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André Glucksmann

_________________________________Laudatio

Ich beginne auf deutsch, werde aber nichtlang deutsch sprechen, weil dies doch nur meineGroßmuttersprache ist.

Offen gesagt, ich habe meine Laudatio um-geschrieben. Die erste Fassung war akademi-scher, zeitunabhängiger. Vielleicht hätten Sie siefür philosophischer gehalten. Das würde ich abernicht sagen. Mit Václav Havel bin ich der Auf-fassung, daß das Denken im allgemeinen und diePhilosophie im besonderen nicht Türen undFenster schließen soll, um sich ausschließlichewigen Wahrheiten zuzuwenden. Ganz im Ge-genteil: Denken heißt sich dazu zwingen, dieFernsehnachrichten einzuschalten, die schlech-ten Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen, Augenund Hirn angesichts der Realität - so hart sieauch sei - anzustrengen.

Derzeit macht der nicht nachlassende Stromder Menschen, die den Osten verlassen, Schlag-zeilen. Kann man einen im politischen Alltagstehenden Schriftsteller und Zeugen einer fürEuropa so entscheidenden Krise besser ehren?Jedem Fernsehzuschauer in der Bundesrepublikmöchte ich sagen: Sie sind bewegt, überrascht,betroffen - Sie fragen sich, was in denen vor-geht, die alles aufgeben, ohne doch im Elend zustecken oder Illusionen aufzusitzen. Vom West-fernsehen wissen die Bürger auf der anderenSeite der Mauer gut genug um die Schwierig-keiten, die sie erwarten. Sie sind nicht dem Eldo-rado auf der Spur. Wollen Sie wirklich wissen,warum sie weggehen? Wollen Sie wissen, wasden Schritt der Flüchtlinge lenkt? Dann lesen SieHavel. Er berichtet ganz genau, was jeder Neu-ankömmling unmißverständlich zu erkennengibt: »Ich will nicht als Trottel sterben.« BlutigerTerror und Hungersnot gehören der Vergan-genheit oder dem Ausnahmezustand des Kom-munismus an. Es bleibt doch die Gefangenschaftin der Angst, die täglich nahe Not - sie scheintweniger materieller als moralischer Natur. At-men können! Jeder will der Angst vor dem Er-sticken entgehen. Es ist die kranke poststalinisti-

sche Atmosphäre - in Prag sagt man posttotalitär-, die das dramatische und philosophische Werkvon Havel zu dem gemacht hat, was es ist. Havelgeht es vor allem um das »Leben in der Lüge«. -Zu Recht sagt man, daß die Flüchtlinge mit denFüßen abstimmen. Wohlverstanden: Ihre Fluchtist nicht bloß panische Hast. Sie beruht oft aufreiflicher Überlegung von Jahren. Sie zeugt vomDurchhalten angesichts zermürbend langdauernden Wartens und angesichts des Drucksder Behörden. Nichts schüchtert diese Mütterein, die mit ihrem Kind im Arm ins Unbekanntegehen und ihre Familie zurücklassen. Wirmüssen verstehen lernen, was dieser Exodusbedeutet. Es geht um die Seele unseres seelenlo-sen Planeten, um die Dynamik, die über dieletzten Jahre unseres Jahrhunderts entscheidet.Einige entkommen einzeln und besetzen dieBotschaften in Prag und Warschau, andere drän-gen sich auf zerbrechlichen Booten zusammen.Von den boat people haben nur die HälfteÜberlebenschancen; sie wissen das. Andere ver-suchen in Massen wegzugehen - in Ungarn, Po-len, in den baltischen Ländern, in Armenien...Sie alle wählen als einzelne oder als Gruppe dasSchwierigste, das Risiko. Sie wissen nicht, wasdie nahe und ferne Zukunft bringen wird. Siewollen nicht nach Kythera, glauben nicht mehrans Paradies, auch nicht ans Paradies der freienMarktwirtschaft. Nur das, wovor sie fliehen,setzt sie in Bewegung. Wenn sie nun zu unsstoßen, so geschieht dies irgendwie von rück-wärts. Sie idealisieren uns nicht mehr. Auchwenn sie uns beneiden, so bewundern sie unsnicht. Es treibt sie in erster Linie der Abscheu.Nichts gibt es hier bei uns, was dem Narzißmusunserer politischen und kulturellen Eliten beson-ders schmeicheln könnte. Wer sich ungerechter-weise inhaftiert sieht, will entkommen underwartet nicht, daß er draußen glücklich in einervollkommenen Welt leben wird. Wer sich da-vonmacht, sucht ganz im Gegenteil das Unvoll-kommene. Gibt es denn etwas Geordneteres,Festgelegteres, Geregelteres, besser auf eine

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Normalität Gebrachtes, Dauerhafteres, Sichere-res und auf seine Weise Vollkommeneres als einGefängnis?

Fragen Sie nicht, wohin ein Flüchtling will.Fragen Sie, woher er kommt. Die einen habensich mit Gepäck auf den Weg gemacht, die ande-ren bleiben mit ihren Schriften und Petitionen zuHause, die einen sind allein, die anderen - oderdieselben unter anderen Bedingungen - handelnin Solidarität mit anderen; sie alle widersetzensich dem langsam eintretenden Erstickungstodeines Lebens in der Lüge. Vor unseren Augensetzen Tausende einzelner Funken die Steppe inBrand. Die Flucht wird zum kollektiven Wider-stand, sie wird zum Aufstand einer ganzen Ge-neration. Der 40. Jahrestag der DDR wird inkultureller und intellektueller Hinsicht zur To-desurkunde und kündigt die Beerdigung einerüberholten Vergangenheit an. Frühjahr 1989:Tien Anmen. der Platz des Himmlischen Frie-dens - Oktober 1989: Karl-Marx-Allee - einevom Regime gehätschelte, auf Vordermanngebrachte und ausgehaltene Jugend bringt ihrenAbscheu gegenüber ebendiesem Regime zumAusdruck, richtet die symbolische Freiheitssta-tue auf oder schreit laut nach Freiheit.

Seither beherrscht der Geist des Protestes,den bislang einzelne Erniedrigte und in ihrerWürde Getroffene zum Ausdruck brachten, dieganze sozialistische Welt. Mit Havel ehren Siedie Charta 77, die Solidarität mit den Aufge-brachten. Sie haben in den Katakomben Philoso-phie getrieben. In Prag konnte man den Fadendes Denkens nicht zerreißen.

Keineswegs handelt es sich um eine reinakademische Auseinandersetzung von Ideen.Dem grobschlächtigen Denken des Marxismusbraucht man nicht einen nicht weniger summari-schen und dümmlichen antikommunistischenKatechismus entgegenzusetzen. Mit den fossili-enhaften Dogmen und längst überholten Theo-rien wird eine Lebensform, eine Existenzweise,ja eine ganze Welt von einer transkontinentalenBewegung tödlich getroffen. Denn längst ist dierevolutionäre Flamme in den Ländern des realenSozialismus erloschen. Längst bestimmt nichtmehr ein eintöniges und regelmäßig wie-derholtes Blutbad die politische Atmosphäre.Nach dem Glauben an die Revolution und demTerror verfiel alles einer Erstarrung - Institutio-nen, Lebensverhältnisse und Bewußtsein.

»Die Lieder der fanatischen Anhänger unddie Schreie der Gefolterten sind verstummt. Die

Niederträchtigkeit hat Seidenhandschuhe ange-zogen und ihre berüchtigten Folterkammern ingepolsterte Büroräume für anonyme Bürokratenverwandelt. Den Präsidenten der Republik siehtman höchstens hinter den verhangenen Wagen-fenstern, wenn er mit Polizeieskorte OberstGhadaffi am Flughafen empfängt... Die totalitäreMacht hat die bürokratische »Ordnung« derlebendigen Unordnung des Geschehens überge-stülpt. Folglich hat sie das Geschehen als Ge-schichte abgetötet. Die Regierung hat sozusagendie Zeit verstaatlicht. So traf sie das Geschickalles Verstaatlichten, sie begann einzugehen.«

Was ist für Havel der Kommunismus? Ant-wort: die Tötung der Zeit, die Planung einerabgestorbenen Zeit. Der sozialistische Bürgererlebt das Ende der Geschichte in allen Bedeu-tungen dieses Begriffes. Die große Geschichteist abgeschlossen, die kleinen Geschichten sindabgelaufen. Jetzt gibt es nach dem Kalender derPolitbürositzungen der Kommunistischen Parteiund der rituellen Gedenkveranstaltungen wederUnfälle noch Verschiedenes, sondern bloß nocheine einzige klebrige Beständigkeit. Solch einabgeschirmtes Leben ist Göttern und Tierenvorbehalten, für die einfachen Sterblichen dage-gen ist es schlicht Lüge.

Wer aus dem Kommunismus heraustritt, derkehrt in die Geschichte zurück. Er wechselt nichtdas politische System. Niemals fängt man an,dem Kommunismus als System zu entgehen.Vielleicht wird man nie damit fertig.

Zurück zur Geschichte! Im 19. Jahrhundertwurde in Europa die kommunistische Utopie mitder besten Absicht der Welt im Namen derSelbstproduktion der Gesellschaft, im Nameneiner glorreichen Zukunft unseres Planeten ent-worfen, die auf rationaler Bewußtwerdung be-ruhte und mit wissenschaftlichen Mitteln uralteVersprechen einlösen sollte. Ein Jahrhundertspäter ist die Geschichte im Sinne Havels kei-neswegs mehr Geschichte im Hegelschen Sinne.Sie ist zum Theater des Absurden geworden.Man tritt als Flüchtling in sie ein - heimlich ge-wissermaßen, nicht mit geschwellter Brust oderindem man seine Muskeln spielen läßt. Eher istman eine unerwünschte Person als ein Herr undMeister seiner Zukunft. Von neuem ist die Zeitaus den Fugen geraten - so wie Shakespeare dasversteht, nicht auf eine dialektisch erklärbareWeise.

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L'auteur de l'Internationale, Eugène Pottier,fut im poète mineur, mais s'il eut vu les arméesrouges défiler en scandant ses refrains, il eut étéestomaqué: la petite histoire déjà sanglante deson époque suffit à le jeter dans vingt ans denévrose, il s'angoissait: «quel est le fou, lemonde ou moi?». Havel dans son théâtre nousrenvoit la question.

Il n'est pas de clivage entre l'œuvre scéni-que, poétique et la réflexion philosophique, po-litique. Il n'est nul besoin donc d'une, plus oumoins fumeuse, théorie de l'engagement poursceller la création littéraire et l'action morale.Beckett et Kafka sont plus vrais que Marx, aupoint que les étineellantes vérités que l'on déterredans Marx annoncent Ionesco et Jarry plutôt queHonecker. Inutile de mettre, comme le voulurentsurréalistes et existentialistes, la littérature auservice de la transformation du monde, le ci-toyen du XXème siècle affronte littérairement etpolitiquement une seule et même chose, l'ab-surde.

Sortir du communisme ne va pas de soi,c'est l'enjeu d'une bataille mentale. L'Etat totali-taire dit au citoyen je suis la démocratie popu-laire, Volksdemokratie, considère moi commetien, respecte moi comme tu te respectes toi-même, obéis à mes injonctions comme tu cèdesaux élans de ton propre cœur. Ainsi parle l'arméetout aussi populaire. Ainsi la police non moinsdémocratique. Chaque fois que tu bafoues l'uni-forme, tu t'injuries toi-même; si tu lèves le poingcontre nous, tu te suicides. Havel écrit: «Au nomde la classe ouvrière, la classe ouvrière est asser-vie. L'humiliation totale de l'individu est pré-sentée eomme sa libération définitive, la mise àl'écart de l'information est présentée commel'accession à l'information, la manipulationopérée par le pouvoir comme le contrôle publicdu pouvoir et l'arbitraire du pouvoir comme lerespect du système juridique. La répression de laculture est représentée comme son essor,l'élargissement de la zone d'influence impéria-liste est présentée comme le soutien aux oppri-més, l'absence de liberté d'expression comme laplus haute forme de liberté, la farce électoralecomme la plus haute forme de démocratie; l'in-terdiction de la pensée indépendante est pré-sentée comme la conception du monde la plusélevée, l'occupation comme une aide fraternelle.Le pouvoir est captif de ses propres mensonges,c'est pourquoi il doit continuer à falsifier le

passé, il falsifie le présent, il falsifie l'avenir... Ilfeint de respecter les droits de l'homme. Il feintde ne persécuter personne. Il feint de n'avoirpeur de rien. Il feint de rien feindre».

