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Der Pathologe Schwerpunkt: Leberpathologie Pathologe 2020 · 41:444–456 https://doi.org/10.1007/s00292-020-00807-7 Online publiziert: 4. August 2020 © Der/die Autor(en) 2020 Schwerpunktherausgeber H. Baba, Essen T. Longerich, Heidelberg Hans-Peter Fischer 1 · Diane Goltz 2 1 Institut für Pathologie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland 2 Pathologie Koblenz, Koblenz, Deutschland Autoimmune Lebererkrankungen Hintergrund Die Indikation zur Leberbiopsie bei ent- zündlichen Lebererkrankungen hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich ge- wandelt. Serologische Untersuchungen erlauben es, Hepatitiden durch hepato- trope Viren zu diagnostizieren und im Verlauf zu verfolgen. Die bioptische Di- agnostik ist in diesem Zusammenhang nur in Ausnahmefällen erforderlich. Ultraschall und Magnetresonanztomo- grafie zeigen den entzündlich bedingten Leberumbau auf. Nichtinvasive Mes- sung der Steifigkeit/Elastizität der Leber erlauben Aussagen zum Ausmaß der Fibrose. Die bildgebenden Verfahren, ggf. ergänzt durch ERCP, erlauben es darüber hinaus, die Beschaffenheit der Gallengänge zu beurteilen. Sie sind damit auch wesentlicher Bestandteil zur Dia- gnose entzündlicher Cholangiopathien, insbesondere extrahepatischer Manifes- tationen der primären sklerosierenden Cholangitis (PSC) [8, 25, 37]. Kennzeich- nende serologische Autoantikörper in Verbindung mit cholestatischem Leber- enzymmuster begründen die Diagnose der primären biliären Cholangitis (PBC) ohne Notwendigkeit einer bioptischen Verifizierung [18, 37]. Tab. 1 Gegenüberstellung der 3 Haupttypen der Autoimmunhepatitis. (Nach Washington und Manns [43]) Typ Autoantikörper Alter zum Beginn (Jahre) Kommentar 1 ANA und/oder SMA Bimodal; mit Peaks 10–25 und 45–70 Nahezu 90 %, gutes Ansprechen auf Therapie 2 LKM-1, LKM-2, LC-1; ANA und SMA negativ <15 Etwa 10 %, Schwere Aktivität, nicht selten ungenügendes Ansprechen auf Therapie, häufig Relapse nach Therapie 3 SLA/LP Um 40 Selten, klinisch wie Typ 1 ANA antinukleäre Antikörper, SMA glattmuskuläre Antikörper, LKM Liver-Kidney-Mikrosomen-Antikörper, LC-1 leberzytosolischer Antikörper Typ 1, SLA/LP lösliches Leberantigen/Leber-Pankreas Antikörper Mit Ausnahme der Autoimmunhepa- titis (AIH) steht die Leberbiopsie erst an späterer Stelle der hepatologischen Stu- fendiagnostik oder wird durch genannte Verfahren ersetzt [17, 37]. Hieraus folgt, dass insbesondere untypische Verläufe einer Hepatitis und entzündliche Le- bererkrankungen unklarer Ursache der histologischen Klärung zugeführt wer- den. Die abnehmende Erfahrung mit „typischen“ histopathologischen Krank- heitsbefunden steht dem gegenüber. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, ist folgende Übersicht der leberbiopti- schen Diagnostik primärer autoimmun- entzündlicher Lebererkrankungen ein- schließlich der Overlapsyndrome und Leberentzündungen mit autoimmuno- logischem Hintergrund gewidmet. Zu letzteren zählen hepatitische Unverträg- lichkeitsreaktionen mit Autoimmunphä- nomenen und Leberbegleitentzündun- gen bei extrahepatischen Autoimmun- erkrankungen. Autoimmunhepatitis Die Autoimmunhepatitis ist eine chroni- sche immunologisch begründete, nicht selbst heilende Leberentzündung un- klarer Ätiologie. Sie beruht auf einer aberrierenden Autoreaktivität bei ge- netisch bedingt hierfür empfänglichen Patienten und spricht in den meisten Fällen auf eine immunsuppressive e- rapie an. Die Inzidenz der AIH beträgt in Europa ca. 1–2/100.000 Fälle pro Jahr [37], die Prävalenz ca. 10–30/100.000 [17, 37]. Die Erkrankung beginnt schlei- chend oder unter dem Bild einer akuten Hepatitis (. Abb. 1) mit einer Vielzahl möglicher Begleitsymptome. Selten sind sehr rasche, binnen weniger Wochen zur Leberdystrophie führende Verläufe. Unter den Leberenzymen führen die eine hepatozelluläre Schädigung anzei- genden Enzyme GOT bzw. AST und GPT bzw. ALT gegenüber GGT und AP. Entsprechend den begleitenden Autoan- tikörpern und der Altersverteilung las- sen sich 3 Typen der AIH unterscheiden ([43]; . Tab. 1). Ungewöhnliche Auto- antikörperbefunde sind möglich, so in etwa 10% der Fälle antimitochondriale Antikörper ohne weitere klinische Hin- weise auf eine PBC ([17, 37]; . Abb. 2) oder bislang verdeckte PBC. Die 3 essenziellen Bausteine der Dia- gnose einer AIH sind über einem Grenz- wert liegende Spiegel der Immunglobu- line vom Typ IgG, Autoantikörper im Serum sowie der histopathologische Be- fund. Auszuschließen ist eine virale He- patitis. 444 Der Pathologe 5 · 2020

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Der Pathologe

Schwerpunkt: Leberpathologie

Pathologe 2020 · 41:444–456https://doi.org/10.1007/s00292-020-00807-7Online publiziert: 4. August 2020© Der/die Autor(en) 2020

SchwerpunktherausgeberH. Baba, EssenT. Longerich, Heidelberg

Hans-Peter Fischer1 · Diane Goltz2

1 Institut für Pathologie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland2 Pathologie Koblenz, Koblenz, Deutschland

Autoimmune Lebererkrankungen

Hintergrund

Die Indikation zur Leberbiopsie bei ent-zündlichen Lebererkrankungen hat sichin den letzten Jahrzehnten erheblich ge-wandelt. Serologische Untersuchungenerlauben es, Hepatitiden durch hepato-trope Viren zu diagnostizieren und imVerlauf zu verfolgen. Die bioptische Di-agnostik ist in diesem Zusammenhangnur in Ausnahmefällen erforderlich.Ultraschall und Magnetresonanztomo-grafie zeigen den entzündlich bedingtenLeberumbau auf. Nichtinvasive Mes-sung der Steifigkeit/Elastizität der Lebererlauben Aussagen zum Ausmaß derFibrose. Die bildgebenden Verfahren,ggf. ergänzt durch ERCP, erlauben esdarüber hinaus, die Beschaffenheit derGallengänge zubeurteilen. Sie sinddamitauch wesentlicher Bestandteil zur Dia-gnose entzündlicher Cholangiopathien,insbesondere extrahepatischer Manifes-tationen der primären sklerosierendenCholangitis (PSC) [8, 25, 37]. Kennzeich-nende serologische Autoantikörper inVerbindung mit cholestatischem Leber-enzymmuster begründen die Diagnoseder primären biliären Cholangitis (PBC)ohne Notwendigkeit einer bioptischenVerifizierung [18, 37].

