2008 Brandenburgische Archive

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Brandenburgische Archive Berichte und Mitteilungen aus den Archiven des Landes Brandenburg Herausgegeben vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv und dem Landesverband Brandenburg im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V. 2008 25 Landesverband Brandenburg

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Brandenburgische ArchiveBerichte und Mitteilungen aus den Archiven des Landes Brandenburg

Herausgegeben vom Brandenburgischen Landeshauptarchivund dem Landesverband Brandenburg im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.

200825

Landesverband Brandenburg

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�Brandenburgische Archive · 25/2008

Inhalt

Die Archivierung von Daten aus Dokumentenmanagement- undVorgangsbearbeitungssystemen – organisatorische und archivfachliche Herangehensweise................................ 3

Ilka Stahlberg

Die Archivierung von Daten aus Dokumentenmanagement- undVorgangsbearbeitungssystemen – technische Herangehensweise............................................................................. 9

Jörg Homberg

Posthume Annäherung an Hedwig BollhagenDer Nachlass der Keramikerin im Brandenburgischen Landeshauptarchiv ............................................................. 13

Susanna Wurche

Neuverpackung, Umlagerung und Restaurierung der Karten und Pläneim Brandenburgischen Landeshauptarchiv ................................................................................................................. 27

Udo Gentzen und Mario Glauert

Die Sicherungsverfilmung der Kirchenbücher aus dem Gebiet derEvangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ........................................................................ 29

Jürgen Stenzel und Klaus Etzenberger

Kompetenzzentrum BestandsErhaltung für Archive und Bibliothekenin Berlin und Brandenburg (KBE) – Das erste Jahr .................................................................................................... 41

Von Ellen Stöcklein

Das Bistumsarchiv Görlitz ............................................................................................................................................. 45Von Winfried Töpler

Quellen zur brandenburgischen LandesgeschichteWeltliche Ordnung und kirchliches Leben im spätmittelalterlichen Angermünde .................................................. 53

Klaus Neitmann

Stadtarchiv und Stadtjubiläum: Angermünde .............................................................................................................. 63Margret Sperling

Mitteilungen

Das Uckermärkische Archiv von Hans Wendt –Eine genealogische Findbuchpublikation des Brandenburgischen Landeshauptarchivs ...................................... 67

Werner Heegewaldt

Neuerscheinungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs 2007 .................................................................. 72

2Brandenburgische Archive · 25/2008

Das Logo des Brandenburgischen Landeshauptarchives ......................................................................................... 75Werner Heegewaldt

Aus der Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken im Brandenburgischen LandeshauptarchivDie Kreismeldekartei der DDR im vereinten Deutschland –ihr Weg in die Archive im Land Brandenburg............................................................................................................... 76

Martin Reibe

ImpressumSchriftleitung: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA), Postfach 60 04 49, 14404 Potsdam,

Tel. 0331/5674-126; Fax 0331/5674-112; E-Mail: [email protected]: Dr. Klaus Neitmann (BLHA), Dr. Wolfgang Krogel (Evang. Landeskirchliches Archiv in Berlin), Dr. Mario Glauert

(BLHA), Kärstin Weirauch (BLHA).Mitarbeiter dieser Ausgabe: Klaus Etzenberger (BLHA) S. 29, Udo Gentzen (BLHA) S. 27, Dr. Mario Glauert(BLHA) S. 27, Werner Heegewaldt (BLHA) S.75; Jörg Homberg (BLHA) S. 9, Dr. Klaus Neitmann, (BLHA) S. 53,Martin Reibe S. 76, Ilka Stahlberg (BLHA) S. 3, Margret Sperling (StArch. Angermünde) S. 63, Jürgen Stenzel(ELAB) S. 29, Ellen Stöcklein (KBE) S. 41, Dr. Winfried Töpler (BAG) S. 45, Susanna Wurche (BLHA) S. 13.

Aufnahmen: Helga Bagemihl (BLHA ) S. 13-25, 52, 59, 68, 70, 72-74, 75, 3 US.; Klaus Etzenberg (BLHA) S. 33, 35; KlausMißler (Zentral- u. Landesbibliothek Berlin) S. 42; PAL Preservation Academy GmbH S. 27, 28; StadtarchivAngermünde S. 65, 66; Winfried Töpler (BAG) S. 45, 48, 49.

Redaktionsschluss: 15. Februar 2008Gesamtherstellung: gh grafic house gmbh, Berlin.

Titelbild: Karte der Mark Brandenburg aus dem 16. Jahrhundert (BLHA, AKS 610 B).

© Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Landesverband Brandenburg im VdA – Verband dt. Archivarinnen und Archivare e. V.

Erscheint einmal jährlich, kostenlose Abgabe.Alle bisher erschienenen „Brandenburgische Archive“ sind im Internet abrufbar unter: www.landeshauptarchiv-brandenburg.de

�Brandenburgische Archive · 25/2008

Die Archivierung von Daten ausDokumentenmanagement- und Vor-gangsbearbeitungssystemen –organisatorische und archivfachliche Heran-gehensweise1

Von Ilka Stahlberg

Nachdem am Vormittag des Brandenburgischen Lan-desarchivtages IT-Anwendungen der brandenburgischenKommunalverwaltungen gezeigt wurden, soll mein Beitragzeigen, wie sich Archivare den neuen Herausforderungenbei der Erfassung von Archivgut unter den Bedingungenvon E-Government stellen können.Wenn man sich die dargestellten IT- Anwendungen ge-nauer anschaut, dann lassen sich die Verfahren im We-sentlichen folgendermaßen unterteilen:

a) es gibt in der Verwaltung Multimediaobjekte (digitaleFotos, Ton- und Videoaufzeichnungen),

b) zur Außendarstellung gibt es Informationssysteme(wie Internetseiten, Bürgerportale),

c) in den Fachverwaltungen werden Datenbanken ge-nutzt (Fachverfahren) und

d) eventuell gibt es elektronische Akten (DMS/VBS).

Die wichtigste Aufgabe, die der Archivar jedoch beimBetrachten seiner IT-Landschaft zum Zwecke der Er-fassung potentiellen Archivgutes hat, ist die Bewertung.Damit unterscheidet er sich im Grunde nicht von seinenAmtsvorgängern, auch wenn die auf Computern präsen-tierten Verwaltungsanwendungen bunter, technischerund bewegter aussehen. Es ist wie bisher festzustellen:Welchen Informationsgehalt/Informationswert haben dieDaten? Sind es Veröffentlichungen oder „Dienstakten“(spiegelt sich Verwaltungshandeln)? Sind es einmaligeInformationen in der Verwaltung oder Informationswie-derholungen, haben sie einen spezifischen Quellenwert?Sind sie archivwürdig?

Drei Beispiele hierfür:a) Sie haben auf der Internetseite einen Geschäftsver-

teilungsplan. Zugleich befindet sich im Organisa-tionsreferat eine Akte, in der alle Geschäftsvertei-lungspläne abgeheftet werden. Der Geschäftsver-teilungsplan ist sicher archivwürdig. Der im Internetveröffentlichte elektronische Geschäftsverteilungs-plan enthält die gleichen Informationen wie der in

� Vortrag der Verfasserin�� gehalten auf dem ���� Brandenbur�Vortrag der Verfasserin�� gehalten auf dem ���� Brandenbur�gischen Archivtag in Falkenberg (Landkreis Elbe�Elster)am 26�� und 27�� April 2��7��

der Papierakte. Ein spezifischer Quellenwert istnicht erkennbar. Sie werden sich vermutlich für dieArchivierung der Papierakte entscheiden.

b) Sie haben eine CD mit den digitalen Fotos allerStadtverordneten. Diese sind ebenfalls in der Inter-netpräsentation abgebildet. Zugleich haben sie Ab-züge der Fotos im Büro des Bürgermeisters liegen.Alle Fotos haben den gleichen Informationswert. Einspezifischer Quellenwert für die digitalen Versionenist nicht erkennbar. Sie werden sich vermutlich fürdie Archivierung der Papierabzüge entscheiden.

c) Über den Verlauf einer Stadtverordnetensitzungliegt ihnen ein Tonband und ein autorisiertes Wort-protokoll vor. Rechtlich ist das autorisierte Protokolldas Original, welches zu archivieren ist. Auf der di-gitalen Tonaufnahme können Sie aber die Stimmeeines prominenten Ehrenbürgers hören, der sich fürdie Entscheidung zum Wiederaufbau eines bedeu-tenden Baudenkmals stark macht. Hier gibt es unterUmständen einen spezifischen Quellenwert, dereine Archivierung beider Quellen bedingen würde.

Fotos, Video- und Tonaufzeichnungen, zunehmend in di-gitaler Form, sowie Datenbanken und Veröffentlichungensind allerdings nicht das Hauptarbeitsfeld der Archivare.Diese haben nach wie vor in der Regel mit den Dienstak-ten aus den Behörden zu tun. Deshalb sollen die Akten indiesem Beitrag auch den Schwerpunkt der Betrachtungbilden. Im Rahmen der E-Government-Initiativen derdeutschen Verwaltung spielt die Einführung von Doku-mentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssyste-men zunehmend eine Rolle.

1. VBS/DMS: Was ist das?Vorgangsbearbeitungssysteme (VBS) sind IT-Systeme(Hard- und Software) zur Vorgangsbearbeitung, d. h. sieunterstützen die Definition, Verwaltung und Ausführungvon Standard-Arbeitsabläufen (Workflows/Geschäftspro-zessen):Mit Hilfe eines VBS kann man z.B. die Bearbeitung einesUrlaubsantrags fest einrichten: Der Beschäftigte gibt nurseinen Terminwunsch in ein elektronisches Formular einund sendet den Antrag ab. Im System ist der gesamteGenehmigungsprozess einschließlich der Rückmeldungan den Beschäftigten hinterlegt. Das VBS managt dieWeiterleitung an die Vertreter und Vorgesetzten sowie dieNachweisführung über den Resturlaub automatisch.

Dokumentenmanagementsystem (DMS) sind IT-Syste-me zur Verwaltung von Dokumenten (Texten, Bildern) undzur Sicherung der Historie der Dokumente (Versionsma-

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nagement, Speicherung der Geschäftsgangvermerke undUnterschriften):Mit Hilfe des DMS werden die im VBS entstehenden For-mulare und Genehmigungen in einer elektronischen Aktegespeichert und verwaltet. Sie dienen damit der Durchset-zung des Verfassungsgrundsatzes von der Transparenzdes Verwaltungshandelns auch unter den Bedingungender elektronischen Verwaltungswelt.

2. Das Domea-OrganisationskonzeptDomea bedeutet: Information, Dokumentenmanage-ment und elektronische Archivierung im IT-gestütztenGeschäftsgang (Domea). Das DOMEA-Konzept ist dasdeutsche Konzept für Dokumenten-Management undelektronische Archivierung in der öffentlichen Verwal-tung.2 Domea darf nicht verwechselt werden mit einemDMS-Programm, welches unter dem Namen Domeavertrieben wird. Das o. g. Organisationskonzept wurde1997–1999 durch die Koordinierungs- und Beratungs-stelle der Bundesregierung für Informationstechnik in derBundesverwaltung (KBST) mit dem Ziel entwickelt, dieelektronische Akte einzuführen. In ihm wurden folgendeKriterien für behördliche Unterlagen in elektronischerForm festgehalten:- Vollständigkeit,- Integrität und Authentizität,- Zusammenfassung aufgabenbezogener und zusam-

mengehöriger Schriftstücke und- Nachvollziehbarkeit und Rechtmäßigkeit des Verwal-

tungshandelns.Die elektronische Akten sollen wie ihre Vorgänger im Pa-pierformat über die unmittelbare Bearbeitung hinaus ihreNachweisfunktion erfüllen.

2005 erfolgte die Weiterentwicklung des Konzeptes vompapierarmen Büro aus dem Jahr 1996 zu Domea 2.1.3

unter Berücksichtigung der neuen Herausforderungender Informations- und Kommunikationstechnologien. Ver-

2 http���www��kbst��bund��de�cln��2��nn���7����Shared�ocs�http���www��kbst��bund��de�cln��2��nn���7����Shared�ocs�Hintergrundinfos�kbst�2��6�domea�konzept��html� Wesent�liches Ziel des �OMEA�Konzeptes ist die Einführung derelektronischen Akte�� An die Stelle der Papierakten sollenkünftig behördliche Geschäftsprozesse treten�� die medi�enbruchfrei und vollständig elektronisch realisiert werdenkönnen�� �ie elektronische Akte wird in IT�gestützter Vor�gangsbearbeitung erzeugt�� erfasst und verwaltet�� �abeigelten die gleichen Anforderungen an das elektronischeSchriftgut�� die in Gesetzen�� Geschäftsordnungen sowieRichtlinien und Vorschriften für die Papierakten festgelegtsind��

� Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 6� (2���)�� ISSN ��7��726���Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 6� (2���)�� ISSN ��7��726���

bunden mit der Erarbeitung des OrganisationskonzeptesDomea war die Erarbeitung eines Leistungsverzeich-nisses für die Pilot-Ausschreibung4, welches ebenfalls2005 überarbeitet wurde. Dieses bildet die Grundlage fürdie durch die KBST5 vorgenommenen Zertifizierung vonVBS/DMS-Programmen. Die Zertifizierungsergebnissesind auf der Homepage der KBST6 veröffentlicht. Heutebesteht das DOMEA-Konzept aus:- dem Organisationskonzept 2.1,7

- den hierzu veröffentlichten Erweiterungsmodulen 8 sowie- dem Anforderungskatalog 2.09.Darüber hinaus werden weitergehende Grundlagendoku-mente zur Verfügung gestellt.

Bei der Auswahl von DMS/VBS wird oft geäußert, dassein Programm, welches domeazertifiziert sei, per se fürdie Behörde geeignet sei. Vor dieser Einschätzung wirdauf der Homepage der KBST gewarnt:10

Domeazertifiziert heißt, dass bei den im Anforderungska-talog abgefragten Eigenschaften und Funktionalitäten aufder Ebene der Hauptgruppen mindestens 65 % der Maxi-malpunktzahl erreicht werden. Nur die gekennzeichnetenBasisanforderungen müssen zwingend erfüllt sein.11

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Standards��omea��Konzept�Anforderungskatalog�anfor�derung��html��nnn=true „Mit dem neuen Anforderungska�talog 2��� sollen für die Behörden sowie für die Produkther�steller die in Betracht kommenden Anforderungen unterorganisatorischen Aspekten in funktionale Beschreibungenübersetzt werden und es den Behörden ermöglichen�� ausdem „Fundus“ des Anforderungskataloges diejenigen funk�tionalen Anforderungen auszuwählen�� die bei Einführungeines Vorgangsbearbeitungssystems aus der Sicht derjeweiligen Behörde von Bedeutung sind�� Zusätzlich könnenjedoch auch wegen der besonderen Gegebenheiten derBehörde zusätzliche Anforderungen definiert und in einenbehördenspezifischen Anforderungskatalog überführt wer�den�� �er Anforderungskatalog stellt damit kein „Patentre�zept“ für die Auswahl eines Vorgangsbearbeitungssystemsdar�� sondern beinhaltet einen Katalog von funktionalenAnforderungen�� der einer behördeninternen Überprüfungund Anpassung bedarf��“

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Erst seit der Zertifizierung nach Anforderungskatalog2.0 sind „archivierungspezifische Basisanforderungen“enthalten. Archivische Basisanforderungen im Zertifizie-rungsverfahren sind:- Z. d. A.-verfügte Vorgänge sollen in eine elektronische

Altregistratur zurückgelegt werden können.- Dabei sollen Primärinformationen in ein dauerhaft

verfügbares beständiges Format (Tif, PDF) konvertiertwerden können.

- Das System muss die Datenstruktur der Austauschda-tensätze gemäß Erweiterungsmoduls „Aussonderungund Archivierung elektronischer Akten“ zum Organisa-tionskonzept12 unterstützen.

- Ein Aktenplan ist elektronisch zur Verfügung zu stellen(Aktenplankennzeichen und textliche Beschreibung).

- Elektronisch verschlüsselte Dokumente sind für dieAbgabe an die Archivbehörde mit Angabe des Verfas-sers und des Datums klar lesbar zu speichern. Elek-tronische Signaturen sind aufzulösen.

Es ist deshalb unabdingbar in den veröffentlichten Ergeb-nissen zu recherchieren, wie die eigenen unverzichtbarenFunktionsanforderungen in der Zertifizierung abgeschlos-sen haben. Die Zertifizierungsergebnisse stellen eineMomentaufnahme dar, die Programme werden fortentwi-ckelt.

Aus archivischer Sicht sind die Fachanforderungen andas DMS im Erweiterungsmodul 5: Aussonderung und Ar-chivierung elektronischer Akten13 dargestellt. TechnischeHilfestellungen gibt es im folgenden Erweiterungsmodul6, welches allerdings ohne archivische Mitwirkung ent-standen ist und die Technikersicht auf Langzeitspeiche-rung wiedergibt: „Technische-Aspekte-der-Archivierung-elektronischer-Akten“14.

3. Vorraussetzungen für die DMS/VBS-Einführung,die Erarbeitung von Fachkonzepten:Da wie bereits ausgeführt, die Aussage domeazertifiziertnicht bedeutet, dass alle Anforderungen erfüllt sind, istbei der Vorbereitung der DMS/VBS-Einführung mit einemFachkonzept zu klären, welche organisatorischen Rege-lungen zur Verfügung stehen, welcher Anpassungsbedarfbei dem ausgesuchten Programm besteht und welche

Anlagen�kbst��omea�durchfuehrungsbestimmungen�zer�tifizierung-.pdf,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/durchfuehrungsbestimmungen-zertifizierung-.pdf

�2 Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 66 (2���)��Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 66 (2���)���� S��o��S��o���� Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 67 (2���)��Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 67 (2���)��

Consultingleistungen eingekauft werden müssen. Ausarchivarischer Sicht müssen folgende Themen im Fach-konzept behandelt werden:- Registraturtyp der Behörde- Problematik Hybridaktenverwaltung- Berechtigungen für Aktenanlage/Löschung- Berechtigung für Festlegung der Aufbewahrungsfrist- Ordnungsrahmen Aktenplan- Altregistratur/Transferphase- Aussonderung

Die Einführung eines DMS/VBS ist in erster Linie eine or-ganisatorische Aufgabe, bei der die Schriftgutverwaltungeiner Behörde neu organisiert werden muss. Hilfreich istes dann, wenn eine verbindliche Registraturrichtlinie oderRegistraturordnung vorhanden ist, in die die Verwaltungder elektronischen Unterlagen miteinbezogen werdenkann.Für die brandenburgische Landesverwaltung wurde alsAnlage 1 zur Brandenburgischen Gemeinsamen Ge-schäftsordnung der Landesregierung am 01.09.2006 eineRegistraturrichtlinie15 in Kraft gesetzt, an deren Erarbei-tung ich seit 2004 mitgewirkt habe. In ihr werden ein-heitliche Grundsätze für Verwaltung von elektronischenund Papierakten festgelegt. Folgende Auszüge sollenbeispielhaft die Herangehensweise zeigen:

§ 1 Sicherstellung der Transparenz des Verwaltungs-handelnsDie Aktenführung sichert ein nachvollziehbares transpa-rentes Verwaltungshandeln und ist Voraussetzung füreine sachgerechte Archivierung.

§ 2 Zweck und Gegenstand(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Re-gelungen sowohl für die elektronische als auch für diepapiergebundene Vorgangsbearbeitung und Schriftgut-verwaltung.

§ 5 Organisation der Schriftgutverwaltung in der Be-hörde(1) Die Organisation der Schriftgutverwaltung ist in einerRegistraturordnung festzulegen. Die Registratur kannzentral, dezentral (z. B. Referats-, Abteilungsregistratur)oder als Bearbeiterablage aufgebaut werden. Die Aufbau-organisation der Altregistratur ist ebenfalls festzulegen(§ 13 RegR).

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§ 6 Anforderungen an das Bearbeiten(3) Bei papiergebundener Aktenführung sind aktenrele-vante elektronisch empfangene, erstellte oder versandteDokumente auszudrucken. Die Ausdrucke sind zusam-men mit den Geschäftsablauf- und Bearbeitungsvermer-ken zu den Akten zu nehmen.(4) Bei elektronischer Vorgangsbearbeitung ist sicher-zustellen, dass die Dokumente, der Laufweg und dieAufzeichnungen aus der Bearbeitung (z. B. Geschäftsab-laufmerke, Verfügungen, Aktenvermerke, Zeichnungen,Mitzeichnungen, Kenntnisnahmen) in Protokoll- und Be-arbeitungsinformationen nachgewiesen und der elektro-nischen Akte zugeordnet werden.

§ 8 Akten, Aktenplan, Aktenverzeichnis(3) Akten können in Papierform und in elektronischerForm vorliegen. Notwendige Verknüpfungen (z. B. durchVerweise) sind auf eine geeignete Weise sicherzustellen.(4) Die Akten sind in einem Aktenverzeichnis zu registrie-ren (siehe Empfehlungen der Anlage 3).

§ 11 Aufbewahren(1) Abschließend bearbeitetes Schriftgut ist bis zur Aus-sonderung (Ablauf der Aufbewahrungsfrist) vollständigim Aktenbestand aufzubewahren, vor einem unbefugtenZugriff zu sichern und vor Beschädigung und Verfall zuschützen. Bei elektronisch gespeichertem Schriftgut sinddie Vollständigkeit, Integrität, Authentizität und Lesbarkeitdurch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten.(2) Elektronisch gespeichertes Schriftgut bedarf der laufen-den Pflege und muss jeweils rechtzeitig ohne inhaltlicheVeränderung auf Formate und Datenträger übertragen wer-den, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen.

§ 14 Aussondern von elektronisch gespeichertemSchriftgut(1) Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist ist dem BLHA elek-tronisch gespeichertes Schriftgut gemäß der Anlage 7 anzu-bieten und sofern es als archivwürdig bewertet wurde, voll-ständig zu übergeben. Über die Form der Abgabe entschei-det das BLHA im Benehmen mit der zuständigen Stelle.(2) Bei der Übergabe elektronisch signierter Unterlagenwird von der abgebenden Stelle bestätigt, dass diese nichtnachträglich verändert wurden und die elektronischen Si-gnaturen zum Zeitpunkt der Übergabe gültig waren.(3) Zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Ausson-derung ist bei Einführung von Systemen zur elektroni-schen Schriftgutverwaltung und Vorgangsbearbeitung inAbstimmung mit dem BLHA eine Schnittstelle vorzusehenund sicher zu stellen, dass die Schließung von elektroni-schen Akten und die Bildung von Bänden möglich ist.

4. Domea–Erweiterungsmodul 5: Aussonderung undArchivierung elektronischer Akten 16

In diesem Erweiterungsmodul sind inhaltliche Anforde-rungen an die Aussonderung und Archivierung zusam-mengefasst. Es gibt dem Archivar eine Hilfestellung fürdie Erfassung und Übernahme elektronischer Akten.Verwiesen sei auf den Vortrag von Joachim Schmidt aufdem KBST-Forum 200617: „zur Archivierung und Ausson-derung elektronischer Akten“, in dem er die Entwicklungdes Erweiterungsmoduls 5 vorstellte.Hervorzuheben ist, dass das Erweiterungsmodul denLebenszyklus der elektronischen Akte definiert18, bei demalle Dokumente beim Übergang in die Altregistratur einemFormattransfer in ein definiertes Standardformat (Tif,Pdf(A) unterworfen werden. Es legt eine standardisierteBeschreibung der Metadaten zu den Dokumenten, Vor-gängen und Akten fest, die vorzugsweise im XML-Formaterfolgen soll. Es enthält einen Metadatenkatalog zur Ar-chivierung (einschließlich Aktenplan), der die Basis für einXDomea-Austauschformat für elektronische Akten bietetund schreibt die Auflösung und Bestätigung der elektro-nischen Signatur bei der Archivierung fest.

Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass elektronischeUnterschriften nur in der Altregistraturphase konserviertwerden können, da die Signaturen ständig gepflegt wer-den müssen, ein Aufwand, der für die Langzeitspeiche-rung unverhältnismäßig hoch wäre.19

Nachdem sich meine bisherigen Ausführungen v. a. derVorbereitung von DMS/VBS-Einführungen und der Erhal-tung der Archivierbarkeit elektronischer Akten widmeten,möchte ich nun mit einigen Bemerkungen zur Archivie-rung selbst abschließen.

�6 Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 66 (2���)��Schriftenreihe der KBST�� Bd�� 66 (2���)���7 http���www��kbst��bund��de�cln��2��nn�����2��Shared�ocs�http���www��kbst��bund��de�cln��2��nn�����2��Shared�ocs�

Anlagen�kbst��omea�kbst��forum��archivierung��un�ter��anforderungskatalog��pdf��templateId=raw��property=publicationFile��pdf�kbst�forum�archivierung�unter�anfor�derungskatalog�pdf��pdf

�� Vgl�� Abb��� aus Erweiterungsmodul ���Vgl�� Abb��� aus Erweiterungsmodul ����� Zur Lösung des Problems der Speicherung und Transfor�

mation elektronischer Signaturen wurden u��a�� folgende Pro�jekte durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert�Archisig und Transidoc (vgl��http���www��bsi��de�literat�faltbl�F��ElektronischeSignatur��htm; Roßnagel�� A��; Schmücker��P�� [Hrsg��]� Beweiskräftige elektronische Archivierung�Bieten elektronische Signaturen Rechtssicherheit? ISBN���7�����27�6� http���www��sit��fraunhofer��de�forschungsbe�reich�tad�transidoc��jsp)

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5. Die elektronische Archivierung als archivischerArbeitsprozess1. Die Bewertung der auszusondernden Unterlagen istund bleibt eine Entscheidung, bei der der Quellenwertanalysiert und davon ausgehend über die Archivwürdig-keit der Unterlage entschieden wird. Wie ich eingangs anden Beispielen erläuterte, ist, sofern eine Archivwürdig-keit bejaht wird, über die Form der Archivierung (Papier,elektronisch, Film) zu entscheiden, sofern Doppelüberlie-ferungen vorliegen oder Alternativen möglich sind (z. B.Ausgabe digitaler Karten auf Film).2. Gegenüber der aussondernden Stelle sind die Anforde-rungen an die Formate frühzeitig bekannt zu machen, da-mit im Rahmen des Lebenszyklusses der elektronischenAkten die Unterlagen rechtzeitig in stabile Formate kon-vertiert werden können. Eine Hilfestellung bietet das vor-gestellte Domea-Erweiterungsmodul 5.3. Die Speicherung des elektronischen Archivguts erfolgtauf geeigneten Speichermedien unter Wahrung der Inte-grität und Authentizität (z.B. Worm, Bandroboter, Centera(festplattenbasiertes System). Die Archivierung elektro-nischer Unterlagen auf exotischen anderen Speichernwie CD, DVD, Disketten usw. verbietet sich wegen derfehlenden Standards und des unkalkulierbaren Pflegeauf-wandes.4. Neben der Schaffung der archivischen Infrastruktur istes unabdingbar, unter Nutzung geeigneter Technologien,organisatorische Festlegungen zur Datensicherung undzu Zugriffsberechtigungen zu treffen, um den Erhalt desöffentlichen Glaubens sicherzustellen. (Problem Tren-nung Information/Träger, siehe 3.)