Les âges de la foi révolutionnaire et du cultede la personnalité étant révolus, les gens ne sontpas dupes, mais égarés. Les autorités suivent à lalettre l'ironique conseil que Brecht leur donna en1953; une fois perdue la confiance du peuple, sivous n'acceptez de vous dissoudre, dissolvez lepeuple. L'entreprise est menée tambours battants,à coup d'injonctions contradictoires etdissociatives, où les psychologues retrouveraientl'effort pour rendre l'autre fou qu'ils nommentdouble entrave (double bind): obéis-moispontanément, sois toi-même - sous ma botte.

La dissidence commence quand un écrivain,un rocker ou un simple Flüchtling renvoit laballe et retourne le compliment: toi, l'Etat, tudictes les lois? Et bien respecte les! Tu confèresinternationalement sur les Droits de l'Homme?Alors, laisse-moi parler, prier, pétitionner, fairegrève. Tues l'armée populaire? Comment ose-rais-tu suggerer pouvoir tirer sur le peuple etm'interdire de manifester? C'est à qui frapperal'autre d'asphyxie psychique et de paralysie phy-sique. En prenant le pouvoir à ses mots, le dissi-dent piège le piegeur.

Plume et corps contre matraque ou fusil, ap-paremment le jeu est inégal. Pourtant il n'est pasperdu d'avance. D'abord la protestation rompt larelation voulue symbiotique entre le pouvoir etses masses. Une démocratie populaire n'est qu'unpléonasme qui masque l'impopularité de l'auto-rité. Ensuite la force a peur de sa propre force, leparti a lui même peur des fusils, il a besoin d'unrituel idéologique, il veut sauver les apparences.Ce que Havel nomme le «pouvoir des sans pou-voirs» se nourrit de l'impuissance des puissants.«Ce pouvoir constitue une espèce d'arme bacté-riologique grâce à laquelle - si les conditionsévoluent dans ce sens - un simple civil peut teniren échec une division entière». C'est en 1978 queHavel écrit ces lignes et c'est en 1989, en juin1989, qu'un Pékinois réalise son vœu. Le mondeentier gardera en mémoire l'image incroyabled'un petit homme, avec son baluchon à la maindroite et sa veste dans la main gauche, un petithomme en face d'une file de tanks. Il barre laroute d'une colonne de tanks et la fait tel Charlotdanser, durant de longues minutes: un petit écartà droite, un autre à gauche, un pas en avant, unpas en arrière...

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Avant de perpétrer son massacre l'arméepopulaire de Chine a subi son plus grave échec,dans un éclat de rire, sacrilège et planétaire.

Observez que l'année 1989, qui est proba-blement l'année de la fin du siècle, l'année quiannonce qu'avec le siècle va se terminer ce qui acommencé avec le siècle à savoir l'iliade etl'odyssée du communisme. L'année 1989 tourneautour de trois intellectuels blasphémateurs,Alexandre Soljénitsyne, déchu de sa nationalité,mais enfin publié en URSS, Salman Rushdie,condamné à mort par un Ayatollah et malheu-reusement pas encore publié ici-même. Je croisqu'il ne faut jamais retarder la résistence à undictât de terroriste. Je regrette. Et je regrette ceque j'espère n'être qu'un retard.

Mais il ne faut jamais donner le petit doigt,parce ce qu'après on donne la main, et après ondonne le bras, et après on donne la tête. Et inter-dire des livres c'est comme les brûler. Et brûlerles livres cela a des conséquences énormes.Donc je me sens un tout petit seul aujourd'hui enpensant à Salman Rushdie. Salman Rushdiecondamne à mort par un Ayatollah, et VâclavHavel persécuté dans son pays, acclamé par lesmanifestons de Prague et couronné par vous.Contre eux, tous les intégrismes laïques et reli-gieux. Hommages de leurs vices fanatique de cesintégrisme a la vertue: la littérature est plus vraieque la politique. Quand on veut savoir ce quec'est cette année politique 1989 il faut penserSoljénitsyne, il faut penser Rushdie, il fautpenser Havel. La littérature est plus vraie que lapolitique. Nous nous demandons si Gorbatchevincarne la grande transformation et le dépéris-sement du totalitarisme soviétique. Nous convo-quons pour information nos meilleurs écono-mistes, stratèges et sociologues; nous invoquonsles plus profonds mystères de la Kremlinologiesans nous apercevoir que la réponse est à portéede main dans chaque librairie. Feuilletez l'Archi-pel du Goulag et devinez l'effet d'une telle lec-ture sur la population soviétique. Si comme an-noncée et comme commencée la publication del'ouvrage est faite à des millions d'exemplaires àMoscou, tout change.

Le secret de l'avenir gorbatchevien, ne cher-chez pas à le découvrir dans le marc à café desprévisions économiques, ni dans l'embrouilla-mini des questions sociales et nationales, ni dansle conflit des générations au sein de la nomen-klatura, le secret de Gorbatchev c'est Soljenit-syne. Les réformes deviennent irréversibles, la

sortie du communisme devient à la longue iné-luctable, si et seulement si l'Archipel du Goulagintroduit le citoyen soviétique à sa propre his-toire et le contraint à se jurer «jamais plus» -niemals wieder.

Je le dis d'autant plus facilement qu'une telleconfrontation a eu lieu ici même. En 1945,quand photos et films crièrent à la face dumonde l'abomination d'Auschwitz. L'effet futimmédiat et douloureux, Ernst von Salomon enrend subtilement compte dans «Fragebogen», dujour au lendemain plus personne n'osa invoquerle Führer ni se réclamer du credo nazi. Ce futune Grande Première dans l'histoire mondiale,jamais auparavant, une population n'avait été simassivement, directement, visuellement, con-frontée aux crimes qu'elle venait de commettreou de laisser commettre. Bien d'autres massa-cres, certes moins parfaits, jonchent le cours destemps, mais ils ne furent pas révélés en bloc etd'un coup, l'espace les éparpillait avant que leshistoriens ne démarquent à quelques rares lec-teurs des responsables atteints par la limite d'âge.

En 1945, le choc des images et le poids desmots rendirent les mal-faisants contemporains deleur malfaisance. Plusieurs générations d'euro-péens ne purent plus fermer les yeux, paupièrescoupées elles vécurent dans l'horizon des campsde la mort, c'est à dire dans l'angoisse de rouvrirsi peu que ce soit les chemins qui y mènent. D'oùnotre antiracisme, notre anticolonialisme, notregoût parfois turbulent pour la démocratie et notreintolérance finale, même si insuffisante, auxfascismes bruns, rouges ou religieux. Cettepédagogie négative, cet amour secondaire pourla démocratie déduit d'une haine primaire, viscé-rale contre les despotismes, cet humanismenégatif a modifié la planète, enterré le vieil im-périalisme européen, sonné le glas des dictatureslocales espagnole ou grecque. Peut-être l'effet du«mauvais exemple» tend-il au bout de cinquanteans à s'épuiser, il nous aura laisse le goût fragilede quelque libertés fondamentales.

La Nacht et le Nebel qui entouraient leGoulag ne se dissipe pas aussi brutalement, nipour l'instant aussi radicalement: depuis le rap-port secret de Khrouchtchev jusqu'aux discus-sions et réhabilitations actuelles les révélationsont été administrées à doses homéopatiques àtravers une série d'avances et de reculs. Plusieursfois lancé, souvent avorté, toujours inhibé, letravail collectif de deuil ne saurait se suffire dequelques témoignages bruts déjà défraichis, de

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photos jaunies et de voix presque toutes éteintes.Il faut toutes les puissances de la littérature etl'exactitude implacable de Soljenitsyne pourplacer le peuple russes face à son destin et à sesresponsabilités. Comme Auschwitz le fut pourl'occident, la Kolyma doit devenir l'expérienceintérieure des populations de l'empire soviétique.Sans cela, pas de démocratie.

Mesdames, messieurs en distinguant VáclavHavel vous célébrez un intellectuel pas com-mode, conscient d'être un gêneur et entendant ledemeurer: «par essence», dit Havel, «l'intellec-tuel n'est jamais à sa place». C'est ce que Socratenome non pas l'utopie, mais l'atopie, atopia.Vous attribuez le prix de la Paix à un malpensantqui, en plein boom apocalypticopacifiste, décla-rait insolemment que le mot «paix» suscite en luile réflexe habituel du citoyen socialiste: un im-mense baillement d'ennui. Vous rendez surtouthommage à un écrivain qui sait que le travail surles mots constitue une tâche absolue que nul nedoit s'épargner en ce siècle où chaque vocable,chaque mot a tourné slogan, où le cri du cœurs'est prêté à tant de manipulations et où les bonssentiments ont à qui mieux mieux dissimuléfoison de mauvaises actions.

Avec Havel, Socrate moderne tant de foisemprisonné, vous entrez dans une histoire sansillusions, le phantasme de l'avenir radieux nebouche plus votre regard, vous gardez les yeuxfixés sur le mal, celui dont nous devons nousreconnaître capables pour toujours, puisque moi-même ou mon semblable en avons été coupablesune fois.

Il me plait que ce soit dans l'église St Pau-lus, ce haut lieu de la première démocratie alle-mande, que soit fêté un écrivain et penseur quine fonde pas la démocratie sur la persuasionmais sur la dissuasion, pas sur le vœu pieux maissur la considération lucide des menaces, pas surde creuses promesses mais sur la mémoire del'intolérable. Saluons un humaniste qui nousépargne tout prêche, qui ignore ce que l'hommedoit être mais qui montre ce qu'il doit éviter defaire.

Il me plait que la patrie de Goethe apprécieun écrivain blasphémateur, qui refuse de dialec-tiser nos absurdités. Le lecteur dépourvu d'hu-mour, comme souvent les militants et les univer-sitaires, identifie naïvement la ruse de la raison -List der Vernunft-, cette panacée politique hege-lienne, et le propos de Mephisto dans Faust seprésentant comme une force «qui toujours veut

le mal et toujours crée le bien». Le siècle deSoljenitsyne et de Havel pratique inversement, leplus souvent il cré le mal au nom d'un bien: laruse mephistophélique a été plus rusée que labien pensante raison, Goethe, ironiste s'il en fut,n'ignorait rien de l'ultime retournement d'undiable d'autant plus présent qu'il fait croire à soninexistence; Faust, veilli et aveugle, imagineencore transformer le monde, mais la pioche desbâtisseurs d'avenir qui berce ses oreilles est celledes Lémures ouvrant sa propre tombe.

Les XIXème et XXème siècles européensmultiplient les intellectuels psycho-masseurs,prophètes de bonheur, porte-valeurs d'une tou-jours inédite bonne nouvelle. A contre courant,porteur des mauvaises nouvelles, Havel retrouveThiresias et Jeremie, les prophètes du malheur etl'obligation de vigilance. Havel écrit: «II nousfaut parfois tomber jusqu'au fond de la misèrepour reconnaître la vérité, de même qu'il nousfaut descendre au fond du puits pour apercevoirles étoiles». Ainsi parle le poète Havel en cestemps de détresse - in dürftiger Zeit.

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Eugène Pottier, der die Internationale ver-faßte, war ein Dichter von geringen Gnaden.Aber hatte er erlebt, wie die roten Armeen unterdem Absingen seiner Strophen marschieren,wäre er verblüfft gewesen. Die kleine, aberschon blutige Geschichte zu seiner Zeit genügte,um ihn 20 Jahre lang in Neurosen zu stürzen. Inder Angst stellte er sich die Frage: »Wer ist ver-rückt, die Welt oder ich?« In seinen Theater-stücken stellt uns Havel erneut diese Frage.

Zwischen dem szenischen und poetischenWerk und der philosophischen und politischenReflexion gibt es keine Trennung. So brauchtman nicht eine mehr oder weniger verschwom-mene Theorie des Engagements, um die literari-sche Schöpfung und die moralische Aktion her-auszustellen. Beckett und Kafka haben eherrecht als Marx. Das geht so weit, daß die licht-vollen Wahrheiten, die man bei Marx entdeckt,eher Ionesco und Jarry als Honecker ankündi-gen.