Tab. 1 Gegenüberstellung der 3 Haupttypen der Autoimmunhepatitis. (NachWashington undManns [43])

Typ Autoantikörper Alter zumBeginn (Jahre) Kommentar

1 ANA und/oder SMA Bimodal; mit Peaks 10–25und 45–70

Nahezu 90%, gutes Ansprechen auf Therapie

2 LKM-1, LKM-2, LC-1;ANA und SMA negativ

<15 Etwa 10%,Schwere Aktivität, nicht selten ungenügendes Ansprechen auf Therapie,häufig Relapse nach Therapie

3 SLA/LP Um 40 Selten, klinischwie Typ 1

ANA antinukleäre Antikörper, SMA glattmuskuläre Antikörper, LKM Liver-Kidney-Mikrosomen-Antikörper, LC-1 leberzytosolischer Antikörper Typ 1,SLA/LP lösliches Leberantigen/Leber-Pankreas Antikörper

Mit Ausnahme der Autoimmunhepa-titis (AIH) steht die Leberbiopsie erst anspäterer Stelle der hepatologischen Stu-fendiagnostik oder wird durch genannteVerfahren ersetzt [17, 37]. Hieraus folgt,dass insbesondere untypische Verläufeeiner Hepatitis und entzündliche Le-bererkrankungen unklarer Ursache derhistologischen Klärung zugeführt wer-den. Die abnehmende Erfahrung mit„typischen“ histopathologischen Krank-heitsbefunden steht dem gegenüber. Umdiesem Phänomen entgegenzuwirken,ist folgende Übersicht der leberbiopti-schen Diagnostik primärer autoimmun-entzündlicher Lebererkrankungen ein-schließlich der Overlapsyndrome undLeberentzündungen mit autoimmuno-logischem Hintergrund gewidmet. Zuletzteren zählen hepatitische Unverträg-lichkeitsreaktionen mit Autoimmunphä-nomenen und Leberbegleitentzündun-gen bei extrahepatischen Autoimmun-erkrankungen.

Autoimmunhepatitis

Die Autoimmunhepatitis ist eine chroni-sche immunologisch begründete, nichtselbst heilende Leberentzündung un-klarer Ätiologie. Sie beruht auf eineraberrierenden Autoreaktivität bei ge-

netisch bedingt hierfür empfänglichenPatienten und spricht in den meistenFällen auf eine immunsuppressive The-rapie an. Die Inzidenz der AIH beträgtin Europa ca. 1–2/100.000 Fälle pro Jahr[37], die Prävalenz ca. 10–30/100.000[17, 37]. Die Erkrankung beginnt schlei-chend oder unter dem Bild einer akutenHepatitis (. Abb. 1) mit einer Vielzahlmöglicher Begleitsymptome. Selten sindsehr rasche, binnen weniger Wochenzur Leberdystrophie führende Verläufe.Unter den Leberenzymen führen dieeine hepatozelluläre Schädigung anzei-genden Enzyme GOT bzw. AST undGPT bzw. ALT gegenüber GGT und AP.Entsprechend den begleitenden Autoan-tikörpern und der Altersverteilung las-sen sich 3 Typen der AIH unterscheiden([43]; . Tab. 1). Ungewöhnliche Auto-antikörperbefunde sind möglich, so inetwa 10% der Fälle antimitochondrialeAntikörper ohne weitere klinische Hin-weise auf eine PBC ([17, 37]; . Abb. 2)oder bislang verdeckte PBC.

Die 3 essenziellen Bausteine der Dia-gnose einer AIH sind über einemGrenz-wert liegende Spiegel der Immunglobu-line vom Typ IgG, Autoantikörper imSerum sowie der histopathologische Be-fund. Auszuschließen ist eine virale He-patitis.

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Abb. 18AkuteinsetzendeAutoimmunhepatitismitportaler,periportalerund lobulärerEntzündung,alterativen und regeneratorischen Parenchymzellveränderungen ohne Fibrose (Klinik: Ikterus seit14 Tagen, ALT: 1484U/l, GGT 553U/l; virale Hepatitis ausgeschlossen, IgG imoberenNormbereich,SMA1: 160 als einzigerAutoantikörper). Nach3Monaten SMA1280, ANA1:320, Ansprechenauf Pred-nisolon. Nach einem Jahr Leberenzyme imNormbereich

Abb. 28 Chronische Autoimmunhepatitismit periportal dominanter plasmazellreicher „Grenzflä-chenhepatitis“ undperiportaler Fibrose. Pathologische Leberwerte seit 1 Jahr. GOT 260, GPT 280,GGT 220, AP 280, Gammaglobuline 22mg/dl, Nachweis vonAMA-M2undhochtitrig vonAntikörperngegenDoppelstrang-DNA

Histologische Befunde der AIH in Ab-hängigkeit von der klinischen Präsenta-tion und dem Verlauf:

Der seltene fulminante Verlauf führtbinnen weniger Wochen zur subakutenLeberdystrophie.

Diebeietwa25%derPatientenprimärakut einsetzende Acute-onset-AIH prä-sentiert sich unter dem histologischenBild einer akuten panacinären Hepati-tis (. Abb. 1). Zentrilobuläre Nekrosen

können hierbei im Vordergrund stehen[39] und eine medikamentös induzier-te, hepatitisartige Unverträglichkeitsre-aktion vortäuschen. Autoantikörperbe-funde und eine IgG-Erhöhung im Serumkönnen in diesem Präsentationsstadiumnochfehlen[17,37,45].SchwereRückfäl-le nach Absetzen der Immunsuppressi-on manifestieren sich u. a. als panacinäreHepatitis [37].

Bei akutem Schub einer chronischenHepatitis ist neben der aktiven Entzün-dung der chronisch entzündliche Vor-verlauf der Hepatitis in unterschiedli-chem Fibrosestadium zu erkennen. ImVordergrund steht das Bild der Inter-facehepatitis, eine auf den Grenzbereichvon Portalfeld und angrenzendem Pa-renchym konzentrierte Entzündung as-soziiertmit lymphoplasmazellulärem In-filtrat, Schwellung, Pyknosen von Hepa-tozyten (. Abb. 2 und 3). Der Plasmazell-reichtum ist typisch aber nicht obligat.Cluster aus mindestens 5 Plasmazellenin Portalfeldern und insbesondere in denLeberläppchenwurden kürzlich als mor-phologisches Unterscheidungskriteriumder AIH gegenüber einer aktiven He-patitis C herausgearbeitet [20]. GeradeindenperiportalenParenchymbereichenbilden sich Leberzellrosetten aus, bei de-nen Leberepithelien kreisförmig einenprominenten Gallecanaliculus umlagern(. Abb. 3b). Das Phänomen der Emperi-polese, der Inklusion von Entzündungs-zellen in den Zellleib von Hepatozyten,kann hinzutreten (. Abb. 3b, Inset; [6,39]). Synzytiale hepatozelluläre Riesen-zellen können eine AIH begleiten undzum Bild einer adulten Riesenzellhepati-tis führen [19, 39].

Etwa ein Drittel der Patienten habenzum Diagnosezeitpunkt eine Zirrhoseentwickelt. Hier ist der Verlauf offen-sichtlich unbemerkt, schleichend [17].

Immunhistochemisch wird das ent-zündliche Infiltrat portal periportal undlobulär von CD3- und CD8-positivenLymphozytendominiert.Unter denPlas-mazellen dominiert der Typ IgG [43].Die histologischen Befunde, insbeson-dere Interfaceaktivität, Plasmazellreich-tum und Leberzellrosetten, gehen mitgroßem Gewicht in die Scoringsystemeein (. Tab. 2). Für das Grading und Sta-ging derAIH besteht kein eigenständigesBewertungssystem. Es werden meist diefür virale Hepatitiden vorgesehenen Sys-teme angewandt [43], die EuropäischePractical Guideline [17] und die aktu-ell gültige S2k Leitlinie AutoimmuneLebererkrankungen [37] schlagen denmodifizierten Hepatitis-Aktivitätsindexnach Ishak vor (. Tab. 3 und 4; [22]). ImdeutschsprachigenRaum ist derDesmet-Score verbreitet [37].

Der Pathologe 5 · 2020 445

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Erhebliche Schwierigkeiten bereitenFälle, die nicht in das kennzeichnendeBefundrasterderAIH-Scoresystemepas-sen. Hierzu rechnen:4 panacinäre Hepatitis mit schwerem

akutem Verlauf,4 zentrilobuläre Hepatitis mit/ohne

wesentlicher portaler Entzündung imFrühstadium des Verlaufs,

4 Hepatitis mit negativem Autoan-tikörperprofil in bis zu 20% derPatienten (u. a. bei unvollständigerserologischer Abklärung),

4 chronische Hepatitis mit untypi-schem Autoantikörperprofil,

4 Overlapsyndrome und4 mutmaßliche Vorschädigung, u. a.

durch Medikamente oder andereErkrankungen, z.B. Morbus Wilson.

