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EXTRABLATT Wien, 2000 Ausgabe Nummer 2 Verlagspostamt 1010 Wien Cafétiers: Familie Querfeld Dr. Karl Lueger-Ring 4 Illustriertes Der Mann, der dem Café Landtmann seinen Namen gab D ank der Familienchronik von Mag. Wilfried Fellner, dessen Urgroßmutter Franz Landtmanns Schwester Josefa war, wissen wir nun, daß Franz Landt- mann am 9. März 1841 geboren wurde. Und zwar in Perchtoldsdorf als Sohn des Fabrikanten Carl Josef Landtmann und seiner zweiten Frau Magdalena. Über die Jugend Franz Landtmanns ist nichts be- kannt, überliefert ist nur, daß er im Jahr 1865 seine Gattin Maria ( ge- borene Frankl ) geheiratet hat. Im Jahr 1867 wurde den Landtmanns die Tochter Maria Franziska, 1869 der Sohn Karl und 1870 ein weite- rer Sohn namens Franz Michael geboren. Zwischen 1860 und 1870 hat Franz Landtmanns Vater Carl Josef seine Wachskerzen- und Honig-Fabrik in Perchtoldsdorf ver- kauft und ist mit seiner Familie nach Währing übersiedelt, wo er eine Feigenkaffee-Fabrik gründete. Der sehr begüterte Vater ließ seinen Kindern einerseits in der Schul- gasse 21 ein Haus bauen und stat- tete andererseits seinen 32jährigen Sohn Franz finanziell so großzügig aus, daß dieser ein Kaffeehaus in der Inneren Stadt gründen konnte. Franz und Maria Landtmann wohnten, bevor sie nach der Grün- dung ihres Kaffeehauses in den 1. Bezirk zogen, ebenfalls in Währing ( in der Klostergasse 4 ). Im Mai 1873, als der Schwarze Freitag an der Wiener Börse die Aktienkurse ins Bodenlose stürzen ließ, scheint Carl Josef Landtmann wenig bis gar kein Geld verloren zu haben ( Der damals 76jährige, hatte sein Geld wahrscheinlich eher in der eigenen Fabrik, in Häusern bzw. im Sparstrumpf als in Aktien an- gelegt ... ). Damit war es ihm offen- bar möglich, seinem Sohn Franz Landtmann bei der Eröffnung von „Wiens elegantester Café-Localität“ ( Originalzitat aus Franz Landt- manns Eröffnungsanzeige! ) zu unterstützen. In den folgenden Jahren befanden sich rund um das neu eröffnete Kaffeehaus gewaltige Baustellen: Die Reste der benachbarten Bastei wurden abgetragen, das Rathaus, die Uni- versität und das Burgtheater wurden errichtet. Das Jahr 1878 brachte für Franz Landtmann und seine Familie zwei tragische Ver- luste. Am 28. März starb Franz Landtmanns älteste Tochter Maria Franziska und am 8. August sein mittlerweile 81jähriger Vater Carl Josef. Nach dem Ableben des begüterten Vaters dürften Franz Landtmann, seine Schwester Josefa Fellner sowie die Stief- geschwister aus erster Ehe eine ziemlich große Erbschaft ange- treten haben. Dies könnte mög- licherweise der Grund dafür sein, daß Franz Landtmann im Jahr 1881 sein Kaffeehaus verkauft hat. Von seinem weiteren Leben ist uns nur bekannt, daß er und seine Frau Maria 1884 noch einmal Nachwuchs bekamen: Die Zwillin- ge Eduard und Magdalena. Wei- ters wissen wir, daß Franz Landt- mann mit seiner Familie nach Südtirol übersiedelt ist und daß er dort – wie man auf nebenstehen- dem Bild sieht – das circa um 1900 aufgenommen wurde und das er seiner Schwester Josefa mit der Widmung „Liebe Pepi, so sehe ich jetzt aus! Franz“ nach Wien geschickt hat – ein Leben in bür- gerlichem Wohlstand genossen hat. Verstorben ist Franz Landt- mann am 19. August 1905 in Brixen in Südtirol. Alle Nach- forschungen in Südtirol haben bisher keinen Hinweis auf Nach- fahren von Franz Landtmann er- geben. Auch die Chronik der Familie Fellner gibt darüber kei- nen Aufschluß. F ranz Landtmann gründete sein Café in dem Jahr, in dem der Boom der Gründerzeit mit dem großen Börsenkrach im Mai 1873 zu Ende ging. Aber nicht nur an der Börse gab es einen Umbruch. In und um Wiens Innenstadt war städtebaulich da- mals alles in Bewegung. Während die Ringstraße in den Bereichen Schubert-, Kärntner- und Opernring zum Teil be- reits in neuer Pracht erstrahlte, war der Abschnitt um das Café Landtmann gera- de erst in Bau. Hier standen noch Teile der Löwelbastei, deren letztes Stück ( das Paradeisgartl ) erst 1875 verschwand. Vis- à-vis war ebenfalls eine Riesenbaustelle: Hier entstand das neue Wiener Rathaus. Und dort, wo heute Burgtheater und Universität stehen, waren noch unver- baute Flächen. ALL DAS KANN MAN sich heute, wenn man im Sommer auf der pracht- vollen Terrasse des Café Landtmann sitzt und den Blick über das Grün des Rathausparks sowie über die prächtigen Gebäude links und rechts der Ring- straße schweifen läßt, kaum mehr vor- stellen. In aller Ruhe beobachtet man den vorbeifließenden Verkehr, die hurtig hin- und herlaufenden Ober sowie eine prominente Politikerin, die an ei- nem Nachbartisch ein Interview gibt. Man rührt versonnen im Kaffeehäferl um, blättert zur Zerstreuung eine Tages- zeitung durch, gähnt zufrieden und freut sich, daß man gleichzeitig mitten in der Stadt und doch auf einer Insel ist. Eine Insel namens Café Landtmann, gelegen im Ozean des Wiener Häusermeeres. DAS CAFÉ L ANDTMANN wurde am 1. Oktober 1873 von Franz Karl Landtmann eröffnet. Nachdem er es einige Jahre selbst geführt hatte, verkaufte er es im Jahre 1881. Über die Motive des Verkaufs und über das Leben Franz Landtmanns war bisher nichts bekannt. Dank der Familienchronik seines Urgroßneffen verfügen wir nun erstmals über Bilder des legendären Gründers des Café Landtmann sowie über die Chronik seiner Familie. Mag. Wilfried Fellner, Franz Landtmanns Urgroßneffe Bewegte Zeiten Das Café Landtmann um 1875 AUSGABE Nº2

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EXTRABLATT ��Wien, 2000

Ausgabe Nummer 2Verlagspostamt 1010 Wien

Cafétiers: Familie Querfeld

Dr. Karl Lueger-Ring 4

Illustriertes

Der Mann, der dem CaféLandtmann seinen Namen gab

Dank der Familienchronikvon Mag. Wilfried Fellner,dessen Urgroßmutter Franz

Landtmanns Schwester Josefa war,wissen wir nun, daß Franz Landt-mann am 9. März 1841 geborenwurde. Und zwar in Perchtoldsdorfals Sohn des Fabrikanten Carl JosefLandtmann und seiner zweitenFrau Magdalena. Über die JugendFranz Landtmanns ist nichts be-kannt, überliefert ist nur, daß er imJahr 1865 seine Gattin Maria ( ge-borene Frankl ) geheiratet hat. ImJahr 1867 wurde den Landtmannsdie Tochter Maria Franziska, 1869der Sohn Karl und 1870 ein weite-

rer Sohn namens Franz Michaelgeboren. Zwischen 1860 und 1870hat Franz Landtmanns Vater CarlJosef seine Wachskerzen- undHonig-Fabrik in Perchtoldsdorf ver-kauft und ist mit seiner Familienach Währing übersiedelt, wo ereine Feigenkaffee-Fabrik gründete.Der sehr begüterte Vater ließ seinenKindern einerseits in der Schul-gasse 21 ein Haus bauen und stat-tete andererseits seinen 32jährigenSohn Franz finanziell so großzügigaus, daß dieser ein Kaffeehaus inder Inneren Stadt gründen konnte.Franz und Maria Landtmannwohnten, bevor sie nach der Grün-

dung ihres Kaffeehauses in den 1. Bezirk zogen, ebenfalls inWähring ( in der Klostergasse 4 ).Im Mai 1873, als der SchwarzeFreitag an der Wiener Börse dieAktienkurse ins Bodenlose stürzenließ, scheint Carl Josef Landtmannwenig bis gar kein Geld verloren zuhaben ( Der damals 76jährige, hattesein Geld wahrscheinlich eher inder eigenen Fabrik, in Häusern bzw.im Sparstrumpf als in Aktien an-gelegt ... ). Damit war es ihm offen-bar möglich, seinem Sohn FranzLandtmann bei der Eröffnung von„Wiens elegantester Café-Localität“( Originalzitat aus Franz Landt-

