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# # 1 1 / / 2 2 0 0 1 1 4 4 "Bildet euch, denn wir brauchen all eure Klugheit. Bewegt euch, denn wir brauchen eure ganze Begeisterung. Organisiert euch, denn wir brauchen eure ganze Kraft." – Titelseite der Erstausgabe der Ordine Nuovo vom 1. Mai 1919 von Antonio Gramsci

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"Bildet euch, denn wir brauchen all eure Klugheit.Bewegt euch, denn wir brauchen eure ganze Begeisterung.

Organisiert euch, denn wir brauchen eure ganze Kraft."

– Titelseite der Erstausgabe der Ordine Nuovo vom 1. Mai 1919 von AntonioGramsci

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Editorial

Nun hat also auch die MFG eine eigene Zeitschrift. Da wir immer den Anspruch hattenDebatten im SDS anzustoßen und breiter in der Öffentlichkeit zu führen ist dies durch-aus ein logischer Schritt. Wir wollen dies auch als einen Akt der Transparenz begreifen,da wir unsere Ideen und Analysen auch stehts einer offenen Diskussion aussetzen wol-len. Unsere Ideen sollen so über einen offenen Diskurs in den Verband hereinwirken.Daher liegt der erste Schwerpunkt unseres Heftes auf Verband & Partei. Diesmal un-ter Anderem mit Unterhaltungen, die wir auf unserem letzten Treffen über die Situationim SDS geführt haben.

Wir wollen uns aber nicht im klein-klein der täglichen Verbandsarbeit verlieren. Als einesozialistische Gruppe brauchen wir einen weiteren Horizont. Auch Politik & Utopiesollen nicht zu kurz kommen. In dieser Programatik steht auch der Name unserer Zeit-schrift Commune. Die Commune ist seit 1871 die Idee einer gesellschaftlichen Organi-sationsform der freien Assoziationen ohne den Zwang des Staates. Mit diesem Ziel vorAugen wollen wir uns auch in weitere politische Debatten und manchmal auch in nichtganz alltägliche Utopien stürzen. Diesmal unter anderem mit einem Blick zurück auf dieEntstehung des Kapitalismus' und einen Blick nach vorne zum erfolgreichen feministi-schen Eingreifen.

Zu guter letzte möchten wir auch, das an unserem Verband neue Entwicklungen undAuswirkungen der marxistischen und feministischen Debatte nicht vorbei gehen. In un-serem Ressort Neues zu Marxismus & Feminismus stellen wir euch spannende Neu-erscheinungen wiedergelesene Klassiker vor, berichten von interessanten vergangenenVeranstalltungen und empfehlen euch kommende. Diesmal zum Beispiel mit einem Be-richt von der feministischen Herbstakademie.

Viel Spaß beim lesen wünscht die MFG/Commune Redaktion.

PS: Die Commune soll kein reines Zentralorgan der MFG sein, sondern ein lebendigesDebattenblatt über Marxismus und Feminismus. Wir freuen uns deshalb immer überschöne Artikel aber auch wenn ihr etwas anders seht und in einem Artikel widerspre-chen wollt.

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Inhalt

Zwei Jahre MFG ­ Eine Bilanz

Unterhaltung über den SDS und denSozialismus

Zum Vorwurf "die MFG" sei unmarxistischvon Janis Ehling

Ästhetik und der politische Kampfvon Jakob Migenda

Feministisches Eingreifenvon Kerstin Wolter

Zur Geschichte des Kapitalismusvon Malte Pannemann

Verband & Partei

Politik & Utopie

Neues zu Marxismus und Feminismus

Bericht von der FeministischenHerbstakademie | InkriT |3.­ 5. Oktober in Gersfeld(Rhön)von Marie­Theres Steinkrauss und Kerstin Wolter

Veranstaltungsankündigungen 28

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Nachdem sich die Marxistisch-Fe-ministische Gruppe vor zwei Jahrengegründet hat, denken wir, dassesZeit wird, vorläufig Bilanz zu zie-hen. Das wollen wir an dieser Stellegern öffentlich tun.Als die MFG sich im November2012 gründete, gab es unter denBeteiligten eine große Aufbruch-stimmung. Das lag für viele daran,endlich aus der Ohnmacht der Ver-einzelung (ja, auch innerhalb einerOrganisation kann man vereinzeltsein) herauszukommen und sich mitähnlich Denkenden zusammenzu-schließen. Unsere Ziele waren da-mals, feministische Theorie undPraxis weiter im SDS zu verankernund weiterzuentwickeln, mehr Räu-me für die innerverbandliche Aus-einandersetzung um einehochschulpolitische Strategie zuschaffen und die marxistische Bil-dungsarbeit zu vertiefen. Gleichzei-tig haben wir uns damals ganz klargegen die vorherrschende Strategievon marx21 (Fokus auf Bewegung)ausgesprochen. Der letzte Versuchder APO ("Andere Politische Orga-nisation"), Menschen mit einer an-deren Vorstellung von Politik alsmarx21 für den SDS zu sammeln,war gescheitert1. Dadurch gab eszu dieser Zeit keinen weiteren inn-verbandlichen Zusammenschlussals marx21.

Seit unserer Gründung haben wiruns vor allem in die Gestaltung der

feministischen Bildungsarbeit(Frauen*förderprogramm, Feminis-tische Seminare), der Arbeit imBundesarbeitskreis Feminismusund dessen Zusammenlegung mitder Linksjugend ['solid] und derPlanung zur Repolitisierung des 8.März eingebracht. Aus letzterementstand ein Bündnis, das auchjetzt noch zusammenarbeitet undbereits den 8. März 2015 vorberei-tet. Außerdem haben wir maßgeb-lich die Neugestaltung, Planungund inhaltliche wie organisatori-sche Durchführung der Herbstaka-demie übernommen, haben eineRegionalkonferenz zum ThemaHochschulpolitik zusammen mitden Genoss_innen aus Hamburg inJena organisiert und den Bundesar-beitskreis Hochschulpolitik wieder-belebt, der sich in wenigen Tagenzum ersten Mal nach dessen Wie-derbelebung wieder richtig trifft.Gleichzeitig sind wir in den letztenzwei Jahren auch immer wenigergeworden. Zum Zeitpunkt der ver-linkten „Unterhaltungen über denSDS“ waren wir sechs Aktive. Wirmussten in unserer Anfangszeitschnell feststellen, dass die Ableh-nung einer anderen Theorie undPraxis nicht automatisch bedeutet,dass man sich in der eigenen An-schauung/Haltung einig wäre: Un-sere Anschauungen zu Feminismus,Hochschulpolitik oder Marxismusklafften zum Teil weit auseinander.Dazu kamen persönliche Verletzun-

gen und Vertrauensbrüche. ZumTeil konnten wir auch unserem ei-genen Anspruch nach Transparenznicht gerecht werden und haben oftwenig öffentlich agiert. Das stellenwir fest und möchten weiter daranarbeiten, das zu ändern. Dieses Bi-lanzpapier ist Teil davon.Wir hatten nach unserer Gründungschnell das Gefühl mit marx21 alsStrömung gleichgesetzt und als„der andere Pol im SDS“ wahrge-nommen zu werden. Doch real istdas bei weitem nicht der Fall undkann es unter den gegenwärtigenBedingungen auch nicht sein. Al-lein, dass marx21 bundesweit etwa400 Mitglieder hat, nicht nur imSDS, sondern auch in der LINKENund der Linksjugend ['solid] aktivist, Bundestags- und Landtagsab-geordnete stellt, mehrere bezahlteStellen hat und ein Magazin undein Theoriemagazin herausbringt -von den Kongressen ganz zuschweigen, macht deutlich, dass ei-ne Gleichsetzung der Strukturenvollkommen falsch wäre. Wir sindvon unserem inneren Aufbau – auchwenn wir uns als Strömung begrei-fen - doch ganz anders und habenauch ganz wesentlich geringereRessourcen als marx21. Das hatnatürlich auch Auswirkungen dar-auf, wie wir uns im Verband ein-bringen können. Unabhängig zuunserer relativen Stärke im Ver-gleich zu marx21 wollen wir wei-terhin eine Struktur sein, die offenist für all jene, die unsere Inhalteteilen und gemeinsam an Projektenim SDS arbeiten wollen.Die oben bereits erwähnte „Unter-haltung über den SDS“ ist auf un-

1 Gescheitert in dem Sinne, dass die meisten Menschen, die sich in den Jahren 2010 bis 2011 als APO gründeten undjene, die ihnen nahe standen, fast vollständig den SDS verlassen haben (die wenigen, die geblieben sind, haben sich zum Teil amGründungsprozess der MFG beteiligt). Dennoch haben sich viele Initiativen der APO auch nach ihrer Auflösung im SDSweitergetragen – eine davon ist der Feminismus.

Zwei Jahre MFGEine Bilanz

Verband & Partei Politik & Utopie Neues zu Marxismus& Feminismus

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1. Wo steht der Verband?

Janis: Bei allen Problemen, die wirhier diskutieren, ist eingangs fest-zuhalten: Die Gründung des SDSwar ein wichtiger Schritt. Seit 1991gab es keinen so großen - bundes-weit vernetzten - sozialistischenStudierendenverband. Die Zahl derSDS-Gruppen ist seit der Gründungsehr langsam angestiegen. Das sagtaber noch nichts über die Qualitätder Gruppen und des Verbandesaus. Die einzelnen Basisgruppenbearbeiten ihre jeweiligen Themenund der Bundesvorstand arbeitetparallel nebenher. Eine Vernetzungder Arbeit unter den Gruppen odermit dem Bundesvorstand findetkaum statt. Eine gemeinsame Stra-tegie des SDS gibt es bislang nicht.Durch das B.A./M.A.-System kom-men in kurzer Zeit immer wiederneue Leute dazu, die in den Ver-bandsdebatten nicht drinstecken.Außerhalb der Strömungen kennennur einzelne die Verbandsgeschich-

te und die Diskussionen der letztenJahre. Die Strömungen fungierenfür sich und den Verband zum Teilals ein Kollektivgedächtnis. Den So-zialismus werden wir mit dem SDSin dieser Form und Größe jedenfallsnicht erreichen.

Betti: Es ist auch mein Eindruck,dass die Arbeit des BuVos und dieArbeit der Basisgruppen weit aus-einander gehen. Darüber hinaushat der BuVo auch keine Ahnungdavon, was die Gruppen so machen.Der BuVo muss sich also stärker anden Gruppen orientieren und mitihnen zusammenarbeiten.Meines Erachtens gibt es im SDSkeine kontinuierliche Praxis ent-lang von thematischen Schwer-punkten und einer übergeordnetenVerbandsstrategie. Der Verbandspringt immer nur von Kampagnezu Kampagne.Neben MFG und marx21 gibt esaber auch noch mehr Fraktionen inunserem Verband, die eine Art Kol-

lektivgedächtnis besitzen oder zu-mindest thematisch gemeinsamund abgesprochen agieren.

Jakob: Gewissermaßen symptoma-tisch für die Spaltung von lokalerund bundesweiter Ebene war, wiewir im BuVo am Ende der Sommer-Semesterferien eine Telefonaktionmachten und einen Semsterplandurchgegeben haben, bei dem esmehr oder weniger nur darumging, Gruppen zur Teilnahme anden Aktionen zu bewegen. Aber re-gelmäßigen Kontakt haben die we-nigsten. Dabei lohnt sich das total.Durch das Fragen, was die Grup-pen so machen, habe ich z.B. er-fahren, dass mehrere dazuarbeiten, die Lohn- und Arbeitsbe-dingungen der HiWis zu verbes-sern. Das wäre auch einespannende und wichtige Aufgabe,dies auf der Bundesebene zusam-menzuführen.

Malte: Noch mal zurück zu BettisPunkt: Ich identifiziere bei Bundes-kongressen vier Fraktionen imSDS. Es gibt eine eher orthodox-marxistische Fraktion, welche vorallem Wert legt auf die Bedeutungder Klassiker und die Wahrung desGesichtes des SDS als sozialisti-

serem letzten MFG-Treffen im Sep-tember entstanden. Da wir unsgleichsam Gedanken über den SDSund die MFG machen, haben wirdas Ganze verschriftlicht, um dieseGedanken nicht nur bei uns zu las-sen, sondern anderen die Möglich-keit zu geben, daran teilzuhaben.Diese Gedanken haben keinenWahrheitsanspruch, sondern sindTeil von unserer Analyse.

Ihr findet sie hier.

Unsere aktuellen Schwerpunktesind weiterhin die Arbeit im BAKFeminismus, im BAK Hochschulpo-litik und im Bündnis für den Frau-en*kampftag, die Vorbereitung derHerbstakademie und die Organisa-tion weiterer Bildungsangebote.Des Weiteren arbeiten wir aktiv in-nerhalb der critica-Redaktion mit.

Um mehr nach außen zu kommuni-zieren, planen wir, eine kleine Zei-tung herauszubringen, in der wirIdeen zum SDS, der LINKEN oderder Linksjugend ['solid] ebenso dis-kutieren wollen wie Theorieansät-ze. Mehr dazu in Bälde.

Marburg, 18. November 2014

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Unterhaltung über denSDS und denSozialismus

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schen Verband. Eine weitere Frakti-on konzentriert sich auf reformori-entierte Hochschulpolitik und diedamit verbundene Veränderung derGesellschaft. Mit ihrer Fokussie-rung auf Bewegungen und punktu-elle Aktionen bildet M21 eine dritteFraktion. Außerdem gibt es nochuns als MFG mit unserem Fokus aufneomarxistische Theorie, feministi-sche Praxis und Hochschulpolitik.Offen bleibt dabei die Frage, ob dasHerausbilden dieser Fraktionen,Zeichen einer Vernetzung von Men-schen mit ähnlichen politischenAuffassungen im SDS oder Zeicheneines Auseinanderdriftens des Ver-bandes ist.Kritisch muss bemerkt werden,dass die meisten Genoss_innenschlecht in den Bundesverband in-tegriert sind. Die Arbeit auf Bun-desebene hängt stehts an Wenigen.

Kerstin: Ich habe den Eindruck,dass die Aufbruchstimmung, die2007 zur Verbandsgründungherrschte, heute verpufft ist. Vielesvon dem, was erwartet wurde, wur-de nicht erfüllt. Wir sind als Ver-band bundesweit kaumwahrnehmbar. Unsere Bündnispoli-tik hat in den letzten Jahren sehr zuwünschen übrig gelassen. Durch ei-ne fehlende langfristige und konti-nuierliche (Bündnis-)Politik habenwir nur partiell Vertrauen zu ande-ren linken Organisationen aufbauenkönnen. Das ist ein Problem, wennwir langfristig eine gesamtgesell-schaftliche Linke stärken wollen.Durch den letzten Konflikt im SDS,2010 und 2011, zwischen marx21und der „APO“ sind dem Verbandviele aktive Mitglieder verloren ge-gangen. Nicht nur, dass die Men-schen der APO fast geschlossen ausdem Verband ausgetreten sind,

auch einige Aktive von marx21 ha-ben sich in dieser Zeit zurückgezo-gen. Zwar ist marx21 jetzt wiederzahlreicher und aktiver im Verbandvertreten, dennoch hat die Domi-nanz des Netzwerks im SDS nach-gelassen.Was ich auch mit Bedauern wahr-nehme, ist die schlechtere Vernet-zung der Gruppen untereinanderund zur Bundesebene. Auf Bundes-kongressen sind meist nur etwa dieHälfte der aktiven Gruppen vertre-ten. Die Entscheidungen, die aufBundesebene getroffen werden,scheinen also einen großen Teil derGruppen nicht zu repräsentieren.Die wenigen Kandidaturen für denBundesvorstand und die geringeBeteiligung der Gruppen an bun-desweiten Projektgruppen undBundesarbeitskreisen macht deut-lich, dass die Bundesebene für brei-te Teile unattraktiv ist. Vor allemfür Frauen.

