Mitarbeitende könnten grundsätzlich auch die Stellvertretungen gewährleisten. Eine spezielle Verbindung über die weiteren, nebenamtlichen Mitglie-der im Spruchkörper ist nicht zwingend notwendig.

Konkret kamen die weiteren, nebenamtlichen Mitglieder deshalb vor allem bei Behördenvakanzen als Ergänzung des Spruchkörpers zum Einsatz. Für die Fallführung waren sie nicht vorgesehen, weshalb sie in dieser Hinsicht auch nur in Ausnahmefällen Entlastung bieten können. Aufgrund ihrer nebenamt-lichen Tätigkeit haben sie anderweitige Verpflichtungen, welche ihre Einsatzmöglichkeiten begrenzen.

Nur in den Kantonen Wallis und Appenzell Innerrhoden sind nebenamtliche Behördenmitglieder tätig, ausser in der Funktion als reine Ersatzmitglieder (Sicherstellung der Dreierbesetzung) oder als Sach-verständige für bestimmte Fragestellungen. Ausserdem können die Einwohnergemeinden im Kanton Basel-Landschaft eine Person wählen, welche bei Verhandlungen über ihre Einwohner als Beisitzer an den Entscheidungssitzungen des Spruchkörpers teilnehmen kann.

2.1.1.2. Wahl

Die Wahl der Behördenmitglieder durch den Regierungsrat soll beibehalten werden, um die besondere Stellung der KESB zu betonen. Klarzustellen ist, dass die Behördenmitglieder nur einmal gewählt wer-den, und zwar weder auf eine Amts- noch auf Lebenszeit. Das Arbeitsverhältnis wird vielmehr durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag begründet.

2.1.1.3. Pensen

Das geltende Recht gibt die Pensen der Behördenmitglieder insofern vor, als es das Vollamt nur für das Präsidium ermöglicht. Für die ständigen Mitglieder sieht es ein Hauptamt sowie für die weiteren Mit-glieder ein – mit Sitzungsgeldern entschädigtes – Nebenamt von maximal 50 Prozent vor.

In den meisten anderen Behörden bewegen sich die Pensen der Mitglieder zwischen 60 und 100 Pro-zent. Kleinere Pensen führen regelmässig zu organisatorischen Schwierigkeiten (Behördensitzungen, andere Sitzungen usw.). Die Verfahrensleitung gestaltet sich aufgrund der eingeschränkten Präsenz als schwierig und die Verfahren ziehen sich dadurch in die Länge. Entsprechende Korrekturen wurden und werden auch andernorts durchgeführt. So startete beispielsweise die KESB Werdenberg im Jahr 2013 mit Behördenmitgliedern mit einem Pensum von 20 oder 30 Prozent, revidierte diese Regelung jedoch bereits im Jahre 2015 und ist seither nur noch mit vollamtlichen Mitgliedern besetzt. Begrün-det wurde dies mit der Unmöglichkeit einer konstanten Behördenarbeit. In den Kantonen Zürich und Thurgau bestehen gesetzliche Mindestpensen für Behördenmitglieder im Umfang von 50 Prozent; für das Präsidium besteht ein Mindestpensum von 80 Prozent. Vorliegend ist jedoch darauf zu verzichten Mindestpensen gesetzlich zu verankern.

2.1.1.4. Fünferbesetzung

Eine Fünferbesetzung sieht das geltende Recht für Geschäfte grösster Tragweite vor (vgl. Art. 65 Abs. 2 Ziff. 1–3 EG ZGB). Dabei handelt es sich entweder um den Sorgerechts- und Obhutsentzug gegen den Willen der Eltern, die elterliche Sorge einschränkende Kindesschutzmassnahmen oder die Einschrän-kung der Handlungsfähigkeit von Erwachsenen. Man versprach sich vom grösseren Spruchkörper eine breitere Abstützung und möglicherweise eine breitere Verteilung der Verantwortung. Allenfalls erhoffte man sich dadurch, weitere Disziplinen im Spruchkörper vereinigen zu können. In der Praxis hat sich ge-zeigt, dass sogenannte Fünfer-Entscheide eher rar sind und dass ein Mehrwert einer solchen Entschei-dung nur schwer zu erkennen ist. Die Interdisziplinarität und die damit verbundene Meinungsbildung sollten überdies bereits im Rahmen der Abklärungen und nicht erst anlässlich der beschlussfassenden Sitzung sichergestellt werden.

Eine Fünferbesetzung für ganz bestimmte Entscheide kennt ausser dem Kanton Glarus nur noch der Kanton St. Gallen. Vereinzelt ist noch vorgesehen, dass ein Behördenmitglied im Einzelfall die Entschei-dung in Fünferbesetzung verlangen kann (Kt. AR). In der Praxis wird davon jedoch nur selten Gebrauch gemacht. In allen anderen Kantonen ist es allenfalls Sache der KESB, in ihrer eigenen Geschäftsord-nung Fünfer-Entscheide vorzusehen.

2.1.1.5. Einzelzuständigkeiten

Die Einzelzuständigkeiten sollen ausgebaut werden. Bei klaren Sachverhalten ergeben sich daraus er-hebliche Effizienzgewinne. Ergibt sich allerdings im Einzelfall, dass die Sache doch nicht so klar ist, soll das zuständige Mitglied eine Entscheidung in Dreierbesetzung verlangen können.

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2.1.2. Neue Organisation der KESB

Der Regierungsrat schlug aufgrund der gemachten Erfahrungen einige Änderungen in der Organisation der KESB vor. So sollte insbesondere auf nebenamtliche Behördenmitglieder und Entscheide in Fün-ferbesetzung verzichtet werden. Die organisatorischen Vorgaben im neuen Recht sollten auf das Not-wendigste reduziert werden. Damit entsteht der nötige Freiraum, um das Funktionieren der Behörde je nach Zusammensetzung gewährleisten zu können. Der Landrat entschied sich jedoch für eine weniger weitgehende Neugestaltung.

Die künftige Organisationsstruktur zeichnet sich dadurch aus, dass Entscheide in Dreierbesetzung (Ausnahme Einzelzuständigkeiten) die Regel, Entscheide in Fünferbesetzung für Fälle von grosser Trag-weite die Ausnahme sind. Letztere werden folglich beibehalten. Das Präsidium bestimmt den Spruch-körper aus einem Pool von mindestens vier (haupt- oder vollamtlichen) und drei bis fünf weiteren, nebenamtlichen Mitgliedern. Die Zahl der haupt- oder vollamtlichen Mitglieder wird also um eins erhöht, die nebenamtlichen Mitglieder bleiben unverändert bestehen. Fallführend sind jedoch die haupt- und vollamtlichen Mitglieder. Diese tragen in erster Linie die Geschäftslast gemeinsam, sie können sich regelmässig vertreten und durch Rotation gegenseitig entlasten.

2.2. Wohnsitz

Gemäss Bundesrecht befindet sich der zivilrechtliche Wohnsitz bevormundeter Minderjähriger und Voll-jähriger unter umfassender Beistandschaft am Sitz der KESB (Art. 25 und 26 Schweizerisches Zivil-gesetzbuch, ZGB). An den zivilrechtlichen Wohnsitz sind weitere Rechtswirkungen geknüpft, beispiels-weise im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeit, des Sozialhilferechts oder des Steuerrechts. Durch die Kantonalisierung des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts und die gleichzeitige Reduzierung auf eine einzige Behörde mit Sitz in Glarus bedeutet dies, dass sich für diese Personen von Bundesrechts wegen stets der Wohnsitz Glarus ergibt. Um die Gemeinde Glarus weder zu bevorzugen (Steuereinnah-men) noch vermehrt zu belasten (z. B. in Bezug auf ungedeckte Heimkosten oder Pflegerestkosten), ist die Bestimmung des ZGB zu konkretisieren: Neu soll der Wohnsitz jeweils in jener Gemeinde verblei-ben, in der die betroffene Person zum Zeitpunkt der KESB-Massnahme Wohnsitz hatte. Diese Regelung entspricht jener der Mehrheit der Kantone.

2.3. Familienrat

Der Familienrat ist ein Interventionsverfahren, bei dem ein weit gefasstes Netz von Personen aus dem sozialen Umfeld von Betroffenen in die Hilfeplanung miteinbezogen wird. Diese Methode gewährleis-tet, dass Lösungsansätze von Klientinnen und Klienten und dem betroffenen Umfeld mitgetragen und akzeptiert werden. Der Familienrat kann etwa im zivil- und strafrechtlichen Kindesschutz, in der Arbeit mit Menschen mit Pflege-, Betreuungs- oder Unterstützungsbedarf und in Schulen eingesetzt werden. In mehreren Ländern Europas ist diese Methode gesetzlich verankert. In der Schweiz gewann der Fa-milienrat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Familien sollen sich an Entscheidungen be-teiligen, bei denen es um das Wohlergehen ihrer Kinder und Jugendlichen geht, die hilfsbedürftig sind (aktive Involvierung). In der Regel wird die Zusammenarbeit von Fachpersonen gesteuert und bestimmt. Hier sollen nun Familien die Möglichkeit erhalten, im Rahmen von Vorgaben selber Lösungen zu erarbei-ten. Die KESB bietet ihre Unterstützung bei der Durchführung an. Wenn sich die Familie gegen einen Familienrat entscheidet oder keine Lösung findet, geht der Fall zurück an die KESB. Dort wird erneut geprüft, welche Alternativen möglich sind, und so über den weiteren Verlauf entschieden.

In der Regel werden solche Aufforderungen vor dem Ergreifen irgendwelcher Massnahmen ergehen. Weil das Wohl der Betroffenen jedoch stets an erster Stelle steht, kann bei Dringlichkeit der Familienrat erst zum Tragen kommen, nachdem die entsprechende Massnahme (z. B. Unterbringung, Kontosperre, Ausreiseverbot bzw. Passhinterlegung) verfügt wurde. In diesen Fällen hat der Familienrat Lösungsvor-schläge zu erarbeiten, welche das Kindeswohl bzw. den Schutz der hilfsbedürftigen Person in Zukunft sichern sollen.

Nicht im Gesetz geregelt werden weitere, der KESB bereits bisher zur Verfügung stehende Instrumen-te wie beispielsweise das Elterncoaching oder die sozialpädagogische Familienbetreuung. Nach den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismässigkeit kann die KESB nach wie vor auch solche Massnahmen verfügen, ohne explizite Regelung im Gesetz. Die spezielle Behandlung (nur grundsätzlich und ohne Legaldefinition) des Familienrates rechtfertigt sich deshalb, weil dieses Instrument mehr als die anderen die Stellung der Familie betont und für die KESB eine ganz andere Rolle vorsieht.

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2.4. Systematische und redaktionelle Korrekturen

Weitere Änderungen ergeben sich, weil einzelne Regelungen systematisch neu eingeordnet werden. Beispielsweise gehört die Regelung zur Hinterlegung von Vorsorgeaufträgen nicht zum Erbrecht. Schliesslich sind vereinzelte Bereinigungen aufgrund von Änderungen im übergeordneten Recht oder aufgrund von formalen Korrekturen vorzunehmen.

3. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Artikel 9a

Die bisherige Regelung nach Artikel 104a Absatz 4 findet sich im neuen Absatz 2a. Der Verweis wurde präzisiert. Die geltende Einordnung unter der Ziffer 2.4 zum Erbrecht überzeugte nicht; die Hinterlegung von Vorsorgeaufträgen hat mit Erbrecht nichts zu tun.

Absatz 4 wird den anderen Absätzen angeglichen (redaktionell überarbeitet). Die Bedeutung der Be-stimmung hängt davon ab, ob der Regierungsrat von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht hat, die Erfüllung der erbrechtlichen Aufgaben einer Verwaltungseinheit zu übertragen (vgl. Art. 104a Abs. 2). Analoges gilt in Bezug auf Artikel 65 Absatz 5 Ziffer 21, der davon abhängt, ob der Regierungsrat die Erfüllung der erbrechtlichen Aufgaben nicht einer (anderen) Verwaltungseinheit überträgt. Dann entfiele nicht nur die Zuständigkeit der KESB (vgl. Art. 9a Abs. 4), sondern auch die entsprechenden Einzel-zuständigkeiten.

Artikel 28a

Der zivilrechtliche Wohnsitz bevormundeter Minderjähriger und Volljähriger unter umfassender Bei-standschaft befindet sich am Sitz der KESB (Art. 25 und 26 ZGB). An den zivilrechtlichen Wohnsitz knüpfen die gerichtlichen Zuständigkeiten, das Sozialhilferecht oder das Steuerrecht an. Im Kanton Glarus hat dies zur Folge, dass sich für diese Personen stets der Wohnsitz Glarus ergibt. Denn dort be-findet sich der Sitz der KESB. Um die Gemeinde Glarus weder zu bevorzugen (Steuereinnahmen) noch vermehrt zu belasten (v. a. ungedeckte Heimkosten, Pflegerestkosten), ist diese Wohnsitzregelung des ZGB zu konkretisieren: Der Wohnsitz im Zeitpunkt der Errichtung einer KESB-Massnahme soll weiterhin bestehen bleiben.

Artikel 49

In Artikel 49 wurden bisher im Wesentlichen die bundesrechtlichen Regelungen wiedergegeben, teils undifferenziert. Insbesondere kann nicht grundsätzlich, wie im bisherigen Absatz 1 impliziert, auf das Kindesvermögen gegriffen werden, sondern nur nach eingehender Prüfung der gesamten Umstände durch die KESB und insbesondere nur dann, wenn es nach den Umständen zumutbar erscheint, den Unterhalt aus Mitteln des Kindes zu bestreiten. Die Regelung ist deshalb aufzuheben.

Artikel 50

Die Bestimmung wiederholt im Wesentlichen das Prinzip der Sozialhilfe (redundant). Sie kann aufgeho-ben werden.

Artikel 53a

Die Pflegekinderaufsicht wird im 8. Titel (ZGB) geregelt und wird deshalb von der Regelung in Artikel 9a Absatz 2 EG ZGB erfasst. Artikel 53a kann deshalb aufgehoben werden.

Artikel 63

Artikel 309 ZGB, auf den diese Bestimmung abstützt, wurde ersatzlos gestrichen. Deshalb kann auch Artikel 63 aufgehoben werden.

Artikel 63b

Absatz 2: Es bestehen weiterhin zwei Kategorien von Mitgliedern: haupt- bzw. vollamtliche, ständige Mitglieder und nebenamtliche, weitere Mitglieder. Neben dem Präsidium sollen neu mindestens drei haupt- oder vollamtliche Mitglieder gewählt werden (bisher zwei). Daneben sind weiterhin drei bis fünf weitere, nebenamtliche Mitglieder zu wählen. Diese sollen neben dem ordentlichen Einsitz in den Spruchkörper auch die Stellvertretung sicherstellen. Die notwendige Besetzung wird nur mehr in Artikel 65 geregelt.

Artikel 63ba

Die Bestimmung wird zugunsten grösserer Flexibilität aufgehoben.

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Artikel 63bc

Formale Korrektur.

Artikel 63c

Absatz 1: Formale Korrektur

Absatz 2: Die Bestimmung regelte bisher die Ausübung von anderen beruflichen Tätigkeiten durch Be-hördenmitglieder. Es gelten neu die allgemeinen personalrechtlichen Vorgaben (vgl. insb. Art. 27 Gesetz über das Personalwesen). Die Bestimmung kann deshalb aufgehoben werden.

Artikel 63d

Alle KESB-Mitglieder werden einmal (bei der Einstellung) durch den Regierungsrat gewählt. Ein öffent-lich-rechtlicher Vertrag regelt die Anstellung.

Artikel 65

Die KESB entscheidet ordentlicherweise in Dreierbesetzung (Abs. 1). Die Fünferbesetzung wird für Fälle grosser Tragweite wie Sorgerechts- und Obhutsentzug gegen den Willen eines obhutsberechtigten El-ternteils (Art. 310 und 311 ZGB), handlungsfähigkeitseinschränkende Erwachsenenschutzmassnahmen (Art. 394 Abs. 2, 396 und 398 ZGB) und elterliche Sorge einschränkende Kindesschutzmassnahmen (Art. 308 Abs. 2 ZGB) beibehalten (Abs. 2).

Absatz 4: Die Verfahrensleitung obliegt allein den ständigen Mitgliedern. Es braucht dies nicht betont zu werden.

Absatz 5: Die Einzelzuständigkeiten für alle Behördenmitglieder werden erweitert und der Systematik des ZGB folgend neu geordnet. Dies ist aus Gründen der Flexibilität, Verfahrensökonomie und dem Interesse eines raschen Vollzugs im Sinne aller Beteiligten. Einzelzuständigkeit ist überall dort gegeben, wo es materiell nichts mehr zu entscheiden gibt bzw. nur mehr ein geringer Ermessensspielraum be-steht (vgl. dazu Memorial LG 2012, S. 115). Zudem wird die Bestimmung klarer gefasst. Neu entfällt die zusätzliche Beschlussfassung durch die Behörde. Selbstredend stehen diese Einzelzuständigkeiten auch der Präsidentin oder dem Präsidenten und der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten zu.

Absatz 5 Ziffer 3: In Artikel 134 Absatz 3 ZGB wird neben der Neuregelung der elterlichen Sorge und der Genehmigung von Unterhaltsverträgen auch die Neuregelung der Obhut vorgenommen. Da sich auch hier die Eltern einig sein müssen, handelt es sich um unproblematische Geschäfte, welche die Einzel-zuständigkeit rechtfertigen.

Absatz 5 Ziffer 4: Präzisierter Verweis (auf ZPO).

Absatz 5 Ziffer 6a: Bei den sogenannten Mineurs non accompagnés (MNA; früher unbegleitete minder-jährige Asylsuchende, UMA) ist der Sachverhalt klar und die Errichtung einer Beistandschaft immer notwendig. Eine Einzelzuständigkeit ist deshalb sinnvoll.

Absatz 5 Ziffer 7a: Wie zu einer Mediation soll auch zur Durchführung eines Familienrates «aufgefordert» werden können (vgl. Art. 70a EG ZGB und Art. 314 Abs. 2 ZGB).

Absatz 5 Ziffer 7c: Das Gericht hat die Beistandschaft errichtet, die Behörde hat nur noch die Person des Beistands zu bestimmen.

Absatz 5 Ziffer 10: Siehe Ziffer 18.

Absatz 5 Ziffer 11: Auch für die Validierung der Kündigung eines Vorsorgeauftrags soll neu die Einzel-kompetenz gelten.

Absatz 5 Ziffer 13: Präzisierter Verweis.

Absatz 5 Ziffer 15: Ergänzung «Genehmigung» der Klarheit halber. Teilweise Streichung des Verweises zugunsten von Neuregelungen unter Ziffer 15c und 15d.

Absatz 5 Ziffer 15d: Die Einzelkompetenz in Sachen Schlussbericht ist sinnvoll, wenn auch die übrigen Bestimmungen von Artikel 425 ZGB in Einzelkompetenz bearbeitet werden können (Entlastung, Entbin-dung vom Schlussbericht). Insbesondere bei Todesfällen sichert dies einen rascheren Ablauf, wobei die Massnahme von Gesetzes wegen endet und es darüber keine zusätzliche Feststellung braucht. Aller-dings müssen der Schlussbericht und die Schlussrechnung noch genehmigt und die Beistandsperson entlastet werden. Ähnlich verhält es sich bei Übertragungen der Beistandschaft an eine andere KESB. Dabei muss allerdings auch noch die Beistandsperson aus dem Amt entlassen werden.

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Absatz 5 Ziffer 16a: Die bisherige Regelung beschreibt keinen Sachverhalt, über den entschieden wer-den müsste. Die neue beschreibt einen einfachen Sachverhalt (unveränderte Übernahme bereits be-stehender Massnahmen), der in Einzelzuständigkeit entschieden werden kann.

Absatz 5 Ziffer 16b: Es liegt im Interesse des Klienten, solche Vertretungen rasch anzuordnen.

Absatz 5 Ziffer 18a: Verschiebung, der Systematik des ZGB folgend (s. Ziff. 10).

Absatz 5 Ziffer 20: Verschiebung, der Systematik des ZGB folgend (s. Ziff. 16).

Absatz 6: Es wird die Möglichkeit geschaffen, dass das zuständige Mitglied verlangen kann, dass das Geschäft in Einzelfällen in Dreierbesetzung entschieden wird (analog zum geltenden Art. 65 Abs. 3).

Artikel 66a

Absatz 2: Die neue Formulierung knüpft direkt an den Absatz 1 an. Damit lässt sich der Begriff «ärztliche Leitung» vermeiden; nicht jede Institution verfügt über eine solche und vor allem ist nicht innert nütz-licher Frist zu klären, ob jeweils tatsächlich die richtige Person den Antrag gestellt hat.

Absatz 4: Die Information darüber, dass eine untergebrachte Person in eine andere Einrichtung verlegt wurde, hat nur informellen Charakter, ohne dass dies einen Entscheid der KESB auslösen müsste. Des-halb ist ohne Bedeutung, wer diese Mitteilung, welche die KESB lediglich zur Kenntnis nimmt, erstatten kann.

Absatz 6: Der Begriff «ärztliche Leitung» (vgl. oben zu Abs. 2) wird ersetzt und es werden die behandeln-den Personen genannt. Dieselbe Problematik stellt sich in den Artikeln 66c und 66e.

Artikel 66c und 66e

Siehe Erläuterungen zu Artikel 66a Absatz 6.

Artikel 67

Verweis korrigiert.

Artikel 70a

Die Behörde fordert die Betroffenen zur Durchführung eines Familienrates auf (vgl. Art. 65 Abs. 5 Ziff. 7c). Dabei handelt es sich um ein Interventionsverfahren, bei dem das soziale Umfeld der Be-troffenen in die Hilfeplanung miteinbezogen werden soll. Dies gewährleistet eine höhere Akzeptanz von Lösungsansätzen bei den Betroffenen. Zur Problematik «Aufforderung» oder blosse «Empfehlung» wird auf die Ausführungen unter Ziffer 4 verwiesen.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig (zivil- und strafrechtlicher Kindesschutz, Arbeit mit Men-schen mit Pflege-, Betreuungs- oder Unterstützungsbedarf, Schulen usw.). Familien erhalten die Mög-lichkeit, die Lösung – nach den Vorgaben der KESB – selber zu erarbeiten. Entscheiden sie sich gegen einen Familienrat oder finden sie keine Lösung, übernimmt wiederum die KESB. Nach Möglichkeit soll die Aufforderung, einen Familienrat durchzuführen, vor der Anordnung irgendwelcher Massnahmen er-gehen. Erfordert der Schutz des Betroffenen indessen umgehendes Handeln, hat der Familienrat für die Zeit danach eine Lösung zu erarbeiten.

Artikel 76

Nachdem das Gesetz den Begriff «Beistandspersonen» bereits verwendet, werden die Begriffe «Bei-ständin» und «Beistand» entsprechend ersetzt (vgl. auch Art. 91).

Artikel 91

Das Verhältnis zwischen Absatz 1, der die KESB für zuständig erklärt, «die Entschädigung und den Spesenersatz der Beiständinnen und Beistände» festzulegen und Absatz 3, der den Regierungsrat für zuständig erklärt, die erforderlichen Bestimmungen über «die Entschädigung der Beiständinnen und Beistände» zu erlassen, wird insofern geklärt, als es sich im Absatz 1 um die konkrete Festlegung der entsprechenden Entschädigungen im Einzelfall handelt, während der Regierungsrat gemäss Absatz 3 die grundsätzlichen Vorgaben (Rahmen) bestimmt. Der Begriff «Entschädigung» wird durch «Vergütung» ersetzt; die Beistandspersonen erleiden keinen Schaden, der ihnen ersetzt werden müsste. Vielmehr wird ihnen ihr Aufwand vergütet.

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Artikel 104a

Die bisherige Regelung unter Absatz 4 wird aus systematischen Überlegungen in den Artikel 9a Absatz 2a verschoben.

Artikel 112, 114 und 118

Redaktionelle Korrekturen.

4. Vernehmlassung

Von Ende August bis Mitte Oktober 2018 wurde eine Vernehmlassung bei allen interessierten Kreisen durchgeführt. Die Vorlage stiess auf breite Zustimmung. Vereinzelt erhob sich Kritik gegen den vom Re-gierungsrat noch vorgesehenen Verzicht auf weitere Mitglieder im Nebenamt, an der Doppelfunktion der unterstützenden Dienste, der hohen Flexibilität des Spruchkörpers, die Aufhebung der Fünferbesetzung sowie der Erweiterung der Einzelzuständigkeiten, der vorgesehenen Wohnsitzregelung, der Spezialbe-handlung des Familienrates und an den aufgezeigten finanziellen Folgen.

Zu den bezeichneten Kritikpunkten gingen auch unterstützende Stellungnahmen ein. Namentlich der geplante Verzicht auf weitere Mitglieder im Nebenamt und die zusätzlichen Einsatzmöglichkeiten der unterstützenden Dienste wurden von verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden ausdrücklich be-grüsst (höhere Professionalität usw.).

Eingehend diskutiert, jedoch verworfen wurde die Empfehlung, die KESB solle den Familienrat bloss empfehlen, jedoch nicht dazu auffordern (und im Endeffekt auch nicht anordnen/verfügen) können. Mittels Aufforderung (allenfalls mit Verweis auf Art. 292 Schweizerisches Strafgesetzbuch) kann jedoch ein gewisser Druck aufgebaut werden. Klarerweise wird man dies nicht gegen den Willen der Beteiligten anordnen. Dies wäre sinnlos. Stehen die Beteiligten dem Ganzen jedoch offen gegenüber, kann eine Aufforderung den Prozess in Gang setzen, während eine blosse Empfehlung wohl wirkungslos bliebe. Wird zu einem Familienrat aufgefordert, beteiligt sich der Kanton an den Kosten. Dies kann dort aus-schlaggebend sein, wo man grundsätzlich bereit wäre, einen Familienrat durchzuführen, aber nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt.

5. Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Gesetzesänderungen wirken sich auf den Personalbestand der KESB aus. Neu werden statt 260 maximal 400 Stellenprozent möglich sein. Dies hat Mehrkosten in der Höhe von maximal 240 000 Fran-ken pro Jahr zur Folge. Auf den aushilfsweisen Einsatz externer Fachleute sollte dafür verzichtet werden können (Kosten dafür: 2016: 95 000 Fr.; 2017: 284 000 Fr.). Die finanziellen Auswirkungen können nicht abschliessend beurteilt werden.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass unabhängig der vorliegenden Gesetzesände-rung mit dem Budget 2019 eine zusätzliche Stelle zur Verstärkung des Abklärungsdienstes beantragt wurde (+ 100 000 Fr.). Diese Stelle ersetzt eine aktuell befristete Anstellung.

6. Beratung der Vorlage im Landrat

6.1. Landrätliche Kommission

Die landrätliche Kommission Gesundheit und Soziales unter der Leitung von Landrätin Yvonne Carrara, Mollis, befasste sich mit der Vorlage. Eintreten auf diese war in der Kommission nicht ganz unbestritten. Die regierungsrätliche Vorlage löse erkannte Probleme bei der KESB nicht und führe teils fragwürdige Neuerungen ein. Die Kommissionsmehrheit vertrat jedoch die Auffassung, dass die bemängelten Punk-te in der Detailberatung geklärt und verbessert werden könnten.

In der Detailberatung fand die neue Wohnsitzregelung in Artikel 28a Unterstützung, auch wenn sie nicht mit dem Bundesrecht übereinstimme. Sie werde jedoch in vielen Kantonen gleich gehandhabt, wie dies nun für Glarus vorgeschlagen wird. Man will damit die Gemeinde Glarus weder bevorzugen – Stichwort Steuereinnahmen – noch durch ungedeckte Heimkosten oder Pflegerestkosten belasten.

Zu weit gingen der Kommission die vom Regierungsrat in Artikel 63b Absätze 2–4 ursprünglich vor- geschlagenen organisatorischen Massnahmen. Dazu gehört insbesondere auch die Idee, die Stell- vertretungen in der Behörde durch die unterstützenden Dienste zu gewährleisten. Es bestünden

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Abhängigkeiten, weil ein Angestellter kaum in der Lage sei, bei der Beschlussfassung gegen seinen Vorgesetzten zu stimmen. Die Kommission beantragte daher dem Landrat, an der bisherigen Regelung mit nebenamtlichen Behördenmitgliedern festzuhalten. Diese könnten die Stellvertretungen wahrneh-men. Ausserdem könnten durch diese die lokalen Verhältnisse berücksichtigt werden. Auch könne der Spruchkörper mit weiteren Disziplinen wie Medizin spezifisch zusammengesetzt werden. Zudem hätten die nebenamtlichen Mitglieder einen wertvollen Beitrag zum Funktionieren der Behörde geleistet. Die Behörde soll somit nach dem Willen der Kommission aus dem Präsidenten oder der Präsidentin, min-destens drei ständigen Mitgliedern im Haupt- oder Vollamt und drei bis fünf weiteren, nebenamtlichen Mitgliedern bestehen. Die Behörde wird somit um ein haupt- oder vollamtliches Mitglied vergrössert. In diesem Zusammenhang intensiv diskutiert wurden die Kostenfolgen der Vorlage. Die Aufstockung von heute 260 auf maximal 400 Stellenprozent hat Mehrkosten von maximal rund 240 000 Franken zur Folge, die Kosten für die nebenamtlichen Mitglieder dürften bei 30 000 bis 40 000 Franken pro Jahr ver-bleiben. Aufgrund der personellen Unterdotierung der Behörde und weil die Arbeit dennoch zu erledigen ist, hätten jedoch immer wieder Externe beauftragt werden müssen. 2017 entstanden dadurch Kosten in der Höhe von rund 280 000 Franken. Die Aufstockung des eigenen Personals sei somit im Ergebnis kostenneutral. 2018 seien die Kosten für die Externen im Übrigen wohl noch höher, weil die Fallzahlen gestiegen sind.

Klar sprach sich die Kommission auch dafür aus, die Fallentscheidungen in Fünferbesetzung beizubehal-ten. Sie beantragt, diese in Artikel 65 entgegen des Antrags des Regierungsrates weiterhin vorzusehen. Sie übernimmt zudem die neue Bezeichnung für die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden aus dem Bundesgesetz: Neu heissen diese «Mineurs non accompagnés». In Artikel 65 Absatz 5 Ziffer 15 nimmt die Kommission eine redaktionelle Korrektur vor.

Aufgrund der von der Kommission beantragten Änderungen würde die vom Regierungsrat ursprüng-lich vorgeschlagene Änderung von Artikel 28 des Personalgesetzes zu einer ungewollten Verschärfung gegenüber dem heutigen Recht führen (Unvereinbarkeit Landratsamt mit dem Amt als nebenamtliches Behördenmitglied). Das wird von der Kommission abgelehnt. Deshalb ist auf die Anpassung des Per-sonalgesetzes zu verzichten und die bisherige Fassung, wonach nur ständige, haupt- oder vollamtliche Behördenmitglieder dem Landrat nicht angehören dürfen, beizubehalten.

Die vorberatende Kommission beantragte dem Landrat, auf die Vorlage einzutreten und dieser mit den vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen.

6.2. Landrat

Im Landrat war Eintreten auf die Vorlage unbestritten. Schon in der Eintretensdebatte stellten sich alle Fraktionssprecher geschlossen hinter die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen an der regierungsrätlichen Vorlage.

Im Grundsatz soll die KESB gestärkt werden. Diesem Anliegen wird Rechnung getragen, indem die Zahl der ständigen Mitglieder um eins erhöht wird. Die Entscheidfindung soll breit abgestützt und objektiv sein. Dies wird insbesondere durch das Beibehalten von Personen im Nebenamt gewährleistet. Diese können einerseits weitere Fachrichtungen abdecken. Stellvertretungen werden zudem nicht durch die unterstützenden Dienste gewährleistet, sondern mit Personen, welche die einzelnen Fälle unbelastet beurteilen können. Anspruchsvolle und kritische Entscheide sollen weiterhin in Fünferbesetzung gefällt werden. Mit diesen Änderungen entscheide der Landrat über eine ausgereifte Vorlage, welche den hohen Anforderungen in diesem sensiblen Bereich genüge.

Der Regierungsrat wollte bezüglich der Optimierung der Abläufe weitergehen als die Kommission. Wichtig ist ihm aber vor allem, dass der Spruchkörper mit einem weiteren ordentlichen Mitglied gestärkt werden kann. Nachdem sich der Regierungsrat aber hinter die Anträge der vorberatenden Kommission stellte und somit keine Differenzen bestanden, wurden in der Detailberatung im Plenum keine Änderun-gen an der Vorlage gemäss Fassung der landrätlichen Kommission mehr vorgenommen.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde einstimmig, der so bereinigten Änderung des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus im Bereich Kindes- und Er-wachsenenschutz zuzustimmen.

7. Antrag

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, nachstehender Gesetzesänderung zuzustimmen:

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13

Änderung des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS III B/1/1, Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbu-ches im Kanton Glarus (Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch; EG ZGB) vom 7. Mai 1911 (Stand 1. Juli 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 9a Abs. 2a (neu), Abs. 4 (geändert)2a Sie nimmt Vorsorgeaufträge (Art. 360 ff. ZGB) zur Aufbewahrung entge-gen.4 Sie nimmt die erbrechtlichen Aufgaben wahr, welche das Bundesrecht der zuständigen Behörde zuweist.

Titel nach Art. 28 (neu)

2.2.1a. Wohnsitz

Art. 28a (neu)1 Als Sitz der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Sinne von Arti-kel 25 und 26 ZGB bei bevormundeten Kindern und bei unter umfassender Beistandschaft stehenden Volljährigen gilt die Gemeinde:a. in welcher die betroffene Person bei der Errichtung der Vormundschaft

oder der umfassenden Beistandschaft ihren Wohnsitz hat; oderb. in welche sie mit Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbe-

hörde innerhalb deren Zuständigkeitsbereich ihren gewöhnlichen Auf-enthalt verlegt; oder

c. in welcher sie bei Übertragung der Massnahme von einer anderen Kin-des- und Erwachsenenschutzbehörde ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Art. 49

Aufgehoben.

Art. 50

Aufgehoben.

SBE 1

Art. 53a

Aufgehoben.

Art. 63

Aufgehoben.

Art. 63b Abs. 2 (geändert), Abs. 3 (geändert)2 Sie besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, mindestens drei ständigen und drei bis fünf weiteren Mitgliedern. Die Dreierbesetzung ist die ordentliche, die Fünferbesetzung die ausserordentliche. 3 Die Präsidentin oder der Präsident leitet die unterstützenden Dienste in administrativer, fachlicher und personeller Hinsicht.

Art. 63ba

Aufgehoben.

Art. 63bc Abs. 1 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde kann Dritte, namentlich die Abteilung Soziale Dienste, mit der Abklärung oder Begutachtung beauftra-gen oder bei diesen Auskünfte einholen.

Art. 63c Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (aufgehoben)1 Die Mitglieder der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde können nicht zugleich Mitglied oder Mitarbeitende des Verwaltungsgerichts, der Auf-sichtsbehörde oder bei den Vollzugsorganen der Sozialhilfe sein.2 Aufgehoben.

Art. 63d Abs. 1 (geändert)1 Der Regierungsrat wählt die Präsidentin oder den Präsidenten und die Mit-glieder. Im Übrigen konstituiert sich die Behörde selbst.

Art. 64 Abs. 1 (geändert)1 Der Regierungsrat erlässt weitere Bestimmungen zur Organisation der Kin-des- und Erwachsenenschutzbehörde sowie zum Verfahren.

Art. 65 Abs. 1 (geändert), Abs. 2, Abs. 4 (geändert), Abs. 5 (geändert), Abs. 6 (neu)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde entscheidet als Kollegialbe-hörde in Dreierbesetzung.2 Folgende Entscheide sind in Fünferbesetzung zu fällen:

2

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14

Art. 53a

Aufgehoben.

Art. 63

Aufgehoben.

Art. 63b Abs. 2 (geändert), Abs. 3 (geändert)2 Sie besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, mindestens drei ständigen und drei bis fünf weiteren Mitgliedern. Die Dreierbesetzung ist die ordentliche, die Fünferbesetzung die ausserordentliche. 3 Die Präsidentin oder der Präsident leitet die unterstützenden Dienste in administrativer, fachlicher und personeller Hinsicht.

Art. 63ba

Aufgehoben.

Art. 63bc Abs. 1 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde kann Dritte, namentlich die Abteilung Soziale Dienste, mit der Abklärung oder Begutachtung beauftra-gen oder bei diesen Auskünfte einholen.

Art. 63c Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (aufgehoben)1 Die Mitglieder der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde können nicht zugleich Mitglied oder Mitarbeitende des Verwaltungsgerichts, der Auf-sichtsbehörde oder bei den Vollzugsorganen der Sozialhilfe sein.2 Aufgehoben.

Art. 63d Abs. 1 (geändert)1 Der Regierungsrat wählt die Präsidentin oder den Präsidenten und die Mit-glieder. Im Übrigen konstituiert sich die Behörde selbst.

Art. 64 Abs. 1 (geändert)1 Der Regierungsrat erlässt weitere Bestimmungen zur Organisation der Kin-des- und Erwachsenenschutzbehörde sowie zum Verfahren.

Art. 65 Abs. 1 (geändert), Abs. 2, Abs. 4 (geändert), Abs. 5 (geändert), Abs. 6 (neu)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde entscheidet als Kollegialbe-hörde in Dreierbesetzung.2 Folgende Entscheide sind in Fünferbesetzung zu fällen:

2

1. (geändert) Sorgerechts- und Obhutsentzug gegen den Willen eines sorgeberechtigten Elternteils (Art. 310 und 311 ZGB);

2. (geändert) handlungsfähigkeitseinschränkende Erwachsenenschutz-massnahmen (Art. 394 Abs. 2, 396 und 398 ZGB);

4 In dringlichen Fällen fällt das verfahrensleitende Mitglied und bei dessen Verhinderung die Präsidentin oder der Präsident die notwendigen Beschlüs-se alleine (Art. 445 Abs. 2 ZGB).5 In die Einzelzuständigkeit jedes Mitgliedes fallen folgende Geschäfte des Kindes- und Erwachsenenschutzes:3. (geändert) Bei Einigkeit der Eltern die Neuregelung der elterlichen Sor-

ge, der Obhut sowie die Genehmigung von Unterhaltsverträgen (Art. 134 Abs. 3 ZGB);

4. (geändert) Antragstellung zur Anordnung einer Kindesvertretung im Scheidungs- oder Trennungsprozess (Art. 299 Abs. 2 Bst. b ZPO);

6. (geändert) Beratung der Eltern vor Abgabe der Erklärung zur gemein-samen elterlichen Sorge sowie Entgegennahme derselben (Art. 298a Abs. 1 und 3 ZGB);

6a. (neu) Errichtung einer Beistandschaft für Mineurs non accompagnés (Art. 306 Abs. 2 ZGB);

7. Aufgehoben.7a. (neu) Aufforderung an die Eltern zu einem Mediationsversuch

(Art. 314 Abs. 2 ZGB) oder zur Durchführung eines Familienrates (Art. 70a);

7b. (neu) Anordnung einer Vertretung des Kindes (Art. 314abis ZGB);7c. (neu) Vollzug gerichtlich angeordneter Kindesschutzmassnahmen

(Art. 315a Abs. 1 ZGB);7d. (neu) Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern

(Art. 316 Abs. 1 und Abs. 1bis ZGB);10. Aufgehoben.11. (geändert) Prüfung, Validierung (Art. 363 ZGB), Auslegung und Ergän-

zung (Art. 364 ZGB) sowie Entgegennahme der Kündigung des Vorsor-geauftrages (Art. 367 ZGB);

13. (geändert) Festlegung der Vertretungsberechtigung bei medizinischen Massnahmen (Art. 381 Abs. 2 ZGB);

15. (geändert) Bericht- und Rechnungsprüfung sowie Genehmigung (Art. 415 Abs. 1 und 2 ZGB);

15a. (neu) Mandatsträgerwechsel zufolge Beendigung des Arbeitsverhält-nisses der Berufsbeiständin oder des Berufsbeistandes (Art. 421 Ziff. 3 ZGB);

15b. (neu) Entlassung der Beiständin oder des Beistandes (Art. 422 und 423 ZGB);

15c. (neu) Entbindung der Berufsbeiständin oder des Berufsbeistandes von der Pflicht, einen Schlussbericht und eine Schlussrechnung abzulegen (Art. 425 Abs. 1 Satz 2 ZGB);

3

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1. (geändert) Sorgerechts- und Obhutsentzug gegen den Willen eines sorgeberechtigten Elternteils (Art. 310 und 311 ZGB);

2. (geändert) handlungsfähigkeitseinschränkende Erwachsenenschutz-massnahmen (Art. 394 Abs. 2, 396 und 398 ZGB);

4 In dringlichen Fällen fällt das verfahrensleitende Mitglied und bei dessen Verhinderung die Präsidentin oder der Präsident die notwendigen Beschlüs-se alleine (Art. 445 Abs. 2 ZGB).5 In die Einzelzuständigkeit jedes Mitgliedes fallen folgende Geschäfte des Kindes- und Erwachsenenschutzes:3. (geändert) Bei Einigkeit der Eltern die Neuregelung der elterlichen Sor-

ge, der Obhut sowie die Genehmigung von Unterhaltsverträgen (Art. 134 Abs. 3 ZGB);

4. (geändert) Antragstellung zur Anordnung einer Kindesvertretung im Scheidungs- oder Trennungsprozess (Art. 299 Abs. 2 Bst. b ZPO);

6. (geändert) Beratung der Eltern vor Abgabe der Erklärung zur gemein-samen elterlichen Sorge sowie Entgegennahme derselben (Art. 298a Abs. 1 und 3 ZGB);

6a. (neu) Errichtung einer Beistandschaft für Mineurs non accompagnés (Art. 306 Abs. 2 ZGB);

7. Aufgehoben.7a. (neu) Aufforderung an die Eltern zu einem Mediationsversuch

(Art. 314 Abs. 2 ZGB) oder zur Durchführung eines Familienrates (Art. 70a);

7b. (neu) Anordnung einer Vertretung des Kindes (Art. 314abis ZGB);7c. (neu) Vollzug gerichtlich angeordneter Kindesschutzmassnahmen

(Art. 315a Abs. 1 ZGB);7d. (neu) Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern

(Art. 316 Abs. 1 und Abs. 1bis ZGB);10. Aufgehoben.11. (geändert) Prüfung, Validierung (Art. 363 ZGB), Auslegung und Ergän-

zung (Art. 364 ZGB) sowie Entgegennahme der Kündigung des Vorsor-geauftrages (Art. 367 ZGB);

13. (geändert) Festlegung der Vertretungsberechtigung bei medizinischen Massnahmen (Art. 381 Abs. 2 ZGB);

15. (geändert) Bericht- und Rechnungsprüfung sowie Genehmigung (Art. 415 Abs. 1 und 2 ZGB);

15a. (neu) Mandatsträgerwechsel zufolge Beendigung des Arbeitsverhält-nisses der Berufsbeiständin oder des Berufsbeistandes (Art. 421 Ziff. 3 ZGB);

15b. (neu) Entlassung der Beiständin oder des Beistandes (Art. 422 und 423 ZGB);

15c. (neu) Entbindung der Berufsbeiständin oder des Berufsbeistandes von der Pflicht, einen Schlussbericht und eine Schlussrechnung abzulegen (Art. 425 Abs. 1 Satz 2 ZGB);

3

b. (geändert) einen Bericht der behandelnden Ärztin oder des behandeln-den Arztes oder der behandelnden Psychiaterin oder des behandeln-den Psychiaters der Einrichtung, wenn die Kindes- und Erwachsenen-schutzbehörde für die Entlassung zuständig ist.

Art. 66e Abs. 1 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde stellt für jede Person, die aus der fürsorgerischen Unterbringung entlassen wird, eine angemessene Nach-betreuung sicher. Sie holt vorgängig einen Bericht der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes oder der behandelnden Psychiaterin oder des behandelnden Psychiaters ein.

Art. 67 Abs. 1 (geändert)1 Gegen Entscheide der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und ge-gen ärztliche Verfügungen im Sinne von Artikel 66a Absätze 1 und 3 kann beim Verwaltungsgericht Beschwerde geführt werden (Art. 450 ZGB).

Art. 70a (neu)1 Die Behörde kann die von einer bestehenden oder künftigen Kindes- oder Erwachsenenschutzmassnahme betroffenen Familien auffordern einen Fa-milienrat durchzuführen.

Art. 76 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert), Abs. 3 (geändert)1 Als Beistandsperson kann jede natürliche Person ernannt werden, welche die für die vorgesehenen Aufgaben notwendigen persönlichen und fachli-chen Voraussetzungen erfüllt (Art. 400 ZGB).2 Betreuungs- und Verwaltungsmandate, welche die Kindes- und Erwach-senenschutzbehörde nicht einer geeigneten Privatperson gemäss Absatz 1 überträgt, können Berufsbeistandspersonen übertragen werden.3 Berufsbeistandspersonen werden nach den Bestimmungen des kantonalen Personalrechts angestellt, soweit sie nicht im Auftragsverhältnis arbeiten.

Art. 85 Abs. 1 (geändert)1 Die Rechnung der Beistandsperson muss alle Einnahmen und Ausgaben während der Rechnungsperiode enthalten, mit den erforderlichen Belegen versehen sein und den Bestand des verwalteten Vermögens ausweisen.

Art. 91 Abs. 1 (geändert), Abs. 3 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde legt die Vergütung und den Spesenersatz der Beistandspersonen im Einzelfall fest (Art. 404 Abs. 2 ZGB).

5

15d. (neu) Schlussberichts- und Schlussrechnungsprüfung und Genehmi-gung (Art. 425 Abs. 2 ZGB), Entlassung der Beiständin oder des Bei-standes nach der Übertragung einer Massnahme, Entlassung aus dem Amt;

16. Aufgehoben.16a. (neu) Verfahren betreffend Übernahme und Übertragung einer beste-

henden Massnahme (Art. 442 und 444 ZGB);16b. (neu) Anordnung einer Vertretung (Art. 449a ZGB);18. Aufgehoben.18a. (neu) Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft für das ungeborene

Kind zur Wahrung erbrechtlicher Ansprüche (Art. 544 Abs. 1bis ZGB);20. Aufgehoben.21. (geändert) erbrechtliche Aufgaben gemäss Artikel 9a Absatz 4.6 Im Übrigen kann das zuständige Mitglied im Einzelfall eine Entscheidung in Dreierbesetzung verlangen.

Art. 66a Abs. 2 (geändert), Abs. 4 (geändert), Abs. 6 (geändert)2 Halten sie eine längere Unterbringung für notwendig, stellen sie der Kin-des- und Erwachsenenschutzbehörde einen begründeten Antrag. Diese ent-scheidet unverzüglich.4 Für die Verlegung einer untergebrachten Person in eine andere Einrichtung ist kein neues Einweisungsverfahren erforderlich. Die Zuständigkeit für den Verlegungsentscheid richtet sich nach der Zuständigkeit für die Entlassung aus der Einrichtung. Beruht die Unterbringung auf einem Entscheid der Kin-des- und Erwachsenenschutzbehörde, teilt die Einrichtung dieser die Verle-gung mit.6 Ist die Einrichtung nicht selbst für die Entlassung zuständig, stellt die be-handelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt oder die behandelnde Psychia-terin oder der behandelnde Psychiater der Kindes- und Erwachsenenschutz-behörde einen begründeten Entlassungsantrag, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. Diese entscheidet unverzüg-lich.

Art. 66c Abs. 1 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ordnet ambulante Massnah-men an, gestützt auf:a. (geändert) einen begründeten Antrag der behandelnden Ärztin oder

des behandelnden Arztes oder der behandelnden Psychiaterin oder des behandelnden Psychiaters der Einrichtung, wenn diese für die Entlassung der betroffenen Person zuständig ist;

4

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b. (geändert) einen Bericht der behandelnden Ärztin oder des behandeln-den Arztes oder der behandelnden Psychiaterin oder des behandeln-den Psychiaters der Einrichtung, wenn die Kindes- und Erwachsenen-schutzbehörde für die Entlassung zuständig ist.

Art. 66e Abs. 1 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde stellt für jede Person, die aus der fürsorgerischen Unterbringung entlassen wird, eine angemessene Nach-betreuung sicher. Sie holt vorgängig einen Bericht der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes oder der behandelnden Psychiaterin oder des behandelnden Psychiaters ein.

Art. 67 Abs. 1 (geändert)1 Gegen Entscheide der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und ge-gen ärztliche Verfügungen im Sinne von Artikel 66a Absätze 1 und 3 kann beim Verwaltungsgericht Beschwerde geführt werden (Art. 450 ZGB).

Art. 70a (neu)1 Die Behörde kann die von einer bestehenden oder künftigen Kindes- oder Erwachsenenschutzmassnahme betroffenen Familien auffordern einen Fa-milienrat durchzuführen.

Art. 76 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert), Abs. 3 (geändert)1 Als Beistandsperson kann jede natürliche Person ernannt werden, welche die für die vorgesehenen Aufgaben notwendigen persönlichen und fachli-chen Voraussetzungen erfüllt (Art. 400 ZGB).2 Betreuungs- und Verwaltungsmandate, welche die Kindes- und Erwach-senenschutzbehörde nicht einer geeigneten Privatperson gemäss Absatz 1 überträgt, können Berufsbeistandspersonen übertragen werden.3 Berufsbeistandspersonen werden nach den Bestimmungen des kantonalen Personalrechts angestellt, soweit sie nicht im Auftragsverhältnis arbeiten.

Art. 85 Abs. 1 (geändert)1 Die Rechnung der Beistandsperson muss alle Einnahmen und Ausgaben während der Rechnungsperiode enthalten, mit den erforderlichen Belegen versehen sein und den Bestand des verwalteten Vermögens ausweisen.

Art. 91 Abs. 1 (geändert), Abs. 3 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde legt die Vergütung und den Spesenersatz der Beistandspersonen im Einzelfall fest (Art. 404 Abs. 2 ZGB).

5

3 Der Regierungsrat erlässt die weiteren erforderlichen Bestimmungen über die Berufsbeistandschaft und über die Vergütungen der Beistandspersonen (Art. 404 Abs. 3 ZGB) sowie der Vorsorgebeauftragten (Art. 366 Abs. 1 ZGB).

Art. 104a Abs. 4 (aufgehoben)4 Aufgehoben.

Art. 112 Abs. 1 (geändert)1 Jede Person, welche eine Erbschaft auszuschlagen beabsichtigt, hat dem Kantonsgerichtspräsidenten den Nachweis darüber zu leisten, dass sie erb-berechtigt ist.

Art. 114 Abs. 1 (geändert)1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde oder ein von ihr bestellter Sachwalter hat nach Eingang der Anzeige die Inventarisierung (Art. 581 ZGB) in der Regel binnen dreier Monate zu vollenden. Falls erforderlich, be-auftragt sie einen Sachwalter zur Verwaltung der Erbschaft.

Art. 118 Abs. 1 (geändert)1 Die Bestimmungen über das öffentliche Inventar (Art. 113–117) finden sinn-gemässe Anwendung auf den Rechnungsruf gemäss Artikel 592 ZGB.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Juli 2019 in Kraft.

6

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§ 5 Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen (Förderung der medizinischen Grundversorgung)

Die Vorlage im Überblick

Der Landsgemeinde wird eine Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen (Gesundheitsge-setz, GesG) unterbreitet. Mit dieser soll die medizinische Grundversorgung im Kanton Glarus stärker gefördert werden.

Ausgangslage

Der Kanton Glarus hat in der Vergangenheit verschiedenste Massnahmen unternommen, um die am-bulante medizinische Grundversorgung zu fördern. Diese wird insbesondere – aber nicht nur – durch Hausärztinnen und -ärzte sichergestellt. Im Vordergrund stand dabei die Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Ärztinnen: Seit 2008 läuft das Projekt Praxisassistenz mit beachtlichem Erfolg. 2016 hat die Landsgemeinde einer interkantonalen Vereinbarung zur Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung zugestimmt. Hinzu kamen kantonale Aufträge, das Angebot der ambulanten medizinischen Grund-versorgung auszubauen, um die Unterversorgung in bestimmten Bereichen auszumerzen. So ent-standen am Kantonsspital Glarus (KSGL) eine allgemeinpsychiatrische Tagesklinik, der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst und eine Kinderarztpraxis. Dieser grosse Aufwand reicht jedoch nicht aus, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.

Strategie zur Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung

Der Regierungsrat hat vor diesem Hintergrund eine Strategie zur Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung erarbeitet. Sie basiert auf fünf Säulen. Der Kanton fördert:1. Aus-, Weiter- und Fortbildung;2. innovative Vorhaben;3. einzelne Grundversorger;4. sogenannte kollektive Anreizsysteme; und 5. den ärztlichen Notfalldienst.

Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen

Mit der Änderung des Gesundheitsgesetzes werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um die-se Strategie umzusetzen. Sie verpflichtet den Kanton, die medizinische Grundversorgung im Kanton zu fördern und gibt ihm die Möglichkeit (nicht aber die Pflicht), diese mit finanziellen Beiträgen zu stützen. Zudem wird eine Grundlage geschaffen, dass auch die Gemeinden in Absprache mit dem Kanton einzelne Grundversorgungsangebote von lokalem Interesse fördern können. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips werden Kanton und Gemeinden allerdings nur dann aktiv, wenn Marktmecha-nismen nicht oder ungenügend spielen und geeignete Massnahmen fehlen. In den Artikeln 22b–22h des Gesundheitsgesetzes werden die gesetzlichen Grundlagen für folgende Stützungsmassnahmen geschaffen: – Aus- und Weiterbildung: Mittel dazu sind das Projekt Praxisassistenz sowie die Vereinbarung zur

Finanzierung der Weiterbildung. Das Projekt Praxisassistenz ist erfolgreich gestartet. Es führt dazu, dass sich immer wieder junge Hausärztinnen und -ärzte in einer Praxis im Kanton niederlassen. Die Bemühungen sollen deshalb intensiviert werden, indem die Anzahl Praxisassistenzstellen ver-doppelt wird. Der Kanton prüft zudem in Zusammenarbeit mit dem KSGL, ein Curriculum Haus-arztmedizin einzurichten. Junge Ärzte und Ärztinnen könnten mit einem solchen Curriculum noch stärker motiviert werden, im Kanton tätig zu werden.

– Förderung innovativer Vorhaben: Zur Förderung der Grundversorgung sollen Initiativen, Pro- gramme oder Projekte gefördert werden können, welche die Grundversorgung verbessern. Ein Pilotprojekt ist im Bereich Advanced Practice Nurse (APN) bereits gestartet. APN sind klinische Pflegeexpertinnen und -experten, die dank ihrer Ausbildung die Hausärzte entlasten können. Ihr Aufgabengebiet umfasst die Betreuung von chronisch kranken Patientinnen und Patienten inklu- sive Visiten in Alters- und Pflegeheimen, Sprechstunden für Patienten mit komplexen gesund-heitlichen Problemen sowie die Übernahme von Aufgaben im Bereich der Schulgesundheit oder von Schwangerschaftskontrollen. Sie arbeiten Hand in Hand mit Hausärztinnen und -ärzten und entlasten diese in klar definierten Fällen. Sie sind eingebunden in eine Hausarztpraxis und unter-stehen der Aufsicht des Arztes bzw. der Ärztin. Eine APN unterstützt aktuell die Ärzte bei der

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medizinischen Versorgung des Sernftals, sowohl was mobile als auch immobile Patientinnen und Patienten betrifft. Der Kanton soll solche Vorhaben finanziell unterstützen können, wenn sie der Förderung der medizinischen Grundversorgung dienlich sind.

– Förderung einzelner Grundversorger: Gruppenpraxen bzw. Gesundheitszentren ersetzen immer mehr Einzelpraxen. Ärzte und Ärztinnen möchten gerne angestellt sein, nicht zuletzt, um das wirt-schaftliche Risiko zu minimieren. Auch möchten sie zwecks Vereinbarkeit von Beruf und Familie vermehrt in einem Teilzeitpensum arbeiten. Zudem wünschen sie sich geregelte Arbeitszeiten; Nacht- und Wochenenddienst sind nicht attraktiv. Die Einzelpraxis ist ein Auslaufmodell. Der Kanton und die Gemeinden sollen neu bei der Errichtung von Gesundheitszentren und Grup-penpraxen eine Unterstützung leisten können, wobei dieses Engagement an Bedingungen und Auflagen geknüpft wird. Sie kommt dann in Frage, wenn eine offensichtliche Unterversorgung festzustellen oder die Eigeninitiative nicht erfolgreich ist.

– Schaffung von kollektiven Anreizsystemen: Kollektive Anreizsysteme für Grundversorger können helfen, den Zugang der Bevölkerung zu versorgungspolitisch sinnvollen medizinischen Leistungen sicherzustellen. Ein grosses Problem ist der tiefe TARMED-Taxpunktwert (Tarif), mit dem die Arbeit der Hausärzte in der Ostschweiz abgegolten wird. Falls der Taxpunktwert weiterhin auf diesem tiefen Niveau verharren sollte, könnte als ein möglicher Beitrag zur Sicherstellung der Grund- und Notfallversorgung allenfalls ein leicht höherer Taxpunktwert in Betracht gezogen werden. Die Erhöhung müsste aber über kantonale (Steuer-)Mittel finanziert werden.

– Unterstützung ärztlicher Notfalldienst: Immer weniger Patientinnen und Patienten verfügen über einen eigenen Hausarzt. Dies führt dazu, dass zunehmend der Spitalnotfall aufgesucht wird. Die Ärztegesellschaft testete im Rahmen eines Pilotprojekts, eine Notfallpraxis am Spital durch die Hausärzte zu betreiben. Es liegen noch keine Schlussfolgerungen vor. Ob sich Änderungen in der Notfallversorgung aufdrängen, kann nach Evaluation des Pilotprojekts beurteilt werden. Weitere Synergien könnten sich über eine vertiefte Zusammenarbeit mit der REGA-Basis in Mollis erge-ben. So soll der ärztliche Notfalldienst, der zurzeit sehr gut funktioniert, langfristig sichergestellt werden.

Anpassung an Bundesrecht

Die Änderung des Gesundheitsgesetzes wird zudem genutzt, um die Bestimmungen über die Berufe im Gesundheitswesen an geänderte bundesrechtliche Vorgaben anzupassen. Das neue Bundes-gesetz über die Gesundheitsberufe (GesBG) regelt unter anderem die Berufsausübung verschiede-ner nicht universitärer Gesundheitsberufe in eigener fachlicher Verantwortung, die sich bisher nach kantonalem Recht gerichtet hat. Die Kantone können hier keine abweichenden Regelungen mehr vorsehen. Nach kantonalem Recht bleiben folgende nichtuniversitären Gesundheitsberufe bewilli-gungspflichtig: – Dentalhygienikerin und Dentalhygieniker– Drogistin und Drogist– Heilpraktikerin und Heilpraktiker– Logopädin und Logopäde– Medizinische Masseurin und Medizinischer Masseur– Podologin und Podologe

Der Landrat nahm an der regierungsrätlichen Vorlage nur wenige Änderungen vor. Insbesondere soll dem Kanton die Hauptverantwortung für die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung zukommen. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde einstimmig, der entsprechend bereinigten Vorlage zuzustimmen.

1. Ausgangslage

Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist für die Glarner Bevölkerung das wichtigste The-ma. Dies zeigte eine Bevölkerungsbefragung im Auftrag des Regierungsrates aus dem Jahr 2017. In den nächsten Jahren stehen jedoch grosse Herausforderungen in der Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung an. Drei zentrale Veränderungen sind zu erwarten: 1. Die Zunahme an betagten und hochbetagten Menschen2. Der zunehmende Bedarf nach ausgebildeten Fachpersonen/Ärzten3. Die bereits beschleunigte Veränderung von Ansprüchen und Angebotsstrukturen

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Um die Gesundheitsversorgung angesichts dieser Herausforderungen langfristig gewährleisten und fi-nanzieren zu können, definierte der Landrat im Leitbild Gesundheit im 2014 die strategischen Ziele und Schwerpunkte des Gesundheitswesens im Kanton bis ins Jahr 2030. Ein zentrales Ziel ist der Erhalt der nahen und bedarfsgerechten Grundversorgung.

In Bezug auf die ärztliche Grundversorgung zeichnet sich im Kanton Glarus ein Versorgungsengpass – zumindest in einzelnen Regionen (Glarus Süd) und in einzelnen Bereichen (Pädiatrie, Psychiatrie) – ab. Einige Hausärzte im Kanton erreichen in den nächsten Jahren das Pensionsalter. Lange haben sich die Ärztinnen und Ärzte erfolgreich um eine Nachfolge gekümmert. Das hat sich mittlerweile geändert. Wie in den meisten Regionen der Schweiz ist es auch in Glarus nicht mehr einfach, eine Nachfolge zu finden. Mit der Pensionierung von einem der zwei Pädiater im Kanton Glarus per Ende November 2017 und der Pensionierung des einzigen Hausarztes im Sernftal per Ende Juli 2018 verschlechterte sich die pädiatrische Versorgung im Kanton bzw. die ärztliche Grundversorgung der Bevölkerung des Sernftals erheblich. Beide Ärzte konnten trotz intensiver und langer Suche keine Nachfolgerin bzw. keinen Nach-folger für ihre Praxis finden.

Um der pädiatrischen Unterversorgung zu begegnen, hat der Regierungsrat dem Kantonsspital Glarus (KSGL) einen Leistungsauftrag für eine pädiatrische Praxis im Kantonsspital erteilt, die im Juni 2018 eröffnet werden konnte. Zur Sicherstellung der ärztlichen Grundversorgung der Bevölkerung des Sernf-tals beschloss er im August 2018 verschiedene Sofortmassnahmen. Die beteiligten Akteure (Hausärzte, KSGL, Departement Finanzen und Gesundheit) sind sich jedoch einig, dass diese Sofortmassnahmen die Versorgung nur in einer Übergangszeit gewährleisten können. Mittel- bis langfristig sind andere, nachhaltigere Massnahmen erforderlich.

Die direkte Förderung und Unterstützung der ambulanten medizinischen Grundversorgung durch die öffentliche Hand bedeutet einen eigentlichen Paradigmawechsel. Der Kanton war bisher aufgrund des Bundesrechts lediglich verpflichtet, die stationären Spitalaufenthalte der Glarner Bevölkerung mit min-destens 55 Prozent zu finanzieren. Die jährlichen Ausgaben belaufen sich auf rund 40 Millionen Franken (2018). Hinzu kommen gemeinwirtschaftliche Leistungen für das KSGL von rund 4 Millionen Franken pro Jahr.

Hingegen erfolgten bei der ambulanten medizinischen Grundversorgung Förder- und Unterstützungs-massnahmen durch den Kanton oder die Gemeinden mit Blick auf den freien Wettbewerb bisher mit grösster Zurückhaltung. Der Kanton Glarus fokussierte sich bisher auf die Aus- und Weiterbildung der angehenden Ärztinnen und Ärzte. So trat die Landsgemeinde 2016 der Interkantonalen Vereinbarung über die kantonalen Beiträge an die Spitäler zur Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung und de-ren Ausgleich unter den Kantonen (Weiterbildungsfinanzierungsvereinbarung, WFV) bei. Der Landrat stimmte bereits im Jahr 2007 der Einführung des Projekts Praxisassistenz zu.

Mit der Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen (Gesundheitsgesetz, GesG) sollen nun einerseits die Rolle des Kantons hinsichtlich der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Grund-versorgung geklärt und andererseits die rechtlichen Grundlagen für eine Reihe von Massnahmen ge-schaffen werden. Die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze sind dabei im Auge zu behalten: Es sind alle Akteure rechtsgleich zu behandeln; der Kanton darf nicht willkürlich handeln; es muss ein öffentliches Interesse für die staatlichen Massnahmen oder Finanzierungen vorhanden sein; die Mass-nahmen müssen verhältnismässig sein und eine gesetzliche Grundlage haben.

Die Änderung des Gesundheitsgesetzes wird zudem genutzt, um die Bestimmungen über die Berufs-ausübung an die geänderten bundesrechtlichen Vorgaben anzupassen. Kein Gegenstand der Gesetzes- änderung ist die Stärkung der Langzeitpflege. Diese erfolgt in Zusammenhang mit dem Pflegegesetz, das der Landsgemeinde 2020 unterbreitet werden soll.

2. Medizinische Grundversorgung

2.1. Begriff

Der Begriff der medizinischen Grundversorgung umfasst die Versorgung der Bevölkerung mit grund-legenden präventiven, kurativen, rehabilitativen und palliativen medizinischen Gütern und Dienstleis-tungen. Die Leistungen der medizinischen Grundversorgung werden nicht von einer einzelnen Berufs-gruppe, sondern von verschiedenen Fachpersonen und Institutionen erbracht. Für die Umschreibung der Grundversorgung ist massgebend, dass deren grundlegende Leistungen erfahrungsgemäss regel-mässig von der breiten Bevölkerung oder den einzelnen Bevölkerungsgruppen potenziell oder effektiv beansprucht werden und dies auch zukünftig der Fall sein wird.

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Im Folgenden bezieht sich der Begriff der medizinischen Grundversorgung auf die ambulante Grund-versorgung der Bevölkerung. Die ambulante medizinische Grundversorgung wird durch ärztliche Grundversorgerinnen und Grundversorger sowie weitere Gesundheitsfachpersonen und Institutionen (z. B. Spitex) gewährleistet. Zu den ärztlichen Grundversorgerinnen und Grundversorgern gehören Ärztinnen und Ärzte mit Praxistätigkeit und Weiterbildungstitel «Allgemeinmedizin», «Innere Medizin» und neu «Allgemeine Innere Medizin», «Kinder- und Jugendmedizin», «Frauenheilkunde», «Psychiatrie» sowie «praktische Ärztin/praktischer Arzt». Unter die weiteren Gesundheitsfachpersonen fallen die Angehörigen der nach den Bestimmungen des Gesundheitsgesetzes bewilligungspflichtigen Berufe sowie Assistenzberufe wie medizinische Praxisassistentinnen und -assistenten.

Hausärztinnen und Hausärzte, Kinderärztinnen und Kinderärzte, Pflegefachpersonen, Apothekerinnen und Apotheker sowie Physio- und Ergotherapeutinnen und -therapeuten usw. kümmern sich heute in der Schweiz um nicht weniger als 90 Prozent aller Gesundheitsprobleme. Die medizinische Grundver-sorgung ist also das Herzstück des Gesundheitssystems – und damit schlicht unverzichtbar.

Die stationäre medizinische Grundversorgung wird durch das KSGL und die Alters- und Pflegeheime gewährleistet. Sie funktioniert heute gut und ist daher nicht Gegenstand der Vorlage.

2.2. Sicherstellung der Gesundheitsversorgung im Gesetz

Gemäss Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b GesG nimmt der Kanton die Sicherstellung der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung einschliesslich der Rettungsdienste wahr, soweit dafür nicht die Gemeinden oder Dritte zuständig sind. Die Gemeinden sind gemäss Gesundheitsgesetz insbe-sondere für die Sicherstellung der stationären und ambulanten Langzeitpflege zuständig. Soweit nicht andere Organe zuständig sind, obliegt die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung dabei dem Re-gierungsrat.

Auch wenn der Kanton für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung – mit Ausnahme der Lang-zeitpflege – zuständig ist, benötigt er für sein Handeln aufgrund des Gesetzesmässigkeitsprinzips wei-tere generell-abstrakte Rechtsnormen, die genügend bestimmt sind. Das Gesundheitsgesetz definiert daher in Kapitel 4.1 (Art. 16–22a) die möglichen Leistungen von Kanton und Gemeinden bezüglich der Gesundheitsversorgung. Der Kanton kann indirekt über das Kantonsspital auf die Versorgungs-situation einwirken. Der Regierungsrat kann zudem die Organisation und Finanzierung des Rettungs-wesens in eigener Kompetenz regeln und für innovative oder wohnortnahe ambulante Angebote bzw. Versorgungsmodelle Vereinbarungen abschliessen und Beiträge gewähren. Weitere Kantonsbeiträge an Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, die im öffentlichen Interesse liegen, sind gemäss Artikel 21 im Rahmen der verfassungsmässigen Finanzkompetenzen möglich.

2.3. Versorgungssituation

2.3.1. Ärztliche Versorgungssituation in der Schweiz

2017 waren 36 900 Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz berufstätig (15 497 Frauen, 21 403 Männer). Die Männer sind derzeit noch in der Mehrheit. Seit 2005 schliessen aber konstant mehr Frauen als Männer ein Medizinstudium ab. Die Anzahl der Vollzeitstellen beträgt 32 586, was auf ein durchschnittliches Pensum von 89 Prozent schliessen lässt. 51 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sind ambulant tätig, davon sind beinahe zwei Drittel Grundversorger. 47 Prozent arbeiten im stationären Bereich bzw. in einem Spital.

Durchschnittlich arbeiten 4,3 Ärztinnen und Ärzte pro 1000 Menschen in der Schweiz. Damit liegt die Schweiz über dem Durchschnitt der OECD-Länder von 3,4 Ärztinnen und Ärzte pro 1000 Einwohner. In den städtischen Gebieten stehen deutlich mehr Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung als in den ländli-chen. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Spitäler vorwiegend in städtischen Gebieten angesiedelt sind. Aber auch im ambulanten Sektor sind die berufstätigen Ärztinnen und Ärzte über die Kantone hinweg sehr unterschiedlich verteilt (s. nachfolgende Abbildung). Der Kanton Glarus liegt dabei mit einer Ärztedichte von 1,0 Grundversorger pro 1000 Einwohner (CH: 1,5) bzw. 1,4 ambulant tätigen Ärzten pro 1000 Einwohner (CH: 2,2) auf Rang 21 bzw. 22 aller Kantone.

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Im Hinblick auf die künftige Versorgung ist einerseits auf das hohe und steigende Durchschnittsalter der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte hinzuweisen. Betrug das Durchschnittsalter im Jahr 2008 noch 53,0 Jahre, lag es 2017 schon bei 54,8 Jahren. Andererseits ist ein zunehmender Trend zur Teilzeitarbeit feststellbar. Arbeiteten ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2008 noch durch-schnittlich 8,7 Halbtage pro Woche, sank dieser Wert bis 2017 auf 8,1 Halbtage pro Woche. Einen grossen Einfluss hat der steigende Frauenanteil von aktuell 38,1 Prozent im ambulanten Sektor gegen-über 33,6 Prozent im 2008, zumal das Arbeitspensum der Frauen bei «nur» 6,9 Halbtagen pro Woche lag. Dieser Trend hat ferner auch Auswirkungen auf die Praxisstruktur. So waren im 2017 nur noch 53,7 Prozent der Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor in Einzelpraxen tätig, womit dieser Anteil seit 2008 um gut 8 Prozent abgenommen hat.

Diese Entwicklungen zeigen, dass es künftig mehr Ärztinnen und Ärzte brauchen wird, um die ambu-lante Versorgung bei einer stabilen Demografie auf dem heutigen Niveau halten zu können. Werden zudem das Bevölkerungswachstum und insbesondere die Alterung der Bevölkerung berücksichtigt, steigt der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten noch stärker an. Schliesslich wird ein erheblicher Teil der angehenden Ärztinnen und Ärzte auf Teilzeitbasis arbeiten, was ebenfalls zu berücksichtigen ist.

2.3.2. Ärztliche Versorgungssituation im Kanton Glarus

Im Kanton Glarus waren 2017 gemäss der FMH-Ärztestatistik 41 Ärztinnen und Ärzte als Grundver-sorgerinnen und Grundversorger im ambulanten Sektor tätig. Dies entspricht einer Ärztedichte von einem Arzt pro 1000 Einwohner. Gemäss einer Umfrage der Glarner Ärztegesellschaft belief sich das Arbeitspensum der Grundversorgerinnen und Grundversorger per Mitte 2018 auf 31,55 Vollzeitstellen. Grundversorgerinnen und Grundversorger mit Hauptfachgebiet Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Psychiatrie und Psychotherapie sind in diesen Zahlen nicht berücksichtigt.

Die Anzahl der Grundversorgerinnen und Grundversorger erhöhte sich wie auch die Ärztedichte von 2009 bis 2014 mit Ausnahme eines Einbruchs im Jahr 2010. Seither ist nun aber wieder ein Rückgang feststellbar. Insbesondere im Jahr 2017 war ein Rückgang um fünf Grundversorgerinnen und Grund-versorger zu verzeichnen, was zu einer stark rückläufigen Ärztedichte führte. Kritisch ist nicht nur die sinkende absolute Anzahl an Grundversorger, sondern auch deren Altersstruktur und regionale Ver-teilung über den Kanton. So sind bereits heute acht der 41 Grundversorgerinnen und Grundversorger älter als 65 Jahre. Weitere 16 Grundversorgerinnen und Grundversorger werden dieses Alter in den nächsten zehn Jahren erreichen.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Verteilung nach Gemeinden (Stand 2016). Demnach liegt die Ärztedichte in der Gemeinde Glarus über dem schweizerischen Durchschnitt. In Glarus Nord liegt die Ärztedichte auf dem kantonalen Durchschnittsniveau, während sie in Glarus Süd deutlich unter dem Durchschnitt liegt.

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2.4. Trends in der Hausarztmedizin

Das traditionelle Modell der Hausarztpraxis mit einem Mediziner, der praktisch rund um die Uhr für die Patientinnen und Patienten erreichbar ist, ist vom Aussterben bedroht. Die kommende Generation von Grundversorgern wird mehrheitlich im Teilzeitpensum arbeiten und in einer Gruppenpraxis angestellt sein.

