20.02.17 10:42:17 [Teilseite 'SZDO03' - Ruhr Nachrichten ... Talker AG_02.pdfFrühjahr 2015....

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20.02.17 10:42:17 [Teilseite 'SZDO03' - Ruhr Nachrichten | Verlag Lensing-Wolff | Medienhaus Lensing | Dortmund Stadt | Dortmunder Zeitung] von Jennifer.Kotte (Color Bogen) (85% Zoom) pçååí~ÖI=NVK=cÉÄêì~ê=OMNT @I=kêK=pwMTI=TK=tçÅÜÉ a l o q j r k a b o = w b f qr k d O ñ Fortsetzung von Seite 2 ie brauchen die Er- kenntnis, dass sie selber aktiv spre- chen können“, sagt Ina Steinhaus. Deshalb sitzen zwischen den Schülern an den langen Holztischen die Ergotherapeutinnen Doro- thea Kemper und Rita Pieper- hoff, die die Kinder beim Be- dienen ihrer Talker unterstüt- zen. Wenn Annika spricht, dann tut sie das mit ihrem Fuß. Ih- re Hände kann sie nicht be- nutzen. Wenn sie den Talker bedient, kreist ihr Fuß über der Tastatur, die auf einem speziellen Plastiktisch auf dem Linoleum-Boden vor ihr steht. Dann verfällt sie plötz- lich in alte Muster: Mit Lau- ten versucht Annika, Ergo- Therapeutin Dorothea Kem- per etwas mitzuteilen. Weil das aber nicht ankommt, er- innert Kemper sie daran, den Talker zu benutzen. Wie bei dem Galgenmänn- chen-Spiel. Ina Steinhaus steht vor der weißen Magnet- tafel in der Mitte der U-förmi- gen Tischreihe und wartet auf Antworten. Ihr schwarzer Filzstift wippt in ihrer Hand geduldig auf und ab. Zehn ho- rizontale Striche warten auf der Tafel darauf, mit Buchsta- ben gefüllt zu werden. S, A, L und L stehen bereits auf vie- ren davon. Die haben die Kin- der erraten. Das Wort, das da- hinter steckt, müssen sie aber noch finden. „M wie Mann“ ertönt es aus einem Talker. Der erste fal- sche Buchstabe. Und der erste Strich für das Galgenmänn- chen. Ist das Bild fertig, bevor die Kinder das Wort heraus- gefunden haben, gewinnt das Galgenmännchen. B wie Bus. Wieder falsch. Das Galgen- männchen nimmt Form an, nach und nach. Trotz aller Mühen der Kinder gewinnt am Ende das Galgenmänn- chen. Dennoch lassen sich die Schüler nicht davon abbrin- gen, weiter zu raten: bis sich S das Wort Schneefall auf der weißen Tafel zusammensetzt. Klatschende Hände, strahlen- de Augen, quietschende Stim- men – am Ende haben die Schüler das Rätsel trotzdem gelöst. Und gleichzeitig ihre Vokabel-Kenntnisse verfes- tigt. urch die nächste Übung, sagt Steinhaus, lernen die Schüler neue Vokabeln. Marko steht auf, tritt in die Mitte der Tischreihe, schnallt sich einen orangenen Stoff- Rucksack auf und beginnt auf den Boden zu stapfen. Erst mit dem rechten, dann mit dem linken Fuß. Marko spielt einen Wanderer, der in den Bergen unterwegs ist. Nun liegt es an den übrigen Schü- lern, dem Wanderer mit dem Talker den entscheidenden Befehl zu geben. Kati tippt auf ihrem Talker herum, auf das Symbol des Wanderers und den nach unten zeigen- den Daumen. „Du sollst fal- len“, ertönt es aus ihrem Sprachcomputer. Aufgeregt kreischen die Schüler durcheinander. Hek- tisch klatschen sie in die Hän- de. Sie können es kaum ab- warten. Langsam stapft Mar- ko nach vorne, streckt die Ar- me geradeaus und lässt sich sanft auf die Knie und dann auf den Boden fallen. Auf die Aufforderung der Schüler hat Marko reagiert. Die Kommu- nikation hat geklappt. Das Gespräch mit dem Mitschüler, die Fähigkeit, jemanden zu etwas aufzufordern, um et- was zu bitten – für die Kinder ist all das neu. Allein durch ihre Computer haben sie dazu nun endlich die Möglichkeit. Nach Marko ist der Reihe nach jeder Schüler dran, den Wanderer zu spielen. Jeder, bis auf Annika. Annika, die ihre Hände nicht nutzen kann, fühlt sich auf ihren Bei- nen unsicher. Trotz der Ermu- tigung durch Lehrerin Ina Steinhaus traut sie sich nicht, den Wanderer zu spielen. „Niemand muss spielen, wenn er nicht möchte“, sagt D Ina Steinhaus und lächelt An- nika zu. Das Selbstbewusst- sein stärken, Mut entwickeln – auch das ist ein Teil der Tal- ker-AG. Damit sie die neue Vokabel nicht vergessen, gibt Stein- haus den Schülern eine Haus- aufgabe: „Schreibt bis nächs- ten Dienstag zehn Sätze mit dem Wort ‚fallen‘ in das No- tizbuch eurer Talker.“ Kleine Schritte, nennt Ina Steinhaus das. Und damit sie Wirkung zeigen, sei es wichtig, dass die Kinder ihre Talker auch zu Hause kontinuierlich nutzen. benso wie die Schüler jahrelang nur reagiert E haben, ist es vielen auch neu, auf die Gefühle und Worte ei- ner anderen Person einzuge- hen. Deshalb erzählen die Schüler am Ende der AG da- von, wie es ihnen geht, wie ihre letzte Woche war und was sie bis zur nächsten AG noch alles unternehmen wer- den. Mevlana ist krank, deshalb erzählt sie von ihrem schlim- men Husten und fasst sich mit der Hand an ihren Hals. „Was sagt man da?