6. ZusammenfassungDie Speicherung des elektronischen Archivgutes erfolgtauf geeigneten Massenspeichern vorzugsweise überNetzanbindung im Archiv oder bei einem Dienstleister.Dabei ist es unabdingbar, eine stabile Finanzierung (Da-tenpflege als permanente Aufgabe) sicherzustellen unddie Fragen der Zugriffsrechte und des Datenschutzesvorab zu klären.Archivische Kernaufgaben bleiben die Bewertung und Er-schließung, Benutzung und Auskunftserteilung aus demelektronischen Archivgut. Möglichkeiten des Outsourcinggibt es nur bei Magazinierung und Konservierung/Restau-rierung der elektronischen Akten. Das BrandenburgischeLandeshauptarchiv hat in seinem E-GovernmentprojektXML-basierte Archivlösung zur Übernahme und Ver-fügbarmachung elektronischer Daten und Dokumentegemeinsam mit der Firma Greenline eine hauseigeneInfrastruktur unter Nutzung von zwei Centera der FirmaEMC² aufgebaut und damit die Vorraussetzungen für dieErfassung, Übernahme und Erschließung elektronischerAkten geschaffen. Der Projektleiter Herr Homberg stelltedieses Projekt im Rahmen seines Beitrages vor.20

2� Ilka Stahlberg� �ML�basierte Archivlösung zur Über�Ilka Stahlberg� �ML�basierte Archivlösung zur Über�nahme und Verfügbarmachung elektronischer �atenund �okumente�� ein E�Governmentprojekt des Bran�denburgischen Landeshauptarchivs�� in� Katharina Ernst(Hrsg��)� Erfahrungen mit der Übernahme digitaler �aten��Bewertung�� Übernahme�� Aufbereitung�� Speicherung���atenmanagement�� Veröffentlichungen des Archivs derStadt Stuttgart Bd�� ���� Stuttgart 2��7 (ISBN �7���������������)�� Auch unter http���www��stuttgart��de�sde�menu�frame�top��php?seite=http%�A��www��stuttgart��de�sde�item�gen��������htm

8Brandenburgische Archive · 25/2008

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�Brandenburgische Archive · 25/2008

Die Archivierung von Daten ausDokumentenmanagement- und Vor-gangsbearbeitungssystemen –technische Herangehensweise1

Von Jörg Homberg

Absicht derAbhandlung ist es, die IT-spezifischenArbeitenim Vorfeld, während der Prüfung und im Produktivbetriebder Umsetzung eines Systems zur Langzeitarchivierungelektronischer Akten zu skizzieren.Ziel des Projektes war es, der Aufgabe gerecht zu werden,auch elektronische Akten in Zukunft übernehmen, bewer-ten und mit geeigneten Methoden einer revisionssicherenArchivierung zuführen zu können.

Revisionssichere Archivierung heißt:Das Archivierungssystem muss den §§ 239, 257 Han-dels- und Gesetzbuch (HGB), der Abgabenordnung, denGrundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchfüh-rungssysteme (GoBS) und den Grundsätzen zum Daten-zugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GoBS so-wie GDPdU ) an sichere Aufbewahrung von Dokumentenfolgen.

Der Verband Organisation- und Informationssysteme e.V.(VOI) hat folgende zehn Merksätze formuliert:• Jedes Dokument muss unverändert archiviert werden.• Es darf kein Dokument auf dem Weg ins Archiv oder

im Archiv selbst verloren werden.• Jedes Dokument muss mit geeigneten Retrievalme-

thoden wieder auffindbar sein.• Es muss genau das Dokument wieder gefunden wer-

den, das gesucht worden ist.• Kein Dokument darf während seiner vorgesehenen

Lebenszeit zerstört werden können.• Jedes Dokument muss in genau der gleichen Form,

wie es erfasst wurde, angezeigt und gedruckt werdenkönnen.

• Jedes Dokument muss zeitnah wieder gefunden wer-den können.

• Alle Aktionen im Archiv, die Veränderungen in der Or-ganisation und Struktur bewirken, sind derart zu pro-tokollieren, dass die Wiederherstellung des ursprüng-lichen Zustandes möglich ist.

• Elektronische Archive sind so auszulegen, dass eineMigration auf neue Plattformen, Medien, Softwarever-

� Vortrag des Verfassers�� gehalten auf dem ���� Brandenbur�Vortrag des Verfassers�� gehalten auf dem ���� Brandenbur�gischen Archivtag in Falkenberg (Landkreis Elbe�Elster)am 26�� und 27�� April 2��7��

sionen und Komponenten ohne Informationsverlustmöglich ist.

• Das System muss dem Anwender die Möglichkeitbieten, die gesetzlichen Bestimmungen (BDSG, HGBetc.) sowie die betrieblichen Bestimmungen des An-wenders hinsichtlich Datensicherheit und Datenschutzüber die Lebensdauer des Archivs sicherzustellen.

Wir stellten uns in dieser Phase der Systemanalyse fol-gende Fragen:• Welche Formate werden von welchen Vorgangsbear-

beitungssystemen der Datenlieferanten wie erzeugt?• Wie ist mit den Exportformaten zu verfahren?• Welche Formate genügen den Ansprüchen?• Welche Technologien sollen Verwendung beim Trans-

port der Daten finden?• Wie ist mit Signaturen umzugehen?• Welche Medien können als Sicherungsträger der

Langzeitarchivierung verwendet werden?• Wie kann dem rasanten Fortschreiten in der Entwick-

lung neuer Hard- u. Softwarelösungen Rechnung ge-tragen werden?

• Wie vermeidet man permanente Migrationsszenarien?Grundsätzlich war für uns unabdingbar:• Es gibt unterschiedliche Vorgangsbearbeitungssyste-

me im Land.• Die zu übernehmenden Daten sollen daher DOMEA-

konform sein.• Der Transport soll – zumindest im ersten Ansatz – kon-

ventionell erfolgen (E-Mail,CD-ROM), später könnenggf. Portallösungen (Brandenburger Online Amt, BOAz. B.) des Landes Verwendung finden.

• Signaturen sind vor der Übermittlung aufzulösen daeine nach heutigem Stand der Technik turnusmäßigeUmsignierung im Archiv nicht praktikabel ist.

• Als Medien sind entweder optische Datenträger oderfestplattenbasierte Storage-Lösungen einzusetzen.

• Proprietäre Lösungen sind zur Vermeidung von stän-digen Migrationenszenarien abzulehnen.

• Bevorzugung offener Standards.

Nachdem nunmehr die formalen Kriterien zur Durchfüh-rung und die brandenburgischen Spezifika festgelegterschienen, wurden bestehende Standards bzw. Qua-si-Standards bezüglich tauglicher Formate und Medienuntersucht:• Prinzipiell sind Formate zu verwenden, die aufgrund

ihrer Verbreitung und ihrer applikationsspezifischenUnabhängigkeit („offene Standards“) eine gewisseLanglebigkeit vermuten lassen. Proprietäre Formatesind zu vermeiden.

�0Brandenburgische Archive · 25/2008

Nach DOMEA-Philosophie müssen Dokumente in Bilderumgewandelt werden, beschreibende Informationen (Me-tadaten) sind als Text zu übergeben. Folgende Formatesind aus unserer Sicht in diesem Sinne tauglich:Verlustfreies Grafikformat:

• Baseline TIFF, (Tagged Image File Format), ISOTC130/WG22

• „Textformate“• SGML (Standardized General Markup Language),

ISO 8879:1986• XML (Extensible Markup Language)3

• PDF/A (Portable Document Format), ISO 19005-14

• ASCII (American Standard Code For Information In-terchange), ISO 646

Unser Fokus richtet sich hauptsächlich auf Baseline Tiff(als „kleinsten gemeinsamen Nenner“ der verschiedenenTIF/TIFF-Ausprägungen für Grafiken) und P�F�A für Text-überlieferungen. PDF/A erscheint aus folgenden Gründenrecht interessant:Es erfüllt die Kriterien als Format zur Langzeitarchivie-rung, weil im Unterschied zum PDF-Format folgendeAnforderungen erfüllt sind:• Untersagt sind Referenzen auf Ressourcen, die au-

ßerhalb der Datei liegen.• Es müssen alle Fonts und Bilder enthalten sein.• Farben müssen exakt definiert sein.• Verschlüsselungen sind untersagt.• JavaScript-Objekte und andere aktive Komponenten

sind untersagt.• Die Datei muss Metadaten über Ihren Ursprung ent-

halten.• Ton- und Videoreproduktion ist untersagt.

Vorteil gegenüber TIFF: PDF/A speichert strukturierte Ob-jekte (Text, Vektorgrafiken u. Rasterbilder) welche für sichim Volltext recherchierbar sind!Parallel zur Festlegung der Formate wurden möglicheSpeichertechnologien, respektive diesen zugrunde lie-genden Medien einer Analyse unterzogen. Zum Zeitpunktdes Projektstarts waren drei unterschiedliche Verfahrenetabliert:• Magnetbandsysteme• Optische und Magneto-Optische Speichermedien• Festplattensysteme

2 Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik�Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik�http���www��bsi��bund��de�gshb�deutsch�m�m���7���htm

� ���-�pezifikation\ http\//www.w�.org/���/���-�pezifikation\ http\//www.w�.org/���/� P�F�A �ompetence �enter� http���www��pdfa��orgP�F�A �ompetence �enter� http���www��pdfa��org

Reine Magnetbandsysteme, die einerseits sehr gut fürdie Speicherung großer Datenmengen geeignet sind, an-dererseits aber langsam im Zugriff und wenig komfortabelin der Handhabung erscheinen, wurden von uns für denproduktiven Betrieb aus besagten Gründen ausgeschlos-sen.Die Optischen bzw. Magneto-Optischen Systeme,die einerseits sehr gute Performancewerte erreichen,andererseits auch mit ordentlichen Kapazitäten im mitt-leren zweistelligen Gigabyte-Bereich aufwarten, wurdenaufgrund von zu erwartenden Unwägbarkeiten bezüglichder Weiterentwicklung von Standards der Datenträger(WORM-Medien z. B.) und damit drohenden Migrations-szenarien negativ bewertet.Im Fokus unserer Beobachtungen standen Festplat-tensysteme bzw. spezifische Hard/Softwaresystemeim Sinne einer BLACKBOX, die ein Überschreiben oderModifizieren der Informationen (Akten) auf dem Speicher-system durch Kodierung und Adressierung bei der Ablageverhindern. So aufgebaute Langzeitspeicher, die demsog. CAS-Verfahren (Content Adressed Storage) folgen,sind nicht nur sehr performant, sondern erlauben auchkaskadierbare Speichervolumina im TeraByte-Bereich.

Da zum Zeitpunkt der konzeptionellen Arbeit am E-Go-vernment-Projekt XML-Archivschnittstelle keine „Lösungvon der Stange“, die den DOMEA-konformen Ansprü-chen des BLHA an Langzeitarchivierung gerecht werdenkonnte, verfügbar war, musste eine Lösung mit Partnern(H&T Greenline GmbH, Microsoft Deutschland GmbH)implementiert werden: Aus Gründen der Performance,eines überzeugenden und soliden Langzeitarchivierungs-konzepts und der hohen kaskadierbaren Kapazität wurdedas in einem Feldversuch über eine Leihstellung vali-dierte System CENTERA der Firma EMC2 beschafft.5 Diehohe Investitionssumme relativiert sich im Kontext desminimalen administrativen Aufwands (max. 1 min/Tag imNormalbetrieb) und des soliden Störfallmanagements (einHavarie-Szenario mit Plattentausch und Datenrekonstruk-tion wurde schnell und erfolgreich absolviert).

Das CAS-Verfahren-„BLACKBOX“ CenteraPrinzipielle Funktionsweise der EMC2-CENTERA alsLangzeitarchivierungssystem:• Der Zugriff erfolgt immer über externe Anwendungen

(API, Application Interface) auf den eigentlichen Spei-cher: d. h. bei Bedarf können neue zeitgemäße Tech-

� Workshop zur Technik und Funktionsweise einer �ENTE�Workshop zur Technik und Funktionsweise einer �ENTE�RA� http���www��gwdg��de�forschung�veranstaltungen�work�shops�langzeitarchivierung�2��6�slides��entera�EM���pdf

��Brandenburgische Archive · 25/2008

nologien Verwendung finden; der Langzeitspeicherbleibt davon unberührt.

• Der Zugriff erfolgt nicht über File-Namen bzw. lokati-onsabhängige Adresse, sondern über einen Schlüssel.

• Jedem Objekt wird beim Abspeichern eine weltweiteindeutige Identifikation (CA =Content Address) zuge-wiesen (Dieser sog. Hashwert der Größe 256 Bit wirdaus dem binären Inhalt des Datenobjektes errechnet!).

• Dazu werden die das Objekt betreffenden Metadaten(nicht Metadaten im Sinne von Erschließungsangabenzum Objekt, sondern Daten wie Erstellungsdatum, Fi-lename etc.!) erzeugt (CDF = C-Clip Descriptor File).

• Das CDF als XML-Datei kann mit beliebigen zusätz-lichen Angaben ergänzt werden.

• Das Objekt (BLOB = Binary Large Objekt), das CDFund redundante Spiegeldateien werden dann in derCENTERA gespeichert.

• Das CDF erhält zusätzlich eine eigene CA, die demObjekt übergeben werden, wenn BLOB und CDFzweifach gesichert wurden. Im Prinzip hat diese zu-sätzliche CA die Funktion eines „Gepäckscheines“über die das Objekt im Sinne der Wiederfindung an-gesprochen werden kann.

Sicherheit und Gewährleistung der Konsistenz:• Bei jeder Änderung (Revision) wird ein neues Objekt

angelegt, das alte wird nicht überschrieben, es ist un-antastbar.

• Ausfallsicherheit: mehrfach redundantes System, au-tomatische Fehlerbehebung durch RAIN-Architektur(Redundant Array of Independent Nodes)

• Höchstmögliche Sicherheitsstufe ist erreicht, wennzwei oder mehrere CENTERAs standortübergreifendim Verbund agieren.

• Automatische Replikation

Der Prototyp basiert auf einem CENTERA-System derKapazität 7 TByte (erweiterbar auf 28 TByte, kaskadierbarund skalierbar durch modulare Erweiterung). Das Systemwird permanent online überwacht (im Havariefall werdensofort Systemadministrator und die Firma EMC2 infor-miert. Das System kontrolliert permanent die Konsistenzder Hashwerte und damit auch die Integrität der Objekte;hat sich ein Wert verändert, wird ein redundanter Wertgenutzt, der veränderte Wert wird protokolliert herausge-nommen und der redundante Wert dupliziert. Über einenSupport-Vertrag mit der Firma EMC2 (Laufzeit drei Jahre)ist die Online-Überwachung und der Support vor Ort imHavariefall geregelt. Die Firma H & T Greenline GmbHentwickelt die prototypische XML-Archivschnittstelle zurproduktiven Reife weiter.

Testdaten aus dem Ministerium für Ländliche Entwicklung,Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV) sind mittlerweileüber den Prototypen der „Testlangzeitarchivierung“ zuge-führt worden.

To DoNach erfolgreicher Entwicklung des Protoypen im 3.Quar-tal 2007 werden die Parameter feinjustiert:Validierung von Scan�Parametern für �okumente• Momentane Empfehlung: 150 dpi / 256 Farben; Größe

ca. 2,1 MByte / DIN A4. Getestet werden: 150 dpi /schwarz-weiß; Größe ca. 400 KByte / DIN A4 und 300dpi / schwarz-weiß; Größe ca. 1,4 MByte / DIN A4. Da-nach erfolgen Festlegung der Vorgabe durch das BLHAund diesbezügliche Anpassung der Registraturrichtli-nien.

Ausbaustufe ��• Inbetriebnahme einer zweiten (gespiegelten) CEN-

TERA an einem anderen Standort. Eine möglicheVariante könnte auch eine „Landes-Centera“ für Bran-denburg sein! (2007–2008)

Ausbaustufe 2�• Automatisierung der Übergabe von Akten über virtu-

elle Poststelle, Implementierung von Schnittstellen zuanderen Vorgangsbearbeitungssystemen (e-Worksz.B.), Berücksichtigung des zu erwartenden StandardsXARCHIV als DOMEA-Standard für Archive (ab 2008).

Ausbaustufe N�• Langzeitarchivierung von Audio-, Video-, Vektor- und

Datenbankformaten!

Zusammenfassung:Als verbindliche Standards zur Übermittlung und Spei-cherung von elektronischen Dokumenten bzw. Akten wirddas Brandenburgische Landeshauptarchiv PDF/A, TIFFund XML einsetzen. Entsprechende Vorgaben werdenbei der Ausschreibung eines landesweiten Vorgangsbe-arbeitungs- / Dokumentenmanagementsystem zum Tra-gen kommen. Ein festplattenbasiertes Speichersystemder CAS-Technologie (CENTERA der Firma EMC2) wirdzur Langzeitarchivierung im Brandenburgischen Lan-deshauptarchiv eingesetzt. Das „BLACKBOX-System“wird über eine eigene Schnittstelle angesprochen (XML-basierte Archivschnittstelle), die weiterentwickelt wird. DiePflege ist über einen Wartungsvertrag geregelt. WeitereAusbaustufen zur Erhöhung der Ausfallsicherheit (Zentra-le „Landes-CENTERA“ als Backup-System beim Landes-dienstleister LDS) sind in Planung.

�2Brandenburgische Archive · 25/2008

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��Brandenburgische Archive · 25/2008

Posthume Annäherung an HedwigBollhagen – der Nachlass der Ke-ramikerin im BrandenburgischenLandeshauptarchiv (BLHA)Von Susanna Wurche

1.1. Übernahme des Hedwig-Bollhagen-Nachlassesins BLHAErben nach Hedwig Bollhagen waren die drei Kinder ih-res 1944 in Rumänien gefallenen Bruders Johannes unddessen Frau Katja geb. Hennecke. Die Erben bestimm-ten ihre jüngste Schwester, Dr. Silke Resch, und derenMann, Prof. Dr. Klaus Resch, zu Nachlasspflegern. Nichtzuletzt dank der Initiative der Unteren Denkmalschutzbe-hörde der Stadt Potsdam, deren Leiter Andreas Kalessesich schon zu Lebzeiten der Keramikerin um den Erhaltihres künstlerischen Erbes bemühte, fanden bereits kurznach deren Tod am 8. Juni 2001 Verhandlungen zwischendem Ehepaar Resch, der Stadt Potsdam, der DeutschenStiftung Denkmalschutz und dem Ministerium für Wissen-schaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburgstatt. Ziel war es, den Nachlass in seiner Gesamtheit– also den archivischen und keramischen Nachlass – imLand Brandenburg, das Hedwig Bollhagen zur zweitenHeimat geworden war, zu erhalten. Der Nachlass sollteals bewegliches Denkmal unter Schutz gestellt werden,um ihn vor Zersplitterung und Abwanderung zu bewahren.Der Kunsthistoriker Dr. Andreas Heger, der über HedwigBollhagen und ihr keramisches Schaffen Magisterarbeitund Dissertation1 verfasst hatte, fertigte ein Gutachten fürdie Unterschutzstellung. Am 14. Juni 2004 wurde der da-mals noch in Marwitz befindliche Gesamtnachlass durchdie zuständige Untere Denkmalschutzbehörde des Land-kreises Oberhavel als Denkmal in die Denkmalschutzlisteaufgenommen.Am 17. März 2005 erfolgte unter dem Dachder Deutschen Stiftung Denkmalschutz die Gründung dertreuhänderischenHedwig-Bollhagen-Stiftung, dieEigentü-merin des keramischen und archivischen Nachlasses ist.Damit war der Weg für die Überführung des keramischenNachlasses in die Untere Denkmalschutzbehörde derStadt Potsdam und des archivischen Nachlasses in dasBrandenburgische Landeshauptarchiv (BLHA) – jeweilsals Depositum – geebnet. Dies war umso wichtiger, alsverständlicherweise weder im Wohnhaus noch im Fabrik-gebäude aus konservatorischer Sicht geeignete Räumefür die dauerhafte Lagerung von Archiv- und Museumsgutvorhanden waren. Eine detaillierte Aufstellung zum Inhalt

� Heger�� Andreas� Keramik zum Gebrauch �� Hedwig Bollha�Heger�� Andreas� Keramik zum Gebrauch �� Hedwig Bollha�gen und die HB�Werkstätten für Keramik�� Weimar 2�����

des „beweglichen Denkmals“ lag mit Ausnahme einer fürausgewählte Stücke von Heger gefertigten Liste nicht vor.Nach Stiftungserrichtung bestand für mich erstmals dieMöglichkeit, den schriftlichen Nachlass in Marwitz zu sich-ten und für die Übernahme in das BLHA grob vorzuordnen.Die Überführung der Unterlagen erfolgte im Juni 2005.

�er Nachlass vor und nach der Erschließung

1.2. Die Erschließung des Hedwig-Bollhagen-Nach-lasses im BLHAIn Anbetracht der für 2007 geplanten Ausstellung überLeben und Werk der Künstlerin war eine zeitnahe Er-schließung der Unterlagen geboten. Da innerhalb von 17Monaten unmöglich der gesamte ca. 15 lfm umfassendeNachlass vollständig erschlossen werden konnte, musstearbeitsteilig verfahren und Prioritäten gesetzt werden.Zunächst wurde die gesamte Überlieferung gesichtet undvorgeordnet sowie eine Systematik erarbeitet mit denHauptgruppen:A�� Nachlass� 1. Lebensdokumente, 2. Korrespondenz,3. Werk, 4. Werkrezeption, 5. Arbeitsmaterial, 6. FremdeArbeiten, 7. SammlungB�� HB�Werkstätten� 1. Leitung, 2. Personal/Arbeit, 3. Be-triebswirtschaft, 4. Finanzen, 5. Produktion, 6. Technik,7. Absatz/Werbung�� Sammlung zum Nachlass

Aufgrund des Umfangs und der Spezifik des Materials wareine gute Planung der Erschließungsarbeiten der Schlüs-sel zum Gelingen des anspruchvollen Vorhabens. Nebenmir wurden zwei weitere Archivare und der Leiter derDienstbibliothek in das Erschließungsprojekt einbezogen.Die Firmenüberlieferung wurde von Steffi Kreßner bear-beitet. Dabei erwies sich die Abgrenzung zum privatenNachlass und die Ermittlung des jeweiligen Entstehungs-zeitraums der Unterlagen als außerordentlich problema-tisch. Insgesamt sind ca. 550 Akten und Einzeldokumentezu den HB-Werkstätten überliefert. Darunter befindensich frühe Bilanzen der 1930er und 1940er Jahre, die füreine Rekonstruktion der Firmengeschichte und -entwick-lung sehr wertvoll sind. Udo Gentzen erschloss ca. 450

��Brandenburgische Archive · 25/2008

Skizzenbücher, Zeichnungen und Entwürfe, wobei sichdie Ermittlung der Datierung und der Urheberschaft eben-falls als sehr zeitaufwendig erwies. Dankenswerterweisehat ihn die Kuratorin der Ausstellung, Gudrun Gorka-Rei-mus, bei der Verifizierung der von Hedwig Bollhagen bzw.den freien Mitarbeitern der HB-Werkstätten stammendenEntwürfe unterstützt. Neben der Erfassung von Titel, Da-tierung, Autor, Auftraggeber, Format und Maßstab wurdefür jede Zeichnung eine detaillierte Beschreibung des je-weiligen Abbildes angefertigt.Die Nachlassbibliothek inklusive der überlieferten Zei-tungsausschnitte und anderer Druckerzeugnisse wurdevon Florian Seher bearbeitet. Bisher sind 97% aller Me-dieneinheiten katalogisiert. Ein geringer Teil der BibliothekHedwig Bollhagens – vor allem Belletristik – wurde nicht indie Stiftung eingebracht, sondern verblieb bei den Erben.

Aus einem Skizzenbuch von Hedwig Bollhagen(Rep�� ��6 NL Bollhagen�� Nr�� 2� B)

Den Lebensdokumenten, worunter man Ausweise, Aus-zeichnungen, Privatfotos, Zeugnisse, Arbeitsverträge undTagebücher fasst, den Briefwechsel, den Werkfotos, denArbeitsmaterialien und den Unterlagen zur Werkrezeptionwidmete ich mich. Absoluten Vorrang hatten die Ordnungund Verzeichnung der Korrespondenz, aus der die pro-fundesten Informationen zu Leben und Werk von HedwigBollhagen zu erwarten waren. Die Erschließung umfasstedie Trennung von Privat-, Geschäfts- und Firmenkorre-spondenz, die alphabetische Reihung nach Korrespon-denzpartnern und innerhalb dieser die chronologischeOrdnung. Als besonders schwierig und arbeitsintensiverwies sich der Umstand, dass in der Regel keiner derBriefpartner mit dem vollen Namen unterzeichnet hat.So mussten mühevoll per Schriftvergleich die vielen ver-schiedenen Gretchens unterschieden und die „Elein“ und„Ilein“ oder auch nur Monogramme Sch oder A. L. aufge-löst werden. Insgesamt wurden über 12.000 Briefe und

Postkarten erschlossen. Von den ca. 8.000 überliefertenFotos ist nur ein sehr geringer Prozentsatz beschriftet,deshalb wurden in erster Linie die bis ca. 1934 entstan-denen und die für die Ausstellung ausgewählten Fotoserschlossen. Bis März 2007 wurden ca. 80 % der Privat-und Geschäftskorrespondenz, der Lebensdokumente undAusstellungsunterlagen sowie ca. 15 % der überliefertenFotografien endgültig verzeichnet. Aufgrund der Bedeu-tung der Nachlasserin und daraus resultierend auch deshohen Autografenwertes einzelner Unterlagen wurden beiallen Dokumenten äußere und innere Merkmale der Doku-mente in der Archivdatenbank AUGIAS erfasst. Ergebnisunserer archivarischen Arbeit ist eine 2.400 Datensätzeumfassende Datenbank und ein vorläufiges Findbuch von238 Seiten.