Es ist sinnlos, die Literatur in den Dienst derVerwandlung der Welt stellen zu wollen - wieSurrealisten und Existentialisten dies wollten.Der Bürger des 20. Jahrhunderts erlebt in derLiteratur und in der Politik ein und dasselbe -das Absurde.

Aus dem Kommunismus kommt man nichtvon selbst heraus. Das geht nur um den Preiseiner geistigen Schlacht. Der totalitäre Staat sagtdem Bürger: Ich bin die Volksdemokratie. Siehmich an als deine eigene Sache. Achte mich wiedich selbst. Gehorche meinen Befehlen, so wiedu den Regungen deines eigenen Herzens folgst.Ebenso spricht die genauso mit dem Präfix Volkversehen genannte Armee. Ebenso die nichtweniger demokratische Polizei. Immer wenn dudich über die Uniform lustig machst, beleidigstdu dich selbst. Wenn du mit dem Finger auf unszeigst, begehst du Selbstmord.

»Im Namen der Arbeiterklasse wird die Ar-beiterklasse versklavt«, schreibt Havel und fährtfort: »Die allumfassende Demütigung des Men-schen wird für seine definitive Befreiung aus-gegeben; Isolierung von der Information wirdfür den Zugang zur Information ausgegeben; dieManipulierung durch die Macht nennt sich öf-fentlich Kontrolle der Macht, und die Willkürnennt sich die Einhaltung der Rechtsordnung;die Unterdrückung der Kultur wird als ihre Ent-wicklung gepriesen; die Ausbreitung des impe-rialen Einflusses wird für Unterstützung der

Unterdrückten ausgegeben; Unfreiheit des Wor-tes für die höchste Form der Freiheit; die Wahl-posse für die höchste Form der Demokratie;Verbot des unabhängigen Denkens für wissen-schaftliche Weltanschauung; Okkupation fürbrüderliche Hilfe.

Die Macht muß fälschen, weil sie in eigenenLügen gefangen ist. Sie fälscht die Vergangen-heit, die Gegenwart und die Zukunft. Sie fälschtstatistische Daten. Sie täuscht vor, daß sie dieMenschenrechte respektiert. Sie täuscht vor, daßsie keinen allmächtigen und zu allem fähigenPolizeiapparat hat. Sie täuscht vor, daß sie nie-manden verfolgt, sie täuscht vor, daß sie keineAngst hat, sie täuscht vor, daß sie nichts vor-täuscht.«

Die Zeiten des Glaubens an die Revolutionund des Personenkults sind vorbei. Die Leutesind nicht getäuscht, wohl aber in der Irre. DieRegierungen folgen buchstabengetreu demironischen Rat, den Brecht ihnen im Jahre 1953gab: Wenn sie das Vertrauen des Volkes end-gültig verloren hätten, sollten sie, wenn sie sichnicht selbst auflösen wollten, das Volk auflösen.Unter Trommelwirbel, mit widersprüchlichenund zusammenhanglosen Befehlen geschiehtdies. Darin würden die Psychologen das Bemü-hen erkennen, den andern verrückt zu machen,das sie double bind nennen: Gehorche mirspontan, sei du selbst unter meiner Knute.

Das Dissidententum fängt an, wenn einSchriftsteller, ein Rockmusiker oder ein einfa-cher Flüchtling den Ball zurückgibt und dieSchmeichelei beim Wort nimmt: Du, Staat, dik-tierst die Gesetze? Also halte sie! Du hältst Kon-ferenzen auf internationaler Ebene über dieMenschenrechte? Also, laß mich reden, beten,Petitionen einreichen, streiken. Du bist dieVolksarmee? Wie kannst du wagen, auf dasVolk zu schießen und mir zu verbieten, auf dieStraße zu gehen? Der Staat schlägt mit psychi-scher Beklemmung und physischer Lähmung.Der Dissident nimmt die Macht bei ihren eige-nen Worten und fängt sie so in ihrer eigenenFalle.

Feder und Körper stehen gegen Knüppelund Gewehr. Ein Spiel mit offensichtlich unglei-chen Mitteln. Doch ist es nicht von vornhereinverloren. Der Protest bricht zunächst die ge-wünschte Symbiose zwischen Macht und Masse.»Volksdemokratie« ist nicht bloß ein Pleonas-mus, der die Unbeliebtheit der Behörden ver-schleiern soll. Die Gewalt hat schließlich vor

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sich selbst Angst, die Partei hat Angst vor denGewehren, sie braucht ein ideologisches Ritual,sie will den Schein wahren. Die »Macht derOhnmächtigen«(Havel) lebt von der Ohnmachtder Mächtigen. Diese Macht »ist eine Art bakte-riologische Waffe, mit deren Hilfe - wenn dieBedingungen reif werden - ein Zivilist eineganze Division entwaffnen kann.« Havel schriebdies im Jahre 1978. Im Jahre 1989 löste einMann in Peking den Satz ein. Die ganze Weltwird das unglaubliche Bild eines jungen Mannesim Gedächtnis behalten, der in der Rechten einBündel hielt, in der Linken seine Jacke und soeiner Panzerkolonne den Weg versperrte und siewie Charlie Chaplin einige ewig zu dauernscheinende Minuten lang zum Tanzen brachte -ein kleiner Schritt nach rechts, einer nach links,einer nach vorn, einer nach hinten ... Ehe diechinesische Volksarmee ihr Massaker begann,erlitt sie ihre schwerste Niederlage in einemsakrilegisch anmutenden Lachanfall.

Beachten Sie, daß sich im Jahre 1989 dasEnde unseres Jahrhunderts ankündigt. In diesemJahr zeigt sich, daß zu Ende gehen wird, was mitdiesem Jahrhundert begann - Ilias und Odysseedes Kommunismus. Das Jahr 1989 dreht sich umdrei sozusagen blasphemistische Intellektuelle -Alexander Solschenizyn, den man seinerStaatsbürgerschaft beraubte und der zu guterLetzt doch in der Sowjetunion veröffentlichtwird, Salman Rushdie, der von einem Ayatollahzu Tode verurteilt wurde und dessen Buch be-dauerlicherweise hierzulande noch nicht veröf-fentlicht wurde. Ich glaube, daß man niemalsdem Diktat des Terrorismus erst mit VerspätungWiderstand entgegensetzen darf. Ich bedaure dieVerzögerung der Publikation des Buches vonRushdie jedenfalls.

Nie darf man auch nur den kleinen Fingerreichen, denn nachher reicht man die Hand, denArm und den Kopf. Bücher verbieten ist so vielwie Bücher verbrennen. Bücher verbrennen - dashat enorme Konsequenzen. So fühle ich michheute etwas verlassen, wenn ich an SalmanRushdie denke.

Der dritte Intellektuelle des Jahres 1989 istVáclav Havel, der in seinem Heimatland ver-folgt, von den Demonstranten in Prag gefeiertwird und der von Ihnen einen Preis erhält. DieseIntellektuellen stehen gegen jeden laizistischenund religiösen Fundamentalismus. Da das fausti-sche gesteigerte Laster dieses Fundamentalismussich auf die Tugend beruft, zeigt sich von selbst,

daß die Literatur der Wahrheit näher ist als diePolitik. Will man das Jahr 1989 verstehen, mußman Solschenizyn, Rushdie und Havel im Den-ken zur Kenntnis nehmen.

Wir fragen uns, ob Gorbatschow die großeWende und den Niedergang des sowjetischenTotalitarismus bringt. Wir befragen unsere be-sten Wirtschaftsfachleute, Strategen und Sozio-logen. Wir rufen die tiefsten Geheimnisse derKremlologen zu Hilfe, ohne zu bemerken, daßdie Antwort in jeder Buchhandlung gefundenwerden kann. Blättern Sie im »Archipel Gulag«,und erraten Sie, was diese Lektüre für die so-wjetische Bevölkerung bedeutet. Kommt es, wieangekündigt und bereits begonnen, zur Veröf-fentlichung dieses Werkes in Millionenauflage,verändert sich alles.

Das Geheimnis der Zukunft von Gorba-tschow soll man nicht im Kaffeesatz ökonomi-scher Voraussagen suchen, auch nicht im Durch-einander sozialer und nationaler Probleme, nochim Generationskonflikt in der Nomenklatura.Das Geheimnis von Gorbatschow heißt Solsche-nizyn. Die Reformen werden irreversibel, dasGeschick des Kommunismus auf die Dauerunabwendbar, wenn und nur wenn der ArchipelGulag den Sowjetbürger mit seiner eigenen Ge-schichte konfrontiert und ihn zwingt, zu schwö-ren »niemals mehr«.

Das sage ich um so leichter, als eine solcheKonfrontation auch hierzulande stattfand. Als imJahre 1945 Fotos und Filme die Welt mit denSchrecken von Auschwitz bekannt machten,hatte dies eine unmittelbare und schmerzlicheWirkung. Davon gibt Ernst von Salomon in sei-nem »Fragebogen« auf einzigartige WeiseZeugnis. Von heute auf morgen wagte niemandmehr, sich auf den »Führer« zu berufen oder aufdas nationalsozialistische Credo. Das war in derWeltgeschichte bis dahin nie dagewesen. Niezuvor wurde eine ganze Bevölkerung so massiv,direkt und offenkundig mit Verbrechen kon-frontiert, die sie vor kurzem noch beging oderzugelassen hatte. Viele andere Massaker - weni-ger perfekte gewiß - gab es im Lauf der Zeit. Niewurden sie insgesamt und auf einen Schlag of-fengelegt. Sie verloren sich im Raum, ehe Histo-riker für wenige Leser die Verantwortlichen, dieschon in hohem Alter standen, entdeckten.

Im Jahre 1945 holten der Schock der Bilderund das Gewicht der Worte die Verbrecher inflagranti ein. Mehrere Generationen Europäerkonnten nicht mehr die Augen verschließen. Mit

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aufgerissenen Augen lebten sie angesichts derTodeslager, das heißt in der Angst, so wenig wiemöglich die Wege, die dorthin führen, geheim-zuhalten. Von daher rührt unser Antirassismus,unser Antikolonialismus, unsere manchmal vonTurbulenz begleitete Lust an der Demokratieund unsere endgültige, wenn auch ungenügendeIntoleranz gegenüber braunen oder roten Fa-schismen. Diese negative Pädagogik, diese se-kundär sich einstellende Liebe zur Demokratie,die aus einem primär gegebenen und tief veran-kerten Haß gegen alle Despotie kommt, diesernegativ verstandene Humanismus hat die Weltverändert, den alten europäischen Imperialismusbeerdigt, den autochthonen Diktaturen in Spa-nien und Griechenland die Totenglocke geläutet.

Vielleicht wird sich die Wirkung des»schlechten Beispiels« nach 50 Jahren erschöp-fen. Dann wird es uns jedenfalls den Geschmackan grundlegenden Freiheiten - sei er auch nochso schwach - gebracht haben.

Nacht und Nebel, die den Gulag umgaben,weichen nicht genauso gewaltsam noch so radi-kal - im Moment jedenfalls. SeitChruschtschows Geheimbericht bis zu den ge-genwärtigen Diskussionen und Rehabilitierun-gen wurde die Offenlegung in homöopathischenDosen verabreicht - nicht ohne Tempoverlang-samung. Die oft in Gang gebrachte, aber auchoft unterdrückte, immer gehemmte kollektiveTrauerarbeit könnte sich nicht mit einigen nack-ten, schon nicht mehr neuen Zeugnissen, mitvergilbten Fotografien und den beinahe zurGänze erstickten Stimmen begnügen. Es bedarfder Kraft der Literatur und der unübertrefflichenGenauigkeit eines Solschenizyn, um das russi-sche Volk vor sein Schicksal und seine Verant-wortung zu stellen. Was Auschwitz für den We-sten war, muß die Kolyma für die innere Erfah-rung der Bevölkerung im sowjetischen Herr-schaftsbereich werden. Wenn das ausbleibt, wirdes keine Demokratie geben.