Gemäss einer Umfrage des Verbands der jungen Ärzte Schweiz unter seinen Mitgliedern wünschen sich Frauen ein Arbeitspensum von 60 bis 70 Prozent, Männer ein solches von 80 Prozent. Als Faust-regel gilt darum, dass es 1,7 Medizinabsolventen braucht, um einen «traditionellen» Hausarzt, der oft mehr als 100 Prozent arbeitet, zu ersetzen. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit hat bei den angehenden Ärztinnen und Ärzten eine hohe Priorität. Das Familienmodell, bei dem beide Partner arbeiten und sich um die Familie kümmern, ist speziell unter Akademikern weit verbreitet. Insbesondere junge Mediziner wünschen sich eine stärkere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit. Im Sinne einer familiengerechten Work-Life-Balance entscheiden sich immer mehr gegen eine Vollzeitstelle. Aber auch bei den Ärztinnen und Ärzten mit einem Vollzeitpensum besteht das Bedürfnis, durch flexible, planbare Arbeitszeiten mit einem – zumindest begrenzt – eigenverantwortlichen Gestaltungsspielraum hinsichtlich Arbeitszeit, berufliche und private Interessen besser in Einklang zu bringen. Sehr gesucht und beliebt sind darum Stellen mit geregelten Arbeitszeiten oder mit wenig Bereitschaftsdiensten.

Die Ärztinnen und Ärzte sind nach der Ausbildung meist finanziell nicht in der Lage, eine bestehende Praxis zu übernehmen. Sie meiden das unternehmerische Risiko, das mit der finanziellen Last ver-bunden ist.

3. Zielvorgaben

Im Leitbild Gesundheit definierte der Landrat im 2014 die strategischen Ziele und Schwerpunkte des Gesundheitswesens im Kanton bis ins Jahr 2030. Dadurch soll eine langfristige Planung der Gesund-heitsversorgung ermöglicht werden. Die definierten Ziele in Form von sieben Leitsätzen sind:1. Erhaltung der nahen und bedarfsgerechten Grundversorgung.2. Stärkung der Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung.3. Gesundheitsförderung und Prävention findet in angemessenem Kosten-Nutzen-Verhältnis statt, ist

wirtschaftlich und zweckmässig.4. Sicherstellung der Versorgung chronisch kranker Menschen und Förderung der Gesundheit im Alter.5. Stärkung der ambulanten Versorgung.6. Sicherstellung von genügend Gesundheitspersonal und Förderung der unternehmerischen Perspek-

tiven.7. Der einzelne Mensch nimmt seine Eigenverantwortung wahr.

Im Hinblick auf die medizinische Grundversorgung stehen insbesondere die Leitsätze 1 und 6 im Vor-dergrund. Aber auch die anderen Leitsätze sind bedeutsam, um diese Ziele zugunsten der Glarner Bevölkerung erreichen zu können.

4. Ergriffene Massnahmen für die medizinische Grundversorgung

Im Folgenden werden die bereits ergriffenen Massnahmen zur Förderung der medizinischen Grundver-sorgung auf nationaler und kantonaler Ebene stichwortartig wiedergegeben.

4.1. Massnahmen des Bundes

Der 2014 in die Bundesverfassung aufgenommene Artikel 117a verpflichtet Bund und Kantone, für eine allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität zu sorgen. Dabei bleiben die bisherigen Kompetenzen von Bund und Kantonen erhalten. Die Bestimmung bildet die Grundlage, um die bestehenden und sich abzeichnenden Probleme in der Grundversorgung anzugehen.

Glarus Nord 19 4 12,65 1,1Glarus 20 6 12,90 1,6Glarus Süd 7 3 6,00 0,7Kanton 46 13 31,55 1,1

AktiveGrundversorger

davon >60 Jahre Vollzeitäquivalent Ärztedichte(Grundversorger / 1000 Einwohner)

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Der vom Eidgenössische Departement des Innern (EDI) und der Schweizerischen Konferenz der kan-tonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) im Juni 2012 lancierte Masterplan «Haus-arztmedizin und medizinische Grundversorgung» wollte die anerkannten Probleme im Bereich der medizinischen Grundversorgung im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten rasch angehen und lösen. Hauptelemente sind unter anderem eine Verstärkung der Weiterbildung samt Sicherung ihrer Finanzierung sowie die Förderung neuer Versorgungsmodelle, Anreize für eine regional ausgewogene Versorgung und Unterstützung neuer Notfalldienstmodelle (inkl. adäquater Abgeltung). Auch sollte das Tarifwerk zur Abgeltung der ambulanten Leistungen umfassend revidiert werden. Der Masterplan war erfolgreich.

Mit der «Strategie gegen den Ärztemangel und zur Förderung der Hausarztmedizin» unterstützte der Bund die Kantone mit einem Sonderprogramm von 100 Millionen Franken, damit diese ihre Ausbil-dungskapazitäten im Bereich der Humanmedizin zwischen 2017 und 2020 weiter erhöhen können. Da-mit sollen die Ausbildungsabschlüsse von heute rund 800–900 pro Jahr bis 2025 auf insgesamt 1300 erhöht und die Auslandabhängigkeit verringert werden. Zudem sollen die Verluste an ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte minimiert und die Chancengleichheit in Bezug auf die Wahl der Spezialisierung verbessert werden. Ebenfalls sind neue Versorgungsmodelle, die nicht nur dem Bedarf einer älter wer-denden Bevölkerung, sondern auch den Berufsvorstellungen der Gesundheitsfachpersonen besser gerecht werden, zu entwickeln. Schliesslich sind auch andere Gesundheitsberufe – zur Entlastung und Ergänzung der Ärztinnen und Ärzte – vermehrt in die Versorgung einzubeziehen. Der Bericht des Bun-desrates enthält eine Reihe von Empfehlungen zur Aus- und Weiterbildung, zur Berufsausübung und zur Tarifstruktur. Bei verschiedenen Empfehlungen liegt der Lead bei den Kantonen.

4.2. Massnahmen des Kantons Glarus

Teilweise gestützt auf diese Massnahmen des Bundes blieb auch der Kanton Glarus nicht untätig. Bei der Finanzierung der ärztlichen Aus- und Weiterbildung wurden ab 2007 mit dem Projekt Praxisassis-tenz entsprechende Programme geschaffen und vom Kanton mitfinanziert. Es hat das Ziel, den Nach-wuchs bei den Hausärztinnen und Hausärzten zu fördern. Eine Praxisassistenz dauert in der Regel sechs Monate. Sie erlaubt Assistenzärztinnen und Assistenzärzten in den Fachrichtungen Allgemeine Innere Medizin und Pädiatrie eine Weiterbildung bei erfahrenen Hausärztinnen und Hausärzten bzw. Pädiatern in der Praxis. Während der Praxisassistenz werden nicht nur die erforderlichen Kompeten-zen für den Hausarztberuf erworben, sondern die angehenden Ärztinnen und Ärzte werden dank kon-kreter Erfahrungen auch für dieses Berufsfeld motiviert, was wiederum einen positiven Einfluss auf das Berufsbild des Grundversorgers hat. Aufgrund des Projekterfolgs beschloss der Landrat 2013, dieses unbefristet weiterzuführen. Bis Ende 2017 absolvierten 13 Personen das Programm Praxisassistenz. Fünf Personen haben inzwischen eine kantonale Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung als Arzt im Kanton Glarus. Die Landsgemeinde 2016 beschloss zudem den Beitritt des Kantons Glarus zur Weiterbildungsfinanzierungsvereinbarung. Da das erforderliche Quorum von 18 Kantonen aber noch nicht erreicht wurde, konnte die Vereinbarung bisher nicht in Kraft treten (Stand Oktober 2018: 14 beigetretene Kantone). Mit dieser soll die Weiterbildung an den Spitälern finanziell angemessen abgesichert und eine gesamtschweizerisch möglichst gerechte Finanzierung sichergestellt werden.

Die Zulassung der Medikamentenabgabe (Selbstdispensation) durch Ärztinnen und Ärzte hat in Glarus Tradition. Zum einen ist die Medikamentenabgabe in der Praxis ein Dienst an den Patientinnen und Patienten, zum anderen ein willkommenes Zusatzeinkommen für die Hausärzte. Dies macht den Kanton Glarus attraktiv gegenüber den Kantonen, in welchen die Ärzte keine Medikamente abgeben dürfen.

Bezüglich Notfalldienst verpflichtet das Gesundheitsgesetz die Verantwortlichen seit 2014 zur Koordi-nation zwischen Notfalldienst der freiberuflichen Ärzteschaft und der Notfallstation des KSGL. Neu ge-schaffen wurde zudem eine gesetzliche Grundlage für die Befreiung vom Notfalldienst gegen Entrich-tung einer Ersatzabgabe. Die Koordination des Notfalldienstes der Hausärzte mit dem KSGL mündete in einem Pilotprojekt, wonach die Hausärzte ihren Notfalldienst an den Wochenenden zusammenlegen und in einer vorgelagerten Praxis am KSGL leisten.

Die Landsgemeinde führte bei der letzten Revision des Gesundheitsgesetzes im Jahr 2014 die Mög-lichkeit ein, dass der Regierungsrat mit anderen Kantonen oder Dritten Vereinbarungen über innovative oder wohnortnahe ambulante Angebote abschliessen kann, um den Zugang der Bevölkerung zu ver-sorgungspolitisch sinnvollen medizinischen Leistungen sicherzustellen.

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Gestützt auf diese Bestimmung leistet der Kanton u. a. Beiträge an die allgemeinpsychiatrische Tages-klinik der Psychiatrischen Dienste Graubünden am KSGL, an den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst Glarus, an die Kinderarztpraxis am KSGL oder an die Sofortmassnahmen im Sernftal. Letztere umfassen einerseits die Sicherstellung der ärztlichen Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner des Alters- und Pflegeheims Sernftal und von Hausbesuchen bei immobilen Patienten sowie anderer-seits die Entlastung von Hausärzten in Schwanden.

4.3. Massnahmen in anderen Kantonen

Zu ähnlichen oder gar weitergehenden Massnahmen waren auch verschiedene andere Kantone ge-zwungen (u. a. UR, GR, OW, NW, AG).

5. Strategie zur Förderung der medizinischen Grundversorgung

Die Gesetzgebung des Bundes macht Vorgaben bezüglich der Kompetenzen der Kantone in der Ge-sundheitsversorgung. Vereinfachend gesagt spielen die Kantone im stationären Bereich eine grosse Rolle, während im ambulanten Bereich eine Tätigkeit der Kantone zumindest bisher weder erwünscht noch rechtlich vorgesehen ist. Entsprechend engagieren sich der Kanton und die Gemeinden bisher grundsätzlich nur in Bereichen, in denen sie aufgrund der Bundesgesetzgebung aktiv sein müssen. So hat der Kanton gemäss dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) eine kantonale Spital-planung vorzunehmen. Ferner übernehmen die Kantone mindestens 55 Prozent der Vergütungen für stationäre Behandlungen in einem Spital. Ebenfalls haben die Kantone die Restfinanzierung der Pflege-kosten zu regeln. Im Kanton Glarus sind dafür die Gemeinden zuständig. Die Ausgaben des Kantons für die stationären Spitalbehandlungen der Kantonseinwohnerinnen und Kantonseinwohner belaufen sich auf rund 44 Millionen Franken pro Jahr (inkl. gemeinwirtschaftliche Leistungen). Die Gemeinden ihrer-seits bezahlen rund 8,8 Millionen Franken pro Jahr in Zusammenhang mit der Langzeitpflege.

Hingegen erfolgten bei der ambulanten medizinischen Grundversorgung bisher Förder- und Unter- stützungsmassnahmen durch den Kanton oder die Gemeinden aufgrund der Vorgaben der Bundes-gesetzgebung und mit Blick auf den freien Wettbewerb mit grosser Zurückhaltung und nur punktuell. Der Kanton fokussierte sich auf die Ausbildung der angehenden Ärztinnen und Ärzte.

5.1. Vorgehensweise

Das Departement Finanzen und Gesundheit gründete im Herbst 2017 eine Task Force bestehend aus Vertretern des Departements Finanzen und Gesundheit, des KSGL sowie der Glarner Ärztege-sellschaft. Die Arbeitsgruppe hatte die primäre Aufgabe, Sofortmassnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung im Sernftal zu definieren. Andererseits mussten Überlegungen angestellt werden, wie diese Sofortmassnahmen in eine langfristig nachhaltige Lösung überführt werden können. Die Problematik der drohenden Unterversorgung betrifft nicht nur das Sernftal. Der Kanton muss darum die Frage klären, wie in ähnlichen Fällen vorzugehen ist.

Die Gefahr einer drohenden Unterversorgung im Bereich der Hausarztmedizin ist in Glarus Süd am akutesten. In Gesprächen mit den Hausärzten von Glarus Süd kristallisierten sich folgende Massnah-men zu ihrer Unterstützung und Entlastung heraus:1. Übernahme Notfalldienst/Notfallnummer durch das KSGL ab 19.30 Uhr2. Verbesserung der Organisation des Notfalldienstes an den Wochenenden (z. B. durch die Errichtung

einer hausärztlichen Notfallpraxis am KSGL)3. Errichten einer pädiatrischen Sprechstunde am KSGL4. Kontaktaufnahme/Netzwerk mit Medizinabsolventen aus dem Kanton Glarus5. Finanzielle Unterstützung bei Praxiseröffnung und/oder Praxisübernahme eines Grundversorgers

(z. B. in Form eines Steuererlasses für zwei Jahre)6. Abschaffung des schulärztlichen Dienstes7. Taxpunktwert-Anpassung für die Grundversorger

Die Massnahmen 1 und 3 wurden bereits umgesetzt. Bezüglich Massnahme 2 lief ein Pilotprojekt, um Erfahrungen zu sammeln. Das KSGL hat zudem den Grundversorgern in Glarus Süd angeboten, den schulärztlichen Dienst bei Bedarf zu übernehmen (Massnahme 6). Eine Anpassung des Tarifs liegt nicht in der Kompetenz des Kantons (Massnahme 7). Die Tarife werden zwischen der Ärztegesell-schaft und den Verbänden der Krankenversicherer ausgehandelt. Erfolgt keine Einigung, setzt der Kanton den Tarif fest, wobei sich der Regierungsrat an die entsprechenden bundesrechtlichen Vorga-ben halten muss. Der Entscheid kann von beiden Parteien beim Bundesverwaltungsgericht juristisch überprüft werden. Somit verbleiben noch die Massnahmen 4 und 5, die einer genaueren Prüfung zu unterziehen sind.

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5.2. 5-Säulen-Strategie

Die kantonale Strategie zur medizinischen Grundversorgung zielt darauf ab, diese langfristig und damit nachhaltig sicherzustellen. Sie bietet jedoch keine Garantie, um eine Unterversorgung zu vermeiden. Der Hausärztemangel betrifft die ganze Schweiz. Der Kanton kann allerdings Massnahmen in die Wege leiten, um die Gefahr einer drohenden Unterversorgung zu minimieren. Er orientiert sich dabei an den Ansätzen in anderen Kantonen (insb. UR). Das Glarner Modell sieht eine 5-Säulen-Strategie zur Förderung der medizinischen Grundversorgung vor (s. nachfolgende Abbildung). Der Kanton – und bei Ziffer 3 bei lokalem Bedarf die Gemeinden – fördert:1. die Aus-, Weiter- und Fortbildung;2. innovative Vorhaben;3. einzelne Grundversorger (Errichtung von [Gruppen-]Praxen und Gesundheitszentren);4. kollektive Anreizsysteme; und 5. den ärztlichen Notfalldienst.

Der Kanton soll an diese Projekte unter bestimmten Bedingungen finanzielle Beiträge gewähren können.

5.2.1. Erste Säule: Förderung der Aus-, Weiter- und Fortbildung

Wie oben erwähnt, lag das Schwergewicht des Kantons bis anhin bei der Aus- bzw. Weiterbildung der Grundversorger (s. Ziff. 4.2). Einerseits gibt es das Projekt Praxisassistenz, andererseits die Weiterbil-dungsfinanzierungsvereinbarung. Das Projekt Praxisassistenz darf als erfolgreich bezeichnet werden. Es führt dazu, dass immer wieder junge Hausärzte sich in einer Praxis im Kanton niederlassen. Die Bemühungen sollen deshalb intensiviert werden, indem die Zahl der Praxisassistenzstellen verdoppelt wird.

Der Kanton prüft zudem in Zusammenarbeit mit dem KSGL, ein Curriculum Hausarztmedizin einzu-richten. Die jungen Ärztinnen und Ärzte könnten mit einem solchen Curriculum (Liste und Organisation von Assistenzstellen zur Erlangung der notwendigen Erfahrungen für ein FMH-Titel in «Allgemeine Innere Medizin») stärker motiviert werden, im Kanton tätig zu werden. Benachbarte Kantone wie Grau-bünden oder St. Gallen bieten über ihre Kantonsspitäler solche Programme an, wobei der Kanton 50 Prozent der Kosten übernimmt. Wie die Erfahrungen in Graubünden zeigen, nehmen die angehen-den Ärztinnen und Ärzte dieses Programm jedoch eher zurückhaltend in Anspruch. Sie stellen sich ihr Curriculum lieber selber zusammen. Aufgrund der verfügbaren Erfahrungswerte dürfte damit gerechnet werden, dass durchschnittlich alle vier Jahre ein solches Curriculum am Kantonsspital Glarus in Angriff genommen würde.

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5.2.2. Zweite Säule: Förderung innovativer Vorhaben

Wie die Erfahrung der jüngeren Vergangenheit zeigt, reicht eine rein auf Marktmechanismen ausgerich-tete Gesundheitspolitik nicht aus, um die notwendige medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleisten zu können oder um den Rückgang an Versorgungsangeboten in gewissen Regionen aufzufangen. Unternehmerisches Denken und Handeln, Innovationsfähigkeit, die Ausschöpfung be-stehender Potenziale und der Aufbau sowie die Optimierung und Verbesserung von Versorgungs-systemen sind elementare Faktoren für die künftige Sicherstellung der flächendeckenden medizini-schen Grundversorgung und damit für Glarus als attraktiven Wirtschafts- und Wohnkanton. Aus diesen Gründen soll eine Säule zur Förderung der Grundversorgung auf Initiativen, Programme oder Projekte fokussieren, welche die Versorgungsvoraussetzungen verbessern.

Ein Pilotprojekt betreffend Unterstützung von innovativen Vorhaben, um ein konkretes Beispiel zu nen-nen, ist im Bereich Advanced Practice Nurse (APN) bereits gestartet. Eine APN unterstützt die Ärztin-nen und Ärzte bei der medizinischen Versorgung des Sernftals, sowohl was mobile als auch immobile Patientinnen und Patienten betrifft. APN sind klinische Pflegeexpertinnen und -experten, die dank ihrer Ausbildung die Hausärzte entlasten können. Ihr Aufgabengebiet umfasst die Betreuung von chronisch kranken Patientinnen und Patienten inklusive Visiten in Alters- und Pflegeheimen, Sprechstunden für komplexe Patienten (Multimorbidität, sozial schwierige Situationen, viel Abklärungs-, Beratungs- und Koordinationsbedarf) sowie die Übernahme gewisser Aufgaben im Bereich der Schulgesundheit oder von Schwangerschaftskontrollen. Sie arbeiten Hand in Hand mit Hausärzten zusammen und entlasten sie in klar definierten Fällen. Sie sind eingebunden in eine Hausarztpraxis und unterstehen der Aufsicht des Arztes.

Innovative Versorgungsmodelle sind auf eine gute Vernetzung angewiesen. Eine Chance zur Steige-rung der Effektivität und Senkung der Kosten im Gesundheitswesen bietet die digitale Vernetzung zum Wohle der Patienten. Digitale Lösungen beinhalten insbesondere auch das Potenzial, die Gesundheits-versorgung zu verbessern (eHealth, elektronisches Patientendossier). Der Kanton soll diese Entwick-lungen finanziell unterstützen können, wenn sie der Förderung der medizinischen Grundversorgung dienlich sind.

5.2.3. Dritte Säule: Förderung einzelner Grundversorger

Die Trends in der Hausarztmedizin (s. Ziff. 2.4) zeigen, dass die angehenden Hausärzte drei Anforde-rungen haben: Erstens möchten sie gerne angestellt sein, nicht zuletzt um das wirtschaftliche Risiko zu minimieren. Zweitens suchen sie vielfach ein Teilzeitpensum zwecks Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Drittens wünschen sie sich geregelte Arbeitszeiten, Nacht- und Wochenenddienst wird als nicht attraktiv wahrgenommen. Eine Gruppenpraxis bzw. ein Gesundheitszentrum kann diesen Anfor-derungen gerecht werden. Bei einer Einzelpraxis ist dies nicht der Fall. Die Einzelpraxis ist ein Auslauf-modell, wie die aktuelle Situation zeigt: In Glarus Nord arbeiten mehr Hausärzte in einer Gruppenpraxis als in einer Einzelpraxis. Dies gilt auch für Glarus, wobei hier der Trend nicht so ausgeprägt ist. Einzig in Glarus Süd dominieren die Einzelpraxen. Dort gibt es erst ein Gesundheitszentrum.

Der Kanton soll sich auf die Entwicklungen fokussieren, die zukunftsträchtig sind. Er soll, wie von Ärztinnen und Ärzten gewünscht, bei der Errichtung von Gesundheitszentren und Gruppenpraxen eine finanzielle Unterstützung leisten können. Diese Strategiemassnahme ist ein klarer Eingriff des Kantons in die Marktfreiheit und muss deshalb an konkrete Bedingungen und Auflagen geknüpft werden. Es ist zu berücksichtigen, dass bereits verschiedene Ärztinnen und Ärzte aus eigener Kraft ihre Praxen in Gesundheitszentren und Gruppenpraxen umgestaltet haben. Eine rückwirkende Ausgestaltung dieser Massnahme würde zu erheblichen Vollzugsproblemen führen und kommt deshalb nicht in Frage. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Massnahme nur mit grosser Zurückhaltung zur Anwendung gelangen wird, um die rechtsgleiche Behandlung der verschiedenen Akteure zu gewährleisten. Sie kommt dann in Frage, wenn eine offensichtliche Unterversorgung im innerkantonalen Vergleich festzu-stellen oder die Eigeninitiative nicht erfolgreich ist (zum Beispiel infolge fehlender oder ungenügender Fremdfinanzierung). Die Unterstützung einer Einzelpraxis ist grundsätzlich nicht vorgesehen, ausser die Situation lässt dies als opportun erscheinen.

5.2.4. Vierte Säule: Schaffung von kollektiven Anreizsystemen

Kollektive Anreizsysteme für Grundversorger können helfen, den Zugang der Bevölkerung zu versor-gungspolitisch sinnvollen medizinischen Leistungen sicherzustellen. Ein grosses Problem ist der tiefe TARMED-Taxpunktwert (Tarif), den Hausärzte in der Ostschweiz für ihre Arbeit erhalten. Dieser beträgt 83 Rappen, während er im Kanton Jura – eine Region, die sich hinsichtlich Kostenstruktur für die Leis-tungserbringung mit dem Glarnerland vergleichen lässt – 97 Rappen beträgt. Ein Arzt im Jura verdient somit für die gleiche Arbeit rund 15 Prozent mehr als ein Hausarzt in der Ostschweiz.

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Die Attraktivität des Kantons für die zukünftigen Hausärzte ist umso grösser, je höher der Taxpunkt-wert ist. Die finanzielle Situation der ärztlichen Grundversorgerinnen und Grundversorger kann somit in erster Linie mit einer wirkungsvollen Gestaltung der Tarife verbessert werden. Dies liegt im Zuständig-keitsbereich der Tarifpartner bzw. des Bundes: Die Ärztegesellschaften handeln mit den Krankenver-sicherern den Taxpunktwert aus. Dieser muss sich gemäss Bundesgesetzgebung an den sogenannten WZW-Kriterien (wirksam, zweckmässig, wirtschaftlich) orientieren. Der Tarif darf nur so hoch sein, dass die Kosten für eine effiziente Leistungserbringung gedeckt sind. Falls der Taxpunktwert auf diesem tiefen Niveau weiterhin verharren sollte, müsste als konkreter Beitrag zur Sicherstellung der Grund- und Notfallversorgung allenfalls ein leicht höherer Taxpunktwert in Betracht gezogen werden. Dieser könnte aber nicht zulasten der Krankenversicherer gehen, sondern müsste über kantonale (Steuer-)Mittel finanziert werden.

5.2.5. Fünfte Säule: Unterstützung ärztlicher Notfalldienst

Die Notfallversorgung ist ein zentraler Bestandteil einer funktionierenden Grundversorgung. Die In-haber universitärer Medizinalberufe sind von Bundesrechts wegen verpflichtet, in dringenden Fällen Beistand zu leisten und nach Massgabe der kantonalen Vorschriften im Notfalldienst mitzuwirken. Im Kanton Glarus sind praktisch alle in der Grundversorgung tätigen Ärztinnen und Ärzte in den Notfall-dienst eingebunden. Die Standesorganisation organisiert den Notfalldienst in eigener Regie. Anderer-seits hat das KSGL den Auftrag, eine Notfallstation an 365 Tagen während 24 Stunden zu betreiben.

Der Notfalldienst im Kanton Glarus ist zurzeit sehr gut aufgestellt. Er ist auf einer qualitativ hohen Stufe organisiert mit allseits vollumfänglicher Erreichbarkeit und Zugänglichkeit für alle Patientinnen und Pa-tienten. Es bestehen einheitliche Notfallnummern, welche der Bevölkerung regelmässig in Erinnerung gerufen werden. Die Koordination zwischen dem KSGL und den Grundversorgern funktioniert bestens, die Übergaben in der Nacht führen zu einer deutlichen Entlastung der Hausärzte. Unterstützend stehen die Einsatzzentrale (Tel. 144), die Ambulanz und insbesondere auch die REGA zur Verfügung.

Handlungsbedarf wird sich dennoch früher oder später einstellen. Die Glarner Ärztegesellschaft weist darauf hin, dass die Bereitschaft sinkt, Notfalldienst zu leisten. Die Gründe dafür seien vielfältig. Einer-seits arbeiteten viele jüngere Medizinalpersonen nicht mehr in einer eigenen Praxis und zudem auf Teil-zeitbasis. Der Dienst sei infolge mangelnder Auslastung insbesondere in den Abendstunden und in der Nacht finanziell wenig attraktiv. Hinzu komme ein stark verändertes Patientenverhalten. Immer weniger Patientinnen und Patienten verfügten über einen eigenen Hausarzt. Dies führe dazu, dass zunehmend der Spitalnotfall aufgesucht werde. Dies gilt selbst für Bagatellfälle, die keine Spitalinfrastruktur erfor-dern und das Gesundheitssystem unnötig belasten würden.

Die Ärztegesellschaft testete im Rahmen eines Pilotprojekts, eine Notfallpraxis am Spital durch die Hausärzte zu betreiben. Es liegen noch keine Schlussfolgerungen vor. Ob sich Änderungen in der Not-fallversorgung aufdrängen, kann nach Evaluation des Pilotprojekts beurteilt werden. Weitere Synergien könnten sich über eine vertiefte Zusammenarbeit mit der REGA-Basis in Mollis ergeben. Hierzu laufen momentan ebenfalls entsprechende Abklärungen. Die Strategie zur Förderung der Hausarztmedizin muss in Anbetracht des veränderten Umfeldes als Ziel definieren, dass Synergien genutzt und Doppel-spurigkeiten vermieden werden. So soll der ärztliche Notfalldienst langfristig sichergestellt werden.

6. Weitere Änderungen

6.1. Bestimmungen zu den Berufen im Gesundheitswesen

Das neue Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe (Gesundheitsberufegesetz, GesBG) regelt unter anderem die Berufsausübung verschiedener nicht universitärer Gesundheitsberufe in eigener fachli-cher Verantwortung, die sich bisher nach kantonalem Recht gerichtet hat. In Übereinstimmung mit den neuen Bestimmungen des GesBG wird mit dessen Inkrafttreten auch der Geltungsbereich des Bun-desgesetzes über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG) sowie des Bun-desgesetzes über die Psychologieberufe (Psychologieberufegesetz, PsyG) auf die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung ausgedehnt. Neu ist somit nicht mehr nur die privatwirtschaftliche Berufsausübung, sondern auch die Berufsausübung im öffentlichen Dienst nach Bundesrecht bewilli-gungspflichtig. Damit regelt das Bundesrecht die Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung der in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Berufe abschliessend.

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Die Kantone können für diese Berufe keine abweichenden Regelungen vorsehen. Es steht ihnen aber frei, weitere Berufe oder, wenn sie es als notwendig und verhältnismässig erachten, auch die Aus-übung unter fachlicher Aufsicht zu regeln.

Im Kanton Glarus verbleiben mit Inkrafttreten des GesBG noch die folgenden nichtuniversitären Ge-sundheitsberufe gemäss kantonalem Recht bewilligungspflichtig:– Dentalhygienikerin und Dentalhygieniker– Drogistin und Drogist– Heilpraktikerin und Heilpraktiker– Logopädin und Logopäde– Medizinische Masseurin und Medizinischer Masseur– Podologin und Podologe

In Übereinstimmung mit dieser bundesrechtlichen Neuerung wird der Begriff «privatwirtschaftlich» auch aus dem kantonalen Gesundheitsgesetz gestrichen und dadurch die allgemeine Bewilligungs-pflicht für eine Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung auch bei den oben aufgelisteten nicht-universitären Gesundheitsberufen eingeführt. Die Voraussetzungen zur Erteilung und zum Entzug der Bewilligung sowie die beruflichen Pflichten, welche die Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungs-inhaber zu erfüllen haben, werden mit denjenigen des Bundesrechts harmonisiert. Somit gelten künftig für sämtliche bewilligungspflichtigen Berufe dieselben Bedingungen.

Bei der Berufsausübung unter Aufsicht wird zudem die heute bestehende Bewilligungspflicht für universitäre Medizinalpersonen sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten aufgehoben. Dafür müssen alle Bewilligungsinhaberinnen und -inhaber die Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht über Berufskolleginnen bzw. Berufskollegen vorgängig der zuständigen Verwaltungsbehörde melden und sind dieser gegenüber auch auskunftspflichtig.

Sodann werden weitere Lücken im kantonalen Recht geschlossen:– Das Gesundheitsgesetz bot dem Departement bisher keine Handhabe, durch Bewilligungsinhabe-

rinnen und Bewilligungsinhaber begangene Verstösse gegen berufliche Pflichten oder gegen andere Bestimmungen des Gesundheitsgesetzes in verhältnismässiger Art und Weise disziplinarrechtlich zu ahnden.

– Das Gesundheitsgesetz enthält bisher keine Bestimmungen zu den im Gesundheitsbereich zulässi-gen Auskündigungen.

Weitere Änderungen im Bereich der bewilligungspflichtigen Einrichtungen betreffen die Bewilligungs-pflicht für Einrichtungen zur ambulanten Gesundheitsversorgung, welche neu auf Organisationen der Hilfe und Pflege zu Hause beschränkt wird, sowie die allgemeinen Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebsbewilligung. Die Umschreibung dieser Bewilligungsvoraussetzungen war bisher auf Gesetzes-stufe äusserst abstrakt.

6.2. Aufhebung von Erlassen

Mit Inkrafttreten des totalrevidierten Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen auf den 1. Januar 2016 hob der Bund nicht nur das Epidemiengesetz vom 18. Dezem-ber 1970, sondern auch das Bundesgesetz vom 13. Juni 1928 betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose auf.

Damit sind auch das kantonale Vollziehungsgesetz vom 6. Mai 1934 sowie die landrätliche Vollzie-hungsverordnung zum Epidemiengesetz und die landrätliche Verordnung über das Desinfektionswe-sen gegenstandslos, zumal das neue Epidemiengesetz die Materie abschliessend regelt. Die Kantone verfügen ausser im Falle einer Kompetenzdelegation über keine eigene Gesetzgebungskompetenz.

Universitäre Medizinalberufe(MedBG)

– Ärztinnen/Ärzte– Zahnärztinnen/Zahnärzte– Chiropraktorinnen/ Chiropraktoren– Apotheker/-innen– Tierärztinnen/Tierärzte

– Psychologinnen/ Psychologen– Psychotherapeutinnen/ Psychotherapeuten

– Pflegefachfrau/-mann– Physiotherapeut/in– Ergotherapeut/-in– Hebamme– Ernährungsberater/-in– Optometrist/-in– Osteopath/-in

Psychotherapieberufe(PsyG)

Gesundheitsberufe(GesBG)

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Die erwähnten Erlasse sind daher im Rahmen der Änderung des Gesundheitsgesetzes formell aufzu-heben. Der Landrat hob die beiden landrätlichen Verordnungen an seiner Sitzung vom 6. Februar 2019 auf. Die Landsgemeinde ist noch für die Aufhebung des kantonalen Vollziehungsgesetzes vom 6. Mai 1934 zuständig.

7. Vernehmlassung

Der Regierungsrat führte bei den Gemeinden, den interessierten Verbänden, Organisationen und Fach-personen, den politischen Parteien, den Kantonen der GDK-Ost sowie Schwyz und Uri und den De-partementen der kantonalen Verwaltung eine Vernehmlassung zur Änderung des Gesundheitsgesetzes durch.

7.1. Vernehmlassungsergebnis

Insgesamt gingen 18 Stellungnahmen zum Vernehmlassungsentwurf ein. Die Änderung des Ge-sundheitsgesetzes und die Strategie zur Förderung der medizinischen Grundversorgung werden im Grundsatz von allen Vernehmlassungsteilnehmern unterstützt. Sie wird als sinnvoll, notwendig und weitsichtig begrüsst. Einzelne Vernehmlassungsteilnehmer wiesen auf die Bedeutung der weiteren Berufsgruppen, insbesondere im Bereich der Pflege, für die medizinische Grundversorgung hin. Diese sollen ebenfalls verstärkt gefördert werden. Eine leicht modifizierte 5-Säulen-Strategie wurde dann auch vorgeschlagen: Auch die Pflege und die Angehörigen seien in der Strategie zu erwähnen. Von-seiten der Leistungserbringer wurde insbesondere eine Gleichbehandlung zwischen sich neu nieder-lassenden und bestehenden Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grundversorgung ge-fordert. Die Gemeinden Glarus Nord und Glarus wünschten sich eine möglichst klare Abgrenzung zwischen Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grundversorgung von kantonalem und von kommunalem Interesse. Die Gemeinde Glarus Süd lehnte die Möglichkeit für die Gemeinden, Beiträge an einzelne Grundversorger zu gewähren, ab. Der Spitex-Kantonalverband forderte anstatt der Mit-finanzierungsmöglichkeit (Kann-Bestimmung) eine Mitfinanzierungspflicht. Zwei Vernehmlassungsteil-nehmer wiesen zudem auf die bestehende, hohe finanzielle Belastung der Gemeinden aufgrund der Pflegekosten hin. Die Änderungen der Bestimmungen über die Berufsausübung werden mit wenigen Hinweisen zur Kenntnis genommen.

7.2. Würdigung der Vernehmlassung

Die Vernehmlassung bestätigte die 5-Säulen-Strategie des Regierungsrates. Dieser hielt daher an den vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen grundsätzlich unverändert fest. Das Anliegen, die Pflege und die Angehörigen explizit in die Strategie aufzunehmen, erachtete der Regierungsrat zwar als gerecht-fertigt. Gemäss den Erläuterungen gehören neben der Hausarztmedizin auch weitere Berufsgruppen, insbesondere die Pflege, zur medizinischen Grundversorgung. Wenngleich also der Fokus der Vorlage auf der hausärztlichen Versorgung liegt, können gestützt auf die neuen Gesetzesgrundlagen bei Be-darf auch andere Berufsgruppen der medizinischen Grundversorgung unterstützt werden. Es ist zu-dem geplant, dass der Landsgemeinde 2020 in Zusammenhang mit der Umsetzung des Konzepts zur Stärkung der Langzeitpflege weitere Massnahmen zur spezifischen Förderung der Pflege unterbreitet werden sollen. Der Fokus auf die hausärztliche Versorgung wurde deshalb beibehalten und darum auf eine Umbenennung der Säulen verzichtet.

Die grösste Änderung im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage ist die Umsetzung der Forderung nach einer Gleichbehandlung von bestehenden und neuen Grundversorgern, die ein Anliegen der Leistungserbringer war. Es sollen nicht nur sich neu niederlassende Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grundversorgung, sondern grundsätzlich auch bestehende gefördert werden können (Art. 22e). Dies bedeutet aber nicht, dass die Unterstützung eines bestimmten (neuen oder bestehen-den) Grundversorgers auch einen Anspruch für andere Grundversorger zur Folge hat. Es handelt sich unverändert um eine Mitfinanzierungsmöglichkeit und keine Mitfinanzierungspflicht der öffentlichen Hand. Weder Kanton noch Gemeinden sind verpflichtet, Beiträge zu leisten. Die Bestimmung entfaltet auch keine Rückwirkung. Daneben wurden verschiedene Präzisierungen im Gesetzestext und in den Erläuterungen vorgenommen. Die Abgrenzung der medizinischen Grundversorgung im kantonalen oder kommunalen Interesse wurde in den Erläuterungen nochmals geschärft.

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8. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

8.1. Gesetz über das Gesundheitswesen

Artikel 5; Aufgaben Gemeinden

Im Grundsatz bleibt der Kanton alleine für die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung im gesamten Kanton zuständig. Damit werden Abgrenzungsschwierigkeiten und Doppelspurigkeiten mit den Gemeinden vermieden. Es ist aber z. B. nicht Kantonsaufgabe, in einzelnen Dörfern eine Einzel-praxis mitzufinanzieren. Den Gemeinden steht es daher frei, auch von sich aus einzelne Grundver-sorgungsangebote von kommunalem Interesse zu fördern. Der neue Artikel 5 Absatz 2 bezieht sich dabei auf den ebenfalls neu zu schaffenden Artikel 22e, der eine Mitfinanzierungsmöglichkeit (keine Mitfinanzierungspflicht) von einzelnen Grundversorgungsangeboten von kommunalem Interesse durch die Standortgemeinde vorsieht. In diesen Fällen wäre aber zwingend eine Absprache mit dem Kanton erforderlich.

Artikel 9; Weitere kantonale Verwaltungsbehörden

Die Massnahme B.11, Bewilligungspflichtige Gesundheitsberufe 2, der Effizienzanalyse «light» emp-fahl zur Entlastung des Departementsvorstehers, die Unterschriftsberechtigung für die Erteilung und Verweigerung von gesundheitspolizeilichen Berufsausübungsbewilligungen an die Hauptabteilung Gesundheit zu delegieren. Das Entlastungspotenzial beträgt aufgrund der Erfahrungen in den Jahren 2014–2017 rund 20–30 Entscheide pro Jahr. 2015 beschloss der Regierungsrat, die Umsetzung der Massnahme bei einer nächsten Änderung des Gesundheitsgesetzes vertieft zu prüfen.

Mit dem neuen Absatz 2 wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, damit der Regierungsrat den Erlass von Verwaltungsentscheiden, für die im Gesetz grundsätzlich eine Zuständigkeit des Departe-ments vorgesehen ist, nachgeordneten Verwaltungseinheiten delegieren kann. Die Delegation muss im Nachgang zur Änderung des Gesundheitsgesetzes in einer regierungsrätlichen Verordnung verankert werden.

Artikel 22a; Wohnortnahe oder innovative Angebote und Versorgungsmodelle

Artikel 22a, der bisher unter bestimmten Bedingungen eine öffentliche Mitfinanzierung von innovativen oder wohnortnahen ambulanten Angeboten bzw. Versorgungsmodellen ermöglichte, kann aufgehoben werden. Insbesondere die neuen Artikel 22d und 22e decken dessen Stossrichtung präziser ab.

Ziffer 4.1a; Förderung der medizinischen Grundversorgung

Es wird eine neue Kapitelüberschrift «Förderung der medizinischen Grundversorgung» eingefügt. Die folgenden Artikel 22b–22h sind folglich im Zusammenhang zu betrachten.

Artikel 22b; Ziele und Grundsätze

Die Bestimmung hält die Ziele und Grundsätze der Förderung der medizinischen Grundversorgung fest. Nach Absatz 1 setzt sich der Kanton für eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnort-nahe medizinische Grundversorgung ein. Unter medizinischer Grundversorgung wird die ambulante Versorgung der Bevölkerung durch ärztliche Grundversorgerinnen und Grundversorger sowie weite-re Gesundheitsfachpersonen bzw. Institutionen verstanden. Zu den ärztlichen Grundversorgerinnen und Grundversorgern gehören Ärztinnen und Ärzte mit Praxistätigkeit und Weiterbildungstitel «Allge-meinmedizin», «Innere Medizin» und neu «Allgemeine Innere Medizin», «Kinder- und Jugendmedizin», «Frauenheilkunde» sowie «praktische Ärztin/praktischer Arzt». Unter die weiteren Gesundheitsberufe fallen die Angehörigen der nach den Bestimmungen des Gesundheitsgesetzes bewilligungspflichtigen Berufe sowie Assistenzberufe wie medizinische Praxisassistentinnen und -assistenten.

Nach Absatz 2 ergreift der Kanton Massnahmen, um die medizinische Grundversorgung zu stärken, um strukturellen Versorgungsproblemen zu begegnen und um attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Rahmenbedingungen sind, insbesondere für die zukünftige Grundversorger-Generation, wenn immer möglich so zu gestalten, dass der Nachwuchs Glarus als attraktives Betätigungsfeld wahrnimmt. Das gilt insbesondere mit Blick auf die von dieser Generation bevorzugte Teilzeittätigkeit und den von ihr vielfach als unattraktiv erachteten Notfalldienst mit Abend- und Nachteinsätzen bzw. Wochenendarbeit.

Die Förderung durch den Kanton zielt auf diejenigen medizinischen Grundversorgungsangebote, die ohne Unterstützung nicht oder nicht ausreichend bereitgestellt werden können. Zudem ist bei der Förderung der medizinischen Grundversorgung auf die Aufgabe und den Leistungsauftrag des KSGL

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Rücksicht zu nehmen. Die Absätze 3 und 4 verankern damit das Subsidiaritätsprinzip. Damit ist auch klar, dass bestehende Anbieter bzw. Betriebe nicht konkurrenziert werden sollen. Wettbewerbsver-zerrungen sind möglichst zu vermeiden. Dem Verweis auf die Aufgabe und den Leistungsauftrag des KSGL in Absatz 4 kommt auch koordinierende Funktion zu. Wo möglich und sinnvoll sollen (innovative) Projekte gemeinsam bzw. in enger Abstimmung mit dem Spital angegangen werden.

Zudem besteht kein Rechtsanspruch auf die Förderungsmassnahmen, was Absatz 5 ausdrücklich klarstellt. Der Kanton muss eine Steuerungsfunktion im ambulanten Bereich wahrnehmen. Die Förder-massnahmen dürfen nicht zu einem Überangebot führen. Dies würde das Gesundheitswesen erheblich verteuern.

Artikel 22c; Förderung der Aus- und Weiterbildung

Die bereits bisher praktizierte Förderung der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Berufen der medizini-schen Grundversorgung, z. B. mit dem Projekt Praxisassistenz oder dem Beitritt zur Weiterbildungs-finanzierungsvereinbarung, wird als kantonale Aufgabe verankert.

Artikel 22d; Förderung innovativer Vorhaben

Als innovative Vorhaben werden neue oder zukunftsgerichtete Formen der Organisations-, Arbeits- und Betriebsmodelle in der medizinischen Grundversorgung verstanden. Je nachdem werden dabei neue Formen der Leistungserbringung oder Betriebsstrukturen in den Fokus gerückt. Für derartige Projekte, Modellversuche oder Modelle kann der Kanton Beiträge gewähren. Angesichts der bestehenden Prob-lematik handelt es sich bei der Förderung auch um weiche Faktoren wie z. B. Arbeitsmodelle oder Ko-operationen und Netzwerke (z. B. integrierte und interdisziplinäre Versorgungsmodelle). Der Vorschlag der Ärzteschaft, einen regelmässigen Kontakt mit den Glarner Medizinstudentinnen und -studenten zu etablieren, ist ebenfalls als innovatives Vorhaben zu qualifizieren. Mit relativ bescheidenem finanziellem Aufwand soll ein solches Modell der Kontaktpflege institutionalisiert werden.

Ferner sollen betriebsübergreifende Innovationsvorhaben unterstützt werden. Gerade im Bereich eHealth bietet der Kanton Glarus ideale Voraussetzungen (Überschaubarkeit der Versorgungsregion), um innovative und zukunftsgerichtete IT-Lösungen zu realisieren (z. B. für die elektronische Vernetzung unter den Glarner Leistungserbringern). Mit solchen Projekten könnte Glarus eine Vorreiterrolle in der Schweiz übernehmen und damit auch attraktiv für die Ansiedlung neuer medizinischer Grundversor-gerinnen und Grundversorger werden.

Die Unterstützung schliesst Vorhaben überbetrieblicher Zusammenarbeit in der Notfallversorgung mit ein. Dabei soll prioritär die Zusammenarbeit und Kooperation zwischen der Glarner Ärztegesellschaft und dem KSGL verfolgt werden. Eine Notfallpraxis der Hausärzte am KSGL dürfte – in Abhängigkeit der Auslastung – wohl v. a. zu Beginn defizitär sein, das erwähnte Pilotprojekt wird entsprechende Antworten liefern.

Familienkompatible Arbeits- und Rahmenbedingungen in der Weiterbildung wie auch in der Praxis-tätigkeit fallen ebenfalls unter den Begriff von förderungswürdigen innovativen Vorhaben. Der Kanton hat ein Interesse daran, dass Ärztinnen oder Ärzte mit Kindern nach einer Familienpause wieder in den Beruf zurückkehren. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen, um Lücken in der medizinischen Grundversor-gung zu vermeiden oder zu schliessen. Davon abgesehen ist in Anbetracht der hohen Ausbildungs-kosten für ein Studium der Humanmedizin ein beruflicher Wiedereinstieg von Ärztinnen und Ärzten unbedingt anzustreben.

Absatz 2 gibt vor, welche Vorhaben in erster Linie gefördert werden sollen. Allen Vorhaben ist gemein-sam, dass sie Wirkung auf Angebote der medizinischen Grundversorgung haben müssen, an denen ein Mangel besteht. Das ergibt sich aus der Zielsetzung gemäss Artikel 22b. Das Gesetz nennt aus-drücklich überbetriebliche und interdisziplinäre Kooperations- und Gemeinschaftsprojekte; Konzepte und Lösungsansätze mit Wirkung für medizinische Grundversorgungsleistungen, die im Kantonsgebiet nicht ausreichend angeboten werden; Vorhaben der integrierten Versorgung sowie Netzwerke.

Artikel 22e; Förderung einzelner Grundversorgungsanbieter

Absatz 1 sieht vor, dass der Kanton bestehende sowie sich neu niederlassende Grundversorger för-dern kann. Er ist grundsätzlich für die Förderung der medizinischen Grundversorgung zuständig. Liegt nur ein kommunales Interesse vor, können aber auch die Standortgemeinden in Absprache mit dem Kanton solche Grundversorgungsangebote fördern (Abs. 2). Die Gemeinden sind in diesem Fall die direkten Ansprechpartner für die Leistungserbringer.

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Kanton und Gemeinden können unter den in Absatz 3 umschriebenen Voraussetzungen den Grund-versorgungsanbietern Beiträge gewähren. Die Bestimmung dient ihnen als Rechtsgrundlage für ent-sprechende Ausgaben, wobei die aufgeführten Bedingungen kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Beitragsgewährung überhaupt grundsätzlich möglich ist.

Wie erwähnt ist es dem Kanton (und den Gemeinden) aber freigestellt, ob und mit welchem Beitrag sie die medizinische Grundversorgung fördern wollen. Damit können sie ihren Handlungsspielraum optimal nutzen. Es wird zudem ermöglicht, dass die Gemeinden auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnittene Lösungen erarbeiten und sicherstellen können. Ein Anspruch auf Förderung besteht jedenfalls sowohl gegenüber dem Kanton wie auch der Gemeinde nicht.

Artikel 22f; Kollektive Anreizsysteme

Der Landrat kann kollektive Anreizsysteme für Grundversorger schaffen, um den Zugang der Bevölke-rung zu versorgungspolitisch sinnvollen medizinischen Leistungen sicherzustellen. Die Situation und Problematik des tiefen TARMED-Taxpunktwertes wurde erläutert (s. Ziff. 5.2.4). Die Idee der Verbes-serung des kollektiven Anreizsystems durch einen «Glarner Taxpunktwert» hätte grössere finanzielle Auswirkungen. Die Tragweite eines solchen Entscheides rechtfertigt einen Gesetzesartikel mit einer Delegationsnorm an den Landrat. Er wird befugt, eine Verordnung zu erlassen und damit dann auch die finanziellen Mittel zu bewilligen.

Artikel 22g; Beitragsart und Beitragshöhe

Die Bestimmung listet die Palette an verschiedenen Förderinstrumenten auf. Sie bezieht sich auf sämt-liche vorstehenden Artikel des Kapitels. Konkret können die finanziellen Beiträge als Anschub- und Teilfinanzierung (nicht rückzahlbar), Darlehen, Zinsvergünstigungen, Bürgschaften, Vermittlung und Überlassung von Betriebsstätten zu Vorzugsbedingungen oder andere geldwerte Leistungen erbracht werden.

Anschub- und Teilfinanzierungsbeiträge sind ein geeignetes Mittel, um den Aufbau von neuen und zeitgemässen Versorgungsstrukturen fördern zu können. Darlehen, Zinsvergünstigungen und Bürg-schaften sind zur Förderung von Infrastruktureinrichtungen dienlich, wenn es um Praxisübernahmen geht. Infolge des langen Studiums fehlen den Absolventen in der Regel die Vermögenswerte, um die Eigenfinanzierung sicherzustellen. Das Gleiche gilt für die Errichtung neuer Gemeinschafts- und Gruppenpraxen. Die Investitionen sind sehr hoch, sie können oftmals nicht über eine reine Fremd- finanzierung durch Banken oder andere Gläubiger sichergestellt werden. Andere geldwerte Leistungen für juristische Personen (Gruppenpraxen oder Gesundheitszentren) können auch Steuererleich- terungen sein, die der Regierungsrat im volkswirtschaftlichen Interesse gestützt auf Artikel 15 oder 61 des Steuergesetzes gewähren kann. Entsprechende Gesuche wären im Einzelfall zu prüfen.

Absatz 2 stellt klar, dass Anschub- und Teilfinanzierungsbeiträge nur ausgerichtet werden sollen, wenn die übrigen Beitragsarten nicht zielführend sind. Nicht rückzahlbare Mitfinanzierungen sind entspre-chend zurückhaltend anzuwenden.

Die Höhe der finanziellen Beiträge und deren Art richtet sich nach der Bedeutung des Vorhabens für die Versorgung, wie Absatz 3 klarstellt. Als weitere Anhaltspunkte für die Höhe des Beitrags können und sollen Kanton und Gemeinden bei der Festsetzung der Beitragshöhe freilich auch ihre eigene finanzielle Lage sowie Entwicklungsmöglichkeiten und -ziele als sachliche Kriterien heranziehen.

Gemäss Absatz 4 ist beim Kanton der Regierungsrat und bei den Gemeinden der Gemeinderat für die Gewährung von Beiträgen zuständig. Diese Delegation der verfassungsmässigen Ausgabenkompe-tenzen galt beim Kanton bereits unter dem bisherigen Artikel 22a. Bei den Gemeinden soll analog zum Kanton ebenfalls die Exekutive für die Beitragsgewährung zuständig sein. So können die entsprechen-den Entscheide zeitnah gefällt werden.

Artikel 22h; Bedingungen, Auflagen und Kriterien

Unterstützt werden nur Vorhaben, die den Zielen dieses Kapitels förderlich sind (Abs. 1). Die durch die öffentliche Hand (mit)finanzierten Massnahmen und Projekte sind mit Bedingungen und Auflagen zu versehen. Oftmals dürften sie auch in einer (Leistungs-)Vereinbarung geregelt werden. Insbesondere soll es sich bei den Massnahmen grundsätzlich um zeitlich befristete Unterstützung und Interventionen handeln. Die Interventionen des Staates sollen nur so lange wie notwendig dauern. Zudem müssen die Beiträge mit Bedingungen und Auflagen verbunden oder mit einer Vereinbarung gekoppelt werden. Je nachdem wird der Beitrag durch einen hoheitlichen Akt verfügt bzw. verordnet (z. B. bei kollektiven Anreizen, die der Landrat zugunsten einer Versorgergruppe beschliesst) oder vertraglich mit einem

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Anbieter vereinbart. Hier wie dort können die Beiträge namentlich von Eigenleistungen oder von Bei-trägen Dritter abhängig gemacht werden.

Artikel 23; Betriebsbewilligung

Im Bereich der Einrichtungen zur ambulanten Gesundheitsversorgung wird die Bewilligungspflicht in Absatz 1 Buchstabe c neu auf Organisationen der Hilfe und Pflege zu Hause beschränkt. Andere Ein-richtungen zur ambulanten Gesundheitsversorgung wie z. B. ärztliche oder therapeutische Praxen bedürfen hingegen keiner Betriebsbewilligung mehr. Eine genügende Aufsicht wird in diesen Fällen bereits durch die Aufsicht über die einzelnen Berufspersonen gewährleistet. Die Bewilligungspflicht für Organisationen der Hilfe und Pflege zu Hause besteht neu hingegen unabhängig von der Grösse der Organisation. Vom Begriff der Organisation der Hilfe und Pflege zu Hause abzugrenzen sind Pflege-fachpersonen mit Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung, welche ihre Leistungen als Einzelpersonen erbringen. Diese gelten nicht als Organisation der Hilfe und Pflege zu Hause und bedürfen somit auch keiner Betriebsbewilligung.

Absatz 3a konkretisiert die in Absatz 3 normierte Bewilligungsvoraussetzung der Sicherstellung der medizinischen Betreuung. Demnach muss ein Betrieb pro von ihm angebotenen Fachbereich eine fachverantwortliche Person, welche über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung verfügt, bezeichnen, damit eine Betriebsbewilligung erteilt werden kann. In einem Spital müssen somit z. B. nicht nur ärztliche, sondern auch pflegerische und allenfalls auch therapeutische Leitungspersonen bezeichnet werden. Der Begriff des Fachbereichs ist dabei weit zu verstehen und soll beispielsweise in einem Spital im ärztlichen Bereich zumindest die Chefärzte erfassen. Die fach-verantwortlichen Leitungspersonen übernehmen die fachliche Verantwortung und Aufsicht über die ihnen unterstellten Personen. Die unter fachlicher Verantwortung und Aufsicht einer Leitungsperson tätigen Gesundheitsfachpersonen benötigen demnach keine eigene Berufsausübungsbewilligung. Die Bestimmungen von Artikel 30a und 31 gelangen sinngemäss zur Anwendung. Unter anderem haben die fachverantwortlichen Leitungspersonen dafür zu sorgen, dass die ihnen unterstellten Personen die Berufspflichten einhalten.

Artikel 24a; Auskündigung

In der Vergangenheit war es der Aufsichtsbehörde mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich, irreführende Auskündigungen zu unterbinden. Artikel 24a hält nun fest, dass die Verwendung von Bezeichnungen oder Begriffsteilen wie «Spital», «Klinik» und dergleichen den bewilligten Einrichtun-gen vorbehalten ist. Eine irreführende Verwendung dieser Begriffe durch nicht bewilligte Einrichtungen kann dadurch künftig unterbunden werden.

Artikel 25; Bewilligungspflicht

Der Begriff «privatwirtschaftlich» wird gestrichen. Demnach ist neu die privatwirtschaftliche Ausübung einer bewilligungspflichtigen Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung wie auch die Ausübung einer solchen Tätigkeit im öffentlichen Dienst bewilligungspflichtig. Diese Änderung erfolgt in Überein-stimmung mit den Neuerungen im Bundesrecht.

Sodann wird die Auflistung der bewilligungspflichtigen Tätigkeiten angepasst. Im Zuge dessen er-folgt die Aufhebung von Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe a. Zweck dieser Bestimmung war es, die Verwendung von irreführenden Titeln durch Gesundheitsfachpersonen zu verhindern. Dieser Zweck wird nun durch Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe f sowie durch Artikel 37 Absatz 2 umfassend verwirk-licht, wodurch Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe a obsolet wird. Buchstabe a1 dehnt den Umfang der bewilligungspflichtigen Tätigkeiten aus: Einer Bewilligung bedarf, wer Krankheiten, Verletzungen oder sonstige Störungen der psychischen und physischen Gesundheit feststellt, behandelt oder diesen vorbeugt. Ziel dieser Ausdehnung ist es, dass jeder bewilligungspflichtige Gesundheitsberuf, der vom Regierungsrat gestützt auf Artikel 26 auf Verordnungsstufe festgelegt wird, mindestens einer nach Artikel 25 bewilligungspflichtigen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Zum einen kann dadurch die Be-willigungspflicht für einzelne Berufe besser legitimiert werden, und zum anderen wird so eine bessere Abgrenzung zwischen bewilligungspflichtigen und bewilligungsfreien Tätigkeiten ermöglicht.

Die Absätze 2 und 3 werden aufgehoben. Daraus folgt, dass die Ausübung einer bewilligungspflichti-gen Tätigkeit nach Absatz 1 Buchstaben a1–h, welche nicht in eigener fachlicher Verantwortung, son-dern unter fachlicher Verantwortung und Aufsicht einer Bewilligungsinhaberin oder eines Bewilligungs-inhabers erfolgt, künftig bewilligungsfrei möglich ist. Die Rahmenbedingungen für die bewilligungsfreie Ausübung einer bewilligungspflichtigen Tätigkeit unter fachlicher Verantwortung und Aufsicht werden in Artikel 30a festgelegt.

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Artikel 27; Erteilung, Einschränkung und Entzug der Bewilligung

Die in Absatz 1 normierten Bewilligungsvoraussetzungen werden an diejenigen des Bundesrechts an-geglichen. Die Angleichung erfolgt in terminologischer wie auch in materieller Hinsicht. Im Zuge dessen wird Buchstabe a aufgehoben. Eine Person, welche physisch und psychisch Gewähr für eine einwand-freie Berufsausübung bietet, wird in aller Regel auch handlungsfähig sein. Die Voraussetzung muss deshalb nicht noch einmal gesondert aufgeführt werden. Sodann wird Buchstabe b terminologisch an-gepasst. Materiell bleibt die Bestimmung jedoch gleich. Ein guter Leumund ist nämlich gleichzusetzen mit einer allgemeinen Vertrauenswürdigkeit. Auch Buchstabe c wird lediglich begrifflich angepasst. Schliesslich wird Buchstabe d aufgehoben. Die Voraussetzungen für die Ausübung der bundesrecht-lich geregelten Berufe sind abschliessend auf Bundesebene festgelegt. Die Kantone dürfen für diese Berufe keine weitergehenden Bewilligungsvoraussetzungen vorschreiben. Das Vorhandensein einer geeigneten Infrastruktur ist auf Bundesebene nicht als Bewilligungsvoraussetzung festgeschrieben. Aus diesem Grund dürfte dies nur bei den nach kantonalem Recht bewilligungspflichtigen Gesund-heitsberufen vorausgesetzt werden. Weshalb diese aber strengeren Voraussetzungen unterliegen soll-ten, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass die Erfüllung dieser Voraussetzung in der Praxis ohnehin nur schwer überprüfbar ist.

Absatz 2 wird begrifflich angepasst. Die Bestimmung erlaubt es dem Departement, die Bewilligung mit Einschränkungen und Auflagen zu versehen. Einschränkungen sind zulässig in fachlicher (z. B. Beschränkung auf einen bestimmten Tätigkeitsbereich), zeitlicher (insbesondere Befristung der Be-willigung) und räumlicher (z. B. Beschränkung auf ein bestimmtes Gebiet) Hinsicht. Demgegenüber können Auflagen z. B. die Räumlichkeiten oder die Ausstattung der Praxis, in der die Tätigkeit aus-geübt wird, betreffen.

Absatz 2a regelt neu den administrativen Entzug der Bewilligung. Dieser war bisher in Artikel 39 festge-legt (s. Ausführungen zu Art. 39). Der Entzug der Bewilligung erfolgt, wenn die Bewilligungsvorausset-zungen nach Absatz 1 nicht mehr erfüllt sind oder nachträglich Tatsachen bekannt werden, aufgrund derer die Bewilligung ursprünglich hätte verweigert werden müssen. Im Sinne der Verhältnismässigkeit ist anstelle eines Entzugs gegebenenfalls zuerst die Einschränkung der Bewilligung oder das Verfügen von Auflagen nach Absatz 2 zu prüfen.

Die in Absatz 3 verankerte Publikationsgrundlage wird aufgehoben. Die erteilten und entzogenen Bewilligungen sind grösstenteils in öffentlich zugänglichen Registern (Medizinalberuferegister, Psycho-logieberuferegister, Nationales Register der Gesundheitsberufe) ersichtlich. Diese liefern der Bevöl- kerung eine aktuelle und umfassende Übersicht über die Leistungserbringer, die über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung im Kanton Glarus verfügen. Eine zusätzliche Publikation im Amtsblatt ist daher nicht nötig. Die Aufhebung von Absatz 3 ist auch in der Vorlage zur Änderung des Publikationsgesetzes vorgesehen. Eine doppelte Aufhebung ist aber erforderlich, da ungewiss ist, ob die beiden Vorlagen gleichzeitig oder zeitlich verschoben in Kraft treten werden.

Artikel 28; Bewilligungsvoraussetzungen bei universitären Medizinalberufen und beim Psychotherapieberuf

Wie bereits ausgeführt, sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung zur Ausübung eines universitären Medizinalberufes oder des Psychotherapieberufes in eigener fachlicher Verantwor-tung abschliessend im Bundesrecht, in Artikel 36 MedBG bzw. Artikel 24 PsyG geregelt. Artikel 28 ist daher mangels Anwendbarkeit in der Praxis aufzuheben.

Artikel 29; Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung; Stellvertretung

Infolge der Streichung des Begriffs «privatwirtschaftlich» ist neu die privatwirtschaftliche Ausübung einer bewilligungspflichtigen Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung wie auch die Ausübung einer solchen Tätigkeit im öffentlichen Dienst bewilligungspflichtig.

Die in Absatz 1 enthaltene Definition der Tätigkeit in eigener fachlicher Verantwortung erfolgt in Über-einstimmung mit derjenigen des Bundesrechts. Demnach ist in eigener fachlicher Verantwortung tätig, wer nicht der Aufsicht einer Berufskollegin oder eines Berufskollegen untersteht.

Absatz 2 wird aufgehoben. Das in Satz 1 verankerte Erfordernis, dass die bewilligte Tätigkeit persön-lich und grundsätzlich unmittelbar am Patienten auszuüben ist, steht nämlich im Widerspruch zu der Möglichkeit, für Berufskolleginnen oder Berufskollegen die fachliche Verantwortung und Aufsicht zu übernehmen und diesen im Rahmen dessen gewisse Verrichtungen zu übertragen. Der Inhalt von Satz 2 ist sodann überflüssig, da dieser bereits über die in Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe a enthaltene Berufspflicht, wonach sich Bewilligungsinhaber an die Grenzen ihrer Kompetenzen halten müssen, gewährleistet wird.

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Artikel 30a; Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht

Inhaberinnen und Inhaber einer Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung können gemäss Absatz 1 die fachliche Verantwortung und Aufsicht für Personen übernehmen, die in derselben Einrichtung wie sie tätig sind. Voraussetzung für die Übernahme der fachlichen Verantwor-tung und Aufsicht ist, dass die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber sowie die Person, die unter ihrer bzw. seiner fachlichen Verantwortung und Aufsicht tätig werden soll, demselben Beruf angehören. Dies bedeutet beispielsweise, dass eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt zwar die fachliche Verantwortung und Aufsicht für eine andere Zahnärztin oder einen anderen Zahnarzt übernehmen kann, nicht aber für eine Dentalhygienikerin oder einen Dentalhygieniker. Diese sind bei der Ausübung ihres Berufes in eigener fachlicher Verantwortung tätig und können lediglich von einer anderen Den-talhygienikerin oder einem anderen Dentalhygieniker beaufsichtigt werden. Die Übernahme der fach-lichen Verantwortung und Aufsicht bedeutet, dass die fachliche Leitung, die Überwachung sowie die Gesamtverantwortung für die Diagnose und Behandlung bei der Bewilligungsinhaberin oder dem Be-willigungsinhaber liegen.

Gemäss Absatz 2 hat die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber, welche bzw. welcher die fachliche Verantwortung und Aufsicht für eine Berufskollegin oder einen Berufskollegen wahrnimmt, sicherzustellen, dass die unter Aufsicht tätige Person über eine ausreichende fachliche Qualifikation verfügt. Die im Einzelfall erforderliche fachliche Qualifikation bestimmt sich nach dem Tätigkeitsgebiet der unter Aufsicht tätigen Person und soll eine einwandfreie, qualitativ hochstehende Gesundheitsver-sorgung gewährleisten.

Absatz 3 legt fest, dass die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber, welche bzw. welcher die fachliche Verantwortung und Aufsicht für andere Gesundheitsfachpersonen übernimmt, die Über-nahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht vorgängig der zuständigen kantonalen Verwaltungs-behörde zu melden hat. Der Regierungsrat regelt die Modalitäten dieser Meldung. Insbesondere kann er regeln, ob diese einmalig oder für jede einzelne Übernahme gesondert erfolgen muss.

Gemäss Absatz 4 kann die zuständige kantonale Verwaltungsbehörde bei der Bewilligungsinhaberin oder dem Bewilligungsinhaber Auskünfte über die unter ihrer bzw. seiner fachlichen Verantwortung und Aufsicht tätigen Gesundheitsfachpersonen einholen. Die Auskunftspflicht dient insbesondere der Sicherstellung der Grundversorgung.

Artikel 31; Berufspflichten

Die in Absatz 1 enthaltenen Berufspflichten werden weitestgehend an jene in der eidgenössischen Gesetzgebung angeglichen. Die Angleichung erfolgt primär in terminologischer Hinsicht, vereinzelt werden aber auch materielle Änderungen vorgenommen. Durch die Vereinheitlichung mit dem Bundes-recht unterstehen künftig sämtliche bewilligungspflichtigen Berufe des Gesundheitswesens denselben Berufspflichten.

Die Buchstaben a–e werden lediglich begrifflich bzw. in ihrer systematischen Stellung verändert. Hin-gegen handelt es sich bei den Buchstaben f–h um eine materielle Erweiterung der bisherigen Be-rufspflichten. Den Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhabern ist es zwar grundsätzlich nicht untersagt, ihre Dienstleistungen zu bewerben, allerdings haben sie dabei die in Buchstabe f geregelten Einschränkungen zu beachten. Demnach dürfen sie nur Werbung machen, die objektiv ist, dem öffent-lichen Bedürfnis entspricht und weder irreführend noch aufdringlich ist. Gemäss Buchstabe g sind die Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber ausserdem verpflichtet, eine ausreichende, dem zu erwartenden Risiko entsprechende Berufshaftpflichtversicherung abzuschliessen, es sei denn, die Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegt dem Staatshaftungsrecht. Dies gilt gemäss Artikel 16 Absatz 4 für Tätigkeiten im Kantonsspital, gemäss Artikel 39d Absatz 1 des Gesetzes über die öffentliche Sozial-hilfe für Tätigkeiten in einer vom Gemeinwesen beauftragten Organisation der stationären Betagten- oder Behindertenhilfe und schliesslich gemäss Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung über die ambulante Langzeit- und Gesundheitspflege für Tätigkeiten in einer vom Gemeinwesen beauftragten Organisation der ambulanten Langzeit- und Gesundheitspflege. Abgesehen von den Fällen, in denen die Ausübung der Tätigkeit dem Staatshaftungsrecht unterliegt, kann auf den Abschluss einer individuellen Berufs-haftpflichtversicherung ebenfalls verzichtet werden, wenn die Person in einem Anstellungsverhältnis in einer Institution tätig ist, welche über eine ausreichende Betriebshaftpflichtversicherung verfügt. Zuletzt wird in Buchstabe h neu die Pflicht statuiert, auch bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe immer das Interesse der zu behandelnden Person zu wahren, und zwar unabhängig von finanziellen Vorteilen.

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Gemäss Absatz 2 gelten die in Absatz 1 geregelten Berufspflichten sinngemäss auch für Gesundheits-fachpersonen, die unter der fachlichen Verantwortung und Aufsicht einer Bewilligungsinhaberin oder eines Bewilligungsinhabers tätig sind. Die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber ist ver-pflichtet, die Einhaltung dieser Pflichten durch die unter ihrer bzw. seiner fachlichen Verantwortung und Aufsicht tätigen Personen zu gewährleisten. Für die Verletzung dieser Gewährleistungspflicht kann die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber gestützt auf Artikel 39a Absatz 1 disziplinarisch bestraft werden. Aufgrund dieser weitreichenden Konsequenzen, die für Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber mit der Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht verbunden sind, sollten diese die Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht in jedem Fall genau prüfen.

Artikel 31a; Berufspflichten gemäss Medizinal- und Psychologieberufegesetz; Anwendung auf die Berufsausübung gemäss Artikel 25 Absatz 2

Die Bestimmung kann im Sinne einer Verwesentlichung aufgehoben werden, da der Vorbehalt zuguns-ten des Bundesrechts nicht explizit festgeschrieben werden muss, sondern aufgrund von Artikel 49 der Bundesverfassung ohnehin gilt.

Die in Absatz 1 Satz 2 normierte sinngemässe Anwendung der im Bundesrecht verankerten Berufs-pflichten auf unter fachlicher Verantwortung und Aufsicht tätige Medizinalpersonen und Psychothera-peuten bzw. Psychotherapeutinnen wird aufgehoben, da die Geltung der Berufspflichten für alle unter fachlicher Verantwortung und Aufsicht tätigen Gesundheitsfachpersonen nun abschliessend durch Artikel 31 Absatz 2 geregelt wird.

Artikel 34; Notfalldienst

Die Notfalldienstpflicht soll sich nicht nur für Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte, die in eigener fachlicher Verantwortung tätig sind, gelten, sondern sie soll auch die unter fachlicher Verantwortung und Aufsicht tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte erfassen.

Artikel 34b; Ärztliche Notfalldienstorganisation

Absatz 2 Satz 1 wird verwesentlicht. Die absolute Höhe der Ersatzabgabe ist bereits in Artikel 34a Absatz 3 und die Verwendung in Artikel 34a Absatz 5 geregelt. Die Höhe und Verwendung innerhalb dieser Vorgaben fällt unter die Einzelheiten gemäss Satz 2.

Das Gesetz verpflichtet die Ärztinnen und Ärzte zur Organisation und Leistung des Notfalldienstes. Die Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe ist mit verschiedenen Kosten verbunden. So müssen sich die not-falldienstleistenden Ärztinnen und Ärzten regelmässig in der Notfallmedizin aus- und weiterbilden und spezifische Materialien und Geräte für den Notfalldiensteinsatz, insbesondere schnell ablaufende Ver-brauchsmaterialien, Medikamente und Ampullen, beschaffen. Zudem fällt ein administrativer Aufwand auf Ebene der Glarner Ärztegesellschaft für die Koordination und Organisation des Notfalldienstes wie Sitzungen oder den Betrieb der bekannten Telefonnummern an.

Diese Kosten werden von den Ärztinnen und Ärzten getragen. Sie sind zu einem Teil durch Ersatzabga-ben gedeckt, gegen welche sich Ärztinnen und Ärzte von ihrer Notfalldienstpflicht generell oder im Ein-zelfall befreien lassen können. Diese Abgaben vermögen die Kosten nicht vollumfänglich zu decken. Es handelt sich um Vorhalteleistungen, die unabhängig von der Anzahl Patientinnen und Patienten anfallen, welche den Notfalldienst beanspruchen. Selbst im extremen und völlig unrealistischen Fall, dass der Notfalldienst überhaupt nicht nachgefragt wird, entstehen ungedeckte Restkosten von rund 65 000 Franken. Die Leistungserbringung am Notfallpatienten bzw. an der Notfallpatientin wird durch die Vergütungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abgedeckt.

Die Glarner Ärztegesellschaft beantragte im Mai 2018 beim Departement Finanzen und Gesundheit eine kantonale Mitfinanzierung für die Vorhalteleistungen des ärztlichen Notfalldienstes im Umfang von einem Franken pro Einwohner. Dafür soll vorliegend eine gesetzliche Grundlage geschaffen wer-den. So soll der Kanton neu einen Beitrag an die mit der Organisation des ärztlichen Notfalldienstes verbundenen Kosten leisten können (Abs. 4). Er wird diesen mit Bedingungen wie Koordination und Synergienutzung mit dem Notfalldienst des Kantonsspitals verknüpfen. Weiterhin nicht abgegolten werden allfällige Kosten für die Durchführung des Notfalldienstes wie der erforderliche Zeitaufwand der einzelnen notfalldienstleistenden Ärztin oder des einzelnen notfalldienstleistenden Arztes, da diese Aufgabe zu den Berufspflichten gehört (Art. 40 Bst. g MedBG).

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Artikel 37; Anforderungen an weitere gewerbliche Tätigkeiten

Absatz 2 verbietet es Personen, die einen Beruf der gewerbsmässigen Körper- und Schönheitspflege oder einen Beruf des Gesundheitswesens, der nicht bewilligungspflichtig im Sinne von Artikel 25 und 26 ist, irreführende oder unwahre Auskündigungen zu machen. Insbesondere ist es ihnen nicht er-laubt, Titel oder Berufsbezeichnungen zu verwenden, die zu Täuschung über ihre Ausbildung oder ihre Kompetenzen Anlass geben können. Wer z. B. nicht als medizinische Masseurin oder medizinischer Masseur tätig ist, sich in seinen Auskündigungen aber als medizinische Masseurin oder medizinischer Masseur bezeichnet, erweckt gegenüber potenziellen Patienten den Anschein, dass sie bzw. er über die entsprechende Ausbildung verfügt, welche zur Ausübung des bewilligungspflichtigen Berufes der medizinischen Masseurin oder des medizinischen Masseurs befähigt. Derartige Irreführungen sind im Sinne des öffentlichen Gesundheitsschutzes zu unterbinden.