Auszug aus der �atenbank

Auf das besondere Problem des Erhaltungszustandesmöchte ich nur kurz eingehen. So sind die Beschreibstof-fe – meist als Folge des Mangels im Zweiten Weltkriegund der Nachkriegszeit – von äußerst schlechter Quali-tät. Die Papiere sind stark säurehaltig und damit einemschleichenden inneren Zerfallsprozess ausgesetzt. Auchdie Schreibmaterialien wie Bleistift und Füller sind oft nichtdauerhaft haltbar, da sie verwischen und extrem schnellverblassen. Hinzu kommt, dass viele Dokumente, v. a.die älteren Fotografien, mechanische Schäden wie Risseund Brüche aufweisen. Einige Stücke sind sehr stark ver-schmutzt, andere hingegen weisen Brandspuren auf oderwurden durch Chemikalien geschädigt. Viele ältere Foto-grafien sind besonders stark geschädigt. Die Silbergela-tineabzüge zerstören über die so genannte Aussilberungdas gesamte überlieferte Abbild. Gerollte großformatigeUrkunden oder Zeichnungen müssen schnellstmöglichplan gelegt und zum Teil auf Leinen aufgezogen werden.Ziel aller konservatorischen und restauratorischen Arbei-ten ist es, die Quellen im Original zu erhalten. Um die In-formationen jedoch dauerhaft zu sichern, ist eine künftigeSchutzverfilmung bzw. -digitalisierung unverzichtbar.

�5Brandenburgische Archive · 25/2008

Hedwig Bollhagen�� ���7(Rep�� ��6 NL Bollhagen E �)

2. Wie illustriert der Nachlass Leben und Werk derKeramikerin Hedwig Bollhagen?Der archivische Nachlass der Künstlerin ist Beleg dafür,was sie selbst für aufhebenswert hielt. Betrachtet man dievorhandene Überlieferung in Gänze, wird deutlich, dasses in großem Umfang zu Dokumentenverlusten gekom-men sein muss. Als mögliche Ursache kann angenommenwerden, dass zum einen ein Teil der in Hannover verblie-benen persönlichen Unterlagen der Künstlerin infolge desBombenschadens am Elternhaus vernichtet wurde undzum anderen weitere Unterlagen den Plünderungen imFrühjahr/Sommer des Jahres 1945 in Marwitz zum Opferfielen. Betroffen sind vor allem die Dokumente aus denJahren von der Geburt bis zum Schulabschluss 1924.

2.1. Kindheit und Jugend in Hannover von 1907 bis1924Bedauerlicherweise illustrieren lediglich einige BilderKindheit und Jugend Hedwig Bollhagens in Hannover.Geburtsurkunde, Taufschein, Kinderzeichnungen, Schul-hefte, Zeugnisse oder auch Tagebuchaufzeichnungenaus ihrer Kindheit und Jugend sind nicht erhalten. Älte-stes überliefertes Dokument ist ein Gedichtband2 derMutter Margarete Bollhagen, der 1917 beginnt und bis1944 fortgeführt wird. So ist es sehr mühevoll, das Lebenvon Hedwig Bollhagen nach dem frühen Tod des Vaterszu rekonstruieren. Wichtigste Quelle hierfür bleibt der au-tobiografische Text: „Die Keramikerin Hedwig Bollhagenüber sich selbst“3, dem zu entnehmen ist, dass die jun-ge Witwe mit ihren drei Kindern von der wohlhabendenmütterlichen Familie Werner in Hannover Unterstützung

2 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 6����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 6����� �ie Keramikerin Hedwig Bollhagen über sich selbst�� In��ie Keramikerin Hedwig Bollhagen über sich selbst�� In�

„Form und Zweck“� Fachzeitschrift für industrielle Formge�staltung�� Jahrbuch�� ���7����� S�� �7�62��

erfuhr. Aus späteren Briefen und mittels Fotos von Klas-sentreffen konnte auch eine Reihe von Schulfreundinnenidentifiziert werden: zu Jutta Leopold geb. Hartmann4,Almut Winckelmann geb. Upmeyer5 und den drei Schwe-stern Gertrud, Erika und Elisabeth Maschke6 hatte HedwigBollhagen zeitlebens sehr engen Kontakt. Dies gilt auchfür zahlreiche Verwandte, vor allen der mütterlichen Fa-milie. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieGefühlswelt des Kindes bzw. der jungen Frau und damitdie Zeit der Prägung weitestgehend im Dunklen bleiben,da für die Jahre bis 1924 keine schriftlichen Quellen vor-handen sind. Leider ist es auch sehr unwahrscheinlich,dass Quellen zu Hedwig Bollhagens Kindheit und JugendEingang in kommunale oder staatliche Archiveinrichtun-gen der Stadt Hannover gefunden haben, so dass sichkaum Ansätze für weitere Recherchen finden.

2.2. Ausbildung in Großalmerode, Kassel und Höhrvon 1924 bis 1927Die Nachzeichnung der Ausbildungsjahre anhand desNachlasses bleibt bedauerlicherweise auch nur rudimen-tär. Für das Praktikum in der Töpferei Wilhelm Kaufholdsind das Zeugnis7 und eine Postkarte8 des Töpfermeisterssowie einige Briefe und Postkarten, die an den Prakti-kumsort gesandt wurden, überliefert. Ihr anschließen-des Gaststudium in der Bildhauerklasse der StaatlichenKunstakademie Kassel, wo sie bei Prof. Karl und HedwigMeinhoff9, ihrer Tante väterlicherseits, auf dem KasselerBrasselberg lebte, wird durch das Zeugnis10 und einigeKorrespondenzen dokumentiert. Für ihre Fachschulzeit inHöhr von Ostern 1925 bis zum Frühsommer 1927 sindneben vielen – leider unbeschrifteten Fotos – 11 Vorle-sungsmitschriften11, Rezeptbücher und der unvollständi-ge Entwurf einer Beleg- oder auch Abschlussarbeit überdas Brennen12 überliefert. Während der Ausbildung inHöhr absolvierte sie zwei Praktika: das erste im August/September 1925 in der Fürst-Adolf-Werkstätte für Kunst-

� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2���� Schriftwechsel mit JuttaRep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2���� Schriftwechsel mit JuttaLeopold��

� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ����� Schriftwechsel mit AlmutRep�� ��6 Bollhagen Nr�� ����� Schriftwechsel mit AlmutWinckelmann��

6 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2�6�� 2���� ���Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2�6�� 2���� ����� jeweils Schriftwech�sel��

7 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �7���Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �7���� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��7��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��7��� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��� und ��6Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��� und ��6�� Korrespondenz mit

den Ehepaar Meinhoff���� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ������� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2���� 22��� �6��� �6��� �6��� ����� �����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2���� 22��� �6��� �6��� �6��� ����� �����

6���6�2�� ���7��������2 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 6����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 6����

��Brandenburgische Archive · 25/2008

keramik in Bückeburg13 und das zweite vom 15. Juni biszum 31. August 1926 in Hameln bei der ihr bereits seitder Schulzeit bekannten Töpfermeisterin Gertrud Kraut14.Mit der von ihr „Töpfermutter“ oder auch „Mutterschaf“ ge-nannten Gertrud Kraut, die ihrerseits Hedwig Bollhagenals „geliebtes Schaf“ ansprach, blieb sie bis zu deren Tod1980 eng verbunden. Fotos von zahllosen Ausflügen derFachschüler15 zeugen von einem fidelen Studentenlebenund dem vertrauten Umgang miteinander. Viele Freund-schaften – so mit Willy Kagel, Nora Herz, Lotte Franck,Grete und Robert Kohl, Hans und Käthe Berge und HelmutMöhl – bestanden über Jahre. Ihre Mitschüler und Lehrerkonnten fast lückenlos ermittelt werden, wenn auch meistaußer dem Namen keine weiteren biografischen Angabenvorliegen. Doch die oft mühevollen Recherchen im Inter-net wurden mitunter belohnt. So konnte ich vor kurzemden – gleichnamigen – Sohn des Kommilitonen AndreasRoosen finden, der im Besitz einiger Dokumente seinesVaters ist, anhand derer sich die überlieferten Bilder bes-ser verifizieren lassen sollten.

2.3. Malerin und Entwerferin in den SteingutfabrikenVelten-Vordamm, Werk Velten von 1927 bis 1931Die Feststellung, dass der autobiografische Text HedwigBollhagens die aussagekräftigste Quelle für Kindheit,Jugend und Ausbildungszeit ist, lässt sich weitestgehendauch auf die Veltener Jahre von 1927 bis 1931 übertra-gen. Sie beschreibt ihre Tätigkeit im Veltener Betriebsteilder Steingutfabriken Velten-Vordamm als bestimmend fürihre gesamte Entwicklung. Zum Leiter des Werkes, Dr.Hermann Harkort16, und seiner Frau Louise entwickeltesich eine jahrelange persönliche Freundschaft. Gleichesgilt auch für eine Reihe fester und freier Mitarbeiter desWerkes wie Gerda Frommann17, Werner Burri18, LuiseStegemann19 und „last but not least“ Charles Crodel20,dem sie vermutlich 1929 erstmals begegnete. Neben zahl-reichen Korrespondenzen aus den Jahren 1927 bis 1932sind fast sämtliche Musterblätter21 von Arbeiten HedwigBollhagens, Glasur- und Masserezepte sowie eine Kopie

�� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �62��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �62���� Rep�� ��6 Bollhagen Nr���7���Rep�� ��6 Bollhagen Nr���7����� u��a�� Rep�� ��6 Bollhagen Fotos Nr�� FA6 und FA7�� B6���u��a�� Rep�� ��6 Bollhagen Fotos Nr�� FA6 und FA7�� B6���FA6 und FA7�� B6����6 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �67��6��� Schriftwechsel mit demRep�� ��6 Bollhagen Nr�� �67��6��� Schriftwechsel mit dem

Ehepaars Harkort���7 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ������� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 22��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 22���� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �77��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �77��2� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ���7���Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ���7���2� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� A2��� A2��� A2��� B2��� ������7��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� A2��� A2��� A2��� B2��� ������7��

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des Abschlusszeugnisses22 im Nachlass vorhanden. Vondem gemeinsam mit Hermann Harkort verfassten Aufsatz„Arbeitszeitmessungen in Malereien keramischer Betrie-be“23 sind zwei Sonderdrucke überliefert, nicht jedoch dasManuskript der gemeinsamen Publikation. Hinzukommen22 Skizzenbücher24, die von ihren Studien in dem vonRobert Erdmann begründeten Studienatelier für Malereiund Plastik in Berlin Charlottenburg zeugen. Sie hat dieVeltener Jahre, während derer sie in Berlin-Pankow zurUntermiete wohnte, genossen. In diese Zeit fällt ihre ein-zige Auslandsreise, außerdem besuchte sie die BerlinerMuseen, Konzerte und Theateraufführungen und unter-nahm zahlreiche Radtouren und Ausflüge mit ihrer ehe-maligen Höhrer Mitschülerin Lotte Franck25. Diese hatteihr Studium 1926 abgebrochen und eine Ausbildung zurLehrerin begonnen. Sie emigrierte 1938 als Jüdin nachEngland, der briefliche Kontakt blieb jedoch über die Emi-gration hinaus bestehen.Die Schließung der Steingutfabriken infolge der Weltwirt-schaftskrise hat Hedwig Bollhagen sehr getroffen und siewar gezwungen, sich eine neue Existenz aufzubauen.

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��Brandenburgische Archive · 25/2008

2.4. Wanderjahre 1931 bis 1934In der Retrospektive des Jahres 1957/58 klingt ihr „imstillen Wunsch nach einer eigenen Werkstatt, ging ich aufWanderschaft, um möglichst viele Betriebe kennen zu ler-nen und Erfahrungen zu sammeln“26 sehr optimistisch. Diean sie gerichteten Korrespondenzen sind letztlich Reflek-tion ihrer eigenen Gedanken. Aus ihnen entsteht ein völliganderes Bild dieser Jahre von 1931 bis 1934. Sie war imZeitraum von Mai 1931 bis Ende April 1934 insgesamtsieben Monate ohne Arbeit, was eine kolossale Belastungfür sie gewesen sein muss und währenddessen sie wohlauch nicht ohne die finanzielle Unterstützung ihrer Familieauskam. Erfüllung scheint sie darüber hinaus auf keinerStation ihrer Wanderschaft gefunden zu haben. Bei ihrerSuche nach einer neuen beruflichen Zukunft erfuhr Hed-wig Bollhagen auch Unterstützung von Dr. Hermann Har-kort. Er empfahl sie u.a. für eine Fayence-Fabrik in Beirut,wovon auch der Entwurf des Bewerbungsschreibens27

zeugt. Ihr ehemaliger Betriebsleiter fasste auch einen ge-meinsamen beruflichen Neustart, u.a. in den Niederlan-den, ins Auge28. Weniger bekannt dürfte sein, dass sichHedwig Bollhagen beim amerikanischen Generalkonsulatsogar um eine Einreiserlaubnis29 in die USA bewarb.Erste Station ihrer Wanderjahre war die Staatliche Majo-likamanufaktur Karlsruhe. Dort war sie vom 15. Mai bis15. August 1931 beschäftigt, was mit der Abschrift desArbeitszeugnisses30 und Briefen des Direktors, WolfgangMüller von Baczko31, hinlänglich belegt wird. Außerdemexistieren für drei in dieser Zeit entworfene Schalen32

fotografische Zeugnisse im Nachlass. Auf Empfehlung ih-res ehemaligen Lehrers Prof. Eduard Berdel33 trat HedwigBollhagen am 7. September die Nachfolge von Herta Mül-ler-Nitzke, die sie bereits aus Velten kannte, als Malerin inder kunstkeramischen Malerei des Betriebsteils Neustadtder Rosenthal-Werke34 an. Von dieser Station ihrer Wan-derschaft ist ein Bewerbungsschreiben überliefert, dochexistieren keine Fotografien ihrer Arbeiten oder Muster-blätter ihrer dort gefertigten Entwürfe. Nach zweimona-tiger eher enttäuschender Beschäftigung verließ sie dasNeustädter Werk, um für „... einen schönen Skiwinter lang...“35 in der Werkstatt Kagel in Partenkirchen als Malerin

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zu arbeiten. Diese Zeit von November 1931 bis 15. April1932 in der väterlichen Keramikwerkstatt ihres Kommilito-nen Willy Kagel scheint Hedwig Bollhagen sehr genossenzu haben. Davon zeugen letztlich auch die in zwei Albenzusammengestellten Fotos36. Mit Willy Kagel verband siemehr als nur Freundschaft. Nach Auskunft der TochterUlrike Kagel-Teufel haben sich Hedwig Bollhagen undder ein Jahr ältere Keramiker in diesem Skiwinter ver-lobt. Doch Hedwig Bollhagen löste die Verlobung 1932oder 1933 wieder. Man bewegt sich leicht im Bereich derSpekulation, sucht man Gründe dafür. Die Reaktion desverlassenen Willy Kagel37 ist überliefert – Briefe HedwigBollhagens hingegen hatte die Familie Kagel nach demTod des Keramikers im August 1987 vernichtet. Leichthatte sich Hedwig Bollhagen die Entscheidung nicht ge-macht. In ihrer persönlichen Not offenbarte sie sich ihremväterlichen Freund Heinrich Schild, der sie im Februar1933 noch einmal zu einem Skiurlaub nach Partenkirchenbegleitete38. Dieser Aufenthalt sollte zur endgültigen Klä-rung des Verhältnisses führen. Bemerkenswert ist, dasses Hedwig Bollhagen und Willy Kagel nach der Beendi-gung ihrer Liebesbeziehung gelangt, eine lebenslangeFreundschaft aufrecht zu erhalten, was von beiden SeitenToleranz erforderte und auch von der gegenseitigen Ach-tung füreinander zeugt.An dieser Stelle möchte ich kurz auf die BeziehungHedwig Bollhagens zu dem 12 Jahre älteren späterenGeschäftspartner Heinrich Schild eingehen: Hedwig Boll-hagen verband mit den Schwestern Erika, Gertrud undElisabeth Maschke über die Kindheit und Jugend hinauseine sehr enge Freundschaft. Elisabeth Maschke heiratete1924 den promovierten Volkswirt Heinrich Schild. HedwigBollhagen wird Patin der 1926 geborenen Tochter Christa,die im Sommer 1950 während ihrer betriebswirtschaftli-chen Ausbildung in den HB-Werkstätten volontierte. Diejüngste Tochter Marianne trat gar in ihre Fußstapfen undwurde Keramikerin, besuchte die Fachschule in Höhrund bestritt einen Teil ihrer praktischen Ausbildung in denHB-Werkstätten. Das bestehende Vertrauensverhältniszu Heinrich Schild war für die kommenden Jahre desErwerbs der Haël-Werkstätten, den Aufbau und die früheEntwicklung der HB-Werkstätten Garant für den Erfolgund das Fortbestehen des Unternehmens während desZweiten Weltkrieges.Aber zurück zu den Jahren von 1931 bis 1934. In derDauerverkaufsaustellung für angewandte Kunst in Berlinwar Hedwig Bollhagen über den vergleichsweise langen

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�8Brandenburgische Archive · 25/2008

Zeitraum vom 1. Juli 1932 bis zum 28. Februar 1933tätig. Auch dafür ist eine Zeugnisabschrift39 Beleg. DieArbeit muss wohl sehr mühevoll gewesen sein, wie einBrief ihrer Freundin Lotte Franck40 belegt. In der Retro-spektive wird Hedwig Bollhagen diese sieben Monatejedoch in einem viel positiveren Licht: schildern41. Es istnicht ungewöhnlich, dass einst als bedrückend oder garüberfordernd empfundene Situationen in der Summe derLebenserfahrung als erträglicher oder für die persönlicheEntwicklung sogar fördernd empfunden werden – so auchihre Tätigkeit in der Verkaufsausstellung. Im Anschluss andiese verbrachte Hedwig Bollhagen den bereits erwähn-ten Winterurlaub mit Heinrich Schild in Partenkirchen undbesuchte ihre ehemalige Veltener Kollegin Gerda From-mann in Cannstadt. Danach war sie vom 1. April 1933bis zum 15. Oktober desselben Jahres in der nahe Kölngelegenen Werkstatt Ooms, der Steinzeugfabrik JakobKalscheuer & Cie KG in Frechen, als erste Malerin in derkunstkeramischen Abteilung beschäftigt. Dies weist daswiederum nur in Abschrift überlieferte Arbeitszeugnis42

aus. Außerdem sind aus dieser Tätigkeit Dekor- und Gla-surrezepte überliefert43. Sie hat wohl bei Ooms mit demBildhauer Peter Berens zusammengearbeitet, der von1934 bis 1939 in den HB-Werkstätten tätig war.

Ausweis der Handwerkskammer Berlin�� ����(Rep�� ��6 Bollhagen�� Nr�� 2��)

Von dieser letzten Station ihrer Wanderjahre zeugenaußerdem Briefe von Gerda Frommann, Hermann Har-kort und Willy Kagel44. Einer Anmerkung zum IV. Kapitelder Dissertation von Andreas Heger: „Keramik zum Ge-

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brauch. Hedwig Bollhagen und die HB-Werkstätten fürKeramik“45 ist zu entnehmen, dass Hedwig Bollhagenwährend dieser Zeit in Köln wohnte. Dort soll sie überihre Freundin Nora Herz, die wiederum mit dem BruderMargarete Heymann-Loebensteins, Fritz Heymann,befreundet war, vom beabsichtigten Verkauf der Haël-Werkstätten für künstlerische Keramik Marwitz erfahrenhaben. Belege dafür finden sich im Nachlass leider nicht.Die damals 25-jährige Hedwig Bollhagen wollte späterenAussagen zufolge nicht allein und vor allem fast ohne jed-wede betriebswirtschaftliche Vorbildung ein Unternehmengründen. Sie wandte sich mit der Bitte um Unterstützungan Heinrich Schild. Dieser nahm vermutlich im Herbst desJahres 1933 die Kaufverhandlungen mit der EigentümerinMargarete Heymann-Loebenstein und dem von ihr beauf-tragten Bücherrevisor und Wirtschaftsberater Dr. MaxSilberberg auf. Die entsprechenden Unterlagen befindensich im Firmenarchiv der HB-Werkstätten in Marwitz. DerGeschäftsführer der HB-Werkstätten, Wolfgang Scholz,stellte sie dankenswerterweise in Kopie46 zur Verfügung.Aufgrund dieser und weiterer Dokumente, die in den imBrandenburgischen Landeshauptarchiv überlieferten Be-ständen Amtsbezirk Bötzow47 und Regierung Potsdam48

ermittelt werden konnten, lassen sich die Umstände desVerkaufs der Haël-Werkstätten für künstlerische KeramikMarwitz beleuchten. Diese liegen zum einen in der durchdie Weltwirtschaftskrise 1929 verursachten schwierigenwirtschaftlichen Lage begründet, in der sich das Unter-nehmen seit 1930 befand. Zum anderen gab die antisemi-tische Stimmung im Deutschland des Jahres 1933 für diejüdische Keramikerin Margarete Heymann-Loebensteinden Ausschlag, den Betrieb nicht selbst fortzuführen.Nachdem sie im Februar des Jahres 1933 unter tragischenUmständen ihren jüngsten Sohn Stephan verloren hatte,wurde sie im Sommer desselben Jahres von dem bei ihrbeschäftigten Bürovorsteher Denk und dem Betriebsob-mann Hans Enge49 bei der Ortspolizeibehörde Bötzowdenunziert. Diese leitete die Anzeige an die Gestapo weiter.Die Besitzerin der Haël-Werkstätten war gewarnt wordenund floh mit ihrem Sohn Michael – nachdem sie zum 1. Julialle verbliebenen Beschäftigten entlassen und den Betriebstillgelegt hatte – auf die Insel Bornholm. Nach ihrer Rück-kehr im September – und immer noch unter dem Eindruckeiner drohenden Verhaftung stehend – sah sie nur nochdie Möglichkeit des raschen Verkaufs der Werkstätten und

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��Brandenburgische Archive · 25/2008

einer anschließenden Ausreise aus Deutschland. Hein-rich Schild hatte ursprünglich geplant, das Grundstückmit Wohnhaus und Fabrikgebäude gemeinsam mit demMarwitzer Gemeindevorsteher Heisen zu erwerben, wasjedoch nicht zustande kam. Hedwig Bollhagen selbst waran den Verhandlungen nicht beteiligt, über deren Fortgangaber unterrichtet. Nach langem und nur zu verständlichenRingen und unter dem eindeutig dokumentierten politi-schen wie rassischen Verfolgungsdruck ging CharlotteHeymann-Loebenstein im Frühjahr 1934 von ihrem ur-sprünglich geforderten Kaufpreis von 60.000 RM ab undnahm Heinrich Schilds Angebot über 45.000 RM an. Am26. April 1926 wurde der Kaufvertrag unterzeichnet50.

2.5. HB-Werkstätten für Keramik in MarwitzZur Produktionsstätte selbst sind Bauzeichnungen sowohlim Nachlass51 als auch im Firmenarchiv in Marwitz und imBestand Rep. 41 Bötzow52 überliefert. Das Ende des 18.Jahrhunderts erbaute Fabrikgebäude wurde von Margare-te Heymann und ihrem Mann Dr. Gustav Loebenstein, der1928 zusammen mit seinem Bruder Daniel tödlich verun-glückte, umgebaut und wesentlich erweitert. Auch ließendie Vorbesitzer ein von Paul Stephanowitz projektiertesWohn- und Bürohaus – mit Blick auf die Fabrik und dieLandstraße von Marwitz nach Hennigsdorf – errichten. Esdiente als Büro- und Ausstellungsgebäude. Die Wohnungim Obergeschoss wurde nicht durch Familie Loebensteingenutzt. In diese zog Hedwig Bollhagen wohl noch imGründungsjahr ein.Im Mai 1934 war es mitnichten abzusehen, dass die HB-Werkstätten für Keramik Marwitz bis zum heutigen Tageerfolgreich bestehen würde. Zu verdanken ist dies – biszu seinem Ausscheiden 1945/46 – in nicht unerhebli-chem Maß dem kaufmännischen Geschäftsführer Hein-rich Schild und – selbstverständlich – Hedwig Bollhagenselbst. Nachdem sie sich bewusst gegen die Gründungeiner eigenen Familie entschieden hatte, verschmolz dieKeramikerin förmlich mit „ihrer Bude“, wie sie sie gernselbst bezeichnete. Sinnbild dafür ist natürlich der Be-triebsname, in dem ihr Künstlersignet HB an erster Stellestand und steht. Letztlich ist dies auch an den seit 1934überlieferten Nachlassunterlagen ablesbar. Eine Tren-nung zwischen der „privaten“ und der „geschäftlichen“Hedwig Bollhagen ist schier unmöglich – kaum ein Brief,eine Postkarte, ein Notizzettel oder ein Kalender, in denennicht von den Werkstätten die Rede ist.

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Heinrich Schild und Hedwig Bollhagen gründeten am 18.Mai per Vertrag die Werkstätten als GmbH. Sie warendie alleinigen Geschäftsführer und Gesellschafter miteinem jeweils hälftigen Gewinnanteil. Die GmbH schlossam 14. Oktober einen Pachtvertrag mit dem Eigentümerdes Grundstückes – Heinrich Schild. Die Gestaltung desPachtvertrages und die in der Folge von Heinrich Schildgeforderten Werterhaltungsmaßnahmen an Fabrikge-bäude und Wohnhaus legen nahe, dass ein allmählicherÜbergang von Grundbesitz und Gebäuden an die GmbHgeplant war und letztlich auch vollzogen wurde. Die ge-nannten Pacht- und Gesellschaftsverträge befinden sichnicht im Nachlass, sondern im Marwitzer Firmenarchiv.