Mit Václav Havel ehren Sie einen unbe-quemen Intellektuellen, der weiß, daß er stört,und nicht daran denkt, davon zu lassen. »DerIntellektuelle paßt von seinem Wesen her nir-gendwohin. Überall stört er oder ragt irgendwieheraus. Er ist in keine Schublade restlos einzu-ordnen.« Sokrates nennt das nicht die Utopie,sondern die Atopie, atopia. Sie überreichen denFriedenspreis einem, der vom Friedensgeredenicht viel hält. Einem, der auf dem Höhepunktdes apokalyptisch anmutenden Pazifismus ganz

unfeierlich erklärte, das Wort »Frieden« würdein ihm den üblichen Reflex eines sozialistischenBürgers auslösen - ein ungeheures Gähnen vorlauter Langeweile. Sie ehren zumal einenSchriftsteller, der weiß, daß die Arbeit an denWorten absolut notwendig ist - eine Arbeit, diesich keiner in diesem Jahrhundert ersparen kann,in dem jedes Wort zum Slogan werden kann, indem der Aufschrei des Herzens so vielen Mani-pulationen unterworfen werden kann und in demgute Absichten zur allerschönsten Verpackungschlechter Taten dienten.

Mit Havel, diesem so oft ins Gefängnis ge-brachten modernen Sokrates, treten Sie in eineGeschichte ohne Illusionen ein. Das Trugbild derstrahlenden Zukunft verdeckt nicht mehr IhrenBlick, Sie schauen direkt auf das Böse - dasBöse, das wir stets begehen können, nachdem esvon mir oder meinesgleichen einmal begangenworden ist.

Es ist würdig, daß in der Paulskirche, diesersymbolischen Stätte der ersten deutschen Demo-kratie, ein Schriftsteller und Denker gefeiertwird, der die Demokratie nicht auf der Kraft, zuetwas zu überreden, sondern auf der Kraft, vonetwas abzuhalten, gründet, nicht auf frommenVorstellungen, sondern auf der luziden Einsichtin Gefahren, nicht auf leeren Versprechungen.sondern auf der Erinnerung an das Unerträgli-che. Grüßen wir einen Humanisten, der uns jedeLobeshymne erspart, der zwar nicht weiß, wasder Mensch sein soll, der aber wohl weiß, was ernicht tun darf.

Es ist würdig, daß die Vaterstadt Goetheseinen blasphemistischen Schriftsteller ehrt, derbloßstellt, der sich weigert, unsere Absurditätendialektisch aufzulösen. Humorlose Leser - wiedies oft militante Ideologen und Universitäts-leute sind - identifizieren naiv die List der Ver-nunft, dieses Wundermittel Hegelscher Politik,mit den Worten des Mephisto im »Faust«, mitdenen er sich als ein Teil von jener Kraft, die»stets das Böse will und stets das Gute schafft«,vorstellt. Das Jahrhundert von Solschenizyn undHavel tut das Gegenteil. Zumeist tut es das Böseim Namen des Guten. Die mephistophelischeList war listiger als die Vernunft, die das Gutewill. Der Ironiker Goethe, wenn er denn einerwar, wußte nichts von der Umkehr eines Teufelszu guter Letzt, eines Teufels, der um so mehr daist, als er uns glauben lassen will, es gebe ihnnicht. Der alte und blinde Faust bildet sich nochein, die Welt zu verändern, doch die Hacke der

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Zukunftsbauer, die er im Ohr hat, ist die derLemuren, die sein eigenes Grab schaufeln. Im19. und 20. Jahrhundert treten intellektuelleSeelenmasseure, Glückspropheten, Verkündereiner nie dagewesenen neuen guten Nachricht inMassen auf. Dagegen kehren mit Havel Teiresiasund Jeremias, die Propheten des Unheils und derVerpflichtung zur Wachsamkeit, zurück. Wir»müssen manchmal in den Abgrund des Elendsstürzen, um die Wahrheit zu begreifen - so wiewir uns auf den Grund des Brunnens hinablassenmüssen, um die Sterne zu sehen«. So spricht derDichter Havel »in dürftiger Zeit«.

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Václav Havel_________________________________Dankesrede

Slovo o slovu - Ein Wort über das Wort

Maximilian Schell

stellte der Rede des Friedenspreisträgers folgende persönliche Bemerkung voran:»Es war der Wunsch von Václav Havel an mich, seine Rede zu verlesen, und ich dankeihm dafür. Ich grüße ihn herzlich durch diese merkwürdige Einrichtung, die wirFernsehen nennen. Ich glaube, wir alle glauben: vielleicht schaut er uns zu.Es ist eine kleine Ironie, daß ich dafür aus dem Osten gekommen bin, nämlich ausMoskau, und daß ich morgen wieder dorthin zurückfahre. Nur: Ich kann es tun, weil icheinen anderen Paß besitze.«

Cena, kterou jsem dnes poctíván, jenazvána „mírovou" a byla mi udělenaknihkupci, tedy lidmi, kteří se věnují šířeníslova. Snad mne to opravňuje k tomu, abychse tu dnes zamyslel o tajemné souvislostimezi slovem a mírem a vůbec o tajemné mocislova v lidských dějinách.

Na počátku bylo slovo, praví se na prvnístránce jedné z nejdůležitějších knih, kteréznáme. V té knize to znamená, že zdrojemveškerého stvoření je Slovo Boží. Neplatí tovšak, přeneseně. i o veškerém konánílidském"? Není to snad i v našem případě slo-vo, které je nejvlastnějším zdrojem toho, čímjsme, ba samotným základem toho způsobuvesmírného bytí, kterému říkáme člověk?Duch, lidská duše, naše sebeuvědomění,schopnost zobecňovat a myslet v pojmech,chápat svět jako svět (a ne jen jako své oko-lí). a posléze i naše schopnost vědět, žeumřeme, a přesto žít - není to všechno snadprostředkováno. či přímo tvořeno také slo-vem'?

Je-li Slovo Boží zdrojem veškeréhoBožího stvoření, puk ta část tohoto stvoření,kterou představuje lidské plémě, je samasebou jen dík jinému Božímu zázraku, totižzázraku lidského slova. A je-li tento zázrakklíčem k dějinám člověka, pak je zároveň iklíčem k dějinám společnosti, ba možná že jetím prvním jen proto, že je tím druhým; kdybytotiž slovo nebylo druhem komunikace mezi

dvěma či více lidskými „já", nebylo by asivůbec. To všechno nějakým způsobem vlastněodvždycky víme nebo aspoň tušíme; pocitzvláštního významu a váhy slova je v pově-domí lidstva zřejmě od nepaměti přítomen.

Ale nejen to: dík zázraku slova víme asilépe než ostatní živočichové, že toho veskutečnosti víme velmi málo, totiž že existujetajemství. Tváří v tvář tomuto tajemství -acítíce zároveň onu pro nás téměř konstitutivnímoc slova - pokoušíme se od nepaměti oslovitto, co je nám tímto tajemstvím zahaleno, asvým slovem to ovlivnit. Jako věřící semodlíme k Bohu, jako magici vyvoláváme čizaklínáme duchy a zkoušíme tak svým slovemzasahovat do přírodních i lidských dějů, jakopříslušníci novodobé civilizace - ať už věřící,či nevěřící - skládáme ze svých slov vědeckéteorie a politické ideologie, jimiž čelíme - tuúspěšně a tu neúspěšně - tajemnému běhusvěta a jimiž tento běh - tu úspěšně a tuneúspěšně - ovlivňujeme.

Čili: ať už si to uvědomujeme či nikoliv,ať už si to vysvětlujeme jakkoliv, jedno se zdábýt zřejmé: že na světodějnou moc svého slovaodvždycky - a v ,jistém smyslu právem -věříme.

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Proč říkám „právem”?Je opravdu lidské .slovo tak mocné, že

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může měnit svět a ovlivňovat dějiny? A pokudněkdy tak mocné bylo, platí to o něm i dnes?

Žijete v zemi, kde je velká svoboda slova.Té svobody může užívat kdekdo ke kdečemu,aniž si toho musí nevvhnutelně ostatnívšimnout, natož se tím zabývat. Může se vámtudíž zdát, že význam slova přeceňuji prostějen proto, že žiji v zemi, kde se za slova stáleještě zavírá do vězení.

Ano, žiji v zemi, kde jsou váha aradioaktivní záření slova denně stvrzoványsankcemi, které svobodné slovo na sebe přivo-lává. Nedávno si celý svět připomínal dvoustévýročí Velké francouzské revoluce, a tím jsmesi museli vzpomenout i na slavnou Deklaracipráv člověka a občana, deklaraci, v níž se praví,že každý občan má právo vlastnit tiskárnu. Vtýchž dnech, tedy přesně dvě stě let po tétodeklaraci, byl můj přítel Frantisek Stárekodsouzen na dva a půl roku do vězení za to, ževyráběl nezávislý kulturní časopis Vokno -nikoli snad v soukromé tiskárně, ale naskřípajícím předpotopním cyklostylu! Krátcepřed tím byl můj přítel Ivan Jirous odsouzen kšestnácti měsícům vězení za to, že na psacímstroji vykřikl jen to, co každý ví: že v naší zemibylo mnoho justičních vražd a že i dnes můžebýt nespravedlivě uvězněný člověk ve vězeníutýrán. Můj přítel Petr Cibulka je ve vězení zato, že šířil samizdatově vydané texty a nahrávkynekonformních zpěváků a hudebních skupin.Ano, to všechno je pravda. Žiju skutečně vzemi, kde sjezd spisovatelů nebo nějaký projevna něm může otřást systémem. Umíte sipředstavit něco podobného ve Spolkovérepublice Německo'? Ano, žiju v zemi, kteroupřed jednadvaceti lety otřásl text mého příteleLudvíka Vaculíka, který se jmenoval -jakobyproto, aby potvrdil mé vývody o moci slova -„2000 slov”; tento text, mimo jiné, sloužil jakojeden z důvodů k tomu, aby jisté noci přepadlonaši zemi pět cizích armád. A není vůbecnáhoda, že ve chvíli, kdy toto píši, otřásázdejším režimem jedna stránka textu nazvaná -jakoby opět na ilustraci toho, co tu říkám -„Několik vět". Ano, žiji opravdu v systému,kde slovo může otřásat všemi mocenskýmiaparáty, kde slovo může mít vetší sílu než desetdivizí, kde pravdivé slovo Solženicynovo bylopocítěno jako cosi tak nebezpečného, že bylotřeba jeho autora násilím vsadit do letadla avyvézt. Ano, žiju tam, kde slovo Solidarita byloschopno otřást celým mocenským blokem.

To všechno je pravda, bylo o tom už hodněnapsáno a mluvil o tom už na tomto místě můjvzácný předchůdce Lev Kopelev.

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Mně ted' ale běží o něco trochu jiného.Nechci mluvit jen o neuvěritelné váze, kterounabývá svobodné slovo v totalitních pomě-rech. nechci ilustrovat tajemnou moc slovajen tím, že jsou země. v nichž může několikslov vážit víc než jinde celý vlak dynamitu.Chci mluvit obecněji a pohlédnout na svétéma v jeho širších a rozporuplnějšíchsouvislostech.

Žijeme ve světě, v němž je možné, aby naobčana Velké Británie kdosi mocný z úplnějiné země zcela veřejně a bezostyšně namířilsmrtící šíp jen proto, že dotyčný napsalurčitou knihu. Ten mocný člověk to udělalúdajně jménem miliardy svých souvěrců. Alenejen to: v tomto světě je možné, aby seurčitá-doufejme, že jen malá - část tétomiliardy s vyneseným rozsudkem identifiko-vala.

Co to je? Co to znamená? Je to jenmrazivý závan fanatismu. podivně ožívajícíhov době různých helsinských konferencí a po-divně oživovaného dosti drtivými důsledkydosti drtivé expanze evropanství do světů.které o dovoz cizí civilizace púvodně nestálya kterým nakonec tento dvojsmyslný dovozzpůsobil stamiiiardové a nikdy nesplatitelnédluhy'?

Zajisté, to všechno to samozřejmě je. Aleje to i cosi víc: je to symbol.

Symbol záhadné mnohoznačnosti, kterouona velká moc slova má.

Ano, moc slova není jednoznačná aprůhledná. Není to jen osvobodivá moc slovaWalesova nebo varovná moc slova Sacha-rovova, není to jen moc - zřejmě nesmyslněvyložené - knížky Rushdieho.