Danilo: Zumindest in meiner Legis-latur ist der Bundesvorstand kaumseiner Aufgabe gerecht geworden,offene Debatten über Strategien fürden SDS als sozialistischen Verbandan den Hochschulen zu initiieren.Manche Genoss_innen sehen im Bu-Vo leider ausschließlich ein Füh-rungsorgan; ab und zu kam daherauch von unserer Seite die Politbü-ro-Polemik. Beispielsweise war esin der Rückschau falsch gewesen,unsere BuVo-Thesen für die Bil-dungsproteste 2014 vor der Veröf-fentlichung nicht mit dem Verbandzu diskutieren. So gingen auch diepolitischen Perspektiven auf demGründungstreffen in Halle so weit

auseinander, dass die Hambur-ger_innen von Außenstehendenteilweise nicht mal dem SDS zuge-ordnet wurden.Wir sollten auf alle Fälle die lokalenGruppen mehr fragen, ihrer jeweili-gen so unterschiedlichen Praxis imBuVo Raum geben und auf dieserGrundlage für den Gesamtverbandsinnvoll verallgemeinern. Mit die-ser Verfahrensweise würden wirvielleicht auch über den Strö-mungsdünkel und identitäre Ent-scheidungen (für oder gegen "die",für oder gegen die Projekte der"anderen") hinauskommen.Außerdem sollten wir im BuVo,aber auch auf Bundeskongressenoffen und dennoch solidarisch überdie Arbeitsverteilung auf der Bun-desebene sprechen: Wer übernimmtdie strukturellen Aufgaben? Werdie prestigeträchtige Bündnisar-beit?

Janis: Immerhin ist der Verbandallmählich weg vom Berlinzentris-mus. Noch vor einigen Jahren wur-den alle wichtigen Debatten inBerlin geführt. Wer nicht in Berlinwar, konnte kaum mitreden. Ähn-lich verhält es sich heute mit demBundesvorstand. Wer da nicht drinist, kennt die Debatten nicht. Wirhaben derzeit also einen BuVo-Zen-trismus. Die mangelnde Vernetzungist einer der Gründe, warum derVerband nicht kampagnenfähig ist.Ohne die aktive Zustimmung undMitarbeit der Basisgruppen gibt eskeine gemeinsamen Aktionen.Allgemein befindet sich der Ver-band meines Erachtens noch in derKonsolidierungsphase. Allein beim

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Verband & Partei Politik & Utopie Neues zu Marxismus& Feminismus

Thema Mitarbeit von Frauen/Ge-schlechterverhältnisse waren wirbei den Mitgliedern und den Debat-ten schon weiter. Die vielen unter-schiedlichen Politikansätze im SDSsind ein Resultat aus den verschie-denen Gründungsgruppen des SDS.Die anfängliche Diversität von ju-sos, Attac, PDS, WASG und linksra-dikalen Hochschulgruppen istimmer nocht nicht zusammenge-führt. Heute gibt es eine relativklassische Aufteilung zwischen denGruppen auf Bundesebene. Etwasschematisch lassen sich die Grup-pen, meiner Meinung nach, in fünfTypen aufteilen:1. Den Bewegungsflügel mit star-kem Hang zum Voluntarismus:Marx21.2. Den oldschool Marxismus-Leni-nismus-Ansatz in einigen Teilen.3. Eine eher basisdemokratischeGruppierung mit Hang zu Intellek-tuellendebatten: MFG.4. Gruppen mit klarer Reformorien-tierung in einigen ostdeutschenStädten5. Einige sektierische Gruppen.Ein Zentrum gibt es bislang nicht.

Betti: Ich denke, es ist wichtig, ander Stärkung der BAKs zu arbeiten,denn sie bieten unter anderem dieMöglichkeit, für Basisgruppen aufder Bundesebene aktiv zu werden.Dies kann ein niedrigschwelliger,aber dennoch sehr zentraler Ein-stieg in die Partizipation auf Bun-desebene sein. Besonders, dameines Erachtens die Strategiedis-kussionen über unseren Verbandund die Gesellschaft dort begonnenund in den gesamten SDS verbrei-tert werden können.Ich denke, wir haben sehr aktiveFrauen* im SDS. Diese sind aberhäufig „nur“ in ihren Gruppen aktiv,

aber nicht auf der Bundesebene.Die BAKs, aber auch das F*FPkönnten ein wichtiger Ort – auchgerade für Frauen* – sein, den Ein-stieg in die Arbeit auf Bundesebenezu bekommen.

Malte: Es muss offen in Frage ge-stellt werden, wozu wir Anträge aufBundeskongressen behandeln. VieleAnträge werde mit breiter Mehrheitangenommen, aber kaum jemandbringt sich in die inhaltliche Arbeitauf Bundesebene ein. So bleibender BuVo und wenige Aktivist_innenmit dem Beschlossenen allein.Faktisch sind die Bundeskongressenicht auf die Gruppen ausgerichtet.Ihre Praxis hat nur bedingt odergar nicht mit den Diskussionen aufden BuKos zu tun. Wenn man will,dass etwas im SDS passiert, dannmuss man keinen Antrag schreiben,sondern es selber machen.

Danilo: Ich denke aber, wir solltenden Wert der Bundesebene und desAustauschs auf BuKos auch nichtunterschätzen - sondern unsere Kri-tik konkretisieren. Dabei will ichdrei für mich wesentliche Punktenennen: erstens der Mangel an soli-darischer Streitkultur, zweitens derMangel an Selbstsorge (in der poli-tischen wie organisatorischen Ar-beit) und drittens ein Mangel anTransparenz und Demokratie inPunkto Verbandsstrategie, wie wirbereits ausgeführt haben.Eine zentrale Antwort von Seitender MFG bisher war das Bottom-Up-Prinzip. Wenn wir aber den SDSstärker von seinen Basisgruppenher organisieren wollen, sollten wirauch bezüglich unsererMFG-Projekte selbstkritischsein: Inwiefern lagen denndie Regionalkonferenzen

und/oder der Frauen*kampftag inder lokalen Gruppenpraxis von - sa-gen wir mal - Marburg, Jena, Berlinund Leipzig begründet? Zugespitzt:Sind unsere Bundesprojekte dennnicht - wenn auch weniger als m21- voluntaristisch?Eine andere Vorgehensweise seheich in Hamburg. Ich möchte sogardie These in den Raum stellen, dassHamburg "Bottom Up" besser prak-tiziert als wir. Sie verhandeln aufBundeskongressen nicht nette Ide-en, sondern die teil-verallgemeiner-te Gruppenpraxis von SDS*, ListeLinks, SDS HAW und SDS Lüne-burg. Das macht sie argumentativauch stärker als all unser "Intellek-tualismus", der uns teilweise eherarrogant erscheinen lässt. Aber vielwichtiger noch: Diese erprobtePraxis lässt sich auf andere Grup-pen übertragen.Daraus schlussfolgere ich nicht zu-letzt, dass wir uns als MFG nichtzwangsläufig als diffuse "Mitte"zwischen Aktions-m21 und Hopo-Hamburg sehen sollten. Dagegensollten wir auch unsere eigenenProjekte wieder stärker an die ei-genen lokalen Gruppen rückkop-peln. Eventuell trifft das aber fürLeipzig und Berlin stärker zu als fürMarburg und Jena.

Janis: Es stimmt, dass Anträge, dieauf Bundesebene beschlossen wer-den, nicht umgesetzt werden, wennsie nicht aus vielen Gruppen ge-meinsam vorbereitet wurden. DerBuKo kann ein Kollektivgedächtnisdes Verbandes trotzdem nicht er-setzen.

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Kerstin: Noch mal zurück zur we-nigen Aktivität auf Bundesesebene:Von denjenigen, die 2010 und 2011den SDS verlassen haben, warenviele auf Bundesebene aktiv. IhrVerlust hat den SDS auf dieser Ebe-ne geschwächt. In dem Zeitraum,als sich die MFG gegründet hat,gab es wieder mehr Aktivität. Ver-mutlich auch, weil sich einige derAktiven um die MFG zusammenge-funden haben. Es scheint so, alshätte sich auch marx21 in den letz-ten Jahren ein Stück von der Bun-desebene zurückgezogen. Ich binmir nicht sicher, ob das nur ein Ein-druck ist. Wenn es so ist, frage ichmich, ob das daran liegt, dass ihreDominanz im Verband nachgelassenhat. In welche Richtung sich dasbedingt, ist mir noch unklar. Viel-leicht hat der Rückgang der Beteili-gung auf Bundesebene auch mit derGründung der MFG zu tun. Viel-leicht wurde so der Eindruck er-weckt, dass Entscheidungen nurnoch zwischen MFG und Marx21getroffen werden. Vielleicht über-schätze ich da aber auch unserenEinfluss.Ich habe auch das Gefühl, dass dieBeschlüsse der Bundeskongressezum Teil wenig mit der Realität derGruppen zu tun haben. Für vieleGruppen spielt die Arbeit an derHochschule eine wichtige Rolle –auf Bundesbene geht es jedoch sel-ten darum.Die fehlende kontinuierliche Arbeitauf Bundesebene und das noch im-mer ständige Hüpfen von demeinen Projekt zum nächsten, ver-hindert eine langfristige Zusam-menarbeit. Auch auf derBundesebene. marx21 setzt immernoch auf kurzfristige Schwerpunkt-verschiebungen – dabei ist kontinu-ierliche Arbeit so zentral.

Aber so weit zu den internen Ent-wicklungen. Die Arbeit im SDS wirdauch durch externe Faktoren er-schwert. Ich denke, hier ist geradedie Bologna-Reform und die Einfüh-rung von Bachelor/Master zentral,weil sie das aktive Engagement vonStudierenden als Teil ihres Studi-ums verhindert. Die Verdrängungkritischer Wissenschaften lässt einekritische Auseindersetzung mit dengesellschaftlichen und den eigenenVerhältnissen immer weniger zu.Aber was bedeutet diese Analysefür die SDS-Praxis?

Malte: Die Zeiten des Fordismusund der Massenarbeiterschaft inder Industrie sind in Europa undden USA vorbei. Deshalb ist aucheine Politik, die auf Massendemound Massenstreik abzielt, von ges-tern. Die Linke muss ihre Kampffor-men an die neuen Verhältnisse nachdem Fordismus anpassen.Im SDS gibt es derzeit keine Platt-form, um unterschiedliche Grup-penpraxen auszutauschen oder sichfür die Arbeit an bestimmten The-men zu vernetzen. Auf der Herbst-akademie findet eine großartigeTheoriearbeit und Austausch statt,aber für die politische Praxis gibtes nichts Vergleichbares. Wir brau-chen aber dringend so eine Platt-form, um heraus zu finden, wie wirunter den Bedingungen des Neoli-beralismus politisch arbeiten kön-nen.

Jakob: Es stimmt, was Kerstinmeint, der praktische Austauschhat relativ wenige Kanäle. Eigent-lich funktioniert er im Moment vorallem durch mehr oder weniger in-formelle Kanäle – seien es die Strö-mungsnetzwerke, die wenigenaktiven BAKs, die critica oder

Freundschaften. Aber dadurch gibtes eher einen Austausch zwischenhomogenen Gruppen und damitkeinen wirklich pluralen Austausch.Vielleicht könnte dieses Problemdas Projekt des HoPo-Treffens so-wie die nächste praxis mit demSchwerpunkt Gruppenpraxen undhoffentlich vielen Berichten auskleineren Gruppen ein Stück weitlösen.

Danilo: In Bezug auf die Ausfüh-rungen von Malte stellt sich mir dieFragen, ob wir uns als MFG nichtvielleicht eine falsche Praxis undfalsche Organisierung gegeben ha-ben. Auf den ersten Blick schienees doch einleuchtend, auf die krassbeschleunigten bzw. verdichtetenArbeitsverhältnisse (auch an derHochschule) mit kurzfristigem Ak-tionismus wie m21 zu reagieren.Warum also trotzdem langfristig or-ganisieren, als Gruppe kollektivund egalitär qualifizieren, die eige-ne Praxis auf Instrumentalisierun-gen prüfen?Also mir schien unser bisherigenEngagement, beispielsweise imFrauen*kampftags-Bündnis, besserals ein punktuelles Angebot für denpostmodernen, überforderten Men-schen.

Malte: Als Linke insgesamt stehenwir vor der Frage, wie wir uns or-ganisieren können und an welchenProjekten wir arbeiten sollten. Denpolitischen Parteien und Gewerk-schaften des 20. Jahrhunderts, diewir für ihre Mitgliederstärke undihre Apparate bewundern, nachzu-eifern, heißt in alten Zeiten zuschwelgen. Die Vereinzelung derMenschen in der Gesellschaft, dieIndividualisierung im Produktions-prozess und die Reduzierung auf

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einzelne Konsument_innen macheneine andere politische Organisati-onsform als die Arbeiter_innenorga-nisationen aus der Mitte des 20.Jahrhunderts notwendig.In der ökonomischen Sphäre entwi-ckelte sich in transnationalen Kon-zernen eine neue Form vonManagement. Anstatt straffer Hier-archien besitzen diese eher einenNetzwerk-Charakter. Möglicherwei-se können wir davon lernen.

Betti: Für die Frage linker Organi-sierung im Allgemeinen, aber auchfür uns als SDS im speziellen spieltes eine Rolle, wie sich der Begriffvon Arbeit verändert hat. So gibt eskaum noch Normalarbeitsverhält-nisse, vielmehr sind die Arbeits-und Lebensverhältnisse vieler Men-schen prekär geworden. Die Le-bens- und Arbeitsverhältnisse vonFrauen* haben sich für die gesamteGesellschaft verallgemeinert. Wirals linke Menschen, egal ob partei-förmig oder gewerkschaftsförmigorganisiert, haben den Wandel derArbeit nicht vollständig nachvollzo-gen und ziehen daher immer wiederfalsche Schlüsse, wie man Men-schen heute noch organisierenkann.

Kerstin: In Bezug auf DanilosPunkt will auch noch mal heraus-stellen, dass es meiner Meinungnach sehr wichtig ist, dass wir –und damit meine ich nicht nur dieMFG – versuchen, einen solidari-schen Umgang im Verband zu eta-blieren und selbst zu schaffen.Vielleicht waren wir da auch nichtimmer gut darin in den letzten zweiJahren. Wir sollten darüber auch imGesamtverband diskutieren wie wirdiese solidarischen Räume schaffenkönnen. In dieser ganzen neolibera-

len Vereinzelungslogik ist es wich-tig, dass wir in den Gruppenversuchen, vermeintlich individuel-le Probleme als gesellschaftliche zubegreifen und kollektiv zu lösen.Wenn ich sehe wie Einzelne vonmarx21 untereinander und mit an-deren im Verband umgehen, scheintmir das eher das gegenteilige Han-deln zu sein.

