1607 150 Freizeit GEWINN · Design: VW hat den Amarok liebevoll nachgeschärft. Außen rau und...

4
FREIZEIT & LIFESTYLE E s ist noch gar nicht so lange her, da war man schon ein verwegener Hund, wenn man etwas anderes fuhr als einen Kombi. Naja, außer man griff zur Ente. Mit der würde man dafür heute als Exzentriker durchgehen. Mit- te der 1990er-Jahre krempelte sich dann die automobile Welt um. 1994 brachte Toyota den RAV4 nach Europa und löste damit den SUV-Boom aus. Die Autos, die sich wie Pkws fuhren, aber aussahen wie Geländewagen faszinier- ten und faszinieren bis heute. Dabei ist es, munkelt man, gar nicht immer die aufregende Optik, die Abenteuer und Sportlichkeit verspricht, die die Kun- den zu Tiguan, Juke, Kuga, Mokka, Yeti oder XC90 greifen lassen. Nein, es ist die hohe Sitzposition, durch die man besser sieht und leichter einsteigt, und das Plus an Sicherheit. Das sind alles keine Argumente, die ei- nem jugendlichen Haudrauf einfallen würden. Und der Sicherheitsaspekt, der wird halt auch nur schlagend, wenn man der Lenker ist, und nicht der gerade niedergemäht werdende Fußgänger. Abenteuer oder Schickimicki Für die wahren Abenteuer braucht es folglich mehr als einen Frontkratzer, der gerade einmal zwei Zentimeter mehr Bodenfreiheit als ein Schneepflug hat und mit seiner Lederausstattung so hart im Nehmen ist wie ein Fußballer beim leichtesten Rempler im Strafraum. Wer wirklich die Kombination aus Abenteuer und Auto sucht, einen Wa- gen, der vom Hausbau bis zum Wo- chenende auf der Almhütte alles mit- macht, vorm Eissalon genauso gut wirkt Außen rauh und mächtig, ist der Amarok innen so galant wie jeder an- dere Pkw von VW 150 GEWINN 7/8/16 Auto: Pick-ups Pick-ups sind beinharte Arbeitstiere mit Allradantrieb. Wir stellen mit dem VW Amarok, dem Ford Ranger, Nissan Navara und Toyota Hilux die wichtigsten und neuesten Vertreter des Segments vor. VON GUIDO GLUSCHITSCH Vier Feine fürs GROBE

Transcript of 1607 150 Freizeit GEWINN · Design: VW hat den Amarok liebevoll nachgeschärft. Außen rau und...

FREIZEIT & LIFESTYLE

Es ist noch gar nicht so langeher, da war man schon einverwegener Hund, wennman etwas anderes fuhr als

einen Kombi. Naja, außer man griffzur Ente. Mit der würde man dafürheute als Exzentriker durchgehen. Mit-te der 1990er-Jahre krempelte sich danndie automobile Welt um. 1994 brachteToyota den RAV4 nach Europa undlöste damit den SUV-Boom aus. Die

Autos, die sich wie Pkws fuhren, aberaussahen wie Geländewagen faszinier-ten und faszinieren bis heute. Dabei istes, munkelt man, gar nicht immer dieaufregende Optik, die Abenteuer undSportlichkeit verspricht, die die Kun-den zu Tiguan, Juke, Kuga, Mokka, Yetioder XC90 greifen lassen.

Nein, es ist die hohe Sitzposition,durch die man besser sieht und leichtereinsteigt, und das Plus an Sicherheit.

Das sind alles keine Argumente, die ei-nem jugendlichen Haudrauf einfallenwürden. Und der Sicherheitsaspekt, derwird halt auch nur schlagend, wennman der Lenker ist, und nicht der geradeniedergemäht werdende Fußgänger.

Abenteuer oder SchickimickiFür die wahren Abenteuer braucht esfolglich mehr als einen Frontkratzer,der gerade einmal zwei Zentimetermehr Bodenfreiheit als ein Schneepflughat und mit seiner Lederausstattung sohart im Nehmen ist wie ein Fußballerbeim leichtesten Rempler im Strafraum.

Wer wirklich die Kombination ausAbenteuer und Auto sucht, einen Wa-gen, der vom Hausbau bis zum Wo-chenende auf der Almhütte alles mit-macht, vorm Eissalon genauso gut wirkt

Außen rauh undmächtig, ist derAmarok innen sogalant wie jeder an-dere Pkw von VW

150 GEWINN 7/8/16

Auto: Pick-ups

Pick-ups sindbeinharte

Arbeitstiere mitAllradantrieb. Wir

stellen mit demVW Amarok, dem

Ford Ranger,Nissan Navara und

Toyota Hilux diewichtigsten und

neuesten Vertreterdes Segments vor.