“, fragt Ina Steinhaus etwas anleitend. Ei- ne kurze Pause, dann schnel- len die Finger und Füße der Schüler über die Tasten ihrer Talker. „Meine Güte. Das ist schlecht“, sagt Mayal. „Gute Besserung“, ertönt es aus ei- nem zweiten Gerät. Kati erzählt davon, was sie am Vorabend gemeinsam mit ihrer Familie erlebt hat: „Wir haben zu Abend gegessen und Spiele gespielt“, erzählt sie ihren Mitschülern. „Cool“, sagt Marko daraufhin. Dann ertönt die Schulglo- cke und verkündet das Ende der AG. „Auf Wiedersehen“, sagt eines der Kinder. Und in weniger als drei Minuten sind Larissa, Mutlu und die ande- ren zum Spielen in der Pause. Genauso wie an jeder ande- ren Schule auch. [email protected] Mit Hand und Fuß Auf der Übersicht sind die Vokabeln abgebildet, die die Kinder mit der Software „Quasselkis- te 32“ und ihren Talkern bilden können. RN-FOTO Spastiken sind Erkran- kung des Zentralen Ner- vensystems. Schädigungen des Ge- hirns oder des Rücken- marks lösen sie aus. Dadurch sind je nach Schweregrad der Schädi- gung Körperteile gelähmt. Auch die Muskulatur im Gesicht kann betroffen sein. Menschen mit einer solchen Behinderung wollen wie an- dere sprechen, sich austau- schen. Aber die körperlichen Voraussetzungen dafür feh- len. Direkte Lautsprache, da- zu gehört das gesprochene Wort, ist nicht möglich. Hier hilft Betroffenen die „unterstützte Kommunikati- on“, kurz UK. Damit sind Hilfsmittel wie Computer gemeint, über deren Tasta- tur Betroffene ganze Sätze eintippen können. Eine automatische Stimme liest das Geschriebene dann vor – und ein Gespräch kommt zustande. .................................................................................................. Lähmung macht Sprechen unmöglich Mit Lehrerin Ina Steinhaus‘ (l.) Hilfe sucht Marko (2.v.r.) nach den passenden Ikonen auf der Tastatur seines Sprachcomputers. RN-FOTOS (3) SCHAPER BLICKPUNKT KOMMUNIKATION Wie Kinder mit Behinderung lernen, sich mithilfe spezieller Sprachcomputer in ihrem Alltag zu verständigen Mayal Petersen ist schwerbe- hindert. Er sitzt im Rollstuhl. Seine Lautsprache hat er durch eine Erkrankung verlo- ren. Und trotz allem kommu- niziert er erfolgreich – mit seinen Händen und seinem Talker. Dass ein selbstständi- ges Leben auch trotz Behinde- rung möglich ist, will er den Schülern der Talker-AG be- weisen – als UK-Scout in der Talker-AG an der Marsbruch- schule. „Unterstützte Kommunika- tion ist sehr mühsam. Ich möchte den Schülern Mut machen, nicht aufzugeben“, sagt Mayal. „Ich helfe ihnen bei den gestellten Aufgaben von der Lehrerin. Sowohl beim Schreiben von Buchsta- ben als auch beim Satzbau.“ Er selbst, erläutert der 33- Jährige, war lange Zeit auf Gesten und Zeigen angewie- sen, nachdem er seine Laut- sprache verloren hatte. Da- mals, sagt der gebürtige En- nepetaler, habe es noch keine Sprachcomputer gegeben. Als dann der erste auf den Markt kam, habe das sein Le- ben verändert: „Ich bin da- durch sehr selbstständig ge- worden und mache vieles al- lein. Ob Einkauf, Friseur oder ein Diskobesuch – ohne Spra- che kommste nicht weiter.“ Seit 1,5 Jahren lebt Mayal in einer eigenen Wohnung in Hagen. Damit die Kommunikation im Alltag aber funktioniert, ist er auch auf die Offenheit der Menschen in seinem Um- feld angewiesen: „Sicher, mein Gegenüber muss manchmal Geduld mitbrin- gen, wenn es mal dauert“, sagt Mayal. Denn bevor die automatische Stimme des Tal- kers einen ganzen Satz aus- spuckt, muss Mayal die ent- sprechenden Befehle über die Tasten des Gerätes eintippen. „Aber ich habe nur wenige negative Erfahrungen ge- macht“, sagt der 33-Jährige. „Meist haben mir die Men- schen zugehört.“ Vier Jahre lang hat Mayal seine Ausbildung zum Co-Re- ferenten bei der Gesellschaft für Unterstützte Kommunika- tion (ISAAC) absolviert. Da- durch kann er heute selbst- ständig kleinere Vorträge, zum Beispiel an Universitä- ten, halten. Es folgte die ein- jährige Ausbildung zum UK- Scout am ISAAC. Hier entstand auch der Kon- takt zur Sonderschullehrerin Ina Steinhaus, die am ISAAC als Referentin arbeitet. Als Mayals Ausbildung abge- schlossen war, starteten beide gemeinsam die Talker-AG an der Marsbruchschule im Frühjahr 2015. „Mayal ist für die Schülerinnen und Schüler ein hochmotivierendes Bei- spiel“, sagt Ina Steinhaus. Durch die Spende der Ruhr Nachrichten über 2500 Euro, sagt Mayal, sei es ihm mög- lich, weiter einmal in der Wo- che an die Marsbruchschule zu kommen. Seine Arbeit leis- tet er unentgeltlich. ems Mayal Petersen: „Ich möchte den Schülern Mut machen“ UK-Scout ist Vorbild für die Talker-AG Mayal Petersen RN-FOTO

