2. · nis31 – ein Tatbestand, der sich auch im Beamtenrecht wieder- findet (§§30 Nr.1, 33 BBG,...

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(§ 148 I 1 SGB VII), die Unfallkasse Post und Telekom7

(§ 149 I 1 SGB VII) sowie die Unfallkasse des Bundes8

(§ 149 a I 1 SGB VII).

Die Rechtsverhältnisse der Dienstordnungsangestellten zeich-nen sich dadurch aus, dass diese weder Beamte sind oder sonsteinen öffentlich-rechtlichen Status genießen noch in einem reinzivilrechtlichen Arbeitsverhältnis zu den Sozialversicherungs-trägern stehen.

Auf den ersten Blick scheint ein solches Dienstordnungsange-stelltenverhältnis der herkömmlichen Kategorisierung vonBeschäftigungsverhältnissen zu widersprechen, denn Beschäf-tigungen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis undin einem zivilrechtlichen Arbeitsverhältnis schließen einandergrds. aus (vgl. den Entlassungsgrund gem. § 31 I Nr. 2 BBG,§ 22 II BeamtStG). Das Dienstordnungsangestelltenverhältnisvereint allerdings – historisch bedingt – Elemente beiderBeschäftigungsformen. Dies hat den Hintergrund, dass die Sozi-alversicherungsträger als Teil der mittelbaren Staatsverwaltungihre Angestellten häufig in Funktionen eingesetzt haben, die imBereich der unmittelbaren Staatsverwaltung von Beamtenwahrgenommen wurden. Um konkurrenzfähig zu sein, solltendiese Angestellten zu gleichwertigen Bedingungen wie dieBeamten der unmittelbaren Staatsverwaltung beschäftigt wer-den. Dies galt vor allem, da die Dienstordnungsangestelltenauch Hoheitsaufgaben9 auszuüben hatten10.

Dazu wird das Vertragsverhältnis nicht nur mit einzelnen beam-tenrechtsähnlichen Pflichten und Rechten, sondern umfassendals „privatrechtliches“ Dienst- und Treuverhältnis (in Abgren-zung zum öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis gem. § 4BBG bzw. § 3 I BeamtStG) ausgestaltet. Dass sich die Rechts-verhältnisse der Dienstordnungsangestellten an das Beamten-recht annähern sollen, ist bereits in den gesetzlichen Regelungenüber das Dienstordnungsrecht enthalten: § 352 S. 2 RVO bzw.§ 145 S. 2 SGB VII bestimmen, dass für die Dienstordnungsan-gestellten keine weiter gehenden Rechtsnachteile vorgesehenwerden dürfen, als es für die Beamten das Disziplinarrechtzulässt11.

DienstordnungDie beamtenrechtsähnliche Ausgestaltung der Anstellungsver-hältnisse wird dadurch erreicht, dass sich die Beschäftigten indem Anstellungsvertrag der bei dem Sozialversicherungsträgergeltenden Dienstordnung12 unterwerfen. Hierbei handelt essich um autonomes Recht, das normativ und zwingend dieArbeitsverhältnisse der Angestellten regelt, die sich nach ihremAnstellungsvertrag den Regelungen der Dienstordnung unter-stellt haben (Dienstordnungsangestellte)13. Für Angestellte, dienach Tarifvertrag oder außertariflich beschäftigt werden, giltdie Dienstordnung hingegen nicht (vgl. § 351 I RVO, § 144 S. 1SGB VII).

Mit der Dienstordnung gestaltet der Sozialversicherungsträgerseine Beziehungen zu den Angestellten nach dem Prinzip derSelbstverwaltung eigenständig. Von Gesetzes wegen muss derInhalt des Anstellungsverhältnisses, also alle das Dienstrechtbetreffenden Fragen, in der Dienstordnung geregelt werden14.Die Dienstordnung muss Bestimmungen zu den Rechts- und all-gemeinen Dienstverhältnissen der Angestellten, insbesondere

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den Nachweis ihrer fachlichen Befähigung, ihre Zahl, die Artder Anstellung, die Kündigung oder Entlassung und die Folgender Nichterfüllung von Pflichten (§ 352 S. 1 RVO) bzw. zu denEin- und Anstellungsbedingungen und den Rechtsverhältnissender Angestellten enthalten (§ 144 S. 1 SGB VII). Im Hinblick aufdie beamtenrechtliche Ausgestaltung der Anstellungsverhält-nisse wird regelmäßig – wie z.B. bei der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen15 oder bei der Unfallkasse Brandenburg16 – festge-legt, dass die für die Beamten des jeweiligen Landes geltendenVorschriften, insbesondere über die Rechte und Pflichten derBeamten, entsprechend gelten. Hierdurch wird nicht nur dasjeweilige Landesbeamtengesetz in Bezug genommen, sondernz.B. auch das jeweilige Besoldungs- und Versorgungsgesetz17.Nicht zuletzt erfasst der Verweis auch die Geltung von Art. 33 VGG und der sog. hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamten-tums, aus denen ebenfalls Rechte von Beamten ableitbar sind.

BegründungDas Anstellungsverhältnis wird begründet durch den Abschlusseines privatrechtlichen (Arbeits-)Vertrags zwischen dem Sozi-alversicherungsträger und dem Beschäftigten. Es handelt sichfolglich um ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis18. Vorange-hende Beschäftigungs- oder Dienstverhältnisse des Beschäftig-ten zum gleichen Sozialversicherungsträger fallen kraft konklu-dent vereinbarter Aufhebung fort. Frühere Beschäftigungsver-hältnisse zu anderen Arbeitgebern kann das grds. zweiseitigbegründete Dienstordnungsverhältnis zwar nicht erlöschen las-

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7 Nach Art. 2, § 2 I des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesun-mittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzesund zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz –BUK-NOG) vom 19. 10. 2013, BGBl I, 3836, werden die Unfallkasse Postund Telekom und die Berufsgenossenschaft für Transport und Ver-kehrswirtschaft zum 1. 1. 2016 in die nach Art. 2, § 1 BUK-NOG neu zuerrichtende gewerbliche Berufsgenossenschaft VerkehrswirtschaftPost-Logistik Telekommunikation eingegliedert.

8 Nach Art. 1, § 2 I BUK-NOG werden die Unfallkasse des Bundes und dieEisenbahn-Unfallkasse zum 1. 1. 2015 in die nach Art. 1, § 1 BUK-NOGneu zu errichtende Unfallversicherung Bund und Bahn eingegliedert.

9 Vgl. zur (Un-)Vereinbarkeit der Übertragung hoheitlicher Aufgabenan Dienstordnungsangestellte mit dem Funktionsvorbehalt desArt. 33 IV GG Lecheler/Determann, DÖV 1999, 885 (893) m.w.N.; BSG,Urt. v. 27. 6. 1969 – 2 RU 13/67, BSGE 30, 8 = juris, Rn. 27; a.A. BAG, Urt.v. 6. 11. 1985 – 4 AZR 107/84, BAGE 50, 92 = juris, Rn. 27.

10 Vgl. BSG, Urt. v. 13. 2. 1975 – 3 RK 11/73, BSGE 39, 159 = juris, Rn. 21.11 Ricke (o.Fußn. 6), § 144 SGB VII Rn. 2.12 Vgl. z.B. Dienstordnung für die Dienstordnungs-Angestellten der

Unfallkasse Nordrhein-Westfalen vom 3. 12. 2009, GVBl S. 971; Dienst-ordnung der Unfallkasse Brandenburg vom 10. 11. 1999, Amtl. Anzei-ger vom 9. 8. 2000, S. 1133; Musterdienstordnung des Verbandes„Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung“ (DGUV, Spitzenverbandder gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversiche-rungsträger der öffentlichen Hand), Rundschreiben vom 14. 12. 2011– 523/2011, auszugsweise abgedr. bei Ricke (o.Fußn. 6), § 144 SGB VIIRn. 12.

13 St.Rspr.; BAG, Urt. v. 30. 8. 2005 – 3 AZR 391/04, juris, Rn. 21; Urt.v. 20. 2. 2008 – 10 AZR 440/07, NJOZ 2008, 3709 (3712); Krauskopf(o.Fußn. 1), § 351 RVO Rn. 4 m.w.N.