2.5.1. Entwicklung bis zum KriegsbeginnDie Meldung über die rasch steigende Mitarbeiterzahldes Jahres 1934 – von sieben im Mai auf 43 im De-zember – konnte einem von 1934 bis 1981 geführtenOrdner „Schriftverkehr mit der Gemeindeverwaltung“53

entnommen werden. Dieser Ordner und die überliefertenBilanzen der Jahre 1936 bis 193954 sind außerordentlichwertvolle Quellen für die frühe Firmengeschichte. Dar-über hinaus sind auch Preislisten und Einladungen zurLeipziger Messe55 überliefert. Die frühen Mitarbeiter derHB-Werkstätten lassen sich mit Ausnahme von Betriebs-leiter August Wojak, dem bereits erwähnten ModelleurPeter Berens und dem Freidreher Oswald Schlenkerkaum namentlich ermitteln. Bekannt ist, dass Louise undHermann Harkorts Sohn Dietrich und Hedwig Bollhagens

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20Brandenburgische Archive · 25/2008

Veltener Kollegin Thoma Gräfin Grote56 als Vertriebsleiterfür Mitteldeutschland bzw. das Rheinland tätig waren. AusKorrespondenzen lässt sich die frühe Zusammenarbeitmit Charles Crodel seit 193557 rekonstruieren. Von die-sem sind nicht nur 539 Briefe und Postkarten, sondernauch 94 Zeichnungen58 im Nachlass überliefert. Der vonden Nationalsozialisten verfemte Künstler fertigte für dieHB-Werkstätten zahlreiche Dekorentwürfe sowohl fürEinzelstücke als auch für die Serienproduktion. Außer-dem drängte er gemeinsam mit Thoma Gräfin Grote zumEinstieg in die Baukeramik. Dieser Schritt fiel HedwigBollhagen nicht leicht und sie erhob in einem als Entwurfüberlieferten Schreiben59 an ihre Vertriebsleiterin undFreundin zahlreiche Bedenken dagegen. Die Geschäfts-führer entschlossen sich letztlich doch für die Einrichtungeiner baukeramischen Abteilung, die sehr erfolgreicheProjekte realisierte, von denen jedoch nicht wenige demBombenhagel des Zweiten Weltkrieges zum Opfer fielen.Zu den Baukeramikprojekten sind eine Reihe großforma-tiger Werbeaufnahmen60 der HB-Werkstätten überliefert.Unter anderem sind der von dem 1944 in Plötzenseehingerichteten Bildhauer Kurt Schumacher für die Kramp-nitzer Kaserne entworfene überdimensionale Reichsadlermit Hakenkreuz61 und die von Christa von Lewinski62 undHilde Broer63 für die Heinkelsiedlung entworfenen Haus-zeichen dokumentiert. Größere Gartenkeramiken wurdenwohl um 1935 in die Produktpalette der HB-Werkstättenaufgenommen. 1936 wurden Vasen und Pflanzgefäßefür die Reichsgartenschau in Dresden gefertigt und 1938durch Hedwig Bollhagen, Charles Crodel und Guido vonErxleben eine Gartenanlage für die GRUGA in Essen64

gestaltet, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Bereits1937 gaben die Werkstätten auch einen separaten Kata-log für Zier- und Gartenkeramik65 heraus.

Der Schweizer Keramiker Werner Burri kam 1936 als freierMitarbeiter in die HB-Werkstätten. Bis zu seinemAusschei-den 1939 entwarf er sowohl Dekore für Kannen, Vasen,Krüge und Fliesen als auch Formen für Einzel- und Seri-

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enstücke. Von seiner Hand sind 34 Zeichnungen66, darun-ter vier Karikaturen67, 88 Briefe und 33 Postkarten68 – dieer auch häufig illustrierte – überliefert. Mit ihm und seinerFrau Felicitas69 verband Hedwig Bollhagen ebenfalls eineenge Freundschaft – bei Burris verbrachte sie 1937 aucheinen ihrer geliebten Skiurlaube. Auch die „Töpfermutter“Gertrud Kraut weilte nachweisbar seit 193770 immer wie-der für längere Arbeitsaufenthalte in Marwitz. Ihre wohlengste Freundin seit Fachschultagen – und auch eine derso genannten Töchter Gertrud Krauts – war Nora Herz,die bis 1937 in den HB-Werkstätten eigene Arbeiten bren-nen konnte. Dies war nicht ungefährlich, da Nora HerzJüdin war, woran ein Mitarbeiter auch Anstoß nahm71. Diesofortige Entlassung belegt sehr eindrucksvoll HedwigBollhagens couragierte Haltung gegen das NS-Regimeund dessen schlimmsten Auswuchs, den Antisemitismus.Trotzdem wandte sich Nora Herz noch vor Ihrer Emigra-tion in die Vereinigten Staaten von all ihren deutschenFreunden ab, was Hedwig Bollhagen persönlich schwergetroffen hat.

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2�Brandenburgische Archive · 25/2008

Für die 1930er Jahre sind viele Rezepturen72 für Mas-seversätze und Glasuren, aber auch sehr nüchterneArbeitsbücher73 einzelner Abteilungen wie der Malereiund Dreherei überliefert. Auch Kataloge74 und Preislistensind wohl fast vollständig vorhanden. Hedwig Bollhagenskünstlerisches Schaffen wird mit 25 eindeutig ihrer Handzuzuordnenden Entwürfen75 belegt. Der frühe künstle-rische Erfolg der Keramikerin lässt sich auch an denAuszeichnungen wie der sehr repräsentativen Urkundeüber die Verleihung der Goldmedaille zur Weltausstellung193776 für eine kleine Vase ablesen. 1938 legte HedwigBollhagen ihre Gesellenprüfung ab, wovon nur eine sehrschlechte Kopie77 überliefert ist.

2.5.2. Die HB-Werkstätten im Zweiten WeltkriegMit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Lagefür die HB-Werkstätten in mehrfacher Hinsicht problema-tisch. Es erloschen fast sämtliche Exportmöglichkeiten insAusland, was zu erheblichen Umsatzeinbußen führte. Mitdem Ende des Blitzkrieges 1941 drohte sogar die Stillle-gung der Firma. Es war wohl vor allen dem betriebswirt-schaftlichen Geschick Heinrich Schilds und seinen Ver-bindungen in Partei- und Staatsämter zu verdanken, dass

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die HB-Werkstätten einen ihren Fortbestand sicherndenRüstungsauftrag erhielten. Zuerst wurden Gehäuse fürLuftschutzkelleröfen hergestellt und im Anschluss einAuftrag des Reichsführers SS78 ausgeführt, der darinbestand, Terrinen und Esstöpfe für Heer und Bombenge-schädigte zu fertigen. Die Bedeutung des vorgenanntenAuftrages, der nicht im Nachlass, sondern wiederum imBestand Rep. 41 Amtsbezirk Bötzow überliefert ist, darfnicht unterschätzt werden. Er sicherte der Firma die Zu-teilung kontingentierter Brennmaterialien, Baustoffe undauch Strom.Ein weiteres Problem stellte sich mit der Heranziehungfast aller männlichen Arbeitskräfte zum Kriegsdienst, wasin Anbetracht der schweren körperlichen Arbeiten, wiedem Ein- und Ausräumen der Brennkapseln, eine enormeBelastung für die verbliebenen Frauen mit sich brachte.Seit etwa Mitte 1942 wurden wie überall in der deutschenWirtschaft französische Kriegsgefangene79 in den HB-Werkstätten eingesetzt, die den Mangel an Arbeitskräfteninsgesamt ausgleichen sollten. Seit 1943 wurden darüberhinaus neben polnischen und ukrainischen auch russi-sche Frauen, die so genannten Ostarbeiterinnen, in denHB-Werkstätten eingesetzt. Sie schliefen nicht wie üblichin den Zwangsarbeiterlagern, sondern waren im Fabrikge-bäude untergebracht, was für die Betroffenen wesentlichannehmlicher war. Hedwig Bollhagen bemühte sich umein menschenwürdiges Verhältnis zu den ausländischenArbeitskräften, was durchaus nicht üblich und darüberhinaus auch nicht ungefährlich war. Sie sorgte auch fürdie medizinische Betreuung der schwangeren Polin Safa-now80, deren Sohn Roman 1943 in Marwitz das Licht derWelt erblickte.Hedwig Bollhagen selbst scheute keine auch noch soschwere körperliche Arbeit, wie aus besorgten Schreibenu.a. Charles Crodels81 hervorgeht. Dies blieb nicht ohnegesundheitliche Folgen. Nachdem sie am 26. Oktober1940 noch ihre Meisterprüfung82 ablegen konnte, erkrank-te sie zu Beginn des darauf folgenden Jahres an TBC undmusste sich im Dezember einer Operation in der Charité83

unterziehen, die sie noch zu Beginn des Jahres 1942 lan-ge Zeit fast zur Untätigkeit zwang. Eine Kur im März/April1942 in Oberstdorf Kornau konnte ihre stark angegriffeneGesundheit nicht wieder vollständig herstellen.

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Stilllegung der Haël�Werke�� ����(Rep�� �� Bötzow Nr�� 27�)Stilllegung der Haël�Werke�� ����(Rep�� �� Bötzow Nr�� 27�)

22Brandenburgische Archive · 25/2008

Seit 1940 sind fast lückenlos Kalender mit persönlichenAufzeichnungen Hedwig Bollhagens überliefert. Es istüberraschend, was den eher minimalistischen Eintragun-gen alles zu entnehmen ist: Sie notierte u.a. Legeleistun-gen der Hennen, Gartenarbeiten, Ernteergebnisse, Thea-ter- und Kinobesuche, Verwandtenbesuche, Arbeitsauf-enthalte von Crodel und im Kriege selten gewordene guteMahlzeiten. Sie illustrieren Hedwig Bollhagens Leben undSchaffen vortrefflich84.

Kalendereintragungen�� März ����(Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �)

2.5.3. Das Jahr 1945Als besonderen Einschnitt empfand die Keramikerin na-türlich das Jahr 1945. Das Ende des verhassten NS-Re-gimes und damit auch des furchtbaren Krieges sehnte siezweifellos herbei. Doch ist sie in Bezug auf ihr eigenesÜberleben und das der Firma nicht so optimistisch. Davonzeugen der Entwurf eines Briefes an Charles Crodel85 undeine dreiseitige schlecht erhaltene Aufzeichnung zu denEreignissen des Frühjahres 1945. Ganz besonders bela-stete sie auch der Umstand, dass seit 1944 ihr geliebterBruder Johannes, der als Arzt einem Sanitätsbataillondiente, vermisst wurde. Erst nach Kriegsende brachtesie in Erfahrung, dass er in Rumänien gefallen war86. Siekümmerte sich fortan aufopferungsvoll um seine WitweKatja und die drei Kinder Klaus, Deike und Silke. Auchsorgte sie für ihre Mutter Margarete, die 1943 ihr Haus inHannover durch einen Bombentreffer verloren hatte.Nachdem am 23. April 1945 die Rote Armee in Marwitzeinmarschiert war, verbarrikadierten sich Hedwig Bollha-gen und die in der Fabrik untergebrachten polnischen,ukrainischen und russischen Frauen nachts im Massekel-ler. Die Verwüstungen an Haus und Hof und Fabrik warenjedoch außerordentlich groß87 und sie war fast vollständig

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auf sich allein gestellt. Die Produktion in der Firma lagseit Februar/März still und wurde erst Mitte Juni wiederallmählich in Gang gebracht. Heinrich Schild floh mitseiner Familie in die britische Zone nach Elberfeld bzw.Oedinghausen. Er übertrug Hedwig Bollhagen seine Ge-sellschafteranteile88, verzichtete auf seinen Eigentumsan-teil an Grundstück und Gebäuden und bannte damit dieGefahr einer Beschlagnahme und Enteignung der Firma.Als Mitglied der NSDAP und aufgrund seiner – wenn auchnur 18-monatigen – Funktion als Reichshandwerksführerwäre er als belastet eingestuft worden und damit kaum ei-ner Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmachtentgangen. Dies hätte letztlich auch negative Folgen fürHedwig Bollhagen gehabt. Sie selbst erhielt von der Poli-zeibehörde ein politisches Führungszeugnis89, das sie alsunbelastet ausweist.

Politisches Führungszeugnis�� ���6„Hiermit wird Bescheinigt dass Fräulein Hedwig Bollhagen gbr��am �6�������7 in Hannover wohnhaft Marwitz Triftstr�� niemals derN��S�����A��P�� oder ihre Gliederungen angehört hat�� ������“(Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 2��)

2.5.4. Die HB-Werkstätten in der SBZ/DDR und derenVerstaatlichungHedwig Bollhagen musste sich den veränderten gesell-schaftlichen und den neuen wirtschaftlichen Rahmen-bedingungen stellen, die ihr Leben und Arbeiten nichtgerade erleichterten. Sie war noch mehr als in denJahren zuvor ständig zwischen schöpferischem Schaf-fen, unternehmerischer Verantwortung und persönlicherSorge um Familie und Bekannte zerrissen. Ein privaterKeramikbetrieb wie die HB-Werkstätten war gegenüberden sich allmählich herausbildenden volkseigenen Be-trieben deutlich schlechter gestellt. In den nun häufigerüberlieferten Durchschlägen von Briefen an Verwandteund Freunde beschrieb sie ihren ständigen Kampf um Be-triebsmittel und Rohstoffe. Doch gelang es ihr unter gro-ßen Entbehrungen, alles wieder in Gang zu bringen. 1947drehte Wolfgang Kiepenheuer im Auftrag der Landesbild-

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2�Brandenburgische Archive · 25/2008

stelle Brandenburg einen Lehrfilm mit dem Titel „Märki-sche Töpferei in Velten“90. Eine Kopie des 8-mm-Filmsist im Nachlass erhalten. Einige teils stärker beschädigtegroßformatige Bilder aus dem Produktionsprozess derHB-Werkstätten91 entstanden ebenfalls in diesem Zusam-menhang. Die HB-Werkstätten beschäftigten auch nachdem Kriegsende wieder freie Mitarbeiter, die in erster Li-nie baukeramische Projekte realisierten. Charles Crodelwar bis zu seiner Übersiedlung nach München und auchnoch kurze Zeit danach immer wieder in den Werkstättentätig und pflegte auch persönlich eine sehr enge Bezie-hung zu Hedwig Bollhagen. Ihre „Töpfermutter“ GertrudKraut führte zu Beginn des Jahres 1948 sogar einen ke-ramischen Grundkurs für die Marwitzer Lehrlinge durch.Doch die enormen Probleme, die die Keramikerin imSystem der Planwirtschaft als Privatunternehmerin hatte,ließen sie 1953 sogar an Aufgabe ihrer Firma denken.Sie bewarb sich um die Leitung der Meisterklasse an derStaatlichen keramischen Fachschule in Höhr92, wurdeaber – glücklicherweise – nicht angenommen und konnteihr Lebenswerk in Marwitz fortsetzen. Sie übernahm aucheine Reihe gesellschaftlicher Funktionen, da sie in denWerkstätten seit eh und je Lehrlinge ausbildete. So warsie Mitglied im Prüfungsausschuss der Handwerkskam-mer Potsdam93 und gehörte außerdem seit 1955 der Sek-tion Kunsthandwerk des Verbandes Bildender Künstleran. In den 1950er und 1960er Jahren waren mit Jürgenvon Woyski, Waldmar Grzimek, Toni Mau, Frank Glaserund Dagmar Glaser-Lauermann, Arno Röger und RudolfPeschel wieder freie Mitarbeiter tätig, mit denen eine Rei-he baukeramischer Projekte realisiert wurden. Über Char-les Crodel kam es schließlich zur Begegnung zwischenHedwig Bollhagen und Heidi Manthey, die wochenweiseArbeitsmöglichkeiten in Marwitz nutzte94. Die ebenfallssehr erfolgreiche rund 20 Jahre jüngere Keramikerin magdamals vielleicht noch nicht geahnt haben, dass sie Jahrespäter das künstlerische Erbe Hedwig Bollhagens antre-ten würde. Sie fühlte sich aber sofort in der Atmosphäredes kleinen Betriebes heimisch. Doch der Firmenalltagwar geprägt vom Ringen um notwendige Investitionen,vom Streit mit dem Amt für Preisbildung und von staat-lichen Planauflagen95. Die Werkstätten bewegten sich ineinem Teufelskreis: Der entstandene Investitionsrückstau

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Bezirkes Potsdam Nr�� �26���

konnte nicht abgebaut werden, wegen der strengen Preis-bindung wurde aber nicht kostendeckend produziert undes mussten ungeheure bürokratische Hürden genommenwerden. Insofern ist es nicht unverständlich, dass HedwigBollhagen die Verstaatlichung 1972 nicht so sehr als Ent-eignung auffasste, sondern sogar begrüßte. Im Nachlassselbst sind keine administrativen Dokumente zur Verstaat-lichung überliefert. Doch konnten im Bestand des Ratesdes Bezirkes Potsdam die Einverständniserklärung96

Hedwig Bollhagens und der Kaufvertrag ermittelt werden.Sie wurde 1972 immerhin 65 Jahre – ein Alter, in demsich andere zur Ruhe setzten – und war des täglichenbetriebswirtschaftlichen Kampfes wohl leid.

Zulassung als Industrieformgestalter�� ��72(Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 227)

Der Übergang vom VEB (Volkseigener Betrieb) Stein-gutfabrik Rheinsberg zum Staatlichen Kunsthandel 1976ist nicht im Nachlass dokumentiert. Was jedoch in ganzerstaunlichem Umfang überliefert ist, sind die im oft zer-mürbenden Firmenalltag so wichtigen Betriebsfeiern,die die lebensbejahende künstlerische Leiterin und ihreBeschäftigten organisierten. Anlässe fanden sich immer:die Firmenjubiläen am 1. Mai97, ihre Geburtstage undWeihnachten waren feste Größen im Alltag des „soziali-stischen Arbeitskollektivs“ der HB-Werkstätten. Zu ihremGeburtstag engagierte sie sogar mehrfach einen Profidisk-jockey98, wie in der Firmenkorrespondenz überliefert ist.Sie erfuhr selbstverständlich auch in der DDR Anerken-nung als Künstlerin. Dies findet ihren Ausdruck zum einendarin, dass die Produkte der HB-Werkstätten eine außer-ordentlich hohe Nachfrage genossen und zur so genann-ten Bückware gehörten, zum anderen auch in den ihr

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2�Brandenburgische Archive · 25/2008

verliehenen Auszeichnungen: 196299, 1964100 und 1973für die Teilnahme an Internationalen Keramikausstellun-gen in Prag, Faenza und Gdańsk mit 15 Goldmedaillendes Warenzeichenverbandes für Kunsthandwerk undKunstgewerbe der DDR101 und auch staatlichen Ehrungenwie dem Theodor-Fontane-Preis 1966102, der Verdienst-medaille der DDR103 1964 und dem Vaterländischen Ver-dienstorden in Silber 1977104 und in Gold 1985105.

Hedwig Bollhagen im Gespräch mit Porzellanmalerinnen������er Jahre(Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� � ��)

2.5.5. Reprivatisierung der HB-WerkstättenDas Ende des ersten Arbeiter- und Bauernstaates aufdeutschem Boden, den sie oft als „beschämend dämlich“charakterisierte, hat Hedwig Bollhagen sicher nicht allzusehr überrascht. In die vielleicht empfundene Freudeum das Ende der Volkseigentümlichkeiten mischte sichjedoch bald die Sorge um die Zukunft der Firma und ih-rer Mitarbeiter. 1990 wurden die Werkstätten durch dieArt-Union GmbH übernommen. Zu diesem sehr kurzenAbschnitt der Firmengeschichte vom November 1990bis zum November 1992 sind keine persönlichen oderFirmenunterlagen überliefert. Vielmehr kommen in denan Hedwig Bollhagen gerichteten Korrespondenzen de-ren Sorge um den Fortbestand der Firma und die Suchenach Geschäftspartnern zum Ausdruck106. Sie wollte mit83 Jahren aus nachvollziehbaren Gründen nach der über45 Jahre währenden Einbindung in eine planwirtschaftlichorganisierte Volkswirtschaft nicht mehr allein den Start in

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den freien Markt wagen. So geht sie auf die Suche nacheinem geeigneten Freier – wie sie es selbst beschrieb– und fand ihn in Wolfgang Scholz. Am 1. November 1992erfolgte die Reprivatisierung der HB-Werkstätten. Hierzusind einige Briefe und Postkarten überliefert, in denenFreunde und Bekannte wie Toni Dittmer107, Barbara El-lis108 oder Udo Harkort109 sie zu diesem neuen Kapitel derFirmengeschichte beglückwünschen und ermutigen. Dieamtlichen Unterlagen zum Vorgang der Reprivatisierungbefinden sich im Firmenarchiv in Marwitz.In außerordentlich großem Umfang sind für die Zeit von1992 bis zu ihrem Tod Filmporträts110, Talkshow- und In-terviewmitschnitte111 und natürlich Flyer von Einzel- undGruppenausstellungen112 überliefert. Seit 1990 wurdeHedwig Bollhagens keramisches Schaffen in über 40Ausstellungen gewürdigt, die fast vollständig im Nachlassdokumentiert werden können. Die Anerkennung, die ihrals Künstlerin mit der Verleihung des Verdienstordensdes Landes Berlin 1996113 und im darauffolgenden Jahrmit dem Bundesverdienstkreuz114 zuteil wurde, erfüllte sieganz sicher mit Stolz.Der Nachlass „endet“ mit dem letzten Dokument, dasHedwig Bollhagen zu ihren Lebzeiten – also vor ihremTodestag, dem 8. Juni 2001 – erhalten oder selbst ver-fasst hat. Die Todesanzeige, Danksagungen, Trauer- undGedächtnisreden und Beileidsschreiben an ihre Familien-angehörigen wurden dem BLHA ebenfalls übergeben.

Diese Unterlagen gehören jedoch nicht mehr zum ei-gentlichen Nachlass der Künstlerin, sondern werden alsSammlung zum Nachlass ausgewiesen. Dieser Samm-lung würden auch etwaige Zustiftungen wie Briefe vonHedwig Bollhagen, Entwürfe und Skizzen von ihr, die sichin fremdem Besitz befanden, und alle Unterlagen, die seitihrem Tod zu Leben und Werk von ihr entstanden sind,zugeordnet.

3. ResümeeObwohl Kindheit, Jugend und Schulausbildung von Hed-wig Bollhagen im wahrsten Sinne des Wortes nur bebil-dert werden können und insgesamt weitere Dokumenten-verluste anzunehmen sind, ist ihr archivischer Nachlasseine hervorragende Quelle zur Erforschung von Leben

��7 Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 7���Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� 7������ Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �7��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �7����� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �6���Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �6������ Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� V��V7��Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� V��V7����� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� K��� �����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� K��� �������2 U��a�� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��22����6��U��a�� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��22����6����� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��6���Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ��6������ Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� �����

25Brandenburgische Archive · 25/2008

und Werk der Keramikerin. Er bietet darüber hinaus auchdie Möglichkeit, biografische Angaben zu anderen Kera-mikern und Künstlern wie beispielsweise Gertrud Kraut,Charles Crodel und Werner Burri zu recherchieren. Fürdie Geschichte der HB-Werkstätten ist er ebenfalls eineunverzichtbare Quelle, wobei hierzu natürlich auch – inAbsprache mit dem Geschäftsführer – das Firmenarchivin Marwitz herangezogen werden muss. Das keramischeWerk Hedwig Bollhagens wird am besten über den kerami-schen Nachlass belegt, da nur im vergleichsweise gerin-gen Umfang Dekor- und Formentwürfe ihres über 75-jäh-rigen Schaffens im archivischen Nachlass überliefert sind.Dies ist erklärbar, da ein Teil ihrer künstlerischen Arbeitenin das Eigentum der Firmen, bei denen sie angestellt war,überging. Ihre Lebensstationen jedoch werden mit Aus-nahme der bereits getroffenen Einschränkung für die Jah-re bis 1924 durch den archivischen Nachlass ausreichenddokumentiert. Wertvollste Quelle für ihre Gefühls- und Ge-dankenwelt sind die Korrespondenzen, die die Wünsche,Ängste und Hoffnungen Hedwig Bollhagens reflektieren.Natürlich bleiben Motive ihres Handelns und Tuns auchweiterhin im Verborgenen, doch die durchaus das Attri-but „einmalig“ verdienende künstlerische und unterneh-merische Karriere von Hedwig Bollhagen kann anhandder überlieferten persönlichen und betrieblichen Quellenrelativ lückenlos nachvollzogen werden. Von besondererBedeutung dabei ist, dass sie mit dem Kaiserreich, derWeimarer Republik, der NS-Diktatur, der SBZ/DDR undletztlich dem wiedervereinigten Deutschland Zeitzeugineines der wechselvollsten Kapitel deutscher Geschich-

te geworden ist. Ihre Zivilcourage, die sie während desNS-Regimes gegenüber jüdischen Freunden, verfemtenKünstlern und den ausländischen Arbeitskräften an denTag legte, ringen uns Nachgeborenen Bewunderung ab.Betrachtet man die Umstände des Erwerbs und die Fir-mengeschichte der HB-Werkstätten in der NS-Zeit, wirddeutlich, dass – teilweise auch zur Sicherung des weite-ren Fortbestands der Firma – Rüstungsaufträge ange-nommen wurden, die in der historischen Betrachtung alskritisch angesehen werden müssen. In der Rückschau istfür die Nachgeborenen kaum nachvollziehbar, wie einzel-ne Entscheidungen zustande kamen. Dabei wird geradeam Beispiel Hedwig Bollhagens klar, dass sich das Lebenund Schaffen eines Menschen nicht in die Kategorien gutund böse pressen lassen, sondern dass der Mensch – umden Preis des eigenen Überlebens und auch aus Verant-wortung seiner Mitmenschen gegenüber – Kompromisseeingeht. So darf man äußere Zwänge und bestehende Ab-hängigkeiten des Einzelnen nicht außer Acht lassen undmuss ihre Handlungsweise immer im gesellschaftlichenKontext betrachten. Hedwig Bollhagen selbst hat in Endeder 1990er Jahre geführten Interviews gerade die NS-Zeit für sich selbst und jeden, der sich nicht offen gegendas System gestellt hat, als beschämend bezeichnet115.Würdigt man Leben und Werk der Keramikerin, darf manaus Verantwortung für die Geschichte nicht davor zu-rückschrecken, unangenehme oder vermeintlich nicht inden Rahmen einer persönlichen und künstlerischen Wür-digung passende Fakten zu benennen. Ein Weglassenwäre Anlass zu Spekulationen und Unterstellungen, dieHedwig Bollhagen bzw. der Werk- und Lebensrezeptionnicht dienlich sind. 2007 wurde anlässlich ihres 100. Ge-burtstages einer großartigen, modernen und couragiertenFrau, die auch eine sehr erfolgreichen Künstlerin undUnternehmerin war, gedacht. Das Motto der sie im Hausder Brandenburgisch-Preußischen Geschichte ehrendenAusstellung „Hedwig Bollhagen. Ein Leben für die Kera-mik“ war sehr treffend gewählt, da sie ihr Leben tatsäch-lich der Keramik gewidmet hat, wie an ihrem Nachlassabzulesen ist.

��� Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� V� und K����Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� V� und K����

Verdienstkreuz ��� Klasse des Verdienstordens der Bundes�republik �eutschland�� ���7Orden und Ordenspange (Rep�� ��6 Bollhagen Nr�� ���)

2�Brandenburgische Archive · 25/2008

Die ersten Aufträge des Archivs der Hansestadt Rostock erhielt die

PAL Preservation Academy GmbH Leipzig unmittelbar nach ihrer Gründung.