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20.02.17 10:42:17 [Teilseite 'SZDO03' - Ruhr Nachrichten | Verlag Lensing-Wolff | Medienhaus Lensing | Dortmund Stadt | Dortmunder Zeitung] von Jennifer.Kotte (Color Bogen) (85% Zoom)

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Fortsetzung von Seite 2

ie brauchen die Er-kenntnis, dass sieselber aktiv spre-chen können“, sagt

Ina Steinhaus. Deshalb sitzenzwischen den Schülern anden langen Holztischen dieErgotherapeutinnen Doro-thea Kemper und Rita Pieper-hoff, die die Kinder beim Be-dienen ihrer Talker unterstüt-zen.Wenn Annika spricht, dann

tut sie das mit ihrem Fuß. Ih-re Hände kann sie nicht be-nutzen. Wenn sie den Talkerbedient, kreist ihr Fuß überder Tastatur, die auf einemspeziellen Plastiktisch aufdem Linoleum-Boden vor ihrsteht. Dann verfällt sie plötz-lich in alte Muster: Mit Lau-ten versucht Annika, Ergo-Therapeutin Dorothea Kem-per etwas mitzuteilen. Weildas aber nicht ankommt, er-innert Kemper sie daran, denTalker zu benutzen.Wie bei dem Galgenmänn-

chen-Spiel. Ina Steinhaussteht vor der weißen Magnet-tafel in der Mitte der U-förmi-gen Tischreihe und wartet aufAntworten. Ihr schwarzerFilzstift wippt in ihrer Handgeduldig auf und ab. Zehn ho-rizontale Striche warten aufder Tafel darauf, mit Buchsta-ben gefüllt zu werden. S, A, Lund L stehen bereits auf vie-ren davon. Die haben die Kin-der erraten. Das Wort, das da-hinter steckt, müssen sie abernoch finden.„M wie Mann“ ertönt es aus

einem Talker. Der erste fal-sche Buchstabe. Und der ersteStrich für das Galgenmänn-chen. Ist das Bild fertig, bevordie Kinder das Wort heraus-gefunden haben, gewinnt dasGalgenmännchen. B wie Bus.Wieder falsch. Das Galgen-männchen nimmt Form an,nach und nach. Trotz allerMühen der Kinder gewinntam Ende das Galgenmänn-chen.Dennoch lassen sich die