14 Krauskopf (o.Fußn. 1), § 352 RVO Rn. 3.15 Vgl. § 3 I der Dienstordnung für die Dienstordnungs-Angestellten der

Unfallkasse Nordrhein-Westfalen.16 Vgl. § 3 I der Dienstordnung der Unfallkasse Brandenburg.17 Vgl. auch § 5 der Dienstordnung für die Dienstordnungs-Angestellten

der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen und § 3 I Nr. 3 der Dienstord-nung der Unfallkasse Brandenburg.

18 St.Rspr.; BAG, Urt. v. 25. 4. 1979 – 4 AZR 791/77, BAGE 31, 381 = juris,Rn. 12; Urt. v. 20. 2. 2008 – 10 AZR 440/07, juris, Rn. 14.

Aufsätze | Herrmann/Buchheim - Auswirkungen des Lebenszeitprinzips bei Dienstordnungsangestellten

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sen. Handelt es sich bei der früheren Tätigkeit des Dienstord-nungsangestellten aber ebenfalls um ein Dienstordnungsange-stelltenverhältnis (zu einem anderen Sozialversicherungsträ-ger), erlischt dieses regelmäßig aufgrund des darin vereinbartenEntlassungsgrundes gem. § 31 I Nr. 2 BBG bzw. § 22 IIBeamtStG. Im Falle einer Änderung der Rechtsform des Sozial-versicherungsträgers bleiben die Dienstordnungsanstellungs-verhältnisse bestehen (vgl. § 20 II BeamtStG).

BeendigungDie Beendigung eines Dienstordnungsangestelltenverhältnis-ses richtet sich zunächst nach den in der Dienstordnung aus-drücklich festgelegten Tatbeständen. Bei den Krankenversiche-rungsträgern ist zudem in § 354 II bis V RVO Näheres zuKündigung und Entlassung der Angestellten geregelt.

Da die Dienstordnung auf das Beamtenrecht Bezug nimmt, sinddarüber hinaus beamtenrechtliche Beendigungsgründe aufdie Dienstordnungsangestelltenverhältnisse entsprechend an-wendbar. Für die Beendigung kommen insoweit folgende Tat-bestände in Betracht:

n der Wegfall der in der Dienstordnung festgelegten Einstel-lungsvoraussetzungen (vgl. §§ 30 Nr. 1, 31 I i.V.m. § 7 INr. 1 BBG bzw. §§ 21 Nr. 1, 22 I Nr. 1 i.V.m. § 7 I Nr. 1BeamtStG),

n die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oderAmtsverhältnisses zu einer anderen Einrichtung ohneDienstherrenfähigkeit oder zu einem Dienstherrn (vgl.§§ 30 Nr. 1, 31 I Nr. 2 BBG bzw. §§ 21 Nr. 1, 22 IIBeamtStG),

n die fehlende Möglichkeit für eine Zurruhesetzung, da derAngestellte die versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt(vgl. §§ 30 Nr. 1, 32 I Nr. 2 BBG bzw. §§ 21 Nr. 1, 23 INr. 219 BeamtStG),

n die fehlende Möglichkeit für eine Zurruhesetzung bei dau-ernder Dienstunfähigkeit (vgl. §§ 21 Nr. 1, 23 I Nr. 3BeamtStG),

n die Kündigung durch den Angestellten (vgl. Entlassung aufVerlangen, §§ 30 Nr. 1, 33 BBG bzw. §§ 21 Nr. 1, 23 INr. 4 BeamtStG),

n der Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämterdurch rechtskräftiges strafgerichtliches Urteil (vgl. §§ 30Nr. 2, 41 I BBG bzw. §§ 21 Nr. 2, 24 I BeamtStG) sowie

n die Anstellung nach Erreichen der Altersgrenze (vgl. §§ 21Nr. 1, 23 I Nr. 5 BeamtStG).

Keine entsprechende Anwendung findet hingegen der Beendi-gungstatbestand nach § 30 Nr. 3 BBG i.V.m. § 10 BDG20 bzw.§ 21 Nr. 3 BeamtStG i.V.m. § 10 BbgLDG21. Da den Sozialver-sicherungsträgern keine Dienstherrenbefugnisse zustehen, ver-fügen sie auch nicht über Disziplinargewalt. Dementsprechendwerden auch keine „echten“ Disziplinarverfahren durchge-führt. In den Dienstordnungen können allenfalls an das Diszi-plinarrecht angelehnte, ähnliche Rechte gegenüber den Beam-ten festgelegt werden (vgl. § 352 S. 2 RVO, § 145 S. 2SGB VII)22.

3.

Zur Frage, ob ein Dienstordnungsangestelltenverhältnis darü-ber hinaus auch durch eine außerordentliche Kündigung (§ 626BGB) beendet werden kann, bestehen unterschiedliche Auffas-sungen. Der Streit betrifft im Kern die Frage, inwieweit einDienstordnungsangestellter durch die einseitige Lösungsmög-lichkeit des Arbeitgebers im Vergleich zu beamteten Kollegen inder unmittelbaren Staatsverwaltung „Arbeitsplatzsicherheit“einbüßt. Einerseits wird vertreten, dass es allein den Sozialver-sicherungsträgern im Rahmen ihrer Selbstverwaltung obliegt,ihre Rechtsbeziehungen und mithin auch die Ausgestaltung derBeendigungstatbestände23 zu regeln. Demnach wären die Been-digungsmodalitäten in der Dienstordnung abschließend undder Rückgriff auf § 626 BGB ausgeschlossen24. Dem wird ent-gegenzuhalten sein, dass gerade das Recht zur außerordentli-chen Kündigung im Privatrecht unabdingbar25 ist. Für dasDienstordnungsangestelltenverhältnis mit seiner privatrechtli-chen Struktur muss deshalb von der Zulässigkeit einer außer-ordentlichen Kündigung ausgegangen werden26.

Ein Recht zur ordentlichen Kündigung dürfte allerdings, da esdurch die Unterwerfung unter die Bestimmungen der Dienst-ordnung, mit denen auf die beamtenrechtlichen VorschriftenBezug genommen wird, ausgeschlossen worden sein27. ImBeamtenrecht ist die dienstherrenseitige Beendigung des Beam-tenverhältnisses (Entlassung, §§ 30 Nr. 1, 32 BBG bzw. §§ 21Nr. 1, 23 BeamtStG) ohne Angaben von Gründen unzulässig.Die Entlassung ist ein schriftlich zu erlassender Verwaltungs-akt28 (§ 38 BBG bzw. § 34 I BbgBG29), sodass für sie das Begrün-dungserfordernis nach § 39 I VwVfG gilt.

Im gegenseitigen Einvernehmen kann das Dienstordnungsan-gestelltenverhältnis indes durch einen Aufhebungsvertragbeendet werden. Hierbei willigt der Angestellte – als Gegen-stück zur Vertragsbegründung – in die Beendigung der Ver-tragsbeziehung ein30, sie erfolgt mithin nicht einseitig. Letztlichstellt ein Aufhebungsvertrag nichts anderes dar als die Entlas-sung des Dienstordnungsangestellten mit dessen Einverständ-

19 Zum Anwendungsbereich der Regelung des § 22 I Nr. 2 BeamtStG,der auf das Erreichen der Altersgrenze abstellt, ohne dass der Eintrittin den Ruhestand das Beamtenverhältnis beendet, gegenüber§ 23 I Nr. 2 BeamtStG vgl. Seeck, in: Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, BeamtStG, 2010, § 22 Ziff. 3.

20 Bundesdisziplinargesetz vom 9. 7. 2001, BGBl I, 1510, zuletzt geändertdurch Gesetz vom 28. 8. 2013, BGBl I, 3386.

21 Landesdisziplinargesetz vom 18. 12. 2001, GVBl I, 254, zuletzt geändertdurch Gesetz vom 20. 11. 2013, GVBl I Nr. 32.

22 Vgl. z.B. § 7 I der Dienstordnung für die Dienstordnungs-Angestelltender Unfallkasse Nordrhein-Westfalen und § 8 I der Dienstordnung derUnfallkasse Brandenburg.

23 Ricke (o.Fußn. 6), § 144 SGB VII Rn. 7.24 LAG Düsseldorf, Urt. v. 2. 12. 1982 – 14 Sa 1340/82, juris; die dagegen

eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig verworfenworden, vgl. BAG, Beschl. v. 31. 3. 1983 – 2 AZN 76/83, juris; wohl auchOLG Brandenburg, Urt. v. 26. 3. 2013 – 6 U 62/12, juris, Rn. 69, nichtrechtskräftig.