Artikel 39; Voraussetzungen des Bewilligungsentzugs und des Berufsausübungsverbots

Im Sinne einer Vereinheitlichung mit dem Bundesrecht sind die Administrativ- und Disziplinarmassnah-men auch im kantonalen Recht zu separieren. Artikel 39 wird in diesem Sinne aufgehoben. Der bishe-rige Regelungsgegenstand wird in neue Bestimmungen überführt bzw. in bestehende Bestimmungen integriert.

Artikel 39a; Disziplinarmassnahmen

Das GesG sah bisher keine Disziplinarmassnahmen vor. Verletzungen von Berufspflichten oder ande-rer gesundheitspolizeilicher Vorschriften wurden daher nicht disziplinarrechtlich durch die Aufsichts-behörde, sondern gestützt auf die in Artikel 61 verankerten Strafbestimmungen durch die Strafver-folgungsbehörde geahndet. Dieser Umstand ist insbesondere deshalb unbefriedigend, weil dadurch eine Divergenz zwischen der Sanktionierung von Berufspflichtverletzungen oder Verletzungen anderer gesundheitspolizeilicher Vorschriften durch Berufspersonen, die unter die bundesrechtliche Bewilli-gungspflicht fallen und solchen, die unter die kantonalrechtliche Bewilligungspflicht fallen, entsteht. Nach Artikel 43 MedBG liegt es nämlich in der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde, bei Verletzungen von Berufspflichten Disziplinarmassnahmen auszusprechen. Praktisch identische Bestimmungen sind auch im PsyG sowie im GesBG enthalten. Hingegen müssten nach geltendem kantonalem Recht Be-rufspflichtverletzungen, welche beispielsweise durch Dentalhygienikerinnen oder Dentalhygieniker be-gangen wurden, von den Strafverfolgungsbehörden geahndet werden. Diese Divergenz soll beseitigt werden, indem im GesG neu eine Disziplinarnorm geschaffen wird, welche die Verhängung von Diszi-plinarmassnahmen durch die Aufsichtsbehörde ermöglicht.

Artikel 39a Absatz 1 übernimmt diejenigen Disziplinarmassnahmen, die auch auf Bundesebene im MedBG, im PsyG sowie im GesBG vorgesehen sind. Demnach ist das Departement befugt, bei der Verletzung von Berufspflichten, von anderen Bestimmungen des GesG oder dessen Ausführungsbe-stimmungen eine Verwarnung auszusprechen (Bst. a), einen Verweis zu erteilen (Bst. b), eine Busse bis 20 000 Franken auszusprechen (Bst. c) oder die Berufsausübung befristet oder unbefristet zu verbieten (Bst. d und e). Die Disziplinarmassnahmen sind ihrer Schwere nach geordnet, wobei die Verwarnung die mildeste und das Berufsausübungsverbot die schwerwiegendste Massnahme darstellt. Bei der Wahl der Massnahme sowie bei ihrer Bemessung ist dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rech-nung zu tragen. Das bedeutet, dass die Art und Schwere der Sanktion im Hinblick auf den verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und zumutbar sein muss. Dabei ist die Wirkung der Sanktion auf die be-troffene Person am öffentlichen Interesse an der Einhaltung der verletzten Rechtsnorm zu messen. Die Verhängung eines dauernden Berufsausübungsverbots ist demnach nur zulässig, wenn eine mildere Massnahme ausser Frage steht. So z. B. bei wiederholten schweren Pflichtverletzungen oder wenn ein einzelner Verstoss die öffentlichen Interessen derart massiv verletzt, dass eine weitere Berufsaus-übung nicht mehr tragbar wäre.

Absatz 2 regelt die Möglichkeiten der Kumulation der Massnahmen. Demnach kann eine Busse zu-sätzlich zu einem befristeten oder unbefristeten Berufsausübungsverbot angeordnet werden.

Das Departement ist gemäss Absatz 3 befugt, die Berufsausübung während der Dauer eines Diszipli-narverfahrens – nötigenfalls – vorsorglich einzuschränken, mit Auflagen zu versehen oder zu verbieten. Die Ergreifung einer solchen vorsorglichen Massnahme ist nur zulässig, wenn triftige Gründe dies rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn klare Verdachtsmomente bestehen, die auf eine schwerwiegende Verfehlung hinweisen.

Disziplinarmassnahmen können sowohl gegen Berufspersonen, die in eigener fachlicher Verantwor-tung als auch gegen solche, die unter der fachlichen Verantwortung und Aufsicht eines Berufskollegen tätig sind, ausgesprochen werden.

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Artikel 39b; Verbot oder Einschränkung von nicht bewilligungspflichtigen Tätigkeiten

Die Bestimmung autorisiert das Departement in Fällen, in denen durch die Ausübung einer Tätigkeit nach Artikel 37 Absatz 1 eine allgemeine Gesundheitsgefährdung entsteht, die Ausübung dieser Tätig-keit zu verbieten oder einzuschränken.

Artikel 61; Strafbestimmungen

Der bisherige Artikel 61 Absatz 1 enthielt nur zwei konkrete Straftatbestände. Einer davon war Buch-stabe b, der festhielt, dass Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber, welche ihre Befugnisse überschreiten oder gegen ihre beruflichen Pflichten verstossen, mit Busse bestraft werden. Diese Be-stimmung kann aufgehoben werden, da derartige Verstösse künftig gestützt auf Artikel 39a disziplina-risch durch das Departement geahndet werden (s. Ausführungen zu Art. 39a).

Neben den wenigen konkreten Tatbeständen enthielt Artikel 61 Absatz 1 in Buchstabe c eine Gene-ralklausel, welche allgemein den Verstoss gegen die gesundheitspolizeilichen Vorschriften des GesG oder dessen Ausführungserlasse für strafbar erklärte. Eine solche Generalklausel ist aus Sicht des Legalitätsprinzips («nulla poena sine lege») und insbesondere aus Sicht des Bestimmtheitsgebots als Teilgehalt des Legalitätsprinzips («nulla poena sine lege certa») ungenügend. Das Bestimmtheitsgebot schreibt nämlich vor, dass eine Strafe nur wegen einer Tat verhängt werden darf, die das Gesetz aus-drücklich unter Strafe stellt. Dabei muss das Gesetz so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen ent-sprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann.

Im Sinne der obigen Erwägungen wird Artikel 61 Absatz 1 Buchstabe c nun aufgehoben und durch einen abschliessenden Katalog von Taten, deren Begehung mit Busse bestraft wird, ersetzt. Dem-nach macht sich strafbar, wer für sich selbst oder den bewilligungspflichtigen Betrieb, den er betreibt, keine Bewilligung einholt oder eine solche aufgrund von unwahren Angaben erwirkt (Bst. a). Auch das Werben für eine bewilligungspflichtige Tätigkeit oder einen bewilligungspflichtigen Betrieb, ohne dass die entsprechende Berufsausübungs- oder Betriebsbewilligung vorliegt, wird gemäss Buchstabe d mit Busse bestraft. Ebenso bestraft wird das Werben für eine bewilligungsfreie Tätigkeit im Sinne von Artikel 37 Absatz 1, sofern diese Bekanntmachung zu Täuschungen Anlass geben könnte (Bst. e). Zu-letzt wird auch die Ausübung einer Tätigkeit des Gesundheitswesens unter Missachtung eines Verbots oder einer Einschränkung dieser Tätigkeit unter Strafe gestellt (Bst. f). In Anwendung der allgemei-nen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches beträgt der höchstzulässige Bussbetrag 10 000 Franken (Art. 1 Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Strafgesetzbuches im Kanton Glarus, EG StGB). Zudem ist wie bis anhin sowohl Vorsatz wie auch Fahrlässigkeit strafbar (s. Art. 3 EG StGB).

Absatz 2 regelt die subsidiäre Verantwortlichkeit des Betriebs in Fällen, in denen Verfehlungen eines Betriebs keiner natürlichen Person innerhalb des Betriebs zugerechnet werden können. Der Begriff «Betrieb» stützt sich auf Artikel 23 des Gesetzes, der die bewilligungspflichtigen Einrichtungen regelt, und bezieht sich folglich auf die entsprechende juristische Person bzw. Unternehmung. Eine solche Zurechnung dürfte vor allem in Fällen schwierig sein, in denen ein bewilligungspflichtiger Betrieb ohne Bewilligung tätig ist (Abs. 1 Bst. a). In diesem Fall müsste also der Betrieb selbst gebüsst werden.

Im Bereich des Übertretungsstrafrechts sind der Versuch und die Gehilfenschaft nur strafbar, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (Art. 105 StGB i. V. m. Art. 1 EG StGB). Absatz 3 erklärt den Versuch sowie die Gehilfenschaft somit ausdrücklich für strafbar.

Artikel 63; Rechtsschutz

Absatz 5 hält bereits heute fest, dass gegen Entscheide betreffend Kantonsbeiträge, auf welche das Gesetz oder das Ausführungsrecht keinen Anspruch verankert, die Beschwerde an das Verwaltungs-gericht ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für die neu geschaffenen Möglichkeiten von Beiträgen zur Förderung der medizinischen Grundversorgung wie auch Artikel 22b Absatz 5 klar festhält. Da neu aber auch die Gemeinden Beiträge nach dem Gesundheitsgesetz leisten können, soll im Sinne der Einheitlichkeit und Klarheit festgehalten werden, dass eine Beschwerde ans Verwaltungsgericht be-treffend Beiträge des Kantons und der Gemeinde, auf welche kein gesetzlicher Anspruch verankert ist, ausgeschlossen ist.

8.2. Vollziehungsgesetz zum Bundesgesetz betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose

Mit Inkrafttreten des totalrevidierten Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen auf den 1. Januar 2016 wurde auch das Bundesgesetz vom 13. Juni 1928 betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose aufgehoben. In der Folge ist nun auch das kantonale Vollziehungs-gesetz vom 6. Mai 1934 aufzuheben.

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8.3. Inkrafttreten

Die Änderungen sollen weitestgehend per 1. Juli 2019 in Kraft treten. Einzig das Inkrafttreten der Än-derungen von Bestimmungen zur Berufsausübung soll gleichzeitig mit dem Gesundheitsberufegesetz erfolgen (voraussichtlich per 1.1.2020), weshalb dem Regierungsrat die Kompetenz zur Inkraftsetzung der diesbezüglichen Artikel übertragen werden soll.

Wie wiederholt erwähnt, handelt es sich bei den Beiträgen zur Förderung der medizinischen Grund-versorgung um eine Mitfinanzierungsmöglichkeit und keine Mitfinanzierungspflicht. In Zusammenhang mit dem Inkrafttreten wird diesbezüglich nochmals darauf hingewiesen, dass rückwirkende Beiträge beispielsweise an Investitionen, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderungen getätigt wurden, nicht vorgesehen sind und in jedem Fall kein Anspruch darauf besteht.

9. Finanzielle Auswirkungen

Die Änderung des Gesundheitsgesetzes schafft die Rechtsgrundlagen, um den in der Bundesverfas-sung enthaltenen Auftrag, eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität zu gewährleisten, erfüllen zu können. Der Kanton muss attraktive Rahmenbedingungen bieten und ein besonderes Engagement leisten. Dafür sind zusätzlich zu den bisherigen Aufwänden (s. nachfolgende Tabelle) weitere finanzielle Mittel notwendig.

Die Änderung des Gesundheitsgesetzes enthält keine Pflicht für Beiträge der öffentlichen Hand zu-gunsten der medizinischen Grundversorgung (Kann-Bestimmungen). Es besteht kein Rechtsanspruch, dass ein angehender Hausarzt beim Kanton (oder den Gemeinden) finanzielle Mittel reklamieren kann. Die ambulante Versorgung muss – wie es im Bereich der stationären Versorgung bereits längstens der Fall ist – gesteuert werden. Handlungsbedarf besteht nur bei einer (drohenden) Unterversorgung. Ver-schiedene Studien belegen, dass neue Leistungserbringer eine angebotsinduzierte Nachfrage nach sich ziehen. Das Gesundheitswesen wird dadurch weiter verteuert.

Mittelbar wird die Förderung der medizinischen Grundversorgung finanzielle Auswirkungen primär für den Kanton haben. So beabsichtigt der Regierungsrat einerseits, das Angebot an Praxisassistenz-stellen zu verdoppeln. Die Nachfrage nach solchen ist laufend gewachsen, nachdem der Start etwas harzig verlief. In den letzten Jahren mussten gelegentlich mögliche Kandidaten abgewiesen werden. Wird die Erhöhung effektiv in Anspruch genommen, wäre dies mit zusätzlichen Kosten von rund 90 000 Franken pro Jahr verbunden. Die Organisation des Notfalldienstes soll gemäss einem Antrag der Glarner Ärztegesellschaft mit einem Beitrag von einem Franken pro Kantonseinwohner unterstützt werden. Die genaue Form ist noch offen, sie muss auf jeden Fall im Rahmen einer Leistungsvereinba-rung mit der Glarner Ärztegesellschaft genauer definiert werden. Sie wird Auflagen und Bedingungen enthalten.

Das Curriculum Hausarztmedizin am Kantonsspital Glarus dürfte im Durchschnitt 20 000 Franken pro Jahr kosten. Orientiert man sich an den Erfahrungswerten des Kantonsspitals Graubünden, so darf mit einer Absolventin bzw. einem Absolventen alle vier Jahre gerechnet werden, wobei alle 16 Jahre eine Glarnerin bzw. ein Glarner darunter sein dürfte. Am Kantonsspital Graubünden wird das Angebot durch eine Person pro Jahr in Anspruch genommen, alle vier Jahre handelt es sich um eine einheimische Person. Das KSGR ist etwa um den Faktor 4 grösser, weshalb dieser als Bereinigungswert dient. Die Erwartungen an diese Massnahme dürfen nicht allzu hoch ausfallen. Wie erwähnt, stellen sich die an-gehenden Ärztinnen und Ärzte ihr Curriculum lieber selber zusammen.

Die nachfolgende Tabelle informiert über den bezifferbaren zusätzlichen Aufwand im Zusammenhang mit der Förderung der medizinischen Grundversorgung.

Massnahme Kosten pro JahrProjekt Praxisassistenz 90’000 Fr.Weiterbildungsfinanzierungsvereinbarung bzw. Ostschweizer 201’000 Fr.SpitalvereinbarungAllgemeinpsychiatrische Tagesklinik 330’000 Fr.Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst 350’000 Fr.Kinderarztpraxis 160’000 Fr.

Total aktueller Aufwand 1’211’000 Fr.Sofortmassnahmen Sernftal 80’000 Fr.

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Die weiteren Ausgaben lassen sich finanziell nicht quantifizieren, hängen sie doch im Wesentlichen davon ab, wie stark der Kanton gezwungen ist, aktiv in den Markt einzugreifen. Im Sinne des Sub-sidiaritätsprinzips wird der Kanton (und bei kommunalen Interessen die Gemeinden) nur dann aktiv, wenn Marktmechanismen nicht oder nur ungenügend spielen und geeignete Massnahmen fehlen. Es wird angenommen, dass sich die Ausgaben im Durchschnitt über die Jahre auf 200 000 Franken be-laufen. Die Bevölkerung des Kantons Uri hat im Jahre 2016 einer Änderung des Gesundheitsgesetzes mit einer fast identischen Stossrichtung wie die Glarner Vorlage mit 63 Prozent zugestimmt. Die bisher gemachten Erfahrungen des Kantons Uri deuten darauf hin, dass die Annahme von 200 000 Franken pro Jahr grosszügig ist.

Abschliessend ist bei der finanziellen Beurteilung darauf hinzuweisen, dass immer Versorgungsop-timierungen erreicht werden sollen und im Gegenzug gegebenenfalls auch Ausgabenoptimierungen an anderen Stellen zu erwarten sind. Zu berücksichtigen im Sinne einer Kosten-Nutzen-Betrachtung ist, dass mit einer funktionierenden ambulanten Versorgung auch Verlagerungen in den stationären Bereich verhindert werden können. Dank besserer ambulanter Betreuung vor Ort sollen Rückfälle mi-nimiert werden. Zudem ist zu verhindern, dass medizinische Leistungen vermehrt in Nachbarkantonen nachgesucht werden, damit die Wertschöpfung innerhalb des Kantons anfällt und die innerkantonale Spitalversorgung nicht geschwächt wird. Denn ausserkantonale Grundversorger überweisen ihre Pa-tientinnen und Patienten erfahrungsgemäss eher in ausserkantonale Spitäler. Dadurch würden am KSGL weniger Fälle behandelt und somit weniger Erträge generiert. Schliesslich sind ambulante Be-handlungen in der Regel nicht nur absolut günstiger, sondern sehen – anders als die stationäre Be-handlung – auch keine zwingende Mitfinanzierung des Kantons vor.

10. Personelle Auswirkungen

Die Änderung des Gesundheitsgesetzes kann mit den vorhandenen personellen Ressourcen umge-setzt werden.

11. Beratung der Vorlage im Landrat

11.1. Landrätliche Kommission

Die landrätliche Kommission Gesundheit und Soziales unter der Leitung von Landrätin Yvonne Carra-ra, Mollis, nahm sich der Vorlage an. Eintreten auf diese war unbestritten, wenngleich intensiv debat-tiert wurde. So diskutierte die Kommission den Begriff der ambulanten medizinischen Grundversor-gung. Sie wollte wissen, was diese beinhalte, weshalb etwa der Pflegebereich ausser Acht gelassen worden sei und weshalb das für die Landsgemeinde 2020 vorgesehene Pflegegesetz nicht gemeinsam mit dem Gesundheitsgesetz behandelt werde. Intensiv diskutiert wurden auch die Zuständigkeiten des Kantons und der Gemeinden betreffend die Förderung der medizinischen Grundversorgung. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass deren Sicherstellung Sache des Kantons sein soll. Verteile man die Zuständigkeit auf Kanton und Gemeinden, wie dies in der ursprünglichen regierungsrätlichen Vorlage vorgesehen war, entstünden Abgrenzungsschwierigkeiten. Die Gemeinden sollen deshalb von dieser Verantwortung entlastet bleiben, aber dennoch die Möglichkeit erhalten, Angebote von kommu-nalem Interesse zu fördern.

Der Kanton könne aber keinen Arzt dazu zwingen, im Kanton tätig zu sein. Er könne lediglich Rahmen-bedingungen und Anreize schaffen, damit sich Grundversorger im Kanton Glarus niederlassen.

In der Detailberatung wurden die Trends in der Hausarztmedizin – etwa die zunehmende Popularität von Gruppenpraxen – diskutiert. Auch wurden die Kosten solcher Modelle thematisiert. Ein Mitglied regte zudem an, die pflegenden und betreuenden Angehörigen in die 5-Säulen-Strategie einzubezie-hen. Kommission und Departement wollten davon schliesslich aber absehen. Dies soll Gegenstand

Massnahme Kosten pro JahrAusbau Projekt Praxisassistenz 90’000 Fr.Unterstützung Notfalldienst 40’000 Fr.Curriculum Hausarztmedizin 20’000 Fr.Weitere Massnahmen (Schätzung) 200’000 Fr.Total neuer Aufwand 350’000 Fr.Total aktueller Aufwand 1’211’000 Fr.Total Gesamtaufwand Kanton für Förderung med. Grundversorgung 1’561’000 Fr.

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des Pflegegesetzes sein. Im Fokus der weiteren Debatte standen die dritte Säule – die Förderung ein-zelner Grundversorger – sowie die vierte Säule – Schaffung von kollektiven Anreizsystemen. Bezüglich der dritten Säule wurde angemerkt, dass nicht von einem Eingriff des Kantons in die Marktfreiheit die Rede sein könne, wenn in bestimmten Bereichen der medizinischen Grundversorgung eine Unterver-sorgung besteht. Für die Schaffung von kollektiven Anreizsystemen sei die Höhe des Taxpunktwertes sehr wichtig. Diese sei schweizweit unterschiedlich. In der Ostschweiz liege er bei 83 Rappen. Im Kanton Jura, der bezüglich Kosten und Leistungen mit dem Kanton Glarus vergleichbar sei, betrage er 97 Rappen. Das seien 15 Prozent mehr. Eine Erhöhung des Taxpunktwertes um 1 Rappen würde den Kanton 100 000 bis 150 000 Franken pro Jahr kosten. Um aber den gewünschten Anreiz zu setzen, müsse der Taxpunktwert um mindestens 5 Rappen erhöht werden. Das würde den Kanton 500 000 bis 750 000 Franken kosten. Das Departement Finanzen und Gesundheit informierte diesbezüglich darüber, dass die Ärzteschaft den Tarifvertrag per Ende 2018 gekündigt hat. Derzeit laufe ein Tariffest-setzungsverfahren. Dieses soll abgewartet werden.

Bei der Beratung des Gesetzentwurfs gab vor allem Artikel 5 zu reden. Dieser regelt die Zuständig-keiten. Gemäss Vorschlag des Regierungsrates wären die Gemeinden zuständig für die Förderung einzelner Grundversorger von kommunalem Interesse – etwa Hausärzte. Der Kanton wäre für solche von kantonalem Interesse – also etwa Kinder- und Frauenärzte oder Psychiater – zuständig. Die Kom-mission beschloss jedoch einstimmig, Artikel 5 so zu formulieren, dass die Sicherstellung der medizi-nischen Grundversorgung gänzlich in der Verantwortung des Kantons liegt. Diese Änderung führt dann auch zu Anpassungen in weiteren Artikeln. Ebenfalls wurde ein Passus in Artikel 22c gestrichen, weil er doppelt vorkommt. In Artikel 22g betreffend Beitragsart und -höhe wurde die klare Rangordnung der verschiedenen Beitragsformen bestätigt. Diese sollen zuerst zum Tragen kommen – bevor sogenannte A-fonds-perdu-Beiträge gewährt werden. Zu den Bestimmungen zur Berufsausübung wurden in der Kommission viele Fragen gestellt, welche fundiert beantwortet wurden. Die Kommission beantragte dort keine Änderungen.

Die landrätliche Kommission Gesundheit und Soziales beantragte dem Landrat einstimmig, die Än-derung des Gesundheitsgesetzes mit den Anpassungen der Kommission der Landsgemeinde zur Zu-stimmung zu unterbreiten.

11.2. Landrat

Im Landrat war Eintreten auf die Vorlage unbestritten. Alle Fraktionssprecher stellten sich hinter die Vorlage und die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen. Auch der Regierungsrat zeigte sich in der Debatte mit den Vorschlägen der Kommission einverstanden.

Der Hausärztemangel sei ein grosses Thema, auch in der Bevölkerung. Die vom Regierungsrat er-arbeitete Strategie könne das Problem nicht vollständig lösen. Aber man könne es besser handhaben. Gemäss dem klaren Willen des Landrates soll der Kanton allein für die Sicherstellung der medizini-schen Grundversorgung zuständig sein; dies soll keine Verbundaufgabe sein. Die Gemeinden sollen jedoch aktiv werden können, wenn ein kommunales Interesse besteht. Der regierungsrätliche Sprecher verdeutlichte, dass, wenn die Gemeinde zum Beispiel einen Arzt in Obstalden möchte, der Kanton abwinken werde, weil es dort noch nie einen Arzt gab und ein solcher nicht in einem gesamtkantona-len Interesse liege. Die Gemeinde wäre somit alleine für die Förderung zuständig. Wesentlich für die Förderung des Kantons sei ein übergeordnetes Interesse, nämlich die Sicherstellung einer adäquaten medizinischen Grundversorgung im Kanton Glarus.

Der Kanton trage die Verantwortung, habe aber nur begrenzte Einflussmöglichkeiten. Er könne die Rahmenbedingungen setzen, um möglichst attraktiv zu sein. Das werde mit den erwähnten fünf Säulen versucht. Der Kanton könne aber die Ärzte nicht dazu zwingen, im Glarnerland tätig zu sein, und auch niemanden anstellen. Andere Kantone würden auch um die Ärzte buhlen. Man könne nur hoffen, dass die Strategie Früchte trägt. Man müsse zudem versuchen, Glarner Ärzte zurückzuholen. Ein Postulat zu diesem Thema werde umgesetzt. Die Talentabwanderung sei möglichst zu verhindern. Ärzte, denen die Ausbildung bezahlt wurde, sollten nicht dort bleiben, wo sie ihr Studium absolviert haben. Hier könne man aber nur Anreize setzen. Auch das Problem der zu tiefen Abgeltung müsse gelöst werden.

In der Detailberatung wurden keine Änderungen an der Vorlage gemäss Vorschlag der landrätlichen Kommission beantragt oder vorgenommen. Auf Nachfrage hin wurde lediglich verdeutlicht, dass es sich bei allfälligen Beiträgen einer Gemeinde an ein Grundversorgungsangebot im kommunalen Inte-resse zwar um eine gebundene Ausgabe handle, die Budgetkompetenz der Gemeindeversammlung jedoch vorbehalten bleibe.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde einstimmig, der so bereinigten Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen zur Förderung der medizinischen Grundversorgung unverändert zuzu-stimmen.

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12. Antrag

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, nachstehender Gesetzesänderung zuzustimmen:

Änderung des Gesetzes über das Gesundheitswesen(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VIII A/1/1, Gesetz über das Gesundheitswesen (Gesundheitsgesetz, GesG) vom 6. Mai 2007 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 5 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (neu)1 Die Gemeinden sind zuständig für:Aufzählung unverändert.2 Sie können in Absprache mit dem Kanton einzelne Grundversorgungsan-gebote von kommunalem Interesse fördern.

Art. 9 Abs. 2 (neu)2 Der Regierungsrat kann Entscheide, die nach Massgabe dieses Gesetzes dem Departement obliegen, durch Verordnung nachgeordneten Verwal-tungseinheiten übertragen.

Art. 22a

Aufgehoben.

Titel nach Art. 22a (neu)

4.1a Förderung der medizinischen Grundversorgung

Art. 22b (neu)

Ziele und Grundsätze1 Der Kanton setzt sich für eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe medizinische Grundversorgung ein.2 Er ergreift Massnahmen, um die medizinische Grundversorgung zu stärken, um strukturellen Versorgungsproblemen zu begegnen und um attraktive Rahmenbedingungen für Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grundversorgung zu schaffen.3 Er fördert medizinische Grundversorgungsangebote, die ohne Unterstüt-zung nicht oder nicht ausreichend bereitgestellt werden können.4 Im Rahmen der Förderung der medizinischen Grundversorgung sind die Angebote der ambulanten Leistungserbringer und das Angebot gemäss Leistungsauftrag des Kantonsspitals Glarus aufeinander abzustimmen.5 Ein Rechtsanspruch auf Förderungsmassnahmen besteht nicht.

SBE 1Art. 22c (neu)

Förderung der Aus-, Weiter- und Fortbildung1 Der Kanton fördert die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Berufen der me-dizinischen Grundversorgung. Er kann hierfür Beiträge gewähren.

Art. 22d (neu)

Förderung innovativer Vorhaben1 Der Kanton fördert die Entwicklung und Verbreitung von neuen und innova-tiven Versorgungs-, Organisations-, Arbeits- und Betriebsmodellen, die zur Verbesserung der medizinischen Grundversorgung beitragen. Er kann hier-für Beiträge gewähren.2 Gefördert werden insbesondere:a. überbetriebliche und interdisziplinäre Kooperations- und

Gemeinschaftsvorhaben;b. Vorhaben mit Wirkung für medizinische Grundversorgungsleistungen,

die im Kantonsgebiet nicht ausreichend angeboten werden;c. Vorhaben der integrierten Versorgung sowie Netzwerke.

Art. 22e (neu)

Förderung einzelner Grundversorgungsangebote1 Der Kanton fördert Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grund-versorgung.2 Die Gemeinden können in Absprache mit dem Kanton Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grundversorgung von kommunalem Interesse fördern.3 Kanton und Gemeinden können Anbieterinnen und Anbietern der medizini-schen Grundversorgung Beiträge gewähren, wenn:a. sie für den gesamten Kanton beziehungsweise die Gemeinde von ge-

sundheitspolitischer und versorgungstechnischer Bedeutung sind;b. dadurch bestehende medizinische Grundversorgungsangebote erhal-

ten und optimiert werden können;c. dem medizinischen Grundversorgungsangebot eine klare Nachfrage

gegenübersteht;d. das medizinische Grundversorgungsangebot auf dem überregionalen

Markt unterversorgt ist; unde. die gesundheitspolizeilichen Bestimmungen eingehalten werden.

Art. 22f (neu)

Kollektive Anreizsysteme1 Der Landrat kann kollektive Anreizsysteme für medizinische Grundversor-gerinnen und Grundversorger schaffen, um den Zugang der Bevölkerung zu gesundheitspolitisch und versorgungstechnisch sinnvollen medizinischen Leistungen sicherzustellen.

2

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Art. 22c (neu)

Förderung der Aus-, Weiter- und Fortbildung1 Der Kanton fördert die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Berufen der me-dizinischen Grundversorgung. Er kann hierfür Beiträge gewähren.

Art. 22d (neu)

Förderung innovativer Vorhaben1 Der Kanton fördert die Entwicklung und Verbreitung von neuen und innova-tiven Versorgungs-, Organisations-, Arbeits- und Betriebsmodellen, die zur Verbesserung der medizinischen Grundversorgung beitragen. Er kann hier-für Beiträge gewähren.2 Gefördert werden insbesondere:a. überbetriebliche und interdisziplinäre Kooperations- und

Gemeinschaftsvorhaben;b. Vorhaben mit Wirkung für medizinische Grundversorgungsleistungen,

die im Kantonsgebiet nicht ausreichend angeboten werden;c. Vorhaben der integrierten Versorgung sowie Netzwerke.

Art. 22e (neu)

Förderung einzelner Grundversorgungsangebote1 Der Kanton fördert Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grund-versorgung.2 Die Gemeinden können in Absprache mit dem Kanton Anbieterinnen und Anbieter der medizinischen Grundversorgung von kommunalem Interesse fördern.3 Kanton und Gemeinden können Anbieterinnen und Anbietern der medizini-schen Grundversorgung Beiträge gewähren, wenn:a. sie für den gesamten Kanton beziehungsweise die Gemeinde von ge-

sundheitspolitischer und versorgungstechnischer Bedeutung sind;b. dadurch bestehende medizinische Grundversorgungsangebote erhal-

ten und optimiert werden können;c. dem medizinischen Grundversorgungsangebot eine klare Nachfrage

gegenübersteht;d. das medizinische Grundversorgungsangebot auf dem überregionalen

Markt unterversorgt ist; unde. die gesundheitspolizeilichen Bestimmungen eingehalten werden.

Art. 22f (neu)

Kollektive Anreizsysteme1 Der Landrat kann kollektive Anreizsysteme für medizinische Grundversor-gerinnen und Grundversorger schaffen, um den Zugang der Bevölkerung zu gesundheitspolitisch und versorgungstechnisch sinnvollen medizinischen Leistungen sicherzustellen.

2

Art. 22g (neu)

Beitragsart und Beitragshöhe1 Beiträge können als Anschub- und Teilfinanzierung, Darlehen, Zinsver-günstigungen, Bürgschaften, Vermittlung oder Überlassung von Betriebsstätten zu Vorzugsbedingungen oder andere geldwerte Leistungen ausgerichtet werden.2 Beiträge zur Förderung einzelner Grundversorgungsangebote können nur dann als Anschub- und Teilfinanzierung ausgerichtet werden, wenn mit den übrigen Beitragsarten gemäss Absatz 1 die Förderziele nicht erreicht wer-den können.3 Die Höhe der Beiträge und deren Art richten sich nach der Bedeutung des Vorhabens für die Versorgung.4 Über die Gewährung von Beiträgen entscheidet beim Kanton der Regie-rungsrat und bei den Gemeinden der Gemeinderat.

Art. 22h (neu)

Bedingungen, Auflagen und Kriterien1 Unterstützt werden nur Vorhaben, die den Zielen dieses Kapitels förderlich sind.2 Beiträge müssen mit Bedingungen und Auflagen verbunden oder mit einer Vereinbarung gekoppelt werden. Namentlich können sie von Eigenleistun-gen oder von Beiträgen Dritter abhängig gemacht und befristet werden.

Art. 23 Abs. 1, Abs. 3a (neu)1 Einer Bewilligung des Departements bedarf der Betrieb folgender Einrich-tungen:c. (geändert) Organisationen der Hilfe und Pflege zu Hause;3a Der Betrieb bezeichnet pro Fachbereich eine fachverantwortliche Person, welche über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Ver-antwortung verfügt. Sie übernimmt die fachliche Verantwortung und Aufsicht für die ihr unterstellten Personen. Die Bestimmungen von Artikel 30a und Ar-tikel 31 gelten sinngemäss.

Art. 24a (neu)

Auskündigung1 Die Verwendung von Bezeichnungen oder Begriffsteilen wie Spital, Klinik und dergleichen ist den bewilligten Einrichtungen vorbehalten.

Art. 25 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (aufgehoben), Abs. 3 (aufgehoben)1 Einer Bewilligung des Departements bedarf, wer in eigener fachlicher Ver-antwortung (Art. 29 Abs. 1):a. Aufgehoben.

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Art. 22g (neu)

Beitragsart und Beitragshöhe1 Beiträge können als Anschub- und Teilfinanzierung, Darlehen, Zinsver-günstigungen, Bürgschaften, Vermittlung oder Überlassung von Betriebsstätten zu Vorzugsbedingungen oder andere geldwerte Leistungen ausgerichtet werden.2 Beiträge zur Förderung einzelner Grundversorgungsangebote können nur dann als Anschub- und Teilfinanzierung ausgerichtet werden, wenn mit den übrigen Beitragsarten gemäss Absatz 1 die Förderziele nicht erreicht wer-den können.3 Die Höhe der Beiträge und deren Art richten sich nach der Bedeutung des Vorhabens für die Versorgung.4 Über die Gewährung von Beiträgen entscheidet beim Kanton der Regie-rungsrat und bei den Gemeinden der Gemeinderat.

Art. 22h (neu)

Bedingungen, Auflagen und Kriterien1 Unterstützt werden nur Vorhaben, die den Zielen dieses Kapitels förderlich sind.2 Beiträge müssen mit Bedingungen und Auflagen verbunden oder mit einer Vereinbarung gekoppelt werden. Namentlich können sie von Eigenleistun-gen oder von Beiträgen Dritter abhängig gemacht und befristet werden.

Art. 23 Abs. 1, Abs. 3a (neu)1 Einer Bewilligung des Departements bedarf der Betrieb folgender Einrich-tungen:c. (geändert) Organisationen der Hilfe und Pflege zu Hause;3a Der Betrieb bezeichnet pro Fachbereich eine fachverantwortliche Person, welche über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Ver-antwortung verfügt. Sie übernimmt die fachliche Verantwortung und Aufsicht für die ihr unterstellten Personen. Die Bestimmungen von Artikel 30a und Ar-tikel 31 gelten sinngemäss.

Art. 24a (neu)

Auskündigung1 Die Verwendung von Bezeichnungen oder Begriffsteilen wie Spital, Klinik und dergleichen ist den bewilligten Einrichtungen vorbehalten.

Art. 25 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (aufgehoben), Abs. 3 (aufgehoben)1 Einer Bewilligung des Departements bedarf, wer in eigener fachlicher Ver-antwortung (Art. 29 Abs. 1):a. Aufgehoben.

3

a1. (neu) Krankheiten, Verletzungen oder sonstige Störungen der psychi-schen und physischen Gesundheit feststellt, behandelt oder diesen vorbeugt;

2 Aufgehoben.3 Aufgehoben.

Art. 27 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert), Abs. 2a (neu), Abs. 3 (aufge-hoben)

Erteilung, Einschränkung und Entzug der Bewilligung (Sachüberschrift ge-ändert)1 Die Erteilung einer Berufsausübungsbewilligung setzt nebst der Erfüllung der fachlichen Anforderungen voraus, dass die gesuchstellende Person:a. Aufgehoben.b. (geändert) vertrauenswürdig ist;c. (geändert) physisch und psychisch Gewähr für eine einwandfreie Be-

rufsausübung bietet; undd. Aufgehoben.2 Die Bewilligung kann mit Einschränkungen fachlicher, zeitlicher oder räum-licher Art oder mit Auflagen verbunden werden.2a Sie wird entzogen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht mehr erfüllt sind oder nachträglich Tatsachen festgestellt werden, aufgrund derer sie hätte verweigert werden müssen.3 Aufgehoben.

Art. 28

Aufgehoben.

Art. 29 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (aufgehoben)

Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung; Stellvertretung (Sach-überschrift geändert)1 In eigener fachlicher Verantwortung tätig sind Personen, die keiner fachli-chen Aufsicht unterstehen.2 Aufgehoben.

Art. 30a (neu)

Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht1 Wer über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Ver-antwortung verfügt, kann die fachliche Verantwortung und Aufsicht für Per-sonen, die in derselben Einrichtung tätig sind und demselben Beruf angehö-ren, übernehmen.2 Der Bewilligungsinhaber hat sicherzustellen, dass die unter Aufsicht täti-gen Personen über ihrem Tätigkeitsgebiet entsprechende fachliche Qualifi-kationen verfügen.

4

3 Die Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht hat der Bewilli-gungsinhaber vorgängig gegenüber der zuständigen kantonalen Verwal-tungsbehörde zu bestätigen.4 Der Bewilligungsinhaber ist gegenüber der zuständigen kantonalen Verwal-tungsbehörde über die Personen, für welche er die fachliche Verantwortung und Aufsicht übernommen hat, auskunftspflichtig.

Art. 31 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (neu)

Berufspflichten (Sachüberschrift geändert)1 Bewilligungsinhaber sind verpflichtet:a. (geändert) ihren Beruf sorgfältig sowie gewissenhaft auszuüben und

sich an die Grenzen der Kompetenzen, die sie im Rahmen ihrer Aus-, Weiter- und Fortbildung erworben haben, zu halten;

c. (geändert) ihre beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Interesse der Qualitätssicherung durch lebenslange Fortbildung zu vertiefen, zu erweitern und zu verbessern;

d. (geändert) die Rechte der Patienten zu achten;e. Aufgehoben.f. (neu) nur Werbung zu machen, die objektiv ist, dem öffentlichen Be-

dürfnis entspricht und weder irreführend noch aufdringlich ist;g. (neu) über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung zu verfü-

gen, es sei denn, die Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegt dem Staats-haftungsrecht;

h. (neu) bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheits-berufe ausschliesslich die Interessen der Patienten zu wahren und un-abhängig von finanziellen Vorteilen zu handeln.

2 Die Pflichten nach Absatz 1 gelten sinngemäss auch für Personen, die un-ter fachlicher Verantwortung und Aufsicht eines Bewilligungsinhabers tätig sind. Der Bewilligungsinhaber ist verpflichtet, für die Einhaltung dieser Pflichten durch die unter seiner fachlichen Verantwortung und Aufsicht täti-gen Personen zu sorgen.

Art. 31a

Aufgehoben.

Art. 34 Abs. 1 (geändert)1 Die im Kanton tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahn-ärzte sind zum Notfalldienst verpflichtet. Ausgenommen davon sind Ärztin-nen und Ärzte, die in einer Einrichtung gemäss Artikel 23 Absatz 1 Buchsta-be a tätig sind.

5

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3 Die Übernahme der fachlichen Verantwortung und Aufsicht hat der Bewilli-gungsinhaber vorgängig gegenüber der zuständigen kantonalen Verwal-tungsbehörde zu bestätigen.4 Der Bewilligungsinhaber ist gegenüber der zuständigen kantonalen Verwal-tungsbehörde über die Personen, für welche er die fachliche Verantwortung und Aufsicht übernommen hat, auskunftspflichtig.

Art. 31 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (neu)

Berufspflichten (Sachüberschrift geändert)1 Bewilligungsinhaber sind verpflichtet:a. (geändert) ihren Beruf sorgfältig sowie gewissenhaft auszuüben und

sich an die Grenzen der Kompetenzen, die sie im Rahmen ihrer Aus-, Weiter- und Fortbildung erworben haben, zu halten;

c. (geändert) ihre beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Interesse der Qualitätssicherung durch lebenslange Fortbildung zu vertiefen, zu erweitern und zu verbessern;

d. (geändert) die Rechte der Patienten zu achten;e. Aufgehoben.f. (neu) nur Werbung zu machen, die objektiv ist, dem öffentlichen Be-

dürfnis entspricht und weder irreführend noch aufdringlich ist;g. (neu) über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung zu verfü-

gen, es sei denn, die Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegt dem Staats-haftungsrecht;

h. (neu) bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheits-berufe ausschliesslich die Interessen der Patienten zu wahren und un-abhängig von finanziellen Vorteilen zu handeln.

2 Die Pflichten nach Absatz 1 gelten sinngemäss auch für Personen, die un-ter fachlicher Verantwortung und Aufsicht eines Bewilligungsinhabers tätig sind. Der Bewilligungsinhaber ist verpflichtet, für die Einhaltung dieser Pflichten durch die unter seiner fachlichen Verantwortung und Aufsicht täti-gen Personen zu sorgen.

Art. 31a

Aufgehoben.

Art. 34 Abs. 1 (geändert)1 Die im Kanton tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahn-ärzte sind zum Notfalldienst verpflichtet. Ausgenommen davon sind Ärztin-nen und Ärzte, die in einer Einrichtung gemäss Artikel 23 Absatz 1 Buchsta-be a tätig sind.

5

Art. 34b Abs. 2 (geändert), Abs. 4 (neu)2 Sie entscheidet über die Befreiung von der Notfalldienstpflicht. Sie regelt die Einzelheiten.4 Der Kanton kann einen Beitrag an die mit der Organisation des Notfall -dienstes verbundenen Kosten leisten.

Art. 37 Abs. 2 (neu)2 Personen, die einen Beruf der gewerbsmässigen Körper- und Schönheits-pflege oder einen nicht bewilligungspflichten Beruf des Gesundheitswesens ausüben, dürfen keine irreführenden oder unwahren Auskündigungen ma-chen. Insbesondere dürfen sie keine Titel oder Berufsbezeichnungen ver-wenden, die zu Täuschung über ihre Ausbildung oder ihre Kompetenzen An-lass geben können.

Titel nach Art. 37 (geändert)

5.3. Erlöschen der Bewilligung, Disziplinarmassnahmen und Tä-tigkeitsverbot

Art. 39

Aufgehoben.

Art. 39a (neu)

Disziplinarmassnahmen1 Bei Verletzung der Berufspflichten, der Vorschriften dieses Gesetzes oder der Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz kann das Departement:a. eine Verwarnung aussprechen;b. einen Verweis erteilen;c. eine Busse bis 20 000 Franken aussprechen;d. die Berufsausübung für längstens sechs Jahre befristet verbieten;

odere. die Berufsausübung definitiv verbieten.2 Eine Busse kann zusätzlich zu einem Berufsausübungsverbot angeordnet werden.3 Nötigenfalls kann das Departement die Berufsausübung während des Dis-ziplinarverfahrens einschränken, mit Auflagen versehen oder verbieten.

Art. 39b (neu)

Verbot oder Einschränkung von nicht bewilligungspflichtigen Tätigkeiten1 Sofern durch die Ausübung von Tätigkeiten nach Artikel 37 Absatz 1 eine allgemeine Gesundheitsgefährdung entsteht, kann das Departement die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit verbieten oder einschränken.

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Art. 34b Abs. 2 (geändert), Abs. 4 (neu)2 Sie entscheidet über die Befreiung von der Notfalldienstpflicht. Sie regelt die Einzelheiten.4 Der Kanton kann einen Beitrag an die mit der Organisation des Notfall -dienstes verbundenen Kosten leisten.

Art. 37 Abs. 2 (neu)2 Personen, die einen Beruf der gewerbsmässigen Körper- und Schönheits-pflege oder einen nicht bewilligungspflichten Beruf des Gesundheitswesens ausüben, dürfen keine irreführenden oder unwahren Auskündigungen ma-chen. Insbesondere dürfen sie keine Titel oder Berufsbezeichnungen ver-wenden, die zu Täuschung über ihre Ausbildung oder ihre Kompetenzen An-lass geben können.

Titel nach Art. 37 (geändert)

5.3. Erlöschen der Bewilligung, Disziplinarmassnahmen und Tä-tigkeitsverbot

Art. 39

Aufgehoben.

Art. 39a (neu)

Disziplinarmassnahmen1 Bei Verletzung der Berufspflichten, der Vorschriften dieses Gesetzes oder der Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz kann das Departement:a. eine Verwarnung aussprechen;b. einen Verweis erteilen;c. eine Busse bis 20 000 Franken aussprechen;d. die Berufsausübung für längstens sechs Jahre befristet verbieten;

odere. die Berufsausübung definitiv verbieten.2 Eine Busse kann zusätzlich zu einem Berufsausübungsverbot angeordnet werden.3 Nötigenfalls kann das Departement die Berufsausübung während des Dis-ziplinarverfahrens einschränken, mit Auflagen versehen oder verbieten.

Art. 39b (neu)

Verbot oder Einschränkung von nicht bewilligungspflichtigen Tätigkeiten1 Sofern durch die Ausübung von Tätigkeiten nach Artikel 37 Absatz 1 eine allgemeine Gesundheitsgefährdung entsteht, kann das Departement die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit verbieten oder einschränken.

6

Titel nach Art. 60 (geändert)

9. Schlussbestimmungen

Art. 61 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (neu), Abs. 3 (neu)

Strafbestimmungen (Sachüberschrift geändert)1 Mit Busse wird bestraft, wer:a. (geändert) eine nach diesem Gesetz bewilligungspflichtige Tätigkeit

oder einen bewilligungspflichtigen Betrieb ohne Bewilligung oder auf-grund einer durch unwahre Angaben erwirkten Bewilligung ausübt be-ziehungsweise betreibt;

b. Aufgehoben.c. Aufgehoben.d. (neu) für eine nach diesem Gesetz bewilligungspflichtige Tätigkeit oder

einen bewilligungspflichtigen Betrieb wirbt, ohne dass die entspre-chende Berufsausübungs- beziehungsweise Betriebsbewilligung vor-liegt;

e. (neu) eine nicht bewilligungspflichtige Tätigkeit nach Artikel 37 Ab-satz 1 in einer Weise bekannt macht, die zu Täuschungen Anlass ge-ben könnte;

f. (neu) eine Tätigkeit des Gesundheitswesens unter Missachtung eines Verbots oder einer Einschränkung ausübt.

2 In Fällen, in denen Verfehlungen eines Betriebs keiner natürlichen Person innerhalb des Betriebs zugerechnet werden können, ist subsidiär der Betrieb strafbar.3 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

Art. 63 Abs. 5 (geändert)5 Gegen Entscheide betreffend Beiträge, auf welche das Gesetz oder das Ausführungsrecht keinen Anspruch verankert, ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ausgeschlossen.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

GS VIII A/62/1, Vollziehungsgesetz zum Bundesgesetz vom 13. Juni 1928 betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose vom 6. Mai 1934, wird auf-gehoben.

7

IV.

Sämtliche Änderungen mit Ausnahme der Artikel 23, 24a, 25, 27, 29, 30a, 31, 34, 37, 39a, 39b, 61 und die Aufhebung der Artikel 28, 31a, 39 treten am 1. Juli 2019 in Kraft. Das Datum des Inkrafttretens der Artikel 23, 24a, 25, 27, 29, 30a, 31, 34, 37, 39a, 39b, 61 und der Aufhebung der Artikel 28, 31a, 39 bestimmt der Regierungsrat.

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§ 6 Änderung des Publikationsgesetzes

Die Vorlage im Überblick

Der Landsgemeinde wird eine Änderung des Publikationsgesetzes mit dem Ziel unterbreitet, die elek-tronische Version des kantonalen Amtsblattes für massgeblich zu erklären. Damit werden die Voraus-setzungen für die Einführung einer digitalen Amtsblattlösung geschaffen.

Massgeblichkeit des digitalen Amtsblattes / Amtsblattdaten für lokale Printmedien

Gleich wie bei der kantonalen Gesetzessammlung wird künftig auch beim Amtsblatt des Kantons Glarus die elektronische Fassung für massgeblich erklärt. Ihr soll gegenüber der gedruckten Version der Vorrang zukommen. Dies erlaubt die Umkehr der Prozesslogik und damit die Einführung einer digitalen Amtsblattlösung.

Auf eine im Gesetz verankerte Pflicht, dass der Kanton das Amtsblatt in einer gedruckten, papierge-bundenen Version herausgeben muss, wird verzichtet. Stattdessen wird der Regierungsrat neu ge-setzlich verpflichtet, die Daten des Amtsblattes lokalen Printmedien in geeigneter Form und kostenlos für die Herausgabe einer gedruckten Fassung zur Verfügung zu stellen. Über einen späteren Verzicht auf diese Datenlieferung soll der Landrat entscheiden.

Gesetzliche Verankerung des Staatskalenders / Regelung datenschutzrechtlicher Aspekte

Die Änderung des Publikationsgesetzes wird dazu genutzt, eine gesetzliche Grundlage für die Ver-öffentlichung von Behördenverzeichnissen wie insbesondere den Staatskalender zu schaffen. Dieser wird durch die Staatskanzlei herausgegeben und soll ebenfalls digitalisiert werden.

Die Veröffentlichung von Personendaten in amtlichen Publikationen wie dem Amtsblatt oder Behör-denverzeichnissen setzt eine genügende gesetzliche Grundlage voraus. Für den Fall, dass eine spe-zialgesetzliche Grundlage fehlt, soll eine formell-gesetzliche, sogenannte Auffangnorm geschaffen werden. Gleichzeitig wird der Regierungsrat beauftragt, den Zugang der im Internet veröffentlichten Personendaten über Suchfunktionen zu regeln. Dabei hat er die Interessen der Öffentlichkeit an der Zugänglichkeit zu amtlichen Informationen mit den privaten Interessen am Schutz der Persönlichkeit abzuwägen.

Verwesentlichung gesetzlicher Publikationspflichten

Schliesslich wurde die Änderung dazu genutzt, die spezialgesetzlichen Publikationspflichten zu überprüfen. Im Sinne der Verwesentlichung der Rechtsetzung entfallen zwei nicht mehr erforderliche Publikationspflichten im Gesundheitsgesetz und im Kantonalbankgesetz.

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die heutige Amtsblatt-Lösung kostet jährlich rund 100 000 Franken. Diese können bei einem Ersatz durch eine elektronische Fassung eingespart werden. Die Kosten für das digitale Amtsblatt bewe-gen sich in einem ähnlichen Rahmen. Von vier Anbietern wurden Richtofferten eingeholt, wobei die genannten Preise sehr stark variieren. Dies ist auf unterschiedliche Preis- und Berechnungsmodelle sowie Unterschiede bei den Leistungen zurückzuführen. Ein Vergleich über eine Betriebsdauer von vier Jahren zeigt jedoch, dass die Lösungen von drei der vier angefragten Anbieter ähnlich hohe Kosten verursachen (auf ein Jahr heruntergerechnet zwischen 85 000 und 106 000 Fr.). Ein Anbieter ist markant günstiger, wobei dort der Leistungsumfang von jenem der anderen Anbieter deutlich abweicht. Hinzu kommt dank Effizienzsteigerungen eine Entlastung beim personellen Aufwand im Umfang von rund 25 Stellenprozent (ca. 20 000 Fr.). Dieses Pensum kann teilweise eingespart oder für andere Aufgaben eingesetzt werden. In der Summe dürfte das digitale Amtsblatt gleich hohe oder sogar tiefere Kosten als die bisherige Lösung verursachen.

Sowohl in der vorberatenden Kommission als auch im Landrat war die Vorlage im Wesentlichen unbestritten. Die Kommission beantragte lediglich eine inhaltliche Änderung, mit welcher der Regie-rungsrat dazu verpflichtet werden soll, die Daten des Amtsblattes lokalen Printmedien in geeigneter Form und kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der Landrat übernahm diese Änderung. Er beantragt der Landsgemeinde, der Vorlage zuzustimmen.

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1. Ausgangslage

Die Bedeutung des Internets als Informations- und Kommunikationsmedium hat in den letzten Jah-ren stark zugenommen. Auch für die öffentlichen Verwaltungen hat es eine zentrale Stellung erlangt. Mit Erlass des Publikationsgesetzes beschloss die Landsgemeinde 2014, dass neu die elektronische Fassung des Rechtsstoffes massgeblich ist. Sie vollzog damit einen Primatwechsel: weg von der ge-druckten, hin zur elektronischen Publikation. Auf die Herausgabe der kantonalen Gesetzessammlung in gedruckter Form wird seither verzichtet. Die Beibehaltung des Amtsblattes des Kantons Glarus in gedruckter Form wurde 2014 im Gesetz explizit verankert; lediglich eine gesetzliche Grundlage für eine parallele Veröffentlichung im Internet wurde geschaffen. Der Primatwechsel soll nun auch für das Amts-blatt erfolgen. Der Zugang zu den Bekanntmachungen im Amtsblatt bleibt dabei weiterhin unentgeltlich.

2. Handlungsbedarf

2.1. Situation im Kanton Glarus

Das Amtsblatt des Kantons Glarus erscheint einmal wöchentlich jeweils am Donnerstag. Es wird im In-ternet auf der Webseite des Kantons unentgeltlich elektronisch zur Verfügung gestellt. Zudem erscheint es in gedruckter Form als Zeitungsausgabe und als Separatdruck. Die Basisauflage des Amtsblattes für die Veröffentlichung in der Zeitung «Südostschweiz» beträgt 10 600 Exemplare. Für die Herausgabe des Amtsblattes ist die Staatskanzlei verantwortlich; Aufbereitung, Satz und Druck erfolgen durch die Somedia AG. Sie übernimmt für den Kanton zudem die Abonnentenverwaltung. Dazu sowie für den Ab-druck, die Veröffentlichung und den Vertrieb des Amtsblattes in der Zeitung «Südostschweiz» besteht zwischen dem Kanton Glarus und der Somedia AG eine vertragliche Regelung. Die an die Somedia AG dafür ausgerichtete Abgeltung beläuft sich auf rund 100 000 Franken pro Jahr. Im Gegensatz zur Somedia AG besteht mit der Fridolin Druck und Medien, Walter Feldmann AG für den Abdruck des Amtsblattes in der Zeitung «Fridolin» keine Vereinbarung. Den Ausgaben von rund 100 000 Franken stehen Einnahmen von rund 50 000 Franken pro Jahr gegenüber. Diese werden mit kostenpflichtigen Veröffentlichungen und Abonnementen erwirtschaftet.

Der Prozess von der Eingabe der Meldungen bei der Staatskanzlei über den Satz und Druck bei der Somedia AG bis zur Rechnungstellung, die wiederum durch die Staatskanzlei erfolgt, zeichnet sich durch mehrere Medienbrüche und viel Handarbeit aus. Er ist wenig effizient, fehleranfällig und bindet personelle Ressourcen. Damit genügt er den heutigen Anforderungen an eine zweckmässige, wirt-schaftliche Aufgabenerfüllung sowie den Ansprüchen im Umgang mit den digitalen Medien nicht mehr. Eine Verbesserung drängt sich zudem auch zum Schutz von Personendaten auf. Die bisherige Lösung mit der Aufschaltung von durch Internet-Suchmaschinen indexierbaren Dokumenten auf der Webseite des Kantons erfüllt die datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht ausreichend.

2.2. Entwicklungen beim Bund und in den Kantonen

In den Kantonen Graubünden (2016), Zürich (2018) und Basel-Stadt (2019) sowie im Fürstentum Liech-tenstein (2003) wurde das digitale Amtsblatt unter ganzem oder teilweisem Verzicht auf eine gedruckte, papiergebundene Ausgabe bereits eingeführt. In den Kantonen Bern, Aargau und St. Gallen steht das digitale Amtsblatt vor der Einführung. Weitere Kantone sind daran, die technischen Möglichkeiten so-wie den Anpassungsbedarf bei den gesetzlichen Grundlagen abzuklären (AR, OW, SO, UR). Einzig der Kanton Schwyz verzichtete bis jetzt explizit darauf.

Auf Bundesebene existiert sowohl eine gedruckte Fassung des Bundesblattes als auch eine elektroni-sche, wobei letztere massgeblich ist. Der Primatwechsel bezüglich Rechtsverbindlichkeit weg von der gedruckten hin zur elektronischen Fassung erfolgte beim Bund auf den 1. Januar 2016.

2.3. Digitale Amtsblattlösung

Auf dem Markt sind mehrere Lösungen verschiedener Anbieter für die Herausgabe eines digitalen Amtsblattes erhältlich. Ihnen gemein ist, dass sie die bisherige Prozesslogik umkehren: Vorrangig ist die elektronische Fassung, auf deren Grundlage danach bei Bedarf eine gedruckte, papiergebundene Ausgabe des Amtsblattes erstellt werden kann.

Das digitale Amtsblatt ermöglicht eine Reihe von technischen Neuerungen, welche den Nutzerinnen und Nutzern den Umgang mit behördlichen Informationen erleichtern. Mit der Publikation werden die Meldungen im Internet für jedermann unentgeltlich und barrierefrei zugänglich. Sie sind auch von unter-wegs für mobile Geräte optimiert abrufbar und mit einer integrierten Suche mit Filtermöglichkeiten er-schlossen. Dies ermöglicht einen schnellen und einfachen Zugriff auf die gewünschten Informationen.

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Die Suchfunktion lässt sich in zeitlicher Hinsicht je nach Meldungstyp beschränken. Nach Ablauf des definierten Suchzeitraums sind die Meldungen zwar noch vorhanden und bleiben auch publiziert, sie sind jedoch nicht mehr für eine systematische Suche mit der integrierten Suchfunktion oder einer all-gemein zugänglichen Internet-Suchmaschine wie z. B. Google erschlossen. Damit tragen die digitalen Amtsblattlösungen den gestiegenen Anforderungen an den Schutz von Personendaten Rechnung. Ein weiterer Mehrwert ist die Möglichkeit, sich im Rahmen eines unentgeltlichen Online-Abonnements eine nach den eigenen Bedürfnissen zusammengestellte Auswahl an Meldungen elektronisch zukommen zu lassen und sich so quasi sein persönliches Amtsblatt zusammenzustellen. Die einzelnen Meldungen können in strukturierter Form, das heisst einzeln, gruppiert oder als eigentliche Amtsblattausgabe, in Form digital signierter PDF-Dokumente erzeugt, lokal gespeichert oder ausgedruckt werden.

3. Wesentliche Inhalte

Die vorgeschlagene Änderung des Publikationsgesetzes enthält folgende wesentlichen Inhalte:– Auf die Pflicht, das Amtsblatt in gedruckter, papiergebundener Form herausgeben zu müssen,

wird verzichtet.– Die Staatskanzlei amtet weiterhin als Einsichtsstelle für das Amtsblatt.– Die elektronische Fassung des Amtsblattes wird für massgeblich erklärt.– Der Regierungsrat verfügt wie bisher über die Kompetenz, die Erscheinungsweise, den Erschei-

nungsrhythmus sowie die Berichtigung von fehlerhaften Bekanntmachungen auf Verordnungsstufe zu regeln.

– Der Regierungsrat wird – analog der elektronischen Gesetzessammlung – verpflichtet, für die Wiedergabesicherheit und die Rückverfolgbarkeit der im Amtsblatt publizierten Bekanntmachungen zu sorgen.

– Der Regierungsrat wird verpflichtet, lokalen Printmedien die Daten des Amtsblattes für eine parallele Veröffentlichung in gedruckter, papiergebundener Form in geeigneter Art und Weise kostenlos zur Verfügung zu stellen. Über einen späteren Verzicht auf die Datenlieferung hat der Landrat zu befinden.

– Der Bezug gedruckter, papiergebundener Ausgaben des Amtsblattes beim Kanton kann für kosten-pflichtig erklärt werden.

– Eine gesetzliche Grundlage für die Veröffentlichung von Behördenverzeichnissen im Internet und in gedruckter Form als Staatskalender wird geschaffen.

– Eine gesetzliche Grundlage für die Veröffentlichung von Personendaten in den amtlichen Publika- tionen wird geschaffen; der Regierungsrat wird beauftragt, die Erschliessbarkeit via Suchfunktionen zu regeln.

4. Vernehmlassung

Der Regierungsrat verabschiedete die Vorlage im August 2018 zuhanden einer Vernehmlassung. Von den externen Adressaten beteiligten sich vier politische Parteien, die Verwaltungskommission der Gerichte, die zwei Landeskirchen sowie die zwei im Kanton Glarus tätigen Medienunternehmen, welche das Amtsblatt aktuell in ihren Zeitungen abdrucken. Insgesamt gingen 17 Stellungnahmen ein. Der Wechsel zum digitalen Amtsblatt wurde mit einer Ausnahme begrüsst. Auch der Vorrang der di-gitalen vor der gedruckten Version fand Zustimmung. Umstrittener war einzig die Streichung der Ver-pflichtung zur Herausgabe der gedruckten Version. Vom gänzlichen Absehen einer gedruckten Version über deren Förderung mit Druckbeiträgen bis zur Beibehaltung der Verpflichtung fand sich das ganze Meinungsspektrum wieder.

5. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

5.1. Publikationsgesetz

Titel

Der Erlasstitel wird mit der Legalabkürzung PubG ergänzt.

Artikel 1; Gegenstand

Infolge der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Publikation von Behördenverzeichnissen (s. Art. 11) ist die Bestimmung des Gegenstands um diesen Punkt zu erweitern.

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Artikel 8; Inhalt des Amtsblattes, Erscheinungsform; Massgeblichkeit

Kernstück der Änderung des Publikationsgesetzes bilden die Anpassungen von Artikel 8. Während die Umschreibung des Inhalts des Amtsblattes in den Absätzen 1 und 2 unverändert bleibt, wird die bis-herige gesetzlich verankerte Verpflichtung gestrichen, das Amtsblatt in gedruckter, papiergebundener Fassung herauszugeben. An ihre Stelle tritt die kostenlos zugängliche digitale Publikation im Internet (Abs. 3). Sie ist die massgebliche Erscheinungsform und somit rechtsverbindlich (Abs. 3a). Durch diesen Primatwechsel wird das bisherige Amtsblatt von der Papierversion weg hin zur digitalen Version geführt. Letzterer kommt der Vorrang zu. Im Gegenzug wird der Regierungsrat verpflichtet, die Daten des Amts-blattes lokalen Printmedien in geeigneter Form und kostenlos zur Verfügung stellen. Dies erlaubt es den Printmedien, das Amtsblatt weiterhin eigenverantwortlich und somit auf eigene Kosten in speziell auf das Kantonsgebiet ausgerichteten Presseerzeugnissen abzudrucken bzw. als Zeitungsausgabe heraus-zugeben. Über einen späteren Verzicht der Datenlieferung entscheidet der Landrat (Abs. 6).

Im Übrigen soll der Regierungsrat wie im geltenden Recht über die Details der Erscheinungsweise (Abs. 4 Bst. a) und den Erscheinungsrhythmus (Abs. 4 Bst. b) befinden können. Absatz 4 wird dies-bezüglich zu einer eigentlichen Delegationsnorm ausgebaut. Die digitalen Lösungen würden zwar eine tagesaktuelle Publikation der Meldungen ermöglichen, wie dies z. B. im Kanton Graubünden der Fall ist. Der Regierungsrat beabsichtigt jedoch, an der wöchentlichen Erscheinung (in der Regel jeweils donnerstags) festzuhalten. Zudem wird der Regierungsrat verpflichtet, die Berichtigung fehlerhafter Ver-öffentlichungen im Amtsblatt auf Verordnungsstufe zu regeln (Abs. 4 Bst. c).

Wie bei der Gesetzessammlung auch hat der Regierungsrat schliesslich für die Veröffentlichungen im Amtsblatt die Wiedergabesicherheit und Rückverfolgbarkeit sicherzustellen (Abs. 5). Ein zentrales Instrument dazu ist die digitale Signatur von Meldungen, welche von den Nutzerinnen und Nutzern auf dem Amtsblatt-Portal in Form von PDF-Dokumenten erzeugt werden.

Artikel 9; Kostenpflichtige Veröffentlichungen; Abonnementskosten

Trotz Primatwechsel soll es auch künftig möglich sein, das Amtsblatt beim Kanton in gedruckter, papier-gebundener Form zu beziehen. Ob und wie dies erfolgt, hängt mitunter von den Möglichkeiten des zu beschaffenden Systems sowie von den Kosten ab. Denkbar ist eine Print-on-Demand-Lösung, wie sie z. B. der Kanton Basel-Stadt vorsieht, oder die Herausgabe einer kleinen gedruckten Auflage ähnlich dem bisherigen Separatdruck für Abonnenten, Gemeinden und Amtsstellen. Mit der Änderung von Ab-satz 2 wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, um für den Bezug des Amtsblattes beim Kanton in gedruckter Form auch ausserhalb eines Abonnements Gebühren nach Aufwand erheben zu können. Personen ohne Internetzugang oder ohne eigene Druckmöglichkeit können damit eine gedruckte Aus-gabe zum kostendeckenden Preis direkt beim Kanton beziehen. Die Gebührenansätze sowie die Details der Gebührenerhebung sind durch den Regierungsrat zu regeln (Abs. 3). Im Gegensatz zur inhaltlichen Änderung von Absatz 2 wird Absatz 1 lediglich in seiner Formulierung angepasst.

Artikel 10; Behördenverzeichnis

Die Staatskanzlei gibt nebst der Gesetzessammlung und dem Amtsblatt auch den Staatskalender heraus. Mit der neuen Bestimmung wird dafür eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Seit der Auflage 2016/2018 verzichtet die Staatskanzlei mangels Nachfrage auf die Veröffentlichung des Staatskalen-ders in gedruckter, papiergebundener Form. Stattdessen ist er durch jedermann als PDF-Dokument im Internet unentgeltlich abrufbar. Auch beim Staatskalender ist geplant, das PDF-Dokument durch ein digitales, mit einer Suchfunktion erschlossenes Behördenverzeichnis abzulösen, das bestenfalls über einen elektronischen Workflow zur Meldung und Mutation von Einträgen verfügt. Der digitale Staats-kalender ist bereits in einigen Kantonen Standard (z. B. AG, BS, GR).

Im Gegensatz zur Gesetzessammlung und dem Amtsblatt ist das Behördenverzeichnis nicht rechts-verbindlich. Es löst keine Rechtsfolgen aus, sondern hat einen rein informativen Charakter (Abs. 2). Es informiert über die geltende Behörden- und Verwaltungsorganisation von Kanton und Gemeinden sowie von weiteren Organisationen, die öffentliche Aufgaben erfüllen (Kantonalbank, Pensionskasse, Landeskirchen, Kirchgemeinden usw.) und gibt Auskunft über deren personelle Besetzung (Abs. 1). Aufgrund seiner geringeren Wichtigkeit und zur Wahrung der Flexibilität wird auf die Regelung weiterer Aspekte (Erscheinungsform und -weise, Bezeichnung Einsichtsstelle) auf Gesetzesstufe verzichtet und stattdessen der Regierungsrat mit dem Erlass der entsprechenden Bestimmungen beauftragt (Abs. 3).

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Artikel 11; Veröffentlichung von Personendaten

Öffentliche Organe dürfen Personendaten nur bearbeiten, wenn sie dazu entweder aufgrund einer aus-drücklichen Rechtsgrundlage ermächtig sind oder die Datenbearbeitung zur Erfüllung einer auf einer Rechtsgrundlage beruhenden Aufgabe erforderlich ist. Soweit es sich um besonders schützenswerte Personendaten handelt, wird eine formell-gesetzliche Rechtsgrundlage verlangt. Unter das Bearbeiten von Personendaten fällt auch deren Veröffentlichung in amtlichen Publikationen wie dem Amtsblatt oder in Behördenverzeichnissen. Für den Fall, dass eine spezialgesetzliche Grundlage für die Veröffent-lichung im Amtsblatt fehlt, hält Absatz 1 eine formell-gesetzliche Auffangnorm bereit.

Bei der Veröffentlichung von Personendaten ist das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten, insbe-sondere auch in zeitlicher Hinsicht: Ist der mit der Veröffentlichung verfolgte Zweck erfüllt, besteht kein ausreichendes Bedürfnis mehr, die amtliche Bekanntmachung noch länger zu publizieren. Vor die-sem Hintergrund beauftragt Absatz 2 den Regierungsrat, die Verweildauer von Veröffentlichungen bzw. deren Erschliessbarkeit im Internet über Suchfunktionen zu regeln. Dabei hat er – je nach Art, Inhalt und Zweck der amtlichen Bekanntmachung – die Interessen der Öffentlichkeit an der Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegenüber den privaten Interessen am Schutz der Persönlichkeit gegeneinander ab-zuwägen. Je grösser die privaten Interessen sind, desto kürzer dürfte der Zeitraum ausfallen. Dass amtliche Bekanntmachungen nach einer gewissen Zeit nicht mehr über die Suchfunktion erschlossen werden können, heisst nicht, dass sie nicht mehr öffentlich zugänglich sind. Bereits heute sind lediglich die Ausgaben des Amtsblattes des laufenden Jahres auf der Webseite aufgeschaltet. Ältere Ausgaben müssen über einen vor Indexierung durch Suchmaschinen geschützten, jedoch immer noch öffent-lich zugänglichen Bereich abgerufen werden. Die zeitliche Einschränkung der Suchfunktion kann nicht gestützt auf die blosse Vollzugskompetenz des Regierungsrates eingeführt werden, sondern bedarf aufgrund der hohen Intensität des Grundrechtseingriffs, die mit der Publikation von Personendaten im Internet und insbesondere der Erschliessbarkeit über Suchmaschinen verbunden ist, zumindest einer Delegationsnorm auf Gesetzesstufe.

5.2. Gesetz über das Gesundheitswesen

Artikel 27; Bewilligungsvoraussetzungen im Allgemeinen

Die erteilten und entzogenen Bewilligungen für die Ausübung gewisser Berufe im Gesundheitsbereich sind grossmehrheitlich im öffentlich zugänglichen Medizinalberuferegister des Bundes (www.medre-gom.admin.ch), im nationalen Register der Gesundheitsberufe der Gesundheitsdirektorenkonferenz (www.nareg.ch) sowie im Psychologieberuferegister (www.psyreg.admin.ch) ersichtlich. Die Register liefern der Bevölkerung eine aktuelle und umfassende Übersicht über die Leistungserbringer, die über eine Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung im Kanton Glarus verfügen. Eine zusätzliche Publikation im Amtsblatt ist nicht mehr erforderlich. Absatz 3 kann aufgehoben werden.

5.3. Gesetz über die Glarner Kantonalbank

Artikel 30; Publikationsorgan

Die Statuten der Glarner Kantonalbank (GLKB) sehen das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB) und das kantonale Amtsblatt als Publikationsorgane für Bekanntmachungen der Bank vor. Da grund-sätzlich ein Publikationsorgan genügt und die im SHAB publizierten Meldungen parallel auch noch im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht werden, kann auf die Bezeichnung des Amtsblattes als Publika-tionsorgan in Artikel 30 verzichtet und die Bestimmung aufgehoben werden.

6. Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Änderungen bewirken gegenüber dem geltenden Recht keine unmittelbaren zusätzlichen Kosten. Mittelbar ergeben sich sowohl Aufwendungen als auch Einsparmöglichkeiten aus der Einführung einer digitalen Amtsblattlösung. Mit dem Verzicht auf eine durch den Kanton finanzierte, gedruckte, papier-gebundene Zeitungsausgabe können jährlich rund 100 000 Franken eingespart werden. Dem stehen ein-malige Aufwendungen für die Anschaffung einer digitalen Amtsblattlösung von 30 000 bis 180 000 Fran-ken sowie jährlich wiederkehrende Betriebskosten von 15 000 bis 80 000 Franken gegenüber. Diese Zahlen basieren auf Richtpreisen, welche bei verschiedenen Anbietern von digitalen Amtsblattlösungen eingeholt worden sind. Sie variieren sehr stark, was auf unterschiedliche Preis- und Berechnungsmo-delle sowie Unterschiede bei den Leistungen zurückzuführen ist. Ein Vergleich über eine Betriebsdauer von vier Jahren zeigt jedoch, dass die Lösungen von drei der vier angefragten Anbieter ähnliche hohe Kosten verursachen (auf ein Jahr heruntergerechnet zwischen 85 000 und 106 000 Fr.). Ein Anbieter ist markant günstiger, wobei dort der Leistungsumfang von jenem der anderen Anbieter deutlich abweicht.

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Dank der Rationalisierung, vor allem aber aufgrund der medienbruchfreien Gestaltung und Automatisie-rung der Prozesse, ist eine Effizienzsteigerung möglich. Der Personalaufwand bei der Staatskanzlei für das Amtsblatt beläuft sich derzeit auf rund 25 Prozent einer Stelle im Sekretariat der Staatskanzlei. Dies entspricht einem Personalaufwand von rund 20 000 Franken (inkl. Sozialbeiträge) jährlich. Das Pensum kann teilweise eingespart oder für andere Aufgaben eingesetzt werden.

In der Summe dürfte das digitale Amtsblatt gleich hohe oder sogar tiefere Kosten als die bisherige Lösung verursachen.

7. Inkrafttreten

Der Entwurf verzichtet darauf, ein konkretes Datum für das Inkrafttreten der Gesetzesänderungen fest-zulegen. Stattdessen soll der Regierungsrat über den Zeitpunkt des Inkrafttretens befinden. Dieser ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Neben der Beschaffung und der Zeit, welche die Einführung und Umsetzung der digitalen Amtsblattlösung erfordert, gilt es auch die vertraglichen Kündigungsbedingun-gen des bestehenden Druckvertrags mit der Somedia AG zu berücksichtigen.