Schüler nicht davon abbrin-gen, weiter zu raten: bis sich

Sdas Wort Schneefall auf derweißen Tafel zusammensetzt.Klatschende Hände, strahlen-de Augen, quietschende Stim-men – am Ende haben dieSchüler das Rätsel trotzdemgelöst. Und gleichzeitig ihreVokabel-Kenntnisse verfes-tigt.

urch die nächste Übung,sagt Steinhaus, lernen

die Schüler neue Vokabeln.Marko steht auf, tritt in dieMitte der Tischreihe, schnalltsich einen orangenen Stoff-Rucksack auf und beginnt aufden Boden zu stapfen. Erstmit dem rechten, dann mitdem linken Fuß. Marko spielteinen Wanderer, der in denBergen unterwegs ist. Nunliegt es an den übrigen Schü-lern, dem Wanderer mit demTalker den entscheidendenBefehl zu geben. Kati tipptauf ihrem Talker herum, aufdas Symbol des Wanderersund den nach unten zeigen-den Daumen. „Du sollst fal-len“, ertönt es aus ihremSprachcomputer.Aufgeregt kreischen die

Schüler durcheinander. Hek-tisch klatschen sie in die Hän-de. Sie können es kaum ab-warten. Langsam stapft Mar-ko nach vorne, streckt die Ar-me geradeaus und lässt sichsanft auf die Knie und dannauf den Boden fallen. Auf dieAufforderung der Schüler hatMarko reagiert. Die Kommu-nikation hat geklappt. DasGespräch mit dem Mitschüler,die Fähigkeit, jemanden zuetwas aufzufordern, um et-was zu bitten – für die Kinderist all das neu. Allein durchihre Computer haben sie dazunun endlich die Möglichkeit.Nach Marko ist der Reihe

nach jeder Schüler dran, denWanderer zu spielen. Jeder,bis auf Annika. Annika, dieihre Hände nicht nutzenkann, fühlt sich auf ihren Bei-nen unsicher. Trotz der Ermu-tigung durch Lehrerin InaSteinhaus traut sie sich nicht,den Wanderer zu spielen.„Niemand muss spielen,wenn er nicht möchte“, sagt

D

Ina Steinhaus und lächelt An-nika zu. Das Selbstbewusst-sein stärken, Mut entwickeln– auch das ist ein Teil der Tal-ker-AG.Damit sie die neue Vokabel

nicht vergessen, gibt Stein-haus den Schülern eine Haus-aufgabe: „Schreibt bis nächs-ten Dienstag zehn Sätze mitdem Wort ‚fallen‘ in das No-tizbuch eurer Talker.“ KleineSchritte, nennt Ina Steinhausdas. Und damit sie Wirkungzeigen, sei es wichtig, dassdie Kinder ihre Talker auch zuHause kontinuierlich nutzen.

benso wie die Schülerjahrelang nur reagiertE

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erzählt sie von ihrem schlim-men Husten und fasst sich mitder Hand an ihren Hals. „Wassagt man da?“, fragt InaSteinhaus etwas anleitend. Ei-ne kurze Pause, dann schnel-len die Finger und Füße derSchüler über die Tasten ihrerTalker. „Meine Güte. Das ist

schlecht“, sagt Mayal. „GuteBesserung“, ertönt es aus ei-nem zweiten Gerät.Kati erzählt davon, was sie

am Vorabend gemeinsam mitihrer Familie erlebt hat: „Wirhaben zu Abend gegessenund Spiele gespielt“, erzähltsie ihren Mitschülern. „Cool“,sagt Marko daraufhin.Dann ertönt die Schulglo-

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[email protected]

Mit Hand und Fuß

Auf der Übersicht sind die Vokabeln abgebildet, die die Kinder mit der Software „Quasselkis-te 32“ und ihren Talkern bilden können. RN-FOTO

L Spastiken sind Erkran-kung des Zentralen Ner-vensystems.