Eine entzündliche Einbeziehung kleinerGallengänge in das dichte portale Infil-trat muss nicht als eigenständige Chol-angitis bewertet werden [40]. Granulo-matöse oder sklerosierende Cholangitis,schwere Siderose, ausgeprägte Steatose,Kupferablagerungen sind hingegen kei-neMerkmalederAIH.SieweisenaufeineandereUrsache der Entzündung oder aufdas Bestehen einer Overlapvariante hin.

DerhistologischeBefundwird sowohlin einem ausführlichen Scoresystem [2]als auch in einemvereinfachtenScoresys-temzurDiagnosederAIH([21];. Tab.2)berücksichtigt. Als AIH-typische Befun-de werden hierbei die Interfacehepatitis,der PlasmazellreichtumundLeberzellro-setten benannt. Die Zusammensetzungder Scorepunkte verdeutlicht denBeitragder Leberbiopsie zur Diagnosesicherung[17]. Erfolgt die Leberbiopsie nach ein-geleiteter Therapie, ist der Wert der His-tologie für die Diagnose einer AIH ein-geschränkt [37]. Die Biopsie kann überdie Diagnose der AIH hinaus auch zurÜberwachung derTherapie, zur Beurtei-lung der Krankheitsprogression und zurEntscheidung über das Ende einer im-munsupprimierenden Therapie genutztwerden.

Die Standardtherapie der AIH erfolgtmit einem Regime aus Prednisolon undAzathioprin, die in 80% zur Remissi-on führt. Bei Nichtzirrhose kann Bude-nosid zur Erhaltungstherapie eingesetztwerden. Die Behandlung wird übermin-

Zusammenfassung · Abstract

Pathologe 2020 · 41:444–456 https://doi.org/10.1007/s00292-020-00807-7© Der/die Autor(en) 2020

H.-P. Fischer · D. Goltz

Autoimmune Lebererkrankungen

ZusammenfassungAutoimmune Lebererkrankungen umfassenein Spektrum idiopathischer fortschreitenderLeberentzündungen mit im Einzelfall histo-logisch kennzeichnenden Befunden. Hierzugehören bei der autoimmunen Hepatitis(AIH) das Bild einer chronischen Hepatitis mitplasmazellreicher dominierender Grenzflä-chenaktivität, Rosettierung der Hepatozytenund Emperipolese, bei der primären biliärenCholangitis (PBC) chronische, nichteitrige,destruierende Gallengangsläsionen, beider primären sklerosierenden Cholangitis(PSC) die zwiebelschalenartige periduktaleFibrose bis zur verödenden Gangsklerose.Histopathologische Schnittmengenbefundedieser Entitäten untereinander kennzeichnenVarianten der AIH bzw. Overlapsyndrome. DieDiagnose autoimmuner Lebererkrankungenberuht auf der Gesamtkonstellationklinischer,enzymserologischer, immunserologischerund bildgebender Befunde, zu denen

fakultativ oder obligat die Leberbiopsiehinzugezogen wird. Der Leberbiopsie kommteine gewichtige Rolle zu bei der Diagnoseder AIH und ihrer Varianten, der Small-Duct-PSC, der AMA-negativen PBC, derIgG4-assoziierten Entzündungen und derAbgrenzung gegenüber konkurrierendenLebererkrankungen insbesondere dermedikamentös-toxischen Leberschädigung.Damit leistet die histologisch gestützteDiagnose einen gewichtigen Beitrag zueiner differenzierten Therapie autoimmun-entzündlicher Lebererkrankungen.

SchlüsselwörterAutoimmune Hepatitis · AIH · Primäre BiliäreCholangitis · PBC · Primäre SklerosierendeCholangitis · PSC · Overlapsyndrome · IgG4-assoziierte Erkrankung · Leberbiopsie ·Histopathologische Diagnostik

Autoimmune liver diseases

AbstractAutoimmune liver diseases comprise a spec-trum of progredient idiopathic inflammatorydiseases. Typical histological features ofautoimmune hepatitis (AIH) include thepattern of chronic hepatitiswith predominantplasma cell-rich interface activity, rosettingof hepatocytes, and emperipolesis. Floridbile duct lesions are the key feature ofprimary biliary cholangitis (PBC); onion-likeperiductal fibrosis characterizes the primarysclerosing cholangitis (PSC). Variants of AIH,or overlap syndromes, show intersectinghistomorphologic findings with PBC or PSC.The diagnosis of the different autoimmuneinflammatory liver diseases is based onclinical presentation, a hepatitic or cholestaticpattern of liver enzymes, immuno-serological

findings, image analysis in PSC, and liverbiopsy as a facultative or obligatory adjunct.Liver biopsy plays amajor role in the diagnosisof AIH, small-duct PSC, AMA-negative PBC,IgG4-related diseases, overlap syndrome, andin the recognition of concurrent liver diseases,especially drug-induced liver diseases.Herewith pathologists can help clinicians findadequate therapy for different autoimmuneinflammatory liver diseases.

KeywordsAutoimmune hepatitis · AIH · Primarybiliary cholangitis · PBC · Primary sclerosingcholangitis · PSC · Overlap syndrome · IgG4-related diseases · Liver biopsy · Histologicfindings

destens 3 Jahre und über 2 Jahre nachNormalisierung der Transaminasen undImmunglobuline (biochemische Remis-sion) empfohlen. Die histologische Ent-zündungsaktivität in Form einer residu-ellenInterfacehepatitiskannüberdiebio-chemische Normalisierung hinaus fort-bestehen. Die histologische Remissionsetzt einen HAI-Wert ≤3 voraus [37].Die Leberbiopsie trägt zur Bestimmung

des Endpunktes einer Behandlung we-sentlich bei [17]. Serologisch nachweis-bareAutoantikörper, insbesondereANA,können auch bei biochemischer und his-tologischer Remission fortbestehen [11,17, 37].

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Page 4: 2 AutoimmuneLebererkrankungen · Tab.2 VereinfachtesScoresystemfürdieAutoimmunhepatitis.(NachHennesetal.[21]) Variable Cut-off Score ANAoderSMA+ ≥1:40 1 ANAoderSMA+ ≥1:80 2

Tab. 2 Vereinfachtes Scoresystem für die Autoimmunhepatitis. (NachHennes et al. [21])

Variable Cut-off Score

ANA oder SMA+ ≥1:40 1

ANA oder SMA+ ≥1:80 2

Oder LKM+ ≥1:40 2

Oder SLA/LP+ Jede Titerstufe 2

IgG oder γ-Globuline Über oberem Normalwert 1

1,1× über oberem Normalwert 2

Leberhistologie Vereinbarmit AIHa 1

Typisch für AIHb 2

Ausschluss viraler Hepatitis Nein 0

Ja 2

Wahrscheinliche AIH >/=6 Scorepunkte

Definitive AIH >/=7 Scorepunkte

AIH Autoimmunhepatitis, ANA antinukleäre Autoantikörper, SMA glattmuskuläre Autoantikörper,LKM Liver-Kidney-Mikrosomen-Autoantikörper, SLA/LP lösliches Leberantigen/Leber-Pankreas An-tikörperaVereinbar mit AIH: Bild der chromischen Hepatitis ohne die als „typisch“ charakterisierten KriterienbTypisch für AIH: Interfacehepatitis mit lymphozytärer oder lymphoplasmazellulärer Portalfeldinfil-tration übergreifend auf das Läppchenparenchym. Leberzellrosetten, Emperipolesis

Tab. 3 Modifizierter Histologischer Aktivitätsindex (mHAI). (Nach Ishak et al. [22])Interfacehepatitis 0 Keine

1 Fokal, wenige Portalfelder

2 Fokal, Mehrzahl der Portalfelder

3 Kontinuierlich um <50% der Portalfelder

4 Kontinuierlich um >50% der Portalfelder

Konfluente Nekrose 0 Keine

1 Fokal

2 Zone-3-Nekrosen, wenige

3 Zone-3-Nekrosen, zahlreiche

4 Zone-3- und einzelne portozentrale Brücken

5 Zone-3- und multiple portozentrale Brücken

6 Panazinäre/multiazinäreNekrosen

Einzelzelluntergänge 0 Keine

1 Bis 1 Herd pro Gesichtsfeld (10er-Objektiv)

2 2–4 Herde pro Gesichtsfeld (10er-Objektiv)

3 5–10 Herde pro Gesichtsfeld (10er-Objektiv)

4 >10 Herde pro Gesichtsfeld (10er-Objektiv)

Portale Entzündung 0 Keine

1 Gering, wenige oder alle Portalfelder

2 Mäßig, wenige oder alle Portalfelder

3 Mäßig ausgeprägt, alle Portalfelder

4 Ausgeprägt, alle Portalfelder

AIH in besonderem klinischemKontext

Die AIH kann in 10–18% der Fälle einerAPECED (autoimmune Polyendokrino-pathie-Candidiasis-ectodermale Dystro-phie) bzw. imRahmendes autoimmunen

polyglandulären Syndroms Typ 1 (APS-1) auftreten. Deren Grundlage sind Mu-tationen in autoimmunregulatorischenGenen [26].