8. Beratung der Vorlage im Landrat

8.1. Landrätliche Kommission

Die landrätliche Kommission Recht, Sicherheit und Justiz unter dem Präsidium von Landrat Marco Hodel, Glarus, befasste sich eingehend mit der Vorlage. Eintreten war unbestritten.

In der Detailberatung gaben vor allem die Änderungen von Artikel 8 zur Diskussion Anlass. So hinter-fragte die Kommission die Bezeichnung der Staatskanzlei als Einsichtsstelle für das Amtsblatt und diskutierte eine Ausdehnung auf die Gemeindekanzleien. Ein Antrag, wonach neben der Staatskanzlei auch die Gemeindekanzleien als Einsichtsstellen bezeichnet werden, unterlag in der Abstimmung je-doch deutlich. Im Zentrum der weiteren Diskussion standen verschiedene Varianten, wie bestmöglich sichergestellt werden kann, dass das Amtsblatt auch künftig in gedruckter, papiergebundener Form als Beilage zu speziell auf das Kantonsgebiet ausgerichteten Presseerzeugnissen vertrieben werden kön-ne. Würde die geltende Formulierung von Artikel 8 Absatz 3 belassen, so wäre der Kanton weiterhin ver-pflichtet, mit einem Medienunternehmen einen Druck- und Vertriebsvertrag abzuschliessen. Dies hätte Kostenfolgen. Schliesslich setzte sich in der Kommission die Ansicht durch, dass der Regierungsrat lediglich dazu verpflichtet werden soll, den Printmedien die Daten des Amtsblattes in geeigneter Form (z. B. XML, PDF) kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dadurch können diese das Amtsblatt eigenverant-wortlich in auf das Kantonsgebiet ausgerichteten Presseerzeugnissen abdrucken und vertreiben. Dies sei gesetzlich zu verankern. Für den Fall, dass dies künftig aufgrund veränderter Verhältnisse nicht mehr erforderlich oder gar möglich sein sollte, solle der Landrat über einen Verzicht auf die Datenlieferung entscheiden können. Entsprechend beantragte die Kommission dem Landrat einstimmig eine Ergän-zung der regierungsrätlichen Vorlage mit einem neuen Artikel 8 Absatz 6 unter gleichzeitiger Streichung des letzten Teilsatzes von Artikel 8 Absatz 5.

Im Zusammenhang mit den finanziellen Auswirkungen diskutierte die Kommission die Möglichkeit, das Amtsblatt für kommerzielle Werbung zu öffnen, um die Kosten des Amtsblattes zu senken bzw. zu-sätzliche Einnahmen zu generieren. Dazu wäre eine Anpassung von Artikel 8 Absatz 2 erforderlich ge-wesen. Ein entsprechender Antrag unterlag in der Abstimmung deutlich. Dem Amtsblatt komme primär eine amtliche Informationsfunktion zu. Das schliesse die Platzierung kommerzieller Werbung aus, zumal fraglich sei, ob im Kanton Glarus überhaupt ein genügend grosser Markt dafür bestehe.

Unabhängig davon kritisierte die Kommission, dass die Angaben des Regierungsrates zu den Kosten für die Anschaffung und den Betrieb einer digitalen Amtsblattlösung eine sehr grosse Spannbreite auf-wiesen. Sie forderte den Regierungsrat deshalb auf, bei der Ausschreibung für die Beschaffung einer di-gitalen Amtsblattlösung die Zuschlagskriterien so zu wählen, dass eine preiswerte Lösung angeschafft werden könne. Es sei nicht nur auf die Qualität, sondern auch auf den Preis zu achten.

8.2. Landrat

Im Landrat war Eintreten auf die Vorlage ebenfalls unbestritten. Der Primatwechsel beim Amtsblatt wur-de begrüsst. Es sei wichtig, dass sich der Kanton die Digitalisierung auf die Fahne schreibe und mit der Einführung des elektronischen Amtsblattes einen weiteren Schritt in die richtige Richtung mache. Die Landsgemeinde 2014 habe mit Erlass des Publikationsgesetzes bei der Veröffentlichung des Rechts-stoffes einem Wechsel von der gedruckten zur elektronischen Fassung zugestimmt. Mit der vorliegen-den Änderung werde der Vorrang der elektronischen Publikation nun auch für das Amtsblatt verankert.

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Der Regierungsrat werde mit der von der vorberatenden Kommission vorgeschlagenen Ergänzung ver-pflichtet, den Printmedien künftig die Daten für eine gedruckte Version des Amtsblattes zur Verfügung stellen. Das sei wichtig und richtig. Noch immer hätten viele, vor allem ältere Leute keinen Internetan-schluss. Diese sollten nach wie vor Zugang zu einer gedruckten Fassung des Amtsblattes haben. Die Mehrheit der Glarnerinnen und Glarner würden das Amtsblatt nicht online lesen. Das Amtsblatt solle deshalb weiterhin auf Papier erscheinen und damit auch allen Haushalten im Kanton zugänglich ge-macht werden. Der neue Artikel 8 Absatz 6 schaffe die Voraussetzungen dazu. Nicht zufrieden zeigte sich der Landrat hingegen mit den Ausführungen des Regierungsrates zu den finanziellen Auswirkun-gen für die Anschaffung einer digitalen Amtsblattlösung. Die angegebene Spannbreite der einmaligen Anschaffungs- und jährlichen Betriebskosten sei viel zu gross. Der Landrat forderte den Regierungsrat deshalb auf, zuhanden der zweiten Lesung detaillierte Angaben zu den Kosten zu machen. Der Regie-rungsrat kam diesem Ansinnen mit einem zusätzlichen Bericht nach. Zwar wurde der Zusatzbericht bzw. die darin gemachten Angaben zu den Kosten und dem Einsparpotenzial in der zweiten Lesung der Gesetzesvorlage weiterhin kritisiert, auf einen Rückweisungsantrag wurde jedoch verzichtet. Die Aus-schreibung sei so zu gestalten, dass die Anbieter verschiedene Leistungen optional offerieren können. Dies trage dazu bei, dass auch kleinere Unternehmen mit ihrem Produkt an der Ausschreibung teil-nehmen können. Es sei zu hoffen, dass die eingereichten Angebote tiefere Kosten als die Richtofferten beinhalten würden. Schliesslich stimmte der Landrat der so bereinigten Vorlage zuhanden der Lands-gemeinde zu.

9. Antrag

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, nachstehender Gesetzesänderung zuzustimmen:

Änderung des Publikationsgesetzes(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS I D/24/1, Publikationsgesetz vom 4. Mai 2014 (Stand 15. August 2014), wird wie folgt geändert:

Titel (geändert)Publikationsgesetz (PubG)

Art. 1 Abs. 1 (geändert)1 Dieses Gesetz regelt die Veröffentlichung des kantonalen Rechtsstof-fes sowie weiterer rechtlich vorgeschriebener behördlicher Bekanntmachun-gen für das ganze Kantonsgebiet im Amtsblatt und in Behördenverzeichnis-sen.

Art. 8 Abs. 3 (geändert), Abs. 3a (neu), Abs. 4 (geändert), Abs. 5 (neu), Abs. 6 (neu)

Inhalt des Amtsblattes; Erscheinungsform; Massgeblichkeit (Sachüberschrift geändert)3 Das Amtsblatt wird im Internet veröffentlicht; der Zugang ist unentgeltlich. Es ist in der Staatskanzlei einsehbar.3a Massgeblich ist die im Internet veröffentlichte Fassung.4 Der Regierungsrat regelt:a. (neu) die Erscheinungsweise;b. (neu) den Erscheinungsrhythmus;c. (neu) die Berichtigung von fehlerhaften Bekanntmachungen.5 Der Regierungsrat sorgt für die Wiedergabesicherheit und Rückverfolgbar-keit der Bekanntmachungen.6 Er stellt die Daten des Amtsblattes lokalen Printmedien in geeigneter Form und kostenlos zur Verfügung. Über einen Verzicht entscheidet der Landrat.

Art. 9 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert), Abs. 3 (geändert)

Kostenpflichtige Veröffentlichungen; Abonnementskosten (Sachüberschrift geändert)

SBE 1

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Änderung des Publikationsgesetzes(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS I D/24/1, Publikationsgesetz vom 4. Mai 2014 (Stand 15. August 2014), wird wie folgt geändert:

Titel (geändert)Publikationsgesetz (PubG)

Art. 1 Abs. 1 (geändert)1 Dieses Gesetz regelt die Veröffentlichung des kantonalen Rechtsstof-fes sowie weiterer rechtlich vorgeschriebener behördlicher Bekanntmachun-gen für das ganze Kantonsgebiet im Amtsblatt und in Behördenverzeichnis-sen.

Art. 8 Abs. 3 (geändert), Abs. 3a (neu), Abs. 4 (geändert), Abs. 5 (neu), Abs. 6 (neu)

Inhalt des Amtsblattes; Erscheinungsform; Massgeblichkeit (Sachüberschrift geändert)3 Das Amtsblatt wird im Internet veröffentlicht; der Zugang ist unentgeltlich. Es ist in der Staatskanzlei einsehbar.3a Massgeblich ist die im Internet veröffentlichte Fassung.4 Der Regierungsrat regelt:a. (neu) die Erscheinungsweise;b. (neu) den Erscheinungsrhythmus;c. (neu) die Berichtigung von fehlerhaften Bekanntmachungen.5 Der Regierungsrat sorgt für die Wiedergabesicherheit und Rückverfolgbar-keit der Bekanntmachungen.6 Er stellt die Daten des Amtsblattes lokalen Printmedien in geeigneter Form und kostenlos zur Verfügung. Über einen Verzicht entscheidet der Landrat.

Art. 9 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert), Abs. 3 (geändert)

Kostenpflichtige Veröffentlichungen; Abonnementskosten (Sachüberschrift geändert)

SBE 1

1 Für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen der Gemeinden, der übri-gen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der Organisationen des Privatrechts im Amtsblatt werden Kosten nach Aufwand erhoben. Der-selbe Kostenbezug erfolgt für Bekanntmachungen von kantonalen Behör-den, zu denen bestimmte Personen Anlass geben.2 Für den Bezug des Amtsblattes in gedruckter Form oder als Abonne-ment können Kosten nach Aufwand erhoben werden.3 Der Regierungsrat legt die Gebührenansätze fest und regelt die Erhebung der Gebühren.

Art. 10 (neu)

Behördenverzeichnis1 Das Behördenverzeichnis informiert über die geltende Organisation und personelle Besetzung von Behörden und Verwaltung sowie weiteren Or-ganisationen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllen.2 Aus den Eintragungen im Behördenverzeichnis können weder Rechte noch Pflichten abgeleitet werden.3 Der Regierungsrat regelt die Erscheinungsform und -weise sowie die Ein-sehbarkeit.

Art. 11 (neu)

Veröffentlichung von Personendaten1 Veröffentlichungen nach diesem Gesetz dürfen Personendaten und beson-ders schützenswerte Personendaten enthalten, soweit dies zur Erfüllung des Zwecks der Bekanntmachung geeignet und notwendig ist.2 Der Regierungsrat legt die Zeiträume fest, während derer die Veröffentli-chungen über eine Suchfunktion erschlossen werden. Er berücksichtigt da-bei die Interessen der Öffentlichkeit und die privaten Interessen.

II.

1.GS VIII A/1/1, Gesetz über das Gesundheitswesen (Gesundheitsgesetz, GesG) vom 6. Mai 2007 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 27 Abs. 3 (aufgehoben)3 Aufgehoben.

2.GS IX B/31/1, Gesetz über die Glarner Kantonalbank (Kantonalbankgesetz) vom 4. Mai 2003 (Stand 1. Januar 2016), wird wie folgt geändert:

2

Art. 30

Aufgehoben.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

3

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§ 7 Memorialsantrag «Ladenöffnungszeiten am Samstag und an Feiertagen»

Die Vorlage im Überblick

Der Mitte Juli 2018 eingereichte Memorialsantrag eines Bürgers zu den Ladenöffnungszeiten fordert die Schliessung der Läden im Kanton Glarus am Samstag und an Feiertagen jeweils um 17 Uhr. Er begründet dies mit der Rücksichtnahme auf das Personal. Dieses wolle auch an den bezeichneten Tagen den Abend mit der Familie verbringen.

Das geltende kantonale Recht enthält keine Regelung, die den Verkaufsgeschäften Ladenschluss- zeiten vorschreibt. Die Landsgemeinde 2000 hob das Ladenschlussgesetz auf und überführte die bisherige Regelung über das Offenhalten von Verkaufsgeschäften an öffentlichen Ruhetagen (v. a. Sonntage) und in Tourismusorten in das Gesetz über die öffentlichen Ruhetage (Ruhetagsgesetz). Seither bestimmt dieses, dass Verkaufsgeschäfte – und auch Dienstleistungsbetriebe – an öffentlichen Ruhetagen grundsätzlich geschlossen zu halten sind. Nur Verkaufsgeschäfte, welche hauptsächlich Waren des täglichen Bedarfs anbieten, dürfen offen gehalten werden. Zusätzlich kann der Regierungsrat Verkaufsgeschäften – und wiederum auch Dienstleistungsbetrieben – in Tourismusorten das Offen-halten an öffentlichen Ruhetagen bewilligen. Wie lange, regelt das Gesetz jeweils nicht. Für Samstage, welche nicht auf einen Feiertag fallen, sieht das Ruhetagsgesetz keine Einschränkungen vor.

Das Bundesrecht jedoch untersagt in Artikel 18 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) grundsätzlich die Beschäftigung von Arbeitnehmenden in der Zeit zwischen Samstag, 23 Uhr, und Sonntag, 23 Uhr (Verbot der Sonntagsarbeit). Verkaufsgeschäfte sind demnach von Bundesrechts wegen samstags spätestens um 23 Uhr zu schliessen. Weitere bundesrechtliche Vorgaben bestehen dazu nicht. Insbesondere ist der Versuch, die von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlichen Ladenöffnungszeiten auf eidgenössischer Ebene zu harmonisieren, gescheitert.

Stellungnahme des Regierungsrates

Der Memorialsantrag hätte ein gewisses Potenzial, die Regelungsvielfalt bei den Ladenöffnungszeiten etwas einzugrenzen, zumindest in Bezug auf die spätmöglichste Schliessung. Faktisch würden die Glarner Verkaufsgeschäfte gegenüber ihren Mitbewerbern in den angrenzenden Kantonen durch die Einführung einer Ladenschlusszeit um 17 oder 18 Uhr kaum benachteiligt. Die Angestellten würden die Schliessung von Verkaufsgeschäften an Feier- und Samstagen spätestens per 17 Uhr wohl mehr-heitlich begrüssen. Deren Schutz beabsichtigt denn auch der Memorialsantrag. Solche Interessen schützt jedoch das eidgenössische Arbeitsgesetz abschliessend.

Demgegenüber verändern sich die Einkaufsgewohnheiten laufend. Der Online-Handel wird weiter an Bedeutung gewinnen. Er macht Güter aller Art rund um die Uhr verfügbar («24-Stunden-Gesell-schaft»). Ladenöffnungszeiten interessieren immer weniger. Ob und wie der Gesetzgeber dem begeg-nen soll und ob er dies überhaupt kann, ist offen. Jedenfalls relativiert sich dadurch der Regulations-bedarf in Bezug auf Ladenöffnungszeiten. Zudem wirft der Memorialsantrag viele Umsetzungsfragen auf. So ist unklar, ob eine einschränkende Regelung auch für Dienstleistungsbetriebe, für Verkaufs-geschäfte, welche vor allem Waren des täglichen Bedarfs anbieten, für Ausnahmeregelungen in Orten mit erheblicher touristischer Bedeutung und für die vier durch die Gemeinden zu bewilligenden Sonntagsverkäufe gelten soll. Zudem dürften sich weitere Abgrenzungsfragen in Bezug auf Märkte, Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen sowie bezüglich Tankstellenshops an Autobahnen und an Hauptverkehrswegen stellen. Gerade bei Letzteren würde eine Einschränkung zu einer Benachteili-gung der hiesigen Anbieter gegenüber jenen in den Nachbarkantonen St. Gallen und Schwyz führen. Diese Kantone kennen dafür längere Öffnungszeiten. Auch hier müssten Ausnahmen vorgesehen werden.

Dies und die grosse Vielfalt an Ladenschlusszeiten in der Glarner Ladenlandschaft legen es nahe, den Memorialsantrag zugunsten der bisherigen, liberalen Regelung zu verwerfen. Auch eine neue Rege-lung brächte keine Einheitlichkeit; einige Verkaufsgeschäfte schliessen schon heute früher, bisherige Ausnahmeregelungen mit längeren Öffnungszeiten müssten grossmehrheitlich beibehalten werden. Das Kundenverhalten soll nach Auffassung des Regierungsrates für die Anbieter weiterhin ausschlag-gebend sein; ihnen soll es überlassen bleiben, wie sie sich in diesem rasch wandelnden Umfeld mit allseits ständig steigenden Ansprüchen bewegen wollen. Es braucht vorliegend keine über

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die Arbeitsgesetzgebung hinausgehende Regulierung, welche diese unternehmerischen Freiheiten unnötig beschneiden würde. Die bisherige liberale Regelung soll beibehalten werden. Der Memorials- antrag ist aus diesen Gründen abzulehnen.

Der Landrat folgte dieser Argumentation des Regierungsrates und beantragt der Landsgemeinde, den Memorialsantrag eines Bürgers «Ladenöffnungszeiten am Samstag und an Feiertagen» ab-zulehnen. Sollte die Landsgemeinde dem in der Form einer allgemeinen Anregung eingereichten Memorialsantrag jedoch zustimmen, hätte der Landrat auf Antrag des Regierungsrates eine konkrete Gesetzesänderung zur Umsetzung des Anliegens auszuarbeiten.

1. Memorialsantrag

Mitte Juli 2018 reichte ein Bürger den folgenden Memorialsantrag ein:

«Es seien die Läden jeweils am Samstag und an Feiertagen um 17 Uhr zu schliessen.

Begründung:Rücksichtnahme auf das Personal, das auch am Samstag und an Feiertagen mit der Familie den Abend verbringen möchte und nicht erst um 21 Uhr oder noch später. ln der heutigen Zeit kein Problem, denn alle haben Tiefkühler und Kühler zu Hause.

Übrigens haben andere Kantone folgende Ladenschlusszeiten:Kanton St. Gallen: 17 UhrKanton SZ Seedamm-Center Pfäffikon: 18 UhrKanton Zürich: 17 Uhr

Der Antrag gilt nur für Samstag und die Feiertage.»

Der Landrat erklärte den Memorialsantrag am 24. Oktober 2018 für rechtlich zulässig und erheblich.

2. Geltendes Recht

2.1. Kanton Glarus

Das geltende kantonale Recht enthält keine Bestimmung, welche den Verkaufsgeschäften vorschreiben würde, wann sie schliessen müssen. Die Landsgemeinde hat das Gesetz vom 6. Mai 1973 über den Ladenschluss im Jahre 2000 aufgehoben und daraus die bewährte Regelung über das Offenhalten von Verkaufsgeschäften an öffentlichen Ruhetagen und in Tourismusorten ins Gesetz über die öffentlichen Ruhetage (Ruhetagsgesetz; Art. 5) überführt. Seither bestimmt das Ruhetagsgesetz, dass Verkaufs-geschäfte – und auch Dienstleistungsbetriebe – an öffentlichen Ruhetagen grundsätzlich geschlossen zu halten sind. Nur Verkaufsgeschäfte, welche hauptsächlich Waren des täglichen Bedarfs anbieten, dürfen offen gehalten werden. Zusätzlich kann der Regierungsrat Verkaufsgeschäften – und wiederum auch Dienstleistungsbetrieben – in Tourismusorten das Offenhalten an öffentlichen Ruhetagen bewilli-gen. Wie lange, regelt das Gesetz jeweils nicht. Für Samstage, welche nicht auf einen Feiertag fallen, bestimmt das Ruhetagsgesetz keine Einschränkungen.

2.2. Schweiz

Anders sieht dies im eidgenössischen Recht aus. Artikel 18 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) untersagt grundsätzlich die Beschäftigung von Arbeitnehmenden in der Zeit zwischen Samstag, 23 Uhr, und Sonntag, 23 Uhr (Verbot der Sonntags-arbeit). Eine spezielle Bewilligung vorbehalten, sind Verkaufsgeschäfte demnach von Bundesrechts wegen samstags spätestens um 23 Uhr zu schliessen. Weitere bundesrechtliche Vorgaben bestehen im vorliegenden Zusammenhang nicht. Insbesondere ist der Versuch, die von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlichen Ladenöffnungszeiten auf eidgenössischer Ebene zu harmonisieren, gescheitert. Die Bundesvorlage hätte für den gesamten Schweizer Detailhandel einen gemeinsamen Mindeststandard für die Ladenöffnungszeiten festlegen wollen, nämlich montags bis freitags von 6 bis 20 Uhr und am Samstag von 6 bis 19 Uhr. Die Kantone hätten – im Einklang mit den Bestimmungen des eidgenössi-schen Arbeitsgesetzes – längere Öffnungszeiten vorsehen und den Betrieben Abendverkäufe an Werk-tagen sowie Ladenöffnungen an Sonntagen genehmigen können.

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3. Ladenschlusszeiten

3.1. Kanton Glarus

Aktuell präsentiert sich die Ausgangslage bezüglich der Ladenschlusszeiten im Kanton Glarus sehr un-einheitlich. Während ein Grossteil der Verkaufsgeschäfte an Samstagen bereits heute um 17 Uhr (oder früher) schliesst, sind beispielweise die Verkaufsgeschäfte im Wiggispark in Netstal – mehrheitlich – bis 18 Uhr und im Fachmarktcenter Krumm in Näfels teils bis 20 Uhr geöffnet. Aber auch in vereinzelten kleineren Verkaufsgeschäften wie den Dorfläden in Hätzingen und Linthal kann samstags bis 20 Uhr eingekauft werden.

Es zeigt dies, dass ein Teil des Verkaufspersonals mit der vom Antragsteller geschilderten Problematik konfrontiert ist und den Samstagabend erst spät mit der Familie verbringen kann. Damit scheint auch die Forderung berechtigt, die Situation im Kanton Glarus zu überprüfen.

3.2. Schweiz

Der umfangreiche Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung zum Bundesgesetz über die Laden-öffnungszeiten vermittelt einen umfassenden Überblick über die heutige Rechtslage in den Kantonen und die im vorliegenden Zusammenhang vertretenen Interessen. Darauf ist zu verweisen.

Weil vorliegend vor allem die Rechtslage in den Ostschweizer Kantonen interessiert, wird diese nach-stehend im Überblick dargestellt:

Kanton Montag–Freitag Samstag

Thurgau 6–22 Uhr 6–22 Uhr

Glarus 6–23 Uhr; 6–23 Uhr; Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten richten sich nach den Bestimmungen des ArG. Bestimmungen des ArG.

St. Gallen 6–19 Uhr; 6–17 Uhr Die Gemeinden können 1x pro Woche bis maximal 21 Uhr zulassen.

Schwyz 6–23 Uhr; 6–23 Uhr; Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten richten sich nach den Bestimmungen des ArG. Bestimmungen des ArG.

Zürich 6–23 Uhr; 6–23 Uhr; Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten richten sich nach den Bestimmungen des ArG. Bestimmungen des ArG.

Appenzell 6–23 Uhr; 6–23 Uhr;Innerhoden Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten richten sich nach den Bestimmungen des ArG. Bestimmungen des ArG.

Schaffhausen Sommer: 5–22 Uhr Sommer: 5–18 Uhr Winter: 6–22 Uhr Winter: 6–18 Uhr

Appenzell 6–23 Uhr; 6–23 Uhr;Ausserrhoden Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten richten sich nach den Bestimmungen des ArG. Gemeinden Bestimmungen des ArG. Gemeinden könnten Bestimmungen erlassen. könnten Bestimmungen erlassen. Dies ist bisher jedoch nicht erfolgt. Dies ist bisher jedoch nicht erfolgt.

Graubünden 6–23 Uhr; 6–23 Uhr; Öffnungszeiten richten sich nach den Öffnungszeiten richten sich nach den Bestimmungen des ArG. Einzelne Bestimmungen des ArG. Einzelne Gemeinden haben eigenes Gemeinden haben eigenes Ladenöffnungsgesetz eingeführt. Ladenöffnungsgesetz eingeführt.

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Die Übersicht zeigt, dass in der Mehrzahl der angefragten Kantone der Deutschschweiz Läden bis 23 Uhr offen gehalten werden können, und zwar grundsätzlich auch samstags. Im Kanton Thurgau können die Läden bis 22 Uhr offen gehalten werden. Namhafte Einschränkungen in diesem Zusammen-hang bestehen einzig im Nachbarkanton St. Gallen sowie im Kanton Schaffhausen.

Von ganz besonderem Interesse ist im vorliegenden Zusammenhang die Rechtslage in den angrenzen-den Nachbarkantonen St. Gallen und Schwyz. Mit den dortigen Verkaufsgeschäften stehen die hiesigen im Wettbewerb. Ihre rechtliche Ausgangslage ist nachfolgend jeweils kurz näher zu skizzieren:– Im Kanton St. Gallen regelt das Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung die Öffnungszeiten für Läden

des Detailhandels. Demnach dürfen Läden wie folgt geöffnet sein: von Montag bis Freitag von 6 bis 19 Uhr und am Samstag sowie am Vortag von Karfreitag, Weihnachtstag und Neujahr von 6 bis 17 Uhr. Die politische Gemeinde kann durch Reglement die Ladenöffnung einmal pro Woche bis 21 Uhr zu-lassen, ausgenommen am Vorabend eines öffentlichen Ruhetags. Am öffentlichen Ruhetag bleibt der Laden geschlossen. Es gelten erweiterte Öffnungszeiten für Läden und andere Verkaufsstellen, die zur Hauptsache Lebensmittel anbieten und eine Fläche von höchstens 120 Quadratmeter aufweisen, Kioske, Blumenläden, Videotheken und für Verkaufsstellen auf Autobahnraststätten, die ein Waren-angebot führen, das überwiegend auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtet ist. Hier gelten erweiterte Ladenöffnungszeiten, und zwar am Werktag von 5 bis 22 Uhr und am öffentlichen Ruhetag von 7 bis 21 Uhr. Tourismusgemeinden können die erweiterten Ladenöffnungszeiten für weitere Läden gewähren. Diese Läden müssen jedoch einem touristischen Bedürfnis entsprechen.

– Im Kanton Schwyz bestehen nach wie vor keine speziellen Regelungen zu den Ladenöffnungszeiten; es gilt das eidgenössische Arbeitsgesetz und seine Verordnungen zum Schutz der Arbeitnehmer. Das Schwyzer Ruhetagsgesetz beschränkt sich darauf, den Verkaufsgeschäften das Offenhalten an öffentlichen Ruhetagen zu untersagen.

Dies zeigt auf, dass der vorliegende Memorialsantrag die Wettbewerbsbedingungen der Glarner Ver-kaufsgeschäfte – ausser im Vergleich zu den Verkaufsgeschäften im Kanton St. Gallen – massgeblich tangieren und sie im Vergleich zu ihren Konkurrenten in den übrigen Ostschweizer Kantonen benach-teiligen könnte. Im vorliegenden Zusammenhang wird immer wieder der direkte Wettbewerb mit dem Kanton Schwyz thematisiert und vor allem das Seedamm-Center genannt. Dort müssten die Verkaufs-geschäfte samstags von Gesetzes wegen erst um 23 Uhr schliessen. Allerdings ist festzustellen, dass auch dort die letzten Verkaufsgeschäfte samstags bereits um 18 Uhr (wochentags um 21 Uhr) schlies-sen. Insofern würde sich der Wettbewerbsnachteil bei Annahme des Memorialsantrags samstags auf eine Stunde beschränken. In Bezug auf den Kanton St. Gallen brächte der Antrag gar eine Angleichung.

Nur der Vollständigkeit halber, weil mit dem Kanton Glarus nicht im direkten Wettbewerb stehend, sei angefügt, dass in den Kantonen Freiburg und Luzern die Verkaufsgeschäfte samstags bereits um 16 Uhr, in den Kantonen Bern, Jura, Uri, Wallis und Zug um 17 Uhr sowie in den Kantonen Basel-Stadt, Genf, Neuenburg und Solothurn um 18 Uhr geschlossen werden müssen.

4. Interessenlage

Genauso uneinheitlich wie die unter Ziffer 3 geschilderte Situation präsentiert sich auch die Interessen-lage. Inhaber von Verkaufsgeschäften mit längeren Öffnungszeiten verfechten die These, dass dieses grössere Angebot einem ausgewiesenen Kundenbedürfnis entspreche. Namentlich für kleinere Ver-kaufsgeschäfte kann es hier darum gehen, einen Wettbewerbsnachteil gegenüber grossen Verkaufs-geschäften mit langen Öffnungszeiten ausgleichen zu wollen. Die Inhaber von Verkaufsgeschäften hin-gegen, welche früher schliessen, glauben nicht daran, dass sich die Nachfrage massgeblich steigern lässt, indem man das Geschäft um ein paar Stunden pro Woche länger offen hält.

Auf eine Kurzumfrage unter den 61 Glarner Detaillisten gingen 39 Antworten ein. 26 sprachen sich für den Memorialsantrag aus, acht würden Öffnungszeiten bis 18 Uhr vorziehen (zwei davon sprachen sich gleichzeitig auch für den Memorialsantrag aus) und sieben Teilnehmer votierten gegen eine ein-schränkende Regelung dieser Frage im kantonalen Recht (gemäss ArG wäre ein Offenhalten bis 23 Uhr gestattet). Dieselbe Anfrage bei den Glarner Grossisten ergab Rückmeldungen, welche gross-teils im Einklang mit ihren jeweiligen, aktuellen Öffnungszeiten standen (6 für heutige Situation, 3 für den Memorialsantrag und 2 für Ladenschluss um 18 Uhr).

Sehr viel einheitlicher dürfte sich das Bild in Bezug auf die Interessen der Angestellten präsentieren. Die-se würden wohl grossmehrheitlich die Schliessung von Verkaufsgeschäften an Feier- und Samstagen spätestens per 17 Uhr begrüssen. Derartige Interessen schützt indessen das Arbeitsgesetz abschlies-send.

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Den grössten Beteiligtenkreis bildet die Kundschaft. Sie wird sich, im Unterschied vielleicht zu An-wohnern von Einkaufszentren, mehrheitlich wohl nur wenig daran stören, dass die Verkaufsgeschäfte länger offen gehalten werden dürfen. Besteht die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum einkaufen zu können, wird man davon Gebrauch machen.

5. Würdigung

Der Memorialsantrag hätte ein gewisses Potenzial, die Regelungsvielfalt im Kanton Glarus in Bezug auf die Ladenschlusszeiten etwas einzugrenzen. Klare und einheitliche Verhältnisse wären aber auch dadurch nicht zu erreichen. Eine solche Regelung könnte niemanden daran hindern, sein Verkaufsge-schäft samstags bereits früher zu schliessen. Dies will der Antrag auch nicht verhindern, würde dem Personal dadurch doch umso mehr ermöglicht, den Abend mit der Familie verbringen zu können. Der Antrag zielt denn auch nicht auf eine Vereinheitlichung ab, sondern allein darauf, den spätmöglichsten Zeitpunkt festzulegen.

Zumindest faktisch kann der Antrag für sich in Anspruch nehmen, dass die Glarner Verkaufsgeschäfte gegenüber ihren Mitbewerbern in den angrenzenden Kantonen durch die Einführung einer Schlies-sungszeit um 17 oder 18 Uhr kaum massgeblich benachteiligt würden. Im Kanton St. Gallen müssen Verkaufsgeschäfte samstags spätestens um 17 Uhr schliessen und das Seedamm-Center in Pfäffikon sowie das Obersee Center in Lachen tun dies freiwillig um 18 Uhr.

Schwer einzuordnen ist im vorliegenden Zusammenhang die Tatsache, dass sich die Einkaufsgewohn-heiten laufend ändern. Der Online-Handel wird weiter an Bedeutung gewinnen. Er macht Güter aller Art zu jeder Zeit rund um die Uhr verfügbar (24-Stunden-Gesellschaft). Ladenöffnungszeiten interessieren immer weniger. Ob und wie der Gesetzgeber dem begegnen soll und ob er dies überhaupt kann, ist offen. Jedenfalls relativiert sich dadurch der Regulationsbedarf in Bezug auf Ladenöffnungszeiten.

Des Weiteren wirft der Memorialsantrag aufgrund seiner äusserst knapp gehaltenen Begründung viele Umsetzungsfragen auf. Namentlich ist unklar, ob eine entsprechende, einschränkende Regelung auch:a. für Dienstleistungsbetriebe zu gelten hätte, zumal das Gesetz diese häufig zusammen mit den Ver-

kaufsgeschäften nennt und jeweils derselben Regelung zuführt; b. für Verkaufsgeschäfte gelten sollte, welche vor allem Waren des täglichen Bedarfs anbieten und ge-

mäss geltendem Recht grundsätzlich auch an öffentlichen Ruhetagen offen gehalten werden dürfen;c. in Bezug auf Ausnahmeregelungen für Orte mit erheblicher touristischer Bedeutung angewendet

werden müsste, wobei dort die Verkaufsgeschäfte kaum mehr von Touristen profitieren könnten, wenn sie bereits kurz nach Einstellung des Bahnbetriebs schliessen müssten, noch bevor sich diese im Dorf einfinden können;

d. für die vier durch die Gemeinden zu bewilligenden Sonntagsverkäufe gelten müsste, was kaum mehr eine vorweihnächtliche (Einkaufs-)Stimmung aufkommen liesse, zumal sich eine solche wohl eher gegen Abend einstellen wird, weshalb eine Ladenschliessung kurz nach dem Einnachten dort nicht erwünscht sein dürfte.

Würde man nur für Verkaufsgeschäfte und für diese nur an gewöhnlichen Samstagen und Feierta-gen die Schliessung spätestens per 17 Uhr regeln und für alle aufgelisteten Fälle (a–d) die bisherige Regelung beibehalten wollen, wäre die unterschiedliche Behandlung zu begründen. Dies erschiene zumindest sehr anspruchsvoll, zumal sich das Ruhebedürfnis von Angestellten solcher Verkaufsge-schäfte wohl kaum massgeblich von demjenigen von Angestellten eines Dienstleistungsbetriebs (a) unterscheiden wird und das Ruhebedürfnis weder hauptsächlich durch das Warenangebot (b) noch durch den Standort (c) bestimmt sein dürfte. Genauso wenig ist zu sehen, dass sich das Ruhebedürfnis von Verkaufsangestellten an einem Sonntagsverkaufs-Abend (d) massgeblich von demjenigen an ge-wöhnlichen Samstagen und Feiertagen unterscheiden würde.

Über die Regelungen des geltenden Ruhetagsgesetzes hinaus würde die Umsetzung des Memorials- antrags auch weiteren Klärungsbedarf schaffen. Dies insbesondere, wenn das Ruhetagsgesetz im Rahmen der Behandlung des Memorialsantrags betreffend die «Abschaffung des Tanzverbotes» wei-tere Lockerungen erfahren sollte. Würde das Ruhetagsgesetz beispielsweise so geändert, dass künftig auch an hohen Ruhetagen kommerzielle Tätigkeiten zulässig wären, wäre zu regeln, ob beispielsweise Märkte ebenfalls um 17 Uhr schliessen müssten. Nach Massgabe der Begründung des Antrags könnten zwar Waren- und Getränkeautomaten von einer solchen Regelung ausgenommen werden, zumal hier kein Personal verpflichtet ist, länger zu arbeiten. Doch wäre zu klären, was für Fest- und Sportanlässe gelten soll, sofern solche künftig auch an hohen Feiertagen stattfinden könnten.

Eine kantonale Regelung der Ladenöffnungszeiten für Verkaufsgeschäfte müsste grundsätzlich auch für Tankstellenshops in Autobahnraststätten und an Hauptverkehrswegen mit starkem Reiseverkehr gelten, deren Waren- und Dienstleistungsangebot in erster Linie auf die Bedürfnisse der Reisenden

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ausgerichtet ist. Nach Arbeitsgesetz wären sie zwar berechtigt, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sonntags und in der Nacht zu beschäftigen, doch hätten sie allfällige Ladenschlusszeiten nach kanto- nalem Ruhetagsgesetz zu beachten und müssten demnach samstags, gemäss Antrag, um 17 Uhr schliessen. Mit Bezug auf die Feier- und Sonntage könnten sie sich auf die Ausnahmeregelung nach Artikel 6 Absatz 3 Ruhetagsgesetz berufen. Sie müssten allerdings, je nach Ausgestaltung dieser Regelung, auch an diesen Tagen früher schliessen. Die dadurch geschaffene Benachteiligung gegen-über entsprechenden Shops in den angrenzenden Kantonen wäre massiv; im Kanton Schwyz bestehen keine entsprechenden Einschränkungen und im Kanton St. Gallen dürfen solche Shops werktags bis 22 Uhr und an öffentlichen Ruhetagen bis 21 Uhr offen gehalten werden. Will man einer solchen Be-nachteiligung mit einer Ausnahmeregelung entgegentreten und solche Shops im Kanton Glarus anders als andere Verkaufsgeschäfte behandeln, würde dies wiederum eine jener Ungleichbehandlungen zu-rückbringen, welche mit der Abschaffung des Ladenschlussgesetzes im Jahre 2000 beseitigt werden sollten.

All dies und gerade die grosse Vielfalt unterschiedlicher Schliessungszeiten in der Glarner Ladenland-schaft legen es nahe, den Memorialsantrag zugunsten der bisherigen, liberalen Regelung zu verwerfen. Auch ist nicht zu sehen, auf welche Zeit der Ladenschluss festgesetzt werden müsste, schliessen doch zahlreiche Verkaufsgeschäfte im Kanton Glarus bereits um 16 Uhr oder noch früher. Vermag eine solche Regelung, wie ausgeführt, auch keine Einheitlichkeit zu gewährleisten, so kann eine gesetzliche Regelung auf einen – im Vergleich zur aktuellen Situation – späteren Zeitpunkt früher schliessende Ver-kaufsgeschäfte unnötigem Druck aussetzen. Selbst wenn eine solche Regelung niemanden verpflichten würde, sein Verkaufsgeschäft bis 17 Uhr offen zu halten, könnte eine solche gesetzliche Regelung beim Publikum eine Erwartungs- oder gar eine Anspruchshaltung schaffen.

Soweit sich eine Mehrheit der antwortenden Detaillisten und auch einzelne Grossisten für Laden-schlusszeiten um 17 oder 18 Uhr aussprachen, bleibt es ihnen unbenommen, dies für sich so zu regeln. Zusammen kann sich eine Marktmacht ergeben. Schliesslich soll das Kundenverhalten diese Frage regeln; den Marktteilnehmern soll es überlassen bleiben, wie sie sich in diesem rasch wandelnden Um-feld mit allseits ständig steigenden Ansprüchen bewegen wollen. Es braucht vorliegend keine über die Arbeitsgesetzgebung hinausgehende Regulierung, welche die unternehmerischen Freiheiten unnötig beschneiden würde.

6. Beratung der Vorlage im Landrat

6.1. Landrätliche Kommission

Die landrätliche Kommission Bildung/Kultur und Volkswirtschaft/Inneres unter dem Präsidium von Landrätin Priska Müller Wahl, Niederurnen, befasste sich mit der Vorlage.

Die Kommission stellte fest, dass der Memorialsantrag im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung als all-gemeine Anregung qualifiziert und so überwiesen worden sei. Man könne deshalb aktuell nur darüber diskutieren, diesen Antrag der Landsgemeinde zur Annahme oder zur Ablehnung zu empfehlen. Ein Gegenvorschlag sei erst möglich, wenn die Landsgemeinde den Memorialsantrag annähme und nach-her eine konkrete Vorlage in Form einer Anpassung des Ruhetagsgesetzes ausgearbeitet würde. Die Kommission stellt weiter fest, dass sich die Öffnungszeiten in kurzer Zeit verändern könnten und in Zu-kunft mit längeren Öffnungszeiten zu rechnen sei.

Zum Memorialsantrag selbst waren die Meinungen in der Kommission geteilt. Folgende Argumente wurden zugunsten des Memorialsantrags ins Feld geführt: – Längere Öffnungszeiten brächten nichts. Das Kaufvolumen bleibe dasselbe, werde aber auf eine

längere Zeitspanne verteilt. Dies führe zu tieferen Löhnen für das Personal. Insgesamt würde dies der Attraktivität der Verkaufsberufe schaden.

– Kleinere Läden würden keine längeren Öffnungszeiten wollen, weil daraus eben kein zusätzliches Kaufvolumen resultiere. Die Ladenbesitzer könnten sich dies gar nicht leisten, denn Fachpersonal sei teuer. Auch sei dieses nicht bereit, an Samstagen länger zu arbeiten. Der Memorialsantrag schaffe wieder vermehrt gleich lange Spiesse zwischen Grossisten und Detaillisten.

– Nicht jeder Ladenbesitzer könne selber entscheiden, bis wann er den Laden offen hält (z. B. wenn er in einem Center eingemietet ist oder wenn er einer Kette angehört). Man könne Leute bzw. die Kunden zudem auch erziehen, ihre Besorgungen früher zu tätigen.

– Schliesse der Ladenbesitzer erst spät am Abend (z. B. 20 Uhr), bliebe keine Zeit mehr für die Familie. Samstagsarbeit sei grundsätzlich nicht attraktiv, auch nicht bei Teilzeitlern im Verkauf. Dies zeige sich aus Fachhandelsstatistiken und bei Anstellungsgesprächen.

– Es bestehe heute, im Gegensatz zu früher, auch kein Bedürfnis mehr für so lange Öffnungszeiten (Kühlschränke, -truhen usw.).

– Immerhin würden schweizweit noch 13 Kantone Ladenschlusszeiten bis 18 Uhr oder früher kennen.

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Gegen den Memorialsantrag wurden folgende Argumente vorgebracht: – Jeder Ladenbesitzer solle selber entscheiden können, um welche Zeit er sein Geld verdienen wolle

und wie er dem Kundenbedürfnis am besten entsprechen könne. Das solle der Staat niemandem vorschreiben. Die unternehmerischen Freiheiten seien nicht ohne Not einzuschränken.

– Auch in anderen Branchen gebe es verlängerte Arbeitszeiten. Eine ganze Fülle von Berufen bringe Samstags- und Sonntagsarbeit mit sich (öV, Gesundheitswesen, Polizei, Gastronomie, Tourismus usw.). In Bezug auf die Attraktivität eines Berufes seien auch andere Faktoren wichtig.

– Es gebe Menschen, die am Samstag Teilzeit arbeiten möchten. Oft seien es auch Frauen, welche an solchen Anstellungen interessiert seien und sehr gerne einen Samstagsjob machen würden. Vielen Arbeitnehmenden biete sich nur samstags die Möglichkeit eines zusätzlichen Verdienstes.

– Mit früheren Schliessungszeiten werde man gegen das «Lädeli-Sterben» nichts ausrichten können. Man könne die Probleme der Detaillisten nicht mit dem Festschreiben einer bestimmten Schlies-sungszeit lösen.

– Andere Detaillisten würden im Übrigen samstags auch sehr viel früher schliessen (13–16 Uhr), was zeige, dass man auch so erfolgreich sein könne. Man müsse flexibel sein.

– Einkaufsverhalten und gesellschaftliche Entwicklung sprächen klar für die bestehende, liberale Regelung und man dürfe nicht wieder zur alten Regelung zurückkehren. Diese habe nicht befriedigt.

– Bei einer Annahme des Memorialsantrags entstünden sehr viele offene Fragen, welche eine Geset-zesvorlage beantworten müsste.

Die Kommission beantragte dem Landrat schliesslich mit knappem Mehr, den Memorialsantrag in ablehnendem Sinne der Landsgemeinde zu unterbreiten.

6.2. Landrat

Im Landrat selber wurde mit den gleichen Argumenten wie in der Kommission gefochten.

Gegen den Memorialsantrag wurde erneut vorgebracht, dass die Arbeitszeit nicht das Einzige sei, was den Arbeitsplatz attraktiv oder unattraktiv mache. Eine Sonderregelung für eine Berufsgruppe rufe andere wie jene aus dem Gastgewerbe oder der Pflege auf den Plan. Der Schutz, den das Arbeits- gesetz bietet, genüge. Die Öffnungszeiten zu verschärfen, bringe keine Vorteile. Die Interessenlage beim Gewerbe sei uneinheitlich. Jeder Anbieter müsse sich individuell auf das Kundenverhalten ein-stellen können. Konsumenten forderten in einer 24-Stunden-Gesellschaft Verfügbarkeit; Konkurrent der Detailhändler sei der Online-Handel, der genau das biete. Zudem müssten bei einer Annahme wieder Sonderregelungen für Tankstellenshops, Raststätten und dergleichen geschaffen werden. Glarus solle die liberale, bewährte und fortschrittliche Regelung beibehalten.

Für den Memorialsantrag wurden vor allem die Arbeitsbedingungen ins Feld geführt. Schichtarbeit mache keinen Spass. Diese sei vielleicht in der Pflege eine Notwendigkeit, aber nicht im Verkauf. Ohne ein Gesetz im Rücken könne sich niemand dagegen wehren. Die «Alles-zu-jeder-Zeit-sofort»-Gesell-schaft werde zunehmend infrage gestellt, heute seien Achtsamkeit und Nachhaltigkeit angesagt.

Im Einklang mit Regierungsrat und landrätlicher Kommission beschloss der Landrat am Ende mit grossem Mehr, den Memorialsantrag der Landsgemeinde zur Ablehnung zu empfehlen. Würde die Landsgemeinde den Memorialsantrag jedoch annehmen, hätte der Landrat auf Antrag des Regierungs-rates eine konkrete Gesetzesänderung zur Umsetzung des Anliegens auszuarbeiten.

7. Antrag

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, den Memorialsantrag abzulehnen.

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§ 8 Änderung des Steuerrechts A. Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel B. Bausteuerzuschlag für die Gemeinden C. Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen» D. Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus E. Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

Die Vorlage im Überblick

Der Landsgemeinde werden verschiedene Änderungen im Bereich des Steuerrechts und des Finanz-ausgleichsgesetzes unterbreitet. Um ihr eine möglichst unverfälschte Willensbildung zu ermöglichen, werden die Änderungen in die fünf Teile A, B, C, D und E gefasst, über die einzeln zu beschliessen ist.

Inhalt der Teilvorlagen

Im Teil A betreffend «Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz/interkommunaler Wohn-sitzwechsel» erfolgen Anpassungen an geändertes Bundesrecht. Von Interesse ist hier die Steuerbe-freiung von Gewinnen aus Grosslotterien und zugelassenen Onlinespielen bis zu einem Betrag von 1 Million Franken, sofern sie dem Bundesgesetz über Geldspiele unterstehen. Die übrigen Gewinne sind bis zu einem Betrag von 1000 Franken steuerbefreit. Auch werden die Abzugsmöglichkeiten für die Spieleinsätze erhöht. Weitere Themen sind:– Vereinheitlichung des Besteuerungsortes von Maklerprovisionen am Firmensitz bzw. Wohnsitz des

Vermittlers, sofern dieser in der Schweiz ansässig ist.– Erweiterung der Abzugsmöglichkeiten beim Liegenschaftsunterhalt (neuer Abzug für Rückbaukos-

ten im Hinblick auf einen Ersatzneubau im Privatvermögen, Übertragung der Kosten für energeti-sche Investitionen auch auf die zwei nachfolgenden Steuerperioden).

– Harmonisierung der Besteuerung zwischen den drei Gemeinden, indem diejenige Glarner Gemein-de bei einem Umzug innerhalb des Kantons für die ganzjährige Besteuerung zuständig ist, in wel-cher die steuerpflichtige natürliche Person Ende Jahr wohnt.

Im Teil B betreffend «Bausteuerzuschlag für die Gemeinden» wird den Gemeinden ermöglicht, für grosse Bau- und Investitionsprojekte einen Bausteuerzuschlag von maximal 10 Prozent der einfachen Steuer zu erheben. Auf Stufe Kanton gibt es diese Möglichkeit bereits. Sie hat sich dort bewährt.

Im Teil C betreffend «Memorialsantrag: Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Fami-lien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen» sollen einerseits die Abzugs-möglichkeiten für Krankenkassenprämien erhöht werden. Der Maximalabzug für private Personenver-sicherungen sowie Sparzinsen wird um 25 Prozent erhöht (Alleinstehende von 2400 auf 3000 Fr., Verheiratete von 4800 auf 6000 Fr., Kinder von 800 auf 1000 Fr.). Letztmals wurden die Abzüge 2008 angepasst. Seither sind die Krankenkassenprämien aber stark gestiegen. Dies rechtfertigt die vor-gesehene Erhöhung der Abzüge. Gleichzeitig erfolgt eine Reduktion des Selbstbehaltes für selbst getragene Krankheits- und Unfallkosten von 3 auf 2 Prozent der Nettoeinkünfte. Auch damit wird den gestiegenen Gesundheitskosten Rechnung getragen. Es profitieren alle steuerpflichtigen natürlichen Personen von dieser Entlastung.

Kernpunkt des Teils D ist die «Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus». Die Kantone müssen gewisse schädliche Steuerpraxen aufheben. Die Änderung des Bundesrechts bewirkt, dass alle bis anhin privilegiert besteuerten Ge-sellschaften (sog. Statusgesellschaften) ihren Sonderstatus verlieren und neu ordentlich besteuert werden. Damit fallen steuerliche Privilegien für gewisse Firmen weg. Der Kanton ist besonders betrof-fen bei den Domizilgesellschaften («Briefkastenfirmen»), die sehr mobil sind. Sie bringen dem Kanton einen Steuerertrag von insgesamt rund 3,5 Millionen Franken pro Jahr. Die Strategie der kantonalen Steuerpolitik ist, in der Gewinnbesteuerung so attraktiv zu sein, dass die Statusgesellschaften kein Interesse haben, ihren Standort zu verlagern. Idealerweise sollen zudem auch neue Firmen angelockt werden. Folglich werden als Ausgleich für den Wegfall der Steuerprivilegien die Gewinnsteuern redu-ziert. Die Vorlage enthält eine generelle Senkung der Steuersätze für juristische Personen von bisher

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8 auf 4,5 Prozent (Senkung effektiver Gewinnsteuersatz von 15,70 auf 12,43 %). Davon profitieren alle Firmen im Kanton, insbesondere auch die Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Sie sind die eigent-lichen Gewinner dieser Steuerreform, ihre Steuerbelastung sinkt, während es sich bei den «Briefkas-tenfirmen» umgekehrt verhält. Gleichzeitig kann der Kanton seine gute Positionierung im Vergleich mit anderen Kantonen behalten. Daneben werden Abzugsmöglichkeiten für Patentboxen auf tiefem Niveau eingeführt. Erträge aus Patentboxen sollen neu mit 10 Prozent steuerlich entlastet werden können. Kompensiert werden die Steuerausfälle nebst anderem durch eine Erhöhung der Besteue-rung von Erträgen aus massgeblichen Beteiligungen (privilegierte Dividendenbesteuerung) von 35 auf 70 Prozent und eine Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer von 17 auf 21,2 Pro-zent. Diese Änderungen treten nur in Kraft, wenn das STAF in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 angenommen wird.

Im Teil E betreffend «Änderung des Finanzausgleichsgesetzes» erfolgt eine Anpassung des kanto-nalen Finanzausgleichs. Da die meisten heutigen Statusgesellschaften ihren Sitz in der Gemeinde Glarus haben, profitieren grundsätzlich nur diese und der Kanton von der Umsetzung des STAF im Kanton Glarus (Wegfall Steuerprivilegien). Damit auch die Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd profitieren, sollen die ressourcenschwachen Gemeinden einen Ausgleichsbeitrag des Kantons von insgesamt 1,2 Millionen Franken pro Jahr erhalten. Dieser Beitrag ist auf vier Jahre (2020–2023) be-fristet. Solidarisch soll sich nicht nur der Kanton zeigen, sondern auch die Gemeinden unter sich. Deshalb soll in den Jahren 2020–2023 der sogenannte Disparitätenabbau (Ausgleich der Unterschie-de zwischen den Gemeinden in Bezug auf die Steuerkraft) von 20 auf 40 Prozent erhöht und die Be-grenzung des Ressourcenausgleichs ausser Kraft gesetzt werden.

Der Regierungsrat wird die effektiven Auswirkungen der Umsetzung des STAF jedoch weiter eva-luieren und dem Landrat entsprechend Bericht erstatten sowie allenfalls erforderliche unbefristete Ausgleichsmassnahmen beantragen. Auch diese Vorlage tritt nur in Kraft, wenn die STAF-Vorlage in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 angenommen wird.

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen der Änderungen auf Kanton und Gemeinden sind in der nachfolgenden Tabelle dargelegt (k. A.: keine Auswirkungen, n. a.: keine Daten).

Zusammenfassende Würdigung

Die Finanzierbarkeit der beantragten Änderung des Steuergesetzes ist weitgehend gesichert. Die Ge-meinden fahren im Vergleich zur heutigen Lösung besser und die Kirchgemeinden sind nur leicht im Minus. Der Kanton muss allerdings mit Mindereinnahmen von durchschnittlich fast 3 Millionen Franken pro Jahr rechnen. Dieser Einnahmeausfall ist aber nicht auf die Steuervorlage STAF zurückzu-führen, sondern auf Mindererträge aufgrund der höheren Abzüge bei den Krankenkassenprämien und den Krankheitskosten sowie des Ausgleichsbeitrags des Kantons an die Gemeinden. Die Bevölkerung profitiert von höheren Abzügen von Krankenkassenprämien und Krankheitskosten. Die fiskalischen Massnahmen in der Unternehmensbesteuerung zielen darauf ab, Arbeitsplätze zu erhalten und opti-male Voraussetzungen für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zu bieten. Insgesamt handelt es sich um eine ausgewogene Vorlage für Bevölkerung, Wirtschaft und Staat (Kanton und Gemeinden).

In der Debatte im Landrat wurden die Senkung des Gewinnsteuersatzes, die Erhöhung der Divi-dendenbesteuerung sowie die Erhöhung der Abzüge bei den Gesundheitskosten bzw. Krankenkas-senprämien bekämpft, aber in der Detailberatung klar angenommen. Hingegen nahm der Landrat beim Finanzausgleich Anpassungen an der regierungsrätlichen Vorlage vor. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, der so bereinigten Vorlage zuzustimmen.

TotalE. Änderung FAGD. Umsetzung STAFC. MemorialsantragB. BausteuerzuschlagA. Bundesrecht

-2’780’000-1’200’000

20’000-1’600’000

k. A.k. A.

162’0001’032’000

-70’000-800’000

n. a.k. A.

457’000-1’350’0002’357’000-550’000

n. a.k. A.

468’0001’518’000-600’000-450’000

n. a.k. A.

-25’0000

65’000-90’000k. A.k. A.

-32’0000

78’000-110’000

k. A.k. A.

Kan

ton

Gla

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Süd

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1. Teil A: Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel

1.1. Ausgangslage

Die Gesetzgebung und die Rechtsprechung auf Ebene Bund ändern stetig. Diese erfordern regelmäs-sig gewisse Änderungen des kantonalen Steuergesetzes (StG). Inzwischen ist aufgrund zahlreicher Änderungen im Bundesrecht erneut Anpassungsbedarf auf kantonaler Ebene entstanden. Es obliegt dem kantonalen Gesetzgeber, die im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) enthaltenen Änderungen ins kantonale Steuergesetz zu überführen. Das als Rahmengesetz konzipierte StHG belässt dabei dem kantonalen Gesetzgeber je nach Rege-lungsdichte einer umzusetzenden Norm einen mehr oder weniger grossen Gestaltungsspielraum. Eine eigentliche Autonomie besteht für die Kantone lediglich bei der Bestimmung der Steuertarife, Steuer-sätze und Steuerfreibeträge.

Aufgrund der parallelen Deklaration und Veranlagung der kantonalen Steuern und der direkten Bundes-steuer kann sich die Anpassung des kantonalen Steuerrechts nicht nur auf das StHG beziehen. Mit einer sachgerechten Angleichung des StG an einzelne Bestimmungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) soll deren gemeinsame Anwendung im Sinne einer vertikalen Harmonisie-rung erleichtert werden.

1.1.1. Anpassung des Steuergesetzes an das StHG betreffend Maklerprovisionen

Im Juni 2014 wurde die von den eidgenössischen Räten überwiesene Motion «Besteuerung von Provi-sionen für Grundstücksvermittlungen im interkantonalen Verhältnis. Gleiche Regel für alle» umgesetzt.

Nach dem geltenden StHG werden Maklerprovisionen (Honorar, das ein Makler für die erfolgreiche Ver-mittlung einer Immobilie erhält) von natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz in jenem Kanton besteuert, in dem das Grundstück liegt. Für Maklerprovisionen von juristischen Personen – also Firmen – mit Sitz in der Schweiz sieht das StHG keine besondere Regelung vor. Diese Provisionen werden des-halb im Sitzkanton der Firma besteuert, die sie erzielt. Das Bundesgericht hat diese unterschiedliche Behandlung von natürlichen und juristischen Personen bei den Maklerprovisionen als ungerechtfertigt erachtet und entschieden, die für die natürlichen Personen festgelegte Regelung sinngemäss für die juristischen Personen anzuwenden. Nach vorherrschender Lehre wiederum ist die wirtschaftliche Zuge-hörigkeit hinsichtlich der Maklerprovisionen bei natürlichen Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz bzw. Aufenthalt im Kanton ein Rechtsversehen und sollte nur die natürlichen Personen mit Sitz im Aus-land betreffen. Gemäss der Motion sollen Maklerprovisionen natürlicher und juristischer Personen mit Wohnsitz bzw. Sitz in der Schweiz künftig einheitlich am Sitz der Firma bzw. Wohnsitz der vermittelnden Person besteuert werden.

Aufgrund der Feststellung, dass die Bestimmungen des StHG zur Regelung der wirtschaftlichen Zuge-hörigkeit der mit Grundstücken handelnden Personen formelle Unterschiede zwischen natürlichen und juristischen Personen aufweisen, wurde eine entsprechende Änderung des StHG vorgenommen. Diese wurde von den eidgenössischen Räten am 17. März 2017 verabschiedet. Seit dem Inkrafttreten am 1. Januar 2019 liegt der Ort der Besteuerung für Maklerprovisionen am Wohnort des Maklers bzw. am Sitz der Maklerfirma, sofern sich dieser in der Schweiz befindet. Somit werden Maklerprovisionen nur noch dann am Grundstücksort besteuert, wenn der Makler keinen Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz hat.

Nach Artikel 72u StHG passen die Kantone ihre Steuergesetze mit Inkrafttreten der Bundesvorlage an. Widrigenfalls ist das Bundesgesetz unmittelbar anwendbar, sofern ihm das kantonale Recht wider-spricht. Das StG entspricht diesen Neuerungen in seiner derzeitigen Fassung weitgehend. Gewisse An-passungen an die neuen harmonisierungsrechtlichen Vorschriften sind dennoch notwendig: In Artikel 4 Absatz 1 StG, der die wirtschaftliche Steuerzugehörigkeit natürlicher Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton Glarus betrifft, ist in Ziffer 3 neu das Anknüpfungskriterium des Handelns mit Grundstücken aufzunehmen. Damit sind natürliche Personen mit Wohnsitz oder Aufent-halt in einem anderen Kanton oder im Ausland aufgrund wirtschaftlicher Anknüpfung im Kanton Glarus steuerpflichtig, wenn sie mit einem im Kanton Glarus gelegenen Grundstück handeln. Demgegenüber ist in Artikel 4 Absatz 2 Ziffer 4 StG, welche die wirtschaftliche Zugehörigkeit natürlicher Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz betrifft, der Handel mit Grundstücken zu eliminieren.

Zur Vereinheitlichung mit den Bestimmungen zum Besteuerungsort aufgrund wirtschaftlicher Anknüp-fung bei den natürlichen Personen sind aufgrund der harmonisierungsrechtlichen Vorgaben auch bei den juristischen Personen die entsprechenden Bestimmungen in gleicher Weise anzupassen. In Artikel 55 Absatz 1 Ziffer 4 StG ist der Handel mit Grundstücken, welche im Kanton Glarus liegen, zu ergänzen,

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wogegen er in Absatz 2 Ziffer 2 zu eliminieren ist. Damit sind juristische Personen, welche ihren Sitz und ihre tatsächliche Geschäftsleitung in einem anderen Kanton oder im Ausland haben, aufgrund wirtschaftlicher Anknüpfung im Kanton Glarus steuerpflichtig, wenn sie mit einem im Kanton Glarus gelegenen Grundstück handeln. Wie bei den natürlichen Personen bedarf es betreffend Vermittlung von Grundstücken als wirtschaftliches Anknüpfungskriterium für eine Besteuerung im Kanton Glarus keinerlei Anpassungen.

1.1.2. Anpassung des Steuergesetzes an das StHG betreffend Liegenschaftsunterhalt

Um der Schweiz weiterhin eine sichere Versorgung mit Energie zu gewährleisten, hat der Bundesrat die Energiestrategie 2050 beschlossen. Im Mai 2017 hat das Volk zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 die Revision des Energiegesetzes (EnG) angenommen. Das neue Energiegesetz enthält unter anderem Massnahmen, um den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien wie Wasser, Sonne, Wind, Geothermie und Biomasse zu fördern. Das EnG wurde auf Anfang 2018 in Kraft gesetzt.

Das EnG hat auch steuerliche Änderungen zur Folge. Es sieht für Liegenschaftseigentümer zusätz-liche steuerliche Abzugsmöglichkeiten vor. Einerseits wird neu ein Abzug für Rückbaukosten betreffend Ersatzneubauten eingeführt. Andererseits ist eine Übertragbarkeit (Vortrag) der energetischen Investiti-ons- und Rückbaukosten auf zwei Steuerperioden vorgesehen. Dank der steuerlichen Geltendmachung der Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau ist davon auszugehen, dass Grundstücke mit bestehenden Wohnbauten für potenzielle Käufer interessanter werden. Allerdings führt dies tendenziell zu höheren Verkaufspreisen, sodass die steuerliche Privilegierung der Rückbaukosten zumindest teil-weise verpufft. Aus energetischer Sicht führt die Abzugsfähigkeit zu einem Anreiz, vermehrt energetisch bessere Ersatzneubauten zu erstellen.

Die neuen Bestimmungen werden in der totalrevidierten Liegenschaftskostenverordnung des Bundes konkretisiert, die am 1. Januar 2020 in Kraft tritt.

Das StG bedarf einer entsprechenden Anpassung im Bereich der Abzüge bei Liegenschaften im Pri-vatvermögen. Diese steht im Zusammenhang mit den steuerlichen Massnahmen des EnG. Gemäss geltendem Artikel 9 Absatz 3 StHG können die Kantone Abzüge für Umweltschutz, Energiesparen und Denkmalpflege vorsehen. Die Gesetzesvorlage zur Energiestrategie 2050 erweitert Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe a StHG dahingehend, dass neben den Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen neu auch die Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau den steuerlich abzugsfähigen Unterhalts-kosten gleichgestellt werden.

Diese Erweiterung ist kantonal nur dann umzusetzen, wenn das Steuergesetz Abzüge für Umwelt-schutz, Energiesparen und Denkmalpflege vorsieht. Dem kantonalen Gesetzgeber verbleibt insoweit kein Regelungsspielraum, ansonsten er solche ersatzlos aufheben müsste.

Im Kanton Glarus sind die Aufwendungen für Massnahmen, die dem Energiesparen, dem Umweltschutz oder der Erfüllung gesetzlicher oder behördlicher Denkmalschutzvorschriften dienen, gemäss Artikel 30 Absätze 2 und 4 StG abzugsfähig. Neu sind Rückbaukosten für einen Ersatzneubau diesen als Unter-haltskosten qualifizierten Aufwendungen gleichzustellen.

Anlässlich der vorliegenden Gesetzesrevision wird Artikel 30 Absatz 2 StG um Satz 3 ergänzt und Absatz 2a neu geschaffen. Demnach gelten Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau als steuerlich abzugsfähige Unterhaltskosten. Hintergrund dieser Massnahme ist eine lenkungspolitische Motivation, die den Rückbau von älteren, in energietechnischer Hinsicht schlechten Gebäudehüllen und den Wiederaufbau von energietechnisch zeitgemässen Gebäuden steuerlich begünstigen will. Unter Rückbaukosten fallen die eigentlichen Bauarbeiten des Abbruchs und der Demontage, des Abtrans-ports und der Entsorgung des Materials. Kosten für eine Altlastensanierung sowie die Kosten für Ge-ländeverschiebungen, Planungsarbeiten und über den Rückbau hinausgehende Aushubarbeiten sind keine abzugsfähigen Rückbaukosten. Ein Ersatzneubau liegt vor, wenn auf dem gleichen Grundstück des vorbestehenden Gebäudes eine Baute mit gleichartiger Funktionalität erstellt wird.

Können Rückbaukosten sowie Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen in der Steuerperiode, in der sie angefallen sind, nicht vollständig steuerlich berücksichtigt werden, können sie als Abzugsvortrag auf die beiden nachfolgenden Steuerperioden übertragen werden. Ein Abzugsvortrag auf die beiden nachfolgenden Steuerperioden ist möglich, sofern das Reineinkommen der laufenden Steuerperiode negativ ausfällt; Sozialabzüge werden dabei nicht berücksichtigt, d. h. nicht ausgeschöpfte Sozialab-züge können nicht auf die beiden nachfolgenden Steuerperioden übertragen werden. Bei einem Wohn-sitzwechsel innerhalb der Schweiz oder bei einem Verkauf des Wohneigentums können steuerlich noch nicht berücksichtigte Abzugsvorträge innerhalb der Verrechnungsperiode verrechnet werden.

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Die neuen steuerlichen Massnahmen im Gebäudebereich bedürfen der Konkretisierung. Diese erfolgt auf Bundesebene in der Verordnung über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermö-gens bei der direkten Bundessteuer (Liegenschaftskostenverordnung), deren Totalrevision der Bundes-rat am 9. März 2018 verabschiedet hat. Diese Bestimmungen treten am 1. Januar 2020 in Kraft. Auf kantonaler Ebene wird die Liegenschaftskostenverordnung analoge Anwendung finden. Zudem wird das publizierte Merkblatt über die Abzugsberechtigung von Liegenschaftsunterhaltskosten angepasst.

Gemäss Artikel 72v Absatz 1 StHG passen die Kantone ihre Gesetzgebung innert zwei Jahren nach Inkrafttreten der Bundesgesetzgebung an. Der Bundesrat hat die entsprechende StHG-Revision per 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt. Demzufolge erfolgt die Inkraftsetzung der kantonalen Bestimmungen auf den 1. Januar 2020.

1.1.3. Anpassung des Steuergesetzes an das StHG betreffend Steuerbefreiung von Geldspielgewinnen

Im Juni 2018 wurde das Bundesgesetz über Geldspiele (Geldspielgesetz, BGS) in einer eidgenössi-schen Volksabstimmung angenommen. Das BGS trat per 1. Januar 2019 in Kraft. Die Geldspiele waren bislang in zwei Bundesgesetzen geregelt, im Spielbankengesetz und im Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten. Das BGS führt diese beiden Erlasse in einem Bundesge-setz zusammen und schafft eine kohärente sowie zweck- und zeitgemässe Regelung des Geldspiels in der Schweiz. Es bezweckt, die Bevölkerung angemessen vor den Gefahren zu schützen, die von Geld-spielen ausgehen. Daneben sorgt das neue Gesetz dafür, dass die Geldspiele sicher und transparent durchgeführt werden. Schliesslich sollen Erträge aus den Geldspielen zugunsten der Alters-, Hinter-lassenen- und Invalidenversicherung (AHV) sowie zugunsten von gemeinnützigen Zwecken verwendet werden. Ausserdem sieht die Gesetzesvorlage eine Anpassung des DBG sowie des StHG vor. Gemäss revidiertem StHG sind die Kantone gehalten, die Besteuerung von Gewinnen aus Geldspielen neu zu regeln.

Nach der bisherigen Regelung sind die einzelnen Gewinne von über 1000 Franken aus einer Lotterie oder einer lotterieähnlichen Veranstaltung steuerbar. Laut Artikel 24 Absatz 1 StG unterliegen die bei Glücksspielen in Spielbanken (Kasinos) im Sinne des Spielbankengesetzes erzielten Gewinne sowie die einzelnen Gewinne bis zu einem Betrag von 1000 Franken aus einer Lotterie oder einer lotterieähnlichen Veranstaltung nicht der Einkommenssteuer.

Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe l StHG sieht vor, dass die bei Glücksspielen in Spielbanken erzielten Gewinne von der Einkommenssteuer befreit sind. Gewinne aus Grossspielen, einschliesslich der Ge-schicklichkeitsspiele, die automatisiert, online oder interkantonal durchgeführt werden, sind bis zu einem Gewinn von 1 Million Franken steuerfrei. Gewinne aus Lotterien und Sportwetten sowie aus Online-Kasinospielen von über 1 Million Franken unterliegen neu jedoch der Einkommens- und Ver-rechnungssteuer, während in Spielbanken erzielte Gewinne (wie im bisherigen Recht) steuerfrei bleiben. Die Steuerbefreiung wird darüber hinaus für die Kleinspiele gelten, mit denen sich definitionsgemäss nur beschränkte Gewinne erzielen lassen. Auf Gewinne aus Lotterien und Geschicklichkeitsspielen zur Verkaufsförderung hingegen, die nicht dem BGS unterstehen, werden weiterhin Steuern erhoben. Die Gewinne aus diesen Spielen sind nicht unerheblich, weshalb die Ausgangslage nicht dieselbe ist wie bei den Geschicklichkeitsspielen. Zudem wird der Ertrag dieser Spiele weder für gemeinnützige Zwecke noch für die AHV verwendet, sondern kommt ausschliesslich den Veranstalterinnen zugute. Eine Steuerbefreiung ist somit nicht gerechtfertigt. An dieser Einschätzung ändert auch die Tatsache nichts, dass an diesen Spielen kostenlos teilgenommen werden kann. Zur Verminderung des administ-rativen Aufwands werden nur Bar- und Naturalgewinne mit einem Wert von über 1000 Franken besteu-ert. Auf jeden Fall werden nur Gewinne aus rechtmässig in der Schweiz durchgeführten Geldspielen von der Steuer befreit. Die Gewinne aus Spielen, die ohne gültige Bewilligung durchgeführt wurden, sowie aus Spielen, die im Ausland durchgeführt wurden, sind weiterhin steuerbar. Ebenfalls nicht steuerfrei sind Geldspielgewinne, die dem Ertrag einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gleichgesetzt werden können. Damit soll im Wesentlichen der Fall der professionellen Pokerspielerinnen und -spieler erfasst werden, die mit dieser Tätigkeit ein regelmässiges Einkommen erzielen, das teilweise oder ganz jenes einer Berufstätigkeit ersetzt.

Ergänzend dazu werden in Artikel 31 Absatz 3 StG auch die abzugsberechtigten Gewinnungskosten neu geregelt, d. h. welche Einsatzkosten von den einzelnen Gewinnen aus der Teilnahme an Geldspielen abgezogen werden können.

Artikel 72y StHG sieht vor, dass die Kantone ihre Gesetzgebung auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der StHG-Bestimmungen anpassen. In der Bestimmung wird klargestellt, dass die bundesrechtlichen Bestimmungen direkt Anwendung finden, wenn das kantonale Recht nicht angepasst wurde. Die In-kraftsetzung der neuen Bestimmungen auf Bundesebene erfolgte per 1. Januar 2019.

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1.1.4. Interkommunaler Wohnsitzwechsel

Gemäss bisherigem Recht dauert die Steuerhoheit der Wegzugsgemeinde für die laufende Steuer-periode unverändert fort, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerrechtlichen Wohnsitz (oder seinen Geschäftssitz) in eine andere Gemeinde des Kantons verlegt. Es handelt sich dabei um das sogenannte Wegzugsprinzip im interkommunalen Verhältnis. Es gilt somit der 1. Januar als Stichtag.

Anders ist es im interkantonalen Verhältnis. Die Folgen des Beginns, der Änderung und des Endes der Steuerpflicht aufgrund persönlicher und wirtschaftlicher Zugehörigkeit im interkantonalen Verhältnis werden nach Artikel 10 Absatz 2 StG durch das StHG sowie durch die Grundsätze des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung bestimmt. Es gilt dabei das Zuzugsprinzip, d. h. die Kompetenz zur Erhebung der Steuern für die ganze Steuerperiode kommt dem Zuzugskanton zu – der 31. Dezember ist somit Stichtag.

Ein allgemeiner Übergang zur Ordnung, wonach für die Bestimmung der kommunalen Steuerhoheit nicht mehr auf den Beginn, sondern gemäss dem Zuzugsprinzip auf das Ende der Steuerperiode ab-gestellt wird, hat mehrere Vorteile:– Erstens wird damit wie erwähnt eine Übereinstimmung mit den Regeln erreicht, die nach dem StHG

in den Fällen gelten, in denen natürliche Personen während der Steuerperiode den Wohnsitz von einem Kanton in einen anderen verlegen. In diesen Fällen sind natürliche Personen für die ganze Steuerperiode in dem Kanton steuerpflichtig, in dem sie am Ende der Steuerperiode ihren Wohn-sitz haben. Eine ähnliche Regelung besteht auch bei den juristischen Personen. Wird der Sitz einer juristischen Person von einem in einen anderen Kanton verlegt, so ist die Veranlagungsbehörde des-jenigen Kantons zuständig, in dem die juristische Person ihren Sitz am Ende der Steuerperiode hat; allerdings erfolgt hier zwischen dem Wegzugs- und dem Zuzugskanton eine Steuerausscheidung. Diese interkantonale Harmonisierung, d. h. gleiche Regeln in den verschiedenen Kantonen, schafft eine Vereinfachung für die Bürger und die rechtsanwendenden Behörden.