Zahlreiche Grafiken, einfarbige und kolorierte Stadtansichten aus dem

18. und 19. Jahrhundert sowie bedeutende historische Stadtpläne wurden

restauriert und gescannt; Archivar Hans-Werner Bohl über die Zusam-

menarbeit:

Von Anfang an haben wir sehr gut mit der PAL zusammen

gearbeitet. Der gute persönliche Kontakt zählt ebenso viel wie

der hohe fachliche Standard. Die Arbeiten werden sehr sachkundig

in bester Qualität ausgeführt, und wir können uns auf die ehr-

liche Beratung verlassen. Die Restaurierung unserer bedeutenden

Stücke ist für uns absolute Vertrauenssache. Umso erfreulicher,

dass sich die Preisgestaltung in einem angemessenem Rahmen

bewegt.

Wir übernehmen Verantwortung für die Erhaltungvon Kulturgütern und Dokumenten aus Papier

Wir bieten Restaurierung und Konservierung mit modernsten Verfahren

und Techniken:

Massenentsäuerung | Anfaserung und Papierspaltung | Tintenfraßbehandlung |Delaminierung | Dekontaminierung | Mikroverfilmung und Digitalisierung |Behandlung von Plandokumenten und Karten | Bucheinbandrestaurierung |Beratung und Gutachten | Forschung und Entwicklung | Aus- und Weiter-

bildung.

PAL PRESERVATION ACADEMY GmbH Leipzig

Kreuzstraße 12 · D-04103 Leipzig

Telefon (0341) 98388-0 · Fax (0341) 98388-20

[email protected] · www.preservation-academy.com

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2�Brandenburgische Archive · 25/2008

Neuverpackung, Umlagerung und Res-taurierung der Karten und Pläne imBrandenburgischen LandeshauptarchivVon Udo Gentzen und Mario Glauert

Das Brandenburgische Landeshauptarchiv verwahrt inseinen Beständen rund 130.000 Karten und Pläne, dievom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart reichen und indenen sich die wechselvolle Geschichte des Landes bisin die jüngste Vergangenheit widerspiegelt.Der geplante Umzug von Archivalienbeständen des Bran-denburgischen Landeshauptarchivs aus dem östlichenFlügel des Orangeriegebäudes im Schlosspark Sanssouciin den neuen Magazinbau am Standort Potsdam-Bornimbot 2002 den Anlass, eine neue Konzeption für die künf-tige Lagerung der Karten und Pläne des Archivs zu entwi-ckeln. Die aus Platzmangel erzwungene Verpackung vonbis zu 100 Karten in einer Mappe und das Nebeneinan-der unterschiedlicher Formate machten ein behutsamesAusheben und Reponieren schwierig und führten immerwieder zu Beschädigungen. Hinzu kam, dass die meis-ten Mappen nicht aus alterungsbeständigem Materialienbestanden und rund 15.000 Karten unterschiedlicherFormate gerollt gelagert wurden, was für die dauerhafteErhaltung der oft fragilen und vorgeschädigten Pläne eineerhebliche Gefährdung bedeutete, zumal die Stücke fürjede Benutzung entrollt und fixiert werden mussten.

Karten aus dem ���� Jahrhundert vor der Restaurierung

In Zusammenarbeit zwischen dem Magazin-, dem Kar-ten- und dem Bestandserhaltungsreferat wurde ein lang-fristiges Projekt vorbereitet, dessen Ziel es war, den Platz-bedarf zu optimieren und die Kartenlagerung zugleich denErfordernissen einer dauerhaften Erhaltung und einerkomfortableren Nutzung anzupassen. Dabei konnte aufPlanungen zurückgegriffen werden, die sich bereits in den

Jahren zuvor mit diesem Problem auseinandersetzten.Insgesamt umfasste das laufende Projekt mehrere Einzel-maßnahmen, die eng aufeinander abgestimmt wurden:

1. Beschaffung neuer Planschränke für den Maga-zinneubau, die auf die neue Ordnung und Lagerungabgestimmt wurdenAuf einer Fläche von gut 630 qm im Unter- und Erdge-schoss des Magazinneubaus wurden 203 fahrbare Plan-schränke mit insgesamt 1.590 Einschüben im Format A0sowie Spezialregale für gerollte, großformatige Pläneaufgestellt, die unter der Maßgabe der Neuordnung undPlanlegung ausreichend Platz für alle Karten und Pläneboten.

2. Ergänzung der bisherigen Signaturen durch einenZusatzbuchstaben,derdie jeweiligeKarteeinerGrößen-klasse zuordnet und ihre Lokatur kennzeichnetDie Verwendung eines „Größenzusatzes“ unter Beibehal-tung der bisherigen Kartennummer anstelle der Vergabeeiner neuen Signatur nahm Rücksicht darauf, dass vieleKarten bereits benutzt und in Publikationen zitiert wordenwaren.Die Festlegung der Größenklassen orientierte sich andem lichten Innenmaß (127 x 91 cm) der Einschübe inden Kartenschränken, die maximal das Format DIN A0fassen und durch Einsätze in verschiedene Zwischenfor-mate unterteilt werden können.Klasse A für Kartenmappen der Größen 120 x 87, 108 x

80 und 87 x 62 cmKlasse B für Kartenmappen der Größen 50 x 60, 50 x 70

und 60 x 70 cm.Klasse C für Kartenmappen (Jurismappen) der Größen

DIN A3, DIN A4 und FolioDer Buchstabenzusatz G wurde für gerollte, der Zusatz Ktfür kartoniert gelagerte Karten vergeben.

3. Verpackung der plan liegenden Karten in neue, alte-rungsbeständige Kartenmappen (max. 25 Karten proMappe)Die Vorauswahl der neuen Kartenmappen für die standar-disierten Größenklassen erfolgte 2002 im Rahmen einerPräsentation mehrerer Anbieter, die Gelegenheit bot, un-terschiedliche Materialien und Mappenformen unter Pra-xisbedingungen zu testen. Die Mappen für die größerenPläne in den Formatklassen A und B wurden zusammenmit den Firmen KLUG-Conservation und GSA-Produktein mehreren Schritten mit dem Ziel entwickelt, bei hoherStabilität, wenig Eigengewicht und geringem Material-und Platzverbrauch einen sicheren Schutz der Karten miteiner guten Handhabung zu verbinden.

28Brandenburgische Archive · 25/2008

4. Neuordnung und Einlagerung der Karten nachGrößenklassen in den Magazinneubau.Im Rahmen der Umzugsvorbereitungen führten Kartenre-ferat und Magazindienst eine umfassende Revision derBestände durch und bereiteten zugleich die Umlagerungnach Formaten vor. Bestandteil dessen war zum einen dieErarbeitung einer Konkordanz, die neben der alten Signa-turangabe den Zusatz der Größe enthielt. Zum anderenwurde jede Karte mit ihrer jeweiligen Lokatur versehen.Der Transport der Karten aus der Orangerie nach Bornimund die Einlagerung im Magazinneubau im Sommer 2003erfolgten bereits in der neuen Lagerungsreihenfolge.

5. Sukzessive Planlegung, Restaurierung und Neu-verpackung der gerollten KartenNach Abschluss des Umzuges begann die Planlegung,Restaurierung und Neuverpackung der gerollten Karten.Nach einem Pilotprojekt zur Prüfung der angebotenenVerfahren haben von 2003 bis 2007 das Zentrum fürBucherhaltung in Leipzig (ZfB), die Preservation AcademyLeipzig (PAL) und die Restaurierungswerkstatt Kobeliusin mehreren Aufträgen 3.330 Karten und Pläne geglättet,gereinigt, repariert, von alten Verklebungen und Randstä-ben gelöst, entsäuert, neu aufgezogen und in alterungs-beständige Polyesterfolien eingelegt. Die durchsichtigenFolien, die nur an zwei Seiten mit Ultraschall verschweißtund zur besseren Durchlüftung zusätzlich auf der Rück-seite perforiert sind, bieten den Karten einen flexiblenSchutz vor weiteren Beschädigungen und erlauben einekomfortable Benutzung. Bei einem Durchschnittspreis vonetwa 52 Euro pro Karte konnte das Landeshauptarchivfür diese Restaurierungsmaßnahmen in den letzten fünfJahren insgesamt gut 174.000 Euro bereitstellen. Beglei-tende Arbeiten an besonders schwer geschädigten undüberformatigen Stücken wurden zudem in der Restaurie-rungswerkstatt des Archivs durchgeführt.

Laminierung einer restaurierten Karte

Den Anfang bildeten die häufig benutzten Kartenbeständeder Regierungen Potsdam und Frankfurt (Oder) (Rep. 2Aund 3B), der Rittergüter (Rep. 37) sowie der „Allgemei-nen Kartensammlung“ (AKS). Dem folgten die Karten derBestände Rep. 24 Generalkommission/Landeskulturamt(Kreise Angermünde bis Zauch-Belzig). Einbezogen wur-den auch die von ihrem Umfang kleineren Bestände derÄmter und Städte (Rep. 7 und Rep. 8) sowie die BeständeRep. 21 Gestüt Neustadt (Dosse) und Rep. 28B Nuthe-Notte-Verband. 2008 wird sich die schrittweise Restau-rierung der gerollten Karten der Straßenbauabteilung desProvinzialverbandes (Rep. 55 III, Rep. 55 III LD und Rep.55 III PK) anschließen.Die Planlegung der Karten ist mit einem erheblichen Ar-beitsaufwand verbunden. Dazu gehört im Vorfeld die Aus-wahl und Überprüfung der dazu vorgesehenen Karten,da die Kartenschränke nur die Planlegung von Karten biszu einer Größe von ca. 120 x 85 cm zulassen. Nach derÜbernahme der restaurierten Karten erfolgt deren Umsi-gnierung entsprechend ihrer Größe sowie die sich darausergebende Aktualisierung der Findhilfsmittel.

Die Neuordnung und schrittweise Planlegung der Kartenführte zu einer optimalen Ausnutzung der Lagerkapazitä-ten und bietet deutlich bessere Arbeitsbedingungen fürdas Ausheben und Reponieren der Stücke, die so vorweiteren Beschädigungen geschützt werden – immerhinfinden jedes Jahr rund 1.500 Karten den Weg aus denklimatisierten Magazinen in den Lesesaal des Landes-hauptarchivs.In den kommenden Jahren werden neben der Pflichtablie-ferung von Belegexemplaren seitens der Landesver-messung und Geobasisinformation Brandenburg auchin einem größeren Umfang Übernahmen von den Kata-sterämtern, den ehemaligen volkseigenen Betrieben ausdem Braunkohlebergbau und von Karten der Reichsbahnaus dem Landesarchiv Berlin für einen weiteren Zuwachssorgen. Er kann nur durch den geplanten 2. Bauabschnittdes Landeshauptarchivs mit der Bereitstellung weitererMagazinflächen bewältigt werden. Die bisherigen Erfah-rungen bei der Planlegung und Restaurierung von Kartenbelegen, dass dazu auch die Beschaffung von Karten-schränken für überformatige Karten erforderlich sein wird.

Das Zusammenspiel all dieser vielfältigen Maßnahmenwird auch in Zukunft gewährleistet sein, so dass Fragenzur Geographie und Geschichte des Landes Brandenburgbis hin zur modernen digitalen Katastererfassung und zurKlärung aktueller Rechts- und Eigentumsverhältnisse ausdiesem bedeutenden Bestand des Landeshauptarchivsbeantwortet werden können.

2�Brandenburgische Archive · 25/2008

Die Sicherungsverfilmung der Kir-chenbücher aus dem Gebiet derEvangelischen Kirche Berlin-Bran-denburg-schlesische OberlausitzVon Jürgen Stenzel und Klaus Etzenberger

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesischeOberlausitz (EKBO) ist eine Gliedkirche der Evangeli-schen Kirche in Deutschland und zählt (2007) 1,2 Millio-nen Gemeindeglieder in 1.400 Kirchengemeinden. DieKirchenbuchführung erfolgt bei den Kirchengemeinden,die auch für die Verwahrung der Originalkirchenbücherzuständig sind. In Einzelfällen sind Originalbuchbeständebeim Evangelischen Landeskirchenarchiv in Berlin (ELAB)oder beim Domstiftsarchiv Brandenburg/Havel deponiert.Der folgende Beitrag beschreibt das von 1989 bis 2008laufende Projekt der Kirchenbuchverfilmung (1989–2008)im Bereich der EKBO und stellt den Umfang der Kirchen-buchüberlieferung und des Mikrofichebestands beimELAB und in anderen kirchlichen Einrichtungen im Be-reich der Landeskirche vor.

Kirchenbücher sind AmtshandlungsbücherNach den Richtlinien für das Kirchenbuchwesen derEvangelische Kirche Berlin-Brandenburg (EKiBB) (21. 6.1994, KABl. S. 177) ist das Kirchenbuch „eines der wich-tigsten Dokumente zur Geschichte der Kirchengemein-de“. Kirchenbücher sind nach der Ordnung im strengstenSinne „kirchliche Bücher“. Sie sind nicht in erster LinieGeburts-, Eheschließungs- und Sterbe-Register, sondernbeurkunden die Taufe, die kirchliche Trauung und Beer-digung. Bis ins 19. Jahrhundert nennen sie vielfach nichtden Geburts- und Todestag, sondern den Tag der Taufeund der christlichen Bestattung.Zu den Kirchenbüchern sind heute auch die Konfirman-den- und Abendmahlsbücher zu rechnen, insbesonderedann, wenn Communicanten namentlich aufgeführt wer-den. Werden unterschiedliche Amtshandlungen in einemBuch geführt, wie dies für Gemeinden im ländlichen Raumhäufig festgestellt werden kann, spricht man von Gesamt-kirchenbüchern.Lutherische Gemeinden, französisch- oder deutsch-refor-mierte Gemeinden und sog. unierte Gemeinden führten,bis auf wenige Ausnahmen, jeweils eigene Kirchenbücher.Kirchenbücher, in denen ausschließlich Amtshandlungenan Militärpersonen verzeichnet sind, sind in der Regelnicht im Besitz von Kirchengemeinden.Zwar sind die in den Kirchenbüchern dokumentiertenkirchlichen Handlungen öffentliche Handlungen, die Kir-chenbücher unterliegen aufgrund der Bandbreite der ent-

haltenen Daten dennoch Benutzungsbeschränkungen,die sich aus der Benutzungsordnung ergeben.Neben den Daten zu Amtshandlungen enthalten dieKirchenbücher, insbesondere die älteren Bücher, auchimmer wieder chronikalische Nachrichten zur Geschichteder Kirchengemeinde, zur Pfarrergeschichte oder auchganz allgemeine Beobachtungen zu weltlichen oder kirch-lichen Entwicklungen.

Sicherung der Kirchenbücher:eine Aufgabe der ArchivpflegeAuch wenn die Bedeutung der Kirchenbücher für die kirch-liche Verwaltung und für die Kirchengeschichte anerkann-termaßen sehr hoch ist, muss mit Blick auf die Qualitätder Kirchenbuchführung und den Erhalt der Buchsubstanzüber die Jahrhunderte doch festgestellt werden, dassdiese im konkreten Einzelfall sehr unterschiedlich zu be-werten ist. Die Kirchenbücher als Gesamtbestand wurdenüber die Jahrhunderte in unterschiedlicher Art und Weisebehütet und haben durch verschiedene Einflüsse als Ein-zelbände und gelegentlich auch in Serien manche Schä-den davon getragen. Die Erhaltung des Einzelbandes unddamit auch die Erhaltung des Bestandes insgesamt warimmer eine Aufgabe der kirchlichen Archivpflege.

Die erste Sicherungsverfilmung der Kirchenbücher1933–1943Für den Stadtraum Groß-Berlin erfolgte eine erste Siche-rungsverfilmung der Kirchenbuchüberlieferung des 16.Jahrhunderts bis 1874/1875 erstmals in den 1930er Jah-ren. Die Kirchenbücher wurden auf Rollfilm fotografiert,und aus Gründen der besseren Benutzbarkeit wurden vonden Filmen, allerdings mit größerem zeitlichen Abstand,Fotoreproduktionen angefertigt. Dieses Projekt wurde ineiner weitgehend reibungslosen Zusammenarbeit zwi-schen kirchlichen Mitarbeitern und Mitarbeitern des NS-Reichssippenamts ab Herbst 1933 in Folge der Gesetz-gebung zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“realisiert. Begonnen wurde mit der Verfilmung der Bücheraus den ältesten Berliner Innenstadtgemeinden, SanktNikolai und Sankt Marien. Verfilmt wurden 2.226 Bändeaus 130 Gemeinden.Die Filmsignaturen, A1 (Berlin-Stadtmitte / St. Nikolai) bisA6832 (Berlin-Teltow) dokumentieren die Reihenfolge, inder die Kirchenbücher aus den 130 Gemeinden verfilmtwurden. Das Protokoll zum Film A1 (Taufen, St. Nikolai1583–1594) ist mit dem 2.11.1933, das Protokoll zumFilm A6832 (Taufen, Berlin-Teltow, 1843–1864) mit dem14.12.1943 datiert. Die Herstellung der Reprobücherfolgte nicht der Reihenfolge, in der die Bücher verfilmtwurden. In einem ersten Durchgang wurden Reprobücher

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zuerst für die Taufbücher aller Gemeinden aus den Jahren1800–1850 hergestellt. Die Reprobücher für die Taufender Jahre 1851–1877 und 1775–1799 folgten.Hintergrund für dieses Zeitschema bildeten Überlegun-gen zur Verkartung und Auswertung der Kirchenbücherim Zusammenhang mit der genannten Gesetzgebung.Das Ergebnis dieser ersten Sicherungsverfilmung ist inTeilen in den Reprobuchbestand der „KirchenbuchstelleAlt-Berlin“ beim ELAB eingegangen. Der im ELAB heuteverfügbare Reprobuchbestand, der lediglich Gemeindenaus dem Stadtbereich „Alt-Berlin“ enthält, entstand in denJahren 1933 (A1) bis 1937 (A5206).1

Die Verfilmung von Kirchenbüchern aus Gemeinden inder Mark Brandenburg erfolgte nur in sehr reduziertemUmfang.

Die zweite Sicherungsverfilmung der Kirchenbücher1965–19912

1965 wurde in einer Zusammenarbeit zwischen demArchivar des Konsistoriums (Neue Grünstraße) derEvangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, JohannesKunstmann, und der Stadtbibliothek Berlin (Ost, BreiteStraße) die Verfilmung von Kirchenbüchern aus Gemein-den in der Region Brandenburg erneut aufgenommen.Zur Verfilmung gelangten Amtshandlungsbücher des 16.Jahrhunderts und in Einzelfällen auch Archivalien, die alsbesonders hochwertiges Schriftgut eingestuft wurden.Neben den jeweils ältesten Kirchenbüchern waren diesu. a. Urkunden aus dem Perleberger Kirchenarchiv (Film92), Visitationsabschiede vom 23.03.1579 aus dem Kir-chenarchiv Cottbus (Film 115) und dem SenftenbergerKirchenarchiv von 1539 (Film 201) oder ein Bericht vom

� Zur Geschichte der Kirchenbuchstelle Alt�Berlin sieheZur Geschichte der Kirchenbuchstelle Alt�Berlin sieheauch Manfred Gailus� Beihilfe zur Ausgrenzung�� �ieKirchenbuchstelle Alt�Berlin ���6�������� Jahrbuch fürAntisemitismusforschung�� ������ Bereits in der Überschriftzu seinem Beitrag weist Gailus darauf hin�� dass der Zweckdieser Erstverfilmung vorrangig zur Ausgrenzung der sog.„fremdstämmigen“ Menschen in �eutschland dienen sollte��Archivpflegerische Überlegungen spielten bestenfalls einenachgeordnete Rolle. Auch wenn die Verfilmung u. a. mitder ungesicherten Lagerung der Bücher�� unzulänglicherReparatur von Schäden�� Gefahr des Substanzverlustsund schließlich auch mit schleppender Bearbeitung vonKirchenbuchanfragen durch Kirchengemeinden begründetwurde �� in den ����er Jahren wurde der Bestand derReprobücher vorrangig Anfragen im Zusammenhang mitRecherchen zu „Ariernachweisen“ genutzt��

� �inweise zur �icherungsverfilmung von kirchlichem Archiv-�inweise zur �icherungsverfilmung von kirchlichem Archiv�gut durch die Stadtbibliothek Berlin (Ost) und die Filmstelleder EKU im Predigerseminar Wittenberg gaben �hristianeMokro�� Archivarin im EZA�� und Ma��Ottokar Kunzendorf��Kirchenarchivar i��R��

28.5.1577 zur Mitarbeit von Andreas Musculus an derKonkordienformel.Die Verfilmung bei der Stadtbibliothek Berlin (Ost) ende-te 1981. Zur gleichen Zeit errichtete die Kirchenkanzleider Evangelischen Kirche der Union im Gebäude desPredigerseminars Wittenberg eine Mikrofilmstelle, in derArchivgut aus den östlichen Gliedkirchen der EKU verfilmtwerden konnte. Schon seit Jahren stand im Predigerse-minar ein Verfilmungsgerät (Dokumator), das bis dahinkaum benutzt wurde. Mit Ergänzung der technischenAusstattung und durch die Anstellung einer Mitarbeiterinkonnte 1982 die Verfilmung brandenburgischer Kirchen-bücher fortgesetzt werden. Zu den großen Auftraggebernder Filmstelle gehörte die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg. Um eine optimale Ausnutzung der Gerätezu erreichen, konnte zum 1.7.1983 eine zweite Planstellemit einem Beschäftigungsumfang von 50 % errichtet undbesetzt werden. In dieser Verfilmung wurden in erster Li-nie Amtshandlungsbücher des 17. Jahrhunderts berück-sichtigt.Die Mikrofilmstelle musste zum 31.12.1991 ihre Arbeit ein-stellen, weil die technische Qualität nicht den Standardsfür Sicherungsverfilmungen nach DIN entsprach. Rund900 Verzeichnungseinheiten (Amtshandlungsbücher undandere Unterlagen aus Berlin-Brandenburg) wurden bisdahin auf 200 Filmen gesichert. Die Rollfilme, soweit sieheute im ELAB noch zur Verfügung stehen, wurden je-weils auf eine Archivalieneinheit zugeschnitten, so dassdie Länge der Filmstücke zwischen 100 und 1.000 Auf-nahmen variiert.Diese Sammlung von Rollfilmen ist für die Benutzung nichtgeeignet, da durch den Zuschnitt häufig der Vorspannund der Abspann vor und nach den Aufnahmen fehltenund die Filme in der Regel auch nicht auf Rollen gesichertsind, sondern aufgewickelt wurden, und diese Wicklungdurch einfache Papierstreifen gehalten wird.

Die dritte Sicherungsverfilmung der Kirchenbücher1991–2008Ende der 1980er Jahre, noch vor der „Aufhebung der Re-gionalisierung des Kirchengebietes der EKiBB“ (Wieder-vereinigung der bis zum Fall der Mauer in eine West- undOst-Region getrennte Evangelische Kirche in Berlin-Bran-denburg), wurde für die Kirchenregion der EKiBB (Berlin-West) festgestellt, dass trotz der dezidierten Regelungenzum Kirchenbuchwesen in diesem besonderen Bereichder Archivpflege zahlreiche Defizite zu verzeichnen wa-ren. Auch wurde im Kirchengebiet „Berlin-West“ wiederder vermehrte Zugriff auf die Kirchenbücher durch Erben-ermittlung und Familienforschung registriert. Der Zugriffauf die Kirchenbücher bei schriftlichen Anfragen an die

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Gemeinden erfolgte in der Regel durch Mitarbeiter derGemeinde, bei persönlichen Besuchen der Erbenermitt-ler und Familienforscher in den Gemeinden durch dieRechercheure selbst. Die Kirchenbuchbenutzung stelltesomit einerseits für die Gemeindebüros eine zusätzlicheArbeitsbelastung dar, andererseits war der verstärkte Zu-griff auf die Kirchenbücher dem Ziel der Substanzerhal-tung gerade bei den älteren Beständen abträglich.Weiterhin musste festgestellt werden, dass zahlreicheBerliner Gemeinden, insbesondere die aus dem inner-städtischen Bereich, auch in den 1980er Jahren noch mitProblemen der Erhaltung ihrer Kirchenbuch- und sonsti-gen Archivsubstanz konfrontiert waren, die in der Regelnoch aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges herrührten. Indieser Situation lag es als erster Gedanke zum Schutzder Originalbücher und zur effektiveren Bearbeitungnahe, Kirchenbuchanfragen zentral bearbeiten zu lassenund die „Kirchenbuchstelle Alt-Berlin“ dafür in einem er-sten Schritt durch Erweiterung des Reprobuchbestandesund ggf. Beschaffung von Rollfilmkopien zu den BerlinerKirchenbüchern aus der ersten Verfilmung der Kirchen-buchbestände umfangreicher auszustatten.Ein Besuch im Sächsischen Staatsarchiv in Leipzig unddie Prüfung des dort verfügbaren „Originalfilmbestands“aus der ersten Verfilmung ergab jedoch, dass das ver-fügbare Material, Kopien der ursprünglichen Nitrofilme,durch zum Teil mehrfaches Umkopieren und intensiveBenutzung an Qualität deutlich verloren hatte. Eine Er-gänzung der Bestände in der „Kirchenbuchstelle Alt-Ber-lin“ auf der Grundlage dieser Filme erschien daher nichtsinnvoll. Auch die Auswertung des Filmmaterials aus derzweiten Verfilmung erschien mit Blick auf das angestrebteErgebnis, Verfilmung nach einem modernen und tech-nisch einheitlichen Standard, nicht sinnvoll.Nachdem die finanziellen, organisatorischen und techni-schen Voraussetzungen für eine Sicherungsverfilmungund Duplizierung der Sicherungsfilme im Bereich derEKiBB (BW) im Konsistorium (Bachstraße) geklärt wa-ren, konnten in Absprache mit dem Landesarchiv Berlinals dem zuständigen Ansprechpartner in Berlin für dieSicherungsverfilmung von kirchlichem Archivgut, spätermit dem für die Region Brandenburg zuständigen Bran-denburgischen Landeshauptarchiv, und der niederländi-schen Firma Mikroformat-Systems, die die Konvertierungder Sicherungsfilme vornehmen sollte, die Bestandslistenzum Gesamtbestand der Kirchenbücher in der EKiBB bis1945 einschließlich erstellt werden.Grundlage für die Soll-Listen bildeten u. a. Aufzeichnun-gen zur Verfilmung von Kirchenbuchunterlagen aus demStaatsarchiv Leipzig und Unterlagen zur Bestandserhe-bung kirchlichen Archivguts aus den Jahren ab 1937.

Abgeglichen und ergänzt wurden diese Informationenanhand von Protokollen zu Archivvisitationen und Pro-tokollen zu Pfarramtsübergaben aus Kirchenkreisen undGemeinden im Bereich der EKiBB.