Vedle slova Rushdieho tu je totiž i slovoChomejního. Vedle slova elektrizujícíhospolečnost svou svobodou a pravdivostí je tui slovo hypnotizující, šálivé, fanatizující,zběsilé, podvodné, nebezpečně, smrtonosné.Slovo - šíp.

Myslím, že nemusím právě vám obsáhlevykládat o černě magii některých slov,protože jste na vlastní kůži v poměrněnedávné době zažili, k jak nevýslovným

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dějinným hrůzám může za určité politické asociální konstelace vést hypnoticky uhrančivéa zároveň neskutečně šílené slovo jednohoprůměrného maloměšťcíka. Nechápu sice,čím mohl část vašich otců a matek uhranout,ale zároveň chápu, že to muselo být cosivelice sugestivního a velice zákeřného, kdyžto bylo schopno, byť jen na krátkou chvíli,uhranout i onoho velkého ducha, který dal taknový a pronikavý smysl slovům „das Sein",„das Da-Sein" a „die Existenz".

Co chci říct: slovo je úkaz tajemný,mnohoznačný, ambivalentní, zrádný. Můžebýt paprskem světla v říši tmy, jak kdysinazval Bělinskij Ostrovského Bouři, ale můžebýt i smrtonosným šípem. A co je nejhorší:může být chvíli tím a chvíli oním, může býtdokonce obojím současně!

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Jaké bylo vlastnč slovo Leninovo'?Osvobozující, ncbu naopak šálivé,nebezbečné a posléze zotročující'? Zájemci odějiny komunismu se o to dodnes vášnivěpřou a zřejmě ještě dlouho přít budou. Jáosobně jsem si na tomto slově všiml hlavnětoho, že bylo trvale vzteklé.

Jaké bylo vlastně slovo Marxovo'? Vrhlosvětlo na celou jednu ,krytou rovinuspolečenských mechanismů, nebo to byl jennenápadný prazárodek všech pozdějšíchstrašných Gulagů? Nevím, nejspíš asi obojísoučasně.

A co slovo Freudovo? Odkrylo tajnýkosmos lidské duše. anebo to byl jen zárodekiluze, kterou se dnes omamuje polovinaSpojených států amerických, totiž že se lzezbavit svých trápení a svých vin tím, že jejichbřímě odložíme do interpretace dobřezaplaceného odborníka`?

Ale šel bych ještě dál a ptal bych se ještěprovokativněji: jaké bylo vlastně slovoKristovo'? Byl to začátek dějin spásy a jedenz. nejmocnějších kulturotvorných impulsů vdějinách světa, anebo to byl duchovníprazárodek křižáckých tažení. inkvizicí,hubení amerických kultur a posléze celé térozporuplné expanze bílé rasy, kterázpůsobila tolik tragédií, včetně té, že dnesnejvětší část lidského světa spadá do smutnékategorie světa prý až třetího'? Já si pořádmyslím, že to bylo spíš to první, ale nemohu

zároveň ignorovat stohy knih, které dokazují,že i v tom nejčistším raném křesťanství bylouž nevědomě zakódováno cosi, co na pozadísouhry tisíce jiných okolností, včetně relativnítrvalosti lidské povahy, mohlo určitýmzpůsobem duchovně otevřít prostor i oněmhrůzám, o nichž jsem se zmínil.

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Slova mají také své dějiny.Byly například doby, kdy slovo

socialismus bylo pro celé generace poníženýcha utlačených magnetickým synonymem spra-vedlivějšího světa a kdy pro ideál, tímto slovemvyjadřovaný, byli lidé schopni obětovat dlouháléta života a třeba i život sám. Nevím, jak vevaší zemi, ale v mé vlasti se z téhož slova - tedyze slova socialismus - stal už dávno docelaobyčejný pendrek, kterým od rána do večeratlučou po zádech všechny své svobodomyslnéspoluobčany jacísi zbohatlí a v nic nevěřícíbyrokrati, nazývajíce je „nepřáteli socialismu" a„antisocialistickými silami". Skutečně: v mézemi to slovo je už dávno bohapustým zaříka-dlem, kterému je nejlépe se vyhnout, nechce-lise člověk stát podezřelý. Byl jsem nedávno najedné docela spontánní a žádnými disidentyneorganizované manifestaci, protestující protivýprodeji nejkrásnějších částí Prahy nějakýmaustralským milionářům. A když tam jedenřečník, bouřlivě proti tomuto projektuvystupující, chtěl posílit svůj apel na vláduzdurazněním, že za záchranu svého domovabojuje ve jménu socialismu. začal seshromážděný dav smát. Ne proto, že by bylproti sociálně spravedlivému společenskémupořádku. Ale prostě proto. že uslyšel slovo,kterým se po dlouhá léta a ve všech možnych inemožných souvislostech zaklíná režim, kterýdokáže lidi jen manipulovat a ponižovat.

Podivné osudy mohou mít slova! Tentýždruh svobodomysl-ných a statečných lidí můžebýt jednou uvrhován do žalářů proto, že nějakéslovo pro něj něco znamená. a podruhé proto.že pro něj totéž slovo už nic neznamená. neboťse ze symbolu lepšího světa změnilo v jazykovézaklínadlo přihlouplého diktátora.

Žádné slovo - alespoň v onom poněkudmetaforickém smyslu, v jakém tu slovo „slovo"používám - neobsahuje jen to, co mu přisuzujeetymologický slovník. Každé v sobě obsahuje iosobu, která ho vyslovuje, situaci, v níž ho

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vyslovuje, a důvod, proč ho vyslovuje. Totéžslovo může jednou zářit velkou nadějí, podruhévysílat jen paprsky smrti. Totéž slovo může býtjednou pravdivé a jednou Iživé, jednouoslňující a jednou šálivé, jednou může otevíratnádherné perspektivy a jednou může jenpokládat na zem kolejnice vedoucí do celýchsouostroví koncentračních táborů. Totéž slovomůže být jednou stavebným kamenem míru ajindy může každá jeho hláska dunět ozvěnoukulometů.

Gorbačov chce zachránit socialismuszavedením trhu a svobody slova, Li Pengzachraňuje socialismus masakrováním studentůa Ceauşescu zbuldozerizováním svého národa.Co to slovo vlastně znamená v ústech jednoho av ústech druhých dvou'? Co je to za mysterióznívěc, která je tu tak různými způsobyzachraňována`?

Zmínil jsem se o francouzské revoluci a oté krásné deklaraci, která ji provázela. Tudeklaraci podepsal pán, který byl jednou zprvních osob, jež byly jménem tohoto nádherněhumánního textu popraveny. A po něm to bylystovky a snad tisíce dalších. Volnost. rovnost,bratrství - jak nádherná slova! A jak děsivémůže být to, co znamenají: volnost rozepnutékošile před popravou, rovnost v rychlosti, s nížpadá na krk gilotina, bratrství v jakémsipodezřelém nebi, kde vládne Nejvyšší Bytost!

Celým světem dnes zní nádherně nadějnéslovo „perestrojka". Všichni věříme, že se zatím slovem skrývá naděje pro Evropu a celýsvět.

A přesto - přiznávám se - se občas chvějistrachem, aby se to slovo nestalo zase jennovým zaříkadlem, aby se nakonec nezměnilozase jen v pendrek, kterým nás někdo tluče.Nemyslím teď na svou vlast, kde to slovo má vústech jejích vládců asi takový význam jakoslovo „náš mocnář" v ústech Josefa Švejka.Myslím na něco jiného: totiž na to, že i onenstatečný muž, který dnes sídlí v Kremlu, vysíláobčas - a možná jen ze zoufalství - na stávkujícídělníky nebo na bouřící se národy činárodnostní menšiny nebo na příliš neobvyklénázorové menšiny obvinění, že ohrožují pere-strojku. Chápu ho, splnit ten gigantický úkol,který si předsevzal, je nesmírně těžké,všechno to visí na vlásku a téměř cokolivmůže opravdu asi ten vlásek přetrhnout avšichni pak budeme padat do propasti. Alepřesto si říkám: nejsou v tomhle .,novém

myšlení" povážlivé relikty myšlení atarého'?Nezaznívá tu ozvěna dávných myšlenkovýchstereotypů a mocensko-jazykových rituálů`?Nezačíná se slovo perestrojka už tu a tamtrochu podobat slovu socialismus, zvlášťkdyž je jím občas nenápadně uhozen po hlavětýž člověk, který byl tak dlouho a taknespravedlivě bit slovem socialismus'?

Vaše země vnesla do moderníchevropských dějin velký vklad: první vlnudétente, svou známou Ostpolitik.

Ale i tohle slovo dokázalo být leckdypěkně dvojsmyslné. Znamenalo samozřejměprvní záblesk naděje na Evropu bez studenéválky a železné opony; zároveň však -bohužel - nejednou znamenalo i rezignaci nasvobodu, a tím na základní předpokladkaždého skutečného míru: mám stále ještě vpaměti, jak se mi počátkem sedmdesátých letleckteří mí západoněmečtí kolegové a přátelévyhýbali z obavy, že by jakýmkoli kontaktemse mnou, kterého nemá zdejší vláda v lásce,mohli tuto vládu zbytečně provokovat, a tímkřehké základy rodící se détente ohrožovat.Nemluvím o tom samozřejmě kvůli sobě jakotakovému. a už vůbec ne proto, že bych selitoval. Vždyť já už tehdy litoval spíš je nežsebe, protože Jsem to nebyl já, ale oni, kdo sedobrovolně vzdával své svobody. Zmiňuji seo tom proto, abych jen z jiné strany znovuoavětlil, jak snadno se může dobře míněnávěc změnit ve zradu svého vlastního dobréhoúmyslu -a to opět jen skrze slovo. jehožsmysl nebyl zřejmě dost bedlivě střežen.Taková věc se může stát velmi snadno,člověk si toho téměř nevšimne. stane se tonenápad-ně, tise, pokradmu - a když tonakonec člověk zjistí, zbývá mu už jen jedinámožnost: pozdní údiv.

Jenomže to je přesně onen d'ábelskýzpůsob, jímž nás dokážou slova zrazovat,nejsme-li při jejich užívání trvale obezřetní.A často - bohužel - i docela malá a jenchvilková ztráta obezřetnosti může míttragické a neodčinitelné následky. Následkydalekosáhle překračující nehmotný světpouhých slov a dalekosáhle vstupující dosvěta až po čertech hmotného.

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Dostávám se konečně ke krásnému slovumír.

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Čtyřicet let ho čtu v naší zemi na každéstřeše a v každém výkladu. Čtyřicet let jsem,tak jako všichni mí spoluobčané, vychovávánk alergii na toto krásné slovo, protože vím, cočtyřicet let znamená: mohutné a stálemohutnějící armády jakožto údajnou záštitumíru.

Navzdory tomuto dlouhému procesusystematického vyprazdňování slova mír; bavíc než jen vyprazdňování: jeho naplňováníprávě opačným významem. než jaký podleslovníku má: navzdory tomu všemu sepodařilo několika donkichotům z Charty 77 anĕkolika jejich mladším kolegům zNezávislého mírového sdružení toto slovorehabilitovat a vrátit mu jeho původní smysl.Museli ovšem tuto sémantickou „perestrojku"- totiž obrácení slova mír z hlavy opět nanohy-čímsi zaplatit. Téměř všichni mladípředáci Nezávislého mírového sdružení simuseli pár měsíců za to odsedělt. Mělo to alesmysl: jedno důležité slovo bylo zachráněnopřed svým totálním znehodnocením. A tonení, jak se tu pořád pokouším vysvětlit,zdaleka jen pouhá záchrana slova. Je tozáchrana čehosi daleko důležitějšího.

Všechny důležité děje reálnéhosvětakrásné i obludné-mají totiž vždyckysvou předehru ve sféře slov.

Jak jsem už řekl, mým dnešním úmyslemnení předávat vám zkušenost člověka, kterýpoznal, že slovo stále ještě něco váží. když seza ně musí platit i vězením. Mým úmyslembylo vyzpovídat se z jiné zkušenosti, kteroujsme v tomto kousku světa s váhou slovučinili a která - jak jsem pevně přesvědčen -má univerzální platnost: totiž ze zkušenosti,že se vždycky vyplatí být ke slovůmpodezíravý a dávat si na ně pozor a že žádnáopatrnost tu nemůže být zbytečně velká.

Podezřívavostí ke slovům se dá rozhodnězkazit míň než přemrštěnou důvěrou v ně.