– Zweitens entfällt damit das Problem der Zuteilung der Steuerhoheit von Eheleuten, welche während der Steuerperiode heiraten und zu Beginn der Steuerperiode den Wohnsitz in verschiedenen Ge-meinden hatten. Gemäss bisher geltendem Wegzugsprinzip steht in solchen Fällen die Steuerhoheit für die Ehegatten zwei verschiedenen Gemeinden zu, d. h. den Gemeinden, in welchen die Ehegatten am 1. Januar Wohnsitz hatten. Durch die Heirat wird nun aber die gemeinsame Besteuerung aus-gelöst, d. h. die Ehegatten unterliegen im Jahr der Heirat für die ganze Steuerperiode der gemein-samen Besteuerung. Die Einkommen der rechtlich und tatsächlich ungetrennten Ehegatten werden unabhängig vom Güterstand zusammengerechnet (sog. Faktorenaddition oder Gemeinschaftsbe-steuerung). Gemäss geltender und durch die Gemeinden anerkannter Praxis wurde die Steuerhoheit in solchen Fällen bisher jeweils der Gemeinde des Ehemannes zugewiesen. Die Steuerfolgen einer Heirat in Fällen, in denen Ehegatten zu Beginn der Steuerperiode in unterschiedlichen Gemeinden wohnen, können jedoch vereinfacht werden, wenn für die Bestimmung der kommunalen Steuerho-heit nicht mehr auf den Beginn, sondern auf das Ende der Steuerperiode abgestellt wird. Danach ist die Steuerhoheit der Ehegatten derjenigen Gemeinde zuzuordnen, in der diese am Ende der Steuer-periode ihren gemeinsamen Wohnsitz haben.

– Drittens kann der Software-Testaufwand minimiert werden. Der Kanton Glarus wendet als einer der letzten Kantone – nebst den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Nidwalden und Obwalden – im inter-kommunalen Verhältnis noch das erwähnte Wegzugsprinzip an. Von 12 (inskünftig 14) Kantonen, welche die Steuersoftware NEST verwenden, wenden nur die drei erwähnten Kantone dieses Prinzip an. Der Wechsel zur Mehrheit führt dazu, dass von grösseren Testressourcen profitiert werden kann. Der geringere Testaufwand spart personelle und finanzielle Ressourcen.

Bei einer innerkantonalen bzw. interkommunalen Verlegung des Wohnsitzes oder Sitzes soll die steuer-pflichtige natürliche oder juristische Person neu deshalb für die ganze Steuerperiode der Gemeinde-steuerpflicht der neuen Gemeinde unterliegen.

Eine Ausnahme bilden die Kapitalleistungen gemäss Artikel 36 StG. Es geht hierbei um Kapitalleis-tungen aus der beruflichen Vorsorge sowie um Zahlungen bei Tod und für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile, die gesondert besteuert werden. Solche Kapitalleistungen werden schon im interkantonalen Verhältnis immer dort besteuert, wo die steuerpflichtige natürliche Person im Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung ihren Wohnsitz hat. Gleiches soll gemäss Artikel 204 Absatz 2 StG neu auch im innerkantonalen bzw. interkommunalen Verhältnis gelten. Damit wird es möglich, eine Kapitalleis-tung unverzüglich veranlagen zu können, ohne das Ende der Steuerperiode abzuwarten, was auch der Steuersicherung dient.

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1.2. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

1.2.1. Anpassung des Steuergesetzes an das StHG betreffend Maklerprovisionen

Artikel 4; Wirtschaftliche Zugehörigkeit

Absatz 1 ist bisher so formuliert, dass er für in der Schweiz, aber in einem anderen Kanton domizilierte sowie für im Ausland domizilierte natürliche Personen gilt (massgebender Wohnsitz «ausserhalb des Kantons»). Mit dem neuen Wortlaut von Absatz 1 ist der Besteuerungsort für Maklerprovisionen, die von im Ausland domizilierten natürlichen Personen erzielt werden, nicht mehr festgelegt. Deshalb wird mit der in Absatz 2 angefügten Ziffer 4 festgehalten, dass die Maklerprovisionen von natürlichen Personen mit Wohnsitz im Ausland im Kanton steuerpflichtig sind, in dem das vermittelte Grundstück liegt. Im Übrigen bleiben die Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar.

Absatz 2 Ziffer 4: Der neue Wortlaut von Absatz 1 Ziffer 3 bedingt eine Änderung in Absatz 2 Ziffer 4. Die darin vorgesehene wirtschaftliche Zugehörigkeit von natürlichen Personen mit Sitz im Ausland, die mit Grundstücken handeln, muss aufgehoben werden. Im Übrigen bleiben die Besteuerungsregeln gemäss Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar.

Artikel 55; Wirtschaftliche Zugehörigkeit

Absatz 1 Ziffer 4: Mit der neuen Ziffer 4 wird ausdrücklich festgehalten, dass mit Grundstücken han-delnde juristische Personen mit Sitz ausserhalb des Kantons im Kanton steuerpflichtig sind, in dem das Grundstück liegt. Darunter sind sowohl juristische Personen mit – ausserkantonalem – schweize-rischem als auch solche mit ausländischem Domizil zu subsumieren. Diese Änderung ermöglicht eine formelle Vereinheitlichung der Besteuerungsregeln bei natürlichen und juristischen Personen, die mit Grundstücken handeln. Am Begriff des Handelns mit Grundstücken ändert sich insofern nichts, als die mit dem Grundstück handelnde Person das Grundstück zu einem bestimmten Zeitpunkt besitzen muss.

Absatz 2 Ziffer 2: Der neue Wortlaut von Absatz 1 Ziffer 4 bedingt eine Änderung in Absatz 2 Ziffer 2. Die darin vorgesehene wirtschaftliche Zugehörigkeit von juristischen Personen mit Sitz im Ausland, die mit Grundstücken handeln, muss aufgehoben werden. Im Übrigen bleiben die Besteuerungsregeln gemäss Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar.

Artikel 59; Mithaftung

Um den Bezug der Steuer sicherzustellen, haften Käufer und Verkäufer solidarisch für die Steuern des Immobilienmaklers. Absatz 3 betrifft nur den Fall, in dem ein Immobilienmakler bzw. -händler keinen Wohnsitz in der Schweiz hat. Dies, weil sich die Vollstreckung der Steuerforderung im Ausland als äus-serst schwierig gestaltet.

1.2.2. Anpassung des Steuergesetzes an das StHG betreffend Liegenschaftsunterhalt

Artikel 30; Privatvermögen

Gemäss dem neuen Satz 3 in Absatz 2 gelten Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau als steuerlich abzugsfähige Unterhaltskosten. Hintergrund dieser steuerlichen Massnahme ist eine len-kungspolitische Motivation, welche den Rückbau von älteren, in energietechnischer Hinsicht schlechten Gebäudehüllen und den Wiederaufbau von energietechnisch zeitgemässen Gebäuden steuerlich be-günstigen will.

Der Begriff der Rückbaukosten setzt sich aus vier Hauptkomponenten zusammen:– Kosten der Demontage: Darunter fallen insbesondere die Lüftungs-, Heizungsinstallationen sowie

Sanitär- und Elektroanlagen.– Kosten des Abbruchs: Diese entsprechen im Wesentlichem den eigentlichen Abbruchkosten des

vorbestehenden Gebäudes.– Kosten des Abtransports: Diese umfassen die aus dem Rückbau resultierende örtliche Verschiebung

des Bauabfalls.– Kosten der Entsorgung: Darunter fällt die auf den Rückbau zurückzuführende Beseitigung des Bau-

abfalls.

Die Auflistung der zum Abzug berechtigenden Kosten erfolgt gemäss dem Baukostenplan (BKP SN 506 500 / Ausgabe 2017). Es handelt sich dabei um einen Anlagekontenplan, der eine systematische Zu-weisung sämtlicher Baukosten vornimmt, die bei der Erstellung einer Baute anfallen.

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Beim Ersatzneubau handelt es sich um ein neu erstelltes Gebäude, das auf dem gleichen Grundstück wie das vorbestehende Gebäude errichtet worden ist. Demgegenüber handelt es sich beim Neubau um ein erstmalig erstelltes Gebäude auf der grünen Wiese. Eine zentrale Grundvoraussetzung für die Gel-tendmachung der Rückbaukosten ist die Sicherstellung der gleichartigen Nutzung des Ersatzneubaus im Vergleich zum vorbestehenden Gebäude. Gleichartige Nutzung wird unter folgenden Prämissen er-füllt:

Keine gleichartige Nutzung liegt vor, wenn ein vorbestehendes, unbeheiztes Gebäude (z. B. ein Stall, eine Scheune oder ein Autounterstand) durch ein beheiztes oder klimatisiertes Wohngebäude ersetzt wird. Entsprechende Rückbaukosten berechtigen somit nicht zum Abzug. Das gilt auch für ein früher gewerblich genutztes Gebäude (z. B. ein Lagerraum), auf dessen Grundstück neu ein ausschliesslich beheiztes oder klimatisiertes Wohngebäude errichtet wird. Auch bei diesem Beispiel fehlt die gleich-artige Nutzung.

Der zeitliche Verlauf zwischen Rückbau und Neuerrichtung ist einzugrenzen. Analog zur Ersatzbeschaf-fung von selbstgenutztem Wohneigentum (Art. 12 Abs. 3 Bst. e StHG) drängt sich eine Regelung auf, wonach der Ersatzneubau nach dem erfolgten Rückbau innert angemessener Frist zu erstellen ist. In der Veranlagungspraxis zur Ersatzbeschaffung hat sich unter «angemessener Frist» eine Zeitspanne von zwei Jahren durchgesetzt.

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass zwischen dem steuerrechtlichen Begriff des «Ersatzneu-baus» und dem im Raumplanungsrecht ausserhalb der Bauzone verwendeten Begriff der «Ersatzbaute» eine recht hohe Übereinstimmung hinsichtlich des Abbruchs und Wiederaufbaus am selben Ort, der zeitlichen Frist für die Neuerrichtung und der gleichartigen Nutzung besteht. Dies im Gegensatz zum äusseren Erscheinungsbild, das raumplanungsrechtlich bestmöglich zu wahren ist, und zum Volumen, das nur vergrössert werden darf, wenn dies für eine zeitgemässe Wohnnutzung oder für die verbesserte Einbettung in die Landschaft erforderlich ist.

Neu ist ein Abzugsvortrag auf die beiden nachfolgenden Steuerperioden möglich, sofern das Rein-einkommen der laufenden Steuerperiode negativ ausfällt. Diese Übertragsmöglichkeit beschränkt sich gemäss dem neu geschaffenen Absatz 2a auf die energiesparenden und umweltschonenden Investi-tionskosten sowie die Rückbaukosten, die im Hinblick auf einen Ersatzneubau anfallen, sofern diese im Jahr, in welchem sie getätigt worden sind, steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden konnten. Der übrige Liegenschaftsunterhalt berechtigt nicht zum Übertrag. Entsprechende Kosten können nur im Jahr, in dem sie angefallen sind, geltend gemacht werden.

Verbleiben übertragbare Aufwendungen aus der ersten Steuerperiode, so können diese in der nach-folgenden Steuerperiode geltend gemacht werden. Verbleiben in der zweiten Steuerperiode weitere übertragbare Kosten, so sind diese in der nachfolgenden dritten Steuerperiode geltend zu machen. Ein weiterer Übertrag ist ausgeschlossen.

Mit dem Instrument der Verlustverrechnung wird das Prinzip der Periodizität insofern gelockert, als Verluste vorgetragen und mit Einkünften der nachfolgenden Bemessungsperioden verrechnet werden können. Dies gilt vom Grundsatz her neu auch für die vom Bundesparlament beschlossene Übertrags-möglichkeit auf die beiden nachfolgenden Steuerperioden von energiesparenden und umweltschonen-den Investitionskosten sowie von Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau. Dabei sind jene übertragbaren Kosten in erster Instanz zu berücksichtigen, die zuerst verfallen. Zuerst sind immer die Verluste aus der Steuerperiode mit dem Reineinkommen aus der betreffenden Steuerperiode zu ver-rechnen. Nur Verlustvorträge aus den Vorjahren werden nach der Reihenfolge des Ablaufs verrechnet.

Die übertragbaren Aufwendungen sind im Rahmen der tatsächlichen Kosten geltend zu machen. Das hat zur Folge, dass auch die übrigen Liegenschaftskosten effektiv zu deklarieren sind. Der Pauschalab-zug für die betroffene Liegenschaft entfällt somit in der entsprechenden Steuerperiode. Will die steuer-pflichtige Person in der Steuerperiode, in welcher der Übertrag anfällt, den Pauschalabzug geltend machen, verlieren die übertragbaren Kosten, die nur effektiv deklariert werden können, ihre Abzugs-berechtigung.

Nutzung vorbestehendes Gebäude Nutzung ErsatzneubauBeheiztes oder klimatisiertes Wohngebäude Beheiztes oder klimatisiertes Wohngebäude.

Die Integration eines gewerblich genutzten Liegenschaftsteils ist ebenfalls zulässig.

Gemischt genutztes Gebäude (Anteil Wohnen und Anteil Gewerbe)

Gemischt genutztes Gebäude (Anteil Wohnen und Anteil Gewerbe). Ein ausschliesslich beheiztes oder klimatisiertes Wohngebäude ist ebenfalls zulässig.

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Erfolgt nach Vornahme des Ersatzneubaus ein Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz oder eine Eigentumsübertragung der Liegenschaft, so bleiben die übertragbaren Kosten innerhalb der maximal zulässigen Zeitspanne von drei Jahren abzugsfähig. Nebst dem Verkauf gibt es weitere Formen der subjektbezogenen Eigentumsübertragung wie etwa eine Schenkung oder ein Erbvorbezug. Auch in diesen Fällen verbleibt die Abzugsfähigkeit von noch nicht verrechneten Kosten beim bisherigen Eigen-tümer. Dies gilt auch im Falle eines Wegzugs ins Ausland, wenn aufgrund des Verbleibs der Liegen-schaft im Eigenbesitz eine beschränkte Steuerpflicht in der Schweiz bestehen bleibt.

Mit dem Tod des bisherigen Eigentümers gehen dessen Rechte und Pflichten aus dem Steuerrechts-verhältnis auf seine Erben über (Art. 11 Abs. 1 StG; Art. 12 Abs. 1 DBG). Bei einer Mehrzahl von Erben haften diese solidarisch. Auch der überlebende Ehegatte haftet zusammen mit den übrigen Erben so-lidarisch für den Anteil des Erblassers an der Gesamtsteuer. Beim überlebenden Ehegatten werden zusätzlich zu seinem Erbteil auch die über den gesetzlichen Anteil hinausgehenden güterrechtlichen Ansprüche mitberücksichtigt (Art. 11 Abs. 2 StG; Art. 12 Abs. 2 DBG). Dies betrifft den ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung und den Güterstand der Gütergemeinschaft. Die Steuer-nachfolge hat zur Folge, dass noch nicht verrechnete Kosten auf den überlebenden Ehegatten und die übrigen Erben übertragbar sind.

Erfolgt ein Übertrag der Kosten nach Artikel 30 Absatz 2a StG auf die nachfolgende Steuerperiode, so kann nicht gleichzeitig ein Pauschalabzug nach Absatz 5 geltend gemacht werden.

1.2.3. Anpassung des Steuergesetzes an das StHG betreffend Steuerbefreiung von Geldspielgewinnen

Artikel 23; Übrige Einkünfte

Weil der Grundsatz der Steuerbarkeit wegfällt (und die Steuerbefreiung ausgedehnt wird) kann Ziffer 5 hinsichtlich der materiellen Neuregelung in Artikel 24 aufgehoben werden.

Artikel 24; Steuerfreie Einkünfte

In Artikel 24 Absatz 1 sollen Ziffer 11 und 12 geändert sowie Ziffer 11a und 11b neu hinzugefügt werden. Ziffer 11 soll dahingehend angepasst werden, dass neu die Gewinne, die in Spielbanken mit Spielban-kenspielen erzielt werden, welche nach dem BGS zugelassen sind, steuerfrei sind, sofern diese Gewin-ne nicht aus selbstständiger Erwerbstätigkeit stammen. Davon betroffen sind Geldspiele, die einer eng begrenzten Anzahl Personen offenstehen (z. B. Roulette und Black Jack im Kasino).

Ziffer 12 regelt neu, dass einerseits die einzelnen Gewinne aus Lotterien (Geldspiele, die einer unbe-grenzten oder zumindest einer hohen Anzahl Personen offenstehen und bei denen das Ergebnis durch ein und dieselbe Zufallsziehung oder durch eine ähnliche Prozedur ermittelt wird) und Geschicklichkeits-spielen (Geldspiele, bei denen der Spielgewinn ganz oder überwiegend von der Geschicklichkeit der Spielerin oder des Spielers abhängt) zur Verkaufsförderung, die nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben d und e BGS diesem nicht unterstehen, steuerfrei sind, sofern die Grenze von 1000 Franken nicht über-schritten wird.

Die neu hinzugefügte Ziffer 11a bestimmt, dass die einzelnen Gewinne bis zum Betrag von 1 Million Franken aus der Teilnahme an Grossspielen und aus der Online-Teilnahme an Spielbankenspielen steu-erfrei sind, sofern beide nach dem BGS zugelassen sind. Bei Grossspielen handelt es sich um Lotterien, Sportwetten und Geschicklichkeitsspielen, die je automatisiert oder interkantonal oder online durch-geführt werden (z. B. Swiss Lotto). Unter Spielbankenspiele versteht man Geldspiele, die einer eng be-grenzten Anzahl Personen offenstehen.

In der neu geschaffenen Ziffer 11b wird geregelt, dass die Gewinne aus Kleinspielen, die nach dem BGS zugelassen sind, neu auch steuerfrei sind. Kleinspiele sind Lotterien, Sportwetten und Pokerturniere, die je weder automatisiert noch interkantonal noch online durchgeführt werden (Kleinlotterien, lokale Sportwetten, kleine Pokerturniere).

Artikel 31; Allgemeine Abzüge

Grundsätzlich werden die Abzüge für Glücksspiele nur betragsmässig angepasst. Materiell ergeben sich keine Änderungen. Die Höchstbeträge der Abzüge richten sich nach der Regelung bei der direkten Bundessteuer. Eine solche vertikale Harmonisierung vereinfacht den Veranlagungsprozess und ist ein-fach zu handhaben. Es soll zudem ein zweiter Satz angefügt werden, welcher vorsieht, dass von den einzelnen Gewinnen aus der Online-Teilnahme an Spielbankenspielen nach Artikel 24 Ziffer 11a StG die vom Online-Spielerkonto abgebuchten Spieleinsätze im Steuerjahr, jedoch höchstens 25 000 Franken, abgezogen werden können.

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1.2.4. Interkommunaler Wohnsitzwechsel

Artikel 204; Verlegung des Wohnsitzes oder Sitzes

Artikel 204 Absatz 1 soll dahingehend angepasst werden, dass bei einem innerkantonalen bzw. inter-kommunalen Umzug die steuerpflichtige natürliche oder juristische Person neu für die ganze Steuer-periode der Steuerhoheit der Zuzugsgemeinde unterliegt. Es soll zudem ein neuer Absatz 2 geschaffen werden, welcher eine Ausnahme für die Besteuerung von Kapitalleistungen gemäss Artikel 36 StG vor-sieht. Es geht hierbei um Kapitalleistungen bei Bezug der beruflichen Vorsorge sowie um Zahlungen im Todesfall und für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile. Diese werden gesondert besteuert. Im interkantonalen Verhältnis werden solche Kapitalleistungen dort besteuert, wo die steuer-pflichtige natürliche Person im Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung ihren Wohnsitz hat (Art. 4b Abs. 1 Satz 2 StHG). Die gleiche Regelung soll auch im innerkantonalen bzw. interkommunalen Verhältnis gelten.

1.2.5. Inkrafttreten

Sämtliche oben aufgeführten Änderungen sollen per 1. Januar 2020 in Kraft treten.

1.3. Personelle und finanzielle Auswirkungen

Die steuerrechtlichen Anpassungen bewirken voraussichtlich keinen Handlungsbedarf im personellen Bereich. Die Änderungen beim Liegenschaftsunterhalt führen zwar zu einer Verkomplizierung bei der Prüfung der abzugsberechtigten Kosten und damit zu einem administrativen Mehraufwand für die Ver-anlagungsbehörde. Dieser Mehraufwand wird allerdings mit den vorhandenen personellen Ressourcen getragen werden können. Der Rest der beantragten Änderungen hat eine Vereinfachung und erhöhte Verfahrensökonomie für die Steuerverwaltung zur Folge.

Die finanziellen Auswirkungen der Neuregelung bei der Besteuerung von Maklerprovisionen auf die Kantone und Gemeinden sind insgesamt vernachlässigbar, da die Revision lediglich eine sehr kleine Gruppe von Steuerpflichtigen betrifft.

Bezüglich der Abzugsfähigkeit von Rückbaukosten beruhen die vorgenommenen Schätzungen zu den vom Bundesparlament beschlossenen steuerlichen Massnahmen im Gebäudebereich auf einer sehr dünnen Datenlage, d. h. unterschiedlichste Annahmen müssten getroffen werden. So enthalten die Sta-tistik und die bis jetzt erhobenen Steuerdaten keine Angaben zu den Liegenschaftskosten der Wohnei-gentümerinnen und Wohneigentümer. Bezüglich der steuerlichen Schätzungen zu den Rückbaukosten fehlen detaillierte Informationen zur Gebäudesubstanz im Kanton sowie zur genauen Anzahl der jährlich errichteten Ersatzneubauten und der damit verbundenen Rückbaukosten. Gemäss Schätzung des Bun-desamtes für Energie beträgt der Anteil der Rückbaukosten an der Erstellung eines Ersatzneubaus rund 5 Prozent. Es werden entsprechend nur geringe finanzielle Auswirkungen erwartet.

Die Auswirkungen der Steuerbefreiung der Gewinne aus Geldspielen auf die Volkswirtschaft und die Einnahmen des Kantons Glarus sind ebenfalls nicht detailliert prognostizierbar. Die Änderungen führen kurz- und mittelfristig sicherlich dazu, dass dem Kanton und den Gemeinden Mindereinnahmen er-wachsen. Aufgrund der geringen Fallzahlen und Volumina ist aber nicht mit grösseren Einnahmeaus-fällen zu rechnen. Langfristig gesehen könnte die Wirkung einer erweiterten Steuerbefreiung zu einer stärkeren Nutzung des Lotterie- und Sportwettenangebotes führen. Die damit verbundenen zusätz-lichen Lotterieerträge könnten den Einkommenssteuerausfall kompensieren und Mehreinnahmen ge-nerieren. Durch die Steuerbefreiung der Gewinne soll den Spielerinnen und Spielern ein Anreiz geboten werden, sich dem legalen, inländischen Spielangebot zuzuwenden. Dabei ist davon auszugehen, dass Spielerinnen und Spieler bei vollumfänglicher Auszahlung der Gewinne (ohne Abzug von Steuern) einen erheblichen Teil der erhaltenen Beträge reinvestieren werden, was den Umsatz bzw. die Reingewinne der Lotteriegesellschaften erhöhen wird. Gemäss den vorgenommenen Schätzungen wird die Summe aus Spielbankenabgabe, Reingewinnen aus Lotterien und Sportwetten sowie Gewinnsteuer, die bei den Spielbanken erhoben wird, mittelfristig deutlich höher sein, wenn auf die Besteuerung der Spieler-gewinne verzichtet wird.

Die Tatsache, dass bei einem innerkantonalen Wohnsitzwechsel neu der Zuzugsgemeinde die Steuer-hoheit zusteht, hat für den Kanton keine finanziellen Auswirkungen, da das Besteuerungsrecht des Kantons im Falle eines innerkantonalen Wohnsitzwechsels unverändert fortbesteht. Für die Gemeinden können sich im Einzelfall geringe Auswirkungen im positiven wie auch im negativen Bereich ergeben.

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2. Teil B: Bausteuerzuschlag für die Gemeinden

2.1. Ausgangslage

Einer der zentralen Grundsätze des Finanzhaushaltsrechts (Art. 52 Abs. 1 Kantonsverfassung, KV; Art. 8 Abs. 1 Bst. k Finanzhaushaltgesetz, FHG) wie auch des Harmonisierten Rechnungslegungsmodells 2 (HRM2) ist das Verbot der Zweckbindung der Hauptsteuern (Einkommens- und Gewinnsteuern, Ver-mögens- und Kapitalsteuern). Eine Bausteuer im Sinne eines zweckgebundenen Zuschlags auf den Hauptsteuern widerspricht diesem Grundsatz.

Bei der Bausteuer handelt es sich jedoch um ein auf Stufe Kanton bewährtes Finanzierungsinstrument. Es dient der Finanzierung grosser Bauvorhaben (Art. 129–131 StG). Die Stimmberechtigten wissen bei jedem über die Bausteuer finanzierten Projekt, was es sie in den nächsten Jahren zusätzlich kosten wird. Sie können somit Kosten und Nutzen abwägen und danach entscheiden. Die Bausteuer trägt dazu bei, dass nur ausgereifte Vorlagen mit einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis vorgelegt werden, was bei grossen Investitionsvorhaben besonders wichtig ist. Sie trägt damit dem in Artikel 54 KV hinsicht-lich Finanzierung festgehaltenen Erfordernis, dass die Behörden bei der Vorbereitung von Erlassen und Beschlüssen in jedem Fall die finanziellen Auswirkungen beurteilen und, wenn erforderlich, zusätzliche Deckung schaffen müssen, in überaus effektiver Weise Rechnung.

Da die Bausteuer aber wie erwähnt dem Verbot der Zweckbindung widerspricht, ist von ihr nur wohl- dosiert Gebrauch zu machen. So gilt beim Kanton die ungeschriebene Regel, dass ein Bausteuerzu-schlag erst ab einem Investitionsvolumen von 10 Millionen Franken erhoben werden darf. Entsprechend ist die Bausteuer in den letzten 25 Jahren nur gerade in drei Fällen zur Anwendung gekommen (Gesamt-sanierung Kantonsspital, Sanierung Lintharena SGU und Sanierung Berufsschule Ziegelbrücke). Auf die Gemeinden umgerechnet würde ein ungefährer Schwellenwert für bausteuerfinanzierte Investitionen damit bei etwa 4 Millionen Franken liegen, wobei aber immer das konkrete Projekt im Einzelfall zu be-urteilen ist.

Bei den bausteuerfinanzierten Objekten kann zudem von den ordentlichen Abschreibungsregeln mit einer degressiven Abschreibung über die angenommene Nutzungsdauer abgewichen werden (Art. 7 Abs. 1 Finanzhaushaltverordnung, FHV). Die Abschreibung der bausteuerfinanzierten Objekte richtet sich an den jährlich erzielten Erträgen aus, wodurch eine annährend lineare Abschreibung ermöglicht wird. Dabei sollte sich die Abschreibungsdauer aber trotzdem an einer realistischen wirtschaftlichen Nutzungsdauer orientieren.

Auch wenn die Bausteuer ihrem Wesen nach mit der Spezialfinanzierung im Sinne von Artikel 55 FHG verwandt ist, gibt es doch zwei wesentliche Unterschiede: Erstens wird bei der Spezialfinanzierung ein Kausalzusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und den von den Nutzniessern entrichteten Entgelten (Gebühren, Regalien, Beiträge) verlangt, d. h. es handelt sich um Kausalabgaben und keine Steuern. Zweitens sind der Spezialfinanzierung im Sinne einer Vollkostenrechnung sämtliche direkten und kalkulatorischen Aufwände und Ausgaben bzw. Erträge und Einnahmen zu belasten, während sich die Bausteuer auf die Abschreibungen und die kalkulatorische Verzinsung beschränkt. Es dürfen also insbesondere keine Betriebs- und Unterhaltskosten mittels Bausteuer finanziert werden.

Die Landsgemeinde beschloss bei der Einführung des neuen FHG im Jahr 2009, an der Bausteuer wei-terhin festzuhalten und dafür eine Ausnahmeregelung in der KV und dem FHG zu verankern. Die Aus-nahme vom Verbot der Zweckbindung von Hauptsteuern beschränkte sich auf die kantonale Bausteuer. Die Gemeinden dürfen bis heute keine zweckgebundenen Hauptsteuern erheben.

Aus dem Memorial zur Landsgemeinde 2009 geht nicht hervor, weshalb sich die Ausnahme vom Verbot der Zweckbindung von Hauptsteuern auf die kantonale Bausteuer beschränkte und den Gemeinden eine kommunale Bausteuer untersagt blieb. Ein Grund dürfte gewesen sein, dass die Ausnahmen vom Verbot der Zweckbindung besonders restriktiv gehandhabt werden sollten und nicht davon ausgegan-gen wurde, dass auch die Gemeinden Bauvorhaben in einer Grössenordnung finanzieren müssen, die eine zweck- und objektgebundene Bausteuer sinnvoll erscheinen lassen.

Im April 2018 forderte die SVP-Fraktion in einer Motion die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für einen kommunalen Bausteuerzuschlag zwecks Finanzierung von grösseren Bau- und Investitionspro-jekten auf Gemeindeebene. Der Regierungsrat stand dieser Motion im Sinne der Gleichbehandlung von Kanton und Gemeinden positiv gegenüber und beantragte im Juli 2018 die Überweisung. Der Landrat beschloss darauf an seiner Sitzung Ende August 2018, die Motion zu überweisen. Damit können künftig auch spezialgesetzliche Abschreibungsregeln, wie sie die Landsgemeinde 2018 in Artikel 9e des Geset-zes über die Förderung von Turnen und Sport (GTS) eingeführt hatte, vermieden werden.

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Gemäss Artikel 50 Absatz 1 KV sind Kanton und Gemeinden berechtigt, für die Bedürfnisse des öffent-lichen Haushaltes nach Gesetz Steuern zu erheben. Nach Absatz 2 besteuern sie das Einkommen und das Vermögen der natürlichen Personen sowie den Gewinn und das Kapital der juristischen Personen. Weitere Steuern und Abgaben müssen nach Art und Umfang im Gesetz geregelt sein (Art. 50 Abs. 3 KV). Gemäss Artikel 52 Absatz 1 KV dürfen Hauptsteuern unter Vorbehalt der kantonalen Bausteuer nicht zweckgebunden werden. Aktuell steht die Kantonsverfassung der Einführung einer Bausteuer auf Gemeindeebene entgegen, da in dieser nur von der kantonalen Bausteuer die Rede ist. Demnach bedingt die Einführung einer kommunalen Bausteuer eine Änderung der Kantonsverfassung sowie des Steuer- und des Finanzhaushaltgesetzes.

Die Schaffung der rechtlichen Grundlagen zur Einführung einer kommunalen Bausteuer ist aus bundes-rechtlicher Sicht kaum zu beanstanden. Gemäss Bundesrecht verfügt der Kanton über die Steuerhoheit. Diese kann er durch kantonales Recht an die politischen Gemeinden abtreten. Ist also eine Bausteuer auf kantonaler Ebene gemäss Bundesrecht zulässig, ist sie de facto auch auf Gemeindeebene – nicht zuletzt mit Blick auf die langjährige Tradition des Instrumentes – zulässig.

2.2. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

2.2.1. Änderung der Verfassung des Kantons Glarus

Artikel 52; Finanzhaushalt

Hauptsteuern sind gemäss Artikel 52 Absatz 1 KV grundsätzlich zweckungebunden. Steuereinnahmen dürfen nicht von vornherein einzelnen Projekten zugeordnet werden. Damit soll gewährleistet werden, dass die politischen Entscheidungsträger handlungsfähig sind und auf kurz- und mittelfristige Entwick-lungen reagieren können. Zweckbindungen sind nur dann zulässig, wenn sie durch die Kantonsverfas-sung legitimiert sind. Bis anhin bestand eine solche Legitimation nur für die kantonale Bausteuer. Es muss somit die Grundlage in der Kantonsverfassung geschaffen werden, dass auch die Gemeinden zweckgebundene Steuern erheben dürfen. Dies erfolgt über die Streichung der Einschränkung des Vor-behaltes auf die kantonale Bausteuer (Streichung des Begriffs «kantonale»).

2.2.2. Änderung des Steuergesetzes

Die folgende Regelung orientiert sich an der Regelung der kantonalen Bausteuer in den Artikeln 1, 129–131 sowie 186 StG.

Artikel 130; Steuerobjekt und Verfahren

Absatz 1 ist ein gesetzgeberisches Versehen und muss präzisiert werden. Der bisherige Wortlaut be-sagt, dass die Bausteuer in prozentualen Zuschlägen zur Kantonssteuer erhoben wird. Die Bausteuer wird aber steuersystematisch als prozentualer Zuschlag zur einfachen Steuer (Art. 2 Abs. 1 StG) erho-ben. Dass dies dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entspricht, wird durch den Wortlaut der Regelung des Steuermasses in Artikel 131 StG unterstrichen.

Artikel 186; Bezugsbehörde; Ratabezug; Ablieferung der Steuern

Es wird eine redaktionelle Anpassung vorgenommen, indem der Begriff «kantonale» gestrichen wird.

Artikel 201; Steuerarten

Mit Absatz 2 erhalten die politischen Gemeinden die Kompetenz, auf den Einkommens- und Vermögens-steuern von natürlichen Personen sowie auf den Gewinn- und Kapitalsteuern von juristischen Personen eine Bausteuer zu erheben. Die Kirchgemeinden sind nicht berechtigt, eine Bausteuer zu erheben.

Artikel 206a; Zweck der Bausteuer

Diese Bestimmung regelt den Zweck der Bausteuer und stellt sicher, dass Kanton und Gemeinden diese nur für die Finanzierung grosser Bauvorhaben verwenden und nicht zweckentfremden. Ein Bau-vorhaben heisst, dass eine fest mit dem Boden verbundene Anlage erstellt bzw. geändert wird. Was ein grosses Bauvorhaben ist, ergibt sich aus der finanziellen Perspektive. Ein grosses Bauvorhaben ist dann anzunehmen, wenn das Bauvorhaben die üblichen Ausgaben für Bauvorhaben weit übersteigt und im Vergleich zu den übrigen Ausgaben der Gemeinde substanziell ist. Berücksichtigt werden nur die Erstellungskosten, d. h. die Bausteuer darf nur die Aufwände für Abschreibungen und die kalkulatori-sche Verzinsung decken. Keinesfalls dürfen Betriebs- und Unterhaltskosten mittels Bausteuer finanziert werden. In Analogie zum Kanton, bei dem ein Bausteuerzuschlag gemäss einer ungeschriebenen Regel

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erst ab einem Investitionsvolumen von 10 Millionen Franken erhoben wird, läge das Mindestinvesti- tionsvolumen pro Investitionsprojekt bei den heutigen Gemeinden bei einer Summe von rund 4 Millionen Franken aufwärts.

Artikel 206b; Steuerobjekt und Verfahren

Die Bausteuer wird nach Absatz 1 als prozentualer Zuschlag zur einfachen Steuer erhoben. Die Vor-schriften des ordentlichen Veranlagungsverfahrens für die Erhebung der Bausteuer werden in Absatz 2 sinngemäss für anwendbar erklärt.

Artikel 206c; Steuermass

Mit Absatz 1 soll sichergestellt werden, dass durch die Bausteuer das Prinzip der Zweckungebunden-heit der Steuern nicht ausgehöhlt wird. Die Bausteuer soll die Ausnahme bleiben und nur im Einzelfall zur Anwendung gelangen. Durch die Begrenzung auf 10 Prozent der einfachen Steuer wird die Bau-steuer betragsmässig in eine enge Schranke gewiesen. Die Gemeinden sollen ihre Ausgaben durch die ordentlichen, zweckungebundenen Steuern bestreiten. Die Begrenzung auf 10 Prozent der einfachen Steuer entspricht im Übrigen derjenigen der kantonalen Bausteuer (Art. 131 Abs. 1 Bst. a StG). In Ab-satz 2 werden die Festlegung der Höhe und die Verwendung der Bausteuer geregelt.

2.2.3. Änderung des Gesetzes über die Förderung von Turnen und Sport

Artikel 9e; Abschreibung Gemeindeanteil für erweiterte Beiträge gemäss Artikel 9c

In Zusammenhang mit der Gewährung des Kantonsbeitrags an die Sanierung und die Erweiterung der Lintharena SGU durch die Landsgemeinde 2018 wurde Artikel 9e neu geschaffen. Er ermöglicht, dass die Standortgemeinden ihren Beitrag an Projekte, die mit erweiterten Kantonsbeiträgen unter-stützt werden, in Abweichung zu Artikel 61 Absatz 2 FHG über die Nutzungsdauer linear abschreiben können. Diese spezialgesetzliche Regelung soll zugunsten einer einheitlichen und klaren Regelung über die Bausteuer aufgehoben werden. Demnach wäre künftig eine (annährend) lineare Abschreibung von Gemeindebeiträgen an Projekten, die mit erweiterten Kantonsbeiträgen unterstützt werden, möglich, wenn diese über eine Bausteuer finanziert werden. Andernfalls gilt – wie für alle anderen Investitionen auch – die degressive Abschreibungsmethode.

Die Gemeinde Glarus Nord hat im Beschluss über die Genehmigung des Verpflichtungskredits von maximal 42,9 Millionen Franken für den Kauf, die Sanierung und die Erweiterung der Lintharena SGU bereits festgehalten, dass die Erhöhung des ordentlichen Steuerfusses ab 2020 um 2 Prozent nach Möglichkeit in einen Bausteuerzuschlag umgewandelt werden soll, womit ohnehin die Abschreibungs-regeln für die Bausteuer gelten würden. Damit wäre Artikel 9e aktuell in der Praxis ohne Belang. Er kann ersatzlos aufgehoben werden.

2.2.4. Änderung des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Kanton Glarus

Artikel 227

Es wird eine redaktionelle Anpassung vorgenommen, indem der Begriff «kantonale» gestrichen wird.

2.2.5. Änderung des Gesetzes über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus und seiner Gemeinden

Artikel 8; Grundsätze der Haushaltführung

Die Ausnahme vom Prinzip der Zweckbindung der Steuern wird auf die kommunale Bausteuer aus-gedehnt (Streichung des Begriffs «kantonale»). Es wird damit der geänderte Artikel 52 Absatz 1 KV auf Gesetzesebene umgesetzt.

2.2.6. Inkrafttreten

Die oben genannten Änderungen sollen per 1. Januar 2020 in Kraft treten.

2.3. Personelle und finanzielle Auswirkungen

Im Rahmen der Einführung einer Bausteuer auf kommunaler Ebene ergeben sich für den Kanton keine finanziellen Auswirkungen, da dieser Bereich nur die Gemeinden tangiert. Bei den Gemeinden hängen die Mehreinnahmen von der konkreten Umsetzung bzw. den entsprechenden Beschlüssen der Gemeinde- versammlungen ab.

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3. Teil C: Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen»

3.1. Memorialsantrag

Zwei Stimmberechtigte reichten im Juli 2018 im Namen der CVP des Kantons Glarus den Memorials- antrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkas-senprämien von den Steuern abziehen» ein. Dieser fordert, dass der steuerrechtliche Selbstbehalt für die abzugsfähigen selbst getragenen Krankheitskosten reduziert sowie der Maximalabzug für private Personenversicherungen sowie Sparzinsen erhöht wird. Dementsprechend soll das StG den aktuellen Verhältnissen angepasst und die Maximalabzüge für private Personenversicherungen und Zinsen für Sparkapitalien nach Artikel 31 Absatz 1 Ziffer 7 StG erhöht werden. Dies führt dazu, dass sämtliche steuerpflichtige natürliche Personen höhere Abzüge geltend machen können.

Der Memorialsantrag im Wortlaut:

«Das Steuergesetz des Kantons Glarus (StG) vom 7. Mai 2000 sei so zu ändern, dass (a.) die Maximal-abzüge für Einlagen, Prämien und Beiträge für die Lebens-, die Kranken- und die nicht obligatorische Unfallversicherung sowie die Zinsen von Sparkapitalien des Steuerpflichtigen und der von ihm unter-haltenen Personen (Art. 31 Abs. 1 Ziff. 7 StG) erhöht sowie (b.) die selbstbezahlten Krankheits- und Unfallkosten des Steuerpflichtigen und der von ihm unterhaltenen Personen (Art. 31 Abs. 1 Ziff. 8 StG) mittels einer Senkung des Selbstbehaltes von gegenwärtig 3 Prozent der Nettoeinkünfte stärker in Ab-zug gebracht werden können.

Begründung:a) für die Prämien für private PersonenversicherungenSozial Schwächere werden in verschiedener Hinsicht durch den Staat unterstützt – und dies ist gut so, soll auch nicht geschwächt und in Frage gestellt werden. Im Gegenteil. Speziell der Mittelstand ist in den letzten Jahren finanziell aber vermehrt unter Druck geraten. Er bezahlt erhebliche Steuern und pro-fitiert nicht von Prämienverbilligungen oder anderen Vergünstigungen wie Sozialtarifen usw. Auch dies ist grundsätzlich richtig.

Die Krankenkassenprämien stiegen in den letzten Jahren stark an. Seit der letzten Änderung der steuerlichen Maximalabzüge für private Personenversicherungen (und Zinsen für Sparkapitalien) nach Artikel 31 Absatz 1 Ziffer 7 StG sind die Krankenkassenprämien gemäss Krankenversicherungs- prämien-Index des Bundesamtes für Statistik um rund 30 Prozent gestiegen. Die steuerlichen Maximal-abzüge für private Personenversicherungen blieben aber konstant. Das Steuergesetz hinkt den aktuellen Verhältnissen also hinterher. Dementsprechend soll das Steuergesetz den aktuellen Verhältnissen ange-passt und die Maximalabzüge für private Personenversicherungen und Zinsen für Sparkapitalien erhöht werden. Dann werden vermehrt diejenigen Steuerpflichtigen belohnt, welche Verantwortung für sich und ihre Familie übernehmen.

b) für die Anpassung des Selbstbehaltes bei den Krankheits- und UnfallkostenMit der Senkung des Selbstbehaltes bei den selbstbezahlten Krankheits- und Unfallkosten nach Artikel 31 Absatz 1 Ziffer 8 StG sollen die Steuerpflichtigen, welche durch eine höhere Franchise mehr Selbstverantwortung tragen und damit unter Umständen nur tiefere Krankenkassenprämien geltend machen können, durch den Selbstbehalt steuerlich nicht benachteiligt werden.

Diese Massnahme entspricht dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, indem sichergestellt wird, dass nur tatsächlich verfügbare Einkommen besteuert werden.»

Der Landrat erklärte den Memorialsantrag im Oktober 2018 für rechtlich zulässig und erheblich.

3.2. Umsetzung

Der Memorialsantrag wurde in der Form der allgemeinen Anregung, d. h. ohne konkrete Vorgabe zur Umsetzung des Anliegens, eingereicht. Der Landrat hat dadurch die Möglichkeit, der Landsgemeinde direkt eine Vorlage zur Umsetzung des Memorialsantrags zu unterbreiten (vgl. Art. 75 Abs. 2 Gesetz über die politischen Rechte). Von dieser Möglichkeit macht er – auf Antrag des Regierungsrates – vor-liegend Gebrauch.

Die steuerlichen Maximalabzüge für private Personenversicherungen und Sparzinsen sollen um 25 Pro-zent erhöht werden. Diese betragen heute 2400 Franken für Alleinstehende, 4800 Franken für Verheira-tete und 800 Franken für Kinder. Die günstigste Prämie der obligatorischen Krankenversicherung (Stan-

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dardmodell) für Erwachsene (höchste Franchise von 2500 Fr., ohne Unfall) liegt im Kanton Glarus für das Jahr 2019 bei knapp 2600 Franken pro Jahr. Bei weiteren sieben Krankenkassen liegen die günstigsten Prämien unter 3000 Franken pro Jahr. Mit der Erhöhung der steuerlichen Maximalabzüge um 25 Pro-zent wird somit das Niveau der günstigsten im Kanton Glarus zu erzielenden Prämien erreicht, und es resultieren für Alleinstehende, Verheiratete und Kinder veranlagungsökonomische, runde Beträge.

Weiter soll der steuerliche Selbstbehalt bei den selbst bezahlten Krankheits- und Unfallkosten nach Artikel 31 Absatz 1 Ziffer 8 StG gesenkt werden. Dies führt dazu, dass sämtliche Steuerpflichtigen ten-denziell höhere Krankheits- und Unfallkosten steuerlich in Abzug bringen können. Dank dieser Senkung sollen die Steuerpflichtigen, welche durch eine höhere Franchise mehr Selbstverantwortung tragen und damit unter Umständen nur tiefere Abzüge für Krankenkassenprämien geltend machen können, steuer-lich nicht benachteiligt werden.

Diese Massnahmen entsprechen dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungs-fähigkeit, indem sichergestellt wird, dass nur das tatsächlich verfügbare Einkommen besteuert wird. Zudem wird das Portemonnaie der Bevölkerung geschont (s. Politischer Entwicklungsplan 2020–2030) und damit auch das verfügbare Einkommen erhöht (s. Legislaturplanung 2019–2022). Die Erhöhung der Abzüge entspricht im Weiteren der bewährten Praxis, wonach nicht nur bei den Steuertarifen, sondern auch bei den Abzügen die sogenannte kalte Progression regelmässig ausgeglichen wird. Letztmals hat die Landsgemeinde im Jahr 2008 die seit 2001 eingetretene Kostensteigerung durch eine Erhöhung der Abzüge ausgeglichen.

3.3. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.3.1. Änderung des Steuergesetzes

Artikel 31; Allgemeine Abzüge

Absatz 1 Ziffer 7: Es erfolgt einzig eine Anpassung der Maximalbeträge (Erhöhung um 25 %), die in Ab-zug gebracht werden können:

Absatz 1 Ziffer 8: Es erfolgt eine Reduktion des Selbstbehaltes für selbst getragene Krankheits- und Unfallkosten von 3 auf 2 Prozent der Nettoeinkünfte.

3.3.2. Inkrafttreten

Die oben genannten Änderungen sollen per 1. Januar 2020 in Kraft treten.

3.4. Personelle und finanzielle Auswirkungen

Die Senkung des Selbstbehaltes von 3 auf 2 Prozent für selbst bezahlte Krankheitskosten sowie die Erhöhung des Abzuges für private Personenversicherungen sowie Sparzinsen um 25 Prozent werden für den Kanton, die Gemeinden und die Kirchgemeinden Mindereinnahmen zur Folge haben. Diese werden sich – basierend auf den Daten des Steuerjahres 2016 – auf jährlich rund 3,6 Millionen Franken belaufen: Kanton (inkl. Bausteuer) rund 1,6 Millionen Franken, Gemeinden rund 1,8 Millionen Franken und Kirchgemeinden rund 200 000 Franken. Im Detail wirken sich die Senkung des Selbstbehaltes für Krankheitskosten und die Erhöhung des Abzugs für private Personenversicherungen sowie Sparzinsen wie folgt aus (alle Beträge in Fr.):

Aktuell Neu

VerheirateteKinder

Alleinstehende 2’400 Fr.4’800 Fr.

800 Fr.

3’000 Fr.6’000 Fr.1’000 Fr.

ErhöhungAbzüge

-1’230’000

-460’000

-1’460’000

-70’000

-45’000

-350’000

-650’000

-85’000-2’890’000

SenkungSelbstbehalt

-320’000

-90’000

-340’000

-20’000

-5’000

-100’000

-150’000

-25’000-710’000

TotalMinderertrag

-1’550’000

-550’000

-1’800’000

-90’000

-50’000

-450’000

-800’000

-110’000-3’600’000

Steuer

Kantonssteuer

Glarus

Gemeindesteuer

Kirchensteuer kath.

Bausteuer

Glarus Süd

Glarus Nord

Kirchensteuer evang.Total

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Sofern die einzelnen Körperschaften die Mindererträge nicht tragen können, haben sie darüber zu befinden, ob der Steuerfuss erhöht werden muss oder Ausgabenkürzungen vorgenommen werden. Sollten die (Kirch-) Gemeinden zur Kompensation der Mindererträge den Steuerfuss erhöhen, fände eine leichte Verlagerung der Steuerbelastung von den natürlichen zu den juristischen Personen statt, da letztere die Abzüge und den Selbstbehalt nicht geltend machen können.

4. Teil D: Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus 4.1. Ausgangslage

4.1.1. Internationales Umfeld und Diskussionen mit der Europäischen Union

Seit 2005 belastet die Kontroverse um die Unternehmensbesteuerung die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Im Jahr 2007 entschied die Europäische Kommission uni-lateral, dass die kantonalen Regelungen für Statusgesellschaften gegen das Freihandelsabkommen Schweiz-EU von 1972 verstossen. Eine 2009 vom Bundesrat vorgeschlagene Kompromisslösung scheiterte am Widerstand einiger EU-Mitgliedstaaten. In der Folge kamen die EU und die Schweiz im Juni 2010 überein, einen Dialog über die Unternehmenssteuerregimes zu führen. Im Vordergrund stand dabei das sogenannte «ring-fencing», wonach in- und ausländische Erträge bei Statusgesellschaften unterschiedlich besteuert werden.

Die mit der EU geführten Gespräche wurden zusätzlich von den Bestrebungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G20 und dem gemeinsam initiierten Projekt BEPS («Base Erosion and Profit Shifting») überlagert. In diesem Zusammenhang publizierte die OECD im Juli 2013 den BEPS-Aktionsplan, der insgesamt 15 Massnahmen umfasst. Inhaltlich richtet er sich gegen Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen. Gewinne sollen am Ort der tatsäch-lichen wirtschaftlichen Tätigkeit besteuert und grenzüberschreitende Nichtbesteuerung soll vermieden werden.

Mitte Oktober 2014 unterzeichneten die Schweiz und die 28 EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Er-klärung. Darin bekräftigte der Bundesrat seine Absicht, im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III (USR III) die international nicht mehr akzeptierten Steuerregimes (kantonale Holding-, Domizil- und ge-mischte Gesellschaften, Besteuerungspraxis von Prinzipalgesellschaften und Swiss Finance Branches) abzuschaffen und neue steuerliche Massnahmen an den international geltenden Standards auszurich-ten. Im Gegenzug bestätigten die EU-Mitgliedstaaten, dass allenfalls gegen diese Steuerregimes getrof-fene Gegenmassnahmen aufgehoben werden. Damit kam eine fast zehn Jahre dauernde Kontroverse zwischen der Schweiz und der EU zu einem vorläufigen Abschluss.

Anfang Dezember 2017 hat der Rat der EU-Finanzminister zwei Listen mit Steueroasen verabschiedet. Die schwarze Liste enthält 17 Drittstaaten, welche die EU in Steuersachen für «nicht kooperativ» hält (u. a. Panama, Barbados, Grenada und Vereinigte Arabische Emirate). Auf der grauen Liste figurieren Staaten, welche gegenüber der EU eine Zusage gemacht haben, Änderungen an ihren Steuerprakti-ken vorzunehmen. Zu dieser zweiten Gruppe zählt auch die Schweiz, welche sich gegenüber der EU verpflichtet hat, die von Brüssel kritisierten Steuerregimes im Rahmen der Unternehmenssteuerreform abzuschaffen.

4.1.2. Reformbedarf

Im Februar 2017 wurde die USR III in einer Volksabstimmung mit 59,1 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Die breit angelegte Anhörung im Nachgang zur Volksabstimmung zeigte, dass Gegner und Befürworter eine Reform des Unternehmenssteuerrechts nach wie vor für erforderlich und dringlich halten. Nur auf diese Weise könne für die betroffenen Unternehmen Rechts- und Planungssicherheit geschaffen und die internationale Akzeptanz des Schweizer Steuersystems sichergestellt werden.

Entsprechend legte der Bundesrat bereits ein halbes Jahr nach dem Scheitern der USR III Anfang September 2017 mit der Steuervorlage 17 (SV17) eine Neuauflage des Projekts vor. Die neue Vorlage enthielt gewichtige Anpassungen und trug dem Abstimmungsergebnis der USR III Rechnung. Im März 2018 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur SV17 mit dem Ziel, dass das Parlament die Vor-lage im Idealfall bereits in der Herbstsession 2018 behandeln kann.

Anfang Juni 2018 hat der Ständerat als Erstrat dieses Gesetzesprojekt beraten. Dabei ist der Stände-rat dem Antrag seiner Wirtschaftskommission gefolgt und hat die Vorlage mit weiteren Massnahmen (Gegenfinanzierungselemente sowie sozialpolitische Ausgleichsmassnahmen) ausgebaut, um einen Kompromiss im Parlament und gegebenenfalls im Volk zu finden. Namentlich hat der Ständerat darauf

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hingewirkt, die Steuervorlage mit der Finanzierung der AHV zu koppeln und die SV17 in «Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung» (STAF) umbenannt. Der Nationalrat hat Mitte Septem-ber 2018 die Verknüpfung von AHV und Steuervorlage bestätigt. Die bereinigte Vorlage wurde von der Bundesversammlung am 28. September 2018 verabschiedet. Die Steuerreform mit den entsprechen-den Gesetzesänderungen soll per 1. Januar 2020 in Kraft treten.

4.2. STAF auf Bundesebene

4.2.1. Ziele

Die heutige Privilegierung der Statusgesellschaften steht nicht mehr im Einklang mit internationalen Standards. Diese Situation führt bei Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, zu Rechts- und Planungsunsicherheiten und schadet dem Standort sowie der Reputation der Schweiz.

Zudem steht die Schweiz in einem härter werdenden internationalen Wettbewerb. Erstens haben wich-tige Länder weitreichende Reformen bei der Gewinnsteuer beschlossen oder diese angekündigt. So haben die USA per Anfang 2018 den ordentlichen Gewinnsteuersatz für Unternehmen auf Bundesebene von 35 auf 21 Prozent gesenkt. Dadurch sollen amerikanische Konzerne dazu bewogen werden, Kapital und Arbeitsplätze zurück in die USA zu verlagern. Neben den USA verfolgen auch andere Staaten wie Frankreich, Deutschland oder Grossbritannien Pläne zur Senkung der Gewinnsteuern für Unternehmen. Zweitens mehren sich unilaterale wie auch international koordinierte Massnahmen, die darauf abzielen, steuerlich attraktive Länder zu schwächen. Die Schweiz muss tätig werden, um ihre Wettbewerbsfähig-keit gegenüber konkurrierenden Ländern zu behaupten. Eine erfolgreiche Umsetzung des STAF ist des-halb unerlässlich, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten und die steuerliche Attraktivität zu wahren.

4.2.2. Allgemeine Stossrichtung

Auch nach Vorliegen der neuen internationalen Standards herrscht im Bereich der Unternehmensbe-steuerung ein intensiver Wettbewerb. Dies betrifft namentlich die mobilen Erträge. Inzwischen kennen mindestens 15 Industriestaaten Sonderregelungen für diese mobilen Erträge (sog. Patentboxen), die nach heutigem Stand zu Gewinnsteuerbelastungen von rund 10 Prozent führen können.

Unternehmen bzw. Unternehmensaktivitäten und ihre Steuerbasis sind unterschiedlich mobil. So sind Erträge, die einzig von lokalen Standortfaktoren abhängen (z. B. ein Wasserkraftwerk), praktisch immo-bil, unabhängig von der Besteuerung. Es handelt sich dabei häufig um Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Im Gegensatz dazu können Erträge, die mit Finanzierungen oder mit der Verwaltung von Im-materialgüterrechten, also mit typischen Hauptsitzaktivitäten, zusammenhängen, kurz- bis mittelfristig ohne weiteres an einen anderen Standort im In- oder Ausland verschoben werden. Derartige mobile Aktivitäten stehen häufig mit international ausgerichteten Unternehmen in Zusammenhang.

Dazwischen stehen Erträge, welche oft mit lokal verankerten, aber auf den Export ausgerichteten Unter-nehmen in Zusammenhang stehen. Sie treffen ihre Standortwahl aufgrund einer Vielzahl von Faktoren wie Verfügbarkeit von Fachkräften, Infrastruktur, Vorhandensein von Clustern usw. Die Steuerbelastung spielt gemeinsam mit anderen Standortfaktoren eine wichtige Rolle. Der Standort ist kurzfristig nicht mobil, aber mittel- bis langfristig verschiebbar.

Bei einer Aufhebung der international nicht mehr akzeptierten Steuerregimes liegt die effektive Gewinn-steuerbelastung für mobile Erträge in allen Kantonen über der für die Wettbewerbsfähigkeit kritischen Grenze. Ohne Gegenmassnahmen würde die Schweiz im internationalen Vergleich deutlich an Wett-bewerbsfähigkeit einbüssen.

Gleichzeitig wurde bei der Erarbeitung des STAF verstärkt den Anliegen der Gemeinden auf eine an-gemessene finanzielle Entschädigung Rechnung getragen und zudem im Vergleich zur vom Stimmvolk abgelehnten USR III ein besonderes Augenmerk auf einen sozialen Ausgleich der Reform gelegt.

Der Bund schlägt folgende zentralen Massnahmen vor, die auch von den Kantonen und den Gemeinden mitgetragen werden:

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4.2.3. Steuerpolitische Massnahmen

4.2.3.1. Aufhebung der Regelungen für kantonale Statusgesellschaften

Mit dem STAF sollen die international nicht mehr akzeptierten Steuermodelle aufgehoben werden. Kon-kret betrifft die Aufhebung folgende kantonalen Statusgesellschaften, die im heutigen Artikel 28 StHG geregelt sind:– Holdinggesellschaften: Ihre Hauptaktivität besteht im Halten und Verwalten von Beteiligungen. Kon-

kret gilt die Bedingung, dass Beteiligungen oder Erträge aus den Beteiligungen längerfristig mindes-tens zwei Drittel der gesamten Aktiven oder Erträge ausmachen. Das heisst umgekehrt, dass andere Erträge bis zu einem Drittel der Erträge ausmachen können («Holdingdrittel»). Holdinggesellschaf-ten entrichten auf kantonaler Ebene keine Gewinnsteuer, ausser auf Erträgen aus schweizerischem Grundeigentum.

– Verwaltungsgesellschaften (Domizil- und gemischte Gesellschaften): Sie üben in der Schweiz keine oder nur eine untergeordnete Geschäftstätigkeit aus und nehmen nur Verwaltungstätigkeiten wahr. Sie entrichten auf kantonaler Ebene keine oder eine stark reduzierte Gewinnsteuer.

Neben den kantonalen Steuerstatus muss die Schweiz auch folgende Steuerpraktiken aufgeben:– Prinzipalbesteuerung: International ausgerichtete Unternehmen fassen ihre Tätigkeiten häufig in

grösseren Einheiten zusammen und zentralisieren die Funktionen, Verantwortlichkeiten und Risiken in einer sogenannten Prinzipalgesellschaft. Befindet sich diese Prinzipalgesellschaft in der Schweiz, so wird gestützt auf die Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zur direkten Bundes-steuer eine vorteilhafte Steuerausscheidung im Verhältnis zur im Ausland befindlichen Vertriebsge-sellschaft vorgenommen.

– Swiss Finance Branch: Bei einer Swiss Finance Branch wird einer Finanzgesellschaft mit Sitz im Aus-land ein Nutzungsentgelt für das der schweizerischen Betriebsstätte zur Verfügung gestellte Kapital zugestanden. Das Modell stützt sich auf eine Praxis der ESTV und der kantonalen Steuerbehörden.

Typische Aktivitäten von Gesellschaften, die von der Aufhebung dieser Steuermodelle betroffen sind, sind Hauptsitzaktivitäten, konzerninterne Dienstleistungen, Finanzierungsaktivitäten, Tätigkeiten im Be-reich von Immaterialgütern und internationaler Grosshandel. Die Aufhebung der vorstehend erwähn-ten, international nicht mehr akzeptierten Steuerregimes ist aus heutiger Sicht alternativlos, wenn die Schweiz wieder ein international akzeptiertes Steuersystem erhalten will.

Bei einem Festhalten der Schweiz an den bisherigen Steuerregimes müssten international ausgerichte-te Unternehmen mit schmerzhaften steuerlichen und nicht-steuerlichen Gegenmassnahmen aus dem Ausland rechnen. Damit würde sich die Rechts- und Planungssicherheit der Unternehmen massgeblich verschlechtern. Vergeltungsmassnahmen des Auslands könnten erhebliche finanzielle Nachteile für die betroffenen Unternehmen bewirken und dazu führen, dass die Schweiz als Unternehmensstandort massiv an Attraktivität einbüsst.

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Gegen nicht kooperative, auf schwarze Listen gesetzte Länder können die Staaten verschiedene Mass-nahmen einsetzen. In Frage kommen zum Beispiel Mindestbesteuerungsanforderungen für Investitio-nen in Drittländern, die Nichtgewährung des Abzugs des Aufwands aus Geschäften mit unkooperativen Ländern, die Verschärfung des administrativen Aufwands für grenzüberschreitende Geschäftsaktivitä-ten, die Erhöhung der Steuern auf Dividendenausschüttungen, die Belegung von grenzüberschreiten-den Vermögenstransfers mit hohen Abgaben, die Aussetzung oder Beendigung von Doppelbesteue-rungsabkommen mit unkooperativen Staaten, die Einführung von Zollschranken, der Ausschluss von unkooperativen Ländern vom Zugang zu öffentlichen Aufträgen oder Lizenzentzüge für Finanzinstitute mit Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen in unkooperativen Ländern.

4.2.3.2. Einführung einer Patentbox auf Ebene der kantonalen Gewinnsteuern (Outputförderung)

Das STAF sieht in Artikel 24b des Entwurfes zum Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (E-StHG) als neue steuerpolitische Massnahme die Einführung einer sogenannten Patentbox vor. Mit einer Patentbox werden Erträge aus Patenten und vergleichbaren Immaterialgütern reduziert besteuert. Da sich diese Massnahme ertragsseitig auswirkt, wird auch von «Outputförderung» für Forschung und Entwicklung (F&E) gesprochen. Patentboxen sind in Europa weit verbreitet und existieren derzeit in mindestens 15 Industriestaaten. Im Rahmen des BEPS-Projekts hat die OECD Kriterien für Patentboxen festgelegt.

Die von der OECD verlangten Substanzerfordernisse (sog. modifizierter Nexus-Ansatz) werden von der Patentbox nach Artikel 24b E-StHG berücksichtigt. Der OECD-Standard für die Patentbox bewirkt, dass eine Gesellschaft umso stärker von der Patentbox begünstigt wird, je grösser ihr Anteil an den F&E-Kosten im Inland ausfällt.

Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die Definition der für die Patentbox qualifizierenden Er-träge:

Im Unterschied zu den heutigen kantonalen Steuerstatus können gewisse mobile Erträge mit der Patentbox nicht oder nur noch geringfügig steuerlich begünstigt werden:– Erträge, die nicht mit F&E (bzw. nicht mit den von der Patentbox abgedeckten Immaterialgütern) in

Zusammenhang stehen. Dies betrifft namentlich Erträge aus Vermarktung, Marketing, Finanzierung, Handel, Logistik oder auch Erträge aus Produkten mit abgelaufenem Patent wie z. B. Generika.

– Erträge, die zwar mit den von der Patentbox abgedeckten Immaterialgütern zusammenhängen, de-ren zugrundeliegender Forschungskostenanteil in der Schweiz aber relativ gering ist.

Die Patentbox ist gemäss den Vorgaben des E-StHG für die Kantone obligatorisch. Die geringere Aus-schöpfbarkeit der Gewinne im Bereich der Patentbox wird im Rahmen des Nationalen Finanzausgleichs explizit berücksichtigt.

4.2.3.3. Abzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen (Inputförderung)

Neben der Outputförderung mittels Patentbox sehen die neuen Gesetzesbestimmungen des Bundes auch eine Inputförderung für F&E vor. Die Kantone können Aufwendungen für F&E über den geschäfts-mässig begründeten Aufwand hinaus zum Abzug zulassen. Ein solch erhöhter oder zusätzlicher Abzug führt zu einer Minderung des steuerbaren Reingewinns und damit zur Reduktion der Gewinnsteuerbe-lastung. Mit der Inputförderung sollen die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts in diesem Bereich und insbesondere die anwendungsorientierte Forschung sowie die wissensbasierte Innovation gefördert werden. Das Instrument ist international weit verbreitet und akzeptiert.

Die Inputförderung ist für die Kantone fakultativ. Die geringere steuerliche Ausschöpfung der Gewinne bei Einführung einer Inputförderung wird nicht im Nationalen Finanzausgleich abgebildet. Eine zu hohe Entlastung mittels Inputförderung kann deshalb dazu führen, dass der Steuerertrag des Kantons von

Einschränkung auf bestimmte Immaterialgüter– Erträge aus qualifizierenden Rechten dürfen nur im Verhältnis des dem Inland zurechen- baren Aufwands für F&E zum gesamten Auf- wand für F&E privilegiert besteuert werden. – Zusätzlich kann jedoch ein Zuschlag von 30% des F&E-Aufwands im Inland zum qualifizierenden Aufwand hinzugerechnet werden, um gewisse Tätigkeiten pauschal abzugelten.

Einschränkung durch Substanzerfordernisse– Erträge in Zusammenhang mit Patenten und vergleichbaren Rechten. Vergleichbare Rechte sind z. B. Pflanzensorten nach Sortenschutzgesetz.– Nicht für die Patentbox qualifizieren z. B.: Markenerträge oder Erträge aus Handel mit nicht (mehr) patentgeschützten Produkten, urheberrechtlich geschützte Software, nicht patentgeschützte Erfindungen von KMU

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Unternehmen, die ihren F&E-Aufwand über die effektiven Kosten hinaus abziehen können, geringer ist als die in Zusammenhang stehenden Zahlungen des Kantons in den Nationalen Finanzausgleich. Damit würde die Inputförderung bei zu hoher Entlastung des Forschungsaufwands für den betreffenden Kan-ton im schlechtesten Fall zum Negativgeschäft.

4.2.3.4. Abzug für Eigenfinanzierung

Mit dem neuen Artikel 25abis E-StHG wird auf Kantonsebene ein Abzug für Eigenfinanzierung, d. h. ein fiktiver Zins auf überschüssigem Eigenkapital, eingeführt. Diese fakultative Massnahme kann aber nur von Hochsteuerkantonen eingeführt werden, die an ihrem Hauptort ein kumuliertes Steuermass von Kanton, Gemeinde und allfälligen anderen Selbstverwaltungskörpern über den gesamten Tarifverlauf von mindestens 13,5 Prozent aufweisen. Gemäss den von den Kantonen angekündigten zukünftigen Steuersätzen bzw. -tarifen würde nur der Kanton Zürich diese Definition erfüllen.

4.2.3.5. Entlastungsbegrenzung

Steuerliche Sondermodelle und Übergangsmassnahmen können einzeln oder kumuliert zu sehr hohen steuerlichen Entlastungen führen. Um eine unter Umständen jahrelange faktische Steuerbefreiung von Unternehmen, die in den Genuss dieser Massnahmen kommen, zu vermeiden und die Ergiebigkeit und Planbarkeit der kantonalen Gewinnsteuern abzusichern, sieht Artikel 25b E-StHG eine sogenannte Entlastungsbegrenzung vor. Danach dürfen die gesamten Entlastungen aus Patentbox, Inputförderung und dem Abzug für Eigenfinanzierung 70 Prozent des steuerbaren Gewinns (vor Verlustverrechnung und unter Ausklammerung des Nettobeteiligungsertrages) nicht übersteigen. Die Kantone sind berechtigt, eine tiefere Entlastungsbegrenzung als 70 Prozent vorzusehen.

4.2.3.6. Anpassungen bei der Kapitalsteuer

Die Statusgesellschaften werden nicht nur bei der Gewinnsteuer, sondern auch bei der Kapitalsteuer deutlich weniger belastet als ordentlich besteuerte Gesellschaften. Mit der Abschaffung der kantonalen Steuerstatus müssten die bisherigen Statusgesellschaften in Zukunft deutlich höhere Steuern entrich-ten. Da es sich bei ihnen in der Regel um mobile Gesellschaften handelt, wäre bei einer höheren Be-steuerung mit Wegzügen zu rechnen.

Das STAF sieht in Artikel 29 Absatz 3 E-StHG eine ermässigte Besteuerung des Eigenkapitals vor. Eigenkapital, das in Zusammenhang mit Patenten und vergleichbaren Rechten, Beteiligungen sowie Darlehen an Konzerngesellschaften steht, kann von den Kantonen reduziert besteuert werden.

Die reduzierte Besteuerung der betreffenden Anteile des Eigenkapitals ist für die Kantone eine fakulta-tive Massnahme. Sie spielt jedoch bei der Berechnung der Finanzausgleichszahlungen keine Rolle, da die Kapitalsteuer beim Nationalen Finanzausgleich nicht berücksichtigt wird.

4.2.3.7. Aufdeckung der stillen Reserven / Sondersteuersatz

Stille Reserven entstehen entweder durch Unterbewertung von Aktiven oder durch Überbewertung von Passiven. Sie können aufgrund handelsrechtlicher Bewertungsvorschriften oder aufgrund von Ab-schreibungen und Rückstellungen entstehen, die höher sind als notwendig. Die Realisierung stiller Re-serven, z. B. bei einem Verkauf, führt gewöhnlich zu steuerbarem Gewinn.

Die Steuerfolgen bei Veränderungen des Steuerstatus sind in den Kantonen nicht einheitlich geregelt. Bei einem Eintritt in einen kantonalen Steuerstatus von einer vormals ordentlichen Besteuerung werden in der Regel die stillen Reserven steuerlich aufgedeckt und besteuert. Umgekehrt ist es eine weit ver-breitete Praxis, stille Reserven beim Wechsel von einem Steuerstatus in die ordentliche Besteuerung steuerneutral aufzudecken. Diese Praxis, die auch im Kanton Glarus angewendet wird, wurde vom Bundesgericht geschützt, sofern umgekehrt auch allfällige unter einem privilegierten Steuerstatus ent-standene Verluste unberücksichtigt bleiben.

Derzeit bestehen in den Kantonen unterschiedliche Regelungen und Praxen zur Frage, wie solche stillen Reserven bei einem Wechsel der Besteuerung zu behandeln sind. Infolge der internationalen Entwick-lung und des STAF ist mit Fällen zu rechnen, in welchen es zur Aufdeckung von stillen Reserven kommt. Um Rechtssicherheit zu schaffen, werden diese Fälle mit dem STAF einheitlich geregelt.

Konkret sieht der Entwurf zum StHG vor, dass die massgebenden stillen Reserven bei ihrer Realisation zu einem Sondersteuersatz besteuert werden. Damit soll erstens sichergestellt werden, dass es infolge des Wegfalls eines Steuerstatus nicht zu einer abrupten und sehr starken Steuermehrbelastung kommt. Zweitens soll mit dem Sondersatz auch eine zu tiefe Besteuerung oder gar eine Nullbesteuerung ver-hindert werden. Die bei Einführung des neuen Rechts vorhandenen stillen Reserven sind nach allgemein

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anerkannten Bewertungsregeln festzulegen und in einer Feststellungsverfügung festzuhalten. Die Be-steuerung zum Sondersatz ist auf fünf Jahre befristet. Die neue Regelung zur Aufdeckung der stillen Reserven ist für die Kantone obligatorisch.

4.2.3.8. Transponierung

Der Tatbestand der sogenannten Transponierung betrifft Sachverhalte, in denen eine Privatperson Be-teiligungsrechte an ein Unternehmen veräussert, das sie selbst beherrscht («Verkauf an sich selbst»). Unter bestimmten Voraussetzungen wird der dabei erzielte Veräusserungserlös als steuerbarer Vermö-gensertrag qualifiziert. Gleiches gilt, wenn mehrere Beteiligte die Übertragung gemeinsam vornehmen. Gemäss dem Wortlaut der geltenden Regelung wird in einem solchen Fall die Differenz zwischen der erhaltenen Gegenleistung und dem Nominalwert steuerlich erfasst. Seit der Einführung des Kapitalein-lageprinzips per 1. Januar 2011 ist dieser Wortlaut aber zu eng. Das Kapitaleinlageprinzip hat zu einer steuerlichen Gleichbehandlung von Aktienkapital und Kapitaleinlagen geführt, was konsequenterweise auch bei der Transponierung zu berücksichtigen ist. Steuerbarer Vermögensertrag kann daher nur im Umfang der Differenz zwischen der erhaltenen Gegenleistung und dem Nominalwert zuzüglich Kapital-einlagereserven vorliegen. Mit der Gesetzesänderung wird diese heute bereits geltende Steuerpraxis nachvollzogen.

Anders verhält es sich mit der heutigen Bedingung, dass erst Veräusserungen ab einer Beteiligung von 5 Prozent am Grund- oder Stammkapital steuerlich zu erfassen sind. Mit dieser Schwelle sollte erreicht werden, dass Streubesitz ohne Steuerfolgen an die vom Veräusserer beherrschte Gesellschaft über-tragen werden kann. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass diese 5 Prozent-Hürde im Einzelfall zu Unterbesteuerungen in Millionenhöhe führen kann, insbesondere dann, wenn einzelne Privatpersonen ihre Beteiligungen von weniger als 5 Prozent an mittleren und grossen Gesellschaften zu Verkehrswer-ten an von ihnen selbst beherrschte Kapitalgesellschaften veräussern. Andererseits erzielen Klein- und Kleinstaktionäre von Publikumsgesellschaften bei Quasifusionen steuerbaren Vermögensertrag, da die Einbringung der Kapitalanteile aufgrund gemeinsamer Willensbildung erfolgt.