25 Vgl. nur Henssler, in: MünchKomm-BGB, Bd. IV, 6. Aufl. (2012), § 626Rn. 48.

26 ArbG Düsseldorf, Urt. v. 22. 9. 2010 – 4 Ca 3150/10, juris, Rn. 19, nichtrechtskräftig geworden durch Vergleich in der Berufungsinstanzbeim LAG Düsseldorf vom 12. 4. 2011 – 8 Sa 1474/10.

27 V. Hoyningen-Huene/Boemke, NZA 1994, 481 (485).28 Battis, BBG, 4. Aufl. (2009), § 32 Rn. 6; Seeck (o.Fußn. 19), § 23 Ziff. 1.29 Beamtengesetz für das Land Brandenburg vom 3. 4. 2009, GVBl I, 26,

zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. 12. 2013, GVBl I Nr. 37.30 V. Hoyningen-Huene/Boemke, NZA 1994, 481 (487).

Auswirkungen des Lebenszeitprinzips bei Dienstordnungsangestellten - Herrmann/Buchheim | Aufsätze

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nis31 – ein Tatbestand, der sich auch im Beamtenrecht wieder-findet (§§ 30 Nr. 1, 33 BBG, §§ 21 Nr. 1, 23 I Nr. 4 BeamtStG).

Dienstordnungsamt

Im Hinblick auf die inhaltliche Annäherung der dienstord-nungsrechtlichen Anstellungsverhältnisse an das Beamtenrechtliegt es nahe, die Rechtsposition der Angestellten – ähnlich denbeamtenrechtlichen Statusämtern – als „Dienstordnungsäm-ter“32 zu beschreiben.

Beamtenrechtliches StatusamtDas beamtenrechtliche Statusamt bezeichnet die Rechtsstel-lung einer natürlichen Person, die in einem öffentlich-rechtli-chen Dienst- und Treueverhältnis steht, also Beamter im status-rechtlichen Sinn ist33.

a) Verknüpfung mit der Begründung des Beamtenverhältnisses.Das Statusamt34 wird dem Beamten gem. § 10 III BBG bzw.§ 8 III BeamtStG im Zuge der Begründung seiner Rechtsstellungals Beamter auf Probe, Lebenszeit oder Zeit verliehen. Hierzuwird der Beamte unter Aushändigung einer Ernennungs-urkunde, die die entsprechende Amtsbezeichnung enthält,ernannt (§ 10 I Nr. 1, II 1 und 2 Nr. 3 BBG bzw. § 8 I Nr. 1, II 1und 2 Nr. 3 BeamtStG). Die Verleihung des Statusamtes ist inden Fällen des § 10 III BBG bzw. § 8 III BeamtStG allerdingsauch Voraussetzung für die Wirksamkeit der Ernennung: Ent-hält nämlich die Ernennungsurkunde in diesen Fällen keineAmtsbezeichnung, sodass dem Beamten mit der Begründungseines Beamtenverhältnisses kein Statusamt verliehen würde,ist die Ernennung nichtig (§ 13 I Nr. 1 BBG bzw. § 11 I Nr. 1BeamtStG). Die Verleihung des Statusamtes steht folglich ineinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Begründung desBeamtenverhältnisses.

b) Inhaltliche Charakterisierung der Rechtsstellung. DasStatusamt charakterisiert die Rechtsstellung des Beamtenzugleich inhaltlich nach Zugehörigkeit zu einer Laufbahn undLaufbahngruppe, der besoldungsrechtlichen Einstufung (End-grundgehalt der Besoldungsgruppe) und der Amtsbezeich-nung35. Mit der Einrichtung von Statusämtern nach diesenKategorien werden abstrakt Inhalt, Bedeutung, Umfang undVerantwortung des Amtes, mithin seine Wertigkeit zum Aus-druck gebracht36. Die Amtsinhalte werden durch den Gesetz-geber im Besoldungs- und Haushaltsrecht festgelegt. In diesemRahmen obliegt es der organisatorischen Gestaltungsfreiheitdes Dienstherrn, einzelne Dienstposten zu bewerten undbestimmten Statusämtern zuzuordnen37.

c) Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. EinemBeamten dürfen allerdings nur Dienstposten zur Ausübungübertragen werden, deren Anforderungen den mit dem Status-amt des Beamten abstrakt umschriebenen Anforderungen ent-sprechen bzw. angemessen sind. Das Statusamt vermittelteinem Beamten den Anspruch auf statusamtsgemäße Beschäf-tigung38. Der Beamte kann demnach verlangen, nur solcheTätigkeiten auszuüben, die in laufbahnrechtlicher Hinsicht sei-ner Dienststellung entsprechen.

d) Unentziehbarkeit des Beamtenstatus und Statusamtes.Sowohl der Grundstatus als auch der Bestand des übertragenen

II.

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Statusamtes i.S.d. hierdurch charakterisierten Rechtsstellungkönnen einem Beamten vom Grundsatz her nicht entzogen wer-den39. Dies resultiert aus dem Lebenszeitprinzip. Dieser herge-brachte Grundsatz des Beamtentums40 sichert die unabhängigeAmtsführung des Beamten, indem er ihm persönlich eine recht-liche und – im Zusammenspiel mit dem Alimentationsprinzip –wirtschaftliche Sicherheit bietet. Ein Beamter darf danach nichtwillkürlich oder nach freiem Ermessen aus seinem Amt entferntwerden. Dies ist Grundvoraussetzung, soll die Verwaltunggesetzeskonform arbeiten41. Daher bildet das Beamtenverhält-nis auf Lebenszeit die Regel (§ 6 I BBG, § 4 I BeamtStG).

Entsprechende Anwendung im Dienstord-nungsrecht: Dienstordnungsamt

Die die Rechtsstellung des Amtsinhabers charakterisierendeFunktion des Statusamtes muss im Dienstordnungsrecht ent-sprechend zum Tragen kommen. Auch die Dienstordnungsan-gestellten nehmen hoheitliche Aufgaben wahr und müssen inso-fern als Teil der Exekutive unabhängig tätig sein. Eine Anleihebeim Beamtentum im Hinblick auf den Schutz eines Dienstord-nungsamtes ist daher angezeigt. Dies entspricht auch dem Wil-len des Gesetzgebers. Schon mit der Regelung des § 351 I RVOhat er die Sicherung der Beschäftigten gegen eine willkürlicheBehandlung und Entlassung verfolgt42. Ebenso wird von einergrds. lebenszeitigen Übertragung des Dienstordnungsamtesauszugehen sein. Durch das Dienstordnungsamt muss denAngestellten eine vergleichbare Sicherheit im Hinblick auf dieUnentziehbarkeit ihrer durch das Amt vermittelten Rechtsstel-lung gegeben werden.

Übertragung des DienstordnungsamtesAuch die Dienstordnungsämter haben eine statusrelevanteFunktion wie das beamtenrechtliche Statusamt. Das Dienstord-nungsamt wird übertragen, indem es im schriftlichen Anstel-lungsvertrag vereinbart wird. Eine vergleichbar strenge Formwie im Beamtenrecht (Aushändigung einer Ernennungsur-

2.

3.

31 Vgl. ArbG Düsseldorf, Urt. v. 19. 4. 2013 – 11 Ca 5757/12, juris, Rn. 73.32 BAG, Urt. v. 29. 9. 2010 – 10 AZR 588/09, BAGE 135, 327 = juris, Rn. 31,

bezeichnet das einem Dienstordnungsangestellten zugewieseneAmt eines „leitenden Verwaltungsdirektors“ als Amt im statusrecht-lichen Sinne; Urt. v. 22. 6. 1999 – 9 AZR 541/98, BAGE 92, 112 = juris,Rn. 36, bezeichnet eine Beförderungsplanstelle als Amt im status-rechtlichen Sinne.