Ostatně není přesně to - podezíravost keslovům a jejich usvědčování z hrůzy, která vnich může nenápadně dřímat - nejvlastnějšímposláním intelektuála`? Vzpomínám si, žeAndré Glucksmann, můj milý předřečník,mluvil kdysi v Praze o tom, že intelektuál mábýt jako Kasandra, protože jeho úkolem jedobře slyšet slova mocných, hlídat je, varovatpřed nimi a věštit, co by mohla zléhoznamenat či přinést.

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Všimněme si jedné věci: po staletí jsmeměli - vy a my - to jest Němci a Češi -rozmanité potíže se svým soužitím ve středníEvropě. Za vás mluvit nemohu, ale za násmyslím mohu odpovědně říct. že pradávné apo staletí nejrůzněji přiživované národnostníanimozity, předsudky a vášně v posledníchdesetiletích z nás, Čechů, vyprchaly. A nenívůbec náhoda, že se to stalo v době, kdy jsmebyli postiženi totalitním režimem. Ten v nástotiž vypěstoval tak hlubokou nedůvěru kevšem generalizacím. ideologickým floskulím,frázím, heslům, myšlenkovým stereotypům apodbízivým apelům na ty či ony vrstvy našichemocí, od nejnižších až po nejvyšší, že jsmednes většinou už imunní k jakékolihypnotizují-cí návnadě, byť by měla i taksugestivní podobu. jakou jí tradičně dává apelnacionální či nacionalistický. Dusící příkrovtisíců prázdných slov, pod nímž musíme takdlouho žít. v nás vyvinul tak silnou nedůvěruke světu šálivých slov, že jsme dnes schopnilépe než dříve vidět lidský svět takový, jakýopravdu je: totiž jako složité společenstvítisíců a miliónů neopakovatelně jedinečnýchlidských bytostí, které mají vedle stovekkrásných vlastností i stovky vad a špatnýchsklonů, které však nikdy nelze prostě sežehlitžehličkou dutých frází a devalvovaných slov dojedné homogenní masy - jako například třídy,národa nebo politické síly - a jako takové je enbloc chválit nebo odsuzovat, milovat nebonenávidět, hanobit nebo oslavovat.

To je jen malý příklad, k čemu jenedůvěřivost ke slovům dobrá. Příklad zvolenýs ohledem na příležitost, při níž. je užit, totižpro chvíli, kdy má Cech tu čest promlouvat kpubliku převážně německému.

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Na počátku všeho je slovo.Je to zázrak. kterému vděčíme za to, že

jsme lidmi. Ale je to zároveň nástraha, zkouška,lest a test.

Větší možná, než se může zdát vám, kteřížijete v podmínkách velké svobody slova, tedyv poměrech, kde na slovech zdánlivě toliknezáleží.

Záleží na nich. Záleží na nich všude.Totéž slovo může být jednou pokorné a

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podruhé pyšné. A nesmírně snadno a velminenápadně se může slovo pokorné proměnit veslovo pyšné, zatímco jen velmi těžce a velmidlouze se mění slovo pyšné ve slovo pokorné.Pokusil jsem se to ukázat na osudech slova mírv mé zemi.

Tento svět a především Evropa se v závěrudruhého tisíciletí po Kristu ocitá na zvláštníkřižovatce: dlouho nebylo tolik důvodů knaději, že všechno dobře dopadne. a nikdynebylo zároveň tolik důvodů k obavě, že kdybydopadlo všechno špatně, byla by to katastrofadefinitivní.

Není těžké doložit, že všechny hlavníhrozby, jimž musí dnešní svět čelit, od atomovéválky přes katastrofu ekologickou až pokatastrofu sociálně civilizační (tím myslímprohlubující se propast mezi bohatými achudými jednotlivci i národy), mají kdesi vesvých útrobách skrytu jednu společnoupříčinu: nenápadnou proměnu slova původněpokorného ve slovo pyšné.

Pyšně si člověk začal myslet, že jakovrchol a pán tvorstva rozumí kompletněpřírodě a může si s ní dělat, co chce.

Pyšně si začal myslet, že jako majitelrozumu je schopen kompletně pochopit svévlastní dějiny a naplánovat pak všem šťastnýživot a že mu to dává dokonce právokaždého, komu se jeho plán nezamlouvá,smést z cesty v zájmu údajně lepšíbudoucnosti všech, k níž nalezl ten jediný apravý klíč.

Pyšně si začal o sobě myslet, že když umírozbít atomové jádro.je už tak dokonalý, žemu nehrozí nebezpečí atomového zbrojníhosoupeření, natož atomové války.

Ve všech těchto případech se osudovězmýlil. To je zlé. Ale ve všech těchtopřípadech začíná už svůj omyl chápat. A to jedobré. Tím vším poučeni. měli bychomvšichni a společně bojovat proti pyšnýmslovům a vnímavě pátrat po kukaččíchvejcích pýchy ve slovech zdánlivě pokorných.

To není, jak zřejmo. úkol zdaleka jenlingvistický. Jako výzva k odpovědnosti zaslovo a ke slovu je to úkol bytostně mravní.Jako takový není ovšem zakotven předhorizontem námi dohlédnutelného světa, aleaž někde tam. kde přebývá ono Slovo, ježbylo na počátku všeho a jež není slovemčlověka.

Nebudu vysvětlovat, proč tornu tak je.

Daleko lépe totiž, než bych to byl schopenučinit já. to učinil už váš velký předekImmanuel Kant.

Děkuji vám za pozornost.

Hrádeček. 25. 7. 1989

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Der Preis, mit dem ich heute geehrt werde,heißt »Friedenspreis« und wurde mir vonBuchhändlern verliehen, also von Leuten, diesich der Verbreitung des Wortes widmen. Dasberechtigt mich wohl dazu, hier einmal nachzu-denken über den geheimnisvollen Zusammen-hang zwischen dem Wort und dem Frieden undüberhaupt über die geheimnisvolle Macht desWortes in der menschlichen Geschichte.

Am Anfang war das Wort, heißt es auf derersten Seite eines der wichtigsten Bücher, diewir kennen. In diesem Buche bedeutet es, daßdie Quelle aller Schöpfung das Wort Gottes ist.Gilt das nicht aber, im übertragenen Sinne, auchvon allem menschlichen Tun? Ist es nicht auchin unserem Falle das Wort, das die eigentlicheQuelle dessen ist, was wir sind, ja sogar die ei-gentliche Grundlage dieser Seinsweise im All,die wir Mensch nennen? Der Geist, die mensch-liche Seele, unser Sich-selbst-bewußt-Sein, dieFähigkeit, zu verallgemeinern und in Begriffenzu denken, die Welt als Welt zu begreifen (undnicht nur als etwas, was uns umgibt) undschließlich unsere Fähigkeit, zu wissen, daß wirsterben, und trotzdem zu leben - ist dies allesnicht mittelbar oder unmittelbar auch durch dasWort geschaffen?

Wenn das Wort Gottes der Quell all seinerSchöpfung ist, dann ist der Teil dieser Schöp-fung, den das Menschengeschlecht darstellt, erselbst nur aufgrund eines anderen WundersGottes, nämlich des Wunders des menschlichenWortes. Und wenn dieses Wunder der Schlüsselzur Geschichte des Menschen ist, dann ist eszugleich auch der Schlüssel zur Geschichte derGesellschaft, ja, vielleicht ist es das erste nur,weil es das zweite ist; wäre nämlich das Wortnicht eine Art der Kommunikation zwischenzwei oder mehreren menschlichen »Ich«, dannwäre es wohl überhaupt nicht.

Das alles wissen wir eigentlich irgendwieschon immer oder ahnen es zumindest; das Ge-fühl der besonderen Bedeutung und des beson-deren Gewichtes des Wortes ist offenbar seitjeher im Bewußtsein der Menschheit gegenwär-tig.

Doch das ist nicht alles: Aufgrund desWunders des Wortes wissen wir wohl besser alsandere Lebewesen, daß wir in Wirklichkeit sehrwenig wissen, daß es ein Geheimnis gibt - undindem wir zugleich die für uns fast konstituie-rende Macht des Wortes spüren, versuchen wirseit Menschengedenken das anzusprechen, was

uns durch dieses Geheimnis verhüllt ist, unddieses durch unser Wort zu beeinflussen. AlsGläubige beten wir zu Gott, als Magier berufenoder verfluchen wir die Geister und versuchenso, mit unserem Wort in die natürlichen odermenschlichen Geschehnisse einzugreifen, alsAngehörige der neuzeitlichen Zivilisation - obnun gläubig oder nicht - setzen wir unsere Wortezu wissenschaftlichen Theorien und politischenIdeologien zusammen, mit denen wir - hier mitund dort ohne Erfolg - dem geheimnisvollenLauf der Welt entgegentreten, mit denen wir -hier mit und dort ohne Erfolg - diesen Laufbeeinflussen.

Das heißt: Ob wir uns das nun bewußtma-chen oder nicht, wie immer wir uns das aucherklären, eines scheint offensichtlich zu sein: Andie weltbewegende Macht des Wortes glaubenwir seit jeher - und in gewissem Sinne mitRecht.

Warum sage ich »mit Recht«?Ist denn wirklich das menschliche Wort so

mächtig, daß es die Welt ändern und die Ge-schichte beeinflussen kann? Und wenn es je somächtig war, gilt das auch noch heute?

Sie leben in einem Land, in dem es einegroße Freiheit des Wortes gibt. Diese Freiheitkann jeder zu allem möglichen nutzen, ohne daßdie übrigen das unausweichlich beachten odersich gar damit befassen müßten. Es mag Ihnendaher scheinen, daß ich die Bedeutung desWortes einfach deshalb überschätze, weil ich ineinem Land lebe, wo für das Wort immer nochins Gefängnis geworfen wird.

Ja, ich lebe in einem Land, wo das Gewichtund die radioaktive Strahlung des Wortes tag-täglich von den Sanktionen bestätigt werden, diedas freie Wort auf sich zieht. Kürzlich hat sichdie ganze Welt das 200jährige Jubiläum derGroßen Französischen Revolution in Erinnerunggerufen, und damit mußten wir uns auch an dieberühmte Erklärung der Menschen- und Bürger-rechte erinnern, eine Erklärung, in der gesagtwird, daß jeder Bürger das Recht hat, eine Druk-kerei zu besitzen. In denselben Tagen, also 200Jahre nach dieser Deklaration, wurde meinFreund Frantisek Stárek zu zweieinhalb JahrenGefängnis verurteilt, weil er die unabhängigeKulturzeitschrift »Vokno« herausgegeben hat -aber nicht etwa in einer privaten Druckerei, son-dern auf einem quietschenden, vorsintflutlichenVervielfältigungsapparat! Kurz vorher war meinFreund Ivan Jirous zu 16 Monaten Gefängnis

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verurteilt worden, weil er auf einer Schreib-maschine nur das herausgeschrien hatte, wasjeder weiß: daß es in unserem Land viele Ju-stizmorde gegeben hat und daß auch heute einunrechtmäßig ins Gefängnis geworfener Menschim Gefängnis zu Tode gequält werden kann.Mein Freund Petr Cibulka ist im Gefängnis, weiler im Samizdat herausgegebene Texte undAufnahmen von non-konformistischen Sängernund Musikgruppen verbreitet hat. Ja, das alles istWahrheit. Ich lebe wirklich in einem Land, indem ein Schriftstellerkongreß oder eine dortgehaltene Rede das System erschüttern kann.Können Sie sich etwas Ähnliches in derBundesrepublik Deutschland vorstellen? Ja, ichlebe in einem Land, das vor 21 Jahren erschüttertwurde von einem Text meines Freundes LudvíkVaculík, der - als ob er meine Ausführungenüber die Macht des Wortes bestätigen wollte -»Zweitausend Worte« hieß; dieser Text dienteunter anderem als einer der Gründe für dennächtlichen Überfall unseres Landes durch fünfausländische Armeen. Und es ist überhaupt keinZufall, daß in dem Augenblick, in dem ich die-ses hier schreibe, das hiesige Regime erschüttertwird von einer Seite Text - wiederum wie eineIllustration dessen, was ich hier sage - unter derÜberschrift »Einige Sätze«. Ja, ich lebe wirklichin einem System, wo das Wort alle Machtap-parate erschüttern kann, wo das Wort stärkersein kann als zehn Divisionen, wo das wahrhaf-tige Wort Solschenizyns als etwas so Gefährli-ches empfunden wurde, daß es notwendig war,seinen Autor mit Gewalt in ein Flugzeug zusetzen und auszufliegen. Ja, ich lebe dort, wo dasWort Solidarität imstande war, einen ganzenMachtblock zu erschüttern.