Gegenüber dem Rezidiv einer AIHim Lebertransplantat ist die unabhängigvon der primären Lebererkrankung neu

Tab. 4 Staging der chronischenHepatitis.(Nach Ishak et al. [22])

Stadi-um

Histologische Merkmale

0 Keine Fibrose

1 Fibröse Verbreiterung einzelnerPortalfelder± kurze Septen

2 Fibröse Verbreiterung >50% derPortalfelder± kurze Septen

3 Fibröse Verbreiterung >50% derPortalfelder, einzelne fibröse porto-portale Brücken

4 Fibröse Verbreiterung der Portalfel-der mit ausgedehnter brückenbil-dender Fibrose (auch portozentral!)

5 Inkomplette Zirrhose mit einzelnenPseudolobuli

6 Komplette Zirrhose

auftretende AIH bzw. De-novo-AIH inLebertransplantaten abzugrenzen [17].Da sie die Spenderleber betrifft, ist sienicht strictu sensu autoimmun und kannalternativ als Post-transplant-immune-Hepatitis bezeichnet werden. Im pädi-atrischen Krankengut ist sie bei nicht-immunologischer Grunderkrankungder Primärleber und in Verbindungmit dem im Abschnitt „Autoimmunhe-patitis“ angegebenen AIH-Scoring gutdefiniert und entsprechend einer AIH zutherapieren [23]. Pathogenetisch nichtabschließend bewertet wird die Plas-mazellhepatitis der Transplantatleberim Erwachsenenkollektiv, für die aucheine alloimmune T-Zell- und antikör-permediierte plasmazellreiche Rejektiondiskutiert wird. Sorgfältiges serologi-sches AIH-Scoring und Überprüfungauf C4D-Expression sind hier für einegenauere Zuordnungnotwendig [14, 23].

Primäre biliäre Cholangitis

Die PBC (früher primäre biliäre Zirrho-se) ist eine chronische, immunologischbegründete, nicht selbst heilende, fort-schreitende Cholangitis intrahepatischerGallengänge unklarerÄtiologie. Ihr End-stadium ist eine biliäre Leberzirrhose.Zu etwa 80–90% sind Frauen betroffen,meist zwischen dem 30. und 60. Lebens-jahr [18, 37]. Selten sind Patienten jüngerals 30 Jahre – der früheste dokumentier-te Krankheitsbeginn betraf eine 15 Jahrealte Patientin nach der Menarche [12].

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Schwerpunkt: Leberpathologie

Abb. 38 Chronische Autoimmunhepatitismit plasmazellreicher Grenzflä-chenhepatitis undportozentraler Brückennekrose (a).b Leberzellrosetten,Emperipolses im Inset Abb. 48 Primäre biliäre Cholangitis (PBC) imStadium I (Klinik: GPT nahezu

normal,GGT4,5fachüberobererNormwertgrenze,Nachweis vonAMA-M2).a IsolierterBefalleinesPortalfeldes,bflorideGangläsionmitgranulomatöserKomponente

Abb. 58 PBCmit florider Gangläsionmit plasmazellreichem, aber auch neutrophil-granulozytäremInfiltrat (a).bDie Plasmazellen dominant vom IgM-Typ

Die PBC ist daher keine Erkrankung desKindesalters.Die Inzidenz inEuropa liegtbei etwa 1/100.000 per anno [18].

Unter den Leberenzymen führen dieCholestase anzeigenden LeberenzymeGGT und AP gegenüber GOT undGPT. Wichtiger serologischer Diagno-separameter ist der Nachweis antimi-tochondrialer Antikörper (AMA) vomTyp AMA-M2 [18, 37]. Das historischbenannte „M2-Antigen“ beinhaltet min-destens 5 Untereinheiten, von denendie Determinante M2a bzw. die E2-Untereinheit des Pyruvatdehydrogen-

asekomplexes (PDC-E2) bei 80% derAMA-M2 positiven PBC-Patienten alseigentliches Antigen fungiert. In den10% der AMA-negativen PBC findensich in der Hälfte der Fälle PBC-spezifi-sche ANA vom Typ Anti-sp100 mit demImmunfluoreszenzmuster der „nucleardots“ oder vom Typ Anti-gp210 mit pe-rinukleärem Immunfluoreszenzmuster[18, 30, 34, 37]. Einzelne PBC gehenausschließlich mit Autoantikörpern ge-gen Zentromere einher [37]. Im Serumkönnen die Immunglobuline vom TypIgM erhöht sein.

Histologische Befunde der PBC. DiePBC betrifft ausschließlich intrahepa-tische Gallengänge, hierunter bevor-zugt interlobuläre Gangabschnitte von40–80μmDurchmesser. Eswerden 4 Sta-dien unterschieden [35, 36, 38]:4 Stadium 1: Histologischer Schlüs-

selbefund der portal konzentriertenEntzündung ist eine chronische,nichteitrige, destruierende Cholangi-tis mit lymphoepithelialen Läsionen,Plasmazellen und gallengangsbe-zogenen Granulomen (. Abb. 4).Im Gegensatz zur IgG-dominantenPlasmazellinfiltration bei der AIHüberwiegen bei einem Teil der PBC-Fälle IgM-typische Plasmazellen[1, 24]; neutrophile Granulozytenkönnen mitbeteiligt sein (. Abb. 5).Die Entzündung betrifft punktu-ell zunächst einzelne Gallengängebzw. Portalfelder (. Abb. 4). Da-her können in frühen Stadien auchbei wegweisenden serologischenBefunden die kennzeichnenden his-tologischen Veränderungen fehlenoder bei isolierter rundzelliger Infil-tration eines einzelnen Portalfeldeserst in erforderlichen Schnittstufenhervortreten.

4 Stadium 2: Der Prozess überschreitetdie Portalfeldgrenzen mit lym-phoplasmazellulärer Infiltration(lymphozytäre Interfaceaktivität)

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Abb. 68 Primäre sklerosierende Cholangitis (PSC)mit Portalfeldsklerose umeinen septalenGallen-gangmitabgehobenerEpitheltapete (a), zwiebelschalenartigerperiduktalerFibroseunddistinktPAS-positiver Basalmembran umeiner interlobulärenGallengang (b)

Abb. 78 PrimäresklerosierendeCholangitis (PSC)mitbreiterPAS-positiverbiliärerBasalmembran(a)und obliterierender Fibrose eines ehemaligen interlobulärenGallengangs neben erhaltener Arterioleundportaler Venole (b)

oder neoduktulären Proliferaten,periduktulären Fibrosen und Cho-lestase (biliäre Interfaceaktivität).Die Cholestase geht mit fedrigerDegeneration der Hepatozyten, Mal-lory-Denk-Körpern, Ablagerungenvon kupferassoziiertem Protein oderhistochemisch nachweisbarer Kup-ferretention einher.

4 Stadium 3: Fibrose mit Septen-bildung, Gallengangsreduktion,Abnahme der Entzündung.

4 Stadium 4: Biliäre Zirrhose, Dukto-penie, Cholestase

Auch in fortgeschrittenenKrankheitssta-dien können floride entzündlich destru-ierte Gallengänge neben narbig oblite-rierten Gangresiduen und neben völligunaffektierten Gallengängen nachweis-bar sein. Dann liegen unterschiedlicheStadien der Erkrankung nebeneinandervor.