Projektvorbereitung und DatenpflegeWährend die Erstellung der Soll-Listen und die Vergabeder Signaturen an zentraler Stelle erfolgten, fand die Prü-fung, Korrektur und Ergänzung der Buchlisten im Rahmeneiner intensiven Zusammenarbeit zwischen Archivreferat/Landeskirchenarchiv und den Kreiskirchlichen Archivpfle-gern in Kirchenkreisen und Gemeinden ab Herbst 1989statt. Die Identifizierung und Kennzeichnung der Büchererfolgte jeweils vor Ort.Die Bestandsinformationen aus früheren Jahren erwie-sen sich nur zum Teil als zuverlässig. Häufig war nicht zuerkennen, ob gelistete Eckdaten ein Gesamtkirchenbuchoder ein gesondertes Tauf-, Trau- oder Bestattungsbuchbezeichneten. Der Hinweis „Taufen, Trauungen, Bestat-tungen 1800–1850“ konnte das Eine oder das Andere be-schreiben. Auch konnten sich hinter der Angabe „Taufen1800–1850“ u. U. nur ein Buch, möglicherweise aber auchfünfzig jahrgangsweise geführteAmtshandlungsbücher ver-bergen. Entsprechend mussten die vorläufigen Signaturenin den Soll-Listen im Bedarfsfall nachgebessert werden.In Einzelfällen wurden die Bücher inhaltlich ausführlicherbeschrieben, wenn die Kreiskirchlichen Archivpfleger hierwichtige Hinweise zum Inhalt einzelner Bücher gebenkonnten. Dies wurde insbesondere dann wichtig, wennAufzeichnungen zu Amtshandlungen an lutherischen undreformierten Gemeindegliedern in einem Buch enthaltenwaren.Eine Korrektur der aktuellen Verzeichnisse erfolgt auchweiterhin im Zuge der Benutzung der Mikrofilme auf derGrundlage von Benutzerhinweisen oder Feststellungenzum Inhalt der Bücher, die von Mitarbeitern der Kirchen-buchstellen erkannt werden.

Das Bundesprogramm zur „Sicherungsverfilmungvon Archivgut“Am 2. Oktober 1991 konnte im Landesarchiv Berlin mitder Mikroverfilmung der ersten Kirchenbücher aus demKirchenkreis Berlin-Charlottenburg begonnen werden. Dievollständige Verfilmung der Kirchenbücher wurde möglichdurch die Aufnahme des Projekts in das vom Bund finan-zierte Programm zur „Sicherungsverfilmung von Archiv-gut“, das auf die Haager Konvention zum Schutz von Kul-turgut bei bewaffneten Konflikten zurückgeht. Ihr Zweckist es, über Mikrofilm eine Zweitüberlieferung herzustellen,welche die Informationen des Archivguts sichert und dieim Katastrophenfall an die Stelle des originalen Archivguts

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treten kann. Die Sicherungsfilme werden daher im Zentra-len Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland, einemStollen in Oberried bei Freiburg im Breisgau, eingelagert,wo die Filme in Spezialbehältern bewaffnete Konflikteebenso überdauern sollen wie Naturkatastrophen. Da dieFilme die Informationen über Jahrhunderte sichern sollen,werden an ihre Herstellung sehr hohe Qualitätsansprüchegestellt, was geschultes Personal, regelmäßige Material-tests, standardisierte Verfahrensabläufe und eine mehr-fach gesicherte Dokumentation erfordert. Zudem dürfendie Filme vor der Einlagerung nur einmal kopiert werden.Diese Masterkopien können dann für weitere Film- oderMikrofiche-Kopien, etwa für die Benutzung, herangezo-gen werden.

Die Verfilmung der Kirchenbücher aus dem Bereich derheutigen EKBO erfolgte zunächst in der Bundessiche-rungsverfilmungsstelle im Landesarchiv Berlin und seit1997 in der Sicherungsverfilmungsstelle des Brandenbur-gischen Landeshauptarchivs in Potsdam-Bornim. In Um-fang und Dauer war es das bisher größte Sicherungsver-filmungsprojekt in der Region. Allein in Potsdam wurdenbei einer Laufzeit von elf Jahren bislang rund 2,5 MillionenAufnahmen auf 1.850 Mikrofilmen hergestellt. 1.400 da-von lagern bereits „für die Ewigkeit“ im Oberrieder Stollen.

Aktuelle Dokumentation und Gestaltung eines Find-mittelsDie ersten Ausgangslisten wurden 1989 in einer Versionvon dBase 3.0 erstellt. Auch mit Access 2.0 wurde „expe-rimentiert“. Als Problem für die langfristige Nutzung undVeröffentlichung erwies sich, allerdings erst zu einemsehr viel späteren Zeitpunkt, die Überführung der Daten inaktuellere Programmversionen und die Umwandlung dermittels dBase oder Access erfassten Daten in Textdateien.Dies erforderte jeweils umfassende Textneugestaltungen.Im weiteren Projektverlauf wurden die Ausgangslistendaher als einfache Word-Texttabelle in der Form erstellt,die später auch als Grundlage für die Veröffentlichung derFindmittel dienten.Die Ergebnisse der Verzeichnungsarbeiten liegen heutein Form einer kleinen Schriftenreihe (Archivbericht / Bei-hefte) vor, und stehen den Benutzern der Mikrofilme seitMai 1993 mit der Auslieferung der ersten Mikrofiches zurKirchenbuchverfilmung an das Konsistorium / Archivrefe-rat der EKiBB zur Verfügung. Nach Projektbeginn 1991konnte die Sicherungsverfilmung für die KirchenbücherBerlins und der franz. ref. Gemeinden 1998 abgeschlos-sen werden. Es folgten nach der Ordnung des Pfarralma-nachs der EKiBB (Jg. 1994) die Sicherungsverfilmungender Kirchenbücher aus Gemeinden in den Generalsuper-

intendenturen (Alt-Sprengel) Cottbus, Eberswalde undPotsdam mit Abschluss im Jahr 2007.Das Projektgebiet erstreckte sich im Jahr 1989 auf ca.1.700 Gemeinden (900 Pfarrsprengel) in 60 Kirchenkrei-sen (Sprengel Berlin 21, Cottbus 11, Eberswalde 10, Pots-dam 16, Reformierte 2). Die Findmittel dienen jetzt auch inder Archivpflege als weitgehend verbindliche Dokumenta-tion dieses Teilbestandes kirchlicher Archivalien und wer-den zur Prüfung bei Pfarramtsübergaben und Visitationenherangezogen und fortgeschrieben.Die Gemeinden und Kirchenkreise aus der seit 1. Januar2004 mit der EKiBB in der EKBO vereinten Kirchenregionder Ev. Kirche der schlesischen Oberlausitz (EKSOL) sindhier nicht enthalten. Die Kirchenbuchbestände aus Gemein-den der ehemaligen EKSOL werden 2007 / 2008 verfilmt.

Projektdaten

BestandsumfangDer Buchbestand wird aktuell (Herbst 2007) mit ca. 26.544Büchern (ohne den Sprengel Görlitz / EKSOL) registriert.Nach Abzug der Verluste und der aus anderen Gründennicht verfilmten Bücher wird der Mikrofilmbestand ca.25.000 Amtshandlungsbücher (in ca. 30.000 Fichescou-verts, auf ca. 120.000 Fiches / Planfilmen) dokumentieren.Zum Jahresende 2007 konnte mit der Konvertierung derSicherungsfilme zu den Büchern aus dem Alt-KirchenkreisZossen das Projekt für den Bereich der EKiBB zu einemvorläufigen Abschluss gebracht werden. Es ist damit zurechnen, dass nach Erfassung dieser Bestände nochein „Nachzüglerbestand“ von ca. 200–300 Büchern zuverfilmen ist. Hier geht es um Bücher, die im Verlauf derBestandserfassung zwar registriert werden konnten, zumZeitpunkt der Verfilmung aus unterschiedlichen Gründenjedoch nicht vorlagen.

�icherungsverfilmung von Kirchenbüchern im B��A

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BestandsgliederungKirchenbuchaufzeichnungen (Amtshandlungen) in Berlin-Brandenburg sind für einen Zeitraum von ca. 500 Jahren(1547–1945) in mehr als 25.000 Einzelbänden überliefertund im Rahmen der Sicherungsverfilmung dokumentiertworden. Aufzeichnungen zu Amtshandlungen aus dem16. Jahrhundert sind in 130 Bänden (ca. 0,5 % des Ge-samtbestandes) überliefert, Aufzeichnungen aus dem17. Jahrhundert in 1.900 Bänden (ca. 5,5 %). Aus dem18. Jahrhundert wurden 3.700 Bände (ca. 14 %) überlie-fert, aus dem Zeitraum 1800–1870 ca. 8.700 Bände (ca.35 %). In ca. 4.000 Bänden (ca. 15 %) ist der Zeitraum1870–1900 und in 7.200 Bänden (ca. 30 %) der Zeitraum1900–1945 dokumentiert. Der Überlieferungsschwerpunktliegt damit relativ deutlich im 19. Jahrhundert.Aus dem Alt-Sprengel Berlin sind 8.500 Bände, ausCottbus 5.400, aus Eberswalde 4.900 und aus Potsdam6.300 Bände überliefert. Die prozentuale Verteilung derüberlieferten Amtshandlungsbücher auf die Jahrhunderteist jeweils ähnlich.Mit Blick auf die Zahl der gefertigten fotografischenAufnah-men hebt sich die Region Berlin (ca. 1,8 Mio. Aufnahmen)deutlich von den Regionen Potsdam (1,1 Mio. Aufnahmen),Cottbus (0,9 Mio.) und Eberswalde (0,7 Mio.) ab.

Verluste durch den Zweiten WeltkriegMit Blick auf die Gesamtzahl von ursprünglich 26.544Kirchenbüchern auf dem Territorium der EKiBB wird zurZeit davon ausgegangen, dass in erster Linie durch denZweiten Weltkrieg in der Kirchenregion ca. 5 % unwie-derbringlich verloren gegangen sind. In Kirchenkreisen,die durch Kriegshandlungen bekanntermaßen schwerbetroffen waren, sind jeweils größere Verluste zu ver-zeichnen. So liegen die Berliner Innenstadtkirchenkreisemit ca. 7–8 % über den durchschnittlichen Verlusten. Auchdie Gemeinden in Prenzlau und Frankfurt/Oder verlorendeutlich mehr Archivalien als Gemeinden andernorts. Diegrößten Verluste im Bereich der EKiBB hat jedoch der Alt-Kirchenkreis Seelow mit 20 % zu verzeichnen.3

Nur der kleinere Teil der Verluste kann durch Ersatzüber-lieferungen (Reprobuchbestand der KirchenbuchstelleAlt-Berlin, Meldungen zu Amtshandlungen in Gemein-dearchiven, Zweitschriften von Kirchenbüchern beim

� In den Gebieten der „alten“ Kirchenprovinz Mark Branden�In den Gebieten der „alten“ Kirchenprovinz Mark Branden�burg jenseits von Oder und Neiße sind die Verluste ver�mutlich deutlich höher�� Über den aktuellen Kenntnisstandinformiert in regelmäßigen Abständen Georg Grünebergin seinen Veröffentlichungen zu Kirchenbüchern in denehemals brandenburgischen Kreisen�� auf die im Anhang�Literatur zu diesem Beitrag verwiesen wird��

Landesarchiv Berlin oder im Brandenburgischen Landes-hauptarchiv) kompensiert werden.

Angebot und NachfrageDie Zahl der schriftlichen Anfragen an die Kirchenbuch-stelle Berlin-Brandenburg im Ev. Landeskirchenarchiv inBerlin stieg mit dem über die Jahre wachsenden Angebotan Kirchenbuchmikroverfilmungen von ca. 1.000 im Jahr2001 auf 1.600 im Jahr 2006. Deutlich stärker stieg dieZahl der im Lesesaal des Kirchlichen Archivzentrumsausgegebenen Fichescouverts zu den Kirchenbüchern.Wurden im Jahr 2001 noch 8.000 Fichescouverts ausge-geben, so waren es 2006 bereits 19.000. Das deutet aufdie Attraktivität der Möglichkeit einer zentralen Benutzungder Kirchenbuchfilme hin und ebenso auf die Attraktivitätder Möglichkeit des „do-it-yourself-Verfahrens“ im Ver-gleich zur schriftlichen Befragung der Kirchenbuchstelle.Im Zeitraum 2001–2006 stieg die Zahl der Kirchenbuchbe-nutzer / Familienforscher von 650 um 309 auf 959. Davonwaren im Jahr 2006 622 als private Familienforscher, 225als gewerbliche Genealogen und 112 als Wissenschaft-ler registriert. Die Zahl der Benutzertage lag über denZeitraum der letzten Jahre aufgrund der ausgelastetenKapazitäten des Lesesaals (Lesegeräte) relativ konstantbei ca. 3.200.4

Die Kosten für die eigentliche Sicherungsverfilmung derKirchenbücher 1547–1945 von jährlich rund 45.000 Euroübernahm der Bund. Die Landeskirche hat das Projekt mit395.000 Euro gefördert. Die durchschnittlichen Kosten fürdie EKBO können daher auf der Grundlage der vorliegen-den Erfahrungen mit einem Betrag von 13 bis 16 Euro proKirchenbuch angesetzt werden und enthalten sowohl dieKosten der Konvertierung und Transporte sowie in Einzel-fällen Ausgaben für Schreibarbeiten (Erstellung von Ar-beitslisten im Rahmen von Werkverträgen), Beschaffungvon Verpackungsmaterial und sonstige Kosten.Enthalten sind auch die Kosten für die Bereitstellung der

� Hartmut Weber hat in einem Beitrag aus dem Jahr 2���Hartmut Weber hat in einem Beitrag aus dem Jahr 2���(�er willkommene Benutzer; in� �er Archivar ��2����� S��2���2�6) die Forderung nach der „Förderung des Zugangszu Archivgut als professionelle Zielvorstellung“ formuliert��Gemeint war die Schaffung von Rahmenbedingungen��die es jedem Archivnutzer ermöglichen�� sein prinzipiellesRecht auf Nutzung des Archivgutes kurzfristig wahrneh�men zu können. Die �ikroverfilmung und das Angebot der�ikrofilme im �esesaal des �andeskirchenarchivs tragendieser Zielvorstellung Rechnung�� Auch wenn im Lesesaalnicht jedem Nutzer sofort ein Platz angeboten werdenkann, ist die gute Zugänglichkeit der Kirchenbuchfilmeohne Frage Ergebnis guter fachlicher �ienstleistung��

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sog. Taufkartei auf Mikrofilm, einem wichtigen Findhilfsmit-tel zur Benutzung des Berliner Kirchenbuchbestands bis1875. Sie liegt in Form von mehr als 3.000 Karteiordnernmit jeweils ca. 300 Karteikarten vor und wurde durch dieniederländische Firma Mikroformat Systems auf Mikro-fiches verfilmt. Die Kartei steht nunmehr in zwei Kopien inder Kirchenbuchstelle und im Lesesaal des ELAB als Re-cherchehilfe für die Kirchenbuchbenutzung zur Verfügung.

Vorbereitung von Trauregistern zur �icherungsverfilmung

Benutzung und ZuständigkeitenDie Benutzung der Kirchenbücher und deren Mikroverfil-mungen erfolgt im Rahmen der Rechtsverordnung überdie Benutzung kirchlichen Archivguts (Archivbenutzungs-ordnung, 12.10.2001; Kirchliches Amtsblatt 2001, S.167) und der Rechtsverordnung über die Erhebung vonGebühren und die Erstattung von Auslagen für die Benut-zung von kirchlichem Archivgut (Archivgebührenordnung,12.10.2001; Kirchliches Amtsblatt 2001, S. 184).Für die nicht amtliche Nutzung unterliegen die Kirchen-bücher und deren Mikroverfilmung Benutzerbeschränkun-gen. Die Sperrfristen für die verschiedenen Amtshandlun-gen betragen bei Taufen 90 Jahre, Konfirmationen 75Jahre, Trauungen 70 Jahre, Bestattungen 30 Jahre. Be-stattungen sind im Mikrofilmbestand jedoch in der Regelnur bis 1945 enthalten.Für die Benutzung der Mikrofilmbestände im KAB wirdeine Gebühr erhoben. Diese beträgt im Lesesaal des KABfür private Zwecke je Benutzertag aktuell sieben Euro, fürgeschäftsmäßige Zwecke 30 Euro je Benutzertag. Im Le-sesaal des KAB steht für die Benutzer ein Reader-Printer

zur Verfügung. Kopieraufträge können erteilt werden.Zum Schutz der Archivalien ist nur noch in begründetenAusnahmefällen der Zugriff auf die Originalbücher mög-lich, die bereits verfilmt wurden.Die Zuständigkeit für die Erfassung ziviler Personen-standsdaten und Auskünfte hierzu liegt seit 1875 bei denstaatlichen Meldestellen / Standesämtern. Kirchliche Stel-len erteilen Auskünfte zu diesen Personenstandsdaten fürdie Zeit seit Einführung der Standesämter nur dann, wennbei den staatlichen Meldestellen die erforderlichen Unter-lagen – in der Regel durch Kriegseinwirkung – verlorengegangen sind.

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Prenzlau (DA)(Uckermark)

Frankfurt/Oder (DA, KB)(An Oder u. Spree)

Guben (DA)(Cottbus)

Spremberg (DA)(Senftenberg-Spremberg)

Görlitz (DA, KB)(Niederschles. Oberlausitz)

Templin (DA)(Templin-Gransee)

Eberswalde (DA, KB) u. Lobetal (DA)(Barnim)

Zossen (DA)

Luckenwalde (DA)(Niederer Fläming)

DomstiftsarchivBrandenburg (DA, KB)

Kyritz Wusterhausen (DA)

Berlin (DA, KB)- Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin (ELAB)- Archiv Französischer Dom (AFrD)

Neuruppin (DA, KB)(Wittstock-Ruppin)

Kg. Forst (KB)

Perleberg-Wittenberge (KB)

Fürstenwalde (DA)(Fürstenwalde-Strausberg)

Standorte der Kirchlichen Archive / Depositalmagazine (DA) und Kirchenbuchstellen (KB) in der EKBO

4 Generalsuperintendenturen(Zahl der Kirchenkreise);Stand 2004Berlin (14),Cottbus (9),Neuruppin (14),Görlitz (4; 2 seit 2007)1 Reformierter Kirchenkreis

Anbieter der Kirchenbuchunterlagen / Anmeldung fürden KAB-Lesesaal

Evangelisches Landeskirchenarchiv in Berlina) Die Kirchenbuchstelle im ELAB bearbeitet schriftliche

Anfragen zum Kirchenbuchbestand der EKBO bis1945 einschließlich nach Gebührenordnung auf derGrundlage der Mikroverfilmungen (s. u.).In der Kirchenbuchstelle wird ebenfalls ein Bestandvon Kirchenbuchfotoreproduktionen verwaltet. DerBestand enthält 4.300 Reprobände aus 47 Alt-Berli-ner-Gemeinden. Eine detaillierte Beschreibung diesesBestandes ist enthalten in Christa Stache, Verzeichnisder Kirchenbücher ..., 1987 (s. u.).Dieser Bestand kompensiert zum Teil durch denZweiten Weltkrieg entstandene Verluste an Original-kirchenbüchern aus dem Stadtgebiet Berlins, da dieFotoreproduktionen auf eine Sicherungsverfilmungzurückgehen, die bereits in den 1930er Jahren er-folgte.FürAlt-Berlin stehen als weitere Hilfsmittel zur Benutzungder Kirchenbücher zur Verfügung: eine Taufkartei (1750–1875), ein Generalregister für Trauungen (1583–1874)und ein Verzeichnis der Bestattungen (1800–1875).

b) In Einzelfällen können Lücken im Kirchenbuchbestandauch durch die Meldeunterlagen zu Amtshandlungenaus Gemeindearchiven geschlossen werden. Soweitdiese in Gemeindedeposita beim ELAB hinterlegtsind, können sie eingesehen werden.

c) In Einzelfällen liegen Kirchenbuchunterlagen vonGemeinden der Kirchenprovinz Mark Brandenburgaus Kirchenkreisen östlich von Oder und Neiße beimEvangelischen Zentralarchiv vor. Diese sind im Lese-saal des KAB einsehbar.

d) Im Lesesaal des KAB stehen den Benutzern derMikrofilmbestand zu den Kirchenbüchern bis 1945einschließlich aus den Gemeinden der EKBO und dieMikrofilme zu der o. g. Taufkartei zur Verfügung.Reservierungswünsche können ab dem 1. Tag einesKalendermonats für drei Monate im voraus angemel-det werden. Die Reservierungswünsche werden nachDatum des Posteingangs bearbeitet und beantwortet.Die Reservierung gilt, wenn nicht anders gewünscht,nur für eine Person mit einem Lesegerätplatz. Ummöglichst vielen privaten Familienforschern die Chan-ce zu geben, einen Leseplatz zu bekommen, könnenpro Person höchstens drei Tage im Monat fest re-serviert werden. Es ist sinnvoll, nicht nur bestimmteDaten anzugeben, sondern auch Ausweichtermine zubenennen. Wissenschaftliche Kirchenbuchbenutzermüssen vor Benutzung einen schriftlichen Antrag stel-len. Nach der Genehmigung einer wissenschaftlichenBenutzung entfällt die Begrenzung auf drei Tage.Für gewerbliche Kirchenbuchbenutzer werden täglichmehrere Lesegeräte bis 10.00 Uhr freigehalten. Diesemüssen nicht reserviert werden. Generell gilt: Reser-vierte Geräte, die bis 10.00 Uhr nicht besetzt sind,werden anderweitig vergeben. An Öffnungstagen

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sind ab 9.00 Uhr im Eingangsbereich des KirchlichenArchivzentrums Wartenummern erhältlich. Freie Lese-geräte werden ab 10.00 Uhr an die Wartenden nachder Nummernfolge vergeben.Platzreservierungen sind unbedingt erforderlich undwerden nur schriftlich als E-Mail ([email protected]), Fax (030-22504540) oder Brief (Kirchliches Ar-chivzentrum Berlin, Bethaniendamm 29, 10997 Berlin)entgegengenommen. Unangemeldete Besucher kön-nen in der Regel nicht damit rechnen, am Besuchstageinen Leseplatz zu erhalten.

Domstiftsarchiv BrandenburgDas Domstiftsarchiv in Brandenburg/Havel verwaltet u.a. die Archive zahlreicher Gemeinden aus den aktuellenKirchensprengeln Neuruppin und Cottbus als Deposita.Die Gemeindedeposita werden sporadisch im ARCHIV-BERICHT / Beiheft Nr. 23 dokumentiert. Einen aktuellenÜberblick über die Deposita vermittelt.www.dom-brandenburg.de/deposita.pdfNeben einer größeren Zahl von Originalkirchenbüchernund in den 1980er und 1990er Jahren angefertigten Re-probüchern für die Kirchenbuchbenutzung, verfügt dasDomstiftsarchiv auch über einen Mikrofilmbestand zuden Büchern aus den Alt-Kirchenkreisen Brandenburg,Havelberg-Wilsnack, Belzig-Niemegk, Lehnin, Nauen,Rathenow, Potsdam und einigen Kirchengemeinden ausweiteren Kirchenkreisen. Es ist geplant, auch den Mikro-filmbestand zu den Kirchenbüchern aus dem Alt-Kirchen-kreis Gransee im Domstiftsarchiv anzubieten.Eine Benutzung der Bestände im Domstiftsarchiv ist nachAbsprache möglich.Anmeldung unter: 03381-21112215 oderE-Mail: [email protected] Anfragen werden nach Maßgabe der Gebüh-renordnung bearbeitet.

Kirchenkreis Perleberg-WittenbergeDer Kirchenkreis verwaltet einen Mikrofilmbestand zu denKirchenbüchern des Kirchenkreises. Schriftliche Anfra-gen, die Kirchenbücher aus dem Kirchenkreis betreffen,werden ausschließlich in Perleberg bearbeitet. Der Kir-chenkreis verfügt über ein Lesegerät und es ist vorgese-hen, dass Benutzer auch den Mikrofilmbestand vor Ortzur Recherche persönlich nutzen können.Anfragen sind zu richten an: Kirchenkreis Perleberg-Wit-tenberge, Krämerstraße 1, 19348 Perleberg;Tel. 03876-612635,oderE-Mail: [email protected] Anfragen werden nach Maßgabe der Gebüh-renordnung bearbeitet.

Kirchenkreis Wittstock-RuppinDer Kirchenkreis verwaltet einen Mikrofilmbestand zu denKirchenbüchern des Kirchenkreises. Schriftliche Anfra-gen, die Kirchenbücher aus dem Kirchenkreis betreffen,werden im Kirchenkreisarchiv bearbeitet. Der Kirchen-kreis verfügt über ein Lesegerät und es ist vorgesehen,dass Benutzer auch den Mikrofilmbestand vor Ort zurRecherche persönlich nutzen können.Anfragen sind zu richten an: Kirchenkreis Wittstock-Rup-pin, Kreiskirchliche Archivpfleger, H.-J. Köppen, Kirchplatz2, 16909 Wittstock, Tel. 033 94-433300, Fax -433314Schriftliche Anfragen werden nach Maßgabe der Gebüh-renordnung bearbeitet.

Reformierter Kirchenkreis Berlin-BrandenburgDer reformierte Kirchenkreis verwaltet aktuell einen Mi-krofilmbestand zu den Kirchenbüchern des ehem. fran-zösisch-reformierten Kirchenkreises. Schriftliche Anfra-gen, die Kirchenbücher aus dem Kirchenkreis betreffen,werden im Archiv des ref. Kirchenkreises bearbeitet. DerKirchenkreis verfügt über ein Lesegerät und es ist vor-gesehen, dass Benutzer auch den Mikrofilmbestand vorOrt zur Recherche persönlich nutzen können. Auch dieVerfilmungen zu Kirchenbüchern aus dt. ref. Gemeindensollen nach Abschluss des Projekts hier einsehbar sein.Anfragen sind zu richten an: Reformierter KirchenkreisBerlin-Brandenburg, Archiv, R. Violet, Gendarmenmarkt,10117 Berlin, Tel. 030-2291760, Fax 030-2041505Schriftliche Anfragen werden nach Maßgabe der Gebüh-renordnung bearbeitet.

Kirchengemeinde ForstDie Kirchengemeinde verwaltet einen Mikrofilmbestandzu den Kirchenbüchern der Kirchengemeinde. Die Kir-chengemeinde verfügt über ein Lesegerät und es ist vor-gesehen, dass Benutzer auch den Mikrofilmbestand vorOrt zur Recherche persönlich nutzen können.Anfragen sind zu richten an: Kirchengemeinde Forst,Blumenstraße 9, 03149 Forst (Lausitz), Tel. 03562-7255,698816, Fax 03562-664353Schriftliche Anfragen werden nach Maßgabe der Gebüh-renordnung bearbeitet.