Das alles ist wahr, es ist darüber schon vielgeschrieben worden, und an dieser Stelle hatmein großer Vorgänger Lew Kopelew schondarüber gesprochen.

Mir allerdings geht es ein wenig um etwasanderes. Ich will nicht nur von dem unglaubli-chen Gewicht sprechen, welches das freie Wortin totalitären Verhältnissen gewinnt, ich will diegeheime Macht des Wortes nicht nur dadurchillustrieren, daß es Länder gibt, in denen einigeWorte mehr wiegen können als ein ganzer Zugvoll Dynamit.

Ich möchte allgemeiner sprechen und meinThema in seinen weiteren und widersprüchliche-ren Zusammenhängen betrachten.

Wir leben in einer Welt, in der es möglich

ist, daß ein Mächtiger aus einem ganz anderenLand auf einen Bürger Großbritanniens öffent-lich und schamlos den Todespfeil richtet, nurweil der Betreffende ein bestimmtes Buch ge-schrieben hat. Der mächtige Mann tat dies an-geblich im Namen von Milliarden seiner Mit-gläubigen. Doch nicht nur das: In dieser Welt istes möglich, daß ein gewisser - hoffen wir, nurein kleiner - Teil dieser Milliarden sich mit demerlassenen Urteil identifiziert.

Was ist das? Was bedeutet das? Ist das nurein frostiger Hauch von Fanatismus, der seltsamauflebt zu Zeiten von Helsinki-Konferenzen,seltsam belebt von den ziemlich niederschmet-ternden Folgen der ziemlich niederschmettern-den Expansion des Europäertums in Welten, diedie Einfuhr einer fremden Zivilisation ursprüng-lich gar nicht wollten und denen schließlichdiese zweideutige Einfuhr Hunderte von Milliar-den und niemals zurückzuzahlende Schuldenverursachte?Sicher, es ist dies alles, selbstverständlich.Doch es ist auch mehr: Es ist ein Symbol.Ein Symbol der rätselhaften Vieldeutigkeit, diejene große Macht des Wortes hat.

Ja. die Macht des Wortes ist nicht eindeutigund durchsichtig. Es ist nicht nur die befreiendeMacht des Wortes von Walesa oder die war-nende Macht des Wortes von Sacharow, es istnicht nur die Macht des - offenbar unsinnig aus-gelegten - Buches von Rushdie.

Neben dem Wort Rushdies gibt es hiernämlich auch die Macht des Wortes Chomeinis.Neben dem Wort, das die Gesellschaft durchseine Freiheit und Wahrhaftigkeit elektrisiert,gibt es auch das hypnotisierende, trügerische,fanatisierende, rasende, betrügende, gefährliche,todbringende Wort. Das Wort - ein Pfeil.

Ich glaube, daß ich gerade Ihnen nicht aus-führlich die schwarze Magie des Wortes erläu-tern muß, weil Sie am eigenen Leib vor verhält-nismäßig kurzer Zeit erlebt haben, zu welchenunaussprechlichen geschichtlichen Schreckenunter einer bestimmten politischen und sozialenKonstellation das hypnotisch-verzaubernde undzugleich unwirklichwahnsinnige Wort einesdurchschnittlichen Kleinbürgers führen kann. Ichbegreife zwar nicht, womit er einen Teil IhrerVäter und Mütter in Bann schlagen konnte, dochzugleich begreife ich, daß es etwas sehr Sugge-stives und sehr Hinterhältiges sein mußte, wennes fähig war, sei es auch nur für eine kurze Zeit,auch jenen großen Geist in Bann zu schlagen,

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der den Worten »Sein«, »Da-Sein« und »Exi-stenz« einen so neuen und durchdringenden Sinngab.

Was ich sagen will: Das Wort ist eine ge-heimnisvolle, vieldeutige, ambivalente, verräte-rische Erscheinung. Es kann ein Lichtstrahl imReich der Finsternis sein, wie einst Belinskij das»Gewitter« von Ostrowskij genannt hat, doch eskann auch ein todbringender Pfeil sein. Und wasdas schlimmste ist: Es kann eine Weile dies undeine Weile jenes sein, es kann sogar beidesgleichzeitig sein!

Wie eigentlich war das Wort Lenins? Be-freiend oder im Gegenteil trügerisch, gefährlichund schließlich versklavend? Diejenigen, diesich für die Geschichte des Kommunismusinteressieren, streiten bis heute leidenschaftlichdarum und werden dies offenbar noch lange tun.Persönlich ist mir an seinem Wort hauptsächlichaufgefallen, daß es immerzu wütend war.

Wie eigentlich war das Wort Marx'? Hat esLicht auf eine ganze verborgene Ebene gesell-schaftlicher Mechanismen geworfen, oder war esnur der Urkeim aller späteren, schrecklichenGulags? Ich weiß es nicht, am ehesten wohlbeides zugleich.

Und was ist mit dem Wort Freuds? Hat esden geheimen Kosmos der menschlichen Seeleoffengelegt, oder war es nur der Keim der Illu-sion, mit der sich heute die Hälfte der Vereinig-ten Staaten von Amerika betäubt, daß man näm-lich das, was einen quält, und seine Schuld los-werden kann, indem man deren Last in die Inter-pretation eines gut bezahlten Fachmanns legt?

Doch ich würde noch weiter gehen undnoch provokativer fragen: Wie war eigentlichdas Wort Christi? War es der Anfang der Ge-schichte der Erlösung und einer der machtvoll-sten kulturschaffenden Impulse in der Weltge-schichte - oder war es der geistige Urkeim derKreuzzüge, Inquisitionen, der Ausrottung deramerikanischen Kulturen und schließlich dergesamten widersprüchlichen Expansion der wei-ßen Rasse, die so viele Tragödien verursacht hat,einschließlich der, daß heute der größte Teil dermenschlichen Welt in die traurige Kategorieeiner angeblich erst Dritten Welt fällt? Ichmöchte immer glauben, daß es wohl eher daserste ist, doch kann ich nicht zugleich die Bü-cherstöße ignorieren, die beweisen, daß auch indem reinsten Frühchristentum schon unbewußtetwas kodiert war, was auf dem Hintergrund vonTausenden von anderen Umständen, ein-

schließlich der relativen Dauerhaftigkeit desmenschlichen Charakters, in bestimmter Weisegeistig den Raum für jene Schrecken öffnenkonnte, von denen ich gesprochen habe.

Worte haben auch ihre Geschichte: Es gabzum Beispiel Zeiten, in denen das Wort Sozia-lismus für ganze Generationen Erniedrigter undUnterdrückter ein magnetisches Synonym füreine gerechtere Welt war, und als für die Ideale,die mit diesem Wort ausgedrückt werden, Men-schen fähig waren, lange Jahre ihres Lebens zuopfern und vielleicht gar das Leben selbst. Ichweiß nicht, wie es sich in Ihrem Land verhält,doch in meiner Heimat ist aus demselben Wort -also aus dem Wort Sozialismus - schon längstein ganz gewöhnlicher Gummiknüppel gewor-den, mit dem irgendwelche reich gewordenenund an nichts glaubenden Bürokraten alle ihrefrei denkenden Mitbürger in den Rücken schla-gen, wobei sie sie »Feinde des Sozialismus« und»antisozialistische Kräfte« nennen. Wirklich: Inmeinem Land ist dieses Wort schon längst einegottlose Beschwörung, der man am besten aus-weicht, will man nicht verdächtig werden. Ichwar kürzlich auf einer ganz spontanen und vonkeinerlei Dissidenten organisierten Demonstra-tion, auf der gegen den Ausverkauf der schön-sten Teile Prags an irgendwelche australischenMillionäre protestiert wurde. Und als da einRedner, der stürmisch gegen dieses Projekt auf-trat, seinen Appell an die Regierung durch dieBetonung dessen stärken wollte, daß er für dieRettung seiner Heimat im Namen des Sozialis-mus kämpft, begann die versammelte Menge zulachen. Nicht, weil sie gegen eine sozial gerechteGesellschaftsordnung gewesen wäre. Sonderneinfach, weil sie ein Wort hörte, welches überlange Jahre hinweg und in allen möglichen undunmöglichen Zusammenhängen von einem Re-gime beschworen wurde, das nur imstande ist,die Menschen zu manipulieren und zu erniedri-gen.

Seltsame Schicksale können Worte haben!Dieselbe Art frei denkender und tapferer Men-schen kann einmal in den Kerker geworfen wer-den, weil irgendein Wort etwas für sie bedeutet,und zum zweiten, weil für sie dasselbe Wortnichts mehr bedeutet, denn vom Symbol für einebessere Welt hat es sich zur sprachlichen Be-schwörungsformel eines dümmlichen Diktatorsgewandelt.

Kein Wort - zumindest in dem ein wenigmetaphorischen Sinn, in welchem ich das Wort

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»Wort« hier verwende - enthält nur das, was ihmdas etymologische Wörterbuch zuschreibt. JedesWort enthält auch die Person, die es ausspricht,die Situation, in der sie es ausspricht, und denGrund, warum sie es ausspricht. Dasselbe Wortkann einmal große Hoffnung ausstrahlen, einanderes Mal nur Todesstrahlen aussenden.Dasselbe Wort kann einmal wahrhaftig und einanderes Mal lügnerisch sein, einmal faszinierendund ein anderes Mal trügerisch, einmal kann esherrliche Perspektiven eröffnen und ein anderesMal nur Gleise verlegen, die in ganze Archipelevon Konzentrationslagern führen.

Dasselbe Wort kann einmal ein Baustein desFriedens sein, und ein anderes Mal kann jedereinzelne seiner Laute vom Echo der Maschinen-gewehre dröhnen.

Gorbatschow will den Sozialismus durchdie Einführung des Marktes und des freienWortes retten, Li Peng rettet den Sozialismusdurch Massaker an Studenten und Ceausescu,indem er seine Nation mit Bulldozern einebnet.Was bedeutet das Wort eigentlich im Munde deseinen und im Munde der anderen beiden? Wasist das für ein mysteriöses Ding, das hier auf sounterschiedliche Weise gerettet werden soll?

Ich habe die Französische Revolution er-wähnt und die schöne Deklaration, die sie be-gleitete. Diese Deklaration hat ein Herr unter-schrieben, der einer der ersten war, die im Na-men dieses herrlichen, humanen Textes hinge-richtet wurden. Und nach ihm waren es nochHunderte, vielleicht Tausende. Freiheit, Gleich-heit, Brüderlichkeit - welch herrliche Worte!Und wie fürchterlich kann das sein, was sie be-deuten: die Freiheit des aufgeknöpften Hemdesvor der Hinrichtung, die Gleichheit in der Ge-schwindigkeit, mit der die Guillotine auf denNacken herunterfällt, Brüderlichkeit in einemverdächtigen Himmel, in dem das Höchste We-sen herrscht!

In der ganzen Welt ertönt heute das herrlichhoffnungsvolle Wort »Perestrojka«. Wir alleglauben, daß sich hinter diesem Wort eine Hoff-nung für Europa und die ganze Welt verbirgt.

Und doch - ich gebe es zu - zittere ich hinund wieder vor Angst, dieses Wort könnte wie-der nur eine neue Beschwörungsformel werden,es könnte sich schließlich wieder in den Gum-miknüppel verwandeln, mit dem uns jemandschlägt. Ich denke jetzt nicht an meine Heimat,in der das Wort im Munde der Herrscher etwadie Bedeutung hat wie das Wort »unser Mon-

arch« im Munde von Josef Schwejk. Ich denkean etwas anderes: nämlich daran, daß auch jenertapfere Mann, der heute im Kreml sitzt, hin undwieder - und vielleicht nur aus Verzweiflung -die streikenden Arbeiter oder die sich aufbäu-menden Nationen oder nationalen Minderheitenoder allzu ungewöhnliche Ansichten von Min-derheiten beschuldigt, sie bedrohten die Pere-strojka. Ich verstehe ihn, diese gigantische Auf-gabe zu erfüllen, die er sich vorgenommen hat.ist unermeßlich schwer, alles hängt am seidenenFaden, und fast alles kann eben diesen Fadenzum Reißen bringen, und alle werden wir dannin den Abgrund stürzen. Und trotzdem sage ichmir: Sind nicht in diesem »neuen Denken« be-denkliche Relikte des alten Denkens enthalten?Erklingt hier nicht das Echo uralter gedanklicherStereotypen und sprachlicher Machtrituale? Be-ginnt nicht das Wort Perestrojka, hier und dadem Wort Sozialismus zu ähneln, vor allem,wenn es hin und wieder demselben Menschenum den Kopf geschlagen wird, der so lange undso ungerecht mit dem Wort Sozialismus ge-schlagen worden ist?