33 Battis (o.Fußn. 28), § 4 Rn. 2.34 Zentgraf, in: Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf (o.Fußn. 19), § 8

Ziff. 5.35 BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 = juris, Rn. 15;

Battis (o.Fußn. 28), § 10 Rn. 10; Zentgraf (o.Fußn. 34), § 8 Ziff. 1.4.36 BVerwG, Urt. v. 1. 6. 1995 – 2 C 20/94, BVerwGE 98, 334 = juris, Rn. 20.37 BVerwG, Urt. v. 28. 11. 1991 – 2 C 41/89, BVerwGE 89, 199 = juris, Rn. 18.38 St.Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 7. 1975 – VI C 44.72, BVerwGE 49, 64 =

juris, Rn. 32; Urt. v. 22. 6. 2006 – 2 C 1/06, juris, Rn. 13; Urt. v. 18. 9. 2008– 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 = juris, Rn. 16.

39 BVerfG, Beschl. v. 28. 5. 2008 – 2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205 = juris,Rn. 36.

40 BVerfG, 27. 4. 1959 – 2 BvF 2/58, BVerfGE 9, 268 = juris, Rn. 73; Beschl.v. 30. 3. 1977 – 2 BvR 1039/75 und 1045/75, BVerfGE 44, 249 = juris,Rn. 35; Beschl. v. 19. 9. 2007 – 2 BvF 3/02, BVerfGE 119, 247 = juris,Rn. 53; Beschl. v. 28. 5. 2008 – 2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205 = juris,Rn. 34 m.w.N.

41 BVerfG, Beschl. v. 28. 5. 2008 – 2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205 = juris,Rn. 34 ff.

42 RT-Dr 4105, I. Wahlperiode 1920/1922, zit. nach BSG, Urt. v. 13. 2. 1975– 3 RK 11/73, BSGE 39, 159 = juris, Rn. 21.

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kunde) ist dabei im Dienstordnungsrecht nicht einzuhalten.Dass die Übertragung des beamtenrechtlichen Statusamtesdurch Aushändigung der Ernennungsurkunde erfolgt (§ 10 II 1und 2 Nr. 3 BBG bzw. § 8 II 1 und 2 Nr. 3 BeamtStG), liegtdaran, dass das Amt zeitgleich mit der Begründung des Rechts-verhältnisses zu verleihen ist (§ 10 III BBG bzw. § 8 IIIBeamtStG), was gerade streng formgebunden erfolgt. DasDienstordnungsanstellungsverhältnis wird indes bereits durchVertragsschluss begründet, zusätzliche Anforderungen sinddaneben entbehrlich. In den Dienstordnungen kann jedoch alsFormerfordernis die Aushändigung einer Urkunde festgelegtwerden.

Für das Recht der Dienstordnungsangestellten gilt auch derGrundsatz, dass die wirksame Begründung des Rechtsverhält-nisses jeweils die Übertragung des Statusamtes voraussetzt43.Andernfalls würden Dienstordnungsangestellte gegenüberBeamten schlechter gestellt. Sie wären zur Erfüllung ihrer mitder Anstellung verbundenen Aufgaben verpflichtet, ohne dasssie den Schutz eines Dienstordnungsamtes genießen. Demnachmuss das Dienstordnungsamt zwingend gleichzeitig mit derBegründung des Anstellungsverhältnisses übertragen werden.Wenn eine entsprechende Vereinbarung im Anstellungsvertragfehlt oder offengelassen ist, ist der Vertrag in entsprechenderAnwendung von § 13 I Nr. 1 i.V.m. § 10 II 2 Nr. 3 BBG bzw.§ 11 I Nr. 1 i.V.m. § 8 II 2 Nr. 3 BeamtStG unwirksam. EineAnstellung des Beschäftigten ist dann nicht wirksam erfolgt.

Verknüpfung von Dienstordnungsamt undFunktionsämtern

Welche Aufgaben einem Dienstordnungsangestellten übertra-gen werden dürfen, hängt maßgeblich von der Vereinbarung imAnstellungsvertrag i.V.m. der Dienstordnung ab44. Danebentreten jedoch die Anforderungen, die das Dienstordnungsamtan die Angemessenheit der an den Angestellten übertragbarenAufgaben stellt45. Hierzu beschreiben die beamtenrechtlichenBegriffe des abstrakt-funktionellen und des konkret-funktio-nellen Amtes und ihre Beziehung zum Statusamt auch bei einemDienstordnungsangestellten den Umfang der geschütztenRechtsstellung.

Abstraktes und konkretes FunktionsamtDie Funktionsämter beziehen sich auf den Tätigkeitsbereich desAmtsträgers. Das abstrakte Funktionsamt beschreibt den beieiner Behörde dauerhaft innegehabten Aufgabenkreis46, alsoeine Funktion oder Position (z.B. Referent bei der Behörde X,Abteilungsleiter bei der Behörde Y). Als konkretes Funktions-amt versteht man den durch Organisations- und Geschäftsver-teilungsplan bei der Beschäftigungsbehörde übertragenenbestimmten Aufgabenkreis (Dienstposten; z.B. Position desReferenten für die Personalangelegenheiten des höheren Diens-tes im Dienstrechtsreferat bei der Behörde X, Position des Lei-ters der Personalabteilung bei der Behörde Y)47.

Statusamtsgemäßheit der FunktionsämterDie Funktionsämter sind mit dem Status- bzw. Dienstordnungs-amt verknüpft. In ihrer inhaltlichen Ausgestaltung sind sie vonden Vorgaben des Statusamtes abhängig: Wegen des Anspruchs

III.

1.

2.

des Beamten auf statusamtsgemäße Beschäftigung und der nach§ 18 BBesG gebotenen funktionsgerechten Besoldung müssenbeide Funktionsämter der Wertigkeit nach dem Statusamt ange-messen sein48. Ob das konkrete Funktionsamt statusamtsge-mäß ist, ist anhand der dem abstrakten Funktionsamt zu ent-nehmenden Kriterien an die Anforderungen der Tätigkeitenfestzustellen49.

Die Verknüpfung der Ämter reicht nicht so weit, dass die Funk-tionsämter wie das Statusamt bestandsgeschützt wären: Wäh-rend das Statusamt nicht entzogen werden kann, müssen sach-liche begründete Änderungen des abstrakten oder des konkre-ten Aufgabenbereichs hingenommen werden. Die Funktions-ämter verleihen keine persönlichen Rechte, sondern ledig-lich organisatorische Wahrnehmungszuständigkeiten (Befug-nisse).

Die Funktionsämter dürfen jedoch wegen der Prämisse der Sta-tusamtsgemäßheit nur in den Grenzen des Statusamtes zugewie-sen oder geändert werden50. Es ist demnach nicht zulässig, einenBeamten dauerhaft ohne sein Einverständnis Aufgaben zu über-tragen, die – gemessen an seinem Statusamt – geringer oderhöher (vgl. § 46 I BBesG)51 bewertet sind. Ein krasses Beispiel:Der Inhaber des Statusamtes „Ministerialrat“, das der Lauf-bahn des höheren Dienstes zugeordnet ist52, darf nicht mit Auf-gaben eines Bürosachbearbeiters (mittlerer Dienst) beschäftigtwerden.

Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung imDienstordnungsrecht

Diese Schutzmechanismen wurden von den Gerichten53 ent-sprechend auf die Dienstordnungsangestellten und das Dienst-ordnungsamt übertragen. Dadurch soll der mit dem Dienstord-nungsamt vermittelte Schutz der Unabhängigkeit und Unpar-teilichkeit des Angestellten nicht leerlaufen. In der Konsequenzist auch den Dienstordnungsangestellten ein Anspruch aufamtsangemessene Beschäftigung zuzusprechen54. DieserAnspruch dürfte sich ohne ausdrückliche Erwähnung bereitsaus der Verweisung in den Dienstordnungen auf die entspre-chende Geltung der auf die (Landes-)Beamten anwendbarenVorschriften, insbesondere betreffend die Rechte der Beamten,

3.

43 Siehe dazu unter II. 1. lit a.44 Vgl. BAG, Urt. v. 29. 9. 2010 – 10 AZR 588/09, BAGE 135, 327 = juris,

Rn. 12, 30.45 Vgl. BAG, Urt. v. 29. 9. 2010 – 10 AZR 588/09, BAGE 135, 327 = juris,

Rn. 30 f.46 St.Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 =

juris, Rn. 15 m.w.N.47 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 = juris,

Rn. 15.48 St.Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 =

juris, Rn. 15 f. m.w.N.49 BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 = juris, Rn. 16.50 St.Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 =

juris, Rn. 16 m.w.N.51 Vgl. BVerwG, Urt. v. 28. 4. 2011 – 2 C 30/09, BVerwGE 139, 368 = juris,

Rn. 14 ff.; Urt. v. 28. 4. 2005 – 2 C 29/04, DVBl 2005, 1145 = juris, Rn. 14.52 Vgl. Anlage 1 zu § 9 I BLV, Nr. 23 i.V.m. Anlage I BBesG, Besoldungs-

gruppe B 2.53 Vgl. BAG, Urt. v. 29. 9. 2010 – 10 AZR 588/09, BAGE 135, 327 = juris,

Rn. 30 f.54 A.A. wohl Lecheler/Determann, DÖV 1999, 885 (893): Dem Dienst-

ordnungsrecht fehle die funktionsorientierte Sicherheit (ohne nähereBegr.).