In einer neueren japanischen Eintei-lung [31] werden zur StadieneinteilungAusmaßderFibrose,desGallengangsver-lustes und der Cholestase zusammenfas-send bewertet und die entzündliche Ak-tivität bzw. das Grading hinsichtlich der

cholangitischen und der hepatitischenKomponente differenziert. Dieser Scoresoll eher die Entwicklung einer Zirrhosevorhersagen als die im vorangegangenenAbsatz dargestellte Vier-Stadien-Eintei-lung nach Scheuer [36].

Die Diagnose PBC wird gestellt beimVorliegen von mindestens 2 der 3 Krite-rien (a) chronisch erhöhte Cholestasepa-rameter über 6 Monate, (b) AMA, insbe-sondere AMA-M2 oder PBC-spezifischeANA, (c) typischeHistologie [16, 18, 37].Mit dieser Vorgabe kann in vielen Fäl-len die bioptische Abklärung vermiedenwerden. Die Kenntnis der Morphologieist erforderlich, wenn bei klinischerseitsunklarer Befundlage die Erkrankung ge-genüber anderen Cholangiopathien, z.B.medikamentös-toxisch bedingter chole-statischerHepatopathie, abgegrenzt wer-den soll. Indiziert ist die Biopsie bei kli-nischem Verdacht auf eine koexistenteAIH oder Steatohepatitis [18]. Auch dieSarkoidose der Leber kann sich unterdem Bild einer cholestatischen Leberer-krankungmanifestieren.DieSarkoidose-granulome besitzen jedoch meist keinenunmittelbaren Bezug zu Gallengängen,der cholangiopathische Effekt ist durchdie Einbeziehung derGallengänge in denVerfaserungsprozess bedingt [48].

Primäre sklerosierendeCholangitis

Die PSC ist eine mutmaßlich immun-mediierte chronischeGallenwegserkran-kung gekennzeichnet durch Entzün-dung, Fibrose und Zerstörung intra-hepatischer und/oder extrahepatischerGallengänge gefolgt vonCholestase,Gal-lengangsstrikturen, hepatischer Fibrosebis zur biliären Zirrhose [8, 25, 48].Etwa 33–88% der PSC gehen mit pAN-CA oder anderen Autoantikörpern imSerum einher [25]. Diese Autoantikör-perbefunde besitzen keine diagnostischeSpezifität. Drei Viertel aller Patientensind jünger als 50 Jahre, auch Neugebo-rene und Kinder können betroffen sein.Es dominiert das männliche Geschlechtin einer Relation von 2–3:1. Die Inzidenzbeträgt etwa 1/100.000 per anno. Von7121 Patienten wurden nach im Medi-an von 14,4 Jahren als Endpunkte eineLebertransplantation (1696 Patienten),

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Schwerpunkt: Leberpathologie

Abb. 88 Sklerosierende Cholangitismit granulozytären epithelialen Läsionen (GEL). a Portalfelderverbindende Fibrosklerose.bGEL eines interlobulärenGallenganges; keine Granulozyten in der Lich-tung. Rundzellige Infiltration und Fibrose des Portalfeldes (Klinik: 6 Jahre,m, AST 128U/l, GGT 304U/l,LKM Typ 1 [Autoantikörper gegen Leber-Nieren-Mikrosomen] 1:3200, pANCA 1:80)

Abb. 98 Langerhans-Zell-Histiozytose(LHC).aMitnahezugranulomatöserDestruktioneinesGallen-ganges in sklerosiertem Portalfeld.bCD1a-positive Langerhans-Zell-Infiltrate (19 Jahre, w, bekannteLHCmit Befall des Felsenbeines)

Tod anderErkrankungohne Lebertrans-plantation (920 Patienten) und bei 721ein Karzinom des hepatobiliären undpankreatischen Systems dokumentiert,hierunter 594 Cholangiokarzinome [44].

Die PSC wird anhand eines choles-tatischen Leberenzymmusters in Kom-bination mit typischen bildgebendenBefunden bevorzugt unter Einsatz derMRCP diagnostiziert. Die Leberbiopsieist in diesen Fällen nicht erforderlich [8,25, 37]. Die ERCP kommt zur Gewin-

nung von Gewebe- oder Zellmaterial ausden Gallengängen zum Einsatz [8].

Die Small-Duct-PSC ist als Variantedurch ein cholestatisches Leberenzym-bild, histologische Kennzeichen der PSCund unauffällige extrahepatische Gal-lengänge in bildgebenden Befundengekennzeichnet [48]. Diese ca. 4–10%betreffende Sonderform geht mit einemgünstigeren Verlauf und einem sehr vielniedrigeren Risiko eines Cholangiokar-zinoms einher [44]. Die Leberbiopsie ist

zur Diagnosestellung der Small-Duct-PSC, der Overlapsyndrome wie auchzur Klärung unklarer Cholangiopathienanderer Ursache indiziert [8, 25, 37].

HistologischeBefundederPSC.Dieprä-formierten Gallengänge sind von einerkonzentrischen zwiebelschalenartigenÖdemfibrose betroffen, die mit locke-rem lymphoplasmazellulärem Infiltratassoziiert sein kann (. Abb. 6). Diesesperibiliäre Fibrosemuster kann auchbei sekundären fibrosierenden Cholan-giopathien auftreten und ist somit nichtspezifisch für die PSC. Degenerative Epi-thelveränderungen mit Apoptosen, inkleinen Gängen mit unregelmäßig überdie Zirkumferenz verteilten Zellkernen(. Abb. 11b) und manchmal Metapla-sien in Form biliärer Hepatozyten tretenhinzu. Als Grundlage werden wie bei derPBC eine deregulierte Autophagie undaktivierte Seneszenzmechanismen indenCholangiozyten vermutet, die sekundärdas peribiliäre Gewebemilieu verändern[32]. Folge fortschreitender Degenera-tion ist die zellarme fibröse Verödungfrüherer Gangabschnitte (. Abb. 7). Um-gebende Portalfeldbereiche enthaltenwechselnd dichte lymphoplasmazellu-läre Infiltrate. Eine Sklerosierung desgesamten Portalfeldes und portale ve-nolitische Veränderungen können hin-zutreten. Eine lineare Verbreiterung derbiliären Basalmembran, sichtbar ins-besondere in der PAS-Färbung, kannum kleine interlobuläre Gallengängebeobachtet werden (. Abb. 7; [9]). Imperiportalen Leberparenchym könnenals Zeichen der Cholestase eine fedrigeParenchymzelldegeneration, Mallory-Denk-Körper, Anreicherung von Kup-fer und kupferbindendem Protein inHepatozyten hinzutreten. Die Stadi-eneinteilung der PSC erfolgt in 4 Stufenähnlich wie bei der PBC [27]. Da die PSCzumeist ungleich im Lebergewebe vor-anschreitet, liegen oft unterschiedlicheStadien nebeneinander vor.

Die sklerosierende Cholangitis mit gra-nulozytären epithelialen Läsionen wurdeals Sonderform einer primären sklero-sierenden Cholangitis oder Variante derPSC herausgearbeitet [46]. Bei ihr sindneben einer gemischtzelligen portalenEntzündung mit Interfaceaktivität und

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Abb. 108Autoimmunhepatitis(AIH)-primäre-sklerosierende-Cholangitis(PSC)-Overlap. aAIH-Kom-ponentemit Lymphfollikel, Grenzflächenhepatitis undportozentraler Ausfallstraße.bDieGlutamin-synthetasereaktionumgrenzteinenperivenolärenAusfallbereich (Klinik:16 Jahre,m,GPT313U/i,GGT934U/l, ANA>1: 1600, IgG 20mg/dl)

Abb. 118Autoimmunhepatitis(AIH)-primäre-sklerosierende-Cholangitis(PSC)-Overlap (gleicherFall wie.Abb. 10). a PSC-Komponentemit degenerativ verändertem interlobuläremGallengangin fibrosierter portalerMatrix.b Lymphozytäres Infiltrat umdegenerativ veränderteGangtapetemitungleich verteilten Zellkernen, Apoptose, Zytoplasmavakuolen unddeutlich sichtbarer biliärer Basal-membran

periportaler Fibrose (. Abb. 8a) gra-nulozytäre epitheliale Läsionen (GEL)der histologische Leitbefund. GEL sinddurch eine fokale extensive Infiltrationder Epitheltapete präformierter Gallen-gänge durch neutrophile Granulozytengekennzeichnet gefolgt von Disruptio-nen des Gangepithels (. Abb. 8b). DieseCholangitisformfindet ihrehistologischeAnalogie in der autoimmunen Pankrea-titis Typ 2 und kann mit einem MorbusCrohn vergesellschaftet sein. Das gute

und dauerhafte Ansprechen der skle-rosierenden Cholangitis mit GEL aufSteroide begründet die diagnostischeCharakterisierung dieser Erkrankung[46].