Ihr Land hat einen großen Beitrag zur mo-dernen europäischen Geschichte geleistet: dieerste Welle der Entspannung durch seine be-kannte Ostpolitik.

Doch auch dieses Wort konnte so manchesMal ganz schön doppeldeutig sein. Es bedeuteteselbstverständlich den ersten Hoffnungsschim-mer für ein Europa ohne Kalten Krieg und Ei-sernen Vorhang; zugleich aber - leider - bedeu-tete es nicht nur einmal auch den Verzicht aufFreiheit und damit auf eine grundlegende Vor-aussetzung jedes wirklichen Friedens: Ich erin-nere mich immer noch, wie zu Beginn der 70erJahre einige meiner westdeutschen Freunde undKollegen mir auswichen aus Furcht, daß siedurch einen wie auch immer gearteten Kontaktzu mir, den die hiesige Regierung nicht geradeliebte, eben diese Regierung überflüssigerweiseprovozieren und damit die zerbrechlichen Fun-damente der aufkeimenden Entspannung bedro-hen könnten. Ich spreche darüber natürlich nichtwegen meiner Person als solcher, und schonüberhaupt nicht, weil ich mir etwa leid täte. Ha-ben doch schon damals eher sie mir leid getan,denn nicht ich war es, sondern sie, die freiwilligauf ihre Freiheit verzichteten. Ich erwähne das,um von einer anderen Seite zu beleuchten, wieleicht eine gut gemeinte Sache sich verwandelnkann in den Verrat der eigenen guten Absicht -

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und das wiederum nur durch das Wort, dessenSinn offensichtlich nicht sorgfältig genug ge-hütet wurde. So etwas kann sehr leicht gesche-hen, man achtet kaum darauf, es geschieht un-auffällig, leise, verstohlen - und wenn man esdann schließlich feststellt, bleibt nur eines: späteVerwunderung.

Aber das ist gerade jene teuflische Art, aufdie uns die Worte zu verraten imstande sind,wenn wir bei ihrem Gebrauch nicht immerzusehr umsichtig sind. Und häufig kann - leider -auch nur ein geringer und augenblicklicherVerlust der Umsicht tragische und nicht wieder-gutzumachende Folgen haben. Folgen, die dieimmaterielle Welt der bloßen Worte bei weitemüberschreiten und in eine schon verteufelt mate-rielle Welt eintreten.

Ich komme endlich zum schönen Wort Frie-den. 40 Jahre lang lese ich es in unserem Landauf jedem Dach und in jedem Schaufenster. 40Jahre lang bin ich so, wie alle meine Mitbürger,zur Allergie gegen jenes schöne Wort erzogenworden, weil ich weiß, was 40 Jahre bedeuten:mächtige und immer mächtigere Armeen alsangebliche Garanten des Friedens.

Trotz dieses langen Prozesses der systemati-schen Entleerung des Wortes Frieden; ja, mehrnoch als dies: Es wurde ihm die genau entge-gengesetzte Bedeutung gegeben, als es sie lautWörterbuch hat: trotz alldem gelang es ein paarDon Quijotes aus der Charta 77 und einigenihrer jüngeren Kollegen aus der UnabhängigenFriedensgemeinschaft, dieses Wort zu rehabili-tieren und ihm seinen ursprünglichen Sinn zu-rückzugeben. Sie mußten allerdings für diesesemantische »Perestrojka« - nämlich das WortFrieden vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen- bezahlen: Fast alle jungen Anführer der Unab-hängigen Friedensgemeinschaft mußten ein paarMonate dafür absitzen. Doch hatte dies Sinn: Einwichtiges Wort ist vor seiner totalen Entwertunggerettet worden. Und das ist, wie ich hier ständigzu erklären versuche, durchaus nicht nur diebloße Rettung eines Wortes. Es ist die Rettungvon etwas weit Wichtigerem.

Alles wichtige Geschehen der realen Welt -das schöne und das scheußliche - hat nämlichimmer sein Vorspiel in der Sphäre der Worte.

Wie ich schon gesagt habe, ist es heute nichtmeine Absicht, Ihnen die Erfahrung eines Men-schen zu vermitteln, der erkannt hat, daß dasWort immer noch Gewicht hat, wenn man dafürauch mit dem Gefängnis bezahlen muß. Meine

Absicht war, eine andere Erfahrung zu beken-nen, die wir in diesem Teil der Welt mit demGewicht des Wortes gemacht haben und die -davon bin ich fest überzeugt - universelle Gül-tigkeit hat: nämlich die Erfahrung, daß es sichimmer auszahlt, den Worten gegenüber miß-trauisch zu sein und gut auf sie achtzugeben, unddaß die Vorsicht hier nicht groß genug seinkann.

Durch Mißtrauen gegenüber den Wortenkann entschieden weniger verdorben werden alsdurch übertriebenes Vertrauen in sie.

Übrigens, ist nicht genau das - Mißtrauengegenüber den Worten und der Nachweis desSchrecklichen, das in ihnen unauffällig schlum-mern kann - die eigentliche Sendung des Intel-lektuellen? Ich erinnere mich, daß AndréGlucksmann, mein geschätzter Vorredner, inPrag einmal davon gesprochen hat, der Intellek-tuelle solle wie Kassandra sein, denn seine Auf-gabe sei es, gut die Worte der Mächtigen zuhören, sie zu bewachen, vor ihnen zu warnenund vorherzusagen, was sie Böses bedeuten odermit sich bringen könnten.

Betrachten wir noch eines: Jahrhundertelanghatten wir - Sie und wir - das heißt Deutsche undTschechen - vielfältige Schwierigkeiten mit un-serem Zusammenleben in Mitteleuropa. Für Siekann ich nicht sprechen, doch ich glaube, daßich für uns verantwortlich sagen kann, daß sichdie uralten und über Jahrhunderte hinweg aufverschiedenste Weise genährten nationalenAnimositäten, Vorurteile und Leidenschaften beiuns, den Tschechen, in den letzten Jahrzehntenverflüchtigt haben. Und es ist überhaupt keinZufall, daß das in einer Zeit geschah, in der wirunter einem totalitären Regime litten. Dies hat inuns nämlich ein so tiefes Mißtrauen gegenüberallen Verallgemeinerungen, ideologischenFloskeln, Phrasen, Losungen, gedanklichenStereotypen und sich anbiedernden Appellen andiese oder jene Schicht unserer Emotionen, vonden niedrigsten bis zu den höchsten,herausgebildet, daß wir heute zumeist schonimmun sind gegenüber jeglichem hypnotisieren-dem Köder, und sei er von noch so suggestiverGestalt, wie etwa traditionell der nationale odernationalistische Appell. Unter der erstickendenDecke von Tausenden von leeren Worten, unterder wir so lange leben müssen, hat sich in unsein so starkes Mißtrauen gegenüber der Welt dertrügerischen Worte herausgebildet, daß wirheute fähig sind, besser als früher die mensch-

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liche Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist:nämlich als die komplizierte Gemeinschaft Tau-sender und Millionen von unwiederholbarenmenschlichen Einzelwesen, die neben Hundertenvon schönen Eigenschaften auch Hunderte vonFehlern und schlechten Neigungen haben, diesich jedoch nie mit dem Bügeleisen hohler Phra-sen und entwerteter Worte - wie zum BeispielKlassen, Nationen oder politische Kräfte - zueiner einzigen homogenen Masse einebnen las-sen und die so en bloc zu loben oder zu verur-teilen sind, zu lieben oder zu hassen, zu ver-leumden oder zu feiern.

Das ist nur ein kleines Beispiel, wozu dasMißtrauen gegenüber den Worten gut ist. EinBeispiel, mit Rücksicht auf die Gelegenheit ge-wählt, zu der es verwendet wird, nämlich aufden Augenblick, zu dem ein Tscheche die Ehrehat, zu einem überwiegend deutschen Publikumzu sprechen.

Am Anfang ist das Wort. - Das ist ein Wun-der, dem wir zu verdanken haben, daß wir Men-schen sind. - Doch zugleich ist es ein Hinterhalt,eine Prüfung, eine List und ein Test. - Größervielleicht, als es Ihnen scheinen mag, die Sieunter den Bedingungen einer großen Freiheit desWortes leben, also in Verhältnissen, in denen esscheinbar so sehr auf die Worte nicht ankommt.

Es kommt auf sie an.Es kommt überall auf sie an.Dasselbe Wort kann einmal demütig und ein

anderes Mal hochmütig sein. Und außerordent-lich leicht und sehr unauffällig kann sich eindemütiges Wort in ein hochmütiges verwandeln,während nur sehr schwer und langwierig sich einhochmütiges Wort in ein demütiges wandelt. Ichhabe versucht, das am Schicksal des WortesFrieden in meinem Land zu zeigen.

Diese Welt und vor allen Dingen Europa be-findet sich gegen Ende des zweiten Jahrtausendsnach Christi an einer besonderen Kreuzung:Lange gab es nicht so viele Gründe für die Hoff-nung, daß alles gut ausgeht, und niemals gab eszugleich so viele Gründe für die Befürchtung,daß, wenn alles schlecht ausgehen sollte, dies dieendgültige Katastrophe sei. Es ist nicht schwer,zu belegen, daß alle Hauptbedrohungen, denendie Welt heute entgegentreten muß, vom Atom-

krieg über die ökologische Katastrophe bis zursozial-zivilisatorischen Katastrophe (damitmeine ich den sich vertiefenden Abgrund zwi-schen reichen und armen einzelnen und Natio-nen), irgendwo in ihrem Inneren eine gemein-same Ursache verborgen halten: die unauffälligeWandlung des ursprünglich demütigen Wortes inein hochmütiges.

Hochmütig begann der Mensch zu glauben,er als Höhepunkt und Herr der Schöpfung ver-stehe die Natur vollständig und könne mit ihrmachen, was er wolle.

Hochmütig begann er zu glauben, als Besit-zer von Verstand sei er fähig, vollständig seineeigene Geschichte zu verstehen und sodann allenein glückliches Leben zu planen, und dies gebeihm sogar das Recht, jeden, dem die Pläne nichtgefallen, aus dem Weg zu wischen im Interesseeiner angeblich besseren Zukunft aller, zu der erden einzigen und richtigen Schlüssel gefundenhabe.

Hochmütig begann er von sich zu glauben,wenn er den Atomkern zertrümmern könne, seier schon so vollkommen, daß ihm weder dieGefahr der atomaren Wettrüstung noch gar desAtomkriegs drohe.

In all diesen Fallen hat er schicksalhaft ge-irrt. Das ist schlimm. Aber in all diesen Fällenbeginnt er schon, seinen Fehler zu begreifen.Und das ist gut.

Von alldem belehrt, sollten wir alle und ge-meinsam gegen die hochmütigen Worte kämpfenund aufmerksam nach den Kuckuckseiern desHochmuts in scheinbar demütigen Worten for-schen. Das ist ganz offenbar durchaus nicht nureine linguistische Aufgabe. Als Aufruf zur Ver-antwortung für das Wort und gegenüber demWort ist dies eine wesenhaft sittliche Aufgabe.

Als eine solche ist sie allerdings nicht vordem Horizont der von uns zu überblickendenWelt verankert, sondern erst irgendwo dort, wojenes Wort sich aufhält, das am Anfang war unddas nicht das Wort des Menschen ist.

Ich werde nicht erklären, warum dem so ist.Weit besser nämlich, als ich dazu imstande wäre,hat das schon Ihr großer Vorfahre ImmanuelKant getan.

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