DDR · 2007. 11. 4. · Title: DDR Author: Burkhard Ihme Created Date: 11/4/2007 2:25:23 PM

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DDR-COMIC-STRIPS EINE LADUNG KAVIAR ADALBERT, MÖCHTELMANN, PIEPS DER SPATZ UND EINE LADUNG KAVIAR ZEITSCHRIFTENCOMICS IN DER DDR VON GUIDO WEISSHAHN Das Medium Comic führte in der DDR ein Nischen- dasein. Dieser Umstand wird deutlich, wenn man sich den Umfang der Publikationen vor Augen führt, die als Träger von Comics fungierten: Es gab ledig- lich zwei Comiczeitschriften: Das MOSAIK, das von 1955 bis 1975 fast ausschließlich die Aben- teuer der «Digedags» und seit 1976 (bis heute) der «Abrafaxe» erzählt, und ATZE, die im April 1955 als Comicmagazin mit diversen Beiträgen für ver- schiedene Lesealter begann und bis zur Einstellung im März 1991 neben unpolitischen Dauerbrennern wie den Mäusen Fix und Fax stets auch ideologisch durchtränkte Bildgeschichten präsentierte. Daneben finden sich eine Handvoll Zeitschriften für ver- schiedene Lesealter, die während ihrer Laufzeit über wei- te Strecken auch Comics enthielten, weil sich die Redak- tionen der Beliebtheit des Mediums nicht verschließen konnten, es andererseits aber auch zum Transport staat- lich erwünschter Botschaften zu nutzen wußten. Dazu gehörten der ebenfalls noch heute erscheinende BUMMI für die ganz kleinen Kinder im Vorlesealter, die ABC-ZEI- TUNG für das 1. bis 3. Schuljahr und die TROMMEL für das 4. bis 7. Schuljahr, darüber hinaus die monatlich er- scheinende FRÖSI, deren Zielgruppe weniger beschränkt und die opulenter ausgestattet und gestaltet war als ihre Konkurrenzprodukte. Als Comicträger zu erwähnen blie- ben noch die SCHULPOST (1946–1958), UNSER RO- BINSON (1954–1961) und das ausschließlich im sorbi - schen Sprachraum noch heute erscheinende PLOMJO. Der Fundus der in diesen Zeitschriften erschienenen Co- mics, grob geschätzt 20.000 Seiten, deckt etwa 80 Pro- zent der gesamten DDR-Comicgeschichte ab, die in dem Buch «Schuldig ist schließlich jeder ...» von Gerd Lettke- mann und Michael Scholz sowie auf der Webseite www. DDR-Comics.de ausführlich dokumentiert sind. Interes- sieren soll uns hier das teils noch un(wieder)entdeckte Terrain jenseits dieses gut erforschten Gebietes, das etwa 5.000 Einzelfolgen in etwa 250 einzelnen Serien umfaßt. Die Illustrationen zu diesem Beitrag, die nur einen Bruch- teil des Materials wiedergeben können, wurden so ge- wählt, daß sie sich mit den dort abgedruckten möglichst wenig überschneiden. Bildgeschichten, wie Comics in der DDR häufig be- zeichnet wurden, brauchen als Träger periodisch erschei- nende Printmedien, in erster Linie Tages-, Wochen- oder Monatszeitschriften. Papier und Druckkapazitäten waren in der DDR kontingentiert, und jedes Presseorgan konnte nur nach Lizenzierung durch das staatliche Presseamt erscheinen. Das macht den Umfang der Erwachsenen- presse überschaubar und bietet uns als erste Möglichkeit einer Differenzierung die Darstellung anhand der Erschei- nungsfrequenz. Als zweiter Aspekt zur Differenzierung eignet sich die Chronologie der DDR-Geschichte. Bereits Lettkemann und Scholz unterschieden in eine erste Blütezeit in den Jahren nach dem Krieg und der Staatenteilung bis Mit- te der 60er Jahre und eine Renaissance ab Mitte der 70er Jahre bis zur Wende. Hier soll versucht werden, die Ursa- chen dieser Entwicklung zu ergründen und sie quantita- tiv zu belegen. Beginnen wir also mit den wöchentlich erscheinenden Illustrierten. «Möchtel- manns Abenteuer» von Karl Holtz (EULEN- SPIEGEL, 1957) «Schuldig ist schließlich jeder ...» von Gerd Lettkemann und Michael Scholz 36 DDR 07.09.2007, 22:24 Uhr 36