Durch das gemeinsame Handeln ist für die Bestimmung des Schwellenwerts von 5 Prozent nicht der Kapitalanteil der einzelnen Aktionärinnen und Aktionäre massgebend, sondern das Total der übertra-genen Beteiligungsrechte. Die Schwelle von 5 Prozent wird somit regelmässig überschritten. Mit der vorliegenden Änderung von Artikel 20a Absatz 1 Buchstabe b des Entwurfs des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (E-DBG) sowie Artikel 7a Absatz 1 Buchstabe b E-StHG kann diese Steuer- lücke geschlossen und eine Gleichbehandlung sämtlicher Beteiligungsinhaberinnen und -inhaber erreicht werden.

Liegt steuerbarer Vermögensertrag aus Transponierung vor, so unterliegt dieser wie bisher den gleichen Regeln wie die Dividenden, inkl. Teilbesteuerungsverfahren, wenn die dafür notwendige Mindestbetei-ligungsquote gegeben ist.

4.2.3.9. Teilbesteuerung der Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen

Mit der Unternehmenssteuerreform II wurde die Teilbesteuerung für Erträge aus massgeblichen Be-teiligungen eingeführt. Seither werden Dividenden nur noch reduziert besteuert. Zweck der reduzierten Besteuerung ist die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung, wenn ausgeschüttete Gewinne einerseits bei der Gesellschaft mit der Gewinnsteuer und andererseits bei den Anteilseignern mit der Einkommenssteuer besteuert werden.

Bei der direkten Bundessteuer beträgt die auf der Bemessungsgrundlage ansetzende Ermässigung 40 Prozent für Erträge aus dem Privatvermögen und 50 Prozent für Erträge aus dem Geschäftsvermögen. Bei den Kantonen sind die Höhe und die Methode der Entlastung (Teilbesteuerungs- oder Teilsatzver-fahren) sehr unterschiedlich. Im Kanton Glarus wird – im Gegensatz zum Bund – das Teilsatzverfahren angewendet. Für Erträge aus dem privaten und aus dem geschäftlichen Vermögen wird die Steuer mit 35 Prozent des Satzes des steuerbaren Gesamteinkommens berechnet.

Der Bundesrat schlug vor, die Teilbesteuerung der Dividenden zu vereinheitlichen. Namentlich soll die Entlastung auf Stufe Bemessungsgrundlage (Teilbesteuerung) geregelt und bei der direkten Bundes-steuer auf 30 Prozent und bei den Kantonen auf mindestens 30 Prozent begrenzt werden. National- und Ständerat haben entschieden, bei den Kantonen die minimale Entlastung nicht bei 30 Prozent, sondern bei mindestens 50 Prozent anzusetzen.

Hintergrund für die Erhöhung der Dividendenbesteuerung ist das Prinzip einer rechtsformneutralen Be-steuerung. Das Steuerrecht soll demnach den Entscheid, ob eine Person ihr Unternehmen als Einzel-unternehmer/in oder als Aktionär/in aufbauen will, nicht beeinflussen. Belastungsvergleiche des Bundes

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auf Basis des geltenden Rechts zeigen aber, dass bei der Besteuerung der Dividenden tendenziell eine Unterbesteuerung besteht und eine Erhöhung auf mindestens 70 Prozent angemessen ist.

Die Erhöhung der Dividendenbesteuerung trägt gemäss Botschaft des Bundesrates zu einer ausgewo-genen Vorlage bei und stellt namentlich in den Kantonen ein Mittel zur Gegenfinanzierung dar. Ausser-dem wirkt sie der Tendenz entgegen, aus steuerlichen Gründen Dividenden statt Lohn zu beziehen. Dies komme insbesondere der AHV zugute.

4.2.3.10. Kapitaleinlageprinzip

Das Kapitaleinlageprinzip gemäss Artikel 7b StHG wird wie folgt geändert: Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, die an schweizerischen Börsen kotiert sind, dürfen Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei zurückzahlen, wenn in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausgeschüttet werden (Propor-tionalitätsprinzip). Andernfalls ist die Rückzahlung im entsprechenden Umfang steuerbar, höchstens aber im Umfang der handelsrechtlich ausschüttungsfähigen übrigen Reserven. Sinngemässes gilt für die Ausgabe von Gratisaktien und für Gratisnennwerterhöhungen aus Reserven aus Kapitaleinlagen (damit die Regelung nicht über den Umweg Aktienkapital umgangen werden kann).

Ausgenommen von dieser Regelung sind Rückzahlungen innerhalb eines Konzerns sowie Reserven, die nach dem 24. Februar 2008 im Rahmen eines Zuzugs entstanden sind. Sodann ist bei Aktienrückkäufen durch an schweizerischen Börsen kotierten Gesellschaften der Liquidationsüberschuss mindestens zur Hälfte den Kapitaleinlagereserven zu belasten. Andernfalls müsste der Bestand an Kapitaleinlagere-serven im entsprechenden Umfang korrigiert werden, höchstens aber im Umfang der vorhandenen Kapitaleinlagereserven.

4.2.4. Finanzielle Ausgleichsmassnahmen des Bundes zugunsten der Kantone

Die Einnahmen des Bundes (direkte Bundessteuer) von Statusgesellschaften betrugen im Durchschnitt der Jahre 2012–2014 insgesamt rund 4,3 Milliarden Franken (inkl. Kantonsanteil). Dies entspricht rund der Hälfte der Gewinnsteuereinnahmen des Bundes. Der Bund hat folglich ein grosses Interesse, dass die Kantone ihre Attraktivität für mobile Erträge auch nach Wegfall der kantonalen Steuerstatus behal-ten. Gemäss Botschaft will er den Kantonen einen Rahmen setzen, der ihnen eine bestmögliche Aus-gangslage für die Wahl ihrer steuerpolitischen Strategie eröffnet.

Einen wichtigen finanziellen Beitrag dazu leistet der Bund mit den vorgesehenen vertikalen Ausgleichs-massnahmen. Mit diesen will der Bund den Kantonen finanzpolitischen Spielraum verschaffen, da-mit diese die Gewinnsteuern senken können und trotzdem keine allzu hohen Mindereinnahmen tragen müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass Kantone, welche die finanziellen Lasten der Reform aus eigener Kraft nicht tragen können, an Standortattraktivität einbüssen und damit auch dem Bund be-deutende Steuereinnahmen verloren gehen.

Das STAF sieht eine Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer von heute 17 auf neu 21,2 Prozent vor. Welcher Betrag daraus den einzelnen Kantonen zufliesst, hängt von der Verteilung der Einnahmen aus der direkten Bundessteuer auf die Kantone ab.

4.2.5. Anpassungen des Ressourcenausgleichs im Nationalen Finanzausgleich

Die Einzahlungen bzw. Auszahlungen im Ressourcenausgleich des Nationalen Finanzausgleichs hängen vom Ressourcenindex der Kantone ab. Dieser errechnet sich aus der allgemeinen Steuerbemessungs-grundlage (ASG) der Kantone. Kantone, die pro Kopf über eine überdurchschnittliche ASG verfügen, gelten als ressourcenstark und sind (neben dem Bund) die Zahler im Ressourcenausgleich. Kantone, die pro Kopf über eine unterdurchschnittliche ASG verfügen, gelten als ressourcenschwach und erhal-ten Auszahlungen aus dem Ressourcenausgleich.

Die steuerbaren Gewinne der ordentlich besteuerten juristischen Personen fliessen heute in die Berech-nungen mit demselben Gewicht ein wie die Einkommen der natürlichen Personen. Hingegen fliessen die relevanten Gewinne der unter einem kantonalen Steuerstatus stehenden Erträge mit einem stark reduzierten Gewicht ein, um der beschränkten steuerlichen Ausschöpfbarkeit der Auslandsgewinne der Statusgesellschaften Rechnung zu tragen (sog. Beta-Faktoren). Gemäss Anhang 6 der Verordnung über den Finanz- und Lastenausgleich sind die Beta-Faktoren für die Referenzjahre 2016–2019 wie folgt festgelegt:– 2,6 Prozent für Holdinggesellschaften– 11,3 Prozent für Domizilgesellschaften– 12,3 Prozent für gemischte Gesellschaften

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Die Auswirkungen dieser Beta-Faktoren sind erheblich: Eine vergleichbare Steuerbemessungsgrund-lage von z. B. 1 Million Franken fliesst bei einem ordentlich besteuerten Unternehmen mit 1 Million Franken in die Berechnungen des Ressourcenausgleichs ein. Hingegen fliesst 1 Million Franken einer Holdinggesellschaft bei voller Anwendbarkeit der Beta-Faktoren nur mit 26 000 Franken in die Berech-nungen ein.

Werden nun die Statusgesellschaften aufgehoben, aber die Grundlagen des Nationalen Finanzaus-gleichs blieben unverändert, käme es zu enormen Verwerfungen im Ressourcenausgleich: Die Gewinne der (ehemaligen) Statusgesellschaften flössen mit vollem Gewicht in den Ressourcenausgleich ein, ob-wohl die steuerliche Ausschöpfbarkeit dieser Gewinne gering ist.

Solche Verwerfungen werden verhindert, indem das STAF zwei wesentliche Veränderungen am Res-sourcenausgleich vorsieht:– Das Gewicht der Unternehmensgewinne im Ressourcenausgleich wird in Zukunft aufgrund der

durchschnittlichen effektiven steuerlichen Ausschöpfung ermittelt werden. Der relative Steueraus-schöpfungsfaktor wird als Zeta 1-Faktor bezeichnet. Weil die Unternehmensgewinne steuerlich ge-ringer ausgeschöpft werden als die Einkommen der natürlichen Personen, ist der Zeta 1-Faktor klei-ner als 1.

– Zusätzlicher Zeta-Faktor für Patentbox-Gewinne: Die Patentbox führt dazu, dass die Gewinne, wel-che unter die Patentbox fallen, steuerlich weniger stark ausgeschöpft werden. Aus diesem Grund soll für diese Erträge ein separater Zeta 2-Faktor errechnet und angewendet werden. Im Ergebnis führt dies dazu, dass ein Gewinnsteuerfranken innerhalb der Patentbox für den Kanton zu einer geringeren Belastung im Nationalen Finanzausgleich führt als ein ordentlich besteuerter Gewinnfranken.

Es ist schwierig zu prognostizieren, zu welchen Verschiebungen die dargestellten Änderungen führen werden. Zum einen hängt die Schätzung von der angenommenen Verteilung der ASG in der Zukunft ab. Zum anderen ist die Annahme entscheidend, welcher Anteil der Erträge in den einzelnen Kantonen in die Patentbox fallen wird.

Um die Auswirkungen der Anpassung des Ressourcenausgleichs auf die ressourcenschwächsten Kan-tone abzufedern, richtet der Bund zu deren Gunsten Ergänzungsbeiträge in der Höhe von 180 Millionen Franken pro Jahr während eines Zeitraums von sieben Jahren (2024–2030) aus. Damit soll sicherge-stellt werden, dass die Mindestausstattung dieser Kantone nicht unter das Niveau des letzten Jahres vor der Reform fällt. Ein weiteres Argument für diese Übergangsbestimmung besteht darin, dass diese Kantone nur unterdurchschnittlich von der Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer profitieren. Die Ergänzungsbeiträge werden durch die frei werdenden Mittel aus dem Härteausgleich des Bundes finanziert.

4.2.6. Sozialpolitischer Ausgleich

Im Unterschied zur USR III soll das STAF auch eine explizite sozialpolitische Ausgleichsmassnahme beinhalten. Jeder Steuerfranken, welcher durch die Unternehmenssteuerreform auf allen drei Staats-ebenen entfällt, soll zusätzlich in die AHV fliessen. Ausgehend von einer statischen Betrachtung rech-nete der Ständerat mit rund 2 Milliarden Franken pro Jahr, welche in die Kasse der AHV fliessen sollen. Dieser Betrag soll zu etwas mehr als der Hälfte mit drei zusätzlichen Lohnpromille und zum Rest aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.

Bei diesem sozialpolitischen Ausgleich erhöhen sich nicht nur die Mehrkosten für die Arbeitgeber (die einen Teil des Entlastungseffektes der erwarteten Gewinnsteuersatzsenkung kompensieren), sondern es werden auch die Nettolöhne der Arbeitnehmer belastet. Sodann erfolgt durch die Erhöhung der Bun-desbeiträge an die AHV eine weitere Belastung des Bundeshaushalts. Die Massnahme wird aber als wichtiger Beitrag angesehen, um die Steuerreform breit akzeptabel zu gestalten.

4.3. Aktuelle Besteuerung von juristischen Personen und von Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen im Kanton Glarus

4.3.1. Besteuerung von juristischen Personen

4.3.1.1. Gewinnsteuer

Unternehmensgewinne von Kapitalgesellschaften (AG, GmbH und Kommandit-AG) und Genossen-schaften unterliegen auf Bundesebene wie auch auf kantonaler und kommunaler Ebene der Besteue-rung.

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Gemäss Artikel 70 StG beträgt die einfache Gewinnsteuer der Kapitalgesellschaften und Genossen-schaften 8 Prozent des steuerbaren Gewinnes. Basierend auf dieser einfachen Steuer legen der Kanton, die drei politischen Gemeinden und die 19 Kirchgemeinden jährlich ihren Steuerfuss fest. Für das Steu-erjahr 2017 betrug der Kantonssteuerfuss 55 Prozent (inkl. 2 % Bausteuer), der Gemeindesteuerfuss in allen drei politischen Gemeinden 63 Prozent und der Kirchensteuerfuss 8,5 Prozent (im Kantonshaupt-ort Glarus). Die einfache Gewinnsteuer von 8 Prozent multipliziert mit dem gesamten Steuerfuss von 126,5 Prozent ergibt für das Steuerjahr 2017 einen Gewinnsteuersatz von 10,12 Prozent. Auf Bundes-ebene beträgt der Gewinnsteuersatz 8,5 Prozent. Dies ergibt gesamthaft einen Gewinnsteuersatz im Kanton Glarus (Bund, Kanton, Gemeinden, Kirchgemeinden) von 18,62 Prozent.

Im Gegensatz zum Ausland kann in der Schweiz der Steueraufwand vom Gewinn abgezogen werden. So bezeichnet der gesetzliche bzw. statutarische Steuersatz jenen Satz, der im StG steht. Dieser Satz ist massgeblich für den Gewinn nach Abzug der Steuern. Unter dem effektiven Steuersatz versteht man hingegen jenen Satz, der sich auf dem Gewinn vor Abzug der Steuern berechnet. Letzterer ist mass-gebend, wenn es darum geht, die Steuersätze in der Schweiz international zu vergleichen. Konkret be-deutet dies, dass sich aus dem statutarischen Gewinnsteuersatz von 18,62 Prozent – nach Abzug der Steuern – ein maximaler effektiver Gewinnsteuersatz im Kanton Glarus von 15,70 Prozent (Berechnung: 18,62 % / 1,1862) ergibt. Der effektive Steuersatz ist daher tiefer als der statutarische Steuersatz. Diese Herleitung des Gewinnsteuersatzes gilt für die ordentlich besteuerten juristischen Personen im Kanton Glarus.

Die nachfolgende Tabelle gibt die Gewinnsteuerbelastung von Bund, Kantonen, Gemeinden und Kirch-gemeinden im Steuerjahr 2017 wieder (in %). In Bezug auf die effektive Gewinnsteuerbelastung (Bund, Kanton, Gemeinde und Kirchgemeinde) in den jeweiligen Kantonshauptorten rangiert der Kanton Glarus auf Platz 10.

Die Gewinnsteuer der Vereine, Stiftungen und übrigen juristischen Personen (sowie Anlagefonds mit direktem Grundbesitz) beträgt auf kantonaler Ebene 4,5 Prozent des Reingewinns und auf Bundes-ebene 4,25 Prozent des Reingewinnes. Gewinne unter 5000 Franken werden jeweils nicht besteuert. Die Steuerfüsse von Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden sind analog der ordentlich besteuerten juristischen Personen anwendbar. Für das Steuerjahr 2017 beträgt der statutarische Steuersatz bei den übrigen juristischen Personen somit 9,94 Prozent und der effektive Steuersatz rund 9 Prozent.

Satz im Kantonshauptort; statutarisch

Belastung im Kantonshauptort; effektiv

14,05

18,50 15,61

16,50 14,16

20,02

26,05 20,70

28,35 21,64

16,43

14,50 12,66

19,10

24,79 19,86

27,62 21,38

15,97

17,67 14,92

22,85

27,47 21,3726,82 21,15

31,86 24,16

18,61

14,50

18,62 15,70

17,10 14,62

21,06

26,10 20,95

28,50 22,18

17,40

15,00 13,04

19,66

26,03 20,66

27,96 21,56

16,12

18,02 15,19

12,3212,66

Kanton

LU

GL

AI

SG

ZH

OW

GR

UR

FR

SO

NW

SH

ZG

AG

VD

AR

TG

TI

SZ

JU

VS

NE

BL

BEBSGE

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Holdinggesellschaften gemäss Artikel 73 Absatz 1 StG entrichten auf Kantonsebene keine Gewinn-steuer und Verwaltungsgesellschaften gemäss Artikel 74 StG keine oder nur eine reduzierte Gewinn-steuer. Im Gegensatz zu allen anderen Kantonen in der Schweiz entrichten diese Statusgesellschaften im Kanton Glarus die einfache Steuer unabhängig vom Steuerfuss. Mit anderen Worten partizipiert nur der Kanton an der Gewinnsteuer – es werden weder Bausteuern noch Gemeinde- und Kirchensteuern erhoben. Holdinggesellschaften und ein Grossteil der Verwaltungsgesellschaften bezahlen kraft Ge-setzes nur die direkte Bundessteuer zum statutarischen Gewinnsteuersatz von 8,5 Prozent bzw. zum effektiven Steuersatz von 7,8 Prozent (Berechnung: 8,5 % / 1,085). Aufgrund des Beteiligungsabzuges geht der effektive Gewinnsteuersatz der Statusgesellschaften sogar vielfach gegen null.

4.3.1.2. Kapitalsteuer

Das Eigenkapital von juristischen Personen unterliegt der Kapitalsteuer, die jährlich vom Kanton, den politischen Gemeinden und den Kirchgemeinden erhoben wird. Der Bund erhebt keine Kapitalsteuer.

Gemäss Artikel 81 StG beträgt die Kapitalsteuer für ordentlich besteuerte Gesellschaften 2 Promille (einfache Steuer) des steuerbaren Eigenkapitals. Die Kapitalsteuer für Holding- und Verwaltungsgesell-schaften beträgt 0,05 Promille, mindestens aber 500 Franken pro Jahr. Analog der Gewinnsteuer wird die Kapitalsteuer dieser Statusgesellschaften nur vom Kanton erhoben.

4.3.1.3. Beteiligungsabzug

Ist eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zu mindestens 10 Prozent am Grund- oder Stammka-pital oder am Gewinn und an den Reserven einer anderen Gesellschaft beteiligt oder haben ihre Beteili-gungsrechte einen Verkehrswert von mindestens 1 Million Franken, so ermässigt sich die Gewinnsteuer im Verhältnis des Nettoertrages aus den Beteiligungsrechten zum gesamten Reingewinn. Viele Holding- und auch sogenannte gemischte Beteiligungsgesellschaften profitieren von einem Beteiligungsabzug von 100 Prozent und bezahlen somit weder beim Bund noch beim Kanton Gewinnsteuern.

4.3.1.4. Steuerertrag für Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Steuererträge der juristischen Personen (JP) des Kantons Glarus für das Steuerjahr 2014 (mit einem definitiven Veranlagungsstand von nahezu 100 %) nach Rechtsform und nach Körperschaften:

24’789’236

22’535’361 5,724’330’6931’385’221410’111

Total Gewinn- und Kapitalsteuern exkl. Kantonsanteil direkte Bundessteuer

12,128’722’6233’489’606443’781

Total Gewinn- undKapitalsteuerninkl. Kantonsanteildirekte Bundessteuer

2031

8’470’526 0,08’588’4470117’921

186’503 0,0192’54406’041

7’125’994 12,38’236’3031’011’10699’203

84’276 0,087’00502’729

689’480 0,0697’42607’946

2’234’258

5’383’144 6,35’930’231374’115172’972

14,02’680’712374’11572’339

2’253’875 47,94’391’9302’104’38533’670

597’335 0,0605’66108’326

222’284 0,0228’15905’875

268’882 0,0272’62503’743

19’406’092

2’655’823 0,02’741’811085’988

13,722’792’3923’115’491270’809

17’152’217 5,518’400’4621’011’106237’139

17,72740486223

Rechtsform der juristischen Personen (JP)

Ordentlich besteuerte JP

Übrige JP

Statusgesell- schaften (SG)

Total JP Anteil SG (in %)

Anzahl

Kantonsanteil (17 %)direkte Bundessteuer

Gemeindesteuer

Total

Kantonssteuer

Total inkl. Kantonsanteildirekte Bundessteuer

Kirchensteuer evang.

Bausteuer

Kirchensteuer kath.

Kantonssteuer

Bausteuer

Kirchensteuer evang.

Total exkl. Kantonsanteildirekte Bundessteuer

GemeindesteuerKirchensteuer kath.

Gewinnsteuern (in Fr.)

Kapitalsteuern (in Fr.)

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Im Kanton Glarus betrug das gesamte Steueraufkommen der natürlichen und juristischen Personen (Kanton, Gemeinden, Kirchgemeinden) im Jahr 2014 rund 200 Millionen Franken. Wie aus der Tabelle oben hervorgeht, entfällt dabei auf die juristischen Personen ein Anteil von rund 24,3 Millionen Franken (18,4 Mio. Fr. Gewinnsteuern und 5,9 Mio. Fr. Kapitalsteuern), was einem Anteil von rund 12 Prozent entspricht. Der Rest des Steueraufkommens wird von den natürlichen Personen generiert. Dieses Ver-hältnis ist repräsentativ und gilt auch für die anderen Steuerjahre.

Der Kantonsanteil von 17 Prozent an der direkten Bundessteuer (Einkommenssteuern der natürlichen Personen sowie Gewinnsteuern der juristischen Personen) beträgt im Durchschnitt der letzten Jahre rund 9 Millionen Franken. Dieser Betrag teilt sich ungefähr je hälftig auf die natürlichen und juristischen Personen auf.

4.3.1.5. Bedeutung von privilegiert besteuerten Gesellschaften für das Steueraufkommen

Unter Berücksichtigung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer von 4,4 Millionen Franken belief sich der Steuerertrag der im Kanton Glarus steuerpflichtigen juristischen Personen im Steuer-jahr 2014 auf rund 28,7 Millionen Franken. Die Statusgesellschaften trugen 12 Prozent bzw. rund 3,5 Millionen Franken bei. Bezogen nur auf die Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuern beträgt der Anteil der Statusgesellschaften mit 1,4 Millionen Franken am Steueraufkommen der juristischen Per- sonen von 24,3 Millionen Franken nur knapp 6 Prozent. Bei der direkten Bundessteuer beträgt der An-teil mit 2,1 von 4,4 Millionen Franken hingegen dafür nahezu 50 Prozent. Die Statusgesellschaften sind also für die Bundes-Steuereinnahmen sehr bedeutsam. Die 486 Statusgesellschaften liefern somit dem Kanton über die Bundessteuern 2,1 Millionen Franken ab, die 2031 ordentlich besteuerten juristischen Personen mit 2,3 Millionen Franken nur unwesentlich mehr. Der Anteil am Steueraufkommen von privi-legiert besteuerten Gesellschaften im Kanton Glarus ist demgegenüber von eher untergeordneter Be-deutung. Die Zahl der bei Statusgesellschaften beschäftigten Personen mit steuerlichem Wohnsitz im Kanton beträgt nur ein gutes Dutzend und trägt ebenfalls nicht viel zum Steuersubstrat bei.

4.3.2. Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen

Erträge aus qualifizierten Beteiligungen werden reduziert besteuert. Damit soll die wirtschaftliche Dop-pelbelastung gemildert werden, bei der ausgeschüttete Gewinne zuerst auf Stufe Gesellschaft (Gewinn-steuer) und danach auf Stufe Gesellschafter/Aktionär (Einkommenssteuer) besteuert werden. Dabei gelangen auf Bundesebene und kantonaler Ebene zwei unterschiedliche Systeme zur Anwendung:– Bund: Dividendenzahlungen werden nur zu 60 Prozent (Privatvermögen) bzw. 50 Prozent (Geschäfts-

vermögen) in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen (Teilbesteuerung); – Kanton Glarus: Die Besteuerung von Dividendenzahlungen erfolgt nur zu 35 Prozent des Gesamt-

steuersatzes der steuerpflichtigen natürlichen Person (Teilsatzverfahren).

Der Kanton Glarus kennt die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung seit dem 1. Januar 2007. Anders als beim Bund, der die privilegierte Dividendenbesteuerung erst per 1. Januar 2009 eingeführt hat, wird bei den Kantons- und Gemeindesteuern nicht die Bemessungsgrundlage reduziert, sondern die Entlastung erfolgt beim Steuersatz, indem Erträge aus qualifizierten Beteiligungen des Geschäfts- und Privatvermögens nur zu 35 Prozent (bis Ende 2013 nur zu 20 %) des für das steuerbare Gesamt-einkommen anwendbaren Steuersatzes besteuert werden. Dies wird als Teilsatzverfahren bezeichnet.

Die nachfolgende Tabelle zeigt, wie viele steuerpflichtige natürliche Personen mit Wohnsitz im Kanton Glarus von 2007 bis 2016 von der privilegierten Dividendenbesteuerung Gebrauch gemacht haben.

Der Kanton Glarus hat von Anfang an die Spitzenposition bei der privilegierten Besteuerung von Divi-denden in der Schweiz inne, d. h. kein anderer Kanton kennt eine tiefere Steuerbelastung als Glarus. Die strategische Absicht war, möglichst viele Unternehmer in den Kanton zu locken.

Steuerjahr

2008

2012

2009

2013

2010

2014

2011

20152016

2007Anzahl Personen Dividendenbetrag (in Fr.)

436 65’100’000468 116’800’000

265 48’800’000

439 53’000’000

392 57’000’000

431 52’900’000418 56’500’000

181169239

5’300’00016’800’00043’500’000

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Während dieser 10-Jahresperiode haben durchschnittlich pro Jahr 350 steuerpflichtige natürliche Personen (rund 1,5 % aller Steuerpflichtigen) von der privilegierten Dividendenbesteuerung profitiert. Insgesamt haben 980 verschiedene Steuerpflichtige davon Gebrauch gemacht. Das sind 4 Prozent aller Steuerpflichtigen. Im Zeitraum 2007–2013 (Teilsatzverfahren zu 20 %) sind 51 Personen zu- und 27 Personen weggezogen, und von 2014 bis 2016 (Teilsatzverfahren zu 35 %) sind 25 Personen zu- und 23 Personen weggezogen. Es zeigt sich also kein eigentlicher Trend, dass der Kanton Glarus aufgrund seiner attraktiven Dividendenbesteuerung als Wohnsitzkanton gewählt wurde. Ferner ist augenscheinlich, dass im Steuerjahr 2013 mit 116,8 Millionen Franken sehr viele Dividenden aus quali-fizierten Beteiligungen ausbezahlt wurden. Der Grund liegt darin, dass im Steuerjahr 2013 letztmals zum Teilsatz von 20 Prozent besteuert wurde. Ab dem Steuerjahr 2014 (Teilsatz von 35 %) fielen die Dividendenauszahlungen insgesamt wieder auf das Niveau der Vorjahre zurück.

4.4. Umsetzung des STAF im Kanton Glarus

4.4.1. Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die privilegiert besteuerten Gesellschaften sind für den Kanton wie dargelegt primär deshalb relevant, weil sie Steuereinnahmen über die Bundessteuer generieren. Glarus hat somit ein hohes finanzpoliti-sches Interesse, dass diese Unternehmen auch bei ordentlicher Besteuerung im Kanton bleiben und durch die Änderung des Steuerregimes nicht wegziehen. Hingegen beschäftigen diese Unternehmen nur wenig Arbeitnehmer und auch das Steuersubstrat der bei Statusgesellschaften beschäftigten Per-sonen mit steuerlichem Wohnsitz im Kanton ist zu vernachlässigen. Anders als in anderen Kantonen, die mit Abwanderungen von Unternehmen und damit verbunden wesentlichen Verlusten an Bruttowert-schöpfung und Arbeitsplätzen rechnen, dürften die volkswirtschaftlichen Risiken eines Scheiterns des STAF im Kanton Glarus eher gering sein.

Das STAF mit der vorgesehenen kantonalen Umsetzung bringt aber beträchtliche Chancen für den Kanton Glarus mit sich:– Die Rechts- und Planungssicherheit im Bereich der Unternehmensbesteuerung wird wiederherge-

stellt. Dies dürfte sich volkswirtschaftlich und mit Blick auf die Einnahmen positiv auswirken.– Die internationale Entwicklung führt dazu, dass auch in den übrigen Kantonen und im Ausland bis-

herige Steuerprivilegien aufgehoben werden. Der ordentliche Steuersatz gewinnt somit im Standort-wettbewerb an Bedeutung.

– Ebenso führt die internationale Entwicklung tendenziell zu einer Verbreiterung der Bemessungs-grundlage.

– Infolge der Senkung der ordentlichen Gewinnsteuersätze werden zahlreiche auf den Binnenmarkt ausgerichtete Unternehmen und insbesondere auch die KMU steuerlich entlastet. Dies dürfte auch die Investitionstätigkeit dieser Unternehmen beleben.

4.4.2. Abschaffung der Regelungen für kantonale Statusgesellschaften

Die Abschaffung der kantonalen Steuerprivilegien für Holding- und Verwaltungsgesellschaften (Domi-zil- und gemischte Gesellschaften) bildet einen zentralen Punkt des STAF. Auf Bundesebene wurden deshalb die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen im StHG aufgehoben (Art. 28 Abs. 2–5 E-StHG). Gestützt darauf müssen die Kantone zwingend ihre gleichlautenden Bestimmungen in den kantonalen Steuergesetzen aufheben.

4.4.3. Strategie

Schon im Vorfeld der Abstimmung zur USR III machte sich der Regierungsrat Gedanken über das Vor-gehen und die Umsetzung der Steuerreform. Der Regierungsrat setzte eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung ein. Diese sollte aus einer fachtechnischen Perspektive eine für den Glarner Wirtschaftsstandort möglichst optimale Strategie zur Umsetzung der USR III im Kanton Glarus erarbeiten. Diese Arbeitsgruppe nahm sich der Thematik SV17 bzw. STAF an.

Die Arbeitsgruppe hat im Dezember 2017 die grundsätzliche Stossrichtung betreffend die Umsetzung des STAF im Kanton Glarus diskutiert. Sie favorisierte dabei eine Variante, wonach die Gewinnsteuern der juristischen Personen relativ deutlich gesenkt, im Gegenzug aber auf die Einführung möglicher Er-satzmassnahmen soweit wie möglich verzichtet werden soll.

Im Oktober 2018 hat die Arbeitsgruppe einen ersten Entwurf der Vernehmlassungsvorlage diskutiert und von den geschätzten finanziellen Auswirkungen der Umsetzung des STAF im Kanton Glarus Kennt-nis genommen. Man war sich einig, dass eine flächendeckende Gewinnsteuersatzsenkung mehr bringt als die Einführung von Ersatzprivilegien, zumal man sich nur eines und nicht beides leisten kann. Zudem fehlen die notwendigen Datengrundlagen, um den Effekt von allfälligen Ersatzmassnahmen zu quanti-fizieren.

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Der Regierungsrat verfolgt – gestützt auf die Empfehlungen der Arbeitsgruppe – die Strategie, wonach der Kanton durch tiefe Gewinnsteuern als Wirtschaftsstandort attraktiv sein soll. Er strebt dabei eine Spitzenposition in der Schweiz an. Auf Ersatzprivilegien soll hingegen so weit als möglich verzichtet werden. Sie werden nur insoweit eingeführt, als sie vom Bundesrecht zwingend vorgeschrieben sind. Glarus ist ein typischer KMU-Standort, Ersatzprivilegien nützen der hiesigen Wirtschaft relativ wenig. Sie sind ausserdem schwierig finanziell quantifizierbar, mangels Daten können keine Schätzungen über allfällige Steuerausfälle vorgenommen werden. Diese fiskalpolitische Strategie der Unternehmensbe-steuerung soll dazu dienen, Unternehmen und damit Arbeitsplätze im Kanton zu erhalten und gleichzei-tig attraktiv zu sein für neue Firmen, damit auch in Zukunft zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die Strategie ist aber auch finanzpolitisch motiviert. Der Kanton hat ein vitales Interesse, dass die Aufhebung der Sonderbesteuerung für privilegiert besteuerte Gesellschaften nicht dazu führt, dass diese Firmen ihren Sitz verlagern. Dies hätte Mindereinnahmen in Millionenhöhe zur Folge. Die Gefahr eines Wegzuges ist gross, weil es sich bei den privilegiert besteuerten Gesellschaften vor allem um sogenannte Briefkastenfirmen handelt. Sie können im Unterschied zu Produktionsunternehmen ohne grösseren Aufwand ihren Sitz in einen anderen Kanton oder ins Ausland verlegen. Dies erklärt die ange-strebte Spitzenposition bei den Gewinnsteuern. Briefkastenfirmen haben mit diesem Vorschlag keinen Anreiz, in einen anderen Kanton wegzuziehen, weil sie finanziell nicht profitieren. Umgekehrt erhöht sich für den Kanton und seine Gemeinden die Chance, dass durch die äusserst attraktive Besteuerung der eine oder andere Zuzug möglich sein könnte.

4.4.4. Senkung Gewinnsteuersatz

Die Senkung des Gewinnsteuersatzes der juristischen Personen bildet eine zentrale Massnahme in der Umsetzung des STAF. Der im Kanton Glarus geltende effektive Gewinnsteuersatz soll von 15,70 Prozent auf 12,43 Prozent gesenkt werden. Diese Massnahme ist notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen, aber auch im interkantonalen Vergleich zu erhalten und das Risiko von Abwanderungen von im Kanton Glarus domizilierten Statusgesellschaften zu reduzieren.

Die nachfolgende Tabelle zeigt gestützt auf Erhebungen durch das Eidgenössische Finanzdepartement und die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) die erwarteten Ge-winnsteuersätze nach Umsetzung des STAF (Bund, Kantone, Gemeinden und Kirchgemeinden. Der Kanton Glarus rückt mit einer Senkung auf 12,43 Prozent um sechs Plätze auf den vierten Rang vor.

Effektiver Gewinnsteuersatz im Kantonshauptort; aktuell (in %)

Effektiver Gewinnsteuersatz im Kantonshauptort; geplant (in %)

12,66

12,66 12,66

14,92 12,51

16,43

21,37 14,00

20,95 17,01

13,40

14,62 12,09

22,18

19,86 13,91

21,56 16,00

13,04

12,32 12,60

24,16

20,66 15,0017,40 14,94

21,15 18,19

13,79

15,97

13,04 13,04

15,19 12,51

15,61

16,12 14,02

18,61 17,90

13,40

21,38

20,70 13,94

21,64 16,37

13,12

14,16 12,66

11,9712,09

Kanton

NW

AR

UR

NE

SG

ZG

SO

LU

FR

VS

SH

BS

SZ

GE

JU

TG

GR

AI

BL

BE

OW

VD

TIAGZH

15,70 12,43GL

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Um einen effektiven Gewinnsteuersatz von 12,43 Prozent zu erhalten, ist die einfache Gewinnsteuer ge-mäss Artikel 70 StG von 8 auf 4,5 Prozent zu senken. Dieser Satz entspricht der momentanen einfachen Gewinnsteuer der Vereine, Stiftungen und übrigen juristischen Personen. Da der statutarische Gewinn-steuersatz für die direkte Bundessteuer von 8,5 Prozent beibehalten wird, resultiert ein statutarischer Gewinnsteuersatz (Bund, Kanton, Gemeinden, Kirchgemeinden) von gesamthaft 14,19 Prozent und ein effektiver Gewinnsteuersatz von 12,43 Prozent.

Die einfache Gewinnsteuer der Vereine, Stiftungen und übrigen juristischen Personen gemäss Artikel 76 Absatz 1 StG soll hingegen aufgrund der Rückmeldungen in der Vernehmlassung unverändert bei 4,5 Prozent belassen werden. Bei diesen juristischen Personen handelt es sich überwiegend um nicht gewinnorientierte Unternehmen, die nicht im Standortwettbewerb stehen und ein tieferer Steuersatz kaum Anreizwirkungen birgt. Zudem werden mit einer Beibehaltung des Gewinnsteuersatzes alle juris-tischen Personen im Kanton Glarus unabhängig von ihrer Rechtsform gleichbehandelt.

4.4.5. Ersatzmassnahmen

4.4.5.1. Zusätzliche Abzüge für Forschung und Entwicklung

Die Einführung von zusätzlichen Abzügen für F&E ist für die Kantone fakultativ und auf maximal 50 Pro-zent begrenzt. Da der Kanton Glarus kein Standort für nationale und internationale Unternehmen mit Forschung ist, ist auf die Einführung eines zusätzlichen Abzuges für F&E zu verzichten.

4.4.5.2. Patentbox

Die Einführung der Patentbox ist für die Kantone zwingend vorgesehen. Diese können die maximale Ermässigung jedoch selbst festlegen.

Der Kanton Glarus kann nicht als eigentlicher Forschungs- und Innovationsstandort bezeichnet wer-den. Obwohl nicht zu eruieren ist, ob es – und falls ja, wie viele – Gesellschaften im Kanton Glarus gibt, die von der Patentbox profitieren könnten, dürfte diese Ersatzmassnahme im Kanton eher von untergeordneter Bedeutung sein. Deshalb hat sich der Regierungsrat bereits in der Vernehmlassung zur SV17 dahingehend ausgesprochen, die Patentbox – analog den zusätzlichen Abzügen für F&E – als fakultative Massnahme für die Kantone ins StHG aufzunehmen. Aufgrund des zwingenden Charakters dieser Massnahme soll die Entlastung aus Patenten und patentähnlichen Rechten nun bei minimalen 10 Prozent festgesetzt werden.

4.4.5.3. Abzug für Eigenfinanzierung

Da der Kanton Glarus aufgrund der geplanten Senkung des Gewinnsteuersatzes die Voraussetzungen für den Abzug für Eigenfinanzierung nicht erfüllt, ist davon abzusehen, diese fakultative Massnahme ins kantonale Recht zu übernehmen.

4.4.5.4. Maximale Entlastungsbegrenzung

Die zwingend von den Kantonen einzuführende Entlastungsbegrenzung soll bei 10 Prozent des steuer-baren Gewinns festgesetzt werden, so dass umgekehrt mindestens 90 Prozent des steuerbaren Er-trags von den Unternehmen zu versteuern sind. Auf diese Weise wird eine ansprechende Besteuerung sichergestellt – unabhängig davon, inwieweit ein Unternehmen von der steuerlichen Ermässigung aus Patentbox profitiert.

4.4.5.5. Aufdeckung stiller Reserven bei Beginn und Ende der Steuerpflicht

Die Einführung der Regelungen zur Aufdeckung von stillen Reserven bei Beginn und Ende der Steuer-pflicht sind für die Kantone zwingend. Demgemäss ist das StG anzupassen.

4.4.5.6. Übergangslösung bei Statuswechsel – Sondersteuersatz

Im Zusammenhang mit dem Wegfall des kantonalen Steuerstatus sollen die stillen Reserven während einer Übergangsfrist von fünf Jahren (2020–2024) mit einem Sondersteuersatz besteuert werden, wel-cher von den Kantonen festzusetzen ist.

Der Regelungsinhalt von Artikel 78g E-StHG ist zwingend und daher vollständig ins kantonale Über-gangsrecht zu übernehmen. Aufgrund der Tarifautonomie können die Kantone noch den Sondersatz bestimmen, der auf die während dem kantonalen Steuerstatus entstandenen, bisher nicht steuerbaren stillen Reserven zur Anwendung gelangt.

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Ausgehend von der Steuerbelastung auf dem Gewinn vor Steuern für die Holding- und Verwaltungs-gesellschaften von durchschnittlich zwischen 8 und 9 Prozent ist der kantonale Sondersatz auf 1,5 Pro-zent (einfache Gewinnsteuer) festzulegen, damit für die Statusgesellschaften unter dem neuen Recht eine ähnliche Steuerbelastung wie bisher resultiert. Alsdann beträgt der statutarische Gewinnsteuersatz rund 10,2 Prozent (8,5 % beim Bund und rund 1,7 % für Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden), was zu einem effektiven Gewinnsteuersatz von rund 9,3 Prozent führt. Dies gilt indessen nur für den zum Sondersatz besteuerten Teil des Gewinnes. Der Restgewinn unterliegt der Besteuerung zum ordent-lichen Satz von neu 12,43 Prozent.

4.4.5.7. Anpassungen bei der Kapitalsteuer

Für die Statusgesellschaften ist im geltenden Recht ein privilegierter Kapitalsteuersatz von 0,05 Promille sowie ein Minimalbetrag von 500 Franken pro Jahr vorgesehen. Für alle anderen juristischen Personen beträgt die einfache Kapitalsteuer 2 Promille.

Mit der Abschaffung der kantonalen Steuerstatus fällt auch deren privilegierte Besteuerung bei der Kapitalsteuer weg. Neu soll für alle juristischen Personen ein einheitlicher Kapitalsteuersatz gelten. Für die Statusgesellschaften im Kanton Glarus würde dadurch ein 40-mal höherer Kapitalsteuersatz gelten. Nun räumt aber das STAF den Kantonen die fakultative Möglichkeit ein, auf Eigenkapital, das im Zu-sammenhang mit Patenten und vergleichbaren Rechten, Beteiligungen sowie Darlehen an Konzern-gesellschaften steht, eine Steuerermässigung zu gewähren. Wird davon Gebrauch gemacht, ermässigt sich das Eigenkapital im Verhältnis der Summe der jeweiligen Aktiven zur gesamten Bilanzsumme. Im Gegensatz zum Beteiligungsabzug bei der Gewinnsteuer, wo eine prozentuale Ermässigung der Ge-winnsteuer selbst erfolgt, wird bei der Kapitalsteuer das Eigenkapital – also die Bemessungsgrundlage – reduziert. Die im STAF vorgesehene Möglichkeit zur Ermässigung ist deshalb systematisch bei der Eigenkapitalbemessung geordnet.

Der Regierungsrat spricht sich dafür aus, die Kapitalsteuer – ausgeweitet auf alle juristischen Personen – bei 2 Promille (einfache Steuer) zu belassen und keine Mindestbesteuerung vorzusehen. Im Gegen-zug soll die Möglichkeit einer Ermässigung des steuerbaren Eigenkapitals und somit der Kapitalsteuer eingeführt werden.

Wie oben ausgeführt, zielt die Ermässigung bei der Kapitalsteuer primär auf die Statusgesellschaften ab, die zukünftig ordentlich besteuert werden. Für die bisher schon ordentlich besteuerten juristischen Personen im Kanton Glarus dürfte die Ermässigung bei der Kapitalsteuer keine grossen Änderungen bzw. Vorteile bringen. Gerade bei sehr kapitalintensiven Gesellschaften – namentlich im Energiesektor – bestehen die Aktiven nur zu einem geringen Teil aus Patenten, Beteiligungen oder Darlehen an Kon-zerngesellschaften, womit sich der Effekt einer Kapitalsteuerermässigung in Grenzen hält.

4.4.5.8. Anpassungen bei der Transponierung

Die Anpassung des Tatbestandes der Transponierung mit der verbundenen Schliessung der Steuer-lücke ist für die Kantone zwingend. Somit hat der Kanton Glarus sein StG diesbezüglich anzupassen. Allfällige daraus resultierende Mehreinnahmen werden nicht ins Gewicht fallen.

4.4.5.9. Kapitaleinlageprinzip

Die Verschärfungen beim Kapitaleinlageprinzip sind zwingend ins kantonale Recht zu übernehmen. Da-nach dürfen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, die an schweizerischen Börsen kotiert sind, Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei zurückzahlen, wenn in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausgeschüttet werden. Angesichts dessen, dass es im Moment nur zwei im Kanton Glarus ansässige Unternehmen gibt, die an schweizerischen Börsen kotiert sind, ist dieser Passus von geringer Relevanz.

4.4.6. Anpassung der Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen

Per 1. Januar 2009 wurde im Rahmen der USR II bei der direkten Bundessteuer die Teilbesteuerung von Erträgen aus qualifizierten Beteiligungen eingeführt. Seither sind (namentlich) Dividenden nur noch zu 60 Prozent steuerbar, sofern die Beteiligung dem Privatvermögen zugehört, und zu 50 Prozent steuer-bar, sofern die Beteiligung dem Geschäftsvermögen zugehört. Die Teilbesteuerung mildert die wirt-schaftliche Doppelbelastung von Gesellschaft und Beteiligungsinhabern.

Der Bundesrat schlug im Rahmen der SV17 vor, Methode und Höhe der Entlastung schweizweit zu ver-einheitlichen. Er entschied sich dabei für die Teilbesteuerung; die Entlastung sollte beim Bund und den Kantonen auf 30 Prozent begrenzt werden, und zwar sowohl für im Geschäftsvermögen als auch im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen, wobei die Kantone die Möglichkeit haben sollen, eine tiefere

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Entlastung vorzusehen. National- und Ständerat haben entschieden, bei den Kantonen die minimale Besteuerung nicht bei 70 Prozent, sondern bei mindestens 50 Prozent anzusetzen. Die höhere Be-steuerung von Erträgen aus qualifizierten Beteiligungen wird damit begründet, dass die Gewinnsteuer-belastung in den letzten Jahren tendenziell gesunken ist und im Zuge des STAF wohl noch weiter sinken werde, was zusammen mit der starken Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung tendenziell eher zu einer Überkompensation führe. Ausserdem entfalle damit der Anreiz, Dividenden anstelle von Lohn zu beziehen, womit Einnahmeausfällen bei der AHV entgegengewirkt werde. Schliesslich trage die hö-here Besteuerung von Erträgen aus massgeblichen Beteiligungen auch zu einer ausgewogenen Vorlage bei und stelle ein Mittel zur Gegenfinanzierung dar.

Gestützt auf das StHG muss der Kanton Glarus einerseits sein System an jenes des Bundes angleichen, wonach die Bemessungsgrundlage reduziert wird (Wechsel vom Teilsatz- zum Teilbesteuerungsver-fahren). Andererseits haben die Kantone die Dividenden von qualifizierten Beteiligungen im Privat- und im Geschäftsvermögen zwingend mit mindestens 50 Prozent zu besteuern. Im Kanton Glarus gilt ge-nerell das Prinzip, die Bundeslösung soweit wie möglich formell und materiell ins kantonale Recht zu übernehmen. Dies aus verfahrensökonomischen und veranlagungstechnischen Gründen. Aufgrund des attraktiven effektiven Gewinnsteuersatzes im Kanton Glarus von neu nur noch 12,43 Prozent sowie zur Gegenfinanzierung der Einnahmeausfälle aufgrund der tieferen Gewinnbesteuerung schlägt der Regie-rungsrat vor, Dividenden analog der direkten Bundessteuer und somit im Sinne einer vertikalen Harmo-nisierung künftig zu 70 Prozent zu besteuern.

Die Senkung des Gewinnsteuersatzes von 8 auf 4,5 Prozent (einfache Steuer auf dem Gewinn) sowie der Wechsel vom Teilsatzverfahren mit 35 Prozent zur Teilbesteuerung mit 70 Prozent bei der privi-legierten Dividendenbesteuerung führt in den meisten Fällen zu einer steuerlichen Minderbelastung für Aktionär und Aktiengesellschaft, wie Berechnungen im Rahmen der Vorlage an den Landrat aufzeigten.

Die Teilbesteuerung von Dividenden soll die wirtschaftliche Doppelbelastung des ausgeschütteten Unternehmensgewinns aus einer juristischen Person vermeiden. Der an den Aktionär ausgeschüttete Gewinn soll insgesamt – mit der Gewinnsteuer der AG und mit der Einkommenssteuer auf der Dividen-de – nicht höher belastet werden als der gleich hohe Gewinn eines Personenunternehmens (PU). Da die steuerliche Vorbelastung bei der Senkung der Gewinnsteuersätze erheblich abnimmt, kann auch die Entlastung bei der Dividendenbesteuerung vermindert werden, ohne dass wirtschaftlich eine Doppel-belastung eintritt. Ziel soll eine rechtsformneutrale Besteuerung des Gewinnes sein, der an die Inhaber des Unternehmens ausgeschüttet wird. Wie Berechnungsbeispiele in der Vorlage an den Landrat zeig-ten, wird der an den Aktionär ausgeschüttete Gewinn insgesamt nicht höher belastet als der Gewinn des PU.

Das Ziel einer rechtsformneutralen Besteuerung des Unternehmensgewinnes wird somit im Kanton Glarus selbst mit der erhöhten Dividenden-Teilbesteuerung zu 70 Prozent erreicht. Eine tiefere Teil-besteuerung würde zu einer Privilegierung der Inhaber von Kapitalgesellschaften gegenüber den PU führen, die sich nicht begründen lässt.

4.5. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

4.5.1. Änderung des Steuergesetzes

Artikel 2; Steuerfuss

Aufhebung von Absatz 4 aufgrund Abschaffung der Holdinggesellschaften gemäss Artikel 73 und der Verwaltungsgesellschaften gemäss Artikel 74.

Artikel 18b; Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen des Geschäftsvermögens

Neu wird das Teilbesteuerungsverfahren auf Dividenden, Gewinnanteilen, Liquidationsüberschüssen und geldwerten Vorteilen aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossen-schaftsanteilen und Partizipationsscheinen sowie auf Gewinnen aus der Veräusserung solcher Beteili-gungsrechte nach Abzug des zurechenbaren Aufwands angewendet. Die Mindestbeteiligungsquote, ab welcher das Teilbesteuerungsverfahren zur Anwendung gelangt, beträgt unverändert 10 Prozent.

Demnach werden die Erträge und Kapitalgewinne aus diesen qualifizierten Beteiligungen nur im Um-fang von 70 Prozent in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen. Bis anhin wurden diese Erträge mit einem reduzierten Satz besteuert. Damit Kapitalgewinne von der reduzierten Besteuerung profitieren können, muss sie der Veräusserer mindestens ein Jahr zu seinem Eigentum gehalten haben.

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Artikel 18c; Einkommen aus Patenten und vergleichbaren Rechten bei selbstständiger Erwerbstätigkeit

Mit diesem Artikel sollen auch selbstständig Erwerbende die Möglichkeit erhalten, von der Patentbox zu profitieren. Für weitere Ausführungen wird auf die Artikel 66a und 66b StG verwiesen.

Artikel 20; Bewegliches Vermögen

Absatz 1a: Bis anhin wurden Dividenden aus Beteiligungen von über 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft mit einem reduzierten Satz besteuert. Neu erfolgt die Entlastung über die Bemessungsgrundlage. Eine Entlastung über den Steuersatz ist nicht mehr möglich, was insbesondere im interkantonalen Verhältnis zu einer administrativen Verein-fachung führt. Der Umfang der Besteuerung wird auf 70 Prozent festgesetzt. Damit erfolgt in diesem Bereich eine vertikale und horizontale Harmonisierung.

Absatz 3: Beim Kapitaleinlageprinzip ändert sich für nicht an schweizerischen Börsen kotierte Gesell-schaften nichts. An schweizerischen Börsen kotierte Gesellschaften dürfen künftig nur dann Reserven aus Kapitaleinlagen (KER) steuerfrei zurückzahlen, wenn sie in der gleichen Höhe steuerbare Dividen-den ausschütten (Rückzahlungsregel). Dies gilt für alle bestehenden KER mit der Ausnahme für jene KER, die innerhalb eines Konzerns zurückbezahlt oder im Rahmen eines Zuzugs in die Schweiz nach dem 24. Februar 2008 entstanden sind (gilt auch für künftige Zuzüge). Wird die Rückzahlungsregel verletzt, werden die zurückbezahlten KER in dem Umfang besteuert, in dem die Regel verletzt wurde. Dies gilt sowohl für die Verrechnungssteuer als auch für die Einkommenssteuer. Die Gesellschaft kann in diesem Umfang Gewinnreserven auf KER umbuchen, so dass letztlich der Grundsatz der steuerfreien Rückzahlung von KER eingehalten wird.

Absatz 4: Sind die Bedingungen nach Absatz 3 nicht erfüllt, müsste auch die Rückzahlung des Stamm-kapitals und der gesetzlichen Reserven steuerpflichtig sein. Dies würde aber eine vollständige Auflö-sung des Kapitaleinlageprinzips bedeuten, was nicht beabsichtigt ist. Demnach sind Rückzahlungen nur insofern steuerpflichtig, als ausschüttungsfähige Reserven bestehen. Gemäss Artikel 671 Absatz 3 des Schweizerischen Obligationenrechts sind Reserven nur insofern ausschüttungsfähig, als sie die Hälfe des Aktienkapitals übersteigen. Das Aktienkapital und die allgemeinen Reserven bis maximal die Hälfte des Aktienkapitals können also nach wie vor steuerfrei zurückbezahlt werden.

Absatz 5: Um den Vertrauensschutz zu gewährleisten, ist die steuerfreie Rückzahlung von KER nach wie vor möglich, sofern die Einlagen nach dem 24. Februar 2008 entstanden sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bereits Sitz in der Schweiz hatte oder nicht. Ebenso können diese Reserven bei Ende der Steuerpflicht steuerfrei an die Anteilseigner rückerstattet werden.

Absatz 6: Um zu verhindern, dass nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung KER steuerfrei in Nenn-wertkapital umgewandelt und als solches anschliessend steuerfrei zurückbezahlt werden kann, sollen die genannten Regeln sinngemäss auch für die Ausgabe von Gratisaktien und Gratisnennwerterhöhun-gen aus KER gelten.

Absatz 7: Im Rahmen eines Rückkaufs eigener Aktien müssen KER im selben Umfang vernichtet wer-den wie Gewinnreserven (Teilliquidationsregel). Wird die Teilliquidationsregel verletzt, wird der Bestand an KER von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) in dem Umfang reduziert, indem die Rege-lung verletzt wurde. Auf Stufe Einkommenssteuer würde sich im selben Umfang das steuerbare Ein-kommen vermindern.

Artikel 20a; Besondere Fälle

Der Tatbestand der sogenannten Transponierung betrifft Sachverhalte, in denen eine Privatperson Be-teiligungsrechte an ein Unternehmen veräussert, das sie selbst beherrscht («Verkauf an sich selbst»). Unter bestimmten Voraussetzungen wird der dabei erzielte Veräusserungserlös als steuerbarer Vermö-gensertrag qualifiziert. Gemäss dem Wortlaut der geltenden Regelung wird in einem solchen Fall die Differenz zwischen der erhaltenen Gegenleistung und dem Nominalwert steuerlich erfasst. Seit der Ein-führung des Kapitaleinlageprinzips per 1. Januar 2011 ist dieser Wortlaut aber zu eng. Das Kapitalein-lageprinzip hat zu einer steuerlichen Gleichbehandlung von Aktienkapital und Kapitaleinlagen geführt, was konsequenterweise auch bei der Transponierung zu berücksichtigen ist. Steuerbarer Vermögens-ertrag kann daher nur im Umfang der Differenz zwischen der erhaltenen Gegenleistung und dem Nomi-nalwert zuzüglich Kapitaleinlagereserven vorliegen. Mit der Gesetzesänderung wird diese heute bereits geltende Steuerpraxis nachvollzogen.

Anders verhält es sich mit der heutigen Bedingung, dass erst Veräusserungen ab einer Beteiligung von 5 Prozent am Grund- oder Stammkapital steuerlich zu erfassen sind. Mit dieser Schwelle sollte erreicht

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werden, dass Streubesitz ohne Steuerfolgen an die vom Veräusserer beherrschte Gesellschaft über-tragen werden kann. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass diese 5-Prozent-Hürde im Einzelfall zu Unterbesteuerungen führen kann.

Durch das gemeinsame Handeln ist für die Bestimmung des Schwellenwerts von 5 Prozent nicht der Kapitalanteil der einzelnen Aktionärinnen und Aktionäre massgebend, sondern das Total der übertra-genen Beteiligungsrechte. Die Schwelle von 5 Prozent wird somit regelmässig überschritten. Mit der vorliegenden Änderung kann diese Steuerlücke geschlossen und eine Gleichbehandlung sämtlicher Beteiligungsinhaberinnen und -inhaber erreicht werden.

Artikel 34; Steuertarife

Die Entlastung von Erträgen aus qualifizierten Beteiligungen erfolgt neu nicht mehr über das Teilsatz-verfahren, sondern neu über die Bemessungsgrundlage (s. Detailkommentar zu Art. 20 Abs. 1a StG). Artikel 34 Absatz 3 StG wird ersatzlos gestrichen.

Artikel 38; Bewertung

Ebenso wie für Patente und vergleichbare Rechte eine Reduktion der Kapitalsteuer erfolgt, erfolgt auch eine Reduktion der Vermögenssteuern für selbstständig Erwerbende.

Artikel 63a; Patente und vergleichbare Rechte, a. Begriffe

Absatz 1 umschreibt die Patente, die für die Patentbox qualifizieren. Dabei handelt es sich um Patente nach dem Europäischen Patentübereinkommen vom 5. Oktober 1973 in seiner revidierten Fassung vom 29. November 2000 mit der Benennung Schweiz (Ziff. 1), um Patente nach dem Patentgesetz vom 25. Juni 1954 (Ziff. 2) und um ausländische Patente (Ziff. 3). Aus Praktikabilitätsgründen wird bei der letztgenannten Kategorie auf das jeweilige ausländische Patentrecht abgestellt. Das bedeutet, dass namentlich Software als solche für die schweizerische Patentbox qualifiziert, wenn sie entsprechend im Ausland patentiert worden ist. Absatz 2 definiert die vergleichbaren Rechte, die für die Patentbox qualifizieren. Die Ziffern 1–5 umschreiben die schweizerischen Rechte, die mit Blick auf den rechtlichen Schutzumfang oder den Registrierungsprozess mit Patenten vergleichbar sind. Es handelt sich dabei um ergänzende Schutzzertifikate nach dem Patentgesetz, nach dem Topographiengesetz geschützte Topographien, nach dem Sortenschutzgesetz geschützte Pflanzensorten, nach dem Heilmittelgesetz geschützte Unterlagen sowie um Berichte, für die ein Berichtschutz nach Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe e der gestützt auf das Landwirtschaftsgesetz erlassenen Pflanzenschutzmittelverordnung besteht. Die Definition dieser Rechte kann den jeweiligen Erlassen entnommen werden. Die entsprechenden aus-ländischen, vergleichbaren Rechte qualifizieren ebenfalls für die Patentbox. Dabei wird aus Praktikabili-tätsgründen wiederum auf das jeweilige ausländische Recht abgestellt.

Es handelt sich in beiden Absätzen um abschliessende Aufzählungen. Das bedeutet, dass namentlich nicht patentgeschützte Erfindungen von KMU und urheberrechtlich geschützte Software nicht für die Patentbox qualifizieren. Im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise qualifizieren Exklusivlizen-zen für das Gebiet der Schweiz an den genannten Patenten und vergleichbaren Rechten ebenfalls für die Patentbox.

Artikel 63b; Patente und vergleichbare Rechte, b. Besteuerung

Absatz 1 definiert die grundsätzliche Funktionsweise der Patentbox. Demnach wird der Anteil am gesam-ten Reingewinn, der auf Patente und vergleichbare Rechte entfällt, mit einer Ermässigung von 10 Prozent besteuert, sofern die steuerpflichtige Person diese ermässigte Besteuerung für die jeweiligen Patente und vergleichbaren Rechte beantragt.

Die Patentbox richtet sich am sogenannten modifizierten Nexusansatz der OECD aus. Dieser Ansatz stellt auf die dem Patent oder vergleichbaren Recht zugrundeliegende F&E ab. Er führt dazu, dass der Gewinn, der ermässigt besteuert werden kann, umso grösser ausfällt, je mehr F&E der steuerpflichtigen Person zugerechnet werden kann (sog. qualifizierender F&E-Aufwand). Als qualifizierender F&E-Auf-wand gilt dabei der Aufwand für selbst durchgeführte F&E, der Aufwand für durch Dritte durchgeführte F&E sowie der Aufwand für durch Konzerngesellschaften mit Sitz in der Schweiz durchgeführte F&E. Um die Finanzierung und Kontrolle namentlich für durch Konzerngesellschaften mit Sitz im Ausland durchgeführte F&E abzugelten, wird bei der Berechnung des Nexusquotienten ein Zuschlag von 30 Pro-zent des qualifizierenden F&E-Aufwands gewährt, soweit im Ausland tatsächlich F&E in diesem Umfang getätigt wurde. Die Berechnung des ermässigt steuerbaren Gewinns in der Patentbox sowie die Einzel-heiten zum modifizierten Nexusansatz wird der Bundesrat in einer Verordnung näher regeln.

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Absatz 2 regelt den Fall, dass die Patente und vergleichbaren Rechte in einem Produkt enthalten sind. Der Gewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten wird in solchen Konstellationen mit der Veräus-serung des Produkts realisiert. Für die Anwendung der Patentbox muss daher der Reingewinn, der auf die Patente und vergleichbaren Rechte entfällt, vom übrigen Gewinn aus dem Produkt getrennt werden. Dafür soll die sogenannte Residualmethode zur Anwendung gelangen, die auf der Produkt-ebene ansetzt. Der Gewinn pro Produkt wird zusätzlich um einen pauschalen Betrag im Umfang von 6 Prozent der darauf entfallenden Gesamtkosten (sog. zugewiesene Kosten) und um das Markenentgelt vermindert. Ersteres soll verhindern, dass namentlich auch der Gewinn für Routinefunktionen ermässigt besteuert wird, bzw. gewährleisten, dass nur derjenige Gewinn aus einem Produkt ermässigt besteuert wird, der auf Innovation beruht. Zu den zugewiesenen Kosten gehören sowohl die Selbst- wie auch die Drittkosten. Damit wird eine rechtsgleiche Behandlung unterschiedlicher Produktionsarten sicherge-stellt. Der Abzug des Markenentgelts dient der Einhaltung des OECD-Standards, der vorschreibt, dass Marken nicht für die Patentbox qualifizieren können. Alle Gewinnanteile, die mittels der Residualmetho-de aus der Patentbox herausgerechnet werden, werden ohne Ermässigung besteuert.

Absatz 3 regelt, wie Patente und vergleichbare Rechte steuerlich zu behandeln sind, wenn sie erst-mals der Besteuerung nach Artikel 63b unterstehen. Ziel dieser Bestimmung ist es, dass im Ergebnis nur die Nettogewinne privilegiert besteuert werden. Könnten relevante F&E-Aufwendungen vollumfäng-lich steuerlich in Abzug gebracht werden, während die Erträge nur reduziert besteuert werden, ergäbe sich insgesamt eine wesentlich zu tiefe Steuerbelastung. Bei der Einbringung in die Patentbox wird daher über die für die Patente, vergleichbaren Rechte oder Produkte getätigten F&E-Aufwendungen abgerechnet. Damit wird die bisherige steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen neutralisiert. Dabei ist zu beachten, dass die F&E-Aufwendungen nur so weit dem steuerbaren Gewinn zugerechnet werden, als sie in vergangenen Steuerperioden den in der Schweiz steuerbaren Gewinn vermindert haben. Daher sind namentlich Aufwendungen ausländischer Betriebsstätten und Geschäftsbetriebe sowie den Auslandsparten von Domizil- und gemischten Gesellschaften und den Holdinggesellschaften belastete F&E-Aufwendungen nicht dem steuerbaren Gewinn zuzurechnen. Weiter muss berücksich-tigt werden, ob und wie weit diese Aufwendungen Gegenstand des Gewinnsteuerwerts im Zeitpunkt der Übertragung sind. Wurden derartige Aufwendungen in den vergangenen Steuerperioden aktiviert und mit Wirkung für die Gewinnsteuer abgeschrieben, so sind die geltend gemachten Abschreibungen gleich zu behandeln wie die der Erfolgsrechnung belasteten Aufwendungen. Übersteigt das Total der Aufwendungen im Zeitpunkt der Übertragung den Verkehrswert des Patents, vergleichbaren Rechts oder Produkts, so werden höchstens die Aufwendungen bis zum jeweiligen Verkehrswert dem steuer-baren Ergebnis zugerechnet.

Artikel 63c; Entlastungsbegrenzung

Die Entlastungsbegrenzung wird für die Kantone obligatorisch eingeführt. In die Entlastungsbegrenzung einbezogen werden nach Absatz 1 die ermässigte Besteuerung in der Patentbox. Gegebenenfalls wer-den auch Abschreibungen aus einem vorzeitigen Statusaustritt einbezogen. Es müssen jeweils mindes-tens 90 Prozent des Gewinns vor Anwendung dieser Sonderregelungen steuerbar bleiben. Bei dieser Berechnung wird der Nettobeteiligungsertrag ausgeklammert, da dieser über den Beteiligungsabzug indirekt freigestellt wird.

Absatz 2 regelt, dass aus der Anwendung der oben genannten Sonderregelungen keine vortragbaren Verluste entstehen dürfen. Dies gilt unabhängig davon, ob sich ein Verlust bereits aus der Anwendung einer einzigen Sonderregelung oder erst durch das Zusammenwirken mehrerer Sonderregelungen er-gibt.

Artikel 66; Umstrukturierungen, Umwandlungen, Zusammenschlüsse, Teilungen

Nur redaktionelle Änderungen, da der privilegierte Steuerstatus der Holding- und Verwaltungsgesell-schaften gemäss Artikel 73 und 74 StG wegfällt. In Absatz 2 wird der entsprechende Verweis gestrichen und in Absatz 4 werden die Ziffern 1 und 2 aufgehoben.

Artikel 66a; Aufdeckung stiller Reserven bei Beginn der Steuerpflicht

Absatz 1 regelt die Aufdeckung der stillen Reserven bei Beginn der Steuerpflicht. Die Unternehmen können neu bei Vermögenswerten die stillen Reserven und bei Betrieben, Teilbetrieben und Funktionen sowie der Verlegung des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung die stillen Reserven einschliess-lich des selbst geschaffenen Mehrwerts nur in der Steuerbilanz aufdecken, soweit diese stillen Reser-ven in einer Zeit entstanden sind, in der diese stillen Reserven einer ausländischen Steuerhoheit bzw. einer Steuerbefreiung unterworfen waren. Durch die Aufdeckung entstehen den Unternehmen keine

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Gewinnsteuerfolgen. Die Aufdeckung hat spätestens mit der Abgabe der Steuererklärung für die erste Steuerperiode zu erfolgen. Nicht aufgedeckt werden dürfen stille Reserven einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft aus Beteiligungen von mindestens 10 Prozent am Grund- oder Stammkapital oder am Gewinn und an den Reserven einer anderen Gesellschaft, da diese bei der Realisation über den Beteiligungsabzug indirekt freigestellt werden. Bei der Bewertung des Unternehmens, des Betriebs oder Teilbetriebs sowie der Funktionen ist somit weder der Substanzwert der Beteiligungen noch ein allfälliger Beteiligungsertrag in die Berechnung einzubeziehen.

Absatz 2 regelt, welche Tatbestände unter dem Beginn der Steuerpflicht verstanden werden. Es handelt sich dabei um Tatbestände im Zusammenhang mit einem grenzüberschreitenden Sachverhalt oder dem Ende einer Steuerbefreiung nach Artikel 60 StG. Sie sind spiegelbildlich zu den Tatbeständen in Artikel 66b StG (Besteuerung stiller Reserven am Ende der Steuerpflicht) ausgestaltet. Da stille Reserven auf allen verlegten Vermögenswerten aufgedeckt werden können, sind auch Gewinnkorrekturen aufgrund dieser Regelung möglich. Wenn eine schweizerische Gesellschaft Handelsware von einer ausländi-schen Gruppengesellschaft zu einem zu tiefen Preis erwirbt und im selben Geschäftsjahr zu einem höheren Preis an Dritte verkauft, kann die Differenz zwischen dem korrekten Einkaufspreis (Drittpreis) und dem zu tiefen tatsächlichen Einkaufspreis aufgedeckt und steuerlich geltend gemacht werden. Der Nachweis der Preisdifferenz obliegt der Gesellschaft und ist im Rahmen der Veranlagung durch die ver-anlagende Behörde zu überprüfen.

Absatz 3 regelt, wie die aufgedeckten stillen Reserven abzuschreiben sind. Da die Aufdeckung der stillen Reserven nach Absatz 1 nur in der Steuerbilanz erfolgt, ist im handelsrechtlichen Abschluss nur eine Abschreibung ersichtlich, wenn das betreffende Anlagevermögen auch in der Handelsbilanz einen abzuschreibenden Wert ausweist. Aufgedeckte und einzelnen Aktiven zugeordnete stille Reserven sind für steuerliche Belange jährlich nach den geltenden Abschreibungssätzen abzuschreiben. Sollte trotz der steuerlichen Abschreibung der verbleibende Gewinnsteuerwert höher sein als der Verkehrswert in diesem Zeitpunkt, muss der Gewinnsteuerwert analog den Bestimmungen des Handelsrechts zwin-gend auf den tieferen Verkehrswert abgeschrieben werden (Einhaltung des Niederstwertprinzips auch in der Steuerbilanz).

In Absatz 4 wird geregelt, wie der aufgedeckte Mehrwert, welcher nicht einzelnen Aktiven zugeord-net werden kann, steuerlich abzuschreiben ist. Der bei Beginn der Steuerpflicht in der Steuerbilanz ausgewiesene selbst geschaffene Mehrwert hat nach zehn Jahren kaum mehr einen Einfluss auf den Wert eines Unternehmens. Dieser Mehrwert ist daher innert zehn Jahren unter Berücksichtigung des Niederstwertprinzips abzuschreiben. Werden nach der Aufdeckung des Mehrwerts Aktiven oder ganze Geschäftsteile verkauft, die eine Verminderung des Mehrwerts zur Folge haben, so ist diesem Umstand bei der Abschreibung des Mehrwerts Rechnung zu tragen. Zudem ist bei steuerneutralen Umstrukturie-rungen nach Artikel 66 Absatz 1 Ziffern 2 und 4 und Absatz 4 StG der anteilsmässige, nur in der Steuer-bilanz ausgewiesene und selbst geschaffene Mehrwert miteinzubeziehen.

Artikel 66b; Besteuerung stiller Reserven am Ende der Steuerpflicht

Absatz 1 regelt, dass am Ende der Steuerpflicht grundsätzlich über alle stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts steuerlich abzurechnen ist. Konnten im Zeitpunkt des Zuzugs oder des Eintritts in die Steuerpflicht die stillen Reserven nach Artikel 66a StG steuerneutral aufgedeckt werden, so ist bei Ende der Steuerpflicht für die Bewertung des Mehrwerts die gleiche Methode wie bei der Aufdeckung zu verwenden, sofern sich die wirtschaftliche Lage des jeweiligen Unternehmens seither nicht grundlegend verändert hat.

Absatz 2 nennt die Tatbestände, bei welchen über die stillen Reserven einschliesslich des selbst er-schaffenen Mehrwerts abzurechnen ist. Neu wird präzisiert, dass steuerlich auch über einzelne Funktio-nen (z. B. Verkaufstätigkeiten, Dienstleistungen usw.) abzurechnen ist, wenn diese ins Ausland verlegt werden. Im Falle von Liegenschaften muss unterschieden werden, ob das Steuersubjekt fortbesteht (z. B. Wegzug ins Ausland) oder nicht (z. B. Liquidation). Im ersten Fall erfolgt keine Abrechnung über die stillen Reserven, da das Steuersubjekt neu aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit einer beschränkten Steuerpflicht in der Schweiz untersteht. Im zweiten Fall erfolgt hingegen eine Besteuerung, da das ur-sprüngliche Steuersubjekt untergegangen ist.

Artikel 70; Kapitalgesellschaften und Genossenschaften

Die einfache Gewinnsteuer der Kapitalgesellschaften und Genossenschaften wird von 8 auf 4,5 Prozent des steuerbaren Gewinnes reduziert.

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Artikel 73; Holdinggesellschaften

Dieser Artikel wird aufgehoben, da Holdinggesellschaften nach Bundesrecht nicht mehr erlaubt sind.

Artikel 74; Verwaltungsgesellschaften (Domizilgesellschaften)

Dieser Artikel wird aufgehoben, da Verwaltungsgesellschaften (Domizil- und gemischte Gesellschaften) nach Bundesrecht nicht mehr erlaubt sind.

Artikel 75; Gesonderte Besteuerung von Kapital- und Aufwertungsgewinnen auf Beteiligungen

Dieser Artikel wird aufgehoben, da Holding- und Verwaltungsgesellschaften nach Bundesrecht nicht mehr erlaubt sind.

Artikel 78; Kapitalgesellschaften und Genossenschaften

Der letzte Satz in Artikel 78 Absatz 1 StG ist zu streichen, da Holding- und Verwaltungsgesellschaften nach Bundesrecht nicht mehr erlaubt sind. Mit der Abschaffung der Holding- und Verwaltungsgesell-schaften fällt auch deren privilegierte Besteuerung bei der Kapitalsteuer weg. Neu wird für alle juristi-sche Personen ein einheitlicher Kapitalsteuersatz gelten. Das STAF räumt aber den Kantonen die Mög-lichkeit ein, auf Eigenkapital, welches im Zusammenhang mit Patenten und vergleichbaren Rechten, Beteiligungen sowie Darlehen an Konzerngesellschaften steht, eine Steuerermässigung zu gewähren (Art. 29 Abs. 3 E-StHG). Es wird ein neuer Absatz 3 eingefügt, wonach sich das steuerbare Eigenkapital im Verhältnis der Summe der jeweiligen Aktiven zur gesamten Bilanzsumme reduziert.