Auswirkungen des Lebenszeitprinzips bei Dienstordnungsangestellten - Herrmann/Buchheim | Aufsätze

LKV 2/2014 53

ergeben. Für Beamte ist als hergebrachter Grundsatz des Berufs-beamtentums (Art. 33 V GG) der Anspruch auf amtsangemes-sene Beschäftigung anerkannt55.

Funktionsänderungen

Zur Änderung der Verwendung eines Dienstordnungsange-stellten bedient sich der Sozialversicherungsträger eines einsei-tigen Gestaltungsrechts nach Maßgabe der dienstrechtlichenInstrumente des Beamtenrechts. Die Umsetzung, Abordnungund Versetzung betreffen das Verhältnis des Beamten als Amts-walter, also seine Funktionsämter. Sie unterscheiden sich inihren Zielrichtungen.

Die Umsetzung ist darauf angelegt, einem Beamten dauerndoder zeitweilig einen anderen Dienstposten in derselbenBehörde zuzuweisen56. Sie ändert nur das Amt im konkret-funktionellen Sinn, das abstrakt-funktionelle sowie das status-rechtliche Amt bleiben unberührt57. Die gleiche Konsequenzhat auch eine Abordnung58. Sie erfolgt, um einen Beamten vor-übergehend bei einer anderen Dienststelle (desselben oder einesanderen Dienstherrn) einzusetzen, wobei der Beamte weiterhinseiner Stammdienststelle angehört (vgl. § 27 I und III BBG)59. ImVergleich zur Umsetzung wechselt der abgeordnete Beamte ineine andere Dienststelle. Auch soweit dem Beamten ausnahms-weise Tätigkeiten zugewiesen werden können, die nicht seinemabstrakten Funktions- bzw. Statusamt entsprechen (§ 27 II 1und 2 BBG), werden diese Ämter dadurch nicht verändert60, dadies nur für einen vorübergehenden Zeitraum zulässig ist. Hin-gegen hat eine Versetzung die Änderung der Beziehung von Sta-tusamt zum Funktionsamt zum Ziel61. Entweder verlässt erseine Stammdienststelle dauerhaft62 im Wege einer sog. orga-nisationsrechtlichen Versetzung, durch die ihm dauerhaft einanderes abstrakt-funktionelles Amt bei einer anderen Behörde(desselben oder eines anderen Dienstherrn) übertragen wird(z.B. Übertragung des abstrakten Funktionsamtes eines Refe-renten der Behörde Y an einen Beamten im Amt eines Referentender Behörde X). Oder das Statusamt wird durch eine sog. sta-tusrechtliche Versetzung63 dauerhaft geändert, indem – beiunveränderter Behördenzugehörigkeit – ein anderes Statusamtderselben Laufbahngruppe mit gleicher Besoldung oder glei-cher Amtsbezeichnung verliehen wird64.

Konkludente Vereinbarung einseitiger Gestal-tungsrechte

Die genannten beamtenrechtlichen Verwendungsentscheidun-gen bedürfen regelmäßig nicht der Zustimmung des Beamten,sondern können einseitig vom Dienstherrn erlassen werden. DieBefugnis der Sozialversicherungsträger zur Ausübung derarti-ger einseitiger Gestaltungsrechte ist zwischen den Dienstord-nungsangestellten und den Sozialversicherungsträgern konklu-dent im Anstellungsvertrag vereinbart. Sie resultiert aus der pri-vatautonomen Anerkennung der Dienstordnung, wonach derSozialversicherungsträger im Dienstordnungsanstellungsver-hältnis wie ein beamtenrechtlicher Dienstherr einseitige Befug-nisse im Über- und Unterordnungsverhältnis auszuübenberechtigt ist65. Da sich der Dienstordnungsangestellte der Gel-tung der Dienstordnung, kraft derer beamtenrechtliche Rechteund Pflichten entsprechende Anwendung finden, unterwirft,

IV.

1.

erklärt er sich mit der entsprechenden Geltung der beamten-rechtlichen Befugnisse für sein Anstellungsverhältnis einver-standen.

UmsetzungMit der Umsetzung eines Dienstordnungsangestellten kann ihmeine seinem abstrakten Funktions- und dem Dienstordnungs-amt entsprechende Tätigkeit zugewiesen werden. Soll ihm einnicht angemessenes Funktionsamt dauerhaft übertragen wer-den, geht dies nicht im Wege einer Umsetzung. Aus sachlichenGründen kann einem Beamten hierdurch zwar ein andererDienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinn) übertragenwerden66. Da eine Umsetzung jedoch keine Änderung desabstrakten Funktions- oder des Statusamtes zur Folge hat, mussdie Tätigkeit auf dem neuen Dienstposten statusamtsgemäßsein.

Zulässig dürfte demnach die Übertragung einer nicht dienstord-nungsamtsgemäßen Funktion nur für einen vorübergehenden,von vornherein beschränkten Zeitraum sein. Beamtenrechtlichist die vorübergehende Übertragung unterwertiger Tätigkeitenanerkannt (vgl. z.B. § 28 S. 2 Halbs. 2 i.V.m. § 29 II BbgBG).

AbordnungAuch die Abordnung kann nur einer amtsangemessenen neuenVerwendung dienen, da sie auf den Bestand des Dienstord-nungs- und abstrakten Funktionsamtes keine Auswirkung hat.Als dienstrechtliche Maßnahme zur dauerhaften Übertragunganderer Funktionen scheidet sie gleichwohl aus, da sie nur aufeine vorübergehende Änderung des Dienstpostens angelegt ist.Insoweit sind drei Konstellationen geregelt: Ein Beamter kannerstens aus dienstlichen Gründen vorübergehend zu einer sei-nem Amt entsprechenden Tätigkeit an eine andere Dienststelledesselben oder eines anderen Dienstherrn abgeordnet werden(§ 27 I BBG bzw. § 29 I BbgBG). Zweitens kann ein Beamterauch aus dienstlichen Gründen vorübergehend zu einer nichtamtsangemessenen Tätigkeit abgeordnet werden, wenn ihm dieWahrnehmung der neuen Tätigkeit aufgrund seiner Vor- oderAusbildung zumutbar ist (§ 27 II 1 BBG bzw. § 29 II 1 BbgBG).Eine Abordnung ist drittens auch zu einer Tätigkeit möglich, dienicht einem Amt mit demselben Endgrundgehalt entspricht(§ 27 II 2 BBG bzw. § 29 II 2 BbgBG).

2.

3.

55 Siehe dazu unter II. 1. lit. c.56 Battis (o.Fußn. 28), § 28 Rn. 4.57 BVerwG, Urt. v. 22. 5. 1980 – 2 C 30/78, BVerwGE 60, 144 = juris,

Rn. 17; BT-Dr 16/7076, S. 108.58 Kugele, in: Kugele (Hrsg.), BeamtStG, 2011, § 14 Rn. 4, 10.59 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 6. 2006 – 2 C 26/05, BVerwGE 126, 182 = juris,

Rn. 28; Battis (o.Fußn. 28), § 27 Rn. 5; Kugele (o.Fußn. 58), § 14 Rn. 9.60 Battis (o.Fußn. 28), § 27 Rn. 5.61 Rieger, in: Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf (o.Fußn. 19), § 15

Ziff. 1.1.62 Vgl. Kugele (o.Fußn. 58), § 14 Rn. 9.63 BVerwG, Urt. v. 29. 4. 1982 – 2 C 41/80, BVerwGE 65, 270 = juris, Rn. 17.64 Vgl. z.B. zur Übertragung eines Statusamtes einer anderen Laufbahn

BVerwG, Urt. v. 29. 4. 1982 – 2 C 41/80, BVerwGE 65, 270 = juris,Rn. 16 f.: Verleihung des Statusamtes „Amtsinspektor“ anstelle desStatusamtes „Obergerichtsvollzieher“ bei demselben Amtsgericht;Battis (o.Fußn. 28), § 28 Rn. 2.