manns Eröffnungsanzeige ! ) zuunterstützen. In den folgendenJahren befanden sich rund um das neu eröffnete Kaffeehausgewaltige Baustellen: Die Reste der benachbarten Bastei wurdenabgetragen, das Rathaus, die Uni-versität und das Burgtheater wurden errichtet. Das Jahr 1878brachte für Franz Landtmann undseine Familie zwei tragische Ver-luste. Am 28. März starb FranzLandtmanns älteste Tochter MariaFranziska und am 8. August seinmittlerweile 81jähriger Vater CarlJosef. Nach dem Ableben desbegüterten Vaters dürften FranzLandtmann, seine SchwesterJosefa Fellner sowie die Stief-geschwister aus erster Ehe eineziemlich große Erbschaft ange-treten haben. Dies könnte mög-licherweise der Grund dafür sein,daß Franz Landtmann im Jahr1881 sein Kaffeehaus verkauft hat.Von seinem weiteren Leben istuns nur bekannt, daß er und seineFrau Maria 1884 noch einmalNachwuchs bekamen: Die Zwillin-ge Eduard und Magdalena. Wei-ters wissen wir, daß Franz Landt-mann mit seiner Familie nachSüdtirol übersiedelt ist und daß erdort – wie man auf nebenstehen-dem Bild sieht – das circa um1900 aufgenommen wurde unddas er seiner Schwester Josefa mitder Widmung „Liebe Pepi, so seheich jetzt aus! Franz“ nach Wiengeschickt hat – ein Leben in bür-gerlichem Wohlstand genossenhat. Verstorben ist Franz Landt-mann am 19. August 1905 in Brixen in Südtirol. Alle Nach-forschungen in Südtirol haben bisher keinen Hinweis auf Nach-fahren von Franz Landtmann er-geben. Auch die Chronik derFamilie Fellner gibt darüber kei-nen Aufschluß.

F ranz Landtmann gründete seinCafé in dem Jahr, in dem derBoom der Gründerzeit mit dem

großen Börsenkrach im Mai 1873 zuEnde ging. Aber nicht nur an der Börsegab es einen Umbruch. In und umWiens Innenstadt war städtebaulich da-mals alles in Bewegung. Während dieRingstraße in den Bereichen Schubert-,Kärntner- und Opernring zum Teil be-reits in neuer Pracht erstrahlte, war derAbschnitt um das Café Landtmann gera-de erst in Bau. Hier standen noch Teileder Löwelbastei, deren letztes Stück ( dasParadeisgartl ) erst 1875 verschwand. Vis-à-vis war ebenfalls eine Riesenbaustelle:Hier entstand das neue Wiener Rathaus.Und dort, wo heute Burgtheater undUniversität stehen, waren noch unver-baute Flächen.

ALL DAS KANN MAN sich heute,wenn man im Sommer auf der pracht-vollen Terrasse des Café Landtmannsitzt und den Blick über das Grün desRathausparks sowie über die prächtigenGebäude links und rechts der Ring-straße schweifen läßt, kaum mehr vor-stellen. In aller Ruhe beobachtet manden vorbeifließenden Verkehr, die hurtighin- und herlaufenden Ober sowie eine prominente Politikerin, die an ei-nem Nachbartisch ein Interview gibt.Man rührt versonnen im Kaffeehäferlum, blättert zur Zerstreuung eine Tages-zeitung durch, gähnt zufrieden und freutsich, daß man gleichzeitig mitten in derStadt und doch auf einer Insel ist. EineInsel namens Café Landtmann, gelegenim Ozean des Wiener Häusermeeres.

DAS CAFÉ LANDTMANN wurde am 1. Oktober 1873 von Franz KarlLandtmann eröffnet. Nachdem er es einige Jahre selbst geführt hatte, verkaufte er esim Jahre 1881. Über die Motive des Verkaufs und über das Leben Franz Landtmannswar bisher nichts bekannt. Dank der Familienchronik seines Urgroßneffen verfügenwir nun erstmals über Bilder des legendären Gründers des Café Landtmann sowieüber die Chronik seiner Familie.

Mag. Wilfried Fellner, Franz Landtmanns Urgroßneffe

Bewegte Zeiten

Das Café Landtmann um 1875

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SE I T E 2 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2000

Der erste uns bekann-te Landtmann trug den Vornamen Franz

Xaver. Er wurde Mitte des 18. Jahrhunderts in „Gratz“geboren. Er blieb jedoch nichtin der steirischen Landes-hauptstadt, sondern wanderteins südtirolerische Tarvis aus,wo er sich als Gastwirt undLebzelter niederließ. Mit seiner Frau Gertraud ( gebore-ne Rachoy ) setzte er sechsKinder in die Welt. Er starbam 5. Mai 1797 an einerKrankheit , die als „die Seuche“beschrieben wurde. Sein 1773geborener Sohn, der ebenfallsFranz Xaver hieß, übersiedeltezu Beginn des 19. Jahrhun-derts von Tarvis nach Perch-toldsdorf bei Wien. Hiergründete er 1811 eine Fabrik,in der Wachskerzen, Honigund Honigsirup erzeugt wur-den. Drei Jahre später verstarbFranz Xaver Landtmann am 2. September 1814 infolgeeines „Nervenfiebers“, das ersich bei einer Fahrt mit demoffenen Pferdewagen, den er

selbst lenkte, geholt hatte.Die Fabrik wurde von seinerWitwe Magdalena ( geboreneÜblein ) weitergeführt. 1821übernahm dann der 1797

geborene Sohn Carl Josef denelterlichen Betrieb, den er inFolge fast fünfzig Jahre langmit großem Erfolg führte. Carl Josef Landtmann warnicht nur ein sehr erfolgrei-

cher Geschäftsmann ( ergründete eine Niederlas-sung seiner Fabrik inWien, im Baron Aichel-burg’schen Haus in derUnteren BräunerstraßeNr. 1196 ! ), sondernauch ein großer Mu-sikliebhaber. Er warMitglied einer Grup-pe von Künstlernund Freunden FranzSchuberts, der un-ter anderem auchF r an z G r i l l p a r z e r ,Moritz von Schwind,Eduard von Bauern-

feind, Leopold Kuppel-wieser und Franz von

Schober angehörten. CarlJosef Landtmann war zwei-

mal verheiratet. Nach demTod seiner ersten GattinTheresia heiratete er seinezweite Ehefrau Magdalena( geborene Bauer ) mit der ersechs Kinder hatte, von denenvier frühzeitig verstarben. Diezwei überlebenden Kinderwaren der Sohn Franz Landt-mann, der 1873 das CaféLandtmann gründete, sowiedie Tochter Josefa. 1868 ließ er für sich und seine Kinderein Haus in Währing, in der

Schulgasse 21, bauen. Hierwohnten Rosalia ( eine seinerTöchter aus erster Ehe ) undTochter Josefa samt ihremMann Michael Fellner. Jo-sefa Landtmann und MichaelFellner – der dieses Hausplante – lernten einander übri-gens beim Bau des Hauseskennen und lieben. Fellnerwar damals ein junger auf-strebender Architekt , der sichbei den berühmten Ring-straßen-Architekten van derNüll und Ferstel seine erstenSporen verdiente. Später plan-te er dann das Franz JosephSpital und wurde schließlichLeiter des Hochbaudepar-tements des Landes Nieder-österreich. Josefa und MichaelFellner sind die Urgroßelternvon Mag. Wilfried Fellner,dem wir diese Chronik sowiealle Bilder der Familie Landt-mann verdanken.

DIE GESCHICHTE DER FAMILIE LANDTMANN ist über 200 Jahre zurück verfolgbar. Die Mitglieder der Familie waren

sowohl als Gastwirte als auch als Lebzelter und Wachszieher tätig. Die Lebzelterei sowie die Erzeugung von Wachskerzen, Honig

und Honigsirup bildete zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Basis für den beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg der Familie.