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ADALBERT, MÖCHTELMANN, PIEPS DER SPATZUND EINE LADUNG KAVIARZEITSCHRIFTENCOMICS IN DER DDRVON GUIDO WEISSHAHN

Das Medium Comic führte in der DDR ein Nischen-dasein. Dieser Umstand wird deutlich, wenn mansich den Umfang der Publikationen vor Augen führt,die als Träger von Comics fungierten: Es gab ledig-lich zwei Comiczeitschriften: Das MOSAIK, dasvon 1955 bis 1975 fast ausschließlich die Aben-teuer der «Digedags» und seit 1976 (bis heute) der«Abrafaxe» erzählt, und ATZE, die im April 1955als Comicmagazin mit diversen Beiträgen für ver-schiedene Lesealter begann und bis zur Einstellungim März 1991 neben unpolitischen Dauerbrennernwie den Mäusen Fix und Fax stets auch ideologischdurchtränkte Bildgeschichten präsentierte.

Daneben finden sich eine Handvoll Zeitschriften für ver-schiedene Lesealter, die während ihrer Laufzeit über wei-te Strecken auch Comics enthielten, weil sich die Redak-tionen der Beliebtheit des Mediums nicht verschließenkonnten, es andererseits aber auch zum Transport staat-lich erwünschter Botschaften zu nutzen wußten. Dazugehörten der ebenfalls noch heute erscheinende BUMMI

für die ganz kleinen Kinder im Vorlesealter, die ABC-ZEI-TUNG für das 1. bis 3. Schuljahr und die TROMMEL fürdas 4. bis 7. Schuljahr, darüber hinaus die monatlich er-scheinende FRÖSI, deren Zielgruppe weniger beschränktund die opulenter ausgestattet und gestaltet war als ihreKonkurrenzprodukte. Als Comicträger zu erwähnen blie-ben noch die SCHULPOST (1946–1958), UNSER RO-BINSON (1954–1961) und das ausschließlich im sorbi-schen Sprachraum noch heute erscheinende PLOMJO.Der Fundus der in diesen Zeitschriften erschienenen Co-mics, grob geschätzt 20.000 Seiten, deckt etwa 80 Pro-zent der gesamten DDR-Comicgeschichte ab, die in demBuch «Schuldig ist schließlich jeder ...» von Gerd Lettke-mann und Michael Scholz sowie auf der Webseite www.DDR-Comics.de ausführlich dokumentiert sind. Interes-sieren soll uns hier das teils noch un(wieder)entdeckteTerrain jenseits dieses gut erforschten Gebietes, das etwa5.000 Einzelfolgen in etwa 250 einzelnen Serien umfaßt.Die Illustrationen zu diesem Beitrag, die nur einen Bruch-teil des Materials wiedergeben können, wurden so ge-wählt, daß sie sich mit den dort abgedruckten möglichstwenig überschneiden.

Bildgeschichten, wie Comics in der DDR häufig be-zeichnet wurden, brauchen als Träger periodisch erschei-nende Printmedien, in erster Linie Tages-, Wochen- oderMonatszeitschriften. Papier und Druckkapazitäten warenin der DDR kontingentiert, und jedes Presseorgan konntenur nach Lizenzierung durch das staatliche Presseamterscheinen. Das macht den Umfang der Erwachsenen-presse überschaubar und bietet uns als erste Möglichkeiteiner Differenzierung die Darstellung anhand der Erschei-nungsfrequenz.

Als zweiter Aspekt zur Differenzierung eignet sichdie Chronologie der DDR-Geschichte. Bereits Lettkemannund Scholz unterschieden in eine erste Blütezeit in denJahren nach dem Krieg und der Staatenteilung bis Mit-te der 60er Jahre und eine Renaissance ab Mitte der 70erJahre bis zur Wende. Hier soll versucht werden, die Ursa-chen dieser Entwicklung zu ergründen und sie quantita-tiv zu belegen. Beginnen wir also mit den wöchentlicherscheinenden Illustrierten.

«Möchtel-manns

Abenteuer»von Karl Holtz

(EULEN-SPIEGEL,

1957)

«Schuldig istschließlich

jeder ...»von Gerd

Lettkemannund Michael

Scholz

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DDR 07.09.2007, 22:24 Uhr36