Artikel 81; Steuerberechnung

Redaktionelle Anpassungen, die sich aufgrund der Abschaffung der Holding- und Verwaltungsgesell-schaften ergeben. Die Kapitalsteuer beträgt neu 2 Promille des steuerbaren Eigenkapitals für alle juris-tischen Personen, und die Mindestbesteuerung fällt weg.

Artikel 130; Steuerobjekt und Verfahren

Absatz 2 wird aufgehoben, da Holding- und Verwaltungsgesellschaften nach Bundesrecht nicht mehr erlaubt sind.

Artikel 201; Steuerarten

Redaktionelle Anpassungen, die sich aufgrund der Abschaffung der Holding- und Verwaltungsgesell-schaften ergeben. Der Nebensatz von Absatz 1 Ziffer 2 ist zu streichen.

Artikel 207; Steuerpflicht

Redaktionelle Anpassungen, die sich aufgrund der Abschaffung der Holding- und Verwaltungsgesell-schaften ergeben. Die Ausnahmeregelung für Holding- und Verwaltungsgesellschaften in Artikel 207 ist zu streichen.

Artikel 260b; Übergangsbestimmung zur Änderung vom …..

Der Regelungsinhalt von Artikel 78g E-StHG ist als Übergangsbestimmung zwingend und daher voll-ständig ins kantonale Übergangsrecht zu übernehmen. Aufgrund der Tarifautonomie können die Kan-tone noch die Höhe des Sondersteuersatzes bestimmen, der auf die während dem kantonalen Steuer-status entstandenen, bisher nicht steuerbaren stillen Reserven zur Anwendung gelangt. Der kantonale Sondersteuersatz gemäss dem neuen Absatz 1 wird mit 1,5 Prozent (einfache Steuer) festgelegt.

4.5.2. Inkrafttreten

Die Änderungen treten zusammen mit dem STAF per 1. Januar 2020 in Kraft. Vorbehalten bleibt die Zu-stimmung des Volkes zum Bundesgesetz im Rahmen der Referendumsabstimmung am 19. Mai 2019. Sollte das STAF in der eidgenössischen Volksabstimmung abgelehnt werden, wäre auf die Änderungen zu verzichten. In diesem Fall müssten die Statusgesellschaften zwingend beibehalten werden, wodurch die Senkung des Gewinnsteuersatzes der ordentlich besteuerten juristischen Personen nicht durch die Steuererträge der ehemaligen Statusgesellschaften und einen höheren Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer kompensiert werden könnten und letztlich zu nicht verkraftbaren Ertragsausfällen bei der öffentlichen Hand führen würde.

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4.6. Personelle und finanzielle Auswirkungen

Die folgenden Ausführungen zu den finanziellen Auswirkungen basieren – soweit nicht anders vermerkt – auf den Daten aus dem Jahr 2014. Dabei wird in einem statischen Szenario davon ausgegangen, dass die Umsetzung des STAF zu keinen Zu- und Wegzügen von im Kanton Glarus ansässigen juristi-schen und natürlichen Personen führt. Diese Annahme erscheint plausibel, weil der Kanton Glarus mit den neuen effektiven Gewinnsteuersätzen im interkantonalen Vergleich eine Spitzenposition einnimmt und damit auch international konkurrenzfähig ist. Umsetzungsentscheide in anderen Kantonen sowie andere externe, nicht direkt beeinflussbare Faktoren wie die wirtschaftliche Entwicklung können aber dazu führen, dass diese Annahmen nicht eintreffen.

Personelle Auswirkungen sind mit der Umsetzung des STAF nicht verbunden.

4.6.1. Gewinnsteuern der juristischen Personen

Für die Berechnung der Gewinnsteuern für Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden aufgrund der re-duzierten Steuersätze ist jeweils vom aktuellen steuerbaren Reingewinn für die direkte Bundessteuer auszugehen. Bei diesen Beträgen ist der Beteiligungsabzug, welcher nach wie vor Gültigkeit hat, bereits berücksichtigt. Theoretisch müssten die steuerbaren Reingewinne noch etwas erhöht werden, da bei einer tieferen Steuerbelastung aufgrund der Abzugsfähigkeit der Steuern eine höhere Basis resultiert. Dies kann der Einfachheit halber für die nachstehenden Modellrechnungen vernachlässigt werden.

Der Kanton Glarus verzichtet so weit als möglich auf Ersatzmassnahmen. Die zwingend einzuführende Patentbox wird mit einer Ermässigung von lediglich 10 Prozent absichtlich auf kleiner Flamme gehal-ten, weshalb diesbezüglich nur mit geringfügigen Steuerausfällen zu rechnen ist. Auch die Einführung der Steuerermässigung auf Eigenkapital, welches im Zusammenhang mit Patenten und vergleichbaren Rechten, Beteiligungen sowie Darlehen an Konzerngesellschaften steht, dürfte bei den Kapitalsteuern nicht zu grossen Schwankungen führen.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen bei einer Reduktion der einfachen Ge-winnsteuer von 8 auf 4,5 Prozent gegenüber den Steuererträgen des Steuerjahres 2014. Die einfachen Gewinnsteuersätze entsprechen bei einem Steuerfuss von insgesamt 126,5 Prozent statutarischen Steuersätzen (Kanton, Gemeinden, Kirchgemeinden) von neu 5,69 Prozent. Unter der Annahme, dass alle bisherigen juristischen Personen (inkl. sämtliche Statusgesellschaften) im Kanton Glarus verblei-ben, ergibt sich bei einer ordentlichen Besteuerung mit den tieferen Gewinnsteuersätzen folgendes Bild (Beträge in Fr.):

Die Steuereinnahmen nach Umsetzung des STAF sind trotz Senkung der Gewinnsteuern beinahe gleich hoch wie heute. Das Steuersubstrat für Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden von rund 18,2 Mil-lionen Franken ist nur geringfügig tiefer als das Steuersubstrat vor der Steuerreform in der Höhe von 18,4 Millionen Franken, es resultiert eine Differenz von 200 000 Franken (-1,2 %).

Die nachfolgende Tabelle zeigt die jeweiligen Auswirkungen einer Gewinnsteuersenkung auf die Körper-schaften (Beträge in Fr.):

SteuerbarerReingewinn

Stat. Satzbisher (in %)

Stat. Satzneu (in %)

Differenz(∆)

Bisher ordentlichbesteuerte JP

169’500’000

4’165’000145’500’000319’165’000 -213’000

0,70 5,69 7’289’0005,69 5,69 0

10,12 5,69 -7’502’000

Total

Übrige JPStatusgesellschaften

Steuer bis-her (2014)

Steuer neu (2020)

237’0001’011’000

18’400’000

237’0008’300’000

18’187’000

17’152’000 9’650’000

Ordentlich besteuerte juristische Personen

-3’116’000

-1’298’000

-3’706’000

-261’000

-117’000

-1’017’000

-1’391’000

-302’000-7’502’000

Statusgesellschaften

2’469’000

3’140’000

4’133’000

256’000

131’000

242’000

751’000

300’0007’289’000

Total

-647’000

1’842’000

427’000

-5’000

14’000

-775’000

-640’000

-2’000-213’000

Rechtsform der juristischen PersonenKantonssteuer

Glarus

Gemeindesteuer

Kirchensteuer kath.

Bausteuer

Glarus Süd

Glarus Nord

Kirchensteuer evang.Total

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99

Verschiebungen gibt es aber zwischen den Gemeinwesen und zwar insbesondere zulasten des Kan-tons sowie der Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd und zugunsten der Gemeinde Glarus. 413 der 486 Statusgesellschaften haben ihren Sitz in der Gemeinde Glarus. Von den restlichen 73 Statusgesell-schaften haben 59 ihren Sitz in der Gemeinde Glarus Nord und 14 in der Gemeinde Glarus Süd. Bei Sitzverlegungen von Unternehmen in andere Kantone oder ins Ausland oder bei einem (im Extremfall kompletten) Wegzug der ehemaligen Statusgesellschaften büssen selbstredend alle Körperschaften an Steuersubstrat ein.

4.6.2. Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen

Der Wechsel bei der Dividendenbesteuerung vom System des Teilsatzverfahrens (35 % des für das steuerbare Gesamteinkommen anwendbaren Steuersatzes) zum Teilbesteuerungsverfahren mit einer Quote von mindestens 50 Prozent führt zu höheren Einkommenssteuern bei den natürlichen Personen.

Die Gründe für den Vorschlag einer Teilbesteuerung von 70 Prozent wurden ausführlich dargelegt. Der Systemwechsel führt für eine Mehrheit der wenigen Steuerpflichten, die von der privilegierten Dividen-denbesteuerung profitieren, in Verbindung mit der tieferen Gewinnbesteuerung nicht zu einer finan-ziellen Mehrbelastung. Der Wechsel hat Mehreinnahmen von rund 2,5 Millionen Franken für Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden zur Folge (s. nachfolgende Tabelle). Der Bund schreibt den Kantonen eine Mindestbesteuerung von 50 Prozent vor. Dies würde zu Mehreinnahmen von rund 600 000 Franken führen. Finanzpolitische Überlegungen sprechen somit ebenfalls für eine Teilbesteuerung von 70 Pro-zent. Die Mehreinnahmen belaufen sich gegenüber der Mindestvorgabe des Bundes auf nahezu 2 Mil-lionen Franken. Die in Teil C vorgeschlagene Erhöhung der Abzugsfähigkeit von Krankenkassenprämien kann durch die höhere Dividendenbesteuerung grossenteils aufgefangen werden.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen der Dividendenbesteuerung bei qualifizier-ten Beteiligungen (Beträge in Fr.):

* Annahme: 1/3 der Steuerpflichtigen bezahlen keine Kirchensteuer.

4.6.3. Höherer Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer

Der jährliche Kantonsanteil von 17 Prozent an der direkten Bundessteuer beträgt im Kanton Glarus im Durchschnitt der letzten Jahre rund 9 Millionen Franken. Dabei entfallen rund 4,6 Millionen Franken auf die Einkommenssteuern der natürlichen Personen (inkl. Quellensteuer) und rund 4,4 Millionen Franken auf die Gewinnsteuern der juristischen Personen. Als Massnahme zur Gegenfinanzierung im Rahmen der Steuerreform erhöht der Bund den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von 17 auf 21,2 Prozent. Dies ergibt für den Kanton Glarus jährliche Mehreinnahmen von rund 2,2 Millionen Franken.

4.6.4. Nationaler Finanzausgleich

Gestützt auf die Umfrage des Bundes zu den erwarteten Auswirkungen der SV17 hat dieser eine Schät-zung der finanziellen Auswirkungen in Bezug auf den Ressourcenausgleich im Referenzjahr 2018 vor-genommen (Steuerdaten 2012–2014). Der Kanton Glarus muss mit einer leichten Reduktion des Res-sourcenindex und sinkenden Ausgleichszahlungen aus dem Ressourcenausgleich rechnen.

Die Reduktion des Ressourcenausgleichs wird aufgrund des Referenzjahrsystems des Nationalen Fi-nanzausgleichs erst ab 2024 schrittweise wirksam (erst ab 2024 fliesst das Steuerjahr 2020 zu einem Drittel in die Berechnung des Nationalen Finanzausgleichs ein). Da auch die Beta- und Zeta-Faktoren schrittweise reduziert werden bzw. Ober- und Untergrenzen bestehen, wird der Ressourcenausgleich erst ab dem Jahr 2031 gänzlich nach dem neuen System funktionieren. Im Gegenzug profitiert der

Total

Steuerfuss(in %)

53,0

63,0

7,5

2,0

125,5

Mehrsteuer beiTeilbesteuerung zu 50 %

265’000

125’000

315’000

37’500

10’000

45’000

145’000

17’50020’000

627’500

Mehrsteuer beiTeilbesteuerung zu 70 %

1’060’000

515’000

1’260’000

150’000

40’000

175’000

570’000

70’00080’000

2’510’000

Dividendenbesteuerung

Kantonssteuer

Glarus

Gemeindesteuer

Kirchensteuer*

Bausteuer

Glarus Süd

Glarus Nord

kath. evang.

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Kanton Glarus von einem zeitlich befristeten Ergänzungsbeitrag. Insgesamt sind 180 Millionen Franken für die ressourcenschwächsten Kantone vorgesehen. Der Ergänzungsbeitrag wird ab 2024 vollumfäng-lich (und nicht schrittweise) ausgerichtet und fällt im Jahr 2031 auch wieder gänzlich dahin. Der Bund finanziert den Ergänzungsbeitrag aus den frei werdenden Mitteln des Härteausgleichs. Die Höhe des Härteausgleichs reduziert sich seit 2016 jährlich um 5 Prozent. Im Falle des Kantons Glarus bedeutet dies ein jährlicher Rückgang um rund 380 000 Franken. Der Kanton Glarus leistet folglich indirekt selber einen Beitrag an die Finanzierung des Ergänzungsbeitrags.

In Bezug auf den Nationalen Finanzausgleich ist zudem zu berücksichtigen, dass die Bundesversamm-lung zurzeit eine weitere Anpassung desselben berät. Schliesst sich das eidgenössische Parlament dem Vorschlag des Bundesrates und der Kantone an, den Nationalen Finanzausgleich zu reformieren und die Geberkantone zu entlasten, muss aufgrund des heutigen Wissensstandes mit Einnahmeaus-fällen von rund 6,5 Millionen Franken gerechnet werden. Der Zeitplan sieht vor, dass diese Reform des Nationalen Finanzausgleichs ab dem Jahr 2020 schrittweise in Kraft tritt.

Die beiden Effekte – Ablösung der Beta- durch Zeta-Faktoren und Reduktion im Ressourcenausgleich – führen zu Mindereinnahmen für den Kanton Glarus, wobei eine ganz genaue Unterscheidung nicht möglich ist. Die nachfolgende Grafik zeigt die Auswirkungen des STAF und der im Bund hängigen Vor-lage zur Anpassung des Nationalen Finanzausgleichs unter Einbezug des Härteausgleichs auf Basis des Finanzausgleichs im Jahr 2018 (Steuerdaten 2012–2014) in den Jahren 2020–2031. Sie basieren auf Berechnungen der Eidgenössischen Finanzverwaltung.

2020 tritt die Anpassung des Nationalen Finanzausgleichs schrittweise in Kraft. Ab 2024 wird das STAF im Ressourcenausgleich schrittweise wirksam und der Ergänzungsbeitrag fällig. Die Einbussen beim Ressourcenausgleich akzentuieren sich bis 2026 und nehmen anschliessend wieder ab. Glarus erhält von 2021 bis 2025 Zahlungen aus den Abfederungsmassnahmen in Zusammenhang mit der Anpassung des Nationalen Finanzausgleichs und von 2024 bis 2030 Mittel aus den Ergänzungsbeiträgen. Seit 2016 und bis maximal 2036 nehmen die Ausgleichszahlungen aus dem Härteausgleich jährlich um rund 380 000 Franken ab und fallen dann ganz weg. Aufgrund der schrittweisen Anpassungen des Nationalen Finanzausgleichs schwanken die jährlichen Beiträge zwischen +0,2 und -7,8 Millionen Franken gegen-über 2018. Insgesamt hat der Kanton in der Periode 2020–2031 Mindererträge aus dem Nationalen Finanzausgleich von durchschnittlich 2,6 Millionen Franken pro Jahr zu erwarten.

Verlässliche Aussagen sind allerdings nicht möglich, zumal es sich hier um eine rein statische Betrach-tung auf Basis der Werte 2018 handelt. Die tatsächlichen Veränderungen hängen davon ab, wie sich die Kantone insgesamt und wie sich der Kanton im Vergleich mit den anderen Kantonen wirtschaftlich entwickelt. Es kann durchaus sein, dass der Kanton nicht Einnahmeausfälle in dieser Höhe verkraften

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muss. Falls der Kanton sich umgekehrt besser entwickeln sollte als die anderen Kantone, muss mit hö-heren Ausfällen gerechnet werden. Die Erwartung, dass die attraktive Besteuerung zu Mehreinnahmen bei der Unternehmensbesteuerung führt, wird jedoch explizit ausgeblendet, zumal solche letztlich wie-der zu tieferen Ausgleichzahlungen führen würden. Deshalb ist eine Betrachtung bis ins Jahr 2031 auf-grund der nicht berücksichtigten dynamischen Entwicklung sehr heikel. Weder die wirtschaftliche noch die politische Entwicklung kann auch nur ansatzweise vorausgesagt werden. Finanzielle Aussagen auf einen Zeitraum von über 10 Jahren bezogen haben rein spekulativen Charakter.

4.6.5. Übersicht über die finanziellen Auswirkungen

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen des STAF auf die einzelnen Körperschaf-ten im Kanton Glarus – auf Basis der Steuerdaten 2014 und unter der Annahme, dass alle bisherigen juristischen Personen (inkl. sämtliche Statusgesellschaften) im Kanton Glarus verbleiben – im Überblick (Beträge in Fr., k. A.: keine Auswirkungen, n. a.: keine Daten). Grundsätzlich profitieren alle Körper-schaften von der kantonalen Umsetzung des STAF. Sie können trotz Senkung des Gewinnsteuersatzes Mehrerträge erwarten.

Ein Blick auf die einzelnen Gemeinden zeigt jedoch, dass diese von den Veränderungen unterschiedlich betroffen sind, da die Statusgesellschaften ihren Sitz primär in der Gemeinde Glarus haben (s. nachfol-gende Tabelle). Während die Gemeinde Glarus Mehrerträge von rund 2,4 Millionen Franken generieren könnte, müssten die Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd im Vergleich zu heute mit Mindererträgen von rund 70 000 Franken bzw. 600 000 Franken rechnen.

Kantons- steuer

-3’116’000 -117’000 -3’706’000 -261’000 -302’000 -7’502’000

Massnahmen undAusgestaltung

Senkung stat.Gewinnsteuersatz von 10,12 % auf 5,69 % bei bisher ordentlich besteuerten JP

Ordentliche Besteu- erung ehem. SG zum stat. Gewinnsteuer-satz von 5,69 %

3’480’000 131’000 4’133’000 256’000 300’000 8’300’000

Wegfall SG nachaltem Recht

Ermässigungen bei der Kapitalsteuer

Nationaler Finanzausgleich

Patentbox

Total

Total Effekt aus Gewinnsteuersatz- Änderung

Dividenden- Teilbesteuerung zu 70 %

+4,2 % Kantonsan-teil an der direkten Bundessteuer

-647’000

1’060’000

2’200’000

14’000

40’000

0

427’000

1’260’000

0

-5’000

70’000

0

-2’000

80’000

0

-213’000

2’510’000

2’200’000

-1’011’000

n. a.

-2’647’000

n. a.

-34’000

0

n. a.

k. A.

n. a.

54’000

0

n. a.

k. A.

n. a.

1’687’000

0

n. a.

k. A.

n. a.

65’000

0

n. a.

k. A.

n. a.

78’000

-1’011’000

n. a.

-2’647’000

n. a.

1’850’000

BausteuerKirchen- steuer (kath.)

TotalGemeinde- steuer

Kirchen-steuer

(evang.)

Glarus Nord Glarus SüdGlarus Total

570’000 515’000 175’000 1’260’000-640’000 1’842’000 -775’000 427’000

-70’000 2’357’000 -600’000 1’687’000∆ Dividenden-Teilbesteuerung∆ Gewinnsteuern

Total

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Der Regierungsrat schlägt daher in Ergänzung zur rein steuerrechtlichen Umsetzung des STAF finan-zielle Ausgleichsmassnahmen zugunsten der Gemeinden bzw. zwischen den Gemeinden vor (s. Teil E).

Eine ähnliche Situation zeigt sich auch bei den Landeskirchen in Bezug auf die einzelnen Kirchgemein-den. Diese werden daher wohl ebenfalls ihren innerkirchlichen Finanzausgleich revidieren müssen.

4.6.6. Finanzielle Auswirkungen bei einer Ablehnung der Gewinnsteuersatzsenkung

Die Gemeinden Glarus Nord und Glarus beantragten in der Vernehmlassung, die Steuervorlage umzu-setzen, aber alles beim Alten zu belassen. Im Folgenden werden die finanziellen Auswirkungen unter der Annahme einer Ablehnung der beantragten Senkung des Gewinnsteuersatzes von 8 auf 4,5 Prozent, einer Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen zum Minimalsatz von 50 Prozent und einer gleichzeitigen Annahme des STAF dargestellt.

Mit der Beibehaltung des heutigen effektiven Gewinnsteuersatzes von 15,70 Prozent würde der Kanton Glarus von Rang 10 auf Rang 21 aller Kantone abrutschen. In diesem Szenario wird davon ausgegan-gen, dass in der Folge sämtliche Statusgesellschaften nach altem Recht ihren Sitz vom Kanton Glarus in einen anderen Kanton oder ins Ausland verlegen.

In dieser wiederum rein statischen Betrachtung würde der Kanton Glarus rund 4,2 Millionen Franken an Steuerausfällen und Mindererträgen aus dem Nationalen Finanzausgleich tragen müssen (s. nach-folgende Tabelle). Die politischen Gemeinden und die Kirchgemeinden wären bei den Einnahmen prak-tisch nicht betroffen, sie würden aufgrund der höheren Dividendenbesteuerung in geringem Umfang profitieren. Da in diesem Fall nur der Kanton vom STAF negativ betroffen ist, wären die Ausgleichsmass-nahmen zugunsten der Gemeinde nicht nötig bzw. gar nicht gerechtfertigt.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen einer Ablehnung der Gewinnsteuersatz-senkung auf (Beträge in Fr.):

* Der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von heute 9 Mio. Fr. reduziert sich durch den Wegzug der Status-gesellschaften um 2,1 Mio. Fr. auf 6,9 Mio. Fr. Gleichzeitig erhöht sich der Prozentsatz von 17 auf 21,2 %. Damit beträgt der Kantonsanteil letztlich 8,605 Mio. Fr. Dies sind 0,395 Mio. Fr. weniger als heute.

Der Regierungsrat geht allerdings davon aus, dass der Kanton Glarus in einem solchen Szenario auch die Abwanderung von ordentlich besteuerten juristischen Personen befürchten müsste. Dies hätte einen Rückgang der Einnahmen der Gewinnsteuern zur Folge, wovon auch die Gemeinden betroffen wären. Die Abwanderung von Unternehmen und Arbeitsplätzen hätte wohl früher oder später auch Auswirkungen auf die Einkommenssteuern der natürlichen Personen. Hier bestünde die Gefahr, dass mittel- bis langfristig weniger Steuereinnahmen zu verzeichnen wären. Davon wäre der Kanton ebenso wie die Gemeinden (stark) betroffen.

Kantons- steuer

-1’011’000 0

0

10’000

0

k. A.

10’000

0

0

315’000

0

k. A.

315’000145’000125’00045’000

0

0

17’500

0

k. A.

17’500

0

0

20’000

0

k. A.

20’000

-1’011’000

-375’000

627’500

-395’000

-2’647’000

-3’800’500

Massnahmen undAusgestaltung

Wegfall Gewinn- steuer SG nach altem Recht

Dividenden- Teilbesteuerung von 50 %

Wegfall Kapital-steuern nach altem Recht

-375’000

265’000

-395’000

-2’647’000

-4’163’000

Nationaler FinanzausgleichTotal Glarus Nord Glarus Glarus Süd

Veränderung Kantonsanteil direkte Bundessteuer*

BausteuerKirchen- steuer (kath.)

TotalGemeinde- steuer

Kirchen-steuer

(evang.)

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5. Teil E: Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

5.1. Ausgangslage

Die Quantifizierung der Steuerausfälle als Folge des STAF ist äusserst schwierig. Wie dargelegt, können die wirtschaftliche Entwicklung sowie das zukünftige Verhalten der Unternehmen nur schwer voraus-gesagt werden. So ist einerseits unklar, ob Sitzverlegungen und Geschäftsverlagerungen ins Ausland oder in andere Kantone erfolgen oder ob – im Gegenteil – neue Unternehmen in den Kanton Glarus ziehen werden.

Die Befürchtung bei Steuersenkungen ist oft, dass die Einnahmeausfälle nicht kompensiert werden können und dann Sparmassnahmen ergriffen oder die Steuern der natürlichen Personen erhöht werden müssen. Diese Befürchtung hat sich mit Blick auf die Vergangenheit allerdings nicht bestätigt. Steuer-senkungen haben bisher mittel- bis langfristig immer zu höheren Einnahmen geführt.

Seit 2008 wurden die Gewinnsteuersätze durch die Landsgemeinde zwei Mal gesenkt. Die Einnahmen sind trotzdem von 22 auf 27,7 Millionen Franken gestiegen, wie die nachfolgende Grafik zeigt (Entwick-lung Steuererträge juristischer Personen von Kanton und Gemeinden, ohne Kirchgemeinden, in den Jahren 2008–2017).

Das gleiche Bild zeigt sich auch, wenn die natürlichen Personen in die Betrachtung miteinbezogen werden (s. nachfolgende Grafik). Zwischen 2008 und 2017 stiegen die gesamten Steuererträge von 185,4 auf 204,2 Millionen Franken. Dies, obwohl die Landsgemeinde – zusätzlich zu den erwähnten Senkungen des Gewinnsteuersatzes für juristische Personen – im 2009 auch die Steuertarife für natür-liche Personen ab 2010 für verschiedene Einkommensklassen um bis zu 20 Prozent senkte und für gemeinsam besteuerte Ehepaare und eingetragene Partnerschaften einen Teilsplitting-Faktor von 1,6 einführte.

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Die Grafik zeigt zudem deutlich, dass der Anteil der juristischen Personen am Gesamtsteuerertrag mit 14 Prozent (bzw. rund 12 % unter Einbezug der Kirchgemeinden) relativ gering ist. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass ein attraktiver Unternehmensstandort Arbeitsplätze sichert und schafft. Dies führt letztendlich zu höheren Einkommenssteuern der Arbeitnehmenden. Davon profitieren vor allem die Ge-meinden.

5.2. Vertikale Solidarität: Abgeltung der Gemeinden durch den Kanton

Gemäss Artikel 196 Absatz 1bis E-DBG haben die Kantone den Gemeinden die negativen Auswir-kungen des STAF angemessen abzugelten. Die nachfolgende Tabelle zeigt die von den Kantonen ge-planten Ausgleichsmassnahmen zugunsten der Gemeinden (Stand Herbst 2018). Nicht alle Kantone sehen Kompensationsmassnahmen zugunsten der Gemeinden vor. Auffallend ist, dass die Kantone Uri, Obwalden, Appenzell Ausserrhoden oder Graubünden, die mit Glarus vergleichbar sind, die Ge-meinden nicht entschädigen wollen. Sie begründen dies primär mit der Tatsache, dass sie ohnehin schon Mindereinnahmen aus dem Nationalen Finanzausgleich verkraften müssen. Die Kantone, die Ausgleichsmassnahmen zugunsten der Gemeinden planen, gestalten diese sehr unterschiedlich aus. Einige Kantone sehen zudem eine befristete Kompensation vor.

KantonZH

SO

BE

LUURSZ

ZG

OW

FR

NW

Massnahmen zugunsten der GemeindeStufenweise Erhöhung des Anteils an den Zusatzleistungen von 44 % auf 53 %; Einlage des Kantons infolge Wirkung des kantonalen Finanzausgleichs zufolge Umsetzung STAF; zusätzlicher temporärer Ausgleich für Kirchgemeinden; temporärer Ausgleich besonders betroffener Gemeinden während 4 Jahren.

Anpassung der Dotationen der bestehenden Gefässe im innerkantonalen Finanzaus-gleich; sofern notwendig, Schaffung eines zusätzlichen Gefässes; Befristung auf 4 Jahre, allenfalls einmalige Verlängerungsmöglichkeit; Anrechnung des Mehrertrages aus der Erhöhung der Vermögenssteuer; Anrechnung der Mehrerträge aufgrund der steuerlichen Gegenfinanzierung und der Entlastung aufgrund der flankierenden Massnahmen.

Die Gemeinden und Kirchgemeinden werden entsprechend ihrem Anteil an den Gewinn-steuereinnahmen an der Erhöhung des Bundessteueranteils beteiligt. Die Gemeinden erhalten 1/3, die Kirchgemeinden 1/14 des Mehrertrags.Keine Massnahmen bzw. nicht in Zusammenhang mit dem STAF.Keine Massnahmen zugunsten der Gemeinden.Befristeter Ausgleich der effektiven Steuermindereinnahmen der Gemeinden.

Keine Massnahmen zugunsten der Gemeinden.

Keine Massnahmen zugunsten der Gemeinden.

Finanzielle Abgeltung, auch für Kirchen.

Erhöhung des Anteils der Gemeinden an der Gewinn- und Kapitalsteuer um 2 Prozent-punkte von 37 % auf 39 % (zulasten der Landeskirchen).

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105

KantonBS

AR

SGAI

GR

TI

VS

SH

VD

NE

JU

GE

AG

TG

BL

Massnahmen zugunsten der GemeindeNeue Aufteilung der Gewinnsteuern Kanton/Gemeinden.

Keine Massnahmen zugunsten der Gemeinden.

Es sind Massnahmen geplant.Es sind Massnahmen geplant, aber noch nicht definiert.

Keine Massnahmen zugunsten der Gemeinden.

Es sind Massnahmen geplant, aber noch nicht definiert.

Differenzierte Sätze bei der Gewinnsteuer und der Grundstücksteuer.

Die zusätzlichen Mittel aus der direkten Bundessteuer der juristischen Personen sollen zu 45 % an die Gemeinden fliessen.

Die zusätzlichen Mittel aus der direkten Bundessteuer der juristischen Personen sollen zu 31% an die Gemeinden fliessen.

Begrenzung des Gemeindebeitrags an Sanierungsmassnahmen des Kantons; Beitrag des Kantons an Zentrumslasten im Rahmen des Ausgleichs.

Die Gemeinden erhalten Ausgleichszahlungen und weitergegebene Gebühren im Umfang von 40 % des zusätzlichen Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer.

Die Aufteilung des bisher geschätzten Totals aus den Begleitmassnahmen soll im Verhält-nis zur voraussichtlichen Einbusse von Kanton und Gemeinden erfolgen, d. h. 80 % bzw. 20 %.

Weitergabe des zusätzlichen Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer im Verhältnis der Steuern der juristischen Personen Kanton–Gemeinden, unter Berücksichtigung von anderen Gegenfinanzierungen.

Entlastung der Gemeinden für die ambulante Pflege und Hilfe/KVG; Entlastung der Schul-gemeinden über zusätzliche Beiträge des Kantons; Entlastung der Kirchgemeinden über Beiträge zur Sanierung von Kirchen und anderen Gebäuden.

Im Kanton Basel-Landschaft ist geplant, dass die Gemeinden und Landeskirchen anteilig (Steuerertrag juristischer Personen) am erhöhten Kantonsanteil an der direkten Bundes-steuer partizipieren. Der erhöhte Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer wird in 2020 auf rund 28 Mio. Fr. geschätzt. Die Aufteilung (Kanton, Gemeinden, Landeskirchen) erfolgt entsprechend dem Steuerertrag juristischer Personen: Kanton 62,5 %, Gemeinden 34,4 %, Landeskirchen 3,1 %.

Der Regierungsrat plante ursprünglich, die Abgeltung der Gemeinden indirekt über eine Anpassung des Kantonssteuerfusses vorzunehmen: Der Kanton hätte seinen Steuerfuss um einen Prozentpunkt reduziert, wodurch die Gemeinden den Gemeindesteuerfuss um diesen Prozentpunkt hätten erhöhen können. Die Vernehmlassung zeigte jedoch, dass dieser Vorschlag wenig Unterstützung fand. Statt-dessen wurde eine direktere Beteiligung der Gemeinden am höheren Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer oder eine Beteiligung des Kantons am Ressourcenausgleich gefordert (s. Ziff. 6.5).

Aufgrund der unsicheren Auswirkungen der Umsetzung des STAF auf die Finanzen von Kanton und Ge-meinden schlagen Regierungs- und Landrat eine befristete vertikale Ausgleichsmassnahme im Gesetz über den Finanzausgleich zwischen dem Kanton und den Gemeinden (Finanzausgleichsgesetz, FAG) vor: Der Kanton entrichtet den Gemeinden während vier Jahren (2020–2023) einen Ausgleichsbeitrag von insgesamt 1,2 Millionen Franken pro Jahr. Während der Regierungsrat noch jeder politischen Ge-meinde fix 400 000 Franken pro Jahr gewähren wollte, entschied sich der Landrat dafür, den Aus-gleichsbeitrag nur den ressourcenschwachen Gemeinden zu gewähren. Dies sind aktuell Glarus Nord und Glarus Süd. Die Höhe des Ausgleichsbeitrags zugunsten der Gemeinden wurde auf Basis des erwarteten höheren Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer von 2,2 Millionen Franken und des Verhältnisses von Kantons- und Gemeindesteuerfuss im Jahr 2018 berechnet (55 % Kanton, inkl. Bau-steuer, und 63 % Gemeinden). Dieses Verhältnis entspricht auch demjenigen bei den erwarteten zusätz-lichen Steuererträgen der Statusgesellschaften. Es ist insofern auch eine risikogerechte Aufteilung des erhöhten Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer zwischen Kanton und Gemeinden.

Die befristete Massnahme erlaubt ein schrittweises Vorgehen: Zuerst muss sich zeigen, wie sich die Steuervorlage auf die Finanzen des Kantons und der einzelnen Gemeinden konkret auswirkt. Erst dann soll über die definitiven Ausgleichsmassnahmen entschieden werden. Der Regierungsrat wird daher gleichzeitig beauftragt, innert drei Jahren – bis Ende 2022 – einen Bericht über die Auswirkungen der Umsetzung des STAF im Kanton Glarus (Wirksamkeitsbericht) zu erstellen. Gestützt darauf hat er dar-zulegen, wie eine allfällige unbefristete Ausgleichsmassnahme des Kantons zugunsten der Gemeinden ausgestaltet werden soll. Dieses Vorgehen hat sich schon in der Vergangenheit im Rahmen der Auf-gabenentflechtung zwischen Kanton und Gemeinden und der Einführung des neuen Finanzausgleichs bewährt.

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Bereits die Landsgemeinde 2018 beschloss eine Änderung des kantonalen Finanzausgleichs. Diese enthielt ebenfalls eine befristete Komponente, indem der Gemeinde Glarus Süd ein Härteausgleich bis 2023 ausgerichtet wird. Mit dem Dahinfallen dieser Massnahme wird auch der Finanzausgleich an sich wieder zu überprüfen sein. Die beiden Berichterstattungen sind entsprechend miteinander zu koordi-nieren. Die Jahre 2020 und 2021 dienen der Evaluation, wie sich die verschiedenen Beschlüsse auf die Kantons- und Gemeindefinanzen auswirken. Der Wirksamkeitsbericht wird die Grundlage sein, damit ein sorgfältiger Entscheid hinsichtlich Form und Höhe der definitiven Abgeltung des Kantons zugunsten der Gemeinden in Kenntnis der konkreten Auswirkungen gefällt werden kann.

5.3. Horizontale Solidarität: Abgeltung unter den Gemeinden

Der Kanton zeigt sich mit den Gemeinden solidarisch. Er hat die klare Erwartungshaltung, dass diese Solidarität auch unter den Gemeinden spielt. Wie die obigen Ausführungen zu den finanziellen Aus-wirkungen zeigen, sind die Gemeinden von der Umsetzung des STAF unterschiedlich betroffen. Die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Gemeinden sind über den innerkantonalen Finanzausgleich bzw. den Ressourcenausgleich zwischen den Gemeinden zu mildern. Dieser bezweckt einen Ausgleich der unterschiedlichen Steuerkraft der Gemeinden.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Auswirkungen des STAF auf Basis des aktuell geltenden, von der Landsgemeinde 2018 beschlossenen Finanzausgleichs und den Steuerdaten des Jahres 2014:

Das Ressourcenpotenzial und damit auch der Ressourcenindex der Gemeinde Glarus steigt aufgrund der Umsetzung des STAF, während die Ressourcenpotenziale und -indizes der Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd sinken. Theoretisch würde dies dazu führen, dass die Ausgleichszahlungen der Gemeinde Glarus zugunsten der Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd um insgesamt rund 370 000 Franken höher ausfallen. Sie hätten damit auch vom höheren Steueraufkommen der Gemeinde Glarus profitiert. Durch die aktuelle Begrenzung des Ressourcenausgleichs auf 500 000 Franken er-geben sich aber keine höheren Ausgleichsbeiträge, sondern nur eine kleine Verschiebung von der Gemeinde Glarus Süd zur Gemeinde Glarus Nord. Der Finanzausgleich kann hier seine Ausgleichs-funktion zwischen den Gemeinden also nicht erfüllen. Er ist deshalb erneut anzupassen. Im Fokus steht dabei der sogenannte Disparitätenabbau. Darunter versteht man den Abbau von Unterschieden zwischen den Gemeinden bezüglich Steuerkraft. Der entsprechende Prozentsatz bestimmt, wie stark der Ausgleich ausfällt. Je höher der Satz ist, desto höher ist der Beitrag der ressourcenstarken an die ressourcenschwachen Gemeinden.

Zur Diskussion standen im Landrat zwei Modelle: – Der Regierungsrat schlug zur Sicherstellung der Solidarität unter den Gemeinden vor, den Disparitä-

tenabbau unbefristet von 20 auf 30 Prozent und die Begrenzung des Ressourcenausgleichs – eben-falls unbefristet – von 500 000 Franken auf 1,5 Millionen Franken zu erhöhen. Dem Landrat sei bis Dezember 2023 über die Auswirkungen der Umsetzung des STAF Bericht zu erstatten.

Glarus SüdGlarusGlarus Nord

22’900’00036’678’00042’912’000

-775’0001’785’000-641’000

3’727

352’000

92,9

314’000

4’369

-559’000

108,9

-500’000

3’915

207’000

97,6

186’000

23’500’00034’378’00042’983’000

175’000515’000570’000

3’630

556’000

89,0

300’000

4’664

-925’000

114,6

-500’000

3’908

369’000

95,8

200’000

-97

+204’000

-3,9

-14’000

+295

-366’000

+5,7

0

-7

+162’000

-1,8

+14’000

Steueraufkommen Neu

∆ Gewinnsteuern

Ist

Ist

Ist

Ist

Steueraufkommen Ist

∆ Dividenden-Teilbesteuerung

Neu

Neu

Neu

Neu

Differenz

Differenz

Differenz

Differenz

Steueraufkommen (in Fr.)

Ressourcenpotenzial pro Kopf (in Fr.)

Ausgleichszahlungen theoretisch (in Fr.) mit Disparitätenabbau von 20 %

Ressourcenindex (in %)

Ausgleichszahlungen effektiv (in Fr.; mit Begrenzung der Ausgleichszahlungen auf 0,5 Mio. Fr.)

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– Die vorberatende landrätliche Kommission beantragte, den Disparitätenabbau von 20 auf 30 Prozent zu erhöhen, aber keine Begrenzung des Ausgleichsbeitrags vorzusehen. Beide Massnamen seien zu befristen (2020–2023). Dem Landrat sei bis Dezember 2022 über die Auswirkungen der Umsetzung des STAF Bericht zu erstatten.

Der Landrat entschied sich, nachdem sich der Regierungsrat dem Modell der vorberatenden Kommis-sion angeschlossen hatte, der Landsgemeinde das Modell der vorberatenden Kommission zu unter-breiten, den befristeten Disparitätenabbau aber von 20 auf 40 Prozent zu erhöhen.

Auch beim horizontalen Ausgleich gilt, dass dieser in Zusammenhang mit den Auswirkungen der Um-setzung des STAF zu evaluieren ist. Eine dauerhafte Regelung des Ausgleichs unter den Gemeinden ist auf Basis des Wirksamkeitsberichts zu finden. Eine vorzeitige, dauerhafte Aufhebung der Begrenzung des Ressourcenausgleichs, obwohl systemfremd, ist aus diesem Blickwinkel betrachtet abzulehnen.

5.4. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

5.4.1. Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen dem Kanton und den Gemeinden

Artikel 13a; Übergangsbestimmungen zur Änderung vom …..

Absatz 1 regelt den auf die vier Jahre 2020–2023 befristeten Ausgleichsbeitrag des Kantons zuguns-ten der ressourcenschwachen Gemeinden und den Verteilmechanismus, wenn zwei Gemeinden res-sourcenschwach sind. Absatz 2 hebt die Begrenzung des Ressourcenausgleichs gemäss Artikel 3 Ab-satz 2 Satz 2 und Artikel 6 Absätze 1 und 3 auf und legt den Disparitätenabbau auf 40 Prozent fest. Beide Massnahmen sind auf die Jahre 2020–2023 befristet. Sowohl für die Verteilung des vertikalen Ausgleichsbeitrags unter zwei ressourcenschwachen Gemeinden gemäss Absatz 1 Satz 2 wie auch den horizontalen Ausgleich gemäss Absatz 2 ist gemäss Artikel 12 Absatz 1 FAG jeweils die vorletzte Steuerabrechnung massgebend. D. h. die Ausgleichszahlungen im Jahr 2020 werden sich nach den Ressourcenindizes bzw. -potenzialen im Jahr 2018 richten. Absatz 3 verpflichtet den Regierungsrat, dem Landrat bis spätestens Ende 2022 einen Bericht über die Auswirkungen der Umsetzung des STAF im Kanton Glarus zu unterbreiten. Für die Berichterstattung liegen dann zwei abgeschlossene Jahres-rechnungen (2020 und 2021) unter dem neuen STAF-Regime vor. Sofern unbefristete Ausgleichsmass-nahmen notwendig sein sollten, wären diese dem Landrat zu beantragen, sodass die Landsgemeinde 2023 darüber beschliessen kann.

5.4.2. Inkrafttreten

Die Änderungen treten zusammen mit dem STAF per 1. Januar 2020 in Kraft. Vorbehalten bleibt die Zu-stimmung zum Bundesgesetz im Rahmen der Referendumsabstimmung am 19. Mai 2019. Zusätzlich wird ein Vorbehalt betreffend die Senkung des Gewinnsteuersatzes gemäss Artikel 70 Steuergesetz postuliert. Sollte die Landsgemeinde die Strategie des Regierungs- und des Landrates verwerfen und auf eine markante Reduktion des Gewinnsteuersatzes verzichten, wären Ausgleichsmassnahmen zu-gunsten der Gemeinden nicht gerechtfertigt.

5.5. Personelle und finanzielle Auswirkungen

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen der Umsetzung des STAF inkl. den ver-tikalen und horizontalen Ausgleichsmassnahmen (alle Beträge in Fr.). Der Kanton muss mit Mehraus-gaben in der Höhe von rund 1,2 Millionen Franken rechnen. Die Gemeinden würden im Umfang von 0,9 bis 1,0 Millionen Franken profitieren.

Personelle Auswirkungen sind mit den Ausgleichsmassnahmen nicht verbunden.

Kanton GlarusGlarus Nord Glarus Süd

-1’200’000 480’000 0 720’000

20’000 -70’000 2’357’000 -600’000

0-1’180’000

552’000962’000

-1’350’0001’007’000

798’000918’000

∆ Ausgleichsbeitrag Kanton

Finanzielle Auswirkungen STAF ohne Ausgleichsmassnahmen

∆ RessourcenausgleichTotal Veränderung

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6. Vernehmlassung

Der Regierungsrat führte bei den politischen Gemeinden, den Landeskirchen, den interessierten Ver-bänden, Organisationen und Fachpersonen, den politischen Parteien und den Departementen der kantonalen Verwaltung eine Vernehmlassung zur Änderung des Steuerrechts durch. Insgesamt gingen 15 Stellungnahmen ein.

6.1. Teil A: Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel

Die Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz sowie der Wechsel vom Wegzugs- zum Zu-zugsprinzip bei interkommunalem Wohnsitzwechsel wurden einstimmig gutgeheissen.

6.2. Teil B: Bausteuerzuschlag für die Gemeinden

Die Einführung des Bausteuerzuschlags für die Gemeinden wurde ebenfalls einstimmig befürwortet. Eine Partei regte an, zu prüfen, ob die maximalen Zuschläge nicht absolut, sondern im Verhältnis zu den Steuerfüssen von Kanton und Gemeinden festzusetzen wären. Der reformierte Kirchenkreis Glarus Nord forderte zusätzlich die Möglichkeit eines Bausteuerzuschlags für die Kirchgemeinden.

Der Regierungsrat lehnte eine Verknüpfung der Begrenzung des Bausteuerzuschlags mit dem ordent-lichen Steuerfuss jedoch ab. Erstens besteht kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem ordent-lichen Steuerfuss und der Begrenzung des Bausteuerzuschlags. Zweitens könnte dies zu ungewollten Anpassungen des Bausteuerzuschlags führen, falls in der Zeit, in der ein Bausteuerzuschlag erhoben wird, der ordentliche Steuerfuss geändert würde. Drittens ist die vorgeschlagene Regelung einfach, klar und einheitlich. Bezüglich der beiden Vorschläge gilt zudem, dass die Vernehmlassungsvorlage von der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer unverändert gutgeheissen wurde.

6.3. Teil C: Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen»

Die Erhöhung der Abzüge für private Personenversicherungen und Zinsen für Sparkapitalien und die Senkung des Selbstbehaltes bei den selbstbezahlten Krankheits- und Unfallkosten wurde von den Ver-nehmlassungsteilnehmern unterschiedlich beurteilt.

Gemäss den ablehnenden Stellungnahmen könnten die politischen Gemeinden und die Kirchgemein-den die Steuerausfälle finanziell nicht verkraften. Die Umsetzung des Memorialsantrags würde zu Steuerfusserhöhungen führen, womit letztlich keine wirkliche Entlastung erzielt würde. Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer forderten den Regierungsrat zudem auf, die Auswirkungen auf einzelne Bevölkerungsgruppen detaillierter aufzuzeigen.

Regierungs- und Landrat bleiben jedoch beim Vorschlag gemäss Vernehmlassung. Dieser steht in Ein-klang mit dem Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, indem sicherge-stellt wird, dass nur das tatsächlich verfügbare Einkommen besteuert wird. Die Massnahme leistet einen Beitrag zum Ziel des Politischen Entwicklungsplanes 2020–2030, wonach das Portemonnaie der Be-völkerung geschont wird und zum Legislaturziel 3 «Der Kanton Glarus hält seine Position mit einem der höchsten verfügbaren Einkommen». Die Erhöhung der Abzüge entspricht im Weiteren einer bewährten Praxis, wonach nicht nur bei den Steuertarifen, sondern auch bei den Abzügen die sogenannte kalte Progression regelmässig ausgeglichen wird. Letztmals hat die Landsgemeinde im Jahr 2008 die seit 2001 eingetretene Kostensteigerung durch eine Erhöhung der Abzüge ausgeglichen.

Soweit eine detaillierte Analyse der Auswirkungen auf einzelne Bevölkerungsgruppen gefordert wurde, ist festzuhalten, dass von der Erhöhung der Abzüge für private Personenversicherungen und Zinsen für Sparkapitalien alle natürlichen Personen mit Ausnahme der Bezüger von Prämienverbilligungen profi-tieren. Mit der Erhöhung des Abzuges kann die Ungleichbehandlung der Bevölkerung zumindest vo-rübergehend beseitigt werden. Die Prämienverbilligungsbeiträge sind nämlich im Unterschied zu den Abzügen nicht fix, sondern sie steigen jährlich entsprechend der Entwicklung der Krankenkassenprä-mien. Die starre, gesetzliche Regelung benachteiligt also diejenigen Personen, die ihre Krankenkassen-prämien selbst bezahlen, gegenüber Personen, welche eine Prämienverbilligung beziehen.

Es handelt sich um eine sozialpolitische Vorlage, auch was die Anpassung des Selbstbehaltes für selbstgetragene Krankheits- und Unfallkosten betrifft. Davon profitiert die gesamte Bevölkerung, wobei dies vor allem Personen mit einem tieferen und mittleren Einkommen zugutekommt. Letztendlich ent-scheidend ist, wie hoch das Nettoeinkommen auf der einen Seite und die Krankheits- und Unfallkosten auf der anderen Seite sind. Grundsätzlich gilt: Je tiefer das Nettoeinkommen bzw. je höher die Krank-heits- und Unfallkosten sind, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit der Abzugsfähigkeit der Kosten.

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6.4. Teil D: Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus

Die Umsetzung des STAF wurde von den Vernehmlassungsteilnehmern ebenfalls unterschiedlich be-urteilt. Die Verbände, die bürgerlichen Parteien und die Landeskirchen begrüssten im Grundsatz die Stossrichtung einer markanten Senkung des Gewinnsteuersatzes mit einem weitgehenden Verzicht auf die Ersatzprivilegien. Die Gemeinde Glarus Süd war skeptisch, was die Stossrichtung betrifft. Die linken Parteien lehnten es ab, dass sich der Kanton Glarus an vorderster Front am Steuerwettbewerb beteiligt. Die Gewinnsteuern seien nicht zu senken bzw. maximal um 1 Prozent; man könne einen Rückgang der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit des Kantons in Kauf nehmen. Die Gemeinden Glarus Nord und Gla-rus argumentierten ähnlich und wollten den heutigen Gewinnsteuersatz von 8 Prozent beibehalten. Sie befürchteten hohe Einnahmeausfälle, die durch die Steuererträge der Statusgesellschaften nicht kom-pensiert werden könnten. Sie bezweifelten, dass die sehr mobilen Statusgesellschaften ihren Sitz im Kanton belassen. Ein Wegzug hätte zur Folge, dass sich die Annahmen des Regierungsrates als falsch erwiesen und mit erheblichen Mindereinnahmen zu rechnen sei. Die Gemeinden und auch der Kanton hätten keinen finanziellen Handlungsspielraum, um Mindereinnahmen zu verkraften.

Der Regierungsrat hielt jedoch an seiner fiskalpolitischen Strategie und Absicht fest, den Wirtschafts-standort Glarus mit einer Senkung der Gewinnsteuern auf 4,5 Prozent zu stärken und damit Arbeits-plätze im Kanton Glarus zu erhalten bzw. zu fördern. Es ist korrekt, dass sich die Annahmen als falsch oder wahr herausstellen und sich damit unterschiedliche finanzielle Konsequenzen ergeben können.

Bei der Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen sprachen sich die Vernehmlassungs-teilnehmer für eine Besteuerung zu 70 Prozent anstatt des gesetzlichen Minimums von 50 Prozent aus. Einzig die Gemeinde Glarus beantragte eine tiefere Dividendenbesteuerung von 50 Prozent. Sie begrün-dete ihre Haltung mit dem Hinweis, dass der Kanton in diesem Bereich eine Spitzenposition einnimmt und dieser Standortvorteil mit einem tiefstmöglichen Steuersatz beibehalten werden soll. Sie befürchtet hier – im Unterschied zu den Gewinnsteuern, die beibehalten werden sollen – ein Risiko des Abzugs von Arbeitsplätzen infolge indirekter Begleiterscheinungen. Der Regierungsrat erachtete dieses Risiko des Arbeitsplatzabbaus in Bezug auf die Gewinnsteuern als wesentlich höher. Die Gewinnbesteuerung betrifft alle Unternehmen im Kanton, die Dividendenbesteuerung hat nur auf einen geringen Prozent-satz der Unternehmen einen Einfluss. Der Regierungsrat schloss sich der überwältigenden Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer an und sah keinen Anlass, diesbezüglich eine Änderung der Vorlage vorzunehmen.

Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer beantragten ferner, den Gewinnsteuersatz für die Vereine, Stif-tungen und übrigen juristischen Personen bei 4,5 Prozent zu belassen. Ursprünglich war eine Senkung auf 2,25 Prozent vorgesehen. Der Regierungsrat gab diesem Anliegen statt. Damit soll künftig für alle juristischen Personen ein kantonal einheitlicher Gewinnsteuersatz gelten. Die Beibehaltung des Steuer-satzes ist zudem insofern gerechtfertigt, da bei diesen juristischen Personen der Steuerwettbewerb eine untergeordnete Bedeutung hat. Der Verzicht auf die Senkung dieses Gewinnsteuersatzes verhin-dert Ertragsausfälle von insgesamt rund 118 000 Franken.

6.5. Teil E: Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

Bei fast allen Vernehmlassungsteilnehmern umstritten waren die vorgeschlagenen Ausgleichsmassnah-men zugunsten der Gemeinden. Der Regierungsrat sah ursprünglich vor, den Kantonssteuerfuss um 1 Prozentpunkt zu reduzieren, um den Gemeinden eine entsprechende Erhöhung zu ermöglichen, ohne dass die Steuerbelastung insgesamt steigt. Zudem sollte die Begrenzung des Ressourcenausgleichs erhöht werden. Zahlreiche Vernehmlassungsteilnehmer forderten, auf den Abtausch der Steuerfüsse zu verzichten, da unsicher sei, ob die Gemeindeversammlungen später einer Erhöhung des Gemeinde-steuerfusses auch zustimmen würden.

Der Regierungsrat verzichtete deshalb auf seinen ursprünglichen Vorschlag. Stattdessen prüfte er auf-grund der Stellungnahmen aus der Vernehmlassung zwei Alternativen: 1. Weitergabe eines Teils der Mehreinnahmen an der direkten Bundessteuer 2. Beteiligung des Kantons am Ressourcenausgleich

Der Regierungsrat entschied sich für die erste Variante mit einer befristeten Weitergabe eines Teils der Mehreinnahmen an der direkten Bundessteuer und einer geringeren Anpassung des Ressourcenaus-gleichs.

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7. Finanzielle Auswirkungen im Überblick

Die nachfolgende Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen der einzelnen Teilvorlagen der Änderung des Steuerrechts im Überblick (Beträge in Fr.). Falls die Annahmen der Realität standhalten und die Prognosen eintreffen, würden die Gemeinden Mehrerträge zwischen 0,2 und 0,5 Millionen Franken ge-nerieren. Die Landeskirchen müssten mit Mindererträgen im tiefen fünfstelligen Bereich rechnen. Der Kanton Glarus müsste Mindererträge von insgesamt 2,8 Millionen Franken kompensieren.

8. Beratung der Vorlage im Landrat

8.1. Landrätliche Kommission

Die landrätliche Kommission Finanzen und Steuern unter der Leitung von Landrat Luca Rimini, Ober-urnen, befasste sich mit der Vorlage, wobei sie sich den einzelnen Teilvorlagen jeweils separat zuwand-te. Eintreten auf diese war jeweils unbestritten.

8.1.1. Teil A: Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel

In der Detailberatung waren die Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz sowie die Neurege-lung beim interkommunalen Wohnsitzwechsel gänzlich unbestritten. Die Kommission beantragte dem Landrat unveränderte Zustimmung zur Teilvorlage A.

8.1.2. Teil B: Bausteuerzuschlag für die Gemeinden

Aus Sicht der Kommission ist der Bausteuerzuschlag durch die Gemeinden nur zurückhaltend und für ausserordentlich grosse Bauvorhaben zu verwenden. Auf die Festlegung einer betragsmässigen Unter-grenze für die Anwendung eines Bausteuerzuschlags im Gesetz soll jedoch verzichtet werden. Die Ge-meinden hätten, wie der Kanton, eine Praxis zur Verwendung des Bausteuerzuschlags zu entwickeln, wobei darauf zu achten sein werde, dass der Bausteuerzuschlag wirklich projektbezogen und nicht permanent erhoben wird.

Die Kommission diskutierte auch die Aufhebung von Artikel 9e des Gesetzes über die Förderung von Turnen und Sport. Darin ist geregelt, dass die Gemeinden ihre Investitionen in Sportanlagen unter ge-wissen Umständen linear abschreiben können. Wird Artikel 9e aufgehoben, kann die Gemeinde Glarus Nord die Abschreibungen auf den Investitionen in den Kauf, die Sanierung und die Erweiterung der Lintharena SGU somit nicht mehr linear abschreiben. Möchte sie dennoch eine (annähernd) lineare Ab-schreibung beibehalten, müsste sie die bereits genehmigte Erhöhung des Steuerfusses um 2 Prozent wie beabsichtigt in einen Bausteuerzuschlag umwandeln.

Die Kommission beantragte dem Landrat einstimmig, der Teilvorlage B zuhanden der Landsgemeinde zuzustimmen.

8.1.3. Teil C: Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen»

Die Kommission konnte die Zielsetzung des Memorialsantrags gut nachvollziehen. Umstritten war jedoch, ob und wie die resultierenden Mindererträge kompensiert werden können.

Einzelne Kommissionsmitglieder befürchteten, dass mindestens die Gemeinden die Mindererträge nicht kompensieren können und der Steuerfuss erhöht werden müsste, wodurch letztlich keine effektive Ent-

TotalE. Änderung FAGD. Umsetzung STAFC. MemorialsantragB. BausteuerzuschlagA. Bundesrecht

-2’780’000-1’200’000

20’000-1’600’000

k. A.k. A.

162’0001’032’000

-70’000-800’000

n. a.k. A.

457’000-1’350’0002’357’000-550’000

n. a.k. A.

468’0001’518’000-600’000-450’000

n. a.k. A.

-25’0000

65’000-90’000k. A.k. A.

-32’0000

78’000-110’000

k. A.k. A.

Kan

ton

Gla

rus

Nor

d

Gla

rus

Gla

rus

Süd

Kat

holis

che

Land

eski

rche

Eva

ngel

isch

eLa

ndes

kirc

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lastung erzielt würde. Im Weiteren wurde kritisiert, dass die Massnahme alle Steuerpflichtigen entlaste anstatt gezielt Personen, für welche die Krankenkassenprämien effektiv eine hohe Belastung darstellen. Eine Entlastung dieser Personengruppe könne z. B. über eine Anpassung bei den Prämienverbilligun-gen erfolgen. Namentlich die Senkung des Selbstbehaltes komme zudem Personen zugute, die sich eine hohe Franchise leisten könnten. Schliesslich wurde auch kritisiert, dass zuerst die Auswirkungen der Umsetzung des STAF bekannt sein müssten, ehe eine Anpassung bei den Krankenkassenprämien vorgenommen werden könne. Vereinzelt wurde auch angemerkt, dass es zielführender sei, wenn der Kanton die Ursachen des Kostenwachstums im Gesundheitswesen bekämpfen würde, anstatt dass er die Auswirkungen mittels einer erhöhten steuerlichen Abzugsfähigkeit mildert.

Andere Mitglieder wiesen darauf hin, dass die Stimmberechtigten wohl nur beschränkt Verständnis hätten, wenn mit dieser Vorlage die Unternehmenssteuern gesenkt, die natürlichen Personen aber gleichzeitig nicht entlastet würden. Auch der Bund habe im STAF als Folge der Ablehnung der Unter-nehmenssteuerreform III bewusst sozialpolitische Ausgleichsmassnahmen eingefügt. In Bezug auf die Finanzierbarkeit wurde erwähnt, dass der Kanton und die Gemeinden in der jüngeren Vergangenheit grosse Ausgaben beschlossen hätten. Dies würde zeigen, dass sie sich offenbar neue Ausgaben leisten können. Auch gewisse Einsparungen seien zumutbar. Die Vorlage gewährleiste ausserdem die Besteue-rung nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, indem nur das tatsächlich verfügbare Einkommen besteuert wird: Sie entlaste – insbesondere mit der Senkung des Selbstbehaltes – Personen mit tiefem oder mittlerem Einkommen.

Die Steuerverwaltung zeigte im Rahmen der Kommissionsberatungen zudem auf, dass als Folge der aufgedeckten Einkommen und Vermögen aufgrund der straflosen Selbstanzeigen sowie des kürzlich in Kraft getretenen automatischen Informationsaustausches zusätzliches Steuersubstrat generiert werden konnte. Dieses ermöglicht zumindest eine teilweise Kompensation der mit der Umsetzung des Memo-rialsantrags anfallenden Mindererträge. So belaufen sich die jährlichen Mehreinnahmen aus straflosen Selbstanzeigen auf rund 1,4 Millionen Franken. Die Mehreinnahmen aus Verfahren wegen Steuerhinter-ziehung aufgrund des automatischen Informationsaustausches konnten bisher noch nicht abgeschätzt werden. Bis Mitte Dezember 2018 wurden der Steuerverwaltung rund 3600 Finanzkonten aus dem Aus-land gemeldet, welche auf im Kanton Glarus steuerpflichtige Personen lauten.

Folgende Anträge werden aus der Kommission gestellt:– Zustimmung zur Senkung des Selbstbehaltes und Ablehnung der Erhöhung der Abzüge;– Zustimmung zur Senkung des Selbstbehaltes und reduzierte Erhöhung der Abzüge (2700 Fr. für Allein-

stehende, 5400 Fr. für Verheiratete und 900 Fr. für Kinder);– Ablehnung des gesamten Memorialsantrags bzw. der Vorlage zur Umsetzung.

In der Ausmehrung blieb die Kommission jedoch beim regierungsrätlichen Vorschlag. Sie beantragte dem Landrat, die Teilvorlage C der Landsgemeinde unverändert zur Zustimmung zu unterbreiten.

8.1.4. Teil D: Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus

In der Eintretensdebatte wurde betont, dass es bei dieser Vorlage um die Sicherstellung der Wett-bewerbsfähigkeit des Glarner Wirtschaftsstandortes gehe. Die Vorlage sei von entsprechend grosser Bedeutung für den Kanton und die Gemeinden. Der Steuerwettbewerb sei eine Realität, dem sich ein kleiner Kanton wie Glarus nicht entziehen könne. Ein grosser Unsicherheitsfaktor sei, inwiefern die Pro-gnosen zu den finanziellen Auswirkungen tatsächlich eintreffen werden. Die Kommission unterstützte daher die Absicht des Regierungsrates, die Auswirkungen zu beobachten und dem Landrat einen Be-richt dazu vorzulegen. Viele der vorgesehenen Massnahmen seien grundsätzlich unbestritten bzw. unter dem Vorbehalt der Annahme des STAF in der Referendumsabstimmung vom Mai 2019 zwingend. Zu diskutieren sei insbesondere, ob und wie stark der Gewinnsteuersatz gesenkt und wie hoch die Divi-dendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen festgelegt werden soll.

8.1.4.1. Zu- oder Wegzüge von kantonalen Statusgesellschaften

In der Detailberatung erkundigte sich ein Mitglied, wie plausibel die Annahmen über mögliche Zu- und Wegzüge von kantonalen Statusgesellschaften seien. Aus Sicht des Regierungsrates liessen sich diese Annahmen aufgrund des vorhandenen Wissensstands gut vertreten: So gäbe es für die betroffenen Ge-sellschaften kaum steuergünstigere alternative Standorte, sei es in anderen Kantonen oder auch in an-deren Staaten (zumindest solchen mit einem stabilen Rechtsstaat). Weiter hätten viele der ansässigen Statusgesellschaften einen historischen Bezug zum Kanton Glarus. Es sei daher nicht davon auszu-gehen, dass sie nur aufgrund einer marginal tieferen steuerlichen Belastung ihren Sitz verlegen würden. Zudem könne der Kanton Glarus mit einem Entscheid an der Landsgemeinde 2019 bereits relativ früh

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Rechtssicherheit hinsichtlich der künftigen Besteuerung der Statusgesellschaften schaffen. Sollte der Gewinnsteuersatz aber nicht so stark wie vorgeschlagen gesenkt werden, besteht nach Ansicht des Regierungsrates bei gewissen Unternehmen allenfalls ein Anreiz, ihren Sitz mittel- bis langfristig in einen anderen Kanton zu verlegen.

8.1.4.2. Gewinnsteuer / Steuerwettbewerb

Verschiedene Kommissionsmitglieder befürchteten, dass mit der beabsichtigten markanten Senkung des Gewinnsteuersatzes für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften von 8 auf 4,5 Prozent der Steuerwettbewerb angeheizt würde. Der Kanton Glarus solle eine Positionierung wie die Nachbarkan-tone St. Gallen, Graubünden oder allenfalls Schwyz anstreben. Ausserdem seien mit der markanten Senkung des Gewinnsteuersatzes erhebliche finanzielle Risiken für die öffentliche Hand verbunden, falls die Statusgesellschaften entgegen den Annahmen ihren Sitz verlegen würden. Nach Ansicht an-derer Mitglieder stärkt die markante Gewinnsteuersatzsenkung hingegen die ansässigen Unternehmen und den Glarner Wirtschaftsstandort. Die eingesparten Steuern würden zum grössten Teil wieder in-vestiert. Dies sichere die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen und künftige Steuererträge. Im Vergleich zu anderen Standortfaktoren könne der Kanton Glarus die Steuerbelastung relativ einfach und direkt beeinflussen. Die diesbezüglich gute Position gelte es zu halten. Der Steuerwettbewerb werde zudem eher durch internationale Entwicklungen und nicht durch den Kanton Glarus angeheizt. Aus Sicht des Regierungsrates ist die Konkurrenzfähigkeit auch gegenüber Standorten im Ausland wichtig, damit die Statusgesellschaften ihren Sitz auch hier belassen würden.

Weiter wurde mit Bezugnahme auf den Nationalen Finanzausgleich diskutiert, ob negative Reaktionen von Geberkantonen zu erwarten seien, falls sich der Kanton Glarus als Nehmerkanton bei der Gewinn-steuerbelastung so attraktiv positioniere. Der Regierungsrat vertrat die Ansicht, dass eine absolute Spitzenposition hinsichtlich der Gewinnsteuerbelastung negative Reaktionen mit sich bringen würde und deshalb abzulehnen sei. So habe der Kanton Obwalden mit seiner Steuerstrategie viel Goodwill und finanzielle Unterstützung z. B. der Berghilfe verloren. Die nun angestrebte Positionierung auf dem vierten Rang nach drei Geberkantonen würde aber von den anderen Kantonen akzeptiert.

Ein Mitglied beantragte, die einfache Gewinnsteuer nur auf 6 anstatt 4,5 Prozent des steuerbaren Ge-winns zu senken. Bei einem Steuersatz von 6 Prozent würde sich der Kanton Glarus mit einem effek-tiven Gewinnsteuersatz von 13,86 Prozent auf Rang 15 aller Kantone positionieren. Die Kommission votierte jedoch klar für die vom Regierungsrat vorgeschlagene Senkung der einfachen Gewinnsteuer auf 4,5 Prozent des steuerbaren Gewinns.

8.1.4.3. Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen

Bei der Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen beantragte ein Mitglied, die Besteue-rung auf das bundesrechtliche Minimum von 50 Prozent zu senken, die bisherige Nischenstrategie solle beibehalten werden. Andere Mitglieder wiesen darauf hin, dass der Zweck der privilegierten Dividen-denbesteuerung die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung sei. Bei einer Dividendenbe-steuerung auf dem bundesrechtlichen Minimum würden die betroffenen Unternehmer zusammen mit der beabsichtigten deutlichen Senkung des Gewinnsteuersatzes letztlich zu stark entlastet bzw. über-mässig bevorteilt. Die Zahlen zeigten zudem, dass die Nischenstrategie mit einer tiefen Dividendenbe-steuerung nicht den erhofften Erfolg brachte. Eine Senkung des Gewinnsteuersatzes komme zudem allen Unternehmen zugute und nicht bloss denjenigen, die eine Beteiligung von 10 Prozent oder mehr halten. Eine Reduktion auf 50 Prozent würde für Kanton und Gemeinden zudem Mindereinnahmen von rund 1,9 Millionen Franken zur Folge haben. Die Kommission votierte mit klarer Mehrheit für eine Divi-dendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen zu 70 Prozent gemäss Antrag des Regierungsrates und lehnte das bundesrechtliche Minimum von 50 Prozent entsprechend ab.

Die Kommission beantragte dem Landrat schliesslich, der Teilvorlage D unverändert zuzustimmen.

8.1.5. Teil E: Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

Teil E der Änderung des Steuerrechts sieht finanzielle Ausgleichsmassnahmen des Kantons zugunsten der Gemeinden sowie zwischen den Gemeinden vor. Ziel ist, dass die Umsetzung des STAF für alle Gemeinden tragbar ist. Grundsätzlich war für die Kommission unbestritten, dass ein vertikaler und ein horizontaler Ausgleich erfolgen müsse. Zu diskutieren sei jedoch, wie stark und zu wessen Guns-ten dieser Ausgleich stattfinden soll. Verschiedene Mitglieder wollten, dass die Gemeinde Glarus Nord und insbesondere die Gemeinde Glarus Süd, die von der Umsetzung des STAF negativ betroffen sind, stärker unterstützt werden. Das Finanzausgleichsgesetz fordere einen Ausgleich der Steuerkraft unter den Gemeinden. An diesem Anspruch sei die Vorlage zu messen. Andere Mitglieder wiesen darauf hin,

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dass das Finanzausgleichsgesetz erst an der Landsgemeinde 2018 geändert wurde. Es solle daher nur soweit geändert werden, als es in Zusammenhang mit der Umsetzung des STAF erforderlich sei. Zudem sei eine zeitliche Befristung nicht nur für die vertikalen, sondern auch für die horizontalen Ausgleichs-massnahmen anzustreben.

In der Detailberatung wurde die Vorlage des Regierungsrates kontrovers diskutiert. Thematisiert wurde die Ausgestaltung des horizontalen Finanzausgleichs zwischen den Gemeinden. Hier wurde die Be-grenzung des Ressourcenausgleichs, die der Regierungsrat auf 1,5 Millionen Franken erhöhen wollte, in Frage gestellt. Zudem sprach sich die Kommission klar für eine Befristung der horizontalen Aus-gleichsmassnahmen aus. Diese seien im in Aussicht gestellten Bericht zur Umsetzung des STAF im Kanton Glarus nochmals zu diskutieren. Dies führte die Kommission zum Schluss, dass die Fragen des horizontalen Ressourcenausgleichs nicht schon abschliessend mit einer Gesetzesänderung, sondern in einer Übergangsbestimmung zu regeln seien.

Ebenso kontrovers diskutierte die Kommission in der Frage, wie der vertikale Finanzausgleich zu gestal-ten sei. Die Kommission votierte dafür, den Ausgleichsbeitrag des Kantons von 1,2 Millionen Franken nach Ressourcenstärke und nicht zu je einem Drittel auf die Gemeinden zu verteilen. Dadurch würden nur die ressourcenschwachen Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd vom Ausgleichsbeitrag profitie-ren. Die ressourcenstarke Gemeinde Glarus sei hingegen nicht auf den Ausgleichsbeitrag angewiesen, zumal sie durch die ordentliche Besteuerung der Statusgesellschaften stark profitiere. Ein Antrag, den vertikalen Ausgleichsbeitrag von 1,2 auf 1,5 Millionen Franken zu erhöhen, wurde abgelehnt. Der Kan-ton habe aufgrund der Änderung des Steuerrechts relativ grosse Mindereinnahmen von 2,8 Millionen Franken zu gewärtigen, während die Gemeinden nur geringe Mindereinnahmen oder gar Mehrerträge erwarten dürften. Die 1,2 Millionen Franken seien daher angemessen. Die intensiven Diskussionen führ-ten dazu, dass die landrätliche Kommission dem Landrat ein neues Modell unterbreitete:– Die folgenden horizontalen und vertikalen Ausgleichsmassnahmen im Zusammenhang mit der Um-

setzung des STAF werden von 2020 bis 2023 befristet und nur in einer Übergangsbestimmung ge-regelt.

– Der vertikale Ausgleichsbeitrag des Kantons von 1,2 Millionen Franken wird nach Ressourcenstärke und nicht zu je einem Drittel auf die Gemeinden verteilt.

– Beim horizontalen Finanzausgleich wird der Ansatz für den Disparitätenabbau von 20 auf 30 Prozent erhöht. Die Begrenzung der Höhe des Ressourcenausgleichs wird aufgehoben.

Der Landrat entschied in der ersten Lesung, den Disparitätenabbau statt von 30 gemäss Antrag der Kommission auf 40 Prozent zu erhöhen. Diese Kommission befasste sich deshalb zuhanden der zwei-ten Lesung nochmals mit dieser Frage.

Verschiedene Kommissionsmitglieder betonten, dass der Antrag der Kommission ein Kompromiss sei: Von 2020 bis 2023 werde bereits der kantonale Ausgleichsbeitrag von 1,2 Millionen Franken nur den ressourcenschwachen Gemeinden zugutekomme. Auf die Begrenzung des Ressourcenausgleichs wer-de verzichtet und der Disparitätenabbau erfahre auch bei der Kommissionsvariante eine Erhöhung (von 20 auf 30 %). Bei einer Erhöhung des Disparitätenabbaus auf 40 Prozent – und damit einem noch stär-keren Ausgleich zugunsten der ressourcenschwachen Gemeinden – hätten diese einen zu geringen An-reiz, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. Im Falle einer Erhöhung auf 40 Prozent sei daher auch auf die anderen Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes zurückzukommen.

Andere Mitglieder anerkannten, dass mit einem höheren Disparitätenabbau die unterschiedlichen Aus-wirkungen der Umsetzung des STAF auf die Gemeinden effektiver ausgeglichen werden könnten. Es sei zudem auch mittel- und langfristig davon auszugehen, dass die Holding- und Verwaltungsgesell-schaften ihren Unternehmenssitz aufgrund der mehrheitlich in der Gemeinde Glarus ansässigen An-waltskanzleien eher in der Gemeinde Glarus als in den Gemeinden Glarus Nord und Glarus Süd wählen würden. Weiter gelte es zu bedenken, dass bisher keine Gemeinde von den Steuern der Statusgesell-schaften profitierte, sondern einzig und allein der Kanton. Neu werden die Statusgesellschaften ordent-lich besteuert, wobei aber primär die Gemeinde Glarus von dieser breiteren Steuerbasis profitieren werde. Eine Erhöhung des Disparitätenabbaus auf 40 Prozent sei daher gerechtfertigt.

In der nachstehenden Tabelle werden die finanziellen Auswirkungen der beiden noch zur Diskussion stehenden Prozentsätze (30 % gemäss Kommission versus 40 % gemäss Antrag aus dem Landrats-plenum) einander gegenübergestellt (alle Beträge in Fr.).