65 Vgl. BAG, Urt. v. 29. 9. 2010 – 10 AZR 588/09, BAGE 135, 327 = juris,Rn. 17.

66 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 5. 1980 – 2 C 30/78, BVerwGE 60, 144 = juris,Rn. 23 ff.

Aufsätze | Herrmann/Buchheim - Auswirkungen des Lebenszeitprinzips bei Dienstordnungsangestellten

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Dass die Abordnung vorübergehend sein muss, bedeutet indesnicht, dass es sich nur um eine kurzfristige Maßnahme handelndarf. Auch soll die Dauer vom Dienstherrn beim Erlass nicht injedem Fall bestimmt werden müssen67: Die Abordnung zueinem anderen Dienstherrn bedarf grds. der Zustimmung desBeamten, es sei denn, dass sie u.a. nicht länger als fünf Jahre dau-ert (§ 27 III 1 Nr. 2 und III 2 BBG bzw. § 29 III 1 BbgBG). Auchdie Abordnung zu einer nicht amtsangemessenen Tätigkeit(§ 27 II BBG bzw. § 29 II 1 und 2 BbgBG) ist nur zustimmungs-pflichtig, wenn sie länger als zwei (§ 27 III 1 Nr. 1 BBG) bzw.drei Jahre (§ 29 II 3 BbgBG) dauert.

VersetzungEine dem Dienstordnungsamt nicht angemessene Tätigkeitkann einem Dienstordnungsangestellten auch nicht im Wegeeiner Versetzung übertragen werden.

Soweit eine Versetzung im organisationsrechtlichen Sinn einenBehördenwechsel (Übertragung eines abstrakt-funktionellemAmtes bei einer anderen Behörde) voraussetzt, hätte die Zuwei-sung einer Tätigkeit auf diesem Wege zur Folge, dass der Dienst-ordnungsangestellte seine bisherige Dienststelle verlässt. Erwechselt entweder zur einer anderen Dienststelle „seines“ Sozi-alversicherungsträgers oder zu einer Dienststelle eines anderen,neuen Sozialversicherungsträgers (Dienstherren).

Die Versetzung ist darüber hinaus nur auf Antrag des Beschäf-tigten oder aus dienstlichen Gründen möglich (§ 28 II BBG bzw.§ 30 I BbgBG). Hierbei ist eine Versetzung in ein Amt mit nichtmindestens demselben Endgrundgehalt ohne Antrag des Beam-ten nur aus dienstlichen Gründen und mit seiner Zustimmungmöglich (vgl. § 28 II, 2. Alt. BBG bzw. § 30 II 1 BbgBG). Nurausnahmsweise wäre die Übertragung eines Amtes derselbenoder einer anderen Laufbahn mit geringerem Endgrundgehaltzulässig, wobei das Endgrundgehalt mindestens dem des Amtesentsprechen muss, das der Beamte vor dem bisherigen Amt inne-hatte (§ 28 III BBG bzw. § 30 III BbgBG): Bei der Auflösung odereiner wesentlichen Änderung des Aufbaus oder der Aufgabeneiner Behörde oder der Verschmelzung von Behörden kann einBeamter, dessen Aufgabengebiet davon berührt wird, auchohne seine Zustimmung in ein anderes Amt derselben oder eineranderen Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt im Bereichdesselben Dienstherrn versetzt werden, wenn eine seinem bis-herigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist. DerBeamte wäre verpflichtet, ggf. an Maßnahmen für den Erwerbder Laufbahnbefähigung teilzunehmen (§ 28 III 3 BBG bzw.§ 30 III 3 BbgBG).

Änderungen des Dienstordnungsamtes

Die Änderung des Dienstordnungsamtes ist, obwohl es imGrundsatz den Angestellten auf Lebenszeit übertragenwurde68, möglich. Das Lebenszeitprinzip wird bei Dienst-ordnungsangestellten kraft Parteivereinbarung dahingehendeingeschränkt, dass auch der Verlust des Dienstordnungsamtesund die Übertragung eines Amtes mit geringerem Endgrundge-halt in den Fällen hinzunehmen sind, in denen das Statusamteines Beamten verloren geht: Dies betrifft zum einen Umstände,durch die das Anstellungsverhältnis als solches beendet wird(z.B. bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von über einem

4.

V.

Jahr). Zum anderen kann dem Sozialversicherungsträger durchdie Dienstordnung die einseitige Befugnis eingeräumt werden,als Folge einer schwerwiegenden Verletzung von Vertrags- oderDienstpflichten, die trotz Fortbestehen einer Vertrauensgrund-lage eine nach außen sichtbare Reaktion im Dienstordnungsver-hältnis erfordern, dem Angestellten wie bei einer disziplinar-rechtlichen Zurückstufung oder Degradierung ein Dienstord-nungsamt mit geringerem Endgrundgehalt zu übertragen.

Darüber hinaus ist eine weitere Einschränkung des Lebenszeit-prinzips69 auch bei Dienstordnungsangestellten beachtlich: Esgeht um die Abberufung eines Angestellten von Organfunktio-nen des Sozialversicherungsträgers. Die Änderung des Dienst-ordnungsamtes erfolgt mithin aufgrund beiderseitigen Einver-ständnisses, ohne dass es einer gesonderten Zustimmung desAngestellten bedarf. Insoweit besteht keine Gefahr für dieUnabhängigkeit der Amtsführung des Angestellten im Hinblickauf einen willkürlichen Entzug des Dienstordnungsamtes durchden Sozialversicherungsträger, vor der das Lebenszeitprinzipschützen will70. Für diese Modifikation des Lebenszeitprinzipsbestehen gewichtige Argumente:

Statusänderung kraft vereinbarten „Durchgriffs“a) Beendigung des Anstellungsverhältnisses problematisch.Verbinden der Anstellungsvertrag oder die Dienstordnung denVerlust der Organfunktion unmittelbar mit der Beendigung desAnstellungsverhältnisses, wäre dies zwar aus Sicht des Sozial-versicherungsträgers „konsequent“. Ob der Angestellte wäh-rend der Ausübung des Amtes, in das er gewählt wurde, beieinem drohenden Verlust seines Anstellungsverhältnisses nochdie wirtschaftliche und persönliche Unabhängigkeit vergleich-bar einem Beamten besitzt71, muss bezweifelt werden. Verstehtman § 352 S. 2 RVO bzw. § 145 S. 2 SGB VII als gesetzlichesVerbot, die Anstellungsverhältnisse der Dienstordnungsbe-schäftigten schon bei einer Abberufung von der Organfunktionerlöschen zu lassen, wären derartige Regelungen einer Dienst-ordnung rechtswidrig oder im Anstellungsvertrag gem. § 134BGB unwirksam.

b) Verlust des Dienstordnungsamtes bei Beendigung derOrganmitgliedschaft. Anderes gilt, wenn lediglich das nacheiner Wahl übertragene Dienstordnungsamt bei Abberufungentfällt und bei fortbestehendem Anstellungsverhältnis einanderes Dienstordnungsamt übertragen werden darf. Die wirt-schaftliche und persönliche Unabhängigkeit des Gewähltenwäre gewährleistet, um von ihm verlangen zu können, dass erseine Vertrags- und Dienstpflichten auch bei einem Interessen-gegensatz zum Wahlgremium erfüllt. Der Verlust der organ-schaftlichen Rechtsstellung lässt demnach das Anstellungsver-

1.

67 Battis (o.Fußn. 28), § 27 Rn. 6; a.A. Reich, BeamtStG, 2009, § 14 Rn. 3:Befristung.

68 Siehe dazu unter II. 2.69 Vgl. für die im Beamtenverhältnis auf Zeit berufenen kommunalen

Wahlbeamten, deren demokratische Legitimation erneuert werdenmuss, wenn sie nach Ablauf der Wahlperiode im Amt bleiben sollen,BVerfG, Beschl. v. 17. 10. 1957 – 1 BvL 1/57, BVerfGE 7, 155 = juris,Rn. 42 ff.; Beschl. v. 28. 5. 2008 – 2 BvL 11/07, BVerfGE 121, 205 = juris,Rn. 39.