Janis: Ich finde unsere aktuelleDiskussion ziemlich typisch für diePolitisierung unserer Generation.Wir sind mit einer reinen Basisori-entierung gestartet und gehen im-mer stärker der Frage nach, wiewir was zusammenbinden können,um effizient Politik zu machen. Dasreflektiert ein Stück weit die neoli-berale Individualisierung unsererGesellschaft. Erst im konkreten Or-ganisationsprozess wird die funda-mentale Bedeutung kollektiverAkteure für die Umsetzung von po-litischen Zielen klar – zumindestwar das bei mir so, und bei vielenanderen habe ich das auch beob-achtet.Der Neoliberalismus ist noch in denKöpfen drin. Große linke Erzählun-gen werden als ideologisch abge-lehnt. Der aktuelle neoliberaleKapitalismus nimmt den Menschenimmer mehr Sicherheiten durch dieZerschlagung des Wohlfahrtsstaats.Dadurch werden verstärkt wiedergroße Erzählungen nachgefragt -leider nicht nur linke. Mehr undmehr Menschen, so ist mein Ein-druck, sind auf der Suche nach ei-ner positiven politischen Identität.Als MFG bieten wir diese Identitätaber kaum. Dafür reflektieren wirunsere Praxis zu viel.

Danilo: Vielleicht ist die Reflexionüber unsere Praxis gar nicht falsch,

sondern nur unsere Methode? Viel-leicht sollten wir eher an den Wi-dersprüchen in unsererVerbandspraxis ansetzen, dieseschärfen und sinnvoll auflösen?Zum Beispiel, wie können wir Sor-gearbeit im Verband verankern - al-so dass wir gegenseitig auf unsereKapazitäten achten, in schwierigensozialen und/oder Studiensituatio-nen uns auch gegenseitig unter-stützen - ohne zu einemSamariterverband zu werden, dernach außen hin nicht mehr hand-lungsfähig ist?Im Allgemeinen habe ich den Ein-druck, dass unsere Analysen alsMFG oft stark sind, aber entwedernicht ausreichend oder die falschenSchlussfolgerungen ziehen - alsouns irgendwie die Rückbindung andie konkrete Praxis misslingt.

Malte: Durch die Neoliberalisie-rung und das Ende des real-existie-renden Sozialismus ist das Denkengeprägt von einer Do-it-yourself-Idee. Diese wird in Ansätzen derInterpretation der Gesellschaft, ih-rer Geschichte und Zukunft entge-gengesetzt – Individualismus stattIdeologie. Do-it-yourself ist aber diegrößte Ideologie. Der Neoliberalis-mus wird nicht als Ideologie, nichtals Politik und nicht als ökonomi-sche Entwickung wahrgenommen,zu der es Alternativen gäbe.Janis' Äußerung entgegenstehend,muss aber auch wahrgenommenwerden, dass die Montagsdemos ei-ne große Erzählung der jüngerenWeltgeschichte bieten, wenn auchdie Protagonist_innen darum be-müht sind, sich unideologisch undweder links noch rechts zu geben.Ich habe im Moment den Eindruck,dass es keine Reformidee für denKapitalismus gibt. Die letzte Krise

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Verband & Partei Politik & Utopie Neues zu Marxismus& Feminismus

wurde in Deutschland im Faschis-mus bearbeitet und in den USA imRahmen des New Deal. Eine großeReformidee ist mir aber derzeitnicht bekannt. Statt dessen gibt eseine handfeste Spaltung innerhalbder Kapitalfraktion zwischen natio-naler Bourgeoisie und transnationa-len Kapitaleliten. Die nationaleAbspaltung heißt in den USA TeaParty und in Deutschland AfD.

Janis: Ich habe eine Idee: wir ha-ben doch so spannende Diskussio-nen, warum veröffentlichen wir dienicht mal?

Kerstin: Ich finde, das ist eine guteIdee. Entgegen anderer Meinun-gen, glaube ich, dass Papiere undGedanken zum Verband wirklichgelesen und nicht nur für dieSchublade geschrieben werden.Klar, dabei dürfen wir nicht stehenbleiben. Daraus muss natürlich einePraxis entstehen.

2. Wo steht die MFG?

Kerstin: Als wir uns vor zwei Jah-ren gegründet haben, waren wirviele. Auf den ersten Treffen warenwir immer um die 20 Leute. Aufdem Verteiler standen noch mehr.Seitdem sind wir kontinuierlich ge-schrumpft. Auf der jetzigen Sitzungsind wir nur noch sechs Leute.Was mir als erstes auffällt ist, dasswir selbst in dieser kleinen Gruppenicht koordiniert an gemeinsamenProjekten arbeiten. Na gut, so ganzstimmt das auch nicht. Projekte wiedie Herbstakademie oder Frau-en*kampftag werden schon gemein-sam diskutiert und von den meistenaus der Gruppe getragen. Dennochwuseln wir auch alle noch in vielenanderen Projekten rum – ob nun in-

nerhalb der lokalen Gruppe, derPartei oder anderen Verbandspro-jekten. Weil wir nur noch so wenigesind, können wir die anfallendenAufgaben aber kaum noch vertei-len, geschweige denn den Aufbauder MFG vorantreiben.

Um nicht nur schwarz zu malen,will ich auch konstatieren, dass wirauch schon viel im Verband voran-getrieben haben. So haben wir unsmaßgeblich um die Planung undUmsetzung der Frauen*förderpro-gramme gekümmert. Haben Treffenwie die Feministische Zukunfts-werkstatt vor anderhalb Jahren inJena vorangetrieben – hier ist dannauch die Idee um den Frau-en*kamftag entstanden. Dort habenwir uns auch als SDS wieder amstärksten in die Planungen einge-bracht. Das Bündnis wurde – dasmuss an dieser Stelle auch mal ge-sagt werden – von Menschen derMFG getragen. Wir haben da un-glaublich viel Arbeit reingestecktund am Ende ganz schön viel aufdie Beine gestellt. 5.000 Demoteil-nehmer_innen – die größte Demoam 8. März in Deutschland seit 20Jahren. In jedem Fall haben wir An-teil daran gehabt, dass der Feminis-mus im Verband gestärkt wird. Ichdenke, da hat sich in den letztenJahren einiges verschoben. Auchwenn ich der Meinung bin, dass dasohne die Arbeit, die bereits von denehemaligen „APO“-Aktivist_innenzum Thema Feminismus geleistetwurde, viel schwieriger gewesen

wäre.Was wir auch gemacht haben, istuns der Organisation der Herbst-akademie anzunehmen. Nachdemdie Beteiligung an den HAKs imJahr 2012 mit 30 Leuten ihren Tief-

punkt erreicht hat, warenes im letzten Jahr über 70– insgesamt gab es 120Anmeldungen. Die letzteHAK wurde allein vonLeuten der MFG gestemmtund auch die diesjährigefast ausschließlich. Wirhaben alle gesagt, dass

uns die Bildungsarbeit im Verbandein wichtiges Anliegen ist – diesemsind wir bundesweit und lokalnachgekommen. Außerdem habenwir immer wieder stark gemacht,welche Bedeutung die Hochschul-politik für den SDS hat. Teile vonuns tragen den BAK HoPo maßgeb-lich und auch eine der Regional-konferenzen fand zu dem Thema inJena statt. Der Versuch mit den Re-gionalkonferenzen der Organisationvon Großkongressen etwas entge-genzusetzen, haben wir immerhineine wichtige Erfahrung gemacht.Ich bin immer noch der Meinung,dass es nicht das Konzept der Re-gionalkonferenzen ist, das geschei-tert ist, sondern bei der Umsetzunggehapert hat. Durch unsere Initiati-ve haben wir angefangen, den Cha-rakter der BuKos Richtung mehrBeteiligung zu verändern, wir ha-ben immer Leute im Bundesvor-stand und seit anderthalb Jahreneine Person in der Geschäftsfüh-rung, die keine schlechte Arbeitmachen. Durch unsere Gründunghaben wir einigen Leuten, die Kritikan Politik und Praxis von marx21haben, Raum gegeben, sich zu ver-netzen. Wir haben marx21 auch imAnschluss an die APO als Strömung

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im SDS sichtbar gemacht.Warum wir trotzdem weniger ge-worden sind und wir Schwierigkei-ten im Aufbau hatten, lag meinerMeinung nach vor allem daran,dass unsere anfängliche Gemein-samkeit eben in erster Linie dieKritik an marx21 war. Darüber hin-aus waren unsere gemeinsamenSchwerpunkte sicher auch Feminis-mus, Hochschulpolitik und Bil-dungsarbeit, aber ansonsten warenwir doch ein ziemlich diffuser Hau-fen. Dass wir uns mit dem Namenauf Marxismus-Feminismus geeinigthaben, war gut; später zeigte sichaber, dass wir uns gar nicht so einigsind, was das bedeutet. Dazukommt, dass wir mit dem Label, ei-ne Strömung zu sein, auch eine kla-re gemeinsame Linie findenwollten. Auf der Suche nach diesergemeinsamen Linie sind wir dannimmer weniger geworden. Hinzukommen Konflikte entlang von Per-sonen, die wirklich viel Kraft undZeit gekostet haben. In den langenDiskussionen um die Veröffentli-chung von Papieren und Positionen,haben wir uns die meiste Zeit ge-genseitig blockiert, weil wir unsnicht einigen konnten. Im Endeffekthaben wir Papiere gar nicht heraus-gebracht und uns gegenseitig darangehindert, überhaupt etwas zu pu-blizieren. So konnten wir außerhalbvon BuKo-Anträgen wenig nach au-ßen kommunizieren oder in Er-scheinung treten.

Danilo: Danke an Kerstin für die-sen umfangreichen Input. Ichschließe mich vielen Einschätzun-gen an. Zum Problem unserer kon-tinuierlichen Schrumpfung gehörtaber auch die Frage, warum es unsnicht gelungen ist, neue Leute ein-zubinden. Abgesehen von Jakob,

sind in der aktuell aktiven Bundes-MFG alles Gründungsmitgliedervon 2012.Dieses Wachstum sollte uns abernicht davon abhalten, unsere in-haltliche Linie zu schärfen undauch stärker nach außen zu kom-munizieren. Auf dem letzten BuKoin Marburg sind wir leider kaum inErscheinung getreten. Vielen BuKo-Erstis sind als die beiden Pole desVerbandes m21 und Hamburg inErinnerung geblieben - währendmir nach längerem Überlegen alsMFG-Interventionen nur die Auf-rechterhaltung der Sitzungsord-nung (Vertagung des Hopo-Antragsvon Hamburg), das Abblocken derAufweichung der Frauenquote unddie Mini-Feminismus-Debatten zumSonntagvormittag einfielen.Wir hätten auch gegen die neuenKongress-Impulse stärker Stellungbeziehen sollen - gerade weil dieAlternative der Regionalkonferen-zen als thematische Arbeits- undVernetzungstreffen nicht falsch war.

Janis: Wir sind quantitativ ge-schrumpft, aber nicht unbedingtqualitativ. Wir haben doch unglaub-lich viel gelernt in den Auseinan-dersetzungen mit m21 und auchuntereinander. Der ganze Prozesshat also auch seine guten Seiten.Wir haben schließlich einen ge-meinsamen Bezugsrahmen entwi-ckelt : Marxismus und Feminismus.Andere Ansprüche konnten wir we-niger erfüllen: Bottom Up konntenwir bisher nicht wie angedacht um-setzen. Auch wir haben versucht,über Anträge anderen top down un-sere Ideen überzustülpen. Das kannnicht funktionieren. Veränderunggeht nur gemeinsam. In Bezug aufm21 haben wir einiges erreicht.m21 reflektiert mittlerweile sogar

ihr intransparentes Vorgehen undhat das an einigen Stellen bereitsgeändert.

Betti: Es stimmt, dass wir als MFGunserem eigenen Transparenzan-spruch nicht gerecht gewordensind. Wir hatten uns zu Beginn vor-genommen, Publikationen zu unse-rer theoretischen und praktischenArbeit und Ausrichtung zu veröf-fentlichen. Zudem wollten wir auchalle unsere Protokolle von Treffenauf unsere Homepage für alle zu-gänglich und einsehbar machen.Das haben wir nicht eingelöst.Durch unsere Arbeit in BuVo, GeFüund auf der Bundesebene habenwir viel (machtförmiges) Wissenangehäuft. Wir haben es aber nichtgeschafft, dieses Wissen und auchdie damit verbundene Macht an alleunsere Genoss_innen weiterzuge-ben und verantwortungsvoll damitumzugehen.

Malte: Ich registriere bei uns ver-schiedene Marxismen und Feminis-men. Vor allemTraditionsmarxismus, Neomarxi-mus, Differenzfeminismus undGleichheitsfeminismus. Die Be-zeichnung MFG lässt also noch er-heblichen Spielraum. Bei demFeminismus- und dem Marxismus-papier mussten wir feststellen, dasswir unterschiedliche Auffassungenhaben. Statt uns weiter zu bemü-hen eine einheitliche Linie zu fin-den, sollten wir die Vielfalt undunsere Entwicklung in der Diskus-sion dokumentieren. Da sich unserWissen weiter entwickelt und unse-re Positionen daher in gewisserwei-se fließend sind, sollten wir uns vonder Idee endgültiger Positionspa-piere eventuell verabschieden.

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Danilo: Trotz der Stärke unsererPluralität sollten wir weiterhin Ver-allgemeinerungen wagen. Im Kon-text von Feminismus undFrauen*kampftag sind uns bei-spielsweise belastbare Kompromis-se zwischen Second und Third WaveFeminism gelungen: nicht zuletztgerade im innerverbandlich viel kri-tisierten "Solidarität unter Frau-en*".Ich glaube, wir sollten in der Positi-onsbildung künstliche Gegenüber-stellungen von statisch und fließendvermeiden. Nur weil wir eine Positi-on in einem Papier festschreiben,beansprucht sie nicht überzeitlicheGültigkeit für die Ewigkeit. Darin,sich auf bestimmte Begrifflichkei-ten in Strukturen zu einigen undgleichzeitig weiter an diesen zu ar-beiten, sehe ich eine besondereStärke von solchen Strukturen wieder MFG.Es ist richtig, wenn wir Intranspa-renz und Wissenshierarchien be-kämpfen wollen. Allerdings sollteman vielleicht trotzdem auf dasMaß achten. In meiner Legislaturwäre es uns leicht gefallen, nach je-der BuVo-Sitzung eine Polemik ausSicht der MFG zu veröffentlichen.Nur hätte das den Verband nichtweiter polarisiert und eher gespal-ten, als zu guten Positionen beige-tragen?Zurück zur Frage der Verallgemei-nerung der lokalen Gruppenpraxisund den Problemen einer formalis-tischen Bottom-Up-Strategie: Wasmachen wir nämlich, wenn die Pra-xis der von uns betreuten Gruppereformistisch ist? Wie können diedennoch wertvollen Erfahrungen(in der richtigen Einordnung) viel-leicht trotzdem für eine sozialisti-sche Verbandsstrategie nutzbargemacht werden? Das heißt, wir

sollten nicht über eine vermeintli-che Effektivität oder Effizienz derjeweiligen Praxis auf die Verallge-meinerungswürdigkeit schließen,sondern schon ausgehen von einerpolitischen Einordnung.