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Ausgleichsmassnahmen bei einem Disparitätenabbau von 40 % (Antrag aus LR-Plenum)

720’000

720’000

1’240’000

1’518’000

520’000

798’000

640’000

918’000

+278’000

0

0

-888’000

-1’350’000

-888’000

-1’350’000

1’469’000

1’007’000

-462’000

480’000

480’000

848’000

1’032’000

368’000

552’000

778’000

962’000

+184’000

-1’200’000

-1’200’000

-1’200’000

-1’200’000

0

0

-1’180’000

-1’180’000

0

∆ Ausgleichsbeitrag Kanton

∆ Ausgleichsbeitrag Kanton

∆ Ressourcenausgleich

∆ Ressourcenausgleich

Total Ausgleichsmassnahmen

Total Ausgleichsmassnahmen

Total Veränderung

Total Veränderung

Differenz 30 % vs. 40 %

Ausgleichsmassnahmen bei einem Disparitätenabbau von 30 % (Antrag Kommission)

Glarus SüdGlarusGlarus NordKanton

-600’0002’357’000-70’00020’000Finanzielle Auswirkungen STAF ohne Ausgleichsmassnahmen

Bei einem Disparitätenabbau von 40 Prozent wäre der Umverteilungseffekt stärker. Die Gemeinde Gla-rus erhielte gegenüber dem Antrag der Kommission Finanzen und Steuern 462 000 Franken weniger. Dafür würden die Gemeinden Glarus Nord 184 000 Franken und Glarus Süd 278 000 Franken mehr erhalten. Auch mit einem höheren Disparitätenabbau profitiert die Gemeinde Glarus aber am stärksten von der Umsetzung des STAF.

Die landrätliche Kommission Finanzen und Steuern beantragte dem Landrat schliesslich mit knapper Mehrheit, ihrem Modell mit einem Disparitätenabbau von 30 Prozent zuzustimmen und den Antrag auf Erhöhung des Disparitätenabbaus auf 40 Prozent somit abzulehnen.

8.1.6. Zusammenfassung

Die landrätliche Kommission Finanzen und Steuern betonte die grosse Bedeutung der vorliegenden Än-derung des Steuerrechts für den Kanton Glarus, die Glarner Gemeinden und den Glarner Wirtschafts-standort. Sie schliesst sich entsprechend weitestgehend den Anträgen des Regierungsrates an und unterstützt dessen Strategie. Lediglich im Teil E betreffend die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes beantragte die Kommission Anpassungen.

8.2. Landrat

Im Landrat war Eintreten auf die Gesamtvorlage unbestritten. Sie wurde im Grundsatz begrüsst. Die Vorlage sei ein Kompromiss und ausgewogen. Sie beinhalte sozial- wie auch wirtschaftspolitische Ele-mente. Man solle sich nicht allzu stark auf verteilungspolitische Argumente bzw. den Finanzausgleich fokussieren.

Es wurde gemahnt, nur zurückhaltend Änderungen an der aus fünf separaten Teilen bestehenden Vor-lage vorzunehmen. Anpassungen bei der Umsetzung des STAF (Teil D) hätten Auswirkungen auf die Re-gelung des Finanzausgleichs (Teil E). Diese beiden Teile würden ausserdem direkt von der Annahme des STAF an der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 abhängen. Fragezeichen wurden in der Eintretens-debatte zur Umsetzung des Memorialsantrags, insbesondere zur Erhöhung des Abzugs für selbstbe-zahlte Prämien für Lebens-, Kranken- oder Unfallversicherungen, zur Steuerstrategie mit der geplanten Senkung der Gewinnsteuer, zur Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen und zur An-passung des Finanzausgleichs angebracht. Anträge wurden für die Detailberatung in Aussicht gestellt.

8.2.1. Teil A: Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel

In der Detailberatung gab es keine Wortmeldungen zu den Anpassungen an das Steuerharmonisie-rungsgesetz bzw. zur Regelung des interkommunalen Wohnsitzwechsels. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde Zustimmung zur unveränderten Teilvorlage A.

8.2.2. Teil B: Bausteuerzuschlag für die Gemeinden

Auch diese Teilvorlage war im Plenum unbestritten. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, der un-veränderten Teilvorlage B zuzustimmen.

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8.2.3. Teil C: Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen»

Für die Vorlage wurde ins Feld geführt, dass die Krankenkassenprämien seit 2008 um 30 Prozent ge-stiegen seien, die Abzüge aber nicht. Dies sei nun nachzuholen. Die zu erwartenden Steuerausfälle von 3,6 Millionen Franken könnten kompensiert werden. Es sei allein durch straflose Selbstanzeigen oder die noch abzuklärenden rund 3600 ausländischen Finanzkonten mit mindestens 1,4 Millionen Franken Mehreinnahmen zu rechnen. Auch werde die Landsgemeinde keine einseitigen Steuererleichterungen für Unternehmen akzeptieren; die natürlichen Personen seien ebenfalls zu entlasten. Zudem sei es eine Frage der Fairness gegenüber dem Mittelstand, auch Leute zu entlasten, die keine Individuelle Prämien-verbilligung (IPV) erhalten würden.

Die Stossrichtung des Antrags sei zwar richtig, wurde gegen den Memorialsantrag votiert. Statt auf höhere Abzüge für alle sei aber auf die IPV zu setzen. Dadurch könnten jene Personen entlastet werden, welche dies besonders nötig hätten. Der Memorialsantrag sei der Landsgemeinde deshalb zur Ableh-nung zu empfehlen. Weniger weit ging ein Antrag, der lediglich die Erhöhung der Steuerabzüge, nicht aber die Senkung des Selbstbehaltes bekämpfte. Dadurch könne ein Grossteil der Einnahmeausfälle durch die Umsetzung des Memorialsantrags verhindert werden.

Mit klarer Mehrheit beschloss der Landrat jedoch, am regierungsrätlichen Vorschlag zur Umsetzung des Memorialsantrags der CVP des Kantons Glarus festzuhalten. Der Vertreter der CVP-Fraktion hielt fest, dass die Antragsteller das Anliegen des Memorialsantrags mit der vorgeschlagenen Umsetzung als erfüllt erachten.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde somit, den Memorialsantrag anzunehmen, der unveränder-ten regierungsrätlichen Vorlage zuzustimmen und den Memorialsantrag damit als erledigt abzuschrei-ben.

8.2.4. Teil D: Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus

Eintreten auf dieses Kernstück der Änderung des Steuerrechts war unbestritten. Hinter der Umsetzung des STAF im Kanton Glarus stehe eine klare Strategie: Die Gewinnsteuern würden für alle Unterneh-men von 8 auf 4,5 Prozent gesenkt. Dafür werde auf die Einführung von weiteren, im STAF vorgesehe-nen Massnahmen soweit als möglich verzichtet. Die Gewinnsteuersenkung ermögliche es dem Kanton Glarus, für juristische Personen weiterhin steuerlich attraktiv zu sein. Die Steuerattraktivität stehe für Statusgesellschaften im Vordergrund, da diese Unternehmen sehr mobil und nicht zwingend an den Kanton Glarus gebunden seien. Mit den vorgeschlagenen Änderungen gehöre der Kanton Glarus in steuerlicher Hinsicht im schweizweiten Vergleich zu den bevorzugten Standorten. Damit diese Status-gesellschaften effektiv im Kanton Glarus bleiben, sei diese Spitzenposition unabdingbar. Der Kanton Glarus heize mit dem vorgesehenen vierten Platz den Steuerwettbewerb auch nicht zusätzlich an. Er anerkenne damit lediglich, dass es den Steuerwettbewerb gibt, und versuche, mit der vorgesehenen Positionierung den Status quo zu erhalten. Der Kanton Glarus werde zudem einer der ersten Kantone sein, der Rechtssicherheit bezüglich der künftigen Besteuerung schafft. Das sei eine zusätzliche Chan-ce. Man müsse sich im Übrigen bewusst sein, dass 90 Prozent der Steuereinnahmen von den natür-lichen Personen stammen. Die juristischen Personen tragen 10 Prozent bei. Deshalb könne der Kanton Glarus bei den Gewinnsteuern weiter gehen als andere Kantone. Durch die Steuererhöhung bei den Statusgesellschaften bzw. die damit verbundenen Mehreinnahmen könnten die Steuern für die Glarner KMU im Ergebnis deutlich gesenkt werden.

In der Detailberatung wurden Änderungsanträge betreffend Gewinnsteuern und privilegierte Dividen-denbesteuerung für massgebliche Beteiligungen gestellt:– Ein Ratsmitglied brachte den Antrag ein, die Teilbesteuerung der Dividenden aus massgeblichen Be-

teiligungen nur auf das neue Bundesminimum von 50 Prozent statt auf 70 Prozent festzulegen. Die hiesigen Unternehmer würden zwar von der Senkung der Unternehmenssteuern profitieren, dann aber bei der Dividendenbesteuerung zur Kasse gebeten. Der Patron, der im Kanton wohne, arbeite und Arbeitsplätze schaffe, bezahle die Vorteile der grossen Firmen, deren Eigentümer in anderen Kantonen wohnten. Demgegenüber wurde festgehalten, dass diese Vorlage ein Kuhhandel sei, aber im positiven Sinne. Die Anhebung der privilegierten Dividendenbesteuerung auf 70 Prozent diene auch der Gegenfinanzierung der Senkung bei den Gewinnsteuern.

– Vonseiten der Ratslinken wurde beantragt, den Gewinnsteuersatz unverändert bei 8 Prozent zu be-lassen oder nur auf 6 statt auf 4,5 Prozent zu senken. Im Wesentlichen wurde gegen die Senkung ins Feld geführt, dass der Kanton Glarus den Steuerwettbewerb nicht weiter anheizen dürfe. Sie sei ein Affront gegenüber den Geberkantonen im Nationalen Finanzausgleich und entspreche angesichts

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drohender Steuerausfälle einer Hochrisikostrategie. Dagegen wurde eingewendet, der Kanton ran-giere mit dem Steuersatz von 4,5 Prozent (effektiver Steuersatz von 12,43 %) voraussichtlich nur auf Rang 4 und damit im vorderen Drittel. Dies sei keine Spitzenposition, die negative Reaktionen zur Folge hätte. Wenn der Kanton Glarus beim Steuerwettbewerb nicht ein Stück weit mitmache, gehöre man zu den Verlierern. Eine Rangierung um Rang 20 herum werde bei den Firmen zu Abwanderungen führen.

Alle Änderungsanträge wurden in der Folge klar abgelehnt. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde somit, der unveränderten Vorlage zuzustimmen.

8.2.5. Teil E: Änderung des Finanzausgleichsgesetzes

Einleitend schloss sich der Regierungsrat der Vorlage in der Fassung der vorberatenden Kommission an. Dadurch wurde die regierungsrätliche Vorlage nicht mehr weiter diskutiert.

Es wurde nochmals betont, dass diese Vorlage wichtig für die Gemeinden sei. Diese müssten einer-seits Einbussen bei den Steuern von natürlichen Personen und auch von Firmen verkraften. Anderer-seits würden die Gemeinden mehr Gewinnsteuern von Statusgesellschaften, die bisher überhaupt nur dem Kanton Geld abliefern mussten, erhalten. Allerdings profitiere zum grossen Teil nur die Gemeinde Glarus davon, da die meisten Statusgesellschaften ihren Sitz in dieser Gemeinde hätten. Bereits der Regierungsrat habe deshalb einen Ausgleich zwischen den Gemeinden vorgesehen. Die landrätliche Kommission habe diesen noch ausgebaut. Diese Kommission schlägt eine bis 2023 befristete Lösung vor. Eine definitive Regelung solle dann erarbeitet werden, wenn Zahlen über die Auswirkungen der STAF-Vorlage und des 2018 revidierten Finanzausgleichs vorlägen. Die Vorlage war im Grundsatz im Landrat unbestritten und gab bezüglich ihrer grundsätzlichen Ausgestaltung zu keinen Diskussionen mehr Anlass.

Zu intensiven Diskussionen kam es jedoch bezüglich der Höhe des Disparitätenabbaus. Ein Landrat aus Glarus Süd beantragte, die Höhe des Disparitätenabbaus in der Übergangsbestimmung auf 40 Prozent statt auf 30 Prozent wie von der Kommission vorgeschlagen festzusetzen. Damit werde der erwartete Mehrertrag gerechter auf die Gemeinden verteilt. Unterstützt wurde dieser Antrag in zweiter Lesung auch aus Glarus Nord. Es gehe um Fairness. Glarus werde durch die Unternehmenssteuerreform privilegiert und solle den beiden anderen Gemeinden mehr vom Kuchen abgeben. Die Kommission, unterstützt durch weitere Votanten, wollte bei ihrem Entscheid bleiben (s. Ziff. 8.1.5). Schon die von der Kommission vorgeschlagene Erhöhung auf 30 Prozent sei ein fairer Kompromiss. Von Regierungsseite wurde ange-mahnt, die Gemeinden, welche das Geld hereinholten, nicht zu stark zur Kasse zu bitten. Der Landrat unterstützte jedoch in erster und zweiter Lesung mit relativ knapper Mehrheit den Antrag auf Erhöhung des Disparitätenabbaus auf 40 Prozent.

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde mit klarer Mehrheit bei einigen Enthaltungen, der so berei-nigten Teilvorlage E zuzustimmen.

9. Antrag

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, nachstehenden Gesetzesänderungen zuzustimmen und den Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Kran-kenkassenprämien von den Steuern abziehen» als erledigt abzuschreiben:

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A. Anpassungen an das Steuerharmonisierungsgesetz / interkommunaler Wohnsitzwechsel

(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI C/1/1, Steuergesetz (StG) vom 7. Mai 2000 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 4 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert)1 Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton sind aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie:2. (geändert) an Grundstücken im Kanton Eigentum, dingliche Rechte

oder diesen wirtschaftlich gleichkommende persönliche Nutzungs-rechte haben;

3. (neu) mit im Kanton gelegenen Grundstücken handeln.2 Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz sind aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie:4. (geändert) im Kanton gelegene Grundstücke vermitteln;

Art. 23 Abs. 11 Steuerbar sind auch:5. Aufgehoben.

Art. 24 Abs. 11 Steuerfrei sind:11. (geändert) die Gewinne, die in Spielbanken mit Spielbankenspielen er-

zielt werden, die nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 2017 (BGS) zugelassen sind, sofern diese Gewinne nicht aus selbstständi-ger Erwerbstätigkeit stammen;

11a. (neu) die einzelnen Gewinne bis zum Betrag von 1 Million Franken aus der Teilnahme an Grossspielen, die nach dem BGS zugelassen sind, und aus der Online-Teilnahme an Spielbankenspielen, die nach dem BGS zugelassen sind;

11b. (neu) die Gewinne aus Kleinspielen, die nach dem BGS zugelassen sind;

SBE 1

12. (geändert) die einzelnen Gewinne aus Lotterien und Geschicklich-keitsspielen zur Verkaufsförderung, die nach Artikel 1 Absatz 2 Buch-staben d und e BGS diesem nicht unterstehen, sofern die Grenze von 1000 Franken nicht überschritten wird.

Art. 30 Abs. 2 (geändert), Abs. 2a (neu)2 Bei Liegenschaften im Privatvermögen können die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Ver-sicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden. Den Unterhaltskosten sind Investitionen gleichgestellt, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, soweit sie bei der direkten Bundessteuer abziehbar sind. Den Unterhaltskosten gleichgestellt sind auch die Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau, soweit sie bei der di-rekten Bundessteuer abziehbar sind.2a Investitionskosten sowie Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneu-bau nach Absatz 2 sind in den zwei nachfolgenden Steuerperioden abzieh-bar, soweit sie in der laufenden Steuerperiode, in welcher die Aufwendun-gen angefallen sind, steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden kön-nen.

Art. 31 Abs. 3 (geändert)3 Von den einzelnen Gewinnen aus der Teilnahme an Geldspielen, welche nicht nach Artikel 24 Ziffern 11–12 steuerfrei sind, werden 5 Prozent, jedoch höchstens 5000 Franken, als Einsatzkosten abgezogen. Von den einzelnen Gewinnen aus der Online-Teilnahme an Spielbankenspielen nach Artikel 24 Ziffer 11a werden die vom Online-Spielerkonto abgebuchten Spieleinsätze im Steuerjahr, jedoch höchstens 25 000 Franken abgezogen.

Art. 55 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert)1 Juristische Personen mit Sitz oder mit tatsächlicher Verwaltung ausserhalb des Kantons sind steuerpflichtig, wenn sie:3. (geändert) an Grundstücken im Kanton Eigentum, dingliche Rechte

oder diesen wirtschaftlich gleichkommende persönliche Nutzungs-rechte haben;

4. (neu) mit im Kanton gelegenen Grundstücken handeln.2 Juristische Personen mit Sitz und tatsächlicher Verwaltung im Ausland sind ausserdem steuerpflichtig, wenn sie:2. (geändert) im Kanton gelegene Grundstücke vermitteln.

2

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118

12. (geändert) die einzelnen Gewinne aus Lotterien und Geschicklich-keitsspielen zur Verkaufsförderung, die nach Artikel 1 Absatz 2 Buch-staben d und e BGS diesem nicht unterstehen, sofern die Grenze von 1000 Franken nicht überschritten wird.

Art. 30 Abs. 2 (geändert), Abs. 2a (neu)2 Bei Liegenschaften im Privatvermögen können die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Ver-sicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden. Den Unterhaltskosten sind Investitionen gleichgestellt, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, soweit sie bei der direkten Bundessteuer abziehbar sind. Den Unterhaltskosten gleichgestellt sind auch die Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau, soweit sie bei der di-rekten Bundessteuer abziehbar sind.2a Investitionskosten sowie Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneu-bau nach Absatz 2 sind in den zwei nachfolgenden Steuerperioden abzieh-bar, soweit sie in der laufenden Steuerperiode, in welcher die Aufwendun-gen angefallen sind, steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden kön-nen.

Art. 31 Abs. 3 (geändert)3 Von den einzelnen Gewinnen aus der Teilnahme an Geldspielen, welche nicht nach Artikel 24 Ziffern 11–12 steuerfrei sind, werden 5 Prozent, jedoch höchstens 5000 Franken, als Einsatzkosten abgezogen. Von den einzelnen Gewinnen aus der Online-Teilnahme an Spielbankenspielen nach Artikel 24 Ziffer 11a werden die vom Online-Spielerkonto abgebuchten Spieleinsätze im Steuerjahr, jedoch höchstens 25 000 Franken abgezogen.

Art. 55 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert)1 Juristische Personen mit Sitz oder mit tatsächlicher Verwaltung ausserhalb des Kantons sind steuerpflichtig, wenn sie:3. (geändert) an Grundstücken im Kanton Eigentum, dingliche Rechte

oder diesen wirtschaftlich gleichkommende persönliche Nutzungs-rechte haben;

4. (neu) mit im Kanton gelegenen Grundstücken handeln.2 Juristische Personen mit Sitz und tatsächlicher Verwaltung im Ausland sind ausserdem steuerpflichtig, wenn sie:2. (geändert) im Kanton gelegene Grundstücke vermitteln.

2

Art. 59 Abs. 3 (geändert)3 Käufer und Verkäufer einer im Kanton gelegenen Liegenschaft haften für die aus der Vermittlungs- oder Handelstätigkeit geschuldeten Steuern soli-darisch bis zu 5 Prozent der Kaufsumme, wenn die die Liegenschaft vermit-telnde oder handelnde juristische Person in der Schweiz weder ihren Sitz noch ihre tatsächliche Verwaltung hat.

Art. 204 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (neu)1 Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen steuerrechtlichen Wohnsitz oder seinen Sitz in eine andere Gemeinde des Kantons, kommt die Steuerhoheit für die laufende Steuerperiode der Zuzugsgemeinde zu.2 Kapitalleistungen gemäss Artikel 36 sind in der Gemeinde steuerbar, in welcher der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung seinen Wohnsitz hat.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Januar 2020 in Kraft.

3

B. Bausteuerzuschlag für die Gemeinden (Änderung der Verfassung des Kantons Glarus)(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS I A/1/1, Verfassung des Kantons Glarus vom 1. Mai 1988 (Stand 1. Janu-ar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 52 Abs. 1 (geändert)1 Der Kanton, die Gemeinden und die andern öffentlich-rechtlichen Körper-schaften müssen ihren Haushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässig-keit, des Haushaltsgleichgewichts, der Sparsamkeit, der Dringlichkeit, der Wirtschaftlichkeit, des Verursacherprinzips, der Vorteilsabgeltung, der Wir-kungsorientierung, der Zielorientierung und des Verbots der Zweckbindung von Hauptsteuern, unter Vorbehalt der Bausteuer, führen.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

SBE 1

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119

B. Bausteuerzuschlag für die Gemeinden (Änderung der Verfassung des Kantons Glarus)(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS I A/1/1, Verfassung des Kantons Glarus vom 1. Mai 1988 (Stand 1. Janu-ar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 52 Abs. 1 (geändert)1 Der Kanton, die Gemeinden und die andern öffentlich-rechtlichen Körper-schaften müssen ihren Haushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmässig-keit, des Haushaltsgleichgewichts, der Sparsamkeit, der Dringlichkeit, der Wirtschaftlichkeit, des Verursacherprinzips, der Vorteilsabgeltung, der Wir-kungsorientierung, der Zielorientierung und des Verbots der Zweckbindung von Hauptsteuern, unter Vorbehalt der Bausteuer, führen.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

SBE 1

B. Bausteuerzuschlag für die Gemeinden (Änderung Gesetze)(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI C/1/1, Steuergesetz (StG) vom 7. Mai 2000 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 130 Abs. 1 (geändert)1 Die Bausteuer wird in einem prozentualen Zuschlag der einfachen Steu-er sowie auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer erhoben.

Art. 186 Abs. 1 (geändert)1 Die Kantonssteuern (Einkommens- und Vermögenssteuern von natürlichen Personen, Gewinn- und Kapitalsteuern von juristischen Personen, Quellen-steuern von bestimmten natürlichen und juristischen Personen, Grundstück-gewinnsteuern, Erbschafts- und Schenkungssteuern, Bausteuer) sowie die Gemeindesteuern werden zentral durch die kantonale Steuerverwaltung be-zogen.

Art. 201 Abs. 2 (neu)2 Die politischen Gemeinden können zudem eine kommunale Bausteuer auf Steuern im Sinne von Absatz 1 erheben.

Titel nach Art. 206 (neu)

2.2a. Kommunale Bausteuer

Art. 206a (neu)

Zweck der Bausteuer1 Für die Finanzierung grosser Bauvorhaben können die politischen Gemein-den eine zweck- und objektgebundene Bausteuer erheben.

Art. 206b (neu)

Steuerobjekt und Verfahren1 Die Bausteuer wird in einem prozentualen Zuschlag der einfachen Steuer erhoben.

SBE 1

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120

B. Bausteuerzuschlag für die Gemeinden (Änderung Gesetze)(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI C/1/1, Steuergesetz (StG) vom 7. Mai 2000 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 130 Abs. 1 (geändert)1 Die Bausteuer wird in einem prozentualen Zuschlag der einfachen Steu-er sowie auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer erhoben.

Art. 186 Abs. 1 (geändert)1 Die Kantonssteuern (Einkommens- und Vermögenssteuern von natürlichen Personen, Gewinn- und Kapitalsteuern von juristischen Personen, Quellen-steuern von bestimmten natürlichen und juristischen Personen, Grundstück-gewinnsteuern, Erbschafts- und Schenkungssteuern, Bausteuer) sowie die Gemeindesteuern werden zentral durch die kantonale Steuerverwaltung be-zogen.

Art. 201 Abs. 2 (neu)2 Die politischen Gemeinden können zudem eine kommunale Bausteuer auf Steuern im Sinne von Absatz 1 erheben.

Titel nach Art. 206 (neu)

2.2a. Kommunale Bausteuer

Art. 206a (neu)

Zweck der Bausteuer1 Für die Finanzierung grosser Bauvorhaben können die politischen Gemein-den eine zweck- und objektgebundene Bausteuer erheben.

Art. 206b (neu)

Steuerobjekt und Verfahren1 Die Bausteuer wird in einem prozentualen Zuschlag der einfachen Steuer erhoben.

SBE 1

Art. 8 Abs. 11 Die Haushaltführung richtet sich nach den in Artikel 52 Absatz 1 der Kantonsverfassung enthaltenen Grundsätzen. Es bedeuten:k. (geändert) Verbot der Zweckbindung von Hauptsteuern unter Vorbe-

halt der Bausteuer: im Grundsatz dürfen zur Deckung einzelner Ausga-ben mittels Spezialfinanzierungen oder zur unmittelbaren Abschrei-bung bestimmter Ausgaben keine festen Anteile der Hauptsteuern ver-wendet werden; vorbehalten bleibt die Erhebung der Bausteuer ge-mäss den betreffenden Bestimmungen im Steuergesetz.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Januar 2020 in Kraft.

3

2 Die Vorschriften über das Einsprache- und Beschwerdeverfahren sowie über den Steuerbezug, die Sicherung und den Erlass der Steuern werden sinngemäss angewendet.

Art. 206c (neu)

Steuermass1 Die Bausteuer darf 10 Prozent der einfachen Steuer im Sinne von Artikel 202 nicht übersteigen.2 Die politischen Gemeinden setzen alljährlich die Höhe und die Verwendung der kommunalen Bausteuer zusammen mit dem Steuerfuss (Art. 202) für das Folgejahr fest.

II.

1.GS III B/1/1, Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbu-ches im Kanton Glarus (Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch; EG ZGB) vom 7. Mai 1911 (Stand 1. Juli 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 227 Abs. 11 Ein gesetzliches Grundpfandrecht besteht ohne Eintragung in das Grund-buch (vgl. Art. 836 ZGB):2. (geändert) zugunsten des Kantons und der Gemeinden auf den im

Kanton Glarus liegenden Grundstücken für die Staats-, die Grund-stückgewinn-, die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Bausteuer und die Gemeindesteuern, für die Kosten der ersatzweisen Wiederher-stellung des gesetzmässigen Zustandes sowie für die Mehrwertabga-be nach dem Raumentwicklungs- und Baugesetz;

2.GS IV D/1/1, Gesetz über die Förderung von Turnen und Sport vom 6. Mai 1973 (Stand 6. Mai 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 9e

Aufgehoben.

3.GS VI A/1/2, Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus und seiner Gemeinden vom 3. Mai 2009 (Stand 1. September 2014), wird wie folgt ge-ändert:

2

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121

C. Memorialsantrag «Für eine faire Entlastung aller Steuerzahler und deren Familien: Selbstbezahlte Krankenkassenprämien von den Steuern abziehen»

(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI C/1/1, Steuergesetz (StG) vom 7. Mai 2000 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 31 Abs. 11 Von den Einkünften werden abgezogen:7. (geändert) die Einlagen, Prämien und Beiträge für die Lebens-, die

Kranken- und die nicht unter Ziffer 6 fallende Unfallversicherung sowie die Zinsen von Sparkapitalien des Steuerpflichtigen und der von ihm unterhaltenen Personen, bis zum Gesamtbetrag von 6000 Franken für in ungetrennter Ehe lebende Steuerpflichtige und von bis zu 3000 Franken für die übrigen Steuerpflichtigen. Für Steuerpflichtige ohne Beiträge gemäss den Ziffern 4 und 5 erhöhen sich diese Ansätze um die Hälfte. Zudem erhöhen sich diese Abzüge um 1000 Franken für jedes Kind, für das der Steuerpflichtige einen Kinderabzug geltend machen kann;

8. (geändert) die Krankheits- und Unfallkosten des Steuerpflichtigen und der von ihm unterhaltenen Personen, soweit der Steuerpflichtige die Kosten selbst trägt und diese 2 Prozent der Nettoeinkünfte überstei-gen;

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Januar 2020 in Kraft.

SBE 1

D. Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus

(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI C/1/1, Steuergesetz (StG) vom 7. Mai 2000 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 2 Abs. 4 (aufgehoben)4 Aufgehoben.

Art. 18b (neu)

Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen des Geschäftsvermögens1 Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vortei-le aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genos-senschaftsanteilen und Partizipationsscheinen sowie Gewinne aus der Ver-äusserung solcher Beteiligungsrechte sind nach Abzug des zurechenbaren Aufwandes im Umfang von 70 Prozent steuerbar, wenn diese Beteiligungs-rechte mindestens 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals einer Kapital-gesellschaft oder Genossenschaft darstellen.2 Die Teilbesteuerung auf Veräusserungsgewinnen wird nur gewährt, wenn die veräusserten Beteiligungsrechte mindestens ein Jahr im Eigentum der steuerpflichtigen Person oder des Personenunternehmens waren.

Art. 18c (neu)

Einkommen aus Patenten und vergleichbaren Rechten bei selbstständiger Erwerbstätigkeit1 Für das Einkommen aus Patenten und vergleichbaren Rechten bei selbst-ständiger Erwerbstätigkeit sind die Artikel 63a und 63b sinngemäss an-wendbar.

SBE 1

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122

D. Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus

(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI C/1/1, Steuergesetz (StG) vom 7. Mai 2000 (Stand 1. Januar 2018), wird wie folgt geändert:

Art. 2 Abs. 4 (aufgehoben)4 Aufgehoben.

Art. 18b (neu)

Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen des Geschäftsvermögens1 Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vortei-le aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genos-senschaftsanteilen und Partizipationsscheinen sowie Gewinne aus der Ver-äusserung solcher Beteiligungsrechte sind nach Abzug des zurechenbaren Aufwandes im Umfang von 70 Prozent steuerbar, wenn diese Beteiligungs-rechte mindestens 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals einer Kapital-gesellschaft oder Genossenschaft darstellen.2 Die Teilbesteuerung auf Veräusserungsgewinnen wird nur gewährt, wenn die veräusserten Beteiligungsrechte mindestens ein Jahr im Eigentum der steuerpflichtigen Person oder des Personenunternehmens waren.

Art. 18c (neu)

Einkommen aus Patenten und vergleichbaren Rechten bei selbstständiger Erwerbstätigkeit1 Für das Einkommen aus Patenten und vergleichbaren Rechten bei selbst-ständiger Erwerbstätigkeit sind die Artikel 63a und 63b sinngemäss an-wendbar.

SBE 1

Art. 20 Abs. 1a (neu), Abs. 3 (geändert), Abs. 4 (neu), Abs. 5 (neu), Abs. 6 (neu), Abs. 7 (neu)1a Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vor-teile aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Ge-nossenschaftsanteilen und Partizipationsscheinen (einschliesslich Gratisak-tien, Gratisnennwerterhöhungen und dergleichen) sind im Umfang von 70 Prozent steuerbar, wenn diese Beteiligungsrechte mindestens 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals einer Kapitalgesellschaft oder Genossen-schaft darstellen.3 Die Rückzahlung von Einlagen, Aufgeldern und Zuschüssen (Reserven aus Kapitaleinlagen), die von den Inhabern der Beteiligungsrechte nach dem 31. Dezember 1996 geleistet worden sind, wird gleich behandelt wie die Rückzahlung von Grund- oder Stammkapital. Absatz 4 bleibt vorbehalten.4 Schüttet eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, die an einer schweizerischen Börse kotiert ist, bei der Rückzahlung von Reserven aus Kapitaleinlagen nach Absatz 3 nicht mindestens im gleichen Umfang übrige Reserven aus, so ist die Rückzahlung im Umfang der halben Differenz zwi-schen der Rückzahlung und der Ausschüttung der übrigen Reserven steuer-bar, höchstens aber im Umfang der in der Gesellschaft vorhandenen, han-delsrechtlich ausschüttungsfähigen übrigen Reserven.5 Absatz 4 ist nicht anwendbar auf Reserven aus Kapitaleinlagen:1. die bei fusionsähnlichen Zusammenschlüssen durch Einbringen von

Beteiligungs- und Mitgliedschaftsrechten an einer ausländischen Kapi-talgesellschaft oder Genossenschaft nach Artikel 66 Absatz 1 Ziffer 3 oder durch eine grenzüberschreitende Übertragung auf eine inländi-sche Tochtergesellschaft nach Artikel 66 Absatz 1 Ziffer 4 nach dem 24. Februar 2008 entstanden sind;

2. die im Zeitpunkt einer grenzüberschreitenden Fusion oder Umstruktu-rierung nach Artikel 66 Absatz 1 Ziffer 2 und Absatz 3 oder der Verle -gung des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung nach dem 24. Fe-bruar 2008 bereits in einer ausländischen Kapitalgesellschaft oder Ge-nossenschaft vorhanden waren;

3. im Falle der Liquidation der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft.6 Die Absätze 4 und 5 gelten sinngemäss auch für Reserven aus Kapitalein-lagen, die für die Ausgabe von Gratisaktien oder für Gratisnennwerterhöhun-gen verwendet werden.7 Entspricht bei der Rückgabe von Beteiligungsrechten an einer Kapitalge-sellschaft oder Genossenschaft, die an einer schweizerischen Börse kotiert ist, die Rückzahlung der Reserven aus Kapitaleinlagen nicht mindestens der Hälfte des erhaltenen Liquidationsüberschusses, so vermindert sich der steuerbare Anteil dieses Liquidationsüberschusses um die halbe Differenz zwischen diesem Anteil und der Rückzahlung, höchstens aber im Umfang der in der Gesellschaft vorhandenen Reserven aus Kapitaleinlagen, die auf diese Beteiligungsrechte entfallen.

2

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123

Art. 20a Abs. 11 Als Vermögensertrag im Sinne von Artikel 20 Absatz 1 gilt auch:2. (geändert) der Erlös aus der Übertragung einer Beteiligung am Grund-

oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft aus dem Privatvermögen in das Geschäftsvermögen einer Personenunter-nehmung oder einer juristischen Person, an welcher der Veräusserer oder Einbringer nach der Übertragung zu mindestens 50 Prozent am Kapital beteiligt ist, soweit die gesamthaft erhaltene Gegenleistung die Summe aus dem Nennwert der übertragenen Beteiligung und den Re-serven aus Kapitaleinlagen nach Artikel 20 Absätze 3–7 übersteigt; dies gilt sinngemäss auch, wenn mehrere Beteiligte die Übertragung gemeinsam vornehmen.

Art. 34 Abs. 3 (aufgehoben)3 Aufgehoben.

Art. 38 Abs. 2a (neu)2a Das steuerbare Vermögen ermässigt sich im Verhältnis der Patente und vergleichbaren Rechte nach Artikel 63a zum gesamten Geschäftsvermögen.

Art. 63a (neu)

Patente und vergleichbare Rechte, a. Begriffe1 Als Patente gelten:1. Patente nach dem Europäischen Patentübereinkommen vom 5. Okto-

ber 1973 in seiner revidierten Fassung vom 29. November 2000 mit Be-nennung Schweiz;

2. Patente nach dem Patentgesetz vom 25. Juni 1954;3. ausländische Patente, die den Patenten nach den Ziffern 1 oder 2 ent-

sprechen.2 Als vergleichbare Rechte gelten:1. ergänzende Schutzzertifikate nach dem Patentgesetz vom 25. Juni

1954 und deren Verlängerung;2. Topographien, die nach dem Topographiengesetz vom 9. Oktober

1992 geschützt sind;3. Pflanzensorten, die nach dem Sortenschutzgesetz vom 20. März 1975

geschützt sind;4. Unterlagen, die nach dem Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000

geschützt sind;5. Berichte, für die gestützt auf Ausführungsbestimmungen zum Land-

wirtschaftsgesetz vom 29. April 1998 ein Berichtschutz besteht;6. ausländische Rechte, die den Rechten nach den Ziffern 1–5 entspre-

chen.

3Art. 63b (neu)

Patente und vergleichbare Rechte, b. Besteuerung1 Der Reingewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten wird auf Antrag der steuerpflichtigen Person im Verhältnis des qualifizierenden Forschungs- und Entwicklungsaufwands zum gesamten Forschungs- und Entwicklungs-aufwand pro Patent oder vergleichbares Recht (Nexusquotient) mit einer Er-mässigung von 10 Prozent in die Berechnung des steuerbaren Reingewinns einbezogen.2 Der Reingewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten, die in Produk-ten enthalten sind, ermittelt sich, indem der Reingewinn aus diesen Produk-ten jeweils um 6 Prozent der diesen Produkten zugewiesenen Kosten sowie um das Markenentgelt vermindert wird.3 Wird der Reingewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten erstmals ermässigt besteuert, so werden der in vergangenen Steuerperioden bereits berücksichtigte Forschungs- und Entwicklungsaufwand zum steuerbaren Reingewinn hinzugerechnet. Im Umfang des hinzugerechneten Betrags ist eine versteuerte stille Reserve zu bilden.

Art. 63c (neu)

Entlastungsbegrenzung1 Die gesamte steuerliche Ermässigung nach Artikel 63b Absätze 1 und 2 darf nicht höher sein als 10 Prozent des steuerbaren Gewinns vor Verlust-verrechnung, wobei der Nettobeteiligungsertrag nach Artikel 71 und 72 aus-geklammert wird, und vor Abzug der vorgenommenen Ermässigungen.2 Es dürfen weder aus den einzelnen Ermässigungen noch aus der gesamten steuerlichen Ermässigung Verlustvorträge resultieren.

Art. 66 Abs. 2 (geändert), Abs. 4 (geändert)2 Überträgt eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eine Beteiligung auf eine ausländische Konzerngesellschaft, so wird für die Differenz zwi-schen dem Gewinnsteuerwert und dem Verkehrswert der Beteiligung die Besteuerung aufgeschoben. Der Steueraufschub entfällt, wenn die übertra-gene Beteiligung an einen konzernfremden Dritten veräussert wird, wenn die Gesellschaft, deren Beteiligungsrechte übertragen wurden, ihre Aktiven und Passiven in wesentlichem Umfang veräussert oder wenn sie liquidiert wird.

4

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124

Art. 63b (neu)

Patente und vergleichbare Rechte, b. Besteuerung1 Der Reingewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten wird auf Antrag der steuerpflichtigen Person im Verhältnis des qualifizierenden Forschungs- und Entwicklungsaufwands zum gesamten Forschungs- und Entwicklungs-aufwand pro Patent oder vergleichbares Recht (Nexusquotient) mit einer Er-mässigung von 10 Prozent in die Berechnung des steuerbaren Reingewinns einbezogen.2 Der Reingewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten, die in Produk-ten enthalten sind, ermittelt sich, indem der Reingewinn aus diesen Produk-ten jeweils um 6 Prozent der diesen Produkten zugewiesenen Kosten sowie um das Markenentgelt vermindert wird.3 Wird der Reingewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten erstmals ermässigt besteuert, so werden der in vergangenen Steuerperioden bereits berücksichtigte Forschungs- und Entwicklungsaufwand zum steuerbaren Reingewinn hinzugerechnet. Im Umfang des hinzugerechneten Betrags ist eine versteuerte stille Reserve zu bilden.

Art. 63c (neu)

Entlastungsbegrenzung1 Die gesamte steuerliche Ermässigung nach Artikel 63b Absätze 1 und 2 darf nicht höher sein als 10 Prozent des steuerbaren Gewinns vor Verlust-verrechnung, wobei der Nettobeteiligungsertrag nach Artikel 71 und 72 aus-geklammert wird, und vor Abzug der vorgenommenen Ermässigungen.2 Es dürfen weder aus den einzelnen Ermässigungen noch aus der gesamten steuerlichen Ermässigung Verlustvorträge resultieren.

Art. 66 Abs. 2 (geändert), Abs. 4 (geändert)2 Überträgt eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eine Beteiligung auf eine ausländische Konzerngesellschaft, so wird für die Differenz zwi-schen dem Gewinnsteuerwert und dem Verkehrswert der Beteiligung die Besteuerung aufgeschoben. Der Steueraufschub entfällt, wenn die übertra-gene Beteiligung an einen konzernfremden Dritten veräussert wird, wenn die Gesellschaft, deren Beteiligungsrechte übertragen wurden, ihre Aktiven und Passiven in wesentlichem Umfang veräussert oder wenn sie liquidiert wird.

4

4 Zwischen inländischen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, wel-che nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse durch Stimmen-mehrheit oder auf andere Weise unter einheitlicher Leitung einer Kapitalge-sellschaft oder Genossenschaft zusammengefasst sind, können direkt oder indirekt gehaltene Beteiligungen von mindestens 20 Prozent am Grund- oder Stammkapital einer anderen Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, Betriebe oder Teilbetriebe sowie Gegenstände des betrieblichen Anlagever-mögens zu den bisher für die Gewinnsteuer massgeblichen Werten übertra-gen werden. Vorbehalten bleibt die Übertragung auf eine Tochtergesell-schaft nach Absatz 1 Ziffer 4.1. Aufgehoben.2. Aufgehoben.

Art. 66a (neu)

Aufdeckung stiller Reserven bei Beginn der Steuerpflicht1 Deckt die steuerpflichtige Person bei Beginn der Steuerpflicht stille Reser-ven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts auf, so unterliegen diese nicht der Gewinnsteuer. Nicht aufgedeckt werden dürfen stille Reser-ven einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft aus Beteiligungen von mindestens 10 Prozent am Grund- oder Stammkapital oder am Gewinn und an den Reserven einer anderen Gesellschaft.2 Als Beginn der Steuerpflicht gelten die Verlegung von Vermögenswerten, Betrieben, Teilbetrieben oder Funktionen aus dem Ausland in einen inländi-schen Geschäftsbetrieb oder in eine inländische Betriebsstätte, das Ende einer Steuerbefreiung nach Artikel 60 sowie die Verlegung des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung in die Schweiz.3 Die aufgedeckten stillen Reserven sind jährlich zum Satz abzuschreiben, der für Abschreibungen auf den betreffenden Vermögenswerten steuerlich angewendet wird.4 Der aufgedeckte selbst geschaffene Mehrwert ist innert zehn Jahren abzuschreiben.

Art. 66b (neu)

Besteuerung stiller Reserven am Ende der Steuerpflicht1 Endet die Steuerpflicht, so werden die in diesem Zeitpunkt vorhandenen, nicht versteuerten stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts besteuert.2 Als Ende der Steuerpflicht gelten die Verlegung von Vermögenswerten, Betrieben, Teilbetrieben oder Funktionen aus dem Inland in einen ausländi-schen Geschäftsbetrieb oder in eine ausländische Betriebsstätte, der Über-gang zu einer Steuerbefreiung nach Artikel 60 sowie die Verlegung des Sit-zes oder der tatsächlichen Verwaltung ins Ausland.

5

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125

Art. 70 Abs. 1 (geändert)1 Die einfache Gewinnsteuer der Kapitalgesellschaften und Genossenschaf-ten beträgt 4,5 Prozent des steuerbaren Gewinnes.

Art. 73

Aufgehoben.

Art. 74

Aufgehoben.

Art. 75

Aufgehoben.

Art. 78 Abs. 1 (geändert), Abs. 3 (neu)1 Das steuerbare Eigenkapital besteht bei Kapitalgesellschaften und Genos-senschaften aus dem einbezahlten Aktien-, Grund- oder Stammkapital, dem Partizipationskapital, den offenen und den aus versteuertem Gewinn gebil-deten stillen Reserven sowie den in der Handelsbilanz ausgewiesenen Einla-gen, Aufgeldern und Zuschüssen im Sinne von Artikel 20 Absatz 3.3 Das steuerbare Eigenkapital ermässigt sich im Verhältnis der Beteiligungen nach Artikel 71 Absatz 1, der Patente und vergleichbaren Rechte nach Arti-kel 63a sowie der Darlehen an die Konzerngesellschaft zu den gesamten Ak-tiven.

Art. 81 Abs. 1 (geändert)1 Die Kapitalsteuer beträgt 2 Promille des steuerbaren Eigenkapitals.

Art. 130 Abs. 2 (aufgehoben)2 Aufgehoben.

Art. 201 Abs. 11 Die politischen Gemeinden und die Kirchgemeinden erheben als ordentli-che Gemeindesteuern jährlich:2. (geändert) Gewinn- und Kapitalsteuern von juristischen Personen.

Art. 207 Abs. 1 (geändert)1 Die staatlich anerkannten Kirchgemeinden erheben von den Angehörigen ihrer Konfession und den juristischen Personen die Kirchensteuer.

6

Art. 260b (neu)

Übergangsbestimmung zur Änderung vom .....1 Wurden juristische Personen nach Artikel 73 und 74 des bisherigen Rechts besteuert, so werden die bei Ende dieser Besteuerung bestehenden stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts, soweit diese bisher nicht steuerbar gewesen wären, im Falle ihrer Realisation innert den nächsten fünf Jahren gesondert besteuert. Die einfache Steuer beträgt in diesem Fall 1,5 Prozent.2 Die Höhe der von der juristischen Person geltend gemachten stillen Reser-ven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts wird von der Veran-lagungsbehörde mit Verfügung festgesetzt.3 Abschreibungen auf stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffe-nen Mehrwerts, die bei Ende der Besteuerung nach Artikel 73 und 74 des bisherigen Rechts aufgedeckt wurden, werden in die Berechnung der Ent-lastungsbegrenzung nach Artikel 63c einbezogen.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Januar 2020 unter Vorbehalt der Annahme des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 in Kraft.

7

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126

Art. 260b (neu)

Übergangsbestimmung zur Änderung vom .....1 Wurden juristische Personen nach Artikel 73 und 74 des bisherigen Rechts besteuert, so werden die bei Ende dieser Besteuerung bestehenden stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts, soweit diese bisher nicht steuerbar gewesen wären, im Falle ihrer Realisation innert den nächsten fünf Jahren gesondert besteuert. Die einfache Steuer beträgt in diesem Fall 1,5 Prozent.2 Die Höhe der von der juristischen Person geltend gemachten stillen Reser-ven einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwerts wird von der Veran-lagungsbehörde mit Verfügung festgesetzt.3 Abschreibungen auf stillen Reserven einschliesslich des selbst geschaffe-nen Mehrwerts, die bei Ende der Besteuerung nach Artikel 73 und 74 des bisherigen Rechts aufgedeckt wurden, werden in die Berechnung der Ent-lastungsbegrenzung nach Artikel 63c einbezogen.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Januar 2020 unter Vorbehalt der Annahme des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 in Kraft.

7

E. Änderung des Finanzausgleichsgesetzes(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS VI A/2/1, Gesetz über den Finanzausgleich zwischen dem Kanton und den Gemeinden (Finanzausgleichsgesetz, FAG) vom 2. Mai 2010 (Stand 1. Januar 2019), wird wie folgt geändert:

Art. 13a (neu)

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ....1 Der Kanton gewährt den ressourcenschwachen Gemeinden in Zusam-menhang mit der kantonalen Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) in den Jahren 2020–2023 einen jährlichen Ausgleichsbeitrag von 1,2 Millionen Franken. Sind zwei Gemeinden ressourcenschwach, wird der Ausgleichsbeitrag im Verhältnis des Ressourcenausgleichs gemäss Artikel 6 auf die einzelnen Gemeinden verteilt.2 In den Jahren 2020–2023 gilt die Begrenzung des Ressourcenausgleichs gemäss Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 und Artikel 6 Absätze 1 und 3 nicht. Er re-duziert die Differenz des Ressourcenpotenzials pro Einwohner einer Gemeinde zum kantonalen Durchschnitt in Abweichung zu Artikel 6 Absatz 1 um 40 Prozent.3 Der Regierungsrat erstattet dem Landrat bis spätestens Dezember 2022 Bericht über die Auswirkungen der Umsetzung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Glarus. Er be-antragt allenfalls unbefristete Ausgleichsmassnahmen.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

SBE 1

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Januar 2020 unter Vorbehalt der Senkung des Gewinnsteuersatzes gemäss Artikel 70 Steuergesetz auf mindestens 4,5 Prozent des steuerbaren Gewinns und der Annahme des Bundesgeset-zes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 in Kraft.

2

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127

§ 9 Änderung des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage

Die Vorlage im Überblick

Ein Ende Juli 2018 eingereichter Memorialsantrag forderte die Abschaffung des sogenannten Tanz-verbotes und damit die Streichung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b und c des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage (Ruhetagsgesetz). Veranstaltungen des Unterhaltungsgewerbes und Sportver-anstaltungen sollten dadurch auch an hohen Feiertagen ermöglicht werden. Hohe Feiertage sind Kar-freitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Eidgenössischer Dank-, Buss- und Bettag sowie Weihnachten. An diesen sind zusätzlich zu den an gewöhnlichen öffentlichen Ruhetagen (Sonntage und allgemeine Feiertage) verbotenen Tätigkeiten auch die in Artikel 4 des Ruhetagsgesetzes aufgeführten untersagt. Die geltende Regelung beschloss die Landsgemeinde im Jahre 2012. Sie geht zurück auf eine Motion, welche die Offenhaltung von Verkaufsgeschäften mit Waren des täglichen Bedarfs an öffentlichen Ruhetagen und hohen Feiertagen ermöglichen wollte. Diese Motion stiess eine umfassende Revision des Ruhetagsgesetzes an. Dabei wurden wirtschaftliche Interessen gegen das Gut der Sonntagsruhe und arbeitsrechtliche Interessen abgewogen.

Der Landrat beantragt, die bisherige Regelung in Artikel 4 weniger radikal als mit dem Memorialsan-trag gefordert anzupassen. Er folgt damit dem Kompromissvorschlag des Regierungsrates in Form ei-nes Gegenvorschlags zum Memorialsantrag. In Anlehnung an die Regelung im Kanton Schwyz sollen Tanz- und Sportveranstaltungen auch an hohen Feiertagen zulässig sein, sofern sie in geschlossenen Räumen stattfinden. Damit sind künftig an hohen Feiertagen nicht nur Kino- und Theatervorstellungen in geschlossenen Räumen gestattet, sondern unter der gleichen Bedingung neu auch Tanz-, Musik- und Messeveranstaltungen sowie Sportveranstaltungen mit Festwirtschaften. Alle Tätigkeiten und Veranstaltungen an öffentlichen Ruhetagen – und damit auch an hohen Feiertagen – dürfen jedoch weiterhin die jeweils gebotene Ruhe nicht stören. Für Veranstaltungen im Freien besteht weiterhin die Möglichkeit, solche ausnahmsweise und im Einzelfall bewilligen zu können.

Die Diskussionen im Landrat zum Memorialsantrag waren kontrovers. Der vom Regierungsrat ausge-arbeitete Gegenvorschlag obsiegte nach zweimaliger Diskussion nur knapp. Etwas klarer sprach sich der Landrat gegen den Memorialsantrag aus. In der Folge zogen die Antragsteller den Memorials- antrag zugunsten des Antrags von Regierungs- und Landrat zurück. Somit wird der Landsgemeinde nur noch dieser unterbreitet. Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, der Änderung des Ruhetags- gesetzes zuzustimmen.

1. Der Memorialsantrag zur Abschaffung des Tanzverbotes

Ein Ende Juli 2018 eingereichter Memorialsantrag des Komitees zur Abschaffung des Tanzverbotes forderte die Streichung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b und c des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage. Die Antragsteller wollten damit erreichen, dass «Sportveranstaltungen, Konzerte, Partys oder weitere Arten von Veranstaltungen» auch an den fünf hohen Feiertagen durchgeführt werden können. Bisher war das (weitgehend) untersagt. Der Landrat erklärte den Memorialsantrag am 24. Oktober 2018 für rechtlich zulässig und erheblich.

Nach den Beratungen des Memorialsantrags im Landrat zogen die Antragsteller diesen mit Schreiben vom 5. März 2019 zugunsten des Antrags des Landrates zurück. Dieser unterstützte einen Gegenvor-schlag des Regierungsrates, der einen Kompromiss vorsieht. Mit diesem Kompromiss können sich die Antragsteller ebenfalls identifizieren, da ihre Anliegen aufgenommen würden und die ursprünglichen Ziele weiterhin erreicht werden könnten.

2. Geltendes Recht

Das Ruhetagsgesetz bestimmt fünf hohe Feiertage, an welchen zusätzlich zu den an gewöhnlichen öffentlichen Ruhetagen (insbesondere auch Sonntage) verbotenen Tätigkeiten auch die im Artikel 4 auf-geführten untersagt sind. Hohe Feiertage sind Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Eidgenössi-scher Dank-, Buss- und Bettag sowie Weihnachten. Die entsprechende Regelung lautet heute wie folgt:

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Art. 4 Hohe Feiertage1 An hohen Feiertagen sind neben den in Artikel 3 Absatz 1 aufgeführten Tätig-keiten folgende weitere Tätigkeiten und Veranstaltungen untersagt:a. öffentliche Versammlungen, Veranstaltungen und Umzüge nicht religiöser Art;b. Veranstaltungen des Unterhaltungsgewerbes, wie insbesondere Schaustel-lungen, Zirkusaufführungen, Tanz- und Musikveranstaltungen sowie Kino- und Theatervorstellungen im Freien;c. Sportveranstaltungen sowie zugehörige Festlichkeiten;d. Schiessübungen;e. das Offenhalten von Ausstellungen mit kommerziellem Charakter;f. der Betrieb von Autowaschanlagen.2 Verkaufsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe sind geschlossen zu halten. Ausgenommen sind die in Artikel 5 erwähnten Betriebe.

Die geltende Regelung beschloss die Landsgemeinde im Jahre 2012. Sie geht zurück auf eine Mo-tion, welche die Offenhaltung von Verkaufsgeschäften mit Waren des täglichen Bedarfs an öffentlichen Ruhetagen und hohen Feiertagen ermöglichen wollte. Diese Motion stiess eine umfassende Revision des Ruhetagsgesetzes an. Dabei wurden wirtschaftliche Interessen gegen das Gut der Sonntagsruhe und arbeitsrechtliche Interessen abgewogen. Begründet wurde die Gesetzesrevision damals mit dem Wandel der Bedürfnisse der Gesellschaft. Ansprüche und Vorstellungen hätten sich geändert. Das Frei-zeitverhalten sei geprägt vom Wunsch nach Begegnung und kulturellem Austausch, nach sportlicher Betätigung und hoher Mobilität. Der öffentliche Ruhetag sei ebenso ein Tag der (gemeinsamen) Aktivi-täten geworden, wie er ein Tag der Ruhe und Besinnung sei. Eine Mehrheit empfinde die Durchführung kommerzieller und kultureller Veranstaltungen an Sonn- und allgemeinen Feiertagen längst als selbst-verständlich. Man baue auf die überdurchschnittlichen Frequenzen an diesen Tagen. Das Gesetz sei nicht mehr auf einem aktuellen Stand und die Begriffsdefinitionen seien zum Teil veraltet oder nicht praktikabel.

Die damalige Vernehmlassung brachte weder ein klares Bedürfnis nach einer völligen Liberalisierung noch nach einer strikteren Regulierung hervor. So hatte das neue Gesetz einen Ausgleich zwischen die-sen beiden Haltungen zu schaffen, unter Wahrung des religiösen Gehalts der öffentlichen Ruhetage und mit Rücksicht auf die Schutzinteressen einerseits und die wirtschaftlichen Bedürfnisse andererseits.

3. Rechtsvergleich

Im Zentrum des Interesses eines Rechtsvergleiches – und deshalb auch im vorliegenden Zusammen-hang immer wieder direkt angesprochen – stehen die Regelungen in den Nachbarkantonen, namentlich diejenigen in den Kantonen Schwyz und St. Gallen.

3.1. Kanton Schwyz

Im Kanton Schwyz bestimmt das Gesetz elf Feiertage und sechs hohe Feiertage (zusätzlich Allerhei- ligen). Das Schwyzer Ruhetagsgesetz (RTG) verbietet an allen Feiertagen Tätigkeiten und Veranstaltun-gen, welche die dem Sonn- oder Feiertag angemessene Ruhe und Würde ernstlich stören. Es bestimmt eine Anzahl Ausnahmen und weist dem zuständigen (kantonalen) Amt und den Gemeinderäten weitere Ausnahmekompetenzen zu. Es verbietet für die hohen Feiertage zusätzlich zu den an gewöhnlichen Feiertagen verbotenen Aktivitäten eine Vielzahl von weiteren Veranstaltungen und Beschäftigungen. Vorliegend von Interesse ist, dass dort auch Konzert-, Tanz-, Theater-, Film- und Messeveranstaltungen sowie Schiessübungen untersagt sind. Dies gilt jedoch nur, wenn diese Veranstaltungen nicht in ge-schlossenen Räumen stattfinden. Geschlossene Räume müssen sich in festen Bauten befinden. Zelte gelten nicht als solche.

Die Ermöglichung von Veranstaltungen an hohen Feiertagen in geschlossenen Räumen bzw. im Freien hatte man im Kanton Glarus anlässlich der letzten Gesetzesrevision im 2012 ebenfalls diskutiert. Damals entschied man sich, dass auch künftig Veranstaltungen des Unterhaltungsgewerbes – insbesondere Tanz- und Musikveranstaltungen – grundsätzlich weiterhin verboten bleiben sollten. Eine unterschied-liche Behandlung gegenüber (anderen) Indoor-Sportanlässen liesse sich kaum begründen. Eine Aus- nahme sollte einzig für Kino- und Theatervorstellungen gelten. Sie sollten nur im Freien verboten bleiben. In geschlossenen Räumen sollten sie hingegen erlaubt sein, weil sie weder optisch noch akustisch ein Problem hinsichtlich der Ruhe darstellen würden. Kino- und Theatervorstellungen fänden vor einem kleineren Publikum statt, während Tanz- und Musikveranstaltungen sehr viel grössere Dimensionen annehmen könnten. Dies hätte auch höhere Immissionen zur Folge. Solche Veranstaltungen an hohen Feiertagen würden den Zweck der Ruhe und Besinnung untergraben. Neben Veranstaltungen des Unter-haltungsgewerbes sollten an hohen Feiertagen namentlich auch Sportveranstaltungen untersagt sein, da diese (ebenfalls) mit hohen Lärmimmissionen verbunden seien.

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Während die Schwyzer Regelung unterscheidet, ob eine Sportveranstaltung (ernstlich) stört oder nicht, und in Abhängigkeit davon solche Veranstaltungen auch an hohen Feiertagen gestattet, verbietet das geltende Glarner Ruhetagsgesetz Sportveranstaltungen an hohen Feiertagen generell.

Weder das RTG noch eine Wegleitung äussern sich dazu, wann Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen und namentlich eine Sportveranstaltung die gebotene Ruhe ernstlich stören würden und an welchen Ruhetagen welche Störung als nicht ernstlich zu qualifizieren wäre und deshalb toleriert werden könnte. Nicht an allen Sonn-, Feier- und hohen Feiertagen besteht dasselbe Ruhebedürfnis. Beispielsweise wird am 1. August kein nennenswertes Ruhebedürfnis bestehen, insbesondere am Abend. Demgegenüber wird an Weihnachten über den ganzen Tag allgemein auf ein höheres Ruhebedürfnis Rücksicht zu neh-men sein. Der Entscheid, ob eine Veranstaltung nun stört oder nicht, dürfte oft schwierig zu treffen sein.

Der Kanton Schwyz hat mit dem Erlass des RTG einen gewichtigen Teil der Verantwortung bezüglich der Sonntags- und Feiertagsruhe den Gemeinden auferlegt. Mithilfe des Gastgewerbegesetzes über-wachen sie die Sonn- und Feiertagsruhe.

3.2. Kanton St. Gallen

Im Kanton St. Gallen gelten dieselben fünf hohen Feiertage wie im Kanton Glarus. Am öffentlichen Ruhetag sind Tätigkeiten und Veranstaltungen untersagt, die Erholung und Ruhe unverhältnismässig stören. An hohen Feiertagen sind zudem Aufführungen, Wettkämpfe, Versammlungen und andere öf-fentliche Veranstaltungen nicht religiöser Art untersagt. Davon ausgenommen sind Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, an denen nicht mehr als 500 Personen gleichzeitig teilnehmen können.

4. Die hohen Feiertage im Einzelnen

Die Memorialsantragsteller stossen sich vor allem daran, dass am Karfreitag und Ostersonntag Musik- und Tanzveranstaltungen untersagt sind und solche Veranstaltungen an den Tagen davor rechtzeitig beendet bzw. an den Tagen danach nicht zu früh gestartet werden dürfen. Dies ist verständlich. Denn die (konkurrierenden) Betriebe ausserhalb des Kantons, welche teils nur wenige Fahrminuten entfernt liegen, kennen nicht dieselben Einschränkungen.

Tatsächlich schaffen die Ostertage einen Freiraum, der eine breite Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet und von der Bevölkerung unterschiedlich genutzt werden will. Insofern erschien es angezeigt, zu prüfen, ob das geltende Recht im Sinne der Antragsteller angepasst werden könnte, sodass über die Ostertage Musik- und Tanzveranstaltungen sowie Sportveranstaltungen zugelassen werden könnten. Dies würde allerdings bedingen, den Karfreitag und den Ostersonntag zu einem normalen öffentlichen Ruhetag zurückzustufen. Dies würde entsprechende Veranstaltungen über die Ostertage ermöglichen; sie blieben nur mehr für den Pfingstsonntag, den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag sowie für Weihnachten untersagt.

Allerdings zeigte sich sofort, dass sich ein solcher Schritt angesichts der Bedeutung des Karfreitags und des Ostersonntags, gerade im Vergleich zum Eidgenössischer Dank-, Buss- und Bettag, nicht be-gründen liesse. Stuft man den Karfreitag und den Ostersonntag zu einem öffentlichen Ruhetag zurück, bleibt kein Raum mehr für hohe Feiertage. Erklärte man gar sämtliche fünf hohen Feiertage, welche mit Ausnahme des Kantons Appenzell Ausserrhoden alle Ostschweizer Kantone so kennen, zu gewöhn-lichen öffentlichen Ruhetagen, wäre das ganze Ruhetagsgesetz grundlegend zu überarbeiten. Nament-lich wäre zu prüfen, ob bislang nur für hohe Feiertage geltende Verbote allenfalls auch an öffentlichen Ruhetagen gelten sollten oder ob ausnahmslos alles, was bislang an öffentlichen Ruhetagen gestattet war, auch an den bisherigen hohen Feiertagen erlaubt sein soll.

5. Antrag des Regierungsrates (Gegenvorschlag)

Der Regierungsrat hielt es für angezeigt, die bisherige Regelung anzupassen. Er wollte diese jedoch nicht dermassen radikal ändern, wie mit dem Memorialsantrag gefordert wurde: In Anlehnung an die Regelung im Kanton Schwyz sollen einzelne, bezeichnete Veranstaltungen auch an hohen Feiertagen zulässig sein, sofern diese in geschlossenen Räumen stattfinden. Unter derselben Bedingung sollen auch Sportveranstaltungen zulässig sein. Es gilt die Annahme, dass so (d. h. in geschlossenen Räumen) keine Immissionen resultieren, welche die an hohen Feiertagen gebotene Ruhe beeinträchtigen: Für jede Art von Tätigkeiten und Veranstaltungen an öffentlichen Ruhetagen (und damit auch an hohen Fei-ertagen) ist weiterhin zu fordern, dass sie die jeweils gebotene Ruhe nicht stören. Folglich sollen künftig an hohen Feiertagen nicht nur Kino- und Theatervorstellungen in geschlossenen Räumen gestattet sein, sondern neu insbesondere auch Tanz-, Musik- und Messeveranstaltungen sowie Sportveranstaltungen mit zugehörigen Festlichkeiten (Festwirtschaften). Voraussetzung ist immer, dass sie in geschlossenen Räumen veranstaltet werden. Für Veranstaltungen im Freien besteht die Möglichkeit, solche ausnahms-weise und im Einzelfall nach Artikel 7 Absatz 2 des Ruhetagsgesetzes zu bewilligen.

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6. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Artikel 4; Hohe Feiertage Absatz 1 Buchstabe a: Der bisher hier verwendete Begriff «Veranstaltungen» erfasste auch Indoor-Ver-anstaltungen, welche künftig zulässig sein sollen, und wird deshalb, um keinen Widerspruch zu schaf-fen, hier gestrichen.

Absatz 1 Buchstabe b: Die im Einzelnen genannten Veranstaltungen sind zulässig, soweit sie nicht im Freien abgehalten werden und nicht stören (vgl. Art. 3 Abs. 1). Oder umgekehrt: Zulässig sind nicht störende Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, wobei sich geschlossene Räume in festen Bauten befinden und Zelte nicht als geschlossene Bauten gelten.

Absatz 1 Buchstabe c: Für Sportveranstaltungen und ihre zugehörigen Festlichkeiten (Festwirtschaften) gilt grundsätzlich dasselbe. Sofern nicht im Freien veranstaltet und nicht störend (vgl. Art. 3 Abs. 1), sind sie neu zulässig.

Absatz 1 Buchstabe e: Auch bei «Ausstellungen mit kommerziellem Charakter» handelt es sich im wei-teren Sinne um «Tätigkeiten» im Sinne von Artikel 3, welche neu auch an hohen Feiertagen erlaubt sein sollen, sofern sie erstens nicht stören (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. b) und zweitens nicht im Freien stattfinden.

Absatz 1 Buchstabe f: Das ausdrückliche Verbot für den Betrieb von Spielsalons wird aus dem Schwy-zer Recht übernommen.

Absatz 1 Buchstabe g: Märkte, Schaustellungen und Zirkusvorführungen im Freien sind untersagt. Für Zirkusvorführungen wird dies faktisch ausnahmslos gelten, zumal man solche in geschlossenen Räu-men nicht kennt. Auch Märkte finden mehrheitlich im Freien statt. Wollte man allerdings einen Weih-nachtsmarkt z. B. in der Lintharena SGU durchführen, wäre dies zulässig.

7. Finanzielle und personelle Auswirkungen

Es sind weder finanzielle noch personelle Auswirkungen aufgrund der vorliegend beantragten Geset-zesänderung zu erwarten.

8. Beratung der Vorlage im Landrat

8.1. Landrätliche Kommission

Die landrätliche Kommission Bildung/Kultur und Volkswirtschaft/Inneres unter dem Präsidium von Landrätin Priska Müller Wahl, Niederurnen, nahm sich der Vorlage an.

In der Kommission selber war Eintreten auf die als Gegenvorschlag zum Memorialsantrag konzipierte Vorlage des Regierungsrates unbestritten. Das Ruhetagsgesetz von 2012 sei in Artikel 4 so anzupas-sen, dass die Veranstalter im Kanton Glarus gleich lange Spiesse wie jene in den umliegenden Kanto-nen erhalten. Die Kommissionsmehrheit erachtete den Vorschlag des Regierungsrates als vernünftigen Kompromiss. Einerseits komme man den Anliegen der Antragsteller genügend entgegen. Andererseits werde damit auch das Bedürfnis nach Ruhe, das in der Bevölkerung stark vorhanden sei, berück-sichtigt. Es gehe zwar gerade einmal um fünf Tage im Jahr, an denen keine Partys und keine Sportver-anstaltungen im Freien stattfinden können. Wer aber tanzen gehen wolle, könne dies künftig auch an den hohen Feiertagen im Kanton tun. Er störe dabei aber den Rest der Bevölkerung nicht. Eine knappe Kommissionsminderheit hingegen unterstützte eine vollständige Liberalisierung im Sinne des Memori-alsantrags. Sie argumentierte, dass der regierungsrätliche Vorschlag verschiedene neue Probleme im Vollzug mit sich bringen würde. Ohnehin sei das Tanzverbot nicht mehr zeitgemäss. Schliesslich stimm-te die Kommission knapp dem regierungsrätlichen Gegenvorschlag zu.

Die vorberatende Kommission beantragte dem Landrat, der Änderung des Ruhetagsgesetzes gemäss regierungsrätlichem Vorschlag zuzustimmen und den Memorialsantrag abzulehnen.

8.2. Landrat

8.2.1. Eintreten

Im Landrat selber wurde engagiert diskutiert. Eintreten auf den Memorialsantrag war obligatorisch. In der Eintretensdebatte zum regierungsrätlichen Vorschlag wurde jedoch sehr kontrovers diskutiert.

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Für den Memorialsantrag wurde ins Feld geführt, dass das Tanzverbot veraltet sei, nicht mehr den heu-tigen Bedürfnissen entspreche und die Jugend dessen Sinn nicht mehr nachvollziehen könne. Für diese sei der Kanton mit einer solchen Regelung unattraktiv. Auch werfe der Gegenvorschlag neue Fragen in Bezug auf den Vollzug auf. Der Versuch des Regierungsrates, einen Kompromiss zu finden, sei zwar löblich. Dieser sei aber mit Haken behaftet. Insbesondere seien Sportveranstaltungen im Freien damit weiterhin nicht erlaubt. Dies schaffe eine Ungleichbehandlung zwischen Sportanlässen im Freien und solchen in geschlossenen Räumen. Auch sei das Problem von Lärmimmissionen mit dem Kompromiss nicht gelöst. Ob an fünf zusätzlichen Tagen im Jahr Tanzveranstaltungen stattfinden können, habe auf das Ruhebedürfnis der Bevölkerung keinen effektiven Einfluss. Die Unterstützer des Memorialsantrags und damit einer vollständigen Liberalisierung beantragten in der Konsequenz, es sei auf den Gegenvor-schlag des Regierungsrates gar nicht einzutreten.

Die Befürworter der Vorlage des Regierungsrates erachteten diese hingegen als massvollen Kompro-miss. Auch wurde an die Diskussionen an der Landsgemeinde 2012 erinnert. Diese lehnte eine weiter-gehende Liberalisierung klar ab. Zwischen völliger Liberalisierung und dem Festhalten an Traditionen sei ein Ausgleich zu finden. Der regierungsrätliche Antrag schaffe diesen Ausgleich. Er gehe auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gesellschaft ein und sei inhaltlich zu diskutieren. Deshalb müsse auf ihn eingetreten werden. Der Regierungsrat habe die nachvollziehbaren Anliegen der Antragsteller ausserdem aufgenommen und einen Gegenvorschlag ausgearbeitet. Einschränkungen in Bezug auf die hohen Feiertage würden auch in den anderen Kantonen gelten. Mit knappem Mehr beschloss der Land-rat Eintreten auf die regierungsrätliche Vorlage.

8.2.2. Detailberatung

In der Detailberatung wurde eine Rückweisung des regierungsrätlichen Vorschlags zuhanden der zwei-ten Lesung beantragt. Es sei zu prüfen, ob das Tanzverbot nur an bestimmten hohen Feiertagen – z. B. Karfreitag und Ostern – gelten soll; nämlich an solchen, an denen tatsächlich noch ein gesellschaft-liches Ruhebedürfnis vorhanden sei. Dieser Antrag wurde mit dem Hinweis auf die Systematik des Ru-hetagsgesetzes bekämpft. Die dort festgelegten hohen Feiertage seien gleichzubehandeln. Ansonsten müsste das Ruhetagsgesetz in einem grösseren Kontext überprüft werden. Der Rückweisungsantrag wurde schliesslich abgelehnt.

Ein weiterer Antrag wollte mit einer neuen Formulierung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a alle Veran-staltungen in geschlossenen Räumen erlauben. Der Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.

In der Detailberatung folgte schliesslich auch der Antrag, beim Status quo zu verbleiben: Der Memo-rialsantrag wie auch der regierungsrätliche Kompromissvorschlag seien abzulehnen. Einschränkungen während fünf Tagen im Jahr könne jedermann in Kauf nehmen. Die christlichen Werte der Schweiz seien hochzuhalten. Dem wurde entgegengehalten, dass der Staat das Tanzen nicht zu regeln und auch nicht den Moralapostel zu spielen habe. Gegen Ruhestörungen gebe es ganz normale Gesetze.

Am Ende sprach sich der Landrat mit knappem Mehr für die Änderung des Ruhetagsgesetzes gemäss Vorlage des Regierungsrates aus. Er unterbreitet diese der Landsgemeinde zur Zustimmung. Ebenso beantragt der Landrat der Landsgemeinde die Ablehnung des Memorialsantrags.

Nach den Beratungen im Landrat wurde den Antragstellern Ende Februar gestützt auf Artikel 76 Absatz 3 des Gesetzes über die politischen Rechte eine Frist angesetzt, innert welcher sie den Memorialsantrag zurückziehen konnten. Mit Schreiben vom 5. März 2019 machten sie von dieser Möglichkeit Gebrauch und zogen den Memorialsantrag zugunsten der Vorlage von Regierungs- und Landrat zurück.

9. Antrag

Der Landrat beantragt der Landsgemeinde, nachstehender Gesetzesänderung zuzustimmen:

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Änderung des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage(Vom .....)

(Erlassen von der Landsgemeinde am ..... Mai 2019)

I.

GS IX B/21/1, Gesetz über die öffentlichen Ruhetage (Ruhetagsgesetz) vom 6. Mai 2012 (Stand 1. September 2014), wird wie folgt geändert:

Art. 4 Abs. 1 (geändert), Abs. 2 (geändert)1 An hohen Feiertagen sind überdies untersagt:a. (geändert) öffentliche Versammlungen und Umzüge nicht religiöser Art;b. (geändert) Konzert-, Tanz-, Theater-, Film- und Messeveranstaltungen,

die nicht in geschlossenen Räumen stattfinden;c. (geändert) Sportveranstaltungen sowie zugehörige Festlichkeiten, die

nicht in geschlossenen Räumen stattfinden;e. (geändert) das Offenhalten von Ausstellungen mit kommerziellem Cha-

rakter, die nicht in geschlossenen Räumen stattfinden;f. (geändert) der Betrieb von Autowaschanlagen und Spielsalons;g. (neu) Märkte, Schaustellungen und Zirkusveranstaltungen, die nicht in

geschlossenen Räumen stattfinden.2 Verkaufsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe sind geschlossen zu hal-ten. Ausgenommen sind die in Artikel 5 erwähnten Betriebe.

II.

Keine anderen Erlasse geändert.

III.

Keine anderen Erlasse aufgehoben.

IV.

Diese Änderungen treten am 1. Juli 2019 in Kraft.

SBE 1