70 Siehe dazu unter II. 1. lit. d.71 Vgl. hierzu nur BVerwG, Urt. v. 22. 3. 2007 – 2 C 10/06, BVerwGE 128,

231 = juris, Rn. 18 ff.; Beschl. v. 27. 9. 2007 – 2 C 21/06, 26/06 und 29/07,BVerwGE 129, 272 = juris, Rn. 49 m.w.N.

Auswirkungen des Lebenszeitprinzips bei Dienstordnungsangestellten - Herrmann/Buchheim | Aufsätze

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hältnis als solches unberührt, schlägt aber auf das Dienstord-nungsamt durch72.

Hierbei geht es insbesondere um die Beendigung der hauptamt-lichen Wahrnehmung von Funktionen eines Selbstverwaltungs-organs (Vertreterversammlung, Vorstand und Geschäftsfüh-rer, § 31 I 1 und 2 SGB IV73). Der in ein Organ gewählte Ange-stellte (vgl. §§ 36 II Halbs. 1, 46 ff. SGB IV) verliert dieses Amtvorzeitig aufgrund eines unanfechtbaren Beschlusses über dieAmtsentbindung oder Amtsenthebung (§ 59 I Nr. 3 i.V.m. IIbzw. III SGB IV). Der Amtsenthebungsbeschluss wird ggf. fürvorläufig vollziehbar erklärt mit der Konsequenz, dass dieAmtsausübung mit sofortiger Wirkung nicht mehr möglich ist(§ 59 III 2 SGB IV).

Praktisch erhält der Angestellte nach dem Ausscheiden aus demOrgan vorübergehend weiterhin Vergütung74. Auf die miteinem anderen Dienstordnungsamt verbundenen Bezüge kannerst nach der ausdrücklichen Übertragung abgestellt werden.Dabei empfiehlt es sich, das neue Funktionsamt bereits imZusammenhang mit der Abberufungsentscheidung beschlie-ßen zu lassen. Allerdings ist der Sozialversicherungsträger auf-grund des ihm zustehenden Personal- und Organisationsermes-sens nicht zur Schaffung oder „Freimachung“ einer theoretischdenkbaren gleichwertigen Stelle verpflichtet. Da auch für diedurch Wahl zu besetzenden Funktionen in Selbstverwaltungs-organen keine „Ersatzstellen“ in den Stellenplänen vorgesehensind, kommt hierbei regelmäßig nur die Übertragung einesDienstordnungsamtes mit geringerem Endgrundgehalt inBetracht.

Der „Durchgriff“ der Abberufung auf das Dienstordnungsamtstellt vor allem sicher, dass der Sozialversicherungsträger dieBeendigung der Amtsstellung durch die Abberufungsentschei-dung vollziehen kann. Die vom Gesetzgeber zur demokrati-schen Legitimation der mittelbaren Staatsverwaltung vorgese-hene Abberufungsbefugnis könnte andernfalls unterlaufenwerden, wenn der abberufene Amtsinhaber jede andereBeschäftigung unter Verweis auf seinen Anspruch allein auf diefrühere Tätigkeit im Selbstverwaltungsorgan ablehnen könnte.Solange der ausgeschiedene Angestellte das mit der Organstel-lung korrespondierende Dienstordnungsamt innehat, kanndiese Stelle auch nicht nachbesetzt werden, denn der Amtsnach-folger könnte nach seiner Wahl nicht in die (weiterhin besetzte)Stelle eingewiesen werden.

Der Dienstordnungsangestellte ist der Abberufung freilichnicht schutzlos ausgeliefert. Zum einen bedarf die Wahl in einSelbstverwaltungsorgan seiner Zustimmung, die er mit derWahlbewerbung um die hauptamtliche Funktion zum Aus-druck bringt. Indem er sich zur Wahl gestellt hat75, unterwirft ersich zugleich den gesetzlichen Befugnissen des Wahlgremiums,seine Amtsstellung durch Abberufung zu beenden. Dieses Abbe-rufungsrecht des Sozialversicherungsträgers ist demnachwenigstens konkludent Bestandteil des Anstellungsvertragsgeworden und darf bei dessen Auslegung nicht vernachlässigtwerden.

Statusänderung bei ausgeschiedenen Organ-mitgliedern durch einseitige Erklärung des Arbeit-gebers

Will ein Sozialversicherungsträger ein ehemaliges Organmit-glied in einer anderen Position in seiner Verwaltung verwenden,darf er nach dem zuvor Gesagten einseitig ein neues Dienstord-nungsamt festlegen und mithin den Anstellungsvertrag ändern.Das aktive Beschäftigungsverhältnis wird modifiziert.

a) Schutz des Angestellten. Vereinbarte einseitige Gestaltungs-rechte des Arbeitgebers waren bereits Gegenstand arbeitsge-richtlicher Entscheidungen. Die Gerichte haben dabei häufigden Schutz des Angestellten hervorgehoben, auch wenn sich die-ser mit der einseitigen arbeitgeberseitigen Änderung der Ver-tragsbedingungen einverstanden erklärt hatte.

So wurde eine einseitig vom Arbeitsgeber erklärte Versetzungeiner Führungskraft in den einstweiligen Ruhestand, die sich andie beamtenrechtlichen Vorschriften über politische Beamteanlehnte, deswegen für unwirksam gehalten, weil der für dieBeendigung des aktiven Arbeitsverhältnisses erforderlichewichtige Grund76 weder geltend gemacht worden noch ersicht-lich gewesen ist. Auch das Abbestellungsrecht eines Arbeitge-bers, das er gegenüber einem als Unternehmensbereichsleitereingestellten und in diese Position berufenen Angestellten imFalle des Vertrauensverlusts ausüben können sollte, war unzu-lässig, da für die Entscheidung kein wichtiger Grund vorzulie-gen brauchte77. Der Einsatz der Gestaltungsrechte der Arbeit-geber musste jeweils den Anforderungen des § 626 BGB genü-gen.

Setzt das BAG demnach zur Ausübung des einseitigen Gestal-tungsrechts einen wichtigen Grund voraus, wird dieser bei denhauptamtlichen Funktionsinhabern in Selbstverwaltungsorga-nen schon durch die verfahrensfehlerfreie Ausübung gesetz-licher Befugnisse zur Abberufung nachgewiesen. Nur zumZwecke einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung muss die Abbe-rufung als politische Entscheidung des Wahlorgans einer Selbst-verwaltungskörperschaft auch nicht mit einer Begründung ver-sehen werden. Um Übergriffe in die Wahlbefugnis der Selbst-verwaltungskörperschaft zu vermeiden, darf die entsprechendden verfassungsrechtlichen Vorgaben ausgestaltete Abberu-fung in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren nur daraufhinüberprüft werden, ob sie einem mit dem Gesetz zu vereinbaren-den Zweck widerspricht und ob Form- und Verfahrensvor-schriften eingehalten worden sind78. Insofern unterscheidet

2.

72 Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12. 11. 2009 – 8 LC 58/08, OVGE MüLü 53,326 = juris, Rn. 42; a.A. OLG Brandenburg, Urt. v. 26. 3. 2013 – 6 U 62/12,juris, Rn. 62, nicht rechtskräftig; Baier, in: Wagner/Knittel (o.Fußn. 1),§ 36 SGB IV Rn. 20.

73 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für dieSozialversicherung – i.d.F. der Bkm. vom 12. 11. 2009, BGBl I, 3710, 3973;BGBl 2011 I, 363, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. 10. 2013,BGBl I, 3836.

74 Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12. 11. 2009 – 8 LC 58/08, OVGE MüLü 53,326 = juris, Rn. 52.

75 Eine Erklärung über die Annahme der Wahl bedarf es nicht; vgl.Baier (o.Fußn. 72), § 58 SGB IV Rn. 3.

76 BAG, Urt. v. 5. 2. 2009 – 6 AZR 151/08, BAGE 129, 265 = juris, Rn. 48 ff.77 BAG, Urt. v. 9. 2. 2006 – 6 AZR 47/05, BAGE 117, 81 = juris, Rn. 22 ff.78 Siehe zur gerichtlichen Kontrolldichte bei der Abberufung kommu-

naler Wahlbeamter OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 7. 1. 2010 –12 S 101.09, juris, Rn. 4 m.w.N.