L Schädigungen des Ge-hirns oder des Rücken-marks lösen sie aus.

L Dadurch sind je nachSchweregrad der Schädi-gung Körperteile gelähmt.Auch die Muskulatur im

Gesicht kann betroffen sein.L Menschen mit einer solchenBehinderung wollen wie an-dere sprechen, sich austau-schen. Aber die körperlichenVoraussetzungen dafür feh-len. Direkte Lautsprache, da-zu gehört das gesprocheneWort, ist nicht möglich.

L Hier hilft Betroffenen die

„unterstützte Kommunikati-on“, kurz UK. Damit sindHilfsmittel wie Computergemeint, über deren Tasta-tur Betroffene ganze Sätzeeintippen können.

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Lähmung macht Sprechen unmöglich

Mit Lehrerin Ina Steinhaus‘ (l.) Hilfe sucht Marko (2.v.r.) nach den passenden Ikonen auf der Tastatur seines Sprachcomputers. RN-FOTOS (3) SCHAPER

BLICKPUNKT KOMMUNIKATION Wie Kinder mit Behinderung lernen, sich mithilfe spezieller Sprachcomputer in ihrem Alltag zu verständigen

Mayal Petersen ist schwerbe-hindert. Er sitzt im Rollstuhl.Seine Lautsprache hat erdurch eine Erkrankung verlo-ren. Und trotz allem kommu-niziert er erfolgreich – mitseinen Händen und seinemTalker. Dass ein selbstständi-ges Leben auch trotz Behinde-rung möglich ist, will er denSchülern der Talker-AG be-weisen – als UK-Scout in derTalker-AG an der Marsbruch-schule.„Unterstützte Kommunika-

tion ist sehr mühsam. Ichmöchte den Schülern Mutmachen, nicht aufzugeben“,sagt Mayal. „Ich helfe ihnenbei den gestellten Aufgabenvon der Lehrerin. Sowohlbeim Schreiben von Buchsta-ben als auch beim Satzbau.“Er selbst, erläutert der 33-

Jährige, war lange Zeit aufGesten und Zeigen angewie-sen, nachdem er seine Laut-sprache verloren hatte. Da-mals, sagt der gebürtige En-nepetaler, habe es noch keineSprachcomputer gegeben.Als dann der erste auf den

Markt kam, habe das sein Le-ben verändert: „Ich bin da-durch sehr selbstständig ge-worden und mache vieles al-lein. Ob Einkauf, Friseur oderein Diskobesuch – ohne Spra-che kommste nicht weiter.“Seit 1,5 Jahren lebt Mayal ineiner eigenen Wohnung inHagen.Damit die Kommunikation

im Alltag aber funktioniert,ist er auch auf die Offenheitder Menschen in seinem Um-feld angewiesen: „Sicher,mein Gegenüber mussmanchmal Geduld mitbrin-gen, wenn es mal dauert“,sagt Mayal. Denn bevor dieautomatische Stimme des Tal-kers einen ganzen Satz aus-spuckt, muss Mayal die ent-

sprechenden Befehle über dieTasten des Gerätes eintippen.„Aber ich habe nur wenigenegative Erfahrungen ge-macht“, sagt der 33-Jährige.„Meist haben mir die Men-schen zugehört.“Vier Jahre lang hat Mayal

seine Ausbildung zum Co-Re-ferenten bei der Gesellschaftfür Unterstützte Kommunika-tion (ISAAC) absolviert. Da-durch kann er heute selbst-ständig kleinere Vorträge,zum Beispiel an Universitä-ten, halten. Es folgte die ein-jährige Ausbildung zum UK-Scout am ISAAC.Hier entstand auch der Kon-

takt zur SonderschullehrerinIna Steinhaus, die am ISAACals Referentin arbeitet. AlsMayals Ausbildung abge-schlossen war, starteten beidegemeinsam die Talker-AG ander Marsbruchschule imFrühjahr 2015. „Mayal ist fürdie Schülerinnen und Schülerein hochmotivierendes Bei-spiel“, sagt Ina Steinhaus.Durch die Spende der Ruhr

Nachrichten über 2500 Euro,sagt Mayal, sei es ihm mög-lich, weiter einmal in der Wo-che an die Marsbruchschulezu kommen. Seine Arbeit leis-tet er unentgeltlich. ems

Mayal Petersen: „Ichmöchte den Schülern

Mut machen“UK-Scout ist Vorbild für die Talker-AG

Mayal Petersen RN-FOTO