Frankfurt/Oder, Gertraud-Marien-KirchengemeindeVoraussichtlich ab 2007 wird die Kirchengemeinde Frank-furt/Oder einen Mikrofilmbestand zu den Kirchenbüchernder Frankfurter Kirchengemeinden anbieten.Hierzu gehören die Alt-Kirchengemeinden: Frieden (dt.und franz. ref.), Sankt Georg (mit Kliestow und LebuserVorstadt), Gertraud-Marien, Kreuzkirche, Luther-Stift,Sankt Nikolai, Güldendorf, Hohenwalde, Markendorf,

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Lichtenberg, Rosengarten, Martin-Luther-Brieskow-Fin-kenheerd, Lossow, Oberlindow.Anfragen sind zu richten an: Kirchengemeinde Frankfurt/Oder, Gertraudplatz 6, 15230 Frankfurt/OderTel.: 0335-387280-10, Fax: 0335-387280-11,E-Mail: [email protected] Anfragen werden nach Maßgabe der Gebüh-renordnung bearbeitet.

Deutsche Zentralstelle für GenealogieDie Zentralstelle verwahrt u.a. Filme zu Kirchenbüchernaus dem Raum Brandenburg und Berlin. Die Kirchen-buchreproduktionen im Bestand der „KirchenbuchstelleAlt-Berlin“ (s.o.) wurden auf der Grundlage dieser Filmehergestellt. Aus Brandenburger Gemeinden liegen für 71Gemeinden die Filme zu 123 Büchern vor.Aus dem Stadtgebiet Berlin liegen aus 130 GemeindenMikrofilme zu 2.200 Büchern vor. Der Bestand umfasstmehr als den Bereich Alt-Berlin. Der dokumentierte Zeit-raum endet 1874 / 1875.Deutsche Zentralstelle für Genealogie, c/o SächsischesStaatsarchiv Leipzig, Schongauer Straße 1, D-04329Leipzig, Tel. 0341-2555551, Fax: 0341-2555555

Brandenburgisches Landeshauptarchiv (BLHA)Das Brandenburgische Landeshauptarchiv verfügt übereinen Bestand von Kirchenbuchduplikaten aus Amtsge-richten der ehemaligen Provinz Brandenburg bis zur Ein-führung der Standesämter.[s. dazu: Falko Neininger: Die brandenburgischen Kir-chenbuchduplikate 1794–1874 (Quellen, Findbücher undInventare des Brandenburgischen Landeshauptarchivs,Bd. 23). Erscheint voraussichtlich im April 2008 bei PeterLang, Frankfurt am Main]BLHA, Zum Windmühlenberg, 14469 Potsdam/Bornim,Tel. 0331-5674-0, Fax: 0331-5674-112, -212,E-Mail: [email protected]

Landesarchiv Berlin (LAB)Das Landesarchiv Berlin verwahrt aus den Standesäm-tern der östlichen Berliner Bezirke Sterbezweitregister,i.d.R. 1930er–1940er Jahre.LAB, Eichborndamm 115-121, 13403 Berlin,Tel. 030-902 64-0; E-Mail: [email protected]

Geheimes Staatsarchiv Preußischer KulturbesitzBerlin (GStA)Das GStA verwahrt die Kirchenbücher (Taufen, Trauun-gen, Bestattungen, Konfirmationen 1662–1944) für Garni-sonsstandorte in Berlin, Potsdam und weitere Standorte.

GStA, Archivstr. 12-14, 14195 Berlin; Tel.: 030-8930100,E-Mail: [email protected]

Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage(Mormonen)Filme aus Berlin-Brandenburg werden bei den Mormonenin Berlin-Brandenburg aufgrund einer Vereinbarung nichtangeboten. Familienforschungsstelle Berlin, KlingelhöferStraße 24, 10785 Berlin, Tel.: 030-25794336

Literatur und gedruckte InformationKarl Themel�Wolfgang Ribbe: Die evangelischen Kirchen-bücher von Berlin, Colloquium Verlag, Berlin1984, in:Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommissionzu Berlin, Band 48 und Brandenburgische Kirchenbücher,Colloquium Verlag, Berlin 1986, in: Einzelveröffentlichun-gen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 53�hrista Stache: Verzeichnis der Kirchenbücher im Ev.Zentralarchiv, Teil II, Alt-Berlin, Veröffentlichungen des Ev.Zentralarchivs in Berlin, Selbstverlag des EZA, Berlin 1987Georg Grüneberg: Kirchenbücher, Kirchenbuch-Duplikateund Standesamtsregister der ehemals brandenburgi-schen Kreise Königsberg, Soldin, Landsberg, Arnswalde,Friedeberg, Ost- und Weststernberg, Crossen, Züllichau-Schwiebus, Guben und Sorau (östl. der Neiße), Verlag G.Grünberg, Lenzen (Elbe) 1998Anna Laszuk: Ksiegi metsykalne i staun cywilnego, warchiwach panstwowych, w Polsce, Warszawa 2000(deutschsprachige Quellen in polnischen Archiven)

ARCHIVBERICHT / BeihefteEv. Landeskirchenarchiv Berlin, Selbstverlag, hg. vonJürgen StenzelDie Schriftenreihe berichtet zeitnah über die Ergebnisseder laufenden Kirchenbuchverfilmung und die aktuell imELAB zur Benutzung bereit gestellten Mikrofilme. Die Bei-hefte folgen der territorialen Gliederung der Alt-Kirchen-kreise in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg(EKiBB) und der Evangelischen Kirche der schlesischenOberlausitz (EKSOL).Erschienen sind (Stand: Dezember 2007):Alt�Sprengel Berlin 1571–1945: -1571–1945: -West: Berlin-Charlotten-burg (1), Berlin-Schöneberg (2), Kreuzberg (3), Neukölln(4), Reinickendorf (5), Spandau (6), Steglitz (7), Tempel-hof (8), Tiergarten-Friedrichswerder (9), Wedding (10),Wilmersdorf (11), Zehlendorf (12) -Ost: Berlin-Stadt I (14)u. Stadt III (15), Friedrichshain (16), Lichtenberg (17),Oberspree (18), Pankow (19), Berlin-Weißensee (20),Königs Wusterhausen (21), Teltow (22)Alt�Sprengel �ottbus 1570–1945: Beeskow (30), Calau-

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Lübben (31), Cottbus (32), Finsterwalde (33), Frankfurt/Oder (34), Fürstenwalde/Spree (35), Guben (36), Luckau(37), Seelow (38), Senftenberg (39), Spremberg (40)Alt�Sprengel Eberswalde 1574–1945: Angermünde (70),Bad Freienwalde (71), Bernau (72), Eberswalde (73),Gransee (74), Oranienburg (75), Prenzlau (76), Ruppin(77), Strausberg (78), Templin (79)Alt�Sprengel Potsdam 1563–1945: Beelitz-Treuenbrietzen(80), Belzig-Niemegk (81), Brandenburg (82), Falkensee(83), Havelberg-Wilsnack (84), Jüterbog (85), Kyritz-Wu-sterhausen (86), Lehnin (87), Luckenwalde (88), Nauen(89), Perleberg-Wittenberge (90), Potsdam (91), Pritzwalk(92), Rathenow (93), Wittstock (94), Zossen (95)Französisch�reformierter Kirchenkreis� Gemeinden inBerlin-Brandenburg (13)�eutsch�reformierter Kirchenkreis� Gemeinden in Berlin-Brandenburg (in Vorbereitung)Sprengel Görlitz� ehemals Ev. Kirche schlesische Ober-lausitz (in Vorbereitung)

Die Beihefte können zum Preis von drei Euro zzgl.Versand beim ELAB bestellt werden.Ev. Landeskirchenarchiv in BerlinBethaniendamm 2910997 BerlinTel.: 030-224550-0, Fax.: 030-224550-10E-Mail: [email protected]

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K o n s e r v i e r u n g

Das Bückeburger Konservierungsverfahren fürmodernes Archivgut(BCP)

Der Zerfall des industriell hergestellten Papieres der letzten ca. 150 Jahre ist als weltweites Problem

bekannt. Man weiß heute, dass die durch die moderne Papierherstellung verursachten Säureprozesse

mittelfristig Papiere zerstören. Das Verfahren für die Einzelblattkonservierung im wässrigen Medium

wurde durch die Neschen AG maschinell als auch verfahrensmäßig weiter entwickelt.

Parallel dazu erfolgten jahrelange Versuchsserien bis zur Entwicklung der Kleinanlage C 900-2,

die für den Einsatz des Bückeburger Verfahrens „vor Ort“ konzipiert wurde.

Das Bückeburger Konservierungsverfahren für modernes Archivgut bietet heute nahezu

unerreichte Resultate. Wir bieten unseren Kunden einen lückenlosen „Rundumservice“

professioneller Art, der heute von unseren Abnehmern gewünscht und verlangt wird.

Neschen AG · Windmühlenstr. 6 · 31675 BückeburgTel. ++ 49 (0) 57 22-20 71 69 · e-mail: [email protected] · Internet: www.neschen.com

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Kompetenzzentrum BestandsErhal-tung für Archive und Bibliotheken inBerlin und Brandenburg (KBE) –Das erste Jahr

Von Ellen Stöcklein

Das KBE wurde durch eine Initiative der Senatsverwaltungfür Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Ber-lin und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung undKultur des Landes Brandenburg gegründet. Es bestehtseit Herbst 2006 als Projekt der „Senatskanzlei-KulturelleAngelegenheiten“ (vormals Senatsverwaltung für Wissen-schaft, Forschung und Kultur), räumlich angesiedelt ist esin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin.Der folgende Beitrag berichtet über die Arbeitsergebnissedes ersten Arbeitsjahres und gibt einen Ausblick auf denweiteren Ausbau des Projektes.

KBE�Logo

Zur EntstehungEine Umfrage aus dem Jahr 2005 in Berliner und bran-denburgischen Archiven und Bibliotheken1 ergab, dassmehr als 70 % der Einrichtungen große Schäden an ihrenBeständen nachweisen können. Diese haben verschiede-ne Ursachen, z. B. Papierzerfall oder unsachgerechte La-gerung. Mehr als die Hälfte der Einrichtungen musste ausGründen der Bestandserhaltung schon Einschränkungenin der Benutzung vornehmen.

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kulturdes Landes Brandenburg und die Senatsveraltung fürWissenschaft, Forschung und Kultur regten daraufhindie Einrichtung eines „Kompetenzzentrums für Bestand-serhaltung für die Archive und Bibliotheken in Berlin undBrandenburg“ zur strukturellen Verbesserung der Situati-on an. Die Einrichtung ist als selbständige Fachabteilungan die Zentrale Landesbibliothek Berlin angegliedert undwird in einer mehrstufigen Projektphase aufgebaut.

� Vgl�� Annette Gerlach � Uwe Schaper� BestandserhaltungVgl�� Annette Gerlach � Uwe Schaper� Bestandserhaltungin Berlin und Brandenburg�� Auswertung einer Umfrage inArchiven und Bibliotheken�� in� Bibliotheksdienst �� (2���)��S�� ���������2��

ZieleVor allem kleinere Bibliotheken und Archive haben oftsehr individuelle Probleme bei der Bewahrung und Pflegeihrer Medien. Mangelnde Personalressourcen und dasNichtwissen, wo eine bedarfsorientierte Beratung für dieeigenen Probleme zu finden ist, sind dabei die häufigstenUrsachen, die eine Verbesserung der Situation verhindern.Diese Lücke will das KBE schließen. Das KBE will Erfah-rungen über Maßnahmen bei der Bewahrung und Pflegevon Bibliotheks- und Archivgut aus den verschiedenenInstitutionen in Berlin und Brandenburg sammeln und fürandere zur Verfügung stellen. Es wird ein Netzwerk aufge-baut, das durch intensive Öffentlichkeits- und Lobbyarbeitsowie neue Fortbildungsangebote mithilft, die Situation inden Archiven und Bibliotheken zu verbessern.

Entwicklung der bestehenden ArbeitsbereicheDie Wurzeln des KBE liegen in einem Gremium – derBerlin-Brandenburgischen Runde für Bestandserhaltung– mit Mitgliedern aus Berliner und Brandenburger Einrich-tungen, die sich seit 2001 regelmäßig trifft und in kleine-ren Arbeitsgruppen Einzelthemen zur Bestandserhaltungerarbeitet hat. Eine dieser Arbeitsgruppen, die „Arbeits-gruppe für Bestandserhaltung“, entwickelte 2006 einStufenmodell für den Aufbau eines Kompetenzzentrumsfür Bestandserhaltung für die Region und definierte in die-sem Papier auch die zukünftigen Aufgaben dieser neuenEinrichtung, die mit den Begriffen Netzwerk, Öffentlich-keitsarbeit und Fortbildung umrissen werden können.

NetzwerkDas Netzwerk zur Bestandserhaltung ermöglicht einenbesseren Informationsfluss in der Region, ohne dabei dieaktuellen Diskussionen, die überregional geführt werden,außer Acht zu lassen.Um ein regionales „Who is who“ in der Bestandserhaltungaufzubauen, bedurfte es zu Beginn des Projektes einerAbfrage der Einrichtungen mit Bestandserhaltungspro-blemen, die in einer sogenannten Kundendatenbank(Kontaktadressen von Einrichtungen mit Bibliotheks- undArchivgut in der Region) mündete. Im zweiten Schritt wur-de im Rahmen der Bedarfsumfrage zur Fortbildung eineListe von Ansprechpartnern für Fachfragen zur Bestands-erhaltung aufgebaut.

ÖffentlichkeitsarbeitDen Themenkomplex Bestandserhaltung, der oft nurinnerhalb der Fachwelt kommuniziert wird, auch derallgemeinen Öffentlichkeit zu vermitteln, darin liegt dieHerausforderung für die Öffentlichkeitsarbeit bei der Be-standserhaltung. Darüber hinaus geht es darum, auch bei

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den Unterhaltsträgern der Archive und Bibliotheken in derRegion eine Lobby zu erzielen, denn das Thema ist so-zusagen ein Dauerbrenner in den Einrichtungen. Die Be-standserhaltung ist nicht mit einem einzelnen Projekt odereiner Maßnahme abgeschlossen, sondern wie der Erwerbvon Medien für die Einrichtungen eine Daueraufgabe.

Nachlass �� nicht sachgerecht verpackt

Nachlass �� sachgerecht in alterungsbeständigen Schutzverpa�ckungen gelagert

Die Öffentlichkeitsarbeit muss also in zwei Richtungenausgebaut werden: zum einen für die Einrichtungenmit Bestandserhaltungsproblemen Informationsmittelaufzubauen, um gezielt über Fortbildungs- und andereVeranstaltungen und Schwerpunktthemen zu informierenund zum anderen Veranstaltungen zu konzipieren, diedie nicht unbedingt betroffene aber interessierte Öffent-lichkeit und natürlich die Unterhaltsträger wie Politik undVerwaltung erreicht.Als erster Schritt für die Öffentlichkeitsarbeit wurden einInformationsflyer und ein Logo in Zusammenarbeit mitden Fachleuten aus Zentral- und Landesbibliothek undStaatsbibliothek zu Berlin konzipiert. Der Flyer soll überdie Existenz und die Ziele des KBE informieren und das

Logo als Teilkomponente eines Corporate Design einWiedererkennen der Einrichtung ermöglichen.Beim Aufbau des Newsletter „Bestandserhaltung“ undder Website war für den Inhalt zu berücksichtigen, Infor-mationen von der zentralen Website „Forum Bestandser-haltung“2 nicht übermäßig zu doppeln, sondern schwer-punktmäßig für die Region interessante Informationenaufzubereiten. Trotzdem werden aktuelle Diskussionenzu Einzelthemen oder Empfehlungen überregionalerGremien und neue Entwicklungen bei der Förderpolitiknicht außer Acht gelassen. Der Newsletter wurde auf derGrundlage der Adressenliste, die für die Fortbildungsum-frage genutzt wurde, versandt. Dieser Verteiler wird stän-dig durch neue Interessenten erweitert.Der nächste wichtige Schritt für den Bereich der Öffent-lichkeitsarbeit war der Aufbau einer Internetpräsenz. DieWebsite des KBE ist auf der Seite der ZLB zu finden3,sie informiert zunächst über das KBE selbst, wird aberin Zukunft immer stärker ein Instrument für das Netzwerksein, das Bestandserhaltungsprojekte, Aktionen und Ver-anstaltungen zum Themenkreis in der Region dokumen-tiert. Denkbar ist auch ein weiterer Ausbau der Websiteals Forum für die Bestandserhalter selbst.Um den Arbeitsbereich der Öffentlichkeitsarbeit auf eineGrundlage zu stellen, wurde eine Konzeption für die Öf-fentlichkeitsarbeit bei der Bestandserhaltung erarbeitet.Bei zahlreichen Veranstaltungen wurde das KBE im Laufedes letzten Jahres durch Vorträge oder PowerPoint-Prä-sentationen vorgestellt.

FortbildungDas Fortbildungskonzept des KBE zielt auf eine syste-matische Verbesserung der Qualifikationen und eineflächendeckende Vereinheitlichung des Wissensstandesfür die Bestandserhaltung beim Bibliotheks- und Archiv-personal. Zunächst war Grundlagenarbeit notwendig, umeinen Fortbildungsbedarf überhaupt ermitteln zu könnenund danach gezielte Angebote zu entwickeln. Die Ergeb-nisse einer Umfrage zum Fortbildungsbedarf währendder Monate Januar und Februar 2007 bilden dabei denGrundstock für den Aufbau des Fortbildungsbereiches.Von 248 angeschriebenen Archiven und Bibliotheken inBerlin und Brandenburg haben sich 48,8 % aktiv an derUmfrage beteiligt.In dieser Umfrage wurden neben dem allgemeinen Fort-bildungsbedarf zu Themen wie Notfallvorsorge / Scha-densprävention / Brandschutz, Akquisition, Sponsoring,Fundraising, Beantragung von Fördermitteln und Verga-

2 http���www��forum�bestandserhaltung��dehttp���www��forum�bestandserhaltung��de� http���www��zlb��de�aktivitaeten�bestandserhalt�kbehttp���www��zlb��de�aktivitaeten�bestandserhalt�kbe

��Brandenburgische Archive · 25/2008

benwesen auch der Fortbildungsbedarf für fachspezifi-sche Weiterbildungen wie Bestandssicherung und -pfle-ge, Konversion, Bestandserhaltung im Geschäftsgang,Bau- und Gebäudeausstattung, spezielles Methodenwis-sen abgefragt.Im zweiten Teil der Umfrage wurden zu den einzelnen The-men der Bestandssicherung und -pflege Erfahrungswerteabgefragt (z. B. Massenentsäuerung, Förderantrag), d.h.welches Leistungsangebot die jeweilige Einrichtung gerneselbst in Anspruch nehmen würde und welche Leistungendie Einrichtung bereit wäre weiterzugeben. Die Ergebnis-se dieses zweiten Teiles der Fortbildungsumfrage bildenden Grundstock für eine „Wissensdatei“, auf deren Grund-lage das Netzwerk aufgebaut wird: das heißt zu wissen,wer zu einem bestimmten Thema Erfahrungen hat undauch bereit wäre, diese z. B. in Form von Beratungen,Führungen, Empfehlungen an andere weiterzugeben.

Um für die Fortbildungskonzeption eine konkrete undmachbare Grundlage zu erarbeiten und auch Anbieterfür Fortbildungsveranstaltungen zu gewinnen, diese alsPartner des KBE einzubinden und genaue Typen für Fort-bildungsveranstaltungen zu definieren, wurden ein Fort-bildungskonzept und ein Fortbildungsplan erarbeitet.Für die einzelnen Typen von Fortbildungsveranstaltungenwurden Standards definiert, die den Veranstaltungstyp(Gesprächskreis, Fachführung, Inhouse-Veranstaltungetc.), die Dauer und die Teilnehmerzahl beschreiben.Im Herbst 2006 wurden erstmalig durch das KBE Fortbil-dungsveranstaltungen zu den Themen „Buchpflege und-reinigung“ und „Fotoarchivierung – konventionell und di-gital“ initiiert und organisiert. Die Veranstaltungen wurdendurch den Newsletter „Bestandserhaltung“ und die Web-site des KBE bekannt gegeben und durch eine direkteAngebotsabfrage beworben. Alle sieben Termine warennach kurzer Zeit wegen einer großen Nachfrage ausge-bucht, so dass für 2008 schon neue Termine angesetztwerden mussten. Zunehmend kommen Einrichtungen mitdem Wunsch nach einem Sondertermin zu bestimmtenThemen der Bestandserhaltung auf das KBE zu.

Arbeitsweise und begleitende GremienZwei Gremien unterstützen die Arbeit des KBE:

Die Berlin-Brandenburgische Rundemit Vertretern aus Berliner und brandenburgischen Ar-chiven und Bibliotheken trifft sich zweimal jährlich zumInformationsaustausch und bildet bei Bedarf zu bestimm-ten Themen gesonderte Arbeitsgruppen. Im Laufe diesesJahres wird sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Not-fallplanung befassen.

Der Fachbeirat für das KBEkonstituierte sich im Mai 2007 aus der bereits erwähntenkleineren „Arbeitsgruppe Bestandserhaltung“, tritt ca.viermal jährlich zusammen und berät das KBE in allenfachlichen Fragen. Die Geschäftsordnung des Fachbei-rates legt fest, dass er einmal jährlich der Berlin-Branden-burgischen Runde berichtet. Im Fachbeirat sind folgendeInstitutionen vertreten:• Staatsbibliothek zu Berlin• Landesarchiv Berlin• Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ohne Stimm-

recht)• Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin• Bundesarchiv• Brandenburgisches Landeshauptarchiv• Universitätsbibliothek Potsdam• Stadt- und Landesbibliothek Potsdam• Bibliothek der Hochschule für Film und Fernsehen

PotsdamVorsitzender des Fachbeirates ist Dr. Mario Glauert (Bran-denburgisches Landeshauptarchiv), stellvertretender Vor-sitzender ist Andreas Mälck (Staatsbibliothek zu Berlin).

Der Blick nach vornHier steht die Weiterentwicklung des Netzwerkgedankensim Vordergrund, d. h. Ausbau der Kontakte zu Gremienund Institutionen regional und überregional. Die Entwick-lung von Mustervorgehensweisen (Fördermittel, Notfall-planung, Gebäudeinstandsetzung, Beteiligung des KBEbei der Erhaltung von Beständen in der Region; Koordi-nation durch das KBE beim Einsatz von Fördermitteln) istein weiterer Arbeitsauftrag.Für die Öffentlichkeitsarbeit sind die Pflege und Fortfüh-rung der elektronischen Medien Website und Newsletter,die regelmäßige Überprüfung und Überarbeitung dervorliegenden Printmedien und die Entwicklung weitererInstrumente für die Öffentlichkeitsarbeit bei der Be-standserhaltung maßgeblich. Dazu gehören auch dieFortschreibung der Konzeption vor allem hinsichtlich derFormulierung eines Leitbildes für das KBE und Planungund Organisation von Veranstaltungen.Für den Bereich Fortbildung erfolgt eine Anpassung anneue Entwicklungen, d. h. eine Wiederholung der erstenBedarfserhebung nach ca. drei Jahren.Für die Organisationsform des Projektes ist von Seitender Unterhaltsträger die Zuordnung einer höheren Wertig-keit, die auch das Personal enger an das Projekt bindet,wünschenswert. Längerfristig ist natürlich eine Versteti-gung des Projektes bei der ZLB ein Anliegen.

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ResümeeDer Aufbau eines neuen Projektes – auf der Grundlageder früheren „Arbeitsgruppe für Bestandserhaltung“ – istmit einer gewissen Herausforderung verbunden, wie dieeinzelnen Arbeitsbereiche mit Leben erfüllt werden undauch angenommen werden, (Stichwort: „nicht am Bedarfvorbei planen“). Sie bietet aber auf der anderen Seiteauch Gestaltungsmöglichkeiten, die vor allem für kleinereEinrichtungen unterstützend wirken sollen. Eine erfolgrei-che Arbeit kann auch überregional ausstrahlen und eineWechselwirkung zwischen verwandten Einrichtungen inanderen Bundesländern bewirken.Das übergroße Interesse an den Fortbildungsveranstal-tungen, am Newsletter und an den bisher veröffentlichtenMaterialien zeigt den großen Bedarf am Thema und recht-fertigt denAusbau und die Unterstützung des KBE. Sowohldurch die Gremien, deren Mitglieder als Informatoren beiVeranstaltungen als Partner und Richtungsgeber einenstarken Input geben, als auch durch die Unterhaltsträger.