CH RO N I K

Lebzelte, Wachskerzen, Honig und Kaffee

Magdalena Landtmann, Franz Landtmanns Großmutter

Das Geschwisterpaar Josefa und Franz Landtmann in jungen Jahren

Franz Landtmann um 1900

Franz Landtmanns Vater Carl Josef

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Wien, im November 2000 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 3

Edith Stirlings Eltern,Konrad und AngelaZauner, übernahmen

das Café Landtmann imHerbst des Jahres 1926. Beidestammten aus Hoteliers- bzw.Gastwirtfamilien und hattenbis zu diesem Zeitpunkt dasHotel Royal im polnischenBielsko-Biala ( früher: Bielitz-Biala ) geführt. Da die politi-sche Lage in Polen KonradZauner zunehmend verunsi-cherte, suchte er in seinerHeimat, in Österreich, nacheiner neuen, beruflichenMöglichkeit. Diese eröffnetesich ihm durch den Konkursder Hokare Ges.mb.H. ( be-trieb das Café Landtmann von 1921 bis 1926 ) . DasLandtmann war Konrad Zau-ner insofern vertraut, weil er injungen Jahren als Piccolo ineinem unmittelbar neben demLandtmann gelegenen Gast-haus gearbeitet hatte. Da die-ses Lokal keinen Kaffee aus-schenkte, wurde der Piccoloimmer ins benachbarte Landt-

mann Kaffee holen geschickt.Der Erwerb des Café Landt-mann war für Konrad Zaunerauch deshalb möglich, da erkurze Zeit davor gemeinsammit seinem Bruder das elterli-che Hotel in Zell am See ge-erbt hatte. Dieses verkaufte er

nun an seinen Bruder undsteckte das lukrierte Geld inden Erwerb des Ringstraßen-cafés.

„ Für mich gibt eskeine Parteien, ...

... so lange sich ein Gastanständig aufführt, ist er inmeinem Kaffeehaus König.“ Socharakterisierte Konrad Zaunerseine Philosophie als Cafétier.Dies war umso bemerkenswer-ter, als in den 20er und 30erJahren die politischen Parteienin Österreich total zerstrittenund verfeindet waren. DaKonrad Zauner jedoch striktdarauf achtete, daß seinKaffeehaus nicht in die innen-politischen Turbulenzen hin-eingezogen wurde, blieb dasLandtmann ein neutraler Ort.Hier tranken sowohl promi-nente Sozialdemokraten wieBürgermeister Karl Seitz ( einenger Freund der FamilieZauner ), Theodor Körner ( erkam entgegen den damaligen

Modegepflogenheiten immerohne Hut ins Landtmann )und Karl Renner unbehelligtihren Kaffee, als auch führen-de Vertreter der Christlich-Sozialen und des Ständestaa-tes: Engelbert Dollfuß, KurtSchuschnigg und Graf Star-hemberg ( letztererhatte sich hier im-mer mit der Burg-schauspielerin NoraGregor getroffen ... ).Nach dem An-schluß Österreichsans deutsche Reichim Jahr 1938, ver-kehrten dann auch dieneuen Machthaber imCafé Landtmann.

Natürlich trafensich im Landtmannauch alle Größen desbenachbarten Burgthea-ters sowie viele andereSchauspieler, Künstlerund Prominente. EdithStirling erinnert sich unter

anderem an Raoul Aslan,Ewald Balser, Albin Skoda,Helene Thimig, Paul und AttilaHörbiger, Paula Wessely sowieGustav Fröhlich, Franz Lehar,Felix Salten und Luis Trenker.Auch den ehemalige engli-schen König Edward VIII. ( erverzichtete 1936 auf denThron und führte danach denTitel „Herzog von Windsor“ )sah man des öfteren als Gastim Café Landtmann. Er warPatient beim berühmtenHNO-Arzt Universitätspro-fessor Heinrich von Neumann( selbst ein Landtmann Stamm-gast ! ), der seine Praxis undWohnung im Landtmann-Haus hatte.

Bomben, Russen,Stalinorgel

ALS WIEN in den Jahren1943 bis 1945, immer massi-ver von der alliierten Luftwaffeangegriffen wurde, flüchtetedie Familie Zauner samt ihrenKaffeehausgästen oft mehr-mals täglich in die Keller, diesich mehrere Stockwerke tief

unter dem Café befinden.Nachdem am 12. März 1945ein Bombentreffer den bei derAlbertina gelegenen Philipp-hof so sehr zerstört hatte, daßdie in den Kellern verstecktenBewohner nicht geborgen wer-den konnten und elend umka-men, nahm ein Burgschau-spieler immer eine Pistole inden Landtmann-Keller mit ,um sich im Fall einer ähnli-chen Katastrophe erschießenzu können... Das Haus, in demsich das Café Landtmannbefindet, wurde zum Glückvon Bombentreffern ver-schont. Nicht verschont wurdees von den russischen Solda-ten, die nicht nur die kost-

baren Spirituosen-Vorräte desKaffeehauses plünderten, son-dern auch alle Spiegel imgroßen Saal des Café Landt-mann zerschossen. Weitersstellten sie auf der Terrasse desLandtmann eine Stalinorgelauf, mit der sie den 2. und 20.Bezirk beschossen.

Das Landtmannbleibt das Landtmann

NAC H D E M EN D E derKampfhandlungen, wurde einrussisches Garderegiment imLandtmann-Haus einquartiert.

Der Major, der dieses Regi-ment befehligte, war ein gebil-deter, weltgewandter Mann,der weitere Verwüstungen imLandtmann verhinderte. Inden Räumen des Kaffeehauseswurden Gulaschkanonen auf-gestellt und eine Ausspeisungeingerichtet. Hier konnte dieBevölkerung des 1., 8. und 9.Bezirks gegen Abgabe vonLebensmittelmarken Essenausfassen. Als die FamilieZauner für den Betrieb desKaffeehauses Lebensmittel zu-geteilt bekam, begann auchwieder der normale Kaffee-hausbetrieb. Nicht nur deroben erwähnte russische Ma-

jor wurde Stammgast imKaffeehaus, sondern auchviele Offiziere der ande-ren drei Besatzungs-mächte. Natürlich ver-kehrten im Landtmannauch bald wieder sehrviele österreichischePolitiker, Schauspielerund Künstler. Unteranderem Paula vonPreradovic, die denText „Land der Berge,Land am Strome...“verfaßte. Dieser Textsowie die Melodie„Brüder reicht dieHand zum Bunde“wurde am 25. Feb-ruar 1947 per Mi-nisterratsbeschlußzur österreichi-schen Bundes-hymne erklärt.

CH RO N I K

DAS CAFÉ LANDTMANN BESTEHT nun seit fast 130 Jahren. Es überdauerte nicht

nur den Untergang der Donaumonarchie, sondern bestand auch weiter während der Zwi-

schenkriegszeit, dem 2. Weltkrieg, der Besatzung Österreichs durch die alliierten Mächte,

den Jahren des Wirtschaftswunders und der darauffolgenden Zeit des Wiener Kaffeehaus-

Sterbens. In all diesen Jahren ( von 1926 bis 1976) lenkte die Familie Zauner die Geschicke

des Café Landtmann. Als Zeitzeugin haben wir ein Gespräch mit Edith Stirling ( geb.

Zauner ) geführt, die ihre Kindheit und Jugend im Café Landtmann verbracht hat.

Das Landtmann unddie Familie Zauner

Konrad Zauner mit seinem Bruder, Edith Zauner, Angela Zauner und Konrad Zauners Schwägerin

Edith Zauner auf der Landtmann-Terrasse / Ecke Oppolzergasse

Edith Zauner mit Luis Trenker

Leopold Figl trägt sich ins GoldeneBuch des Café Landtmann ein

Konrad Zauner´s Café-Restaurant Landtmann in den 30er Jahren

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Hierbert Querfeld er-iinnert sich an dieinicht sehr ermutigen-

den kulinarischen Anfänge imCafé Landtmann: „Als ich imJahr 1976 das Landtmann alsCafétier übernommen habe,umfaßte das Angebot an Ess-barem 16 bis 18 Stück Mehl-speise, die täglich von der Aidageholt wurden, sowie Eierspeis,Eier im Glas, Ham & Eggs,Würsteln und Gulasch. Als ichdie Köchin einmal fragte, obsie nicht einen Apfelstrudelmachen könnte, nickte sie zu-erst eifrig und meldete sich

dann einfach krank ...“. In denfolgenden Jahren gelang esHerbert Querfeld und seinerFrau Anita nach und nach pro-fessionelles Küchenpersonal zu rekrutieren und gemeinsammit dem Küchenchef Karl Buzin das Landtmann als erst-klassiges Café-Restaurant zuetablieren. Die Qualität dergebotenen Speisen sprach sichallmählich herum und sokamen im Laufe der Zeit im-mer mehr Gäste ins Landt-mann, die hier nicht nur Kaffee trinken und Zeitunglesen, sondern auch essen

wollten. Die Ausrichtung derLandtmann-Küche orientiertsich an der traditionellen Wiener Küche. Die Speisekar-te bietet Tages-, Saison- undklassische Wiener Speziali-täten wie Wiener Suppentopf,Grießnockerl- und Leberknö-delsuppe, Tafelspitz, Zwiebel-rostbraten, Gulasch und na-türlich das echte WienerSchnitzel vom Kalb. Mit die-sem beeindruckenden An-gebot an Speisen ist dasLandtmann ein echtes Café-Restaurant , das trotz allem die unverwechselbare, typische

Wiener Kaffeehaus-Atmos-phäre beibehalten hat. Auchwenn es manchmal im Landt-mann nach Gulasch oderWiener Schnitzel riecht, istund bleibt es doch ein klassi-sches Wiener Kaffeehaus mitdem typischen Kaffeehaus-publikum.

APROPOS KLASS ISCHES

KAFFEEHAUS: Werden eigent-lich noch Altwiener Kaffee-spezialitäten bestellt? „Selbst-verständlich!“, antwortet AnitaQuerfeld, „Wiener Gäste be-stellen die Standards wiegroßer oder kleiner Brauner,

Mokka, Melange sowie denEinspänner. Bei letzterem istder Kaffeehausgast aber sehrheikel: Hier bevorzugt er ein-deutig ein schönes Glas mitHenkel. Das gehört zumGenuß eines Einspänners ein-fach dazu. Alle anderenKaffeespezialitäten wie Fiaker,Maria Theresia, Pharisäer,Landtmann, Mazagran werdenvor allem von Touristen undLiebespaaren bestellt . Diesespeziellen Vorlieben unsererGäste beobachten wir nunschon seit Jahrzehnten ...“

MeisterhafteMehlspeis

ALLE GUTEN DINGE SIND

DREI. Und deshalb ist dasLandtmann heute nicht nurein klassisches Wiener Kaffee-haus und ein erstklassigesCafé-Restaurant, sondern aucheine Café-Konditorei mit er-

lesenen Mehlspeisen. Sie sind Kreationen des Meister-patissiers Herwig Gasser, dendie Familie Querfeld im Jahr 1986 vom Haubenrestaurantim Palais Schwarzenberg insCafé Landtmann geholt hat.Hier wurde damals ein Keller-raum adaptiert , in dem Gassereine Einmann-Patisserie be-trieb und wo er pro Monatcirca 700 Stück Mehlspeiseherstellte. Das Einmannbe-triebs-Dasein im Keller dauer-te jedoch nicht lange. DerErfolg von Gassers Mehlspei-sen war so groß, daß dieFamilie Querfeld eine alt ein-geführte Café-Konditorei im 2. Wiener Gemeindebezirk er-warb. Hier entstand in den folgenden Jahren das „K.u.k.Mehlspeis-Paradies“. Ein mitt-lerweile fünfzehn Mann star-ker Backstuben-Betrieb mitangeschlossener Café-Kondi-torei, in dem unter Herwig

SE I T E 4 Illustriertes Landtmann Extrablatt LO K A L E S

Was? Im Café Landtmannkann man auch essen?

Wien, im November 2000

DIESE FRAGE wird der Cafetier-Familie Querfeld und ihren Kellnern im Landt-

mann immer wieder gestellt. Und das obwohl im Café Landtmann nicht ein Koch,

sondern 12 Köche plus 3 Lehrlinge in einer modernst ausgestatteten Küche werken. Daß

das Landtmann nicht nur klassisches Café, sondern auch Café-Restaurant und Café-

Konditorei in einem ist, hat sich noch immer nicht unter allen Gästen herumgesprochen ...

Anita und Herbert Querfeld

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Wien, im November 2000 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 5

Gassers Leitung die hoheSchule der traditionellen böh-misch-österreichischen Mehl-speisen liebevoll gepflegt wird.In aufwendiger Handarbeitwerden die süßen Köstlichkei-ten nach überlieferten Rezep-ten – und um so manche in-novative Idee ergänzt – ge-backen. Dabei wird ganzbesonderes Augenmerk aufdie Frische und Natürlichkeitder Ingredienzien gelegt: ProJahr werden zum Beispiel14.000 Kilogramm frische, ge-schälte Äpfel und während derjeweiligen Saison 7.000 Kilo-gramm frische Erdbeeren und2.000 Kilogramm frische Him-beeren verarbeitet. Halbfertig-produkte, moderne Backmi-schungen, Tiefkühlteige etc.haben selbstverständlich Haus-verbot ! Die Zahl der zubereite-ten Mehlspeisen stieg von denanfänglich 700 auf mittler-weile 50.000 Stück pro Mo-nat. Dabei handelt es sichsowohl um klassische WienerKöstlichkeiten wie das Brioche-Kipferl, den Marmorguglhupf,

den Topfen- und Apfelstrudel,als auch um neue Kreationen( die mittlerweile Klassikerwurden! ) wie die „Birnen-Williams-Torte“, die „Husaren-torte“ oder den Erdbeerstrudelmit ganzen Erdbeeren. Alldiese süßen Köstlichkeiten er-freuen sich nicht nur im CaféLandtmann sondern auch inden anderen Kaffeehäusernder Familie Querfeld ( CaféMozart, Café Residenz, K.u.kMehlspeis-Paradies ) größtenZuspruchs.

Wo man gern ist und ißt

GRUNDSÄTZLICH ist dieCafétier-Familie Querfeld stolzdarauf, daß sich im Landt-mann Menschen aller Alters-gruppen wohl fühlen: VonSchüler(innen) über Studen-ten, Geschäftsleuten, Künst-lern bis hin zu Pensionistenund Pensionistinnen ( Es gibthier gar nicht so selten ältereDamen, die von den Kellnernrespektvoll mit „Küß die Hand

Frau General“ oder „MeineVerehrung Frau Oberst“ be-grüßt werden ... ). Durch dieeinmalige Lage – in unmittel-barer Nachbarschaft des Parla-ments, Rathauses, Ballhaus-platzes sowie der Universitätund des Burgtheaters – ist dasLandtmann ein Ort, an demsich die unterschiedlichstenWelten treffen. Hier sitzenStudenten neben Professoren,Touristen neben jahrzentelan-gen Stammgästen, Burgthea-terstars neben Hausfrauen,und Regierungsmitgl ieder neben Oppositionspolitikern.Apropos Politik: Cafétier Her-bert Querfeld achtet darauf,daß sein Kaffeehaus absolutneutraler Boden ist. Denn dasLandtmann ist ein Ort derBegegnung. Diese Philosophiesetzt die Familie Querfeldauch insoferne konsequentum, in dem sie ihre Extrazim-mer kostenlos für Pressekon-ferenzen zur Verfügung stellt.Dadurch wurde das CaféLandtmann in den letzten 20Jahren zu einem der belieb-testen Veranstaltungsorte fürPressekonferenzen in Öster-reich. Hier geben sich währendeines Vormittags oft die Poli-tiker aller im Parlament vertre-tenen Parteien die Türklinke indie Hand. Ein Umstand, derniemanden stört, denn Offen-heit und Toleranz ist seit jeherdas Wesen des Landtmann( Siehe auch Seite 3 ! ). Mantrifft sich hier natürlich nichtnur anläßlich von Pressekonfe-renzen, sondern auch auf einArbeitsessen bzw. ein Ge-spräch bei Kaffee und Kuchen.Zusätzlich zu den Politikernhaben unzählige Wirtschafts-treibende und Manager seitvielen Jahren das Landtmannzu ihrem Lieblingsplatz für einArbeitsfrühstück oder einenBusiness-Lunch erkoren.

WENN ES PROBEN amBurgtheater gibt, ist das Landt-mann Refugium für die dortprobenden Schauspieler undReg i s seure . K laus Mar i aBrandtauer, Michael Heltau,

Gert Voss, George Tabori, Eli-sabeth Orth, Claus Peymannund Klaus Bachler sind hieroft gesehene Gäste. Sie allelieben die Küche, die Mehl-speisen, den Kaffee sowie dieeinzigartige Atmosphäre desCafé Landtmann.

Herr Ober, zahlen !

WIE MAN IN UNZÄHLIGEN

Aphorismen und Feuilletonsnachlesen kann, wird ein ech-tes Wiener Kaffeehaus erstdurch seine Kellner zu einertypisch wienerischen Institu-tion. Dies trifft natürlich auchauf das Landtmann zu. WieAnita und Herbert Querfeldbetonen, gibt es im Landt-mann sechs Ober, die seit circa 25 Jahren hier arbeitenund die den Stil des Kaffee-hauses entscheidend mitprä-gen. Um diese langjährigenKellner haben sich Teams ge-bildet, die den Gästen dasspezielle „Landtmann-Feeling“vermitteln. Übrigens: So gernewie die langjährigen Gäste hierherkommen, so gerne arbeitendie Kellner hier. Eine perfekteGäste-Ober-Symbiose! Zu die-sem Thema erzählt HerbertQuerfeld gerne eine wahreBegebenheit, die ihm vor eini-gen Jahren in Zusammenhangmit dem Landtmann Ober-kellner „Herrn Robert“ passier-te: Es war mitten im Sommerund die Terrasse des Landt-mann war bestens besucht, sodaß die Kellner alle Händevoll zu tun hatten. Da läutetedas Telefon und der Cafétierhob persönlich ab. Am ande-ren Ende der Leitung war eineDame, die beim Herrn Robertetwas bestellen wollte. HerrQuerfeld stellte sich der Dameals der Besitzer des Landt-mann vor und meinte, siekönne auch ihm ihren Re-servierungswunsch mitteilen.Darauf zögerte die Dame,überlegte kurz und antwortetesodann: „Nein ! Auch wenn Sieder Chef sind ... Ich sag’s lieberdem Herrn Robert ...“

LO K A L E S

Diese Frage verneint Burgtheaterdirektor KlausBachler. Denn er besucht Kaffeehäuser niealleine, um hier Kaffee zu trinken, Zeitungen

zu lesen, seine Ruhe zu haben. Er geht ins Café, umMenschen zu treffen. Für ihn ist das Kaffeehaus einOrt des Gesprächs, wo man sich trifft , ißt und Kaffee trinkt.

Apropos Kaffee: Diesen trinkt der Burgtheater-direktor höchstens einmal am Tag und dann eineMelange. Klaus Bachler bezeichnet sich selbst alsklassischen Teetrinker, der den ganzen Tag lang Teein allen Varianten zu sich nimmt. Mit dieser Vorliebeist er im Landtmann sehr gut aufgehoben, denn hierkann er zwischen 12 verschiedenen Sorten Tee wählen.

AUF DAS THEMA KAFFEEHAUS ANGESPROCHEN

kommt Klaus Bachler ins Philosophieren: „DieWiener Kaffeehäuser sind eine schöne Eigenschaftdieser Stadt. Sie sind kulturelle Orte, an denen sichKünstler, Schauspieler, Maler, Schriftsteller undMusiker treffen. Im Kaffeehaus ist man bei sich, mitsich und trotzdem nicht alleine. Das gibt es nur indieser Stadt, das atmen die Kaffeehäuser hier. Unddas Landtmann ganz besonders.“ Am Landtmanngefällt ihm außerdem die Tatsache, daß es nicht vonTouristen „übernommen“ wurde, sondern ein echtesWiener Café geblieben ist , in dem sich Menschen

verschiedener Gene-rationen treffen. Dashat natürlich auchsehr viel mit demPersonal zu tun. Bei den LandtmannKellnern hat er dasGefühl, daß sie eineausgeprägte Berufs-identität haben unddaß für sie ihre Ar-beit Berufung ist. Aufdie Frage, ob er sich

vorstellen könne, daß das Burgtheater im Jahr 2013 sein 125jähriges Jubiläum ( Eröffnung:14. 10. 1888 ) gemeinsam mit dem 140jährigenJubiläum des Landtmann ( Eröffnung: 1. 10. 1873 )feiere, schmunzelt er und sagt: „Im Prinzip ja. Nur werde ich dann sicher nicht mehr Burgtheater-direktor sein. Das wären dann 15 Jahre. Und das hat noch keiner gemacht...“

Die Ober des Café Landtmann: Herr Robert, Herr Erwin, Herr Franz, Herr Engelbert, Herr Lajos, Herr Friedrich (von links nach rechts)

„Sind Sie ein typischer Kaffeehaus-besucher?“

„Das Landtmann ist das Café,das ich besuche.“

Karl Buzin, Küchenchef im Café-Restaurant Landtmann

Burgtheaterdirektor Klaus Bachler

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SE I T E 6 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2000LO K A L E S

Haben gewählt ? LWienerschnitzel, Kaiser

IN EINER KLAREN, KRÄFTIGEN RINDSUPPE

einen köstlichen Leberknödel serviert zu

bekommen, läßt das Herz einfach höher schlagen.

Diese klassische Suppeneinlage, die aus Kalbsleber,

in Wasser eingeweichten und gut ausgedrückten

Semmeln sowie aus ein bißchen Zwiebel, Petersilie,

Ei, Salz, Pfeffer und Majoran besteht, stammt

nicht direkt aus Wien. Der Ursprung der Leberknödel

liegt wahrscheinlich im oberösterreichisch-salzburgisch-

bayrischen Raum. Dort werden die Leberknödel

gerne gebraten. In Wien dagegen werden

sie in siedendem Salzwasser gegart, so daß sie

flaumig locker auf der Zunge zergehen.

DIE LEBERKNÖDELSUPPE

DIESE WOHL BERUHMTESTE ALLER WIENER SPEISEN stammt – einigen Quellen zufolge – vom italienischen

„Costolleta milanese“ ab. Andere Spuren führen ins mittelalterliche Konstantinopel. Tatsache ist aber auch, daß die Wiener schon seit

Jahrhunderten alles mögliche ( vom Hendl bis zu Kalbsohren ! ) paniert und in heißem Fett herausgebacken haben. Ganz gleich, wo

das Wiener Schnitzel ursprünglich erfunden wurde, wichtig ist vor allem, daß das Fleisch vom Kalb stammt. Das ideale Wiener Schnitzel – so wie wir

es im Landtmann zubereiten – ist fingerdick von der ausgelösten Kalbsnuß abgeschnitten. Danach wird es vorsichtig geklopft, gesalzen, auf beiden Seiten

in Mehl gewendet, durch versprudeltes Ei gezogen und wiederum beidseitig in Bröseln gewendet. Das solchermaßen „panierte“ Schnitzerl kommt

in heißes Fett, in dem es goldbraun herausgebacken wird. Abschließend muß es vorsichtig abgetupft werden, damit es schön trocken ( ohne Fettpfützen ! )

auf den Teller gelangt. Das Tüpfelchen auf dem i ist dann eine Zitronenscheibe, mit der das Schnitzerl garniert wird. Als Beilagen empfehlen

wir Reis und Gurkensalat. Aber auch Petersilerdäpfel oder ein Erdäpfelsalat ergänzen das Wiener Schnitzel perfekt.

DAS WIENER SCHNITZEL

WAS BESTELLT EIN GAST, der mit knurrendem M

Mit großer Wahrscheinlichkeit unser allseits gep

Wenn nun der Magen des Gastes sehr leer ist

Wiener Schnitzel eine Leberknödelsuppe und z

einen Kaiserschmarrn mit Zwetschkenröste

„Landtmann Menü“, das viele Gäste aus uns

:

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Wien, im November 2000 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 7LO K A L E S

Leberknödelsuppe,rschmarrn ... Bitte sehr ! Magen das Landtmann betritt?

epriesenes Wiener Schnitzel.

t , bestellt er meist vor dem

zum Drüberstreuen danach

ter. Das ist das typische

serer Speisekarte wählen.

DER KAISERSCHMARRN

�DER KAISERSCHMARRN IST EIN KLASSIKER DER WIENER MEHLSPEISKUCHE.

Und sein Name führt ausnahmsweise nicht in die Irre – ganz im Gegenteil! Abgesehen von den verschiedenen Geschichten,

die es rund um die Erfindung des Kaiserschmarrns und die kaiserliche Familie gibt, ist es eine Tatsache, daß

Kaiser Franz Joseph sehr gerne Kaiserschmarrn aß. Für einen Kaiserschmarrn werden Eidotter, Vanillezucker, Milch und Mehl

sorgfältig verrührt. Danach schlägt man aus Eiklar, Kristallzucker und einer Prise Salz einen festen Schnee und mengt ihn

unter den Teig. Die so entstandene Masse wird in eine flache Pfanne, in der zuvor Butter zerlassen wurde,

gegossen und mit Rosinen bestreut. Der omletteartige Teig wird auf beiden Seiten gebräunt,

zerstochen und mit Zucker bestreut angerichtet. Die klassische Beilage dazu ist ein Zwetschkenröster,

damit der Kaiserschmarrn so richtig die Gurgel runter rutscht.

EINES VORMITTAGS spazierte ein Mann ins Landtmann,

der nach den verfügbaren Zeitungen des Tages sowie nach eini-

gen Magazinen griff und sich damit in eine Nische des Cafés

zurückzog. Eher unwillig reagierte er auf die Frage des Obers,

was er denn zu trinken wünsche. Die halb gesprochene, halb

geknurrte Antwort lautete: „Einen kleinen Braunen...“

Diesen konsumierte der Gast in vorsichtigen, wohldosierten

Schlucken bis circa 1 Uhr Mittag. Nun war der Gast mit allen

Tageszeitungen durch und widmete sich den Magazinen. Dazu

konsumierte er in kleinen Schlucken das zum Kaffee servierte

Wasser. Als sich um drei Uhr nachmittags ein Ober dem Gast

näherte und ihn fragte, was er denn zu trinken wünsche, warf

ihm der Gast einen äußerst unwirschen Blick zu und antwortete:

„Ich hab’ doch eh schon am Vormittag bestellt...“

Ein genügsamer Gast

:

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Das Schloß Schön-brunn war ein Ort,d e n K a i s e r

Franz Joseph I. be-sonders schätzte.Ab dem Jahr1904 wohnted e r K a i s e r nur mehr inSchönbrunn.S e i n Ta g e s -ablauf, der nacheinem ganz prä-zisen Schema vonfrühmorgens bis spät-abends eingeteilt war, er-laubte ihm ( fast ) keine Extra-touren ( Wie z. B. den Besuch

eines Kaffeehauses, wo er inRuhe ein Virginier-Zigarrl rau-

chen und ein bißchenentspannen hätte

können ... ) . DerMonarch wurdetäglich um 4°°Uhr Früh vonseinem Leib-kammerdienergeweckt. Nach

der Morgentoi-lette und dem

Ankleiden gingder Kaiser in sein

Arbeitszimmer und befaß-te sich an seinem Schreibtischmit neu eingelangten Akten,

bis ihm um 5°° Uhr dasFrühstück serviert wurde. Die-ses umfaßte Kaffee, Butter,Gebäck und Schinken ( aufletzteren verzichtete FranzJoseph an Freitagen und anFasttagen ). Danach schlüpfteder Kaiser in einen graublauenMilitärmantel – den er „Bon-jourl“ nannte – und empfingsolchermaßen adjustiert denVorstand der Militärkanzlei.Diesem folgten der Kabinetts-direktor, der Zweite General-adjutant sowie der erste Gene-raladjutant. Pünktlich um 7°°Uhr fand die Morgenvisite deskaiserlichen Leibarztes statt .

Danach empfing der Kaiser anAudienztagen oft bis an diehundert Personen. Knapp vor12°° Uhr Mittag wurde einkleiner Tisch in Franz JosephsArbeitszimmer getragen, andem ihm das Mittagsmahl –Suppe, ein dünn geschnittenerTafelspitz ( des Kaisers Lieb-lingsspeise ! ), ein Beefsteakoder Geflügel mit Gemüse –serviert wurde. Dazu nahm erimmer ein Glas Bier. Nacheinem langen, arbeitsreichenNachmittag wurde dann zwi-schen 5°° Uhr und 6°° Uhr imengen Familienkreis diniert . Da Franz Joseph ein sparsamer,

genügsamer Mensch war, un-terschieden sich die Abend-mahlzeiten kaum von deneneines gutbürgerlichen Haus-haltes.

D I E E I N Z I G E N EXTRA-TOUREN die sich der Kaiserleistete, waren nach demMittagessen ausgedehnte Spa-ziergänge im priva-ten, kaiserlichenKammer-gga r ten ,bei de-nen ihnoft KatharinaSchratt begleitete. Mitdieser im Wien des aus-

gehenden 19. Jahrhundertssehr bekannten und beliebtenSchauspielerin verband denKaiser eine tiefe Freundschaft.Er besuchte sie auch gerne anTagen, an denen es keineAudienzen gab, um 7°° UhrFrüh in ihrer Villa in der Gloriettegasse ( Befindet sichi n u n m i t t e l b a r e r N ä h evon Schloß Schönbrunn ! ).

Hier nahm er ein zweitesFrühstück zu sich,

das meistens ausKaffee mitSchlagobersund Gugl-

hupf bestand.

SE I T E 8 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2000RE P O R TAG E

Das hätt ’ den Kaiser sehr gefreut ...EINER UBERLIEFERTEN ANEKDOTE ZUR FOLGE soll Kaiser Franz Joseph I. einem Journalisten gegenüber folgende seufzende

Bemerkung gemacht haben: „Sie haben’s gut. Sie können ins Kaffeehaus gehen....“ Tja, das war zu Kaisers Zeiten in der

Sommerresidenz Schönbrunn leider nicht möglich. Heute, hundert Jahre, später wäre das kein Problem. Denn vor zwei Jahren

hat die Familie Querfeld im Schloß Schönbrunn das Café-Restaurant „Residenz“ eröffnet.

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Wien, im November 2000 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 9

Solchermaßen war die Villader Schratt quasi Kaiser FranzJosephs privates Kaffeehaus...

UBRIGENS: Um sich daskaiserliche Vergnügen einesKaffees mit Schlagobers ( Me-lange, Einspänner, Fiaker,Maria Theresia oder Pha-risäer ) und eines flaumig, zar-ten Guglhupfs zu gönnen,müssen Sie heute nicht mehrdas Schloß verlassen. Beides –sowie einen köstlichen Tafel-spitz á la Kaiser Franz Joseph –gibt es im Café-RestaurantResidenz.

Imperiale Gastlichkeit

WER DIE ANLAGE desSchlosses beim Haupteingangbetritt , kommt in den Ehren-hof. Wenn man sich linkshält , gelangt man zum Kava-lierstrakt , der den linkenFlügel des Ehrenhofs bildet.Durch den Säuleneingang,der sich in der Mitte diesesTraktes befindet , betritt mandas Café-Restaurant „Resi-denz“ und die „Hofback-stube“. Hier in den heimeligbarocken Räumen befindetsich ein gemütliches WienerKaffeehaus. Wenn man durchdieses hindurch spaziert , ge-langt man auf eine wunder-bare Terrasse mit einem -schönen Ausblick auf den

Schloßgarten. Diese Terrassewird von einer wind- undwetterfesten Markise über-dacht , die an heißen Tageneinen angenehmen Sonnen-schutz bietet. Generell fühltman sich auf dieser Terrasseunter der Markise ähnlichwohl und geborgen, wie aufder legendären Terrasse desCafé Landtmann. Obwohldas Café-Restaurant Residenzerst am 5. Dezember 1998eröffnet wurde, genießt manhier als Gast die Aura einesklassischen Wiener Kaffee-hauses. Denn der Cafétier-Familie Querfeld ist es gelun-gen, die traditionsreiche At-mosphäre des Café Landt-mann nach Schönbrunn ins„Residenz“ zu transferieren.Alles, was der Gast im„Landtmann“ schätzt , wird er

auch hier finden: Aufmerk-same Ober, Wiener Kaffee-spezialitäten, exquisite Wie-ner Mehlspeisen sowie eineerstklassige Wiener Küche.Und wer einmal das Schloß

Schönbrunn fürsich allein habenwill ( wie weilandder Kaiser ! ), kanndas Café-RestaurantResidenz abendsfür Familien- oderBetriebsfeiern mie-ten und sich hierin imperialem Am-biente mit Speis’ und Trankverwöhnen lassen.

Apfelstrudelshow inder „Hofbackstube“

WENN MAN SICH NACH

DEM SÄULENEINGANG nichtdem „Residenz“ zuwendet, son-dern den „Hofbackstube“Hinweisschildernfolgt , gelangtman über einealte Steintrep-pe in ein unter-irdisches Gewölbe, in dem sichdie romantische „Hofbackstu-be“ befindet. Hier duftet esganz verführerisch nach Apfel-

strudel ! Kein Wunder,denn hier finden inregelmäßigen Interval-len die – mittlerweileals Geheimtip unterden Schönbrunn-Be-suchern gehandelten– „Apfelstrudelshows“statt. Während diesenfünfzehnminüt igen

Shows werden vor den stau-nenden Zuschauern „gezoge-ne“ Alt-Wiener Apfelstrudelhergestellt , die die Besucherdann frisch gebacken vor Ortverkosten können. Zusätzlichzur Apfelstrudelshow bietet die„Hofbackstube“ ein umfassen-

des Sortiment anwienerischenund österrei-chischen Köst-

lichkeiten undAndenken ( von

Kaffee, Tee, diversen Li-kören und Rum bis hin zuSissi-Talern, Sissi-Souvenirs,Videos und ( Koch-)Büchern ).Ein Einkaufsparadies für alle,die auf den Spuren der öster-reichischen Tradition wandelnwollen.

RE P O R TAG E

Das Areal des heutigen Schlosses Schön-

brunn hieß im Mittelalter Katterburg bzw.

Kattermühle. Sie gehörte den unterschied-

lichsten Grundherren, unter anderem dem Stift Kloster-

neuburg. Im Jahr 1569 gelangte diese Liegenschaft in

den Besitz der Habsburger. Maximilian II. baute das

Herrenhaus zu einem Jagdschloß mit weitläufigem Gar-

ten und Teichen aus. Dieses wurde 1605 durch die

Ungarn zerstört und danach von Kaiser Matthias wieder

aufgebaut. 1642 wird ein stattliches zweistöckiges Schloß

an die Katterburg angebaut und erstmals als „Schön-

brunn“ bezeichnet. 1683 zerstörten die Türken während

der zweiten Türkenbelagerung Wiens die gesamte

Anlage. 1695 beauftragte Leopold I. den Barockarchi-

tekten Johann Bernhard Fischer von Erlach mit der

Planung eines neuen Jagdschlosses, das Maria Theresia

1744 bis 1749 vom Hofarchitekten Nikolaus Pacassi zu

einer kaiserlichen Sommerresidenz ausbauen ließ. Der

prächtige Schloßpark wurde 1705/06 von Jean Trehet

angelegt und von Maria Theresia erweitert. Der barocke

Tiergarten ( der älteste der Welt ! ) folgte 1752 – nach

Plänen von Jadot de Ville-Issey. Weitere Aus- und

Umbauten ( Schloßtheater, Gloriette, Schloßfassade,

Schloßpark, Palmenhaus, .... ) erfolgten bis zum Ende der

Habsburger-Herrschaft. Dieses fand formal ebenfalls im

Schloß Schönbrunn statt: Hier unterzeichnete Karl I. am

11. November 1918 eine Erklärung, in der er auf die

Ausübung der Regierungsgeschäfte verzichtete.

Wie aus derKatterburg das Schloß

Schönbrunnwurde

Die Cafétiers Irmgard und Berndt Querfeld vor dem Säuleneingang des „Residenz“

In der Hofbackstube erleben Sie, wie ein Altwiener Apfelstrudel entsteht

Traditionsreiche Kaffehauskulturwird im „Residenz“ zelebriert

:

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SE I T E 10 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2000RE P O R TAG E

Schani trag den Gartenraus ... – so lautet einaltes Wienerlied. Mit

Schani war natürlich derKaffeehaus-Piccolo gemeint ,der als Lehrling solche undandere Arbeiten zu verrichtenhatte. Der Schanigarten ist

heute aus dem sommerlichenStraßenbild Wiens nicht mehrwegzudenken. Das war nichtimmer so. Noch vor 20 Jahrenmußte man genau wissen, wower im Sommer einen Schani-garten rausgestellt hatte. EinLokal fiel einem auch damals

immer ein: Das Café Mozart.Sein großer, prachtvoller Schani-garten ist eine Institution, dieselbst unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg, als die Sonnen-markise lädiert und die Fen-sterscheiben des Cafés zerstörtwaren, regen Zuspruch fand

( siehe großes Bild auf dergegenüberliegenden Seite ! ).Die Beliebtheit dieses Schani-gartens ist anscheinend ankein Jahrzehnt und auch ankein Jahrhundert gebunden,sondern hängt vielmehr mitdem Genius loci zusammen.

Schließlich wurde hier – imBürgerspitalzinshaus – vor fast 200 Jahren erstmals einKaffeehaus-Schanigarten inWien eröffnet.

DAS BURGERSPITALZINS-HAUS – ein zwischen Lobko-

witzplatz, Kärntnerstraße undGluckgasse gelegener, riesigerGebäudekomplex – geht aufein 1305 von Rudolf III.gestiftetes Nonnenkloster zu-rück. 1530 schenkte Erzher-zog Ferdinand das Gebäudeder Stadt Wien, die hierzuerst ein Obdachlosenheim,später dann ein Spital sowieein Waisenhaus unterhielt .Ab 1664 wurde der Gebäu-dekomplex immer wiederumgebaut und erweitert. 1783bis 1790 erfolgte der Um-bau des Bürgerspitals in eingewaltiges Zinshaus ( 10 Höfe,20 Stiegen, 220 Wohnungen,zahlreiche Geschäfte ). Dieprominentesten Mieter warenunter anderem FerdinandRaimunds Vater, Franz Grill-parzer und Johann EmmanuelSchikaneder ( Librettist derZauberflöte ).

APROPOS ZAUBERFLÖTE:3 Jahre nach Mozarts Toderöffnete ein gewisser GeorgPöhlein im Bürgerspitalzins-haus ein Café. Dieses wurde1825 von oben erwähntemSimon Corra übernommenund mit einem Schanigartenausgestattet. 1840 erfolgte eineNeuübernahme. Das Kaffee-haus trug von da an denNamen des neuen Besitzers –nämlich Café Katzmayer –

Wo der Kaffeehaus-Schanidas erste Mal den

Garten „aussi tragen“ hat

Der Schanigarten des Café Mozart mit der Staatsoper im Hintergrund Im „Mozart“ genießt man Kaffeehausatmosphäre mit Stil

DER BEGRIFF DES SCHANIGARTENS

geht wahrscheinlich auf Johann ( „Schani“ )

Taroni zurück, der im Sommer des Jahres

1754 am Wiener Graben vor seinem

Kaffeehaus ein Limonadenzelt auf-

gestellt hatte. Einen richtigen

Schanigarten mit Tischen, Stühlen

und Kübelpflanzen stellte erstmals

Simon Corra in den 20er Jahren

des 19. Jahrhunderts vor sein

Kaffeehaus. Dieses befand sich im

Bürgerspitalzinshaus, dem Vorgänger-

gebäude des Hauses, in dem sich heute

das Café Mozart befindet.Das

Bürgerspitalzinshaus

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und war ein Treffpunkt fürJournalisten, Schauspieler undLiteraten. Im Zuge der Stadter-neuerung wurde das Bürger-spitalzinshaus zwischen 1873und 1883 abgebrochen (1882:Abbruch des Kaffeehauses), aufseinem Areal entstanden eineReihe neuer Häuser sowie dieTegetthofstraße, die Führich-und Maysedergasse. In demneuen errichteten Haus EckeMaysedergasse und Albertina-platz eröffnete in unmittelbarerNachfolge des „Katzmayer“ einKaffeehaus, das 1929 denNamen Café Mozart erhielt. Indiesem Jahr wurde es von derFamilie Hornik übernommen,die es bis 1985 führte. Danachwurde das Café Mozart voneiner japanischen Kaufhauskette

erworben. Diese wollte im Stildes Café Mozart eine weltweiteKette aufziehen. Ein Plan, derscheiterte. Nicht zuletzt deshalb,weil sich Wiener Stil und At-mosphäre sowie unsere jahrhun-dertelange Kaffeehaus-Traditionnicht beliebig in fremde Weltentransferieren lassen. 1992 über-nahm die Familie Querfeld dasCafé Mozart. Sie renovierte esund hauchte dem altehrwür-digen Kaffeehaus wieder dentraditionsreichen Geist ein, der für ein echtes Wiener Café typisch ist . Für gediegene Kaffeehauskultur sorgen dieGeschäftsführerinnen AndreaWinkler und Marianne Muhrsowie der Oberkellner HerrHerbert . Zu den klassischen Wiener Kaffeespezialitäten und

Mehlspeisen werden im CaféMozart natürlich auch Klassikerder Wiener Küche serviert .Damit ist das Mozart – vomStandort her das älteste beste-hende Kaffeehaus Wiens! – ein

zeitgemäßes Café-Restaurant, indem man gutbürgerlich speisen,herrlich Mehlspeisen genießenoder aber auch nur einen Kaffeetrinken und in Ruhe Zeitunglesen kann.

Wien, im November 2000 Illustriertes Landtmann Extrablatt SE I T E 11RE P O R TAG E

Zu ebener

Erde und„Downunder“

Als die Familie Querfeld 1992 das CaféMozart übernahm, war ein zweitesLokal im Mietvertrag inkludiert, dessen

Eingang sich ums Eck vom Café Mozart in derMaysederstraße befindet und das einen großenGastraum im Keller unterhalb des Café Mo-zarts hat. Aus diesem Lokal beschloß BerndtQuerfeld ein australisches Pub zu machen.

DIESE IDEE kam ihm, weil seine Frau Irmgard vor der Hochzeit ein Jahr lang inAustralien gelebt hatte und weil ein Lieferantin Wien plötzlich Känguruhfleisch anbot. In einer witzigen Abwandlung des eigenenFamiliennamens nannte er das Lokal „Cross-field“ und gestaltete den grossen unter-irdischen Saal im Stil einer australischenMine. Eine Idee, die goldrichtig war. Denndas Crossfield entwickelte sich zu einemAußenposten aller Australienfans sowie derExil-Australier in Wien. Dazu trägt nicht nur die Speisekarte mit australischen BBQ-Spezialitäten ( Burgers, Känguruh-,Straußen-, Krokodil- und Rindersteaks,gegrillte Heuschrecken etc. ) sowie eine großeAuswahl an australischen Bieren bei, sondern auch dieeng l i s chsp rach igeKellner-Crew, die denGästen auf witzig-char-mante Weise „Downunder“ nahebringt .

Das Café Mozart in der Zeit, als Graham Greene hier den „Dritten Mann“ geschrieben hat

E S G I B T W O H L K A U M

E I N E N B E R U H M T E R E N F I L M

über Wien als „Der dritte Mann“( Hauptdarsteller: Joseph Cottonund Orson Welles, Regie: Carol Reed ). Für dieses 1948gedrehte, legendäre Stück Film-geschichte schrieb der britischeSchriftsteller Graham Green dasDrehbuch. Dieser wohnte 1947in Wien im Hotel Sacher undliebte es, seinen Kaffee im CaféMozart zu genießen. DieseVorliebe schlug sich auch imDrehbuch nieder, in der er eineSzene im Schanigarten des CaféMozarts spielen ließ. Aber nichtnur Graham Green, sondernauch Anton Karas, der die welt-berühmte Titelmusik für den„Dritten Mann“ schrieb, war vom„Mozart“ so angetan, daß ereinen „Café Mozart Walzer“komponierte.

Wer heute auf den Spurendieses legendären Films wandelnwill, der kann dies mit den„Vienna Walks+Talks“ tun. JedenMontag und Freitag um 16°° Uhrfindet eine geführte Tour statt( Treffpunkt : U4 Station Stadt-park/Ausgang Johannesgasse ), die Sie zu den original Drehortendes Films führt und tolle Ein-blicke ins Wiener Kanalsystembietet. Und wer danach eine klei-ne Stärkung braucht, der ist imCafé Mozart bestens aufgehoben.

Joseph Cotton und Orson Wellesim „Dritten Mann“

Der „Dritte Mann“ und das „Mozart“

Meine Verehrung Exzellenz!Ein Gast saß in einem eleganten

Wiener Kaffeehaus und be-obachtete, wie der Oberkellner

viele Gäste sehr persönlich begrüßte:„Grüssie Herr Sektionschef, Küß dieHand Frau Hofrat, Habedieehre HerrIngenieur, Meine Verehrung Exzellenz!“Nachdem er das eine Zeit lang in-teressiert verfolgt hatte, winkte er denOberkellner zu sich her und fragte ihn:„Sagen’S, wie merken Sie sich all die vie-

len Gäste ?“ Der Ober-kellner: „Schaun’S, ichhab’ halt ein gutes Ge-dächtnis ...“ Der Gast in-sistierend: „Und wiebegrüßen Sie die, die Sie nicht ken-nen?“ Darauf der Oberkellner:„Na ... die schätz ich halt einund red’ sie mit einem Titelan ...“ Der neugierige Gast

gab noch immer keine Ruhe: „ ... undwas ist , wenn ein Gast keinen Titelhat?“ Darauf der Oberkellner trocken:„Zu so einem sag’ ich einfach HerrDoktor.“ Als der Gast seinen Kaffeeausgetrunken und seine Rechnung beg-lichen hatte, verließ er grüßend dasCafé. Nicht ohne dabei verblüfft zuregistrieren, daß ihn der Oberkellnermit einem „Auf Wiederseh’n HerrDoktor!“ verabschiedete ...

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Als Gast bot einem das Landt-mann an diesem Abend einen ungewöhnlichen An-

blick. Denn auf der Landtmann-Terrasse stand ein riesiges Festzelt.Man betrat das Zelt und war voneiner fröhlichen Menschenmenge,von Musik und von intensivemKaffeeduft umgeben. Wenn manletzterem folgte, gelangte man zumeigentlichen Kaffeehaus-Eingang,neben dem die Quelle der olfak-torischen Versuchung stand. Einorientalischer Kaffeewagen, an demhöchst professionell „Türkischer Kaffee“ zubereitet wurde ( Den Kaffee hatte die Firma Meinl nach-mittags frisch gemahlen, der orienta-lische Kaffeewagen war eine Leih-gabe der türkischen Botschaft inWien ) . In unmittelbarer Nähe desKaffeewagens befand sich auch dieriesengroße „125 Jahre Geburts-tagstorte“, die von MeisterpatissierHerwig Gasser und der Mannschaftdes „K.u.k Mehlspeis Paradies“ kunstvoll angefertigt worden war.Nachdem man einen Türkischen zusich genommen hatte und mit

einigen Leuten ein bißchen SmallTalk gemacht hatte, führte einen der Weg hinein ins eigentlicheKaffeehaus. Auch hier drängten sich die Leute und statt der üb-lichen vornehm gedämpften Atmos-phäre – die das Landtmann norma-lerweise so gemütlich macht – herr-schte überall Jubel, Trubel, Heiter-keit. Sekt floß in wahrstem Sinne des Wortes in Strömen, und die vielen herrlichen Köstlichkeiten derKüche, die von den unermüdlichlaufenden Kellnern den Gästen ge-reicht wurden, taten ein übriges, daß diese Feier ein Fest derSuperlative wurde. Das läßt sich auch leicht an einigenZahlen und Fakten ablesen: An diesemAbend wurden 800Flaschen Sekt , 280Flaschen Wein, 300Liter Bier, 9.000 Pa-steten, Schnitzerln, ...sowie 3.600 Mehl-speisen und einigehundert türkischeKaffees konsumiert.

SE I T E 12 Illustriertes Landtmann Extrablatt Wien, im November 2000ME LA N G E

Zum 125. Jahrestag der Gründung des Café Landtmann veranstal-

tete die Cafétier-Familie Querfeld ein großes Fest. Unzählige

Prominente aus Politik und Kultur sowie viele Stammgäste kamen,

um den runden Geburtstag des legendären Kaffeehauses zu feiern.

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WOLLEN SIE UNSEREM MEISTER-PATISSIER HERWIG GASSER einmalüber die Schulter schauen und in seineHäferln gucken? Die Geheimnisse sei-ner unwiderstehlichen Mehlspeisen ergründen? Kein Problem! Denn ab sofort erhalten Sie Herwig GassersKochbuch „Neue Wiener Mehlspei-sen“ im Buchhandel sowie in denKaffeehäusern „Landtmann“,„Mozart“,

„k.u.k. Mehlspeis-Paradies“ sowie im „Café Residenz“ und in der„Hofbackstube“. In diesem Buch verrät er 110 seiner köstlichenRezepte, unter anderem Gustostückerln wie den Heidelbeerstru-del, die Birnenmoussetorte, den Topfenschmarrn, den Orangen-kuchen, das echte Wiener Briochekipferl und, und, und ...

DIE REZEPTE HERWIG GASSERS folgen der großen böh-misch-österreichischen Mehlspeis-Tradition, wobei er darauf

achtet, daß alle Mehlspeisen in neuer, zeitgerechter Form – dasheißt: mit weniger Kalorien – zubereitet werden. So wird zumBeispiel Mehl nur äußerst sparsam verwendet und der Zucker-gehalt reduziert. Unter die Oberscremes und Massen wirdgeschlagenes Eiweiß gezogen, so daß insgesamt weniger Butterverwendet wird. Alle Rezepte des Buches wurden vor der Ver-öffentlichung von Hausfrauen ausführlich getestet, auf unver-ständliche Fachausdrücke hat Herwig Gasser bewußt verzichtet!Die Rezepte seines Buches können von jeder Hausfrau bzw.jedem Hausmann problemlos in die Praxis umgesetzt werden.

Herwig Gassers Kochbuch „Neue Wiener Mehlspeisen“beinhaltet aber nicht nur „trockene“ Theorie ! Ganz imGegenteil: Jedes einzelne der 110 Hauptrezepte ist mit einemg’schmackigen Foto illustriert. Damit garantiert der Band „Neue Wiener Mehlspeisküche“ nicht nur vielfältigenMehlspeisgenuß, sondern auch einen höchst erfreulichenAugenschmaus.

Unser Dank gilt HERRN MAG. WILFRIED FELLNER,FRAU EDITH STIRLING, den „VIENNA WALKS+TALKS“sowie der SCHLOSS SCHÖNBRUNN KULTUR- & BE-TRIEBSGESELLSCHAFT.

Wenn Sie über die Geschichte des Café LandtmannUnterlagen oder Informationen haben, würden wir unsfreuen, wenn Sie sich mit der Redaktion in Verbindung set-zen. ( Tel.: 0676/51 676 51 )

I M P R E S S U M

B I T T E

DA N K E

INTERNET: www.cafe-wien.at

Das gibt’s nur alle 125 Jahre ...

Das Buch der Mehlspeis-Bücher

Dkfm. Hans Schmid mit Gattin, Anita Querfeld

Stadtrat Werner

Faymann

Chef-patissierHerwigGasser

mit Jubi-läumstorte

Muckenstrunz und Bamschabl, Gerhard Bronner

Dr. Harald Ofner,

Dr. Palt,

Frau Querfeld

Komm.-RatJosef Fröhlich, Ernst Wolfram

Marboe

Gerhard Bronner,

Karl Schranz

Minister a.D. Hannes Farnleitner

Die Band „Salt Peanuts“

Brigitte Neumeistermit Gatten

Der orientalische Kaffeewagen

Engelbert Wenckheim

Herbert Querfeld

Lotte Tobisch, Anita Querfeld

Dominik Heinzl, Dr. Bernhard Görg,

Komm.-Rat Walter Nettig

HERAUSGEBER: Familie Querfeld, Dr. Karl Lueger-Ring 4,1010 Wien REDAKTION UND TEXT: Gerhard LoibelsbergerART DIRECTOR: Martin Gubo GRAFIK: Studio GuboFOTOS: Günter Menzl, Historisches Museum der Stadt Wien,Mag. Wilfried Fellner, Edith Stirling, Vienna Walks+Talks,Archiv, Schloss Schönbrunn Kultur- & BetriebsgesellschaftILLUSTRATIONEN: Bauch & Kiesel, Archiv