Differenzialdiagnostisch abzugren-zen ist das Spektrum der sekundärensklerosierenden Cholangitiden mit de-finierter alternativer Ätiologie, z.B. be-dingt durch Gallengangsobstruktion,Ischämie, Infektionen oder anderweitigeimmunologisch bedingte Erkrankungen

[37]. Eine wichtige Differenzialdiagnoseder PSC im Kindes- und Jugendalterist die Langerhans-Zell-Histiozytose, diehepatisch bevorzugt Gallengänge affek-tiert undmit granulomartigen Infiltratenund insbesondere gallengangsveröden-den Sklerosen einhergeht (. Abb. 9a;[40]). Eosinophil-granulozytäre Infiltra-te sowie die Expression von Langerin,CD1a (. Abb. 9b) und S100-Protein inden atypischen Histiozyten sind diag-nostisch wegweisend. Weiterhin abzu-grenzen sind sekundäre sklerosierendeCholangitiden, schließlich das entlangder Portalfelder ausgebreitete, nichtmas-sebildende Cholangiokarzinom [48].

Overlapsyndrome

Hierunter fallen autoimmune Leberer-krankungen mit klinischen, serologi-schen, immunserologischen und histo-logischen Schnittmengenbefunden zwi-schen AIH und PBC oder AIH und PSC(. Tab. 5; [5]). Ein Overlap zwischenPBC und PSC ist nur für Einzelfällebeschrieben [17]. Die Schnittmengenbe-funde sind nicht standardisiert definiert[5, 17].

AIH-PBC-Overlap-Befunde sollenhistologischnebenfloridenGallengangs-läsionen als Zeichen der PBC auch einesignifikante lymphozytäre Interfaceakti-vität als Zeichen einerAIH-Komponenteaufweisen. Geringe Grenzflächenaktivi-tät im Rahmen einer PBC reichen nichtzur Diagnose eines AIH-PBC-Over-lapsyndroms aus. Die Diagnose vonAIH-PBC-Overlapsyndromen hat the-rapeutische Relevanz: Die mit Ursodes-oxycholsäure therapierte PBC bedarfkeiner zusätzlichen Steroidbehandlung,die die Osteoporoseneigung der PBC-Patienten verstärken würde. Anderer-seits lässt sich der Progress der Fibrosebei einem AIH-PBC-Overlapsyndromdurch eine Steroidtherapie hemmen.

Beim AIH-PSC-Overlapsyndromsind als PSC-Komponente die großenund/oder kleinen Gallengänge beteiligt.In letzterem Falle kann die Diagnosegegebenenfalls an der Biopsie gestelltwerden. Bei Kindern firmiert diesesKrankheitsbild auch unter dem Begriffder autoimmunen sklerosierendenChol-angitis (AISC, ASC) ([28, 37]; . Abb. 10

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Schwerpunkt: Leberpathologie

Abb. 129 IgG4-assoziierte Leber-erkrankungmitportalfeldverbin-dender biliärerFibrose, periduk-taler Fibrose undInfiltration durchIgG4-exprimierendePlasmazellen, >20proHPFx40

Abb. 138 Reaktives hämophagozytisches Syndrom. aMit läppchenzentral akzentuiertem Paren-chymausfall und T-Zell-reicher Infiltration (obere Bildhälfte).bMakrophagenaktivierung und Erythro-phagozytose imAusfallbereich (29 Jahre, w, Polyserositis, wechselnde Gelenkbeschwerden, sich an-bahnendes Leberversagen; in Kindheit chronische Polyarthritis; Befundnormalisierung unter Korti-son)

und 11). Die Erkrankung ist in frü-hen Stadien steroidresponsibel, ist aberim Langzeitverlauf prognostisch un-günstiger als die reine AIH, wenn dietherapierefraktäre PSC fortschreitet [28].

IgG4-assoziierte Erkrankungen

Die IgG4-assoziierte Erkrankung kannsich als systemische, chronische, fibro-inflammatorische Entzündung mit zahl-reichenIgG4-positivenPlasmazellenunderhöhtem IgG4-Spiegel im Serum in na-

hezu allen Organen manifestieren, so alsautoimmune Pankreatitis Typ 1, weiter-hin in den Gallenwegen, den Speichel-drüsen, seltener in der Leber [15]. Bezo-gen auf die Leber sind zu unterscheiden:

Der hepatische lymphoplasmozyti-sche inflammatorische Pseudotumor – erist durch eine storiforme fibroblastä-re Herdentzündung mit dominieren-dem lymphoplasmozytischem Infiltrateinschließlich zahlreicher IgG4-expri-mierender Plasmazellen und obliterie-renden Phlebitis gekennzeichnet undgegenüber dem fibrohistiozytischen in-flammatorischen Pseudotumor und in-flammatorischen Spindelzellneoplasienabzugrenzen [40].

Die IgG4-assoziierte sklerosierendeCholangitis [15, 47, 48] – diese ist in95% der Fälle mit einer PankreatitisTyp I assoziiert, seltener mit anderenManifestationen einer IgG4-assoziiertenErkrankung wie Sialadenitis, Dakryo-adenitis oder retroperitonealer Fibrose.Sie betrifft insbesondere Männer älterals 50 Jahre, besitzt somit ein höhe-res Manifestationsalter als die PSC. Sieführt zu einer storiformen Fibrose mitlymphoplasmazellulären Infiltraten umgroße Gallengänge, die imGegensatz zurPSCeine intakteEpitheltapete aufweisen.Im Bereich peripherer Portalfelder bzw.in der Leberbiopsie sind diese Infiltra-te um kleine Gallengänge ausgerichtet,weisen aber im Gegensatz zur PSC kei-ne fibroobliterierende Gangsklerose auf(. Abb. 12). Eine portale Venolitis sowieeine Vermehrung IgG4-exprimierenderPlasmazellen auf >10/HPF sind weitereBausteine der Diagnose [15, 37]. DieVermehrung IgG4-exprimierender Plas-mazellen oder erhöhte IgG4-Werte imSerum als einzige Befunde reichen zurDiagnose nicht aus.

Die IgG4-assoziierte autoimmune He-patitis, erstmals beschrieben von Ume-mura et al. [41], erfüllt die histologischenKriterien einer autoimmunen Hepatitisund ist zudem durch eine vermehrteInfiltration durch IgG4-exprimieren-de Plasmazellen und erhöhte IgG4-Serumspiegel gekennzeichnet [42]. Legtman als diagnostische Kriterien für dieIgG4-AIH den Nachweis von mindes-tens 10 IgG4-positive Plasmazellen/HPFin Kombination erhöhter Serum-IgG4-

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Tab. 5 Klinisch-pathologische Befunde bei Varianten autoimmuner Lebererkrankungen. (NachWashington et al. [43])

AIH-PBC-Overlap AIH-PSC-Overlap

Alter 50–60 Kinder, 30–40

Geschlecht w≫m m>w; bei Kindern m=w

Autoantikörper ANA, SMA, LKM, SLA/LPAMA-PDH E2

ANA, pANCA

BiochemischeTests

Transaminasen, AP, GGT, Im-munglobuline erhöht

Transaminasen, AP, GGT erhöht; bei KindernImmunglobuline erhöht

AIH Autoimmune Hepatitis, ANA antinukleäre Antikörper, AP alkalische Phosphatase, GGT Gam-ma-Glutamyltransferase, LKM Liver-Kidney-Mikrosomen-Antikörper, pANCA antineutrophile cyto-plasmatische Antikörper mit perinukleärem Muster, PBC primäre biliäre Cholangitis, PSC primäresklerosierende Cholangitis, SLA/LP lösliches Leberantigen/Leber-Pankreas-Antikörper, SMA glatt-muskuläre Antikörper

Spiegel zugrunde [33], ist diese Ent-zündung sehr selten. Sie wird auch beiKindernbeobachtet.Hinsichtlich der Le-berenzymverschiebung im Serum unddem Auftreten von ANA unterscheidensich IgG4-AIHundklassischeAIHnicht.Sie scheint rasch auf eine Corticoidthe-rapie anzusprechen. Ob die IgG4-AIHein Subtyp der AIH darstellt oder demSpektrum der systemischen IgG4-asso-ziierten Erkrankung zuzurechnen ist, istnoch nicht abschließend geklärt [17, 29].