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sich die Abberufung eines Organwalters von der Beendigungder herausgehobenen Führungstätigkeit eines Dienstordnungs-angestellten. Bei Letzterem ist dem Sozialversicherungsträgereine einseitige Änderung des Funktionsamtes nur nach Maß-gabe der beamtenrechtlichen Bestimmungen über Umsetzung,Abordnung und Versetzung möglich. Diese Maßnahmen erfor-dern sachliche Gründe, um gegen den Willen des Angestelltendienstliche Verwendungsentscheidungen durchzusetzen79.

Steht eine freie Stelle in der Verwaltung des Sozialversicherungs-trägers nicht zur Verfügung, deren Amt und Aufgaben demDienstordnungsangestellten nach Abberufung von der Organ-funktion übertragen werden kann, kollidiert der Beschäfti-gungsanspruch des Angestellten mit der Organisationshoheitdes Arbeitgebers, keine Stellen einrichten und ausbringen zumüssen. Dabei wäre es dem Angestellten kaum zumutbar, dau-erhaft keine (angemessene) Beschäftigung auszuüben80. Auchwenn der Angestellte seinerseits die Übertragung einer entspre-chenden Funktion verlangen könnte, gibt es jedoch keine ange-messene Beschäftigungsmöglichkeit und erst recht keinenAnspruch auf erneute Wahl in das Amt. Die Situation des aus derOrganstellung ausgeschiedenen Angestellten ist der eines abge-wählten kommunalen Wahlbeamten ähnlich: Dieser verliertmit der Abwahl aus seinem Amt den Anspruch auf amtsgemäßeBeschäftigung und scheidet aus dem aktiven Dienstverhältnisaus. Er erhält bis zum Ablauf seiner Amtszeit – und bei Vorliegenhinreichender Dienstzeiten auch danach – Versorgung wie ein inden Ruhestand versetzter Beamter (vgl. § 123 II BbgBG). DieÜbertragung der Alimentationsansprüche im Abwahlverhält-nis (d.h. ohne Beschäftigungsanspruch und Dienstpflicht) aufdie abberufenen Dienstordnungsangestellten ist noch nichtunmittelbar vom Verweis auf das Beamtenrecht erfasst. DasWahlerfordernis und die Abwählbarkeit sind nur für wenigeBeamte überhaupt geregelt; ob die Besonderheiten des Zeitbe-amtenverhältnisses bei den auf Lebenszeit gewählten Funkti-onsinhabern ausgeblendet werden können, versteht sich jeden-falls nicht von selbst. Deshalb ist Vorsicht geboten, in der Wahl-bewerbung selbst schon die Zustimmung zu sehen, bei einerAbberufung von jeder aktiven Beschäftigung befreit und wie einRuhestandsbeamter versorgt zu werden.

Zweckmäßig könnte eine solche Abrede über die Folgen einerAbberufung, insbesondere über das Pensions- oder Ruhe-standsgehalt, indes ausdrücklich im Anstellungsvertrag getrof-fen werden, wenn dieser im Hinblick auf die Wahl in die Organ-funktion angepasst wird. Ein Angebot einer Pensionsabredewird noch nicht damit unterbreitet, dass ein entsprechenderBeschluss des Aufsichtsgremiums gefasst oder eine Sitzungsnie-derschrift hierüber übergeben wird81. Aufgrund der Unterwer-fung wird für das Dienstordnungsverhältnis eine entsprechendeRegelung verbindlich, die allgemein und unabhängig von derbetreffenden Person in der Dienstordnung aufgenommen wird.

b) Änderungskündigung. Selbst wenn man die aufgezeigten Fol-gen der Abberufung als zu gravierend betrachtet, als dass sieallein vom Arbeitgeber mittels einseitiger Gestaltungsrechtegeregelt werden dürften, bliebe dem Sozialversicherungsträgerzur Umsetzung des Abberufungsbeschlusses noch der Aus-spruch einer außerordentlichen Änderungskündigung.

Unter einer Änderungskündigung ist das mit einer Kündigungverbundene Angebot zur Änderung der bestehenden Vertrags-bedingungen zu verstehen82. Der Änderungserfolg ist dabeiabhängig von der Mitwirkung des Vertragspartners, dem sichgrds. mehrere Handlungsoptionen bieten: Er kann das Ände-rungsangebot unbedingt annehmen, es ablehnen oder nur unterdem Vorbehalt der mangelnden sozialen Rechtfertigung anneh-men (§ 2 KSchG83). Bei einer Ablehnung endet der Vertragdurch Kündigung, wobei deren Wirksamkeit im Rahmen einerKündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) überprüft werden kann.Soweit die Annahme unter Vorbehalt erklärt wird, steht dieBeendigung des Vertrags außer Streit und es wird im Rahmeneiner sog. Änderungsschutzklage geprüft, ob das Rechtsver-hältnis zu den alten oder neuen Bedingungen fortbesteht.

Einem Dienstordnungsangestellten stehen diese Optionenallerdings nicht offen. Denn er hat seine Annahmeerklärungbereits mit der Aufstellung zur Wahl in das Organ und in demBewusstsein, sich bei einem Ausscheiden für eine andere Ver-wendung bereithalten zu müssen, konkludent antizipiert.Ebenso wie die Ablehnung des Änderungsangebots ist die Fort-setzung des Dienstordnungsverhältnisses zu den bisherigenBedingungen ausgeschlossen. Die prinzipielle Frage, ob Dienst-ordnungsanstellungsverhältnisse überhaupt kündbar sind84,stellt sich daher nicht. Dem Angestellten darf die neue Positionunter Änderung seines Vertrags zugewiesen werden, ohne dasses einer gesonderten Annahme eines dahingehenden Ände-rungsangebots bedarf. Im Ergebnis darf der Arbeitgeber denAnstellungsvertrag des ausgeschiedenen Organmitglieds auchdurch eine Änderungskündigung faktisch einseitig ändern.

Freilich muss sich die Vertragsänderung im Rahmen desZumutbaren halten. Das Änderungsangebot85 muss verhältnis-mäßig sein, d.h. die angebotenen Änderungen dürfen nicht überdas zur Anpassung des Vertrags erforderliche Maß hinausge-hen86. Im Hinblick auf die Übertragung eines neuen Dienstord-nungsamtes ist die Zumutbarkeit gegeben, wenn das Amt derAus- und Vorbildung des Angestellten entspricht. Insbesondereist es für den Angestellten hinnehmbar, das vor der Wahl in dasOrgan innegehabte Dienstordnungsamt wieder oder eine die-sem Amt entsprechende Aufgabe übertragen zu bekommen.Jedenfalls lässt sich die Unzumutbarkeit der Übertragung einesanderen Amtes nicht allein mit dem Verlust der herausgehobe-nen Stellung in der Verwaltungshierarchie oder den Gehaltsein-bußen begründen, da der Dienstordnungsangestellte dies alsnotwendige Folge der von ihm im Voraus akzeptierten Abberu-

79 Siehe dazu unter IV.80 Vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 9. 2008 – 2 C 8/07, BVerwGE 132, 31 = juris,

Rn. 15 f.81 OLG Dresden, Urt. v. 18. 5. 2010 – 2 U 1843/09, juris, Rn. 54.82 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 7. 2012 – 2 AZR 25/11, NZA 2012, 1038 (1039);

Hesse, in: MünchKomm-BGB (o.Fußn. 25), Vorbem. zu §§ 620-630Rn. 68; Berkowsky, in: Richardi/Wißmann/Wlotzke/Oetker (Hrsg.),Münchener Hdb. zum Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl. (2009), § 120 Rn. 1.

83 Kündigungsschutzgesetz vom 25. 8. 1969, BGBl I, 1317, zuletzt geän-dert durch Gesetz vom 20. 4. 2013, BGBl I, 868.

84 Siehe dazu unter I. 3.85 Vgl. Oetker, in: Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Komm. zum Arbeits-

recht, 14. Aufl. (2014), § 2 KSchG Rn. 32, 39 ff.; Hergenröder, in: Münch-Komm-BGB (o.Fußn. 25), § 2 KSchG Rn. 75; a.A. Berkowsky (o.Fußn. 82),§ 122 Rn. 5 ff.

86 BAG, Urt. v. 12. 8. 2010 − 2 AZR 945/08, NZA 2011, 460 (463) m.w.N.

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