Kompetenzzentrum BestandsErhaltung für Archive undBibliotheken in Berlin und Brandenburg (KBE)c/o Zentral-und Landesbibliothek BerlinÖffentlichkeitsarbeitBreite Straße 30-31 • 10178 BerlinTel.: (030) 90226-637 • Fax: (030) 90226-718E-Mail: [email protected]

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Das Bistumsarchiv Görlitz

Von Winfried Töpler

Geschichte des Bistums und seiner VerwaltungDas Gebiet des heutigen Bistums Görlitz gehörte im Mit-telalter zum Bistum Meißen und wurde 1821 dem BistumBreslau zugewiesen. Katholisches Leben gab es nachder Reformation nur im Umkreis des Zisterzienserklo-sters Neuzelle. Durch die Industrialisierung zogen immermehr Katholiken in dieses Gebiet; vor allem in das Senf-tenberger Kohlerevier kamen viele oberschlesische undpolnische Kohlekumpel, die überwiegend katholisch wa-ren. Nach den schweren Kriegsereignissen 1945 wurdedas Gebiet noch im Sommer 1945 von den schlesischenFlüchtlingen regelrecht überrannt. Viele dieser Flüchtlingewaren katholisch, so dass es zu vielen Neugründungenkatholischer Gemeinden kam. Aufgrund der sich balddeutlich zeigenden politischen Perspektiven verließenviele Flüchtlinge im Laufe der Zeit wieder die Lausitzen,so dass seit 1950 ein stetiger Rückgang der Mitglieder-zahlen zu verzeichnen ist.Die 1945 an der Oder und der Neiße gezogene politischeGrenze trennte das Görlitz-Cottbuser Gebiet vom Erzbi-stum Breslau ab, und eine einheitliche Verwaltung desBistums wurde unmöglich. Bereits im Frühjahr 1945 hat-te sich ein Teil der Breslauer Bistumsverwaltung kurz inGörlitz aufgehalten. Im Sommer 1945 wurden dann zweiPrälaten mit der Einrichtung einer Verwaltungsstelle fürden westlich der Lausitzer Neiße gelegenen Bistumsteilbeauftragt. Diese Dienststelle wurde seit 1946 als „Erz-bischöfliches Amt Görlitz“ bezeichnet, da der Städtena-me Breslau aus politischen Gründen vermieden werdenmusste. Diese Bezeichnung „Erzbischöfliches Amt Gör-litz“ wurde dann auch für das Territorium benutzt, wennmitunter auch der Name „Diözesangebiet Görlitz-Cottbus“gebraucht wurde.Eine kirchenrechtliche Regelung dieses Provisoriumsgab es erst am 28.6.1972, als im Zusammenhang mitder Bulle „Episcoporum Poloniae“ eine Neuregelung derkirchlichen Verhältnisse beiderseits von Oder und Neißeerfolgte und dieses Gebiet zur „Apostolischen Admi-nistratur Görlitz“ erklärt wurde. An der Spitze stand einvom Papst eingesetzter Apostolischer Administrator. DieGrenzen dieser Diözese wurden im Osten durch die Nei-ße und Oder, im Süden und Südwesten durch die altenGrenzen Schlesiens und Brandenburgs gegen Sachsenund die Provinz Sachsen (bzw. Sachsen-Anhalt) gebildet.Lediglich im Westen und Norden war eine rein innerkirch-liche Grenze entstanden, die erst 1930 festgelegt wordenwar. Das Diözesangebiet umfasst somit die Gebiete der

Niederlausitz und des preußischen Teils der Oberlausitz,soweit sie westlich der Lausitzer Neiße und Oder lagen,greift aber bei Baruth-Schwerin-Teupitz und Beeskow-Storkow auch darüber hinaus. Aufgrund alter Grenzliniengehörte auch das Oderbruch um Golzow und Seelow zuGörlitz. Dieses Gebiet wurde 1994 an das Bistum (nun-mehrige Erzbistum) Berlin abgetreten, wofür ein Gebietum Dahme Görlitz zugeschlagen wurde. Die Errichtungeines Bistums Görlitz war 1972 geplant, aber aufgrundder politischen Verhältnisse nicht möglich. Dieser Schritterfolgte erst nach der „Wende“ im Jahre 1994.Das Bistum Görlitz ist von seinem Territorium her im unte-ren Mittelfeld im Vergleich zu den anderen deutschen Bis-tümern; doch von seiner Seelenzahl her das mit Abstandkleinste Bistum. Die Zahl der Katholiken wird gegenwärtigmit 33.000 angegeben. Die Verwaltung war dementspre-chend klein; gegenwärtig sind hier vier Geistliche und 20Angestellte (mit unterschiedlichem Beschäftigungsum-fang) tätig.

Das Bischöfliche Ordinariat Görlitz

Geschichte des Archivs vor Ort bis 19941945 musste aus dem Nichts eine neue Verwaltung ge-schaffen werden, der in den folgenden Jahren vor allemdas fehlte, was für ein Archiv wichtigste Grundlage ist:Papier. Selbst amtliche Schreiben aus Rom wurden nachAblauf ihrer Gültigkeit wiederverwendet. Nach zwanzigJahren hatte sich aber dennoch soviel Papier angesam-melt, dass erste Aussonderungen und ein erster Versuchzu einer Registraturordnung vorgenommen wurden. DieArchivierung bestand jedoch meist lediglich darin, dassman das Papier aus den Ordnern herausnahm und auffä-delte. Immerhin wurden jeweils zwei Pappdeckel benutzt

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und ein sehr knapper, aber doch aussagekräftiger Titelmit Laufzeit gefunden. Etwa zwei Jahre später erfolgte1967 eine zweite, durchgreifende Registraturordnung,die im Torso noch bis heute besteht. Gegenwärtig habenwir uns in der Bistumsleitung noch nicht zu einer neuenRegistraturordnung aufraffen können. Ein Großteil desSchriftgutes wird in der Zentralregistratur abgelegt, dane-ben bestehen jedoch bei jedem Referenten auch eigeneAblagen.Die Aussonderungen von Schriftgut der folgenden Jahrewaren wesentlich unsystematischer. Sie erfolgten ledig-lich unter dem Gesichtspunkt, Platz in der Registraturzu schaffen und überquellende Ordner zu leeren. Wennauch hier immer zwei Pappdeckel benutzt wurden, wardie Titulatur wesentlich einfacher. Oft wurde ohne Hin-terfragung der Registraturtitel übernommen und mit demgroßen Wort „Archivakte“ versehen. Eine Auflistung odergar systematische Erfassung der Akten erfolgte nicht.Zuständig für die Betreuung des Archivs waren Ruhe-standsgeistliche oder Geistliche aus der Bistumsverwal-tung. Zugleich versahen sie auch die doch recht ansehn-liche Dienstbibliothek. Das Archiv selbst war jedoch aufmehrere Räume verteilt und machte mehr den Eindruck,dass alles, was nicht mehr benötigt wurde, dort abgela-den wurde.

Das Diözesanarchiv Grüssau in Bad WimpfenNoch im Jahr 1945 begann ein höherer Breslauer Geist-licher, Konsistorialrat Dr. Johannes Kaps, von Münchenaus, vertriebene schlesische Geistliche zu ermitteln undihnen Berichte über den Zustand der zurückgelassenenPfarrei, die Vertreibung und den Verbleib der Kirchen-bücher abzufordern. Dies wurde zum Grundstock einerSammlung von Berichten und Chroniken katholischerschlesischer Gemeinden. 1967 erfolgte die Trennung inein Archiv und in das Kirchenbuchamt. In letzterem, dassich heute im Bischöflichen Zentralarchiv Regensburgbefindet, wurden die sehr wenigen „überlieferten“ schle-sischen Kirchenbücher und alle Informationen über denBestand der Kirchenbücher zusammengetragen. Die Ar-chivalien hingegen wurden nach Bad Wimpfen (bei Heil-bronn) gebracht. Hier hatte sich der Konvent der schlesi-schen Benediktinerabtei Grüssau nach seiner Vertreibungzusammengefunden und ein neues Kloster errichtet. ImAuftrag der Görlitzer Kirchenleitung (genauer: des in Gör-litz residierenden Breslauer Metropolitankapitels) über-nahmen die Benediktiner die Betreuung und den Ausbaudieses Archivs. Obwohl in Westdeutschland gelegen, wur-de auch hier, um politische Irritationen zu vermeiden, derOrtname Breslau weitgehend gemieden. Als Titel musstedie kurze Bezeichnung „Diözesanarchiv“ reichen.

In diesem Archiv wurden alle Informationen wie Gemein-dechroniken, Vertreibungsberichte u. ä. über die katholi-sche Kirche in Schlesien zusammengetragen und Nach-lässe schlesischer Geistlicher übernommen. Zugleichwurde Literatur gesammelt, die in irgendeiner Weise daskatholische Leben in Schlesien betraf, von Fragen zumHeimatrecht bis hin zu den Fragen der Aussöhnung vonDeutschen und Polen.Nach der politischen Wende und der Einheit Deutschlandssowie den schwindenden personellen Möglichkeiten derBenediktinerabtei Grüssau sollte das gesamte Archiv vondem neu entstehenden Bistum Görlitz übernommen undwieder in seinen historischen Kontext eingebunden wer-den. Zunächst wurde das Archiv 1994 nach Neuzelle ver-bracht, wo das Priesterseminar aufgehoben (bzw. nachErfurt verlegt) worden war und so ausreichend Räume zurVerfügung standen. Verschiedene Pläne zur Errichtungeines Kirchenhistorischen Instituts zerschlugen sich je-doch alsbald. Das kleine Bistum Görlitz sah sich überfor-dert, ein solches Institut auf Dauer tragen zu können. DerZufall wollte es jedoch, dass aus Neuzelle ein Historikerkam, der gerade sein Studium abgeschlossen hatte undsich auf regionale Kirchengeschichte spezialisiert hatte.Er wurde angestellt mit dem Auftrag, das Archiv neu zuordnen, zu verzeichnen und zugleich eine Dissertationzu erstellen. Mit der Fertigstellung neuer Archivräume imBischöflichen Ordinariat Görlitz und der Kündigung desHauses in Neuzelle wurde das Archiv im Herbst 1999nach Görlitz überführt.

Das Bistumsarchiv in Görlitz seit 1994Nach der „Wende“ konnte 1994 in Görlitz ein zweitesHaus für die Diözesanverwaltung erworben und bis 1997saniert werden. Hier wurde das Souterrain zum Archivausgebaut. Da man bei der Sanierung auf gute Isolierungachtete und der Keller nur ein wenig in der Erde steckt,gibt es relativ wenig klimatische Probleme. Ein kleines,mobiles Entfeuchtungsgerät reicht aus. Dieses läuft zwarim August kurzzeitig auf voller Leistung durch, steht abersonst ein halbes Jahr still. Problematisch sind eher diedurch die Archivmagazinräume laufenden Versorgungs-leitungen des Hauses. In diesen normal großen Keller-räumen konnten dennoch zwei (Mini-)Rollregalanlagenaufgestellt werden. Ein Raum bot sich aufgrund seinerLage als Sicherheitskammer an.In diesen Magazinräumen wurden die aus Neuzelleüberführten Archivalien untergebracht. In den folgendenJahren konnten dann alle alten Schriftstücke und Aktendes Hauses in das Archiv übernommen werden. Auchdie Archivbibliothek wurde hier eingerichtet. Arbeitsauf-wendig erwies sich das Fehlen jeglicher „Vorgaben“. Es

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war immer wieder Mut notwendig, mühsam aufgebauteStrukturen einzureißen und anders aufzubauen. Im Laufeweniger Jahre füllte sich das Archiv schon fast bis an dieKapazitätsgrenze.Im Jahre 2003 übernahm das Bistum ein über der Straßegelegenes Haus, in dem Ordensschwestern ein Alters-heim betrieben, nun aber aufgegeben hatten. Hier konnteein großzügiges Archivmagazin mit zwei Rollregalanla-gen eingerichtet werden, so dass das Bistumsarchiv nunreichlich Platz zur Aufnahme neuer Archivalien hat. Bis-lang sind von den 1.500 Regalmetern nur etwa ein Drittelgefüllt. Aufgrund der räumlichen Möglichkeiten kann eineoffensive Aquisitionspolitik betrieben werden. So sind dieUnterlagen der Dekanate (der Verwaltungsebene zwi-schen dem Bistum und den Pfarreien) und auch einigePfarrarchive bereits ins Archiv überführt worden. Weiterewerden demnächst folgen.

BeständeUrkunden:40 Nummern (Papier und Pergament, 1775–2007),Urkundenfotosammlung der Histor. Komm. f. Schlesien(Sammlung J. J. Menzel)

Akten der Bistumsverwaltung („ErzbischöflichesAmt“ und Ordinariat Görlitz):Bischöfliches Sekretariat, Personalia (u. a. Totenbücherschlesischer Priester, 1930–1972), Allg. Verwaltung, Orts-akten, Vermögensverwaltung, Liturgie und Sakramente,Seelsorge, Caritas, Bildungswesen und Öffentlichkeitsar-beit, Orden, Konsistorium, Korrespondenz mit Priesterndes Erzbistums Breslau (ab 1945)Akten kirchlicher Institutionen im Bistum:Priesterseminar Neuzelle, Dekanate, Pfarreien (bleibenmeist im Eigentum der Pfarreien), VerwaltungsstelleBerlin (Außenstelle des Erzbischöfl. Amtes Görlitz, „BüroWuttke“), Jugendseelsorge CottbusSchlesische Sachen:Sammlung Wimpfen, Bruchstücke und Kopien aus demBistumsarchiv Breslau, (u. a. Totenliste der FestungBreslau), Bruchstücke und Kopien aus schlesischen Kir-chengemeindenSammlungen:„Ortssammlung“ Schlesien (Informationen über Orte undPfarreien), „Ortssammlung“ Lausitz (Informationen überOrte und Pfarreien)

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Bistumsarchiv Görlitz, U 39: Pergament mit Bleibulle, ca.32 x 46 cm, dazu ein Umbruch vom 4 cm. Gerollt, in einerSchatulle (48 cm lang). Päpstliche Bleibulle mit den Por-träts von Petrus und Paulus bzw. der Aufschrift: „+ Bene-dictus PP. XVI“; 27 mm im Durchmesser. Zum Schutz ineiner kleinen Papiertüte, 55 x 45 mm groß, mit goldenemPapstsiegel. Gelb-weiße Seidenschnur, ca. 35 cm lang.

Benedictus Episcopus Servus Servorum Deidilecto Filio Conrado Zdarsa, e clero dioecesis Dresden-sis-Misnensis ibique hactenus Vicario Generali, electoEpiscopo ecclesialis communitatis Gorlicensis, salutemet Apostolicam Benedictionem. Petrinum munus divinaex voluntate exercentes, aptos conamur singulis ec-clesialibus communitatibus tribuere sacrorum Antistiteset veritatis de Christo qui vere surrexit diligentes prae-dicatores. Quandoquidem dioecesis Gorlicensis, postrenuntiationem Venerabilis Fratris Rudolfi Müller, suocaret Episcopo, Nos ad te, dilecte Fili, decurrimus quidioecesi in Dresdensi-Misnensi studiose operam navastimunus etiam Vicarii Generalis exercens. Ideo ApostolicaNostra potestate te, ad normam iuris conventi, dioecesisGorlicensis constituimus Episcopum, debitis datis iuribuscongruisque impositis obligationibus. Fidei professionematque fidelitatis erga Nos Nostrosque Successores ius

iurandum ad statutas formulas nuncupabis, quas de moresignatas sigilloque impressas ad Congregationem proEpiscopis mittes. Ordinationem episcopalem a quolibetcatholico Episcopo extra urbem Romam accipies, servatisliturgicis legibus. Edoceas clerum et Christifideles pasto-rali tuae curae concreditos hoc de Nostro decreto; quosomnes adhortamur ut, te moderante, diligentiore usquemodo divina praecepta in vita cotidiana servent vivamChristi in mundo praesentiam manifestantes. Confidimusfore ut tu ipse, dilecte Fili, episcopali diligenti ministeriomultum in spiritalem progressionem fidelium tuorum con-feras, Magistro Divino semper confidens et eius Beatissi-mae Matri. Datum Romae, apud S. Petrum, die quarto etvicesimo mensis Aprilis, anno Domini bismillesimo septi-mo, Pontificatus Nostri tertio.

Benedictus PP. XVI.Franciscus Bruno, Prot. Ap.

Päpstliche Ernennungsurkunde für den Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa

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Übersetzung von Reinhard Krug�Benedikt, Bischof (von Rom), Diener der Diener Gottes(entbietet)dem geliebten Sohn Konrad Zdarsa, der aus dem Kle-rus der Diözese Dresden-Meißen stammt, dort bis jetztals Generalvikar tätig ist und zum Bischof der Görlitzerkirchlichen Gemeinschaft auserwählt wurde, Gruß undapostolischen Segen. In der Ausübung des Petrusamtesdurch göttlichen Willen versuchen Wir, den einzelnenkirchlichen Gemeinschaften geeignete Vorsteher derheiligen Geheimnisse und gewissenhafte Verkünder derWahrheit über Christus, der wirklich auferstanden ist, zu-zuteilen. Da nun die Diözese Görlitz nach dem Verzichtdes verehrten Bruders Rudolf Müller keinen eigenen Bi-schof hat, sind Wir auf Dich, geliebter Sohn, gekommen;denn Du hast Dich eifrig um die Diözese Dresden-Meißenbemüht und sogar das Amt des Generalvikars ausgeübt.Deshalb setzen wir Dich kraft Unserer apostolischen Au-torität nach dem Vertragsrecht zum Bischof der GörlitzerDiözese ein mit allen Rechten und Pflichten, die diesemAmt zukommen. Das Glaubensbekenntnis und den Treu-eid gegenüber Uns und Unseren Nachfolgern sollst Dunach den festgelegten Formeln feierlich erklären, ent-sprechend dem Brauch unterzeichnen, siegeln und an dieKongregation für die Bischöfe senden. Die Bischofsweihekannst Du von jedem katholischen Bischof außerhalb derStadt Rom empfangen unter Beachtung der liturgischenBestimmungen. Informiere den Klerus und die Christgläu-bigen, die Deiner Hirtensorge anvertraut sind, über diesesUnser Dekret; sie alle ermahnen Wir, dass sie unter Dei-ner Leitung immer sorgfältiger die göttlichen Gebote in ih-rem Leben beachten und die lebendige Gegenwart Christin der Welt bezeugen. Wir hoffen zuversichtlich darauf,dass Du selbst, geliebter Sohn, in ständigem Vertrauenauf den Göttlichen Meister und Seine Allerseligste Mutter,durch Deinen gewissenhaften bischöflichen Dienst vielzum geistlichen Wachstum Deiner Gläubigen beiträgst.Gegeben zu Rom bei St. Peter am 24. April 2007, im 3.Jahr Unseres Pontifikates.

Benedikt XVI., PapstFranciscus Bruno, Apostolischer Protonotar

Nachlässe und Sammlungen zu EinzelpersonenAufgrund der historischen Grundlagen des Archivs istder Begriff „Nachlass“ sehr weit zu fassen. Meist handeltes sich um erst nach dem Tod der betreffenden Personzusammengetragene Notizen und Berichte, zum anderensind es oft nur Nachlassteile, die nach Görlitz in das Ar-chiv gelangt sind. Eine Reihe von Nachlässen ist nochunbearbeitet.

�ie wichtigen Nachlässe sind:Bertram, Adolf, Dr. (1859–1945), Kardinal und Erzbischof(Teilnachlass); Engelbert, Josef (1891–1969), Msgr.,Caritasdirektor, Vertriebenenseelsorger (noch unbear-beitet); Engelbert, Kurt, Dr. (1886–1967), Prälat, Archi-vdirektor, Offizial (noch unbearbeitet); Ferche, Joseph(1888–1965), Weihbischof; Hoffmann, Hermann, Prof. Dr.(1887–1972), Geistl. Rat, Historiker (mit einer Zettelkarteifür eine Presbytereologie); Kaps, Johannes, Dr. (1906–1959), Konsistorialrat, erster Leiter des Kathol. Kirchen-buchamtes München (noch unbearbeitet); (Sammlungvon Berichten über Kriegsende und Vertreibung; Mate-rialsammlung für das Werk „Die Tragödie Schlesiens“);Maier, Friedrich Wilhelm, Dr. (1883–1957), Univ. Prof.für neutestamentl. Exegese (noch unbearbeitet); Müller,Wolfgang (1927–2000), Prälat, Regens des Priestersemi-nars Neuzelle; Negwer, Josef, Dr. (1882–1964), Apostol.Protonotar, Domkapitular, Generalvikar, Offizial; Peikert,Paul (1884–1949), Geistl. Rat, Pfarrer von St. Mauritiusin Breslau; Piontek, Ferdinand, Dr. (1878–1963), Titular-bischof, Kapitelsvikar (noch unbearbeitet); Puzik, Erich,Dr. (1901–1993), Apostol. Protonotar, Dompropst, Spi-(1901–1993), Apostol. Protonotar, Dompropst, Spi-ritual; Rose, Ambrosius, Dr., OSB (1911–2002), Pfarrer,Spiritual, Archivar; Scholz, Franz, Prof. Dr. (1909–1998),(1909–1998),Prälat, Caritasdirektor, Univ. Prof. für Moraltheologie;Schuster, Hugo (1891–1934), Caritasdirektor, Spiritual;Schwingel, Gerhard (1902–2004), Konsistorialrat, Pfarrer,Historiker; Ulitzka, Carl (1873–1953), Prälat, Domkapitu-lar, Zentrumspolitiker (Teilnachlass); Thon, Ruth (1905–1981), Gymnasiallehrerin.

Blick in den Benutzerraum des Bistumsarchivs

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BibliothekIm Bistum wird keine eigene Bistumsbibliothek betrieben.Daher wächst die Archivbibliothek über den Rahmen einerreinen Dienstbibliothek hinaus, bleibt aber entsprechendder Größe des Bistums sehr bescheiden. Die Bibliothekenthält u. a. Zeitschriften und sonstige Literatur zur Ge-schichte des schlesischen und lausitzischen Raumes,Werke schlesischer und lausitzischer Gelehrter sowieregionale Belletristik. Theologische Werke sind nur sehrbegrenzt vorhanden. Sie werden nur unter dem Aspekteihres regionalen Bezuges gesammelt, so als Werke schle-sischer Gelehrter oder von Görlitz aus herausgegebeneGebetbücher. Einzelne Sammlerstücke reichen bis in das16. Jahrhundert zurück; auch bei den Zeitschriften gibtes Einzelstücke bis aus dem 18. Jahrhundert. Bereichertwird die Bibliothek durch eine kleine Sammlung an Atlan-ten und Landkarten. Ein besonders „gewichtiges“ Stückist hier der Reprint vom Atlas des Großen Kurfürsten.Von den Periodica sind hervorzuheben (Herausgabeortmeist Breslau; in der Regel mit größeren Lücken): Sche-matismen des (Erz-)Bistums Breslau 1724–1942 (teilwei-se nur als Kopien); Schematismen des ErzbischöflichenAmtes, der Apostolischen Administratur, des BistumsGörlitz 1950–2006; Diöcesanblatt für den Clerus derFürstbischöflich-Breslauer Diöces 1804–1816; General-Gouvernements-Blatt für Sachsen 1813–1815; Schlesi-sches Kirchenblatt. Breslau 1835–1885; Neues Lausitzi-sches Magazin 1835–1926; Amtsblatt des (Erz-)BistumsBreslau 1847–1946; Directorium Wratislaviense (bzw.Proprium Wratislaviense) 1860–2005; St. Hedwigs-Blatt1862–1883; Berliner St. Bonifacius-Kalender 1863–1891;Katholisches Sonntagsblatt der Diöcese Breslau 1903–1941; Die Bergstadt 1915–1922.

FotosammlungDer Aufbau einer geordneten Fotosammlung steckt nochin den Anfängen. Die vorhandenen Fotos sind zwar be-reits weitgehend geordnet, aber noch nicht fachgerechtgelagert oder erfasst. Sie sind geordnet nach Orten undEreignisse im (Erz-)Bistum Breslau und im Bistum Görlitz.Negative und Dias sind nur teilweise erfasst.Unter den Fotos sind vor allem die der Weihejahrgängehervorzuheben, auf denen jeweils ein ganzer Jahrgangder neugeweihten (ab 1903) oder zu Jubiläen sich wiederzusammengefundenen Priestern festgehalten wurden. Er-wähnenswert sind dann die Serien von elf Tonbildschau-en, mit denen man in den Jahren 1953 bis 1967 und um1980 das Leben in der Diözese festhielt und verbreitete.Die dazugehörigen Texthefte sind mittlerweile auch insArchiv gelangt.Schließlich als ganz besonderer Schatz ist auf das Fo-

toarchiv Poklekowski einzugehen. Im Auftrag des Erzbi-schofs reiste seit 1927 Fotograf Paul Poklekowski durchdas Bistum und hielt auf über 6.000 Glasnegativen dieverschiedensten Kirchen und Kunstwerke fest. Da bislangnur von einem Teil der Negative Abzüge gefertigt wurden,werden derzeit alle Negative elektronisch erfasst, um sieauf modernem Wege nutzbar zu machen.

Sammlung von Tonträgern und elektronischer Daten-trägerDie Sammlung elektronischer Datenträger beschränktsich bislang auf wenige Einzelstücke. Zahlreicher sindhingegen die Tonbänder, auf denen Ereignisse aus demBistumsgebiet festgehalten wurden. Sie stammen teil-weise von „offiziellen“ Tonbandmitschnitten besondererGottesdienste und Ereignisse oder auch der Blindenarbeitdes Bistums.

Kunst- und RealiensammlungIn einer kleinen Einrichtung wie das Bistum Görlitz hat derArchivar auch verschiedene andere Aufgaben zu über-nehmen, so ist er der bischöfliche Beauftragte für Kunstund hat die Inventarisation des Kunstgutes im Bistumvoranzutreiben. Aufgrund technischer Möglichkeiten wer-den die hier im Haus vorhandenen Kunstgüter im Archivaufbewahrt. So gibt es eine recht große Zahl an ganzschlichten, aber auch an qualitätsvollen Messkelchen,Monstranzen und anderer liturgischer Geräte. Auch wer-den vier Hirtenstäbe hier sicher verwahrt.Zur Kunstsammlung gehören eine Reihe von Gemäldenund Zeichnungen, so eine kleine Reihe von Breslauer An-sichten von Georg Nerlich. Beachtlicher ist die Sammlungan Kupferstichen, die Landkarten und Stadtansichtenvom 18. bis 20. Jahrhundert umfassen. Erweitert wird die-se Sammlung durch verschiedene Kunstwerke, Bildtafelnund Figuren sowie verschiedene Paramente. Dabei wirdnicht nur auf die Qualität geachtet, sondern auch die ganzschlichten, für die Diaspora typischen Messgewänder ge-sammelt.Die sich anschließende Realiensammlung reicht vonMünzen und Medaillen über Pontifikalschuhe und einerTotenmaske hin zu einem Parade-Pallasch, den Staats-präsident Lech Walesa bei seinem Besuch in Zgorzelec1995 Bischof Bernhard Huhn verehrte. Geldscheine undBriefmarken runden diese Sammlung ab.Ein Sammlung alter Siegel beschließt alles. Hier findensich vereinzelt Stücke schlesischer Pfarreien bis hin zujüngst ungültig gewordenen Siegeln der Pfarreien oderder Bistumsverwaltung.

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Veröffentlichungen über das ArchivDank und Glückwunsch an P. Ambrosius Rose OSB.In: Schlesien in Kirche und Welt, 28. Jg., Nr. 1/2001,S. 15-16.Peter C. Birkner: Das Bistumsarchiv Görlitz. In: Schlesienin Kirche und Welt, 29. Jg., Nr. 4/2002, S. 68-70.Andreas Schuppert: Das Gedächtnis der Christen. In: Tagdes Herrn v. 18.7.2004.Waltraut Tuchen: Fasziniert von Kirche und ihrer Ge-schichte. In: Märkische Oderzeitung v. 27.1.2005.Franziska Lauer: Junges Archiv, das über sich hinaus-wächst. In: Tag des Herrn v. 7.8.2005.Dies.: Archiv platz aus den Nähten. In: Sächsische Zei-tung, Görlitzer Nachrichten v. 17.8.2005.

Veröffentlichungen des Archivs[Werner Marschall:] Eine handschriftliche Darstellung derGeschichte des Bistums Breslau. In: Schlesien in Kircheund Welt, 28. Jg., Nr. 6/2001, S. 120-121.Winfried Töpler: Berichte der