Mitbeteiligung der Leberim Zusammenhang mitextrahepatischen Autoimmun-erkrankungen

EinbreitesSpektrumprimärextrahepati-scher autoimmuner Erkrankungen kannbei AIH zeitgleich oder sequenziell be-obachtet werden, insbesondere rheuma-toide Arthritis, Autoimmunsialadenitis,systemischer Lupus erythematodes [17,37].

Hashimoto-Thyreoiditis und Sjögren-Syndrom begleiten nicht selten die PBC.Bei etwa 60–80%derPSC inNordeuropaund Nordamerika findet sich eine meta-oder synchrone chronische entzündlicheDarmerkrankung,meistColitis ulcerosa,seltener einMorbus Crohn. Etwa 3% derColitis-ulcerosa-Fälle sindmit einer PSCassoziiert [37].

Zöliakie und autoimmune Leberer-krankungen: Bei 39–47% erwachsenerund 26–57% pädiatrischer Zöliakiepa-tienten werden erhöhte Transaminasenbeobachtet. Die hepatitischen Verände-rungen in der Leberbiopsie sind meistgering und unter glutenfreier Diät re-

versibel [3]. Einzelfälle einer schwerenentzündlichen Lebererkrankung bis zurZirrhose sind beschrieben. Bei Zöliakiebesteht ein 4- bis10fach erhöhtes Risikofür spezifische autoimmune Leberer-krankungen wie AIH, PBC und PSC[4].

Die noduläre regeneratorische Hyper-plasie kann im Rahmen verschiedenerimmunologischer Grunderkrankungenso bei schwerer rheumatoider Arthritisbzw. dem Felti-Syndrom wie auch imRahmen des Antiphospholipidsyndromsbeobachtet werden. Für diesen nichtzirr-hotischen mikronodulären Leberumbauwerden entzündlich-obliterative Verän-derungen kleiner Portalvenenäste ver-antwortlich gemacht. Aber auch eineendotheliotoxische Wirkung von Aza-thioprin, eine häufige Komponente derAIH-Therapie, kann eine pathogeneti-sche Rolle spielen [4].

Das reaktive hämophagozytische Syn-drom (rHS) bzw. Makrophagenaktivie-rungssyndrom ist durch eine reaktiveHistiozytenproliferation mit Phagozyto-se von Hämatopoesezellen und durcheine ausgeprägteT-Zell-Aktivierungundmit exzessiver Bildung proinflammato-rischer Zytokine, dem „Zytokinsturm“gekennzeichnet. Vor dem Hintergrundeiner Autoimmunerkrankung wird dasrHS insbesondere im Rahmen der juve-nilen Form der rheumatoiden Arthritis(Morbus Still) [7, 10] oder bei Kolla-genosen wie dem Lupus erythematodesbeschrieben. Histologisch steht die Hy-perplasie sinusoidaler Histiozyten mitErythrophagozytose im Vordergrund(. Abb. 13). Hinzutreten können Leber-zellnekrosen, makrovesikuläre Steatose,

lobuläre Granulome und ein hepatiti-sches Bild mit Leberzellnekrosen bis zueiner schweren entzündlichen Leber-schädigung. Der Schwerpunkt der Ent-zündung liegt im Gegensatz zur AIH imLeberparenchym, Gallengangsaffektionund Piecemealnekrosen stehen im Hin-tergrund ([13];. Abb. 13). Für dieThera-pie ist es zwingend erforderlich, zwischeninfektionsassoziierten rHS und rHS imRahmen einer autoimmunen Grunder-krankung zu unterscheiden. Letzteresind mit Kortikoiden und gegebenen-falls ergänzenden Immunsuppressivaanzugehen. Bei ersteren hingegen stehtdie Behandlung der zugrunde liegendenInfektion im Vordergrund.

Beziehungen zwischenautoimmuner LebererkrankungundmedikamenteninduzierterLeberschädigung

Es lassen sich 3 Möglichkeiten unter-scheiden [17]:4 Eine Medikamentenunverträglich-

keit, die eine AIH imitiert. Diezugrunde liegende immunallergischeReaktion kann serologisch mit einerHypergammaglobulinämie, ANAund ASMA einhergehen und histo-logisch durch eine portal/periportaleInfiltration durch Lymphozyten,Plasmazellen, eosinophile Granulo-zyten, im Verlauf durch periportaleund portozentrale Brückenfibrosengekennzeichnet sein.

4 Eine Medikamentenunverträglich-keit, die eine zusätzliche AIH ver-deckt.

4 Eine AIH, die medikamentös indu-ziert wird. Hierfür bekannte Medi-kamente sind u. a. Nitrofurantoinund Minocyclin, des weiteren alpha-Methyldopa, Clometacin, Statine,Interferon, TNF-alpha-Antagonisten.

Die histomorphologische Schnittmengezwischen genuiner AIH und medi-kamentös induzierter Leberschädigung(DILI) ist groß. Stärkere portale, peripor-tale und lobuläre Entzündungsaktivität,der Plasmazellreichtum portal und lobu-lär, Leberzellrosetten und Emperipolesesprechen eher für eine AIH, währendneutrophil-granulozytäre Infiltrate und

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Schwerpunkt: Leberpathologie

AbkürzungenAIH Autoimmunhepatitis

AISC, ASC Autoimmune sklerosierendeCholangitis

ALT Alanin-Aminotransferase

AMA Antimitochondriale Antikör-per

AMA-PDC-E2 Antimitochondriale Antikör-per gegen E2-Untereinheitdes Pyruvathydrogen-asekomplexes bzw. AMAM2a

ANA Antinukleäre Antikörper

AP Alkalische Phosphatase

APECED Autoimmune Polyendokri-nopathie-Candidiasis-ecto-dermale Dystrophie

AST Aspartat-Aminotransferase

DILI Arzneimittelinduzierter Le-berschaden, „drug-inducedliver injury“

ERCP Endoskopische retrogradeCholangiopankreatikoko-grafie

GEL Granulozytäre epithelialeLäsionen

GGT Gamma-Glutamyltransferase

GOT Glutamat-Oxalacetat-Trans-aminase, entspricht AST

GPT Glutamat-Pyruvat-Transami-nase, entspricht ALT

gp210 Nukleäres Glycoprotein210 (Bestandteil desKernporenkomplexes)

LC-1 Antikörper gegen Leberzy-tosolprotein Typ 1

LKM Antikörper gegen Leber-Nieren-Mikrosomen

LP Antikörper gegen Le-ber-Pankreas-Antigen

mHAI Modifizierter Hepatitis-Akti-vitätsindex

MRCP Magnetresonanz-Cholan-giopankreatikografie

pANCA Antineutrophile zytoplas-matische Antikörper mitperinukleäremMuster

PBC Primäre biliäre Cholangitis

PSC Primäre sklerosierendeCholangitis

Abkürzungen (Fortsetzung)

SLA Antikörper gegen löslichesLeberantigen

SMA Antikörper gegen glatteMuskulatur

hepatozelluläre Cholestase eher bei DILIzu finden sind [38].