VON GUIDO GLUSCHITSCH

Vier Feinefürs GROBE

Mit dem Dieselmotor hat VWhierzulande den Pick-ups zum

Durchbruch verholfen. Mit einemneuen Turbodiesel beim neuen

Amarok setzt VW eins drauf

wie vor der potenziellen neuen Schwie-germutter, der braucht heute einenPick-up – in Amerika einfach Truck ge-nannt. Und bei dem Namen weiß mandann auch gleich, womit man es zu tunhat – auch wenn die Riesen drüben sel-tenst zum Arbeiten verwendet werden.

Während der Pick-up in den USAschon längst zum Straßenbild gehörtwie bei uns der Kreisverkehr, startetder Boom bei uns erst. Nach den Pick-ups, die auf Pkws basierten – wie derCaddy von VW oder der Strada vonFiat –, kommen nun die ordentlichenBiester. Für den Durchbruch bei unsdürfte wohl VW verantwortlich zu ma-chen sein. Der Amarok schlug ein wienur was und nahm im Windschattenden Ford Ranger mit. Nissan Navaraund Toyota Hilux kannte man ja bereits,

kaufte man aber nur, wenn man sichselbst schlüssig einreden konnte, dassman so ein Monster wirklich braucht.Denn Parkplatzsuchen, am Montag amVormittag in Wien, das will man mit soeinem über fünf Meter langen Nutzi si-cher nicht.

VW Amarok: Diesel zumDurchstartenDer Grund, warum ausgerechnet demdeutschen Hersteller VW mit demamerikanischen Fahrzeugtypus Pick-up das Einleiten des Umschwungs ge-lang, lag wohl am Dieselmotor. EinFünf-Liter-V8 ist zwar ein nett klingen-

der Motor, aber zum einen säuft er dicharm, zum zweiten muss man sich soviel PS erst einmal leisten können. Alsokam dem verdieselten Europa einSelbstzünder sehr entgegen. Und genauda geht VW jetzt den nächsten Schrittund setzt beim neuen Amarok auf einenneuen Turbodiesel.

Befeuert wird der Amarok künftigvon einem 3.0 TDI. Ein V6-Diesel.Volkswagen bietet den Motor in dreiLeistungsstufen an: 163 PS, 204 PS so-wie 224 PS. Dabei steht zum Marktstartin September erst einmal das Spitzen-aggregat zur Verfügung, die kleinerenAusbaustufen folgen aber heuer noch.

FREIZEIT & LIFESTYLE

151GEWINN 7/8/16

VW AmarokModell: 3,0-TDI 4Motion, Preis noch nicht bekannt Technik: V-Sechs-Zylinder-Turbo-Dieselmotor, 2.967 ccm, 180 PS, 8-Gang-Automatik, AllradantriebAbmessungen: LängexBreitexHöhe 5.250x1.950x1.830 mm, Ladefläche 2,52 m2

Fahrleistungen: Spitze 193 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 7,9Sekunden, Durchschnittsverbrauch 7,6 Liter/100 km, CO2-Emissionen 199 g/kmDesign: VW hat den Amarok liebevoll nachgeschärft. Außen rau und mächtig, istder Amarok innen so galant wie jeder andere Pkw aus dem Konzern auch

Foto

s:VW

Vorverkaufsstart war übrigens bereitsam 1. Juli – Wermutstropfen aber ist,dass bis zu Redaktionsschluss noch kei-ne endgültigen Preise für den Amarokbekannt waren.

Bekannt ist uns aber dafür schon,dass wieder eine Europalette quer ge-nüsslich Platz auf der Ladefläche desVolks-Pick-ups findet, und je nach Aus-stattungsvariante sind Nutzlasten vonüber einer Tonne möglich. Außerdemwird der neue Amarok in einigen Va-rianten bis zu 3,5 Tonnen Anhängerlastziehen dürfen. Wir dürfen also davonausgehen, dass VW das Zepter in dieserNutzi-Klasse weiterhin nicht aus derHand gibt. Denn nicht nur, dass sie dieEinzigen sind, die einen V6-Diesel im

Programm haben, während sich alleanderen im Downsizing zu übertrump-fen versuchen, schauen die Wolfsburgerauch darauf, dass die Unternehmer, dieso einen Wagen im Berufsalltag bis andie Grenzen nutzen können, nichtszum Herummosern haben. Da stim-men die technischen Daten vom hö-heren Drehmoment bis hin zum gerin-geren Verbrauch, da schmeichelt derInnenraum, da fasziniert schon vonWeitem die Optik mit der neuen Front.

Ford Ranger:Mehr Komfort im GeländeDiesbezüglich lässt sich aber auch derneue Ford Ranger nicht die Schneidabkaufen. Der Grill ist noch dominan-

ter geworden, die Scheinwerfer wirkennoch sportlicher und im Innenraumsteht der Pick-up nun einem Pkw umnichts mehr nach. Da sind also auf dereinen Seite die Sprachsteuerung, einadaptiver Tempomat, eine Verkehrs-schilderkennung und ein Start-/ Stopp-System und auf der anderen Seite eine Watttiefe von 800 Millimetern,eine Nutzlast von rund 1,2 Tonnenund eine Anhängerlast von bis zu 3,5Tonnen.

Ford hat also beim Komfort deut-lich zugelegt – und das, obwohl derVorgänger auf der Straße schon er-staunlich galant zu fahren war – ohnebei den dreckigen Details an Boden zuverlieren.

Beim Ranger merkt man auf denersten Metern, dass er auf eine langeGeschichte zurückblickt, viel an Pick-up-Erfahrung auf der Ladefläche mit-führt und noch die Gene eines Arbeits-viechs in sich hat. Von mir aus gilt auchder Vergleich mit den Raulederschuhen.Denn fein sind die Alufelgen schon, diezachen Gummis auf den Leichtmetall-felgen verbeißen sich aber in jedennoch so ausgesetzten Untergrund wieein Hund in die verbotenen Haus-schlapfen.

FREIZEIT & LIFESTYLE Auto: Pick-ups

GEWINN 7/8/16

Ford RangerGetestetes Modell: Ford Ranger Wildtrak2,2 TDCi um 45.000 EuroTechnik: Vier-Zylinder-Turbo-Dieselmotor,2.198 ccm, 160 PS, Sechs-Gang-Schaltung,Allradantrieb Abmessungen: LängexBreitexHöhe5.280x1.860x1.800 mm, Zuladung 1224 kg Fahrleistungen: Spitze 175 km/h,Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 12,3Sekunden, Durchschnittsverbrauch 7,1Liter/100 km, CO2-Emissionen 185 g/kmDesign: Mit dem Facelift macht Ford denRanger noch einmal fescher. Er schaut jetztedler und feiner aus, ohne dabei den opti-schen Anspruch ans Robuste verloren zuhaben. Praxis: So ein riesiges Auto, das es mit über1,2 Tonnen aufnimmt und dabei gerade ein-mal sieben Liter braucht – was will manmehr?Preis: Um 45.000 Euro haben wir schoneine Speziallackierung, SYNC2 und dasTechnikpaket an Bord. Wer so vielSchnickschnack nicht braucht, bekommtden Ranger um unter 30.000 Euro.

Der Grill des neuen Ford Ranger ist noch dominanter geworden, die Schweinwerfer wirken nochsportlicher und im Innenraum steht der Pick-up nun einem Pkw um nichts mehr nach

Der heimische Markt der leichten Nutzis

Im Jahr 2015 hatte bei den leichten Nutzfahrzeugen bis fünf Tonnenhöchstzulässigem Gesamtgewicht inklusive Busse eindeutig VW die Na-

se vorne. 40.794 Neuzulassungen gab es in dem Segment im vergange-nen Jahr, davon fielen 11.437 Stück, 28 Prozent, auf VW. Weit abgeschla-gen, mit gerade 6.000 Stück, reiht sich Ford auf Platz zwei ein, vor Merce-des-Benz mit über 4.200 Stück und Renault mit 3.820 Stück. Platz fünfging 2015 an Fiat mit 9,9 Prozent und 4.024 Stück. Die Italiener und Fran-zosen sind auch die Einzigen, die heuer von Jänner bis Mai an Anteil verlo-ren haben, während VW, Ford, Mercedes-Benz zulegten.Der Pick-up-Markt in Österreich ist in den letzten Jahren recht konstantbei rund 3.400 Neuanmeldungen, wobei eine leichte Tendenz nach obenhin bemerkbar ist. Waren es 2013 noch 3.323 Neuzulassungen (NZ), wa-ren es 2015 doch 3.412. Marktführer ist seit seinem Start der VW Amarok.Von Jänner bis Mai 2016 hat er abermals die Führungsposition inne, vordem Mitsubishi L 200 (274 NZ), dem Ford Ranger (270 NZ), gefolgt vomToyota Hilux (249 NZ) und dem Nissan Navara (197 NZ).

152

Foto

:For

d/OL

I TEN

NEN

T in

fo@

olite

nnen

t.com

Nissan Navara:Der GeländeschmeichlerApropos Hausschlapfen. Da muss mannatürlich gleich an den Navara denken.Denn bei Nissan hat man verstanden,dass die Pick-ups in der Klasse in ersterLinie gar nicht im harten Offroad, son-dern viel mehr auf der Straße bewegtwerden. Und wenn dann die Ladeflä-che komplett leer ist, dann sind dieBlattfedern natürlich nicht der Weisheitletzter Schluss, weshalb Nissan eineMehrlenkerhinterachse mit Schraub-federn verbaut.

Und in einem weiteren Bereichgeht Nissan seinen eigenen Weg. Wäh-rend VW den Vier-Zylinder gegen ei-nen Sechser tauscht, gibt es beim Na-vara auf einmal den Sechs-Zylindernicht mehr. Ihn ersetzt ein 2,3 Litergroßer, aufgeladener Selbstzünder vonRenault mit 160 oder 190 PS. Zudem

gibt es eine 360-Grad-Rundum-Kame-ra im Katalog der schönsten Extraszum Ankreuzen. Der Navara, könnteman sagen, ist der SUV unter den Pick-ups. Und so hätte Nissan auch gern,dass der Navara verstanden wird.

Toyota Hilux:Der Topseller in AfrikaEiner der erfolgreichsten Pick-ups hier-zulande, ist – mit heuer bereits über250 Neuzulassungen, der Toyota Hilux.Aber da ist Österreich eh ein beschei-denes Kapitel. Werfen wir einen Blickdorthin, wo die Pick-ups nicht als Sta-tussymbol gebraucht werden, sondernum jeden Tag schwere Lasten über schlechte Pisten zu tragen – Afrikaetwa –, sehen wir, dass dort der Hiluxdas ist, was dem Österreicher der Golf.

Inzwischen gibt es den Hilux inder neunten Generation und er ist, mit

einer fast 50-jährigen Geschichte, eineder ältesten Baureihen von Toyota. 18Millionen Mal hat sich dieser Wagenverkauft.

Selbst in Österreich, wo diese Wa-gengattung noch so exotisch ist wieüberhaupt alle Autos mit mehr als fünfMeter Länge, haben bis heute 13.500Kunden den Hilux geordert.

Nur zum Vergleich: VW verkauftevom Amarok bei uns zwischen 2012und 2015 insgesamt 4.100 Exemplare.Die Erfolgsgeschichte Pick-up bleibtalso die nächsten Jahre spannend. Wieüberhaupt das ganze Autothema. Undwer weiß, wann der erste Plug-in-Pick-up kommt. Und von wem.

FREIZEIT & LIFESTYLEAuto: Pick-ups

153GEWINN 7/8/16

Nissan NavaraGetestetes Modell: Nissan Navara DoubleCab 4x4 2,3 dCi TEKNA um 42.675 EuroTechnik: Vier-Zylinder-Turbo-Dieselmotor,2.299 ccm, 190 PS, Sechs-Gang-Schaltung,Allradantrieb Abmessungen: LängexBreitexHöhe5.330x1.850x1.805 mm, Zuladung 972 kg Fahrleistungen: Spitze 184 km/h,Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 12,3Sekunden, Durchschnittsverbrauch 6,4Liter/100 km, CO2-Emissionen 169 g/kmDesign: Der neue Navara ist optisch nah amVorgänger, aber wirkt doch deutlich frischer.Praxis: Nissan hat die Blattfedern aus demNavara geschmissen und so einen Pick-upgemacht, der komfortabler fährt als jederandere.Preis: Der King-Cab startet als Visia mitdem 160 PS starken Diesel bei 28.610 Euro,der Double Cab startet bei 31.010 Euro.

Toyota HiluxModell: Toyota Hilux 2,5 D-4D um38.266,75 EuroTechnik: Vier-Zylinder-Turbo-Dieselmotor,2.494 ccm, 144 PS, Fünf-Gang-Schaltung,Allradantrieb; Abmessungen: LängexBreitexHöhe5.260x1.835x1.850 mm, Zuladung 647 kg Fahrleistungen: Spitze 170 km/h,Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 13,3Sekunden, Durchschnittsverbrauch 7,3Liter/100 km, CO2-Emissionen 193 g/kmDesign: Ihm ist das Arbeitstier ins Gesichtgeschnitten und er wirkt innen wie außenherrlich robust.Preis: Die Doppelkabine startet bei 31.140Euro, die Einzelkabine bei 28.320 Euro

Bei Nissan hat man verstanden, dass die Pick-ups in erster Linie nicht im harten Offroad, sondern viel mehr auf der Straße bewegt werden

Inzwischen gibt es den Hilux in der neunten Generation und er ist mit einer fast 50-jährigen Geschichte eine der ältesten Baureihen von Toyota

Foto

: Nis

san

Foto

: Toy

ota/

Seba

stie

n M

auro

y