Janis: Die Frage ist: Wie verändertsich die Praxis von bestimmtenGruppen? Ich glaube, eine Ausein-andersetzung sollte nicht nur theo-retisch, sondern überunterschiedliche Praxen ausgetra-gen werden; eine Art sozialistischerWettstreit.Die andere Frage ist, wie kommenwir als SDS (und als MFG) in kon-struktive Diskussionen miteinander,um voneinander zu lernen? Dafürmüssen wir Räume finden. Im Bun-desvorstand und bei bundespoliti-schen Treffen haben sich dieseRäume durch unsere Präsenz abereher geschlossen, weil in der Zu-spitzung zwischen MFG und m21andere Positionen und Ansätzemarginalisiert werden. Das istschade.Unsere gruppeninternen Gemein-samkeiten sind mittlerweile rechthoch:1. Wir stehen für eine gründlichemarxistische Analyse. Allerdingsfällt uns diese Gründlichkeit mach-mal auf die Füße, weil sie zeitauf-wendig ist.2. Es gibt weitere gesellschaftlicheWiderspruchslinien jenseits von Ka-pital und Arbeit. Diese Widersprü-che müssen in Verbindungmiteinandergesetzt und allesamtangegangen werden.3. Wir versuchen als SDS ein revo-lutionäres Subjekt zu benennen, mitdem Veränderungen möglich sind.Veränderungen brauchen einenoder mehrere Träger_innen. Hiersind wir uns einig im Unterschied

zum Voluntarismus von m21, Multi-tude und Co.

Betti: Für mich scheint es äußerstnotwendig, dass wir weiter nachGemeinsamkeiten in unserer Theo-rie und Praxis als MFG suchen be-ziehungsweise diese zunächstentwickeln und dann weiterentwi-ckeln.Es sollte nicht so sein, dass sichGenoss_innen primär an uns wen-den, weil wir ihnen Support undMachteinfluss versprechen, son-dern weil sie unsere Inhalte teilenund diese im Verband gemeinsammit oder als MFG verankern wollen.Wenn wir keine gemeinsame inhalt-liche Linie als MFG haben und die-se in den Verband hinein tragen,sind wir einfach nur ein machtför-miger Klüngel!Trotzdem denke ich, dass wir mitunserem Versuch, Marxismus undFeminismus theoretisch und prak-tisch zusammen zu denken, eine Li-nie haben, die uns auch sogar inder Partei ein Alleinstellungsmerk-mal geben würde.Wir sollten es versuchen.

Malte: Der gleichwertige Bezugauf den Marxismus und auf den Fe-minismus ist wirklich unser Allein-stellungsmerkmal. Das gibt es sooft nicht. Wir sollten diese Auffas-sung in die Partei ausdehnen. ImVordergrund steht für mich, dasswir stets Marxismus und Feminis-mus propagieren. Dabei kommt esnicht in erster Linie darauf an, dasswir alle denselben Feminismus unddenselben Marxismus vertreten.Ich würde mich dafür aussprechen,dass wir diese kombinierte Positionstets stark vertreten und uns be-mühen, andere zu überzeugen.

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Kerstin: Das ist jetzt noch mal et-was völlig anderes, aber ich möchtemich nochmal dafür stark machen,dass wir in all diesen Auseinderset-zungen einen solidarischen Um-gang im SDS fördern. Das ist fürmich ein zentraler Punkt, der füruns wichtig sein sollte, wenn wirSelbstveränderung und Gesell-schaftsveränderung ernst nehmenwollen. Ich habe auch das Gefühl,dass wir uns in unserer MFG-Praxisverstärkt auf Dinge konzentrierensollten, die uns wichtig sind. Erstgestern hat jemand, die ich kenne,gesagt: "Am Ende war wieder alleswichtiger als wir selbst." Das musssich ändern.Was ich übrigens an den Hambur-ger_innen schätze, ist, dass sie ihrePositionen klar argumentieren. In-dem wir mehr schreiben, könnenwir auch unsere eigenen Argumen-tationen besser üben. Wir brauchenaber auch im Gesamtverband wie-der mehr Raum für Strategiedis-kussionen. Neben einemStrategieforum sind hier auch dieKlausurtagungen der Bundesar-beitskreise wichtige Orte.Ich finde es sehr wichtig, dass wiruns als marxistisch-feministischverstehen, aber dabei dürfen wirnicht stehenbleiben, sondern müs-sen die Begriffe bei uns und bei an-deren immer wieder in Theorie undPraxis hinterfragen und diskutie-ren. Wo "marxistisch" drinsteht,muss nich "marxistisch" drin sein.

Danilo: Ich finde, Kerstin hat daeinen wichtigen Punkt angespro-chen. Dann sollten wir allerdingsauch ehrlich zu uns selber sein und

konstatieren, dassvielleicht sogar dieMehrheit der SDS-Gruppen nichtmarxistisch ist.

Das liegt an unterschiedlichen Fak-toren: Neben identitären Wider-ständen oder stärkerpluralistischen Ansprüchen sicher-lich (auch) ein Mangel an politi-scher Bildung im Sinnegemeinsamer und egalitärer Quali-fizierung, beispielsweise über re-gelmäßige Inputs zu Gruppenplena.Vielleicht sollten wir als MFG Lese-empfehlungen für die Gruppen zu-sammenstellen? Ich denke daweniger an große Wälzer, sonderneher an kleine Texte in handlichenPDF-Formaten. Wir sollten aberauch mal erfragen, was die Grup-pen aus ganz eigenem Antrieb le-sen. Das kann bisweilen ganzinteressante Texte zu Tage fördern;ich erinnere nur an die LeipzigerInitiative zur Lektüre der Marx-schen "Grundrisse".

Janis: Bei aller Gemeinsamkeit soll-ten wir schon über unterschiedlichePositionen diskutieren. ManchePraxen undTheorien gehen für michgar nicht. Leider schaffen wir eseinfach nicht, unsere Differenzenauszudiskutieren, weil wir keineZeit haben. Dafür müssen wir Modifinden.

Betti: Zusätzlich zu Danilos Ideeder Büchervorschläge für die Grup-pen, könnten wir das Ganze auchauf kritische Filme ausweiten. InMarburg machen wir regelmäßigFilmabende mit der Partei, bei de-nen anschließend auch diskutiertwird. Dies ist zudem ein gutes,niedrigschwelliges Angebot umneue Menschen aktiv einzubinden.

Auch die Aneignung und vor allemdie Weitergabe von Skills an Ge-noss_innen auf der Bundesebeneund in den Gruppen sollte für unsein wichtiges Anliegen sein. Wirkönnten Seminare zur Weiterver-mittlung von Skills wie Layouten,Rhetorik usw. anbieten.

Malte: Grundsätzlich sollten wiruns auch mit Theorien beschäfti-gen, die wir erst einmal ablehnen.Bei Reformpolitik kommt es auchdarauf an, in welches politischeProgramm sie eingespannt ist. Re-formen sollten als Mittel zumZweck der Revolution dienen. In Je-na beispielsweise kommunizierenwir über inhaltliche Selbst- undWeiterbildung unsere antikapitalis-tische Politik. Reformen dienen unsder Hebung der Studien-, Arbeits-und Lebensbedingungen und sollenaufzeigen, dass die Verhältnissenicht nur geändert werden müss-ten, sondern auch geändert werdenkönnen.

Kerstin: Ich will am Schluss auchnoch mal ansprechen, dass michauch die Außenwahrnehmung derMFG interessiert. Werden unseremarxistisch-feministischen Positio-nen überhaupt als solche wahrge-nommen? Wir haben in den letztenJahren ja auch viel dazu gelerntund bringen dieses Wissen auchbesser ein. Leider findet immernoch viel zu wenig Austausch unteruns statt. Geschweige denn nachaußen. Wir sollten auch Social Me-dia besser nutzen und auch malBuchrezensionen veröffentlichen.

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„Die erschreckende Versumpfungder Theorie in der Zweiten Interna-tionale, die Marx- und Leninphilolo-gie der Komintern, in derenDiskussionen nicht Gedanken gegenGedanken, Beweis gegen Beweis,sondern Zitat gegen Zitat gewogenwird, sind kaum geeignet, der mar-xistischen Methode und Theorie An-hänger zu werben und die‚wissenschaftliche‘ Bearbeitung vonSchulzeugnissen und KüchenzettelnMarx’ und Engels’ ... wird dem Man-gel an Nachwuchs, über den allemarxistischen Parteien und Grup-pierungen zu klagen haben, gewißnicht abhelfen.“– Wolfgang Abendroth, Marxistische

Marxkritik, Gesammelte Schriften,Bd.1, S. 62.

Schon häufiger mussten wir uns an-hören: „Ihr seid unmarxistisch“. Zu-letzt bekamen wir den Vorwurfprominent bei einer Podiumsdiskus-sion auf der Herbstakademie 2014zu hören. Die Vorwürfe kamen voneiner Organisation, die den NamenMarx im Namen trägt. Das ist ver-wunderlich, da ihre Anträge und ihrHauptpublikationsorgan Marx 21kaum ein Gramm marxistischeTheorie enthält, obwohl Marx 21viele kluge marxistische Köpfe hat.Auf Nachfrage zu den Vorwürfengab es keine Antwort.Deshalb haben wir uns dazu einpaar Gedanken gemacht. UnsererMeinung nach liegt dem Vorwurf

ein Missverständnis zu Grunde: wirhaben unterschiedliche Auffassun-gen von Marxismus. Viele selbst er-nannte Marxisten und Marxistinnenwiederholen mantraartig Worte wieArbeiterklasse, Imperialismus, Re-volution und Klassenkampf undglauben dann, das wäre besondersmarxistisch. Sie lesen Marx und Le-nin und versuchen deren Konzepteeins zu eins auf heute zu übertra-gen. Oder um es mit den Wortenvon Lenin zu sagen: „der Marxis-mus ist allmächtig, weil er wahrist“.Allerdings leben wir nicht mehr inder Zeit der Kaiser und Könige, desTelegrafenmastes und dem bestän-digen Aufschwung der Arbeiter-klasse. Diese Entwicklung zurKenntnis zu nehmen, heißt Marxund seine Erben und Erbinnenernstzunehmen. Marx, Luxemburgund Lenin haben immer versuchtdie bestehenden Verhältnisse zuanalysieren und theoretisch zu er-fassen. Aus der Analyse haben sieeine Praxis abgeleitet. Selbst Lenin,hat sich mitten in derrussischen Revolutionimmer wieder Zeit ge-nommen Texte zu pro-duzieren. Daraus istdie Bibel vieler selbsternannter Marxistenund Marxistinnen ent-standen: Staat und Re-volution.Die Klassiker ernstzu-

nehmen, heißt für uns ihr methodi-sches herangehen zu analysierenund daraus zu lernen. Das heißtnun nicht, dass wir uns alle ein Bei-spiel an Lenin nehmen sollten unduns in unserem stillen Kämmerleineinschließen sollten, um Texte zuproduzieren bis wir die Lösung al-ler Probleme gefunden haben umdann raus zu gehen und sie denMenschen zu verkünden. Es wärenicht im Sinne der Altvorderen. Siehaben ihre Theorien oft überarbei-tet und der Wirklichkeit angepasst.Ihre Theorie lebte. Sie heute nur zuzitieren, aber nicht auf die Wirk-lichkeit anzuwenden, heißt dasmarxistische Erbe mit viel Pomp zuGrabe zu tragen.Unsere Praxis und die theoretischeReflektion der Praxis muss einwichtiger Bestandteil unserer Ar-beit sein. Das heißt konkret unsereAussagen an der Realität immerwieder zu überprüfen. Was hatdenn Marx zum Beispiel zur Arbei-terklasse gesagt: ziemlich wider-sprüchliches und nichtssystematisches. Allein das Histo-risch-kritische Wörterbuch desMarxismus kennt neun Verwen-dungsweisen von Marx zum ThemaArbeiterklasse. Lenins Imperialis-mustheorie zum Beispiel ist schonlange von andern marxistischenTheoretikerinnen erweitert und

Zum Vorwurf „die MFG“sei unmarxistisch

von Janis Ehling

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I. Kritik der bestehenden Ästhe-tik

„Und wenn sie gerade damit be-schäftigt scheinen, sich und die Din-ge umzuwälzen, noch nichtDagewesens zu schaffen, gerade insolchen Epochen revolutionärer Kri-se, beschwören sie ängstlich dieGeister der Vergangenheit zu ihremDienste herauf, entlehnen ihnen Na-men, Schlachtparole, Kostüm, um indieser altehrwürdigen Verkleidungund mit dieser geborgten Sprachedie neue Weltgeschichte aufzufüh-ren.“

– Karl Marx (1960 [1852]): Derachtzehnte Bruimaire des Louis Bo-

naparte, in MEW 8, S. 115

Täglich schreiben wir Flugblätterund Artikel, entwerfen Sticker und

Plakate oder taggen einfach nurdas Uniklo. Über die Botschaft füh-ren wir lange Debatten. Doch dieWirkung der Form wird von unskaum beleuchtet. Der Stellenwertder Ästhetik in der Ansprache undderen Wirkung wird in unseren De-batten wenig behandelt. Sie stehtoft nur als ein Endprodukt und wirdnicht von seiner funktionalen Be-deutung, sondern von den persönli-chen Geschmäckern her diskutiert.

Das die Ästhetik nicht als eine stra-tegische Frage diskutiert wird,zeugt auch von einer gewissen Re-duktion des Marxismusdiskurses imSDS auf Ökonomismus und Klas-senkampf. Dabei gab es in der Ge-schichte des Marxismuses durchauswirkungsmächtige Theorien überKultur und Ästhetik, beispielsweise

von Georg Lukacs oder Bert Brecht.Brecht selbst setzte seine Theorienüber das epische Theater auch inseinen Stücken um. Der Film KuhleWampe, an dem Brecht mitarbeite-te, zählt bis heute mit Recht zu denbesten linken Propagandafilmen.Aber auch Sergej Eisenstein oderLeo Trotzki haben interessante Bei-träge zu der Frage geliefert. Den-noch erstarrte die Ästhetik imOsten im Sozialistischen Realismusund auch in Westdeutschland gabes – im Gegensatz zu Frankreichmit der KünstlerInnengruppe Gra-pus – kaum wegweisende ästheti-sche Impulse in der marxistischenLinken.

Im Gegenteil verarmte die Ästhetik.Sie diente entweder dazu einen, dieeigene Gruppe definierenden undabgrenzenden Code zu kreieren,wie der schwarze Kapuzzenpulli derAutonomen oder die Mao oder KPDfetischisierende K-Gruppen-Ästhe-tik. Sie geben sich der Selbstisola-tion von den Massen preis underschweren somit eine Interventi-ons- und Anschlussfähigkeit in die

Ästhetik und derpolitische Kampf

von Jakob Migenda

zum Teil widerlegt worden (etwaLeo Panitch).Es geht also nicht darum Götzenaufzubauen und möglichst oft ihrenNamen in den Mund zu nehmenund sie an zu beten. Es geht darumsagen zu können welche Rolle etwadie Arbeiterklasse heute spielt undwas eine Imperialismustheorie ist,die erklären kann warum Staatenso handeln wie sie handeln.Der uns gegenüber geäußerte Ver-dacht, entsteht weil wir versuchenmarxistische Theorie auf die heuti-ge Welt anzuwenden und sie immer

wieder zu erneuern. Wir versuchenmarxistische Begriffe nicht als Wor-thülsen zu benutzen, sondern siemit echtem Leben zu füllen. Es istsicherlich kein Zufall dass unsereGruppen und Aktiven in Orten le-ben und Politik machen, in denenmarxistische Theorie gelehrt undweiterentwickelt wird. So kann fürAußenstehende der Eindruck ent-stehen, dass das nicht der richtigeMarx sei. Und das ist richtig: wirversuchen, angeregt unter anderemdurch Marx, Luxemburg und Gram-sci, Praxis und marxistische Theorie

zu koppeln und die Altvorderen zuehren, weil wir mit ihnen streitenals wären sie lebendig und mit ih-nen arbeiten, weil sie uns immernoch etwas zu sagen haben. Mar-xismus ist nicht Bauch- sondernKopfsache. Er ist die einzigartigeVerknüpfung von Praxis und Theo-rie. Wie genau diese Verknüpfungaussehen kann, darüber würden wirlieber produktiv streiten als überkindische und sektirerische Vor-würfe à la „Ihr gehört nicht derwahren Lehre an“. Das nämlich wä-re wirklich unmarxistisch.

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Volkskämpfe. Auf der anderen Seitekam es in der gesamten linken Ge-schichte immer wieder zu einerschlichten Übernahme herrschen-der Ästhetiken um sie mit linken In-halten zu füllen. Das geht von altenArbeiterInnenliedern auf preußi-scher Marschmusik bis zum Ver-kaufen linker Politik inpostmodernen Marketingbegriffen.Aber wenn die Gedanken in derBildwelt des Alten gefangen gehal-ten werden, bleibt auch die Bot-schaft in der alten Welt gefangenund vermag keine sie transzendie-rende Perspektive aufzuzeigen.

In diesem Spannungsfeld entstehenso ganz verschiedene Ästhetiken,die jedoch alle der Aufgaben einerlinken Ästhethik – die Massen errei-chen und sie geistig zu aktivieren –nur sehr unzureichend nachkom-men. Im Folgenden will ich deshalbdie aus meiner Sicht die drei der-zeit innerhalb der Linken relevan-ten Formen der Ästhetik kritisieren.Dabei handelt es sich um stark zu-gespitze Kategorien, die ich in einVerhältnis zu der Spezifik bestimm-ter linker Organisationsstrukturensetzen werde. Hierzu werde ichmich auf das Genre von Stickernund Plakaten beschränken, Textehaben nochmals ihre ganz eigeneSpezifik.

Fehler 1: Subkulturelle Abgren-zung

Oft bedienen linke Sticker und Pla-kate subkulturelle Codes, die vonaußen schwer zugänglich sind. DasPlakat für den revolutionären ers-ten Mai mit einem schwarzen Blockvon Kapuzzenpullis oder der rosa„knutschen ist wichtiger alsDeutschland“ Sticker sind nicht ge-

rade Massenwirksam. Mit diesemMaterial wird mehr Wirkung nachinnen erziehlt als nach außen. Ge-rade in weiten Teilen von linksju-gend ['Solid] wird dieser anautonomen oder queeren Chic an-gelehnte Stil verfolgt. Es ist ehereine Form der Ästhetik, die Grup-pen entspricht, die aus jungenMenschen bestehen, die ein diffu-ses Unwohlsein mit der Welt ver-spüren und sich von ihr und denalten TrägerInnen der Gesellschaftabgrenzen wollen. Aus diesen Bil-dern „gegen die Gesamtscheiße“spricht noch keine große Reflektionüber die Gesellschaft. Es wird viel-mehr eine eigene Identität im Ge-gensatz zur als falsch empfundenenMehrheitsgesellschaft konstruiert.

Ein etwas anders gelagerter Spezi-allfall sind die überintellektualisier-ten Plakate vonAdorno-Antideutschen oder der Lis-te Links. Sie bestehen gerne nuraus einem ellenlangen Zitat, dasman selbst als langjährige*r Lin-ke*r nicht beim vorbeilaufen sofortversteht. Sie machen es sich damitselbst unmöglich sich an ein breite-res Publikum zu wenden. Die ListeLinks hat dabei jedoch einen An-spruch aufgesellt, der sehr wichtigfür Emanzipation ist, sie wollen mitihren Plakaten die Menschen zumanspruchsvollen Denken anregenund sind dabei deutlich weiter alsviele andere linke Plakatgestal-ter*innen. Sie können diesen An-spruch bloß nicht voll entfalten,weil Sie die Ansprachehürde viel zuhoch ansetzen. Adorno-Antideut-sche schaffen noch nicht einmaldas, bei ihnen bleibt oft nur dieAussage, dass Deutschland böse istund sich daran auch eh nichts än-dern wird.

Eine linke Ästhetik sollte keineAnsprachebarrieren aufbauen.

Fehler 2: Marketing als Leitäs-thetik

Auch diese Erkenntnis führt nochnicht zu anregenden Plakaten. Indem Ziel möglichst alle anzuspre-chen werden sie auch gerne belie-big. Die Macher*innen übernehmenkritiklos die Ästhetik, die die Wer-bung oder die bürgerlichen Medienvorgeben und füllen sie mit linkenParolen. Besonders wenn versuchtwird wenig und diffus politisiertean ihren Alltagserfahrungen anzu-sprechen wird einfach die ihnenbekannte Ästhetik vorgesetzt.

Das ist auch gerade bei uns im SDSnichts ungewöhnliches. In der jah-relang geübten Praxis jederzeit öf-fentlichkeitswirksame Kampagnenzu starten oder auf sie aufzusprin-gen wurde eine Vielzahl dieser Ma-terialien produziert. Ein gutesBeispiel ist das Plakat für den Kapi-talismus vs. Demokratie Kongressvon vor zwei Jahren. Auf ihm wur-den vollkommen eklektisch Symbo-le nebeneinander gesetzt. Während

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Kopftücher, Zelte, Piratenparteifah-nen und vieles weitere irgendwiefür Demokratie stehen sollte, wurdeder Kapitalismus nicht minder dif-fus in Gestalt Josef Ackermanns,Robocops und ein paar Bankentür-me symbolisiert. Diese beiden diffu-sen Gemengenlagen wurden danngrafisch gegeneinander gestellt.Gegenüber dieser Anhäufung be-sitzt selbst der Begriff Multitudenoch eine scharfe Klassenanalyse.Ergänzt wurde dieses Bild mit demTitel des Kongresses in einem sehrweichen Schrifttyp, wie sie auchgerne für Logos von Großveran-stalltungen wie Sportevents ver-wendet wird. Die Betrachtendenwerden nicht angeregt sich Gedan-ken zu machen, es wird ihnen ein-fach präsentiert was gut und wasfalsch ist. Die Betrachtenden befin-den sich so in einem passiven Kon-sument*innenverhältnis zum Plakat.Auch die LINKE versucht in ihrerOrientierung auf Arbeitslose undPrekarisierte an deren angenomme-ne Alltagserfahrung von Boulevard-zeitungen anzuknüpfen. Besonderswenn man sich die Zeitschrift Klarder Bundestagsfraktion oder dieRoten Plakate mit fetter weißerSchrift aus der Frühzeit der LIN-KEN ansieht, fühlt man sich deut-lich an die Bild erinnert. Die LINKEversuchte mit diesem Stil die genui-nen Interessen ihrer Wähler*innenvon ihrem Alltagsverständnis heranzusprechen und in klaren Forde-rungen die leicht und deutlich auf-nehmbar sind zu artikulieren. Dasist ein in Ansätzen auch durchausproduktiver Versuch eines linkenPopulismus. Doch auch hier gehtdie Mobilisierung nur äußerlich zurWahlurne vor sich und nicht inner-lich dazu sich selbst Gedanken zumachen und sich zu aktivieren.

Eine linke Ästhetik sollte zumnachdenken und nicht zum konsu-mieren anregen.

Fehler 3: Verschleiern statt zu-spitzen

Ein dritter Fehler hängt eng mit derParlaments- und Regierungsorien-tierung von Teilen der LINKEN zu-sammen. In dem Versuch seriös undregierungsfähig zu wirken, wie ihnviele Linksparteilandesverbände anden Tag legen bleibt die Zuspitzungund klare Benennung der Verhält-nisse schnell auf der Strecke. Werin der Logik des Minimalfort-schritts durch Regierunsbeteiligunggefangen ist, versucht auch auf denPlakaten die kleinen lösbaren Pro-bleme zu benennen und sich Kom-petenzen zu deren Lösungzuzuschreiben. Dadurch kommenhier keine großen Fragen auf denTisch, sondern sie wirken objektivpassivierend und einlullend. Derwirkliche Charakter der Verhältnis-se wird verschleiert.Für diese Einlullung boten dieKampagnen der drei Landtagswah-len in Sachsen, Brandenburg undThüringen, in denen es immer umeine Regierungsbeteiligung ginggute Beispiele. Einen absoluten Hö-hepunkt errichte die sächsischeKampagne. Dort regiert zwar seit24 Jahren die CDU und hat einekonservative Herrschaft errichtet,die zwar wirtschaftlich stark ist,aber sonst in fast allen Punkten dia-metral linken Zielen entgegenge-setzt ist. Sei es dieNiedriglohnpolitik, das gegliederteSchulsystem oder die Kriminalisie-rung von Antifaschist*innen beigleichzeitigem Ignorieren von Na-zistraftaten. Dennoch bestanden al-le Plakate aus einem Slogan nach

dem Muster „Errungenschaft derCDU und Etwas was wir besser ma-chen wollen“. Zum Beispiel demSlogan „Pisa Lob und wenigerSchulabbrecher“ (das Abschneidender säschischen Schüler*innenbeim Pisa-Test war in der Vergan-genheit gelobt worden). Wenn sichdie Propagierung linker Politik nurnoch darin erschöpft Dinge etwasbesser, aber nicht grundlegend an-ders machen zu wollen als einekonservative Partei, dann wird dieLINKE überflüssig. Eine solcheÜberflüssigkeit nahm die Ästhetikder Wahlkampagne schon vorweg,da sie genauso einlullend war, wiedie der herrschaftsbejaenden Par-teien.

Eine linke Ästhetik sollte gesell-schaftliche Fragen zuspitzen undnicht verschleiern.

II. Versuch eine gute Ästhetik zufinden

„Die soziale Revolution […] kann ih-re Poesie nicht aus der Vergangen-heit schöpfen, sondern nur aus derZukunft.“

– Karl Marx (1960 [1852]): Derachtzehnte Bruimaire des Louis Bo-

naparte, in MEW 8, S. 117

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Dies negative Kritik des Bestehen-den kann nun die Quelle eines posi-tiven Entwurfes sein. Aus ihrerBetrachtung lassen sich einigePrinzipien ableiten, wie eine linkeÄsthetik eigentlich aussehen sollte.

Für die Ästhetik gilt wie für jedelinke Politik, dass sie geistig anre-gend sein muss. Der Kommunismuslebt als Bewegung von der Freiset-zung der kreativen Potentiale derMassen und muss sie immer zu we-cken suchen, während der Kapita-lismus sie stets einhegt undeinfriert. Da die kommunistischeBewegung den Menschen vom Ob-jekt zum Subjekt der Geschichtemachen will, muss sie ihn auchstets als ein Subjekt ansprechen,das Fähigkeiten hat und selbst den-ken kann, um ihm die Möglichkeitzu geben einmal wirklich selbstüber sich zu bestimmen. Der Kapi-talismus braucht den Menschen nurals Produktions-, Reproduktions-und Konsuminstrument. Die Ar-beitskraft braucht stehts nur soweit ausgebildet zu werden, wie siezur Erfüllung der Produktions- undReproduktions-Aufgaben erforder-lich ist. Auch in seiner Eigenschaftals Konsumierapparat braucht derMensch nicht zu denken – nur zukaufen. Hier muss der Kapitalismusin seiner Ästhetik psychologisch im-mer wieder aufs neue Bedürfnissebeim Menschen wecken, unabhän-gig davon, ob er sie frei entwickelt.Sie ist deshalb per se manipulativ.Linke Ästhetik muss den Menschenaus diesem Manipulationszusam-menhang befreien und darf ihm kei-ne einfache und klare Antwortliefern. Beim Betrachten eines lin-ken Plakates muss sich der Menschdie Frage warum ist das so? stellen

und nicht denken das muss ich kau-fen. Wenn ein Mensch von einemPlakat überzeugt wird DIE LINKEzu wählen haben wir erst die halbeMiete. Unsere Plakate müssen ihngleichzeitig dazu bringen, über dierealen Verhältnisse zu reflektierenund aktiv zu werden.

Bei diesem emanzipatorischen An-spruch dürfen wir aber nicht derGefahr anheimfallen zu überintel-lektualisieren. Wir leben in einerGesellschaft, die uns darauf aus-richtet und zurichtet eine schnelleAbfolge vieler Reize wahrzunehmenohne sie wirklich aufzunehmen undzu reflektieren. Wir müssen dieseZurichtung zwar durchbrechen,können sie aber nicht ignorieren.Wir müssen uns deshalb auf demschmalen Grad bewegen ein niedri-ges Zugangslevel der Aufmerksam-keit zu haben, ohne jedoch bloßpostmoderne inhaltsleere Effektezu kopieren. Auf dieses Problemkann es verschiedene Antwortengeben. Eine davon ist es sich zeit-genössige Ausdrucksformen anzu-eignen, um sie dann zu brechen.Damit kann schon in der ästheti-schen Botschaft ein Widersprucherzeugt werden, mit dem sich dieBetrachtenden auseinandersetzensollen, um den inhaltlichen Wider-spruch zu unterstreichen.

Zwar wird sich innerhalb der Lin-ken oft zu wenig Gedanken um dieäußere Gestalltung gemacht, doches gibt bereits einige positive Bei-spiele unserer Genoss*innen. Einesist das Merkel Plakat „Widerstandgegen ihr Europa“ aus der Blocku-py-Reihe des SDS. Es greift die Äs-thetik und Farbwahl des berühmtenPop-Art Plakates von Obama ausdessen ersten Wahlkampf auf. Es

verwendet also erst einmal eine be-kannte Bildsprache, bricht sie abertotal, da hier keineswegs eine posi-tive Figur im Bilde ist, sondern einpersonifiziertes Feindbild. Die Be-trachtung des Plakates zwingt so-mit dazu, sich mit dieser Dissonanzauseinanderzusetzen. Auch auf dertextlichen Ebene bietet es Anre-gungen. Der Spruch „Widerstandgegen ihr Europa“ ergeht sich nichtin einem bloßen Antieuropäismus.Das kurze Wort ihr verweist sowohlauf Merkel, als auch auf die gesam-te herrschende Klasse. In dieserAufforderung zum Widerstandsteckt auch schon implizit ein lee-rer Signifikant, eine noch zu füllen-de aber bereits Identität stiftendeIdee, des unseren Europas als posi-tiver Gegenentwurf, den es zu fül-len gilt.

Die Wege zum Kommunismus kön-nen wir nur finden, wenn wir unsauf den Weg machen. Mit einerfortschrittlichen Politik muss auchimmer die Ästhetik Schritt halten.Und so gilt es auch eine gute Äs-thetik zu finden und abstrakte Ide-en zu füllen.

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Zittert Tyrannen, die ihr Hosentragt,Unsere Stunde ist angebrochen!Keine Gnade: Schluss mit den Ge-walttätigkeitendes bärtigen Geschlechts;sie müssen ein Ende haben.Auf, Vesuvianerinnen, formiert dieBataillone!Waschen wir uns rein von der altenWeiberscham.

Freiheit sei uns auf die Stirn ge-schrieben!

Zittert, eifersüchtige Ehemänner!Der Mann, wildwütiger Despot,wird uns nicht mehr an seiner SeitefindenWir werden nicht länger für seineRechte kämpfen,sondern für unser.Wir wollen ein Recht zu unseremNutzen,erobern wir es uns.1793 hat der Mann für sich selbstgesorgt,heute arbeiten wir für uns.Und singen unsere „Marseillaise“!

– „La Marseillaise des cotillons1“des Bataillons der Vesuvianerinnen,

Paris 1848

Die Aktion, das Eingreifen, dasKämpfen sind Quell jener feministi-schen Praxis, die die Emanzipationaller Menschen als das Ziel der

Menschheit überhaupt begreift.Frauen und Männer (meist Frauen)haben im Laufe der Geschichte im-mer fort für die Gleichberechtigungder Geschlechter gekämpft und dieUrsachen und die konkrete Formdieser Ungerechtigkeit herausgear-beitet. So hat 1871 bereits währendder Pariser Commune das „Batail-lon der Vesuvianerinnen“ skandiert,dass es nicht nur um die Unter-drückung der Menschen durch eineirgendwie übergeschlechtlicheStaatsmacht geht. Hier wird ganzklar der Mann als „Unterdrücker“und so die patriarchalen Gesell-schaftsverhältnisse benannt. Nebenden Hierarchien zwischen oben undunten, wurden für Frauen auch da-mals die Hierarchien zwischen denGeschlechtern deutlich.Auch ohne viel theoretischer Vor-

arbeit werden die ganz konkretenAuswirkungen des Patriarchats füralle Frauen spürbar. Jedoch aufganz unterschiedliche Weise. Sowurde die bürgerliche Frau Endedes 19. Jahrhunderts in ganz ande-rer Weise unterdrückt als die prole-tarische. War die eine in dasPrivate, Häusliche, verband und fürden Haushalt und die Kinder zu-ständig, so war die andere Arbeite-rin, die sich nach derProduktionsarbeit auch noch umdie Reproduktionsarbeit (u.a. Haus-arbeit) zu kümmern hatte. So un-

terschiedlich die Form ihrerUnterdrückung aussehen mag, soist ihre Ursache doch dieselbe: Esist die über die Jahrtausende dermenschlichen Entwicklung entstan-dene und weitergegebene Un-gleichbehandlung undUnterdrückung aufgrund eines ein-zigen Unterschieds – des Ge-schlechts. Frau sein bedeutet fürdie überwiegende Mehrheit derFrauen auf der Welt, nicht gleich-berechtigt neben Männern lebenund arbeiten zu können – sprich:eingreifen zu können. Sie erhaltengeringere Löhne, sind häufiger pre-kär beschäftigt, sind für den Groß-teil der Reproduktionsarbeitverantwortlich, sind häufiger vonsexualisierter Gewalt und Sexismusbetroffen, werden objektiviert undhaben weniger Teil am öffentlichenLeben und vor allem öffentlichenEntscheidungen. So sind sie auchseltener als Männer in politischenGruppen aktiv.Doch dürfen wir nicht dabei stehenbleiben, die Frau allein als Opferdieser Verhältnisse zu verstehen.Viele Frauen sehen sich nicht alsOpfer – sie sind fest davon über-zeugt, dass ihre spezifische Rolle inder Gesellschaft die richtige ist. Siereproduzieren so die gesellschaftli-chen Mechanismen, die sie unter-drücken. Doch ist es hierunangebracht und falsch hier vonoben herab zu schauen. Also Teilder Gesellschaft können wir unseben nur schwer von gesellschaftli-chen Normen und Werten verab-schieden. Die Frau also nicht nurals Opfer zu begreifen bedeutet imUmkehrschluss auch, den Mannnicht nur als Täter zu erfassen.

FeministischesEingreifen

von Kerstin Wolter

1 Die cotillons sind die Röcke der Arbeiterinnen, schlichter und kürzer als die langen, üppigen Kleider der Damen.

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1) VorwortDies soll der erst Teil einer Reihevon Essays sein. In dem erstenEssay geht es um die Entstehungdes Kapitalismus, wie sie von KarlMarx im 24. Kapitel des KapitalsBand I beschrieben worden ist.Nach derzeitiger Planung wird dieReihe dann wie folgt fortgesetzt:Der zweite Teil wird sich mit demFordismus befassen, wie Gramsciihn in seinen Gefängnisheften be-schreibt. Dabei geht es um die Ver-änderung der kapitalistischen

Produktionsweise und wie sich diesauf die Gesellschaft auswirkte. Derdritte Teil wird sich mit dem Post-fordismus auseinander setzen, wieihn Hirsch und Roth in ihrem Werk“Das neue Gesicht des Kapitalis-mus” beschreiben haben. In ihremBuch konstatieren sie eine Verän-derung der Produktionsweise. Dervierte Teil schließlich wird in unse-rer Gegenwart ankommen und sichmit dem von W. F. Haug beschriebe-nen Hightech-Kapitalismus befas-sen. Darin wird deutlich, wie die

kapitalistische Produktionsweise inder Gegenwart funktioniert.Ansinnen der Reihe ist es die Le-ser_innen einen Überblick zu ver-schaffen über die Entwicklung undVeränderung des Kapitalismus.Denn der Kapitalismus unserer Ge-genwart ist nicht der Selbe wie je-ner, den Karl Marx vor Augen hatte.Eine marxistische Kritik unsererGegenwart sollte daher zwar mitMarx und seiner Analyse des Kapi-talismus beginnen, aber nicht damitenden. Es gilt die Analyse und Me-thode von Marx zu adaptieren undauf die Gegenwart erneut anzu-wenden um so eine eigene, marxis-tische Kritik der heuteherrschenden Verhältnisse formu-lieren zu können. Gramsci, Hirsch

Zur Geschichte desKapitalismus

von Malte Pannemann

Nur auf die Verhältnisse zu verwei-sen, ist zu jedoch wenig. Es lässt esuns in dem Glauben, nichts verän-dern zu können. Wie können wirdiesem Dilemma entkommen?

Die Antwort müsste heißen: nie.Weil es ein „außerhalb der Gesell-schaft“ nicht gibt. Und hier kom-men wir zur eigentlichen Aufgabe:Nur das eigene bewusste und akti-ve Eingreifen in den und in die Ver-hältnisse kann uns aus denZwängen der patriarchalen und ka-pitalistischen Gesellschaft befreien.Diese Aufgabe kann nicht individu-ell bewältigt werden. Allein könnenwir nicht die verschiedenen und in-einander verschränkten Unter-drückungsmechanismen fassen.Dazu gehört die Unterdrückungaufgrund des Geschlechts, ebensowie die Unterdrückung aufgrundvon race und Klasse.Feministisches Eingreifen kann nurzum Erfolg führen, wenn wir Sexis-mus, Rassismus und Kapitalismus

gleichsam in den Blick nehmen. Dasführt uns gleich wieder zu einemKonflikt. Wie können wir immer al-les zusammen denken? Und vor al-lem: mit wem können wir dieseKämpfe führen? In den Kämpfenum die Emanzipation der Frau,können es nur die Frauen selbersein, die sich von ihren Ketten be-freien. Die Antwort kann aber auchnicht sein, sich in dauerhafte auto-nome Frauenräume zurückzuzie-hen. Die Geschichte hat gezeigt,dass autonome Frauenorganisatio-nen dazu tendieren, sich in internenKonflikten aufzureiben (sei es dieAutonome Fantifa, die Protagonis-tinnen der zweiten Frauenbewe-gung in Europa und andere).Trotzdem sind temporäre autonomeFrauenräume nicht nur sinnvoll,sondern auch unabdingbar – zumin-dest so lange bis wir an einen Punktgelangt sind, in dem Frauen gleich-berechtigt neben Männern in politi-sche Prozesse eingreifen können.Dieser Punkt ist jedoch noch nichterreicht. So müssen wir uns als fe-

ministische Sozialistinnen gemein-sam mit Männern organisieren, diedie gleichen Kämpfe führen wie wir.Da diese Kämpfe, vor allem die ge-gen das Patriarchat, leider nichtimmer gleichberechtigt neben denKämpfen gegen das Kapital stehen– auch das hat die Geschichte ge-zeigt – müssen wir immer undüberall dafür streiten. Wir müsseneben auch für uns selbst kämpfen.So haben es auch bereits die Vesu-vianerinnen gesehen. Oder um mitden Worten von Rossana Rossandazu enden:„Und die Frauen? Man sollte an-nehmen, daß sie – nicht frei, weilpolitisch rechtlos, nicht gleich, weilatomisiert in der Vertikalität derpatriarchalen Familie – Freiheit,Gleichheit, Brüderlichkeit einen an-deren Wert beimessen als die Män-ner, die zwar ebenfalls nicht frei,nicht gleich und nicht brüderlichgewesen sind, aber stets ein biß-chen mehr als ihre Gefährtinnen.“

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und Roth sowie Haug haben diesgetan. Diese Reihe begreift denMarxismus als wissenschaftlicheMethode.

Teil I: Die ursprüngliche Akku-mulation - nach Karl Marx1

2) Eine Brücke in den erstenEssayKarl Marx grenzt sich im 24. Kapi-tel des Kapitals scharf von anderenKlassikern der Ökonomie ab. Na-mentlich von Adam Smith, mit demer ansonsten beispielsweise denAnsatz einer Arbeitswerttheorieteilt. Smith geht davon aus, dassdie Reichtümer, welche schließlichzu produktivem Kapital gewordensind, durch Fleiß und Sparsamkeitangehäuft wurden. Andere Akteurein der Gesellschaft währen hinge-gen Faul und undiszipliniert gewe-sen. Dies habe sich so weitentwickelt, bis die einen aufhörenkonnten zu Arbeiten um fortan an-dere für sich arbeiten zu lassen undauf der anderen Seite die Faulerengezwungen waren zu arbeiten ohnenoch die Chance zu haben denRückstand aufzuholen.Marx setzt dem eine andere Erzäh-lung der Geschichte entgegen, dieer mit Zahlreichen Quellenverwei-sen zu untermauern sucht. Denn“In der wirklichen Geschichte spie-len bekanntlich Eroberung, Unter-jochung, Raubmord, kurz Gewaltdie große Rolle.”2Marx benennt die Reihenfolge, inder sich die geschichtlichen Ent-wicklungen vollzogen haben. Geld,Waren, Produktionsmittel und Le-bensmittel gab es schon vor demKapitalismus. Keinem dieser Sach-

gegenstände wohnt ein mystischerTrieb inne von alleine Kapital zuwerden. Von Kapitalismus kann erstgesprochen werden, wenn sich zweiverschiedenartige Typen von Wa-renbesitzer_innen gegenüber ste-hen: Besitzer_innen vonArbeitskraft und nichts als ihrer Ar-beitskraft auf der einen Seite undBesitzer_innen von Geld, Produkti-onsmitteln und Lebensmitteln aufder anderen Seite. Bevor diese Si-tuation aber vorgefunden wird,muss die ungeheure Masse derMenschen aber erst einmal von ih-ren Lebensmitteln und ihren Pro-duktionsmitteln isoliert werden.Denn das Mittelalter hat vor allemeine Gesellschaft von Selbstversor-gern hinterlassen.Marx hebt hervor, dass die Grund-bedingung der kapitalistischen Pro-duktion der doppelt freieLohnarbeiter ist. Dieser ist frei vonfeudalen Bindungen aber auch freivom Besitz an Produktions- und Le-bensmitteln. Erst diese Lage zwingtihn in ein System der Lohnarbeithinein. Zuerst gab es den vogelfrei-en Proletarier, erst dann folge dasKapitalismus.3 Ist dies erst einmalgegeben, wird der Kapitalismus zueinem selbsterhaltenden System.Doch bis es soweit ist, muss dieVorgeschichte des Kapitalismus undder Kapitalakkumulation näher be-leuchtet werden.Ausgangsbasis der Befreiung derMenschen im guten wie im schlech-ten Sinne war die Entbindung vonder Scholle auf dem Land und vonden Zunft-, Lehrlings- und Gesel-lenordnungen in den Städten. Inder Entstehungsgeschichte des Ka-pitalismus wird sich zeigen, dass je-

ne Phasen von entscheidenderBedeutung sind, in denen großeMenschenmaßen von ihren Lebens-und Produktionsmitteln enteignetwerden und so zu freie Arbeiter_in-nen werden.So viel zu den wesentlichen Zusam-menhängen und Abhängigkeiten.Im Folgenden wird nun auf die ein-zelnen Teilschritte eingegangen.Zur zeitlichen Orientierung: Marxzufolge fand man im 14. und 15.Jahrhundert in einigen Mittelmeer-städten sporadisch kapitalistischeProduktionsverhältnisse. Die ei-gentliche kapitalistische Ära be-gann Marx zufolge aber im 16.Jahrhundert.

3) Die Entstehung des Proletari-at3.1) Die erste Welle: Die Ver-treibung vom LandDie Leibeigenschaft in England warEnde des 14. Jahrhunderts bereitspraktisch verschwunden. Der Groß-teil der Bevölkerung lebte als freieund selbstwirtschaftende Landwir-t_innen. Auf größeren herrschaftli-chen Gütern wirkten freiePächter_innen.4 Über das eigeneoder gepachtete Land hinaus wurdeGemeinwesen landwirtschaftlichgenutzt. Die feudale Produktionzeichnete sich aus durch die Auftei-lung des Landes auf möglichst vieleBäuerinnen und Bauern. Maßstabder Macht war die Zahl der Unter-tan_innen und nicht der Reichtum,der diesen Abgepresst werdenkönnte. Das 15. Jahrhundert war inEngland so geprägt von einem rela-tiven Volksreichtum.Am Ende des 15 Jahrhunderts undzu Beginn des 16. Jahrhunderts

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1 Referenz für diesen Essay sind die Seiten 741 bis 791 im Band Nummer 23 der Marx-Engels-Werke.2 Karl Marx, MEW 23, S.742.3 Marx wählt das Atribut vogelfrei. Es wird in diesem Text übernommen.4 Pächtern wird gegen Pachtzins ein Stück Land überlassen, dass sie auf eigene Rechnung bewirtschaften dürfen.

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spielten sich zwei Entwicklungenab, die zum ersten mal ein Proleta-riat entstehen ließen. Erstens wur-de die alte feudale Gefolgschaftaufgelöst. Hier spiegelt sich einebürgerliche Entwicklung wiederund damit die Herausbildung derStaatlichkeit, der Verwaltung undBürokratie.5 Hauptkritik an der ausdem Mittelalter übernommenen Ge-folgschaftsstruktur war die Ineffizi-enz der Verwaltungbeziehungsweise eben die Abwe-senheit einer Verwaltung jenseitsder politischen Beziehung von Herrund Knecht. Zweitens begannen dieFeudalherren die freien Bäuerinnenund Bauern von ihren Äckern zuvertreiben und sich darüber hinausdas Gemeindeland anzueignen. Diesgeschah unter Missachtung derfeudalen Rechtstitel.6 Motiv derFeudalherren war der gewinnorien-tierte Betrieb der Landwirtschaftauf eigene Rechnung. Das Aufblü-hen der Wollmanufakturen in Flan-dern ließ die Preise für Wollesteigen.7 Die Feudalherren wandel-ten viel Ackerland in Weideland fürSchafe um. Die Rückkehr der ver-triebenen Bauern wurde verhindert,indem Höfe, Dörfer und kleineStädte zerstört wurden.Zeitgenoss_innen sahen diese Ent-wicklung negativ, da sie zu Elendund Verarmung der Bevölkerungführte. Erst spätere Autor_innenwie Smith hatten den Reichtum derNation im Sinne statt das Wohler-gehen der Bevölkerung. Hier zeigtsich, dass diese Entwicklung durchökonomische Interesse gelenkt warund nicht durch eine vorherrschen-de kapitalistische Ideologie. Im Ge-

genteil wurden Gesetzte erlassen,um den Prozess der Vertreibung zubremsen und aufzuhalten. Vor allemsollte den Menschen ermöglichtwerden weiter von eigener Land-wirtschaft zu leben. Dennoch wur-den zunehmend Bauernhäuserzerstört und Acker- in Weidelandverwandelt. Die Bemühungen vonStaatswegen gegen diese Entwick-lung anzugehen erstreckten sich bisin das 18. Jahrhundert.

3.2) Die zweite Welle: Die Refor-mationBereits ab dem 16. Jahrhundertsschwoll das Proletariat in einer wei-teren Welle an. Im Prozess der Re-formation wurde die Kirche vonihren Kirchengütern enteignet. Bisdahin war die Kirche der größteFeudaleigentümer an Boden gewe-sen. Die Kirchengüter wurden ver-schenkt oder zu Spotpreisenverkauft an Pächter_innen, Stadt-bürger_innen und königliche Günst-linge. Die alten Untersassenwurden verjagt. Nicht nur schwolldas Proletariat so noch einmal an,auch die ganze altertümlicheGrundeigentumsordnung brach zu-sammen mit dem Ende der Kircheals größtem Feudaleigentümer anBoden.Während es Ende des 17. Jahrhun-derts noch zahlreiche unabhängigeBäuerinnen und Bauern gab, warendiese Ende des 18. Jahrhundertspraktisch verschwunden.

3.3) Politische Hebel der Enteig-nung: Die Bürgerliche Revoluti-onIm 17. Jahrhundert wurde in Eng-

land die Feudalverfassung des Bo-dens aufgehoben. Bis zu diesemZeitpunkt ermächtigten Feudaltitelzur Bewirtschaftung eines Bodens.Dieses Recht wurde verschiedent-lich aufgeteilt und weiter gegebenund war häufig mit Abgaben alsGegenleistung verbunden. NachAufhebung der Feudalverfassungdes Bodens wurde das Privateigen-tum an den Böden und die eigen-mächtige Entscheidung über derenNutzung zur allgemeinen Gesetzes-lage. Bis dahin hatte dieser Land-raub und die eigenmächtigeVerwandlung von Ackerland in Wei-deland illegal statt gefunden. DieEinkünfte des Staats wurden fortanaus Steuern gedeckt, die alle zuzahlen hatten. Dies stellte einenUnterschied da zu den vorherigenAbgabensystemen, die sich aufFeudaltitel und damit auch auf tat-sächlich erwirtschaftbare Güter be-zogen.Erst gegen Ende des 17. Jahrhun-derts gewann die parlamentarischegegenüber der königlichen Machtdie Oberhand. Dies Beschleunigtedie beschriebenen Enteignungpro-zesse, legalisierte sie und schriebsie gesetzlich fest. Die neue Klasse,die sich jetzt anschickte die Machtim Staate zu übernehmen hatte sichzuvor ökonomisch bereichert aufdem Wege der Landaneignung, desManufakturwesens und der Bank-geschäfte. Bisher hatte die indivi-duelle Bereicherung auf Gewaltund Verstößen gegen das feudaleRecht basiert. Die Gesetzgebungvon königlicher Seite hatte die Ent-wicklung 150 Jahre lang bekämpftund zu begrenzen versucht. Jetzt

5 Bürgerlich nicht im Sinne des Bourgeois Kapitalisten sondern im Sinne von gewählter Elite. Die Macht verlagerte sichzum absolut souveränen König und zum Parlament.6 Das feudale Nutzungsrecht ist kein Eigentumsrecht.7 Bei einer Manufaktur handelt es sich um die zentralisierte Organisation verschiedenster Handwerksbetriebe untereinem Dach zur Erzeugung eines Endproduktes. Die Manufaktur beerbte das mittelalterliche Handwerk und wurde wiederumersetzt durch die Fabrik.

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wurde die Aneignung durch Raubgesetzliches Programm. Die Folgendes bisher beschriebene Prozessesder ursprünglichen Akkumulation,also des Raubes von Staatseigen-tum (Umwandlung von Feudaltitelnin Privateigentum) und der Raubvon Gemeindeeigentums, wurde im18. Jahrhundert scharf kritisiert.Erst im 19. Jahrhundert schließlichrückte der Begriff des National-reichtums ins Zentrum und ver-drängte die Fokussierung auf dieentstandene Volksarmut. Damitwurde die Enteignung und Verar-mung der Bevölkerung intellektuellverbrämt. Zuvor hingegen wurdedie Entwicklungen insbesondere inder für das Überleben wichtigenLandwirtschaft kritisiert. Konkretdie Vertreibung der Menschen vonihrem Land, dass ihnen zuvor stehtsNahrungsmittel sicherte. Die Ver-treibung führte dazu, dass dieseMenschen fortan alles zum Überle-ben notwendige auf dem Mark kau-fen mussten. Nur 100 Jahre späterfanden sich hingegen feierliche Ver-teidigungsschriften, die das allge-meine Elend des Volkes alsnotwendiges Übel ansahen zur Her-stellung der neuen und effiziente-ren Wirtschaftsform, auf der dernationale Reichtum fußte. Wie die-ser Reichtum verteilt war, wurdefreilich nicht beschrieben und auchnicht, dass die Masse der Men-schen von der neuen Nation nichtsblieb als das Zahlen von allgemeineSteuern.

3.4) Die Dritte Welle: Das Lich-ten der Güter in SchottlandDen letzten Schwung vogelfreierProletarier_innen brachte das Lich-ten der Güter mit sich. Alle engli-schen Methoden zur Umgestaltungder Landwirtschaft wurden im 18.

und 19. Jahrhundert konzentriert inSchottland angewendet. Zunächstdie Umwandlung feudaler Titel inprivaten Besitz. Damit die Vertrei-bung selbst wirtschaftender Bäu-er_innen und Bauern zugunsten derSchafszucht. Dann das Niederbren-nen der Dörfer und die teilweiseExekution der Bewohner_innen.Schließlich das Einrichten vongroßen Schafpachten die nur voneiner einzigen Familie bewohnt undbewirtschaftet wurden. Als die Ver-triebenen zum Fischfang übergin-gen, wurden Pachten fürSeegestade eingerichtet. Späterwurden die Seegestade an großeFischhändler verpachtet und dieVertriebenen nochmals vertrieben.Diesmal in die neu entstandenenFabrikstädte.

3.5) Zusammenfassung zur Ent-stehung des ProletariatDie Verwandlung von Kirchengü-tern, Claneigentum, feudalemStaatseigentum und Gemeindeei-gentum in modernes Privateigen-tum war Teil der Entstehung einerkapitalistischen Agrikultur. Also ei-ner auf Geldgewinn ausgerichtetenlandwirtschaftlichen Nutzung, diedie Interessen der Nahrungsmittel-versorgung der Bevölkerung hintenanstellt. Gleichzeitig schuf dieseEntvölkerung des Landes ein vogel-freies Proletariat, welches sich inden Städten sammelte und die Vor-aussetzung für den Übergang vonder Manufakturperiode zur indus-triellen Fabrik war.

4) Gesetzgebung von König undParlament gegen das Proletariat

Zwar gab es königliche Gesetzge-bungen gegen die Vertreibung derBevölkerung von ihren Schollen,

waren sie aber erst einmal Vertrie-ben worden, wurde seit dem Endedes 15. Jahrhunderts gegen dieMenschen vorgegangen. Zu diesemZeitpunkt war das Manufakturwe-sen noch wenig entwickelt. Wedergab es einen so großen Bedarf anArbeitskräften, noch hätten dievormals freien Bäuerinnen undBauern ohne weiteres in das re-pressive Manufakturensystem undseine Arbeitsdisziplin hineinge-presst werden können. Viele derVertriebenen waren so zu einemLeben als Bettler_innen, Räu-ber_innen oder Vagabund_innengezwungen. Die Gesetzgebung ver-suchte das Vaganbundentum zu be-kämpfen, die Menschen an ihreGeburtsorte zurück zu schickenund bestrafte herumwandernde undbettelnde Personen mit auspeit-schen, Ohr abschneiden, brand-marken, versklaven, Gefängnis,Zwangsarbeit und Hinrichtung. Esgab dazu unterschiedlichste Ge-setzgebungen ab dem späten 15.Jahrhundert und die Gesetze wirk-ten bis in das 18. Jahrhundert hin-ein.Nach dem sich allmählich ein kapi-talistisches Fabrikwesen entwickelthatte, trugen diese Gesetzte zurDisziplinierung bei und zwängte dieMenschen in das Fabriksystem. ImZuge der Herausbildung einer Ar-beiter_innenklasse wurde der ge-setzliche Zwang langsam ergänztund ersetzt durch den stummenZwang der ökonomischen Verhält-nisse – die Abhängigkeit der Arbei-ter_innen von derKapitalist_innnenklasse.Doch bis dieses Abhängigkeitsver-hältnis hergestellt war, bedurfte esJahrhunderte der Repression. Hier-für brauchte die AufkeimendeBourgeoisie die Staatsgewalt. Be-

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reits im 14. Jahrhundert traten ge-setzliche Regelungen in Kraft, dieeinen Höchstlohn festschrieben undein Koalitionverbot für die Arbei-ter_innen aussprachen. Im laufe des16. Jahrhunderts verschlechtertesich die Lage der Arbeiter_innendeutlich. Staatliche Friedensrichtersetzten Löhne und Arbeitszeitenfest. Das Arbeitssystem der Manu-fakturen und später der Fabrikenkam nicht ohne die Gesetze desStaates aus. Verstümmelung undBrandmarkung von Arbeitslosenwar üblich. Erst zu Beginn des 19.Jahrhundert endet neben dem Ko-alitionsverbot auch die staatlichenLohnregelung.

5) Die Entstehung der Kapita-list_innen5.1) Die Kapitalpächter_innenDer bisher beschriebene Prozessdes Landraubs erklärt die Entste-hung einer neuen Gruppe von pri-vaten Großgrundeigentümer_innen.Ergänzt sei hier noch die Entste-hung der Kapitalpächter_innen.Hierbei spielte eine Rolle, dass diePreise für landwirtschaftliche Güterim 15. und 16. Jahrhundert stiegen.Die Metalle hingegen sanken imWert. Die Pächter_innen brachtedies in die Situation, dass ihre Er-zeugnisse höhere Preise erzielen,während die Landlords verarmten,da die Pacht in Verträgen auf langeSicht festgelegten Metalgeldbeträ-gen bezahlt wurden. Den Raub desGemeindelandes für die Viehzuchthinzugenommen entsteht so dieSchicht der reichen Kapitalpäch-ter_innen.Die beschriebenen Vertreibungendes Landvolkes spülten vogelfreieProletarier_innen in die Städte.Diese Menschen standen außerhalbdes Zunftwesens. Die Überwindung

des Feudalismus auf dem Land zogeine Produktivitätssteigerung nachsich. Lebensmittel und Rohstoffeverbilligten sich. Dies wurde zurVoraussetzung für die Entstehungeines Produktionswesens, dass auflebendiger (Proletarier_innen) undtoter (Maschinen) Arbeit beruhte.Extraarbeit, die früher ein Ex-traeinkommen für die je individuel-len Produzent_innen bedeutethätte, wurde nun als Profit in derHand der Kapitalist_innen gesam-melt.Bereits weiter oben wurde ge-schrieben, dass die von ihren Pro-duktions- und Lebensmittelnvertriebenen nun zur Befriedigungall ihrer Bedürfnisse den Markt auf-suchen mussten. Die Enteignungund Vertreibung war es, die einengroßen Binnenmarkt erst hervor-brachte. Dieser Binnenmarkt wareine der Voraussetzungen dafür,dass die Kapitalpächter_innen ihreWaren absetzten konnten. DieLandwirtschaft wurde vom Selbst-zweck zur Warenproduktion und dieManufakturen vernichteten gleich-zeitig die ländliche Nebenindustrie.Vollendet wurde diese Tendenz abererst mit dem Übergang zur großenIndustrie. Mit den Maschinen undProdukten ging auch eine weitereRevolutionierung der Landwirt-schaft einher.

5.2) Die industriellen Kapita-list_innenIm Gegensatz zu Kapitalpächter_in-nen entstand diese Gruppe nichtStück für Stück über Jahrhundertesondern in rasantem Tempo. Be-reits vor der kapitalistischen Pro-duktionsweise gab esWucherkapital und Kaufmannskapi-tal. Diese Kapitalformen Entstam-men noch aus dem Mittelalter und

der Frühen Neuzeit. Das durch Wu-cher und Handel gebildete Geldka-pital, konnte aber nicht inindustrielles Kapital umgesetztwerden. Auf dem Land verhindertedies die Feudalverfassung, in denStädten das Zunftwesen. Die erstenManufakturen wurden daher auchin kleinen Städten auf dem Landoder in Seehäfen errichtet, abseitsdes Einflusses von Feudalverfas-sung und Zunftordnung.

5.2.1) Der KolonialismusAuch für die ungeheure Anhäufungvon Geldkapital durch den Handelspielte Gewalt eine große Rolle. DieEntdeckung und Ausbeutung vonGold- und Silbervorkommen in denÜberseegebieten, die Sklaverei, dieAusbeutung der Kolonien und derMonopolhandel erlaubten die An-häufung ungeheurer Reichtümer.Auch hier ging es nicht ohneStaatsgewalt. Daher die systemati-sche Zusammenfassung der Koloni-en durch England Ende des 17.Jahrhunderts. Den Kolonien wurdeÜberfallartig die Warenwirtschaftaufgezwungen. Die Entwicklungender Landwirtschaft und die Kon-zentration der Besitzverhältnisse,welche in England über Jahrhun-derte entstanden war, wurde in denKolonien schlagartig eingeführt.Die Landbevölkerung wurde ver-trieben und Hungersnöte erzeugt.Die Kolonien beschleunigten nichtnur die Anhäufung enormer Geld-kapitale sondern dienten dem pro-sperierenden Manufakturwesenauch als Absatzmarkt. Als ersteszur vollen Geltung kam dieser Zu-sammenhang in den Niederlanden.Mitte des 17. Jahrhunderts wurdein keinem anderen Land soviel Pro-fit aus dem Handel und der Aus-beutung der Kolonien gezogen. In

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keinem anderen Land war die Be-völkerung durch das Manufaktur-wesen so überarbeitet, unterdrücktund verarmt.

5.2.2) Die StaatsschuldenZentral für die Verwaltung derGeldvermögen wurde das Staats-schuldensystem. Geldreichtümerkonnten an den Staat verliehenwerden. Die im Gegenzug ausgege-benen Schuldscheine konnten aberebenso wie Bargeld eingesetzt wer-den, da ihnen gewissermaßen einestaatliche Garantie anhaftete. Sowurde im Lauf der Geschichte dasHandeslkapital in Aktiengesell-schaften gesammelt, damit Natio-nalbanken gegründet und mitdiesen der Tausch von Geld inSchuldscheine betrieben. Mit denselbst gegründeten Nationalbankensicherte sich die neuen gesell-schaftliche Schicht das Monopol aufdas Währungs- und Kreditsystem.So wurde die Ende des 17. Jahrhun-derts gegründete private Bank ofEngland vom Parlament mit demRecht ausgestattet Banknoten aus-zugeben.Ähnlich wie das Warensystem wur-de auch das Währungs- und Kredit-system auf andere Länderübertragen. So transportierte derHandel die neue Wirtschaftsform inandere Teile der Erde, wo dieTransformation der Gesellschaftdann schlagartig und ohne erkenn-bare Vorgeschichte von stattenging.

5.2.3) Steuerstaat und Protek-tionismusDie Staatsschuld brachte auch denverschärften Steuerstaat mit sich.Die Steuern auf Güter des alltägli-chen Verbrauchs verschärften nocheinmal den Druck auf die Bevölke-rung und unterwarf sie noch stär-

ker dem System der Lohnarbeit.Die Einrichtung des Protektionssys-tems trug ebenfalls zur Ausbeutungder Bevölkerung bei. Durch die Ein-richtung von Handelsschrankenkonnten die Preise auf dem Binnen-markt von den Produzent_innendiktiert werden, ohne dass sie Kon-kurrenz hätten fürchten mussten.Beim Übergang vom Manufaktur-zum Fabrikwesen gab es eine Ver-schärfung in den bereits angespro-chenen Bereichen Kolonialismus,Staatsschulden, Steuerbelastung,Protektionsismus und Handels-krieg. Hinzu kam die ungeheureAusdehnung der Sklaverei auf Afri-ka und Amerika sowie die Kinder-sklaverei in den frischentstandenen Fabriken. Das patri-archale Sklavensystem wurdedurch eine auf absolute Ausbeutungabzielendes System ersetzt. Skla-ven wurden nicht mehr als Haus-sklaven und Helfer eingesetztsondern in großen Mengen in derLandwirtschaft auf Plantagen. Dasneue System der Sklaverei bildetedamit das unverhohlene Gegen-stück zur Lohnsklaverei.

5.3) Zusammenfassung zur Ent-stehung des KapitalistenVoraussetzung für die Entstehungdes Kapitalismus war die Umwand-lung der Produktionsmittel und Le-bensmittel in Kapital auf der einenSeite und die Umwandlung der Be-völkerung in Lohnarbeiter_innenauf der anderen Seite.Die Vorgeschichte des Kapitalismusbildete das kleine Eigentum. Eszeichnete sich aus durch ein Zer-splitterung des Eigentums, die Ko-operation und Teilung der Arbeitunmöglich machte. Die Grundlagedes Kleinbetriebs war die Arbeit ameigenen Privateigentum. Das kapi-talistische Eigentum hingegen

zeichnete sich eben dadurch aus,dass die Privateigentümer nicht anihrem Eigentum arbeiteten. Durchdie Aufhebung des zersplittertenEigentums und durch die Teilungder Arbeit wurden gewaltige Pro-duktivitätssteigerungen möglich.

6) AusblickNach der Ausbeutung der nicht-ka-pitalistischen Welt begann die Kon-kurrenz unter den Kapitalist_innenzum tragen zu kommen. Die Kapi-talist_innen konkurrierten durchTechnik, Wissenschaft, planmäßigeAusbeutung von Natur und Arbeitauf dem Weltmarkt gegeneinander.Die Konjunktur- und Krisentheorievon Marx erklärt, wie es im Kapita-lismus zu einer immer weiterenKonzentration des Kapitals kommt.Die Konzentration des Kapitals bil-det eine der Entwicklungsschran-ken des Kapitalismus, weswegen erhistorisch überwunden werdenmuss.Außerdem führte die verschärfteAusbeutung einerseits zur Verelen-dung der Arbeiter_innenklasse, an-dererseits vereinte, schulte undorganisierte die moderne Produkti-on auch die Arbeiter_innen. DieZentralisation und die Vergesell-schaftung der Arbeit werden nachMarx schließlich einen Punkt errei-chen, der die anarchische kapitalis-tische Produktion anachronistischwerden lässt und den Weg bereitetfür eine Gesellschaft, die von Ko-operation und Gemeinbesitzt ge-prägt ist.

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Am Wochenende vom 3. bis 5. Okto-ber fand die 6. Feministische Herb-stakademie des Instituts fürkritische Theorie (InkriT) in Hessenstatt. Sie trug den Titel „Als Femi-nistin in sozialistischer Politik – wiekönnen wir Widersprüche produktivmachen?“. Die FemHAK ist ein Ort,an dem (LINKE) linke Frauen zu-sammenkommen, die sich zudemals marxistische Feministinnen ver-stehen. Es waren rund 40 Frauen*aus verschiedenen Kontexten anwe-send, vor allem aus der Partei DIELINKE, aber auch darüber hinaus.In den 5 Workshopschienen, die be-reits am Freitagabend begannenund am Samstag den ganzen Tagandauerten, haben die anwesendenFrauen* in kleineren Gruppen zu-sammengearbeitet, diskutiert, pro-duziert und versucht, Perspektivenzu entwickeln.Die stattfindenden Workshops wa-ren zu den Themen: Emma und dieProstitution; (Ich) Als Feministin insozialistischer Politik – den Wider-sprüchen auf der Spur; Bildungs-veranstaltungen zu 4in1konzipieren; Über den Tellerrandhinaus: Feministisch sozialistischerInternationalismus. Zweie Work-shops wollen wir an dieser Stellegenauer vorstellen.

Emma und die Prostitution

Obwohl es dezidiert nicht Themades Workshops war, Meinungen,Standpunkte und Argumente in Be-zug auf den Emma-Aufruf oder dieProstitutionsdebatte allgemein aus-zutauschen, stellte es sich gleich zuBeginn heraus, dass eine – zumin-dest kurze – inhaltliche Diskussionunumgänglich war. In dieser prall-ten dann auch die üblichen Argu-mente und Meinungen aufeinander,wobei es jedoch gelang, die meisteZeit, wertschätzend und solidarischmiteinander umzugehen, auchwenn die Meinungen oftmals ziem-lich konträr lagen.Eigentliches Thema des Workshopswar es, mit Brecht'schen Fragendie Prostitutionsdebatte bzw. ge-nauer: den Emma-Aufruf zu unter-suchen und daraus einegesamtgesellschaftliche Analyseabzuleiten.

Die Brecht'schen Fragen

Die Brecht'schen Fragen sind diefolgenden:

Wann greift ein Satz ein?

Wem nützt der Satz?

Wem zu nützen gibt er vor? Zu wasfordert er auf?

Welche Praxis entspricht ihm?

Was für Sätze hat er zur Folge?

Was für Sätze stützen ihn?

In welcher Lage wird er gespro-chen und von wem?

Wir suchten uns aus dem Emma-Aufruf zwei exemplarische Sätzeund untersuchten diese unter An-wendung der Brecht'schen Fragen.

Die Sätze waren:

„Darum forden wir (...)- Eine Gesetzesänderung, die derDereguliertung von Frauenhandelund Prostitution schnellsmöglichstEinhalt gebietet und die Frauen so-wie die Minderheit männlicher Pro-stituierter schützt.- Ächtung, und, wenn nötig, auchBestrafung der Freier; also derFrauenkäufer, ohne die dieserMenschenmarkt nicht existierenwürde.“

Nach langer, langer Analyse, stelltesich heraus, dass es manchmal garnicht so leicht ist, zwischen den un-terschiedlichen Ebenen zu trennen.Schließlich kamen die Workshops-teilnehmerinnen zu dem Ergebnis,

Bericht von der FeministischenHerbstakademie | InkriT |

3.­ 5. Oktober in Gersfeld(Rhön)von Marie­Theres Steinkrauss und Kerstin Wolter

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dass sich der Aufruf in eine Ge-samttendenz der gesellschaftlichenEntwicklung eingliedert.Diese Entwicklung macht eine Ver-änderung des Systems deutlich, inder die Gesellschaft als Ganzes un-terworfen wird – und das durchbzw. auf zwei Ebenen: zum einen inder Veränderung der Gesellschaftan sich (z.B. durch die Bildung vonNachbar_innenschaftswehren/Bür-ger_innenwehren) und zum anderenin der Veränderung des Staatesdurch den Ausbau der Staatsge-walt. Frigga Haug sprach hier hiervon einer Faschisierung der gesam-ten Gesellschaft.

Über den Tellerrand hinaus: Fe-ministisch sozialistischer Inter-nationalismus

In diesem Workshop wurden zu-nächst gemeinsam Punkte gesam-melt, die für einen internationalensozialistischen Feminismus zentralsind. Dabei wurden vor allem dreiPunkte ausgemacht:

I) Widersprüche (Intersektionalität)

II) Kultur, Religion und Sprache

III) Der Umgang mit Widersprü-chen, Grenzen und Unterschiedenhin zu einer internationalen Vernet-zung

Gemeinsam haben die Teilnehme-rinnen den Text von Zillah Eisen-stein aus der neusten Ausgabe vomArgument zum Thema Frauenbe-wegung erzählen mit dem Titel„Neueste Proletariate – Frauen al-ler Hautfarben“ gemeinsam gelesenund diskutiert. Eisenstein be-schreibt das neueste Proletariat alsweibliches Proletariat, dass zu dem

bereits aus Männern bestehendeProletariat hinzukommt. Diesesweibliche Proletariat ist jedochnicht in sich homogen, sondern zu-tiefst heterogen, was Hautfarbe(race) oder sozialen Status (class)angeht. Alle stehen jedoch in demZwang ihre Arbeitskraft an einekleine Minderheit aus Frauen undMännern zu verkaufen. . Sie über-nehmen den Löwenanteil in der Re-produktionsarbeit und sind zudem(und das übergreifend) konkretoder potentiell von sexualisierterGewalt betroffen. Die Frage ist, obsich hieraus trotz aller Unter-schiedlichkeit die Grundlage ge-meinsamer Zusammenarbeitentwickeln könnte. Ihre Quintes-senz ist, dass die verschiedenen Fe-minismen zusammenstehenmüssen. Anschließend wurde dar-über diskutiert wie internationaleZusammenarbeit in einem Landaussehen kann. Zum Beispiel beider Zusammenarbeit mit Frauenmit Migrationshintergrund. Aberauch was Hürden sein können.,Welche Chancen bietet das Inter-net, da wir nicht alle durch die Weltfliegen und uns vernetzen können?

Fazit

Insgesamt sind Orte der Vernet-zung – gerade für Frauen* – unse-rer Meinung nach, unersetzlich. DieFemHAK kann außerhalb unserereigenen Strukturen so ein Ort sein.Dass hier ein explizit marxistisch-feministischer Ansatz verfolgt wird,ist umso erfreulicher.

Bildungsarbeit

Gerade für die Weiterbildung in derGestaltung von Bildungsseminarenist die FemHAK hilfreich, weil viele

Frauen, die daran teilnehmen, ausder Bildungsarbeit kommen. So hatsich wieder einmal gezeigt, dasslängere Workshops, die sich min-destens über einen Tag erstrecken,viel lehrreicher sind als Panels vonzwei Stunden, in dem man Inhalteoft nur kurz anschneiden kann, umdann schnell wieder umzuschaltenfür den nächsten Workshop mit ei-nem anderen Thema.

Frauen*kampftag

Auf der FemHAK war eine Frau ausWien, die vor drei Jahren eine De-mo am 8. März in Wien mitorgani-siert hat – an der 20.000 Menschenteilgenommen haben und 400 Or-ganisationen den Aufruf unter-zeichneten. Insgesamt war dieFemHAK so auch ein Ort für dieVernetzung für feministische Praxisund Beweung.

Marxismus-Feminismus-Konferenz

Im Anschluss an die FemHAK gabes am Sonntagnachmittag noch einTreffen zur weiteren Planung derMarxismus-Feminismus-Konferenz,die vom 20. bis 22. März 2015 inBerlin stattfinden wird. Die Konfe-renz wird vom InkriT und der RLSausgetragen.

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The strength of Critique:Trajectories of Marxism –FeminismKonferenz zu Marxismus-Feminismus | 20. bis 22. März2015 | Berlin

Ende März findet in Berlin dieinternationale Konferenz zumKomplex Marxismus-Feminismusstatt. Sie wird organisiert vomInstitut für kritische Theorie Berlin(InkriT) und der Rosa-LuxemburgStiftung (RLS).Die Konferenz dient dazu, Frauenaus verschiedenen Ländern, diesich als marxistischeFeministinnen/feministischeMarxistinnen verstehen und indiesem Sinne forschen undarbeiten, zusammenzubringen. Esgeht vorrangig um einenakademischen Austausch zuForschung und Wissenschaft rundum Marxismus-Feminismus. DasGanze wird jedoch auch umWorkshops und Räume derVernetzung für marxistisch-feministische Praxis ergänzt.Es geht hier nicht nur um einenbloßen Austausch, sondern darum,den Marxismus-Feminismus neu zubegründen, ein Manifest zuverabschieden und die Konferenzzum Auftakt für weitereZusammenarbeit werden zu lassen.Unter Beteiligung von dielinke.SDSwird zusammen mit Terri Seddon(Australien) und Erica Burman (GB)ein Workshop zum Thema„Education, Politics andNeoliberalism“ vorbereitet.

Frauen*kampftag"Wir wollen mit euch eine gemein-same neue feministische Offensiveorganisieren! Unser Ziel ist es, den8. März zu (re)politisieren, Frauen*untereinander zu solidarisierenund eine Öffentlichkeit für unsereAnliegen und Forderungen zuschaffen."

Diesem Anspruch und Ziel sind wirgemeinsam mit dem F*KT Bündnisein gutes Stück näher gekommen.Unsere Demo am InternationalenFrauen*tag 2014 war erfolgreich.Wir haben gesehen und gespürt,wie viele wir sind, wie unterschied-lich und wie stark wir sind. Doch esist auch ganz klar: Da geht nochmehr! Frauen*rechte gehen alle et-was an. Und deswegen wollen wirnoch vielfältiger, zahlreicher undstärker werden.Daher finden wieder regelmäßigBündnistreffen statt auf denennicht nur die Demo am 8. März2015 vorbereitet wird, sondernüber aktuelle Themen diskutiertund inhaltlich in Projektgruppengearbeitet wird. Unter anderem hatder SDS eine Gruppe zu "Feminis-mus in Bildung und Wissenschaft"innerhalb des Bündnis initiert. DieIdee ist es hochschulpolitische Ak-teuer*innen zusammenzubringen,um die Analyse nach feministischerBildungs- und Wissenschaftspolitikzu vertiefen und daraus Forderun-gen abzuleiten.Insgesamt gilt für uns nach wie vorfür die Abschaffung der Hierachienzwischen den Geschlechtern unddie Überwindung des Kapitalismuszu kämpfen!www.frauenkampftag2015.de

Marxistische StudienwocheDie Marxistische Studienwoche fin-det auch im Frühjar 2015 wiederstatt. Organisiert wird sie wiedervon der Zeitschrift Z für marxisti-sche Erneuerung und der HeinzJung Stiftung mit ehemaligen Teil-nehmer*innen. Diesmal wird es inFrankfurt am Main vom 16. bis 20.März um "Stadt, Klassen und Klas-senkampf" gehen. Da Städte stehtsein Brennpunkt gesellschaftlicherKonflikte und Kämpfe sind lohntsich ein Blick auf die Struktur undTransformation der Stadt im Kapi-talismus. Dieses Thema gewinntnatürlich angesichts der Banken-metropole Frankfurt am Mains einebesondere Note. Auch die Praxissollte nicht zu kurz kommen, findetdoch in der gleichen Woche derUmzug der EZB und damit Blocku-py statt.marxistischestudienwochefrank-furt.wordpress.com/

Veranstaltungsankündigungen

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