AIH-ähnlicheMedikamentenreaktio-nen sprechenwie eine AIH auf eine hochdosierte Steroidtherapie an. Bleibt nachAbsetzen des kritischen Medikamentesund Zurückfahren der Steroidtherapieein Rückfall der Erkrankung aus, sprichtdies für eine hepatitisartige Medikamen-tenreaktion [17]. Zur Prüfung auf mög-liche Medikamententoxizität helfen Da-tenbanken, z.B. NIH LiverTox Database,orientierend weiter.

Bei der der bioptischen Diagnostikautoimmuner Lebererkrankungen ist dievertrauensvolle Zusammenarbeit mit ei-nemkompetenten klinischen Partner einwichtiger Diagnosebaustein.

Fazit für die Praxis

4 Die Autoimmunhepatitis (AIH) gehtim typischen Fall mit Autoanti-körperbefunden im Serum, einerHypergammaglobulinämie vom TypIgG und kennzeichnenden histopa-thologischen Merkmalen einher.

4 Die histologisch kennzeichnendenBefunde sind das Bild einer chroni-schen Hepatitis mit plasmazellreicherdominierender Grenzflächenaktivi-tät, Rosettierung der Hepatozytenund Emperipolese. Diese Befun-de gehen in die interdisziplinärenScoringsysteme zur AIH-Diagno-se ein. Damit ist die Leberbiopsieein integraler Bestandteil der AIH-Diagnostik.

4 Entsprechend den unterschiedlichenVerlaufsformen kann sich die AIHauch mit varianten histologischenBefunden so dem Bild einer subaku-ten Dystrophie oder einer akutenHepatitis oder Leberzirrhose primärmanifestieren.

4 Die primäre biliäre Cholangitis (PBC)betrifft vornehmlich Frauen des mitt-leren Lebensalters, geht mit antimi-

tochondrialen Autoantikörpern oderbesonderen antinukleären Antikör-pern einher undbefällt ausschließlichintrahepatische Gallengänge im ty-pischen Falle in Form chronischer,nichteitriger, destruierender Gallen-gangsläsionen.

4 Die primäre sklerosierende Cholangitis(PSC) betrifft vornehmlich jünge-re Männer, aber auch Kinder, kannmit uncharakteristischen Autoanti-körperbefunden einhergehen undbefällt extra- und/oder intrahepa-tische Gallengänge. HistologischerSchlüsselbefund ist die zwiebelscha-lenartige periduktale Fibrose bis zurverödenden Gangsklerose. Die Small-Duct-PSC betrifft ausschließlichintrahepatische Gallengänge.

4 AlsOverlapsyndromewerdenhistopa-thologische Schnittmengenbefundeaus AIH und PBC oder AIH und PSCbezeichnet.

4 Medikamenteninduzierte Leberschä-digungen können mit für eine AIHtypischen immunserologischen Be-funden einhergehenundhistologischeine AIH imitieren oder eine AIH in-duzieren oder eine vorbestehendeAIH überdecken.

4 Der Leberbiopsie kommt eine gewich-tige Rolle zu bei der Diagnose derAIH und ihrer Varianten, der Small-Duct-PSC, der AMA-negativen PBC,der IgG4-assoziierten Entzündungenund der Abgrenzung gegenüber kon-kurrierenden Lebererkrankungen,insbesondere der medikamentös-toxischen Leberschädigung.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Hans-Peter FischerInstitut für Pathologie, Universität BonnVenusberg-Campus 1, 53127 Bonn,[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. H.-P. Fischer undD. Goltz gebenan, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.

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Der Pathologe 5 · 2020 455

Page 13: 2 AutoimmuneLebererkrankungen · Tab.2 VereinfachtesScoresystemfürdieAutoimmunhepatitis.(NachHennesetal.[21]) Variable Cut-off Score ANAoderSMA+ ≥1:40 1 ANAoderSMA+ ≥1:80 2

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Fachnachrichten

Bisher unbekannte Ursachen von Schilddrüsenkrebs entdeckt

Unter Leitung der Universitätsmedizin Mainz hat ein internationales Forschungs-team eine Reihe von Proteinen als mögliche Ziele für Medikamente gegenSchilddrüsenkrebs identifiziert. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift „NatureCommunications“ berichten, könnten ihre Entdeckungenmöglicherweise auch zurEntwicklung von Medikamenten für solche PTC-Patienten führen, denen bishernur schwer geholfen werden kann.

Das sogenannte papilläre Schilddrüsenkarzi-nom (PTC) ist die häufigste Krebserkrankung

der Schilddrüse. Mehrere Tausend Menschenin Deutschland erhalten jährlich diese

Diagnose. Viele von ihnen können geheilt

werden, bei einigen wirkt die entsprechendeStandardbehandlung jedoch nicht. Ein

internationales Forschungsteam unter

Leitung der Universitätsmedizin Mainz hatnun bisher unbekannte Proteine und eine

bisher unbekannte Fusion zweier Gene alsUrsachen der Krankheit herausgefunden.

Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift

„Nature Communications“ berichten,könnten ihre Entdeckungenmöglicherweise

auch zur Entwicklung von Medikamenten für

solche PTC-Patienten führen, denen bishernur schwer geholfen werden kann.

Das Team aus Wissenschaftlernmehrerer in-

und ausländischer Forschungseinrichtungen

unter Leitung von Prof. Dr. KrishnarajRajalingam, Leiter der Cell Biology Unit

der Universitätsmedizin Mainz, hatte

mit einer Kombination verschiedenerMethoden, darunter die sogenannte

RNA-Sequenzierung, sämtliche Gene undProteine in Tumorgewebe und gesundem

Gewebe von Patienten mit dem papillären

Schilddrüsenkarzinom untersucht. Bereitsbekannt war, dass bei der Mehrzahl der

Patientenmit dieser Krankheit eineMutation

eines der als BRAF und RAS bezeichnetenOnkogene vorliegt. Ziel der Forscher war es,

die Tumorentwicklung besser zu verstehen,die in Abwesenheit dieser häufigen

Mutationen abläuft.

Als Forschungsansatz für ihre Analyse wähl-

ten die Forscher eine Kombination aus Pro-

teomik- und Genomik-Technologien. AlsResultat fanden sie eine Reihe bisher un-

bekannter Proteine, welche die Entstehungvon Tumoren fördern und sich deshalb als

Ziele für mögliche neue Medikamente eig-

nen. Im Erbgut eines Patienten entdecktensie außerdem ein bisher unbekanntes TFG-

RET Fusionsprotein. Durch weitere Analysenstellten sie zudem fest, dass auch das durch

die Fusion der beiden Gene TFG und RET ge-bildete Protein zur Entstehung von Tumoren

führt und damit ebenfalls ein Ansatzpunkt

für die Medikamentenentwicklungdarstellt.Die Studie ist ein Ergebnis eines von

der Deutschen Krebshilfe geförderten

Forschungsprojekts von Prof. Dr. KrishnarajRajalingam zumAufbau einer Sammlung von

Gewebekulturen von Schilddrüsentumoren.Maßgeblich an dem Projekt beteiligt sind

neben der Cell Biology Unit die Klinik für

Allgemein-, Viszeral- und Transplantati-onschirurgie (AVTC) sowie das Institut für

Pathologie der UniversitätsmedizinMainz.

„Die intensive Zusammenarbeit reicht

von der Auswahl der Patienten über dieSammlung und Qualitätskontrolle der

Gewebeproben bis zur Analyse der Gene

und Proteine sowie der Erforschung ihrerRolle bei der Entstehung der Tumoren“,

sagt Professor Rajalingam. Das Projekt sei

ein gelungenes Beispiel dafür, wie manFragestellungen und Ergebnisse von der

Klinik ins Labor und zurück transferierenkönne.

Originalpublikation: Proteogenomicsanalysis unveils a TFG-RET gene fusion

and druggable targets in papillary thyroid

carcinomas; Aswini Krishnan, Jean Berthelet,et al; Nature Communications 11, 2056

(2020); https://doi.org/10.1038/s41467-020-15955-w

Kontakt:Univ.-Prof. Dr. Krishnaraj Rajalingam,Cell Biology Unit der Universitätsmedizin

Mainz, E-Mail: [email protected]

Quelle: PM25.06.2020 derUniversitätsmedizin der Johannes

Gutenberg-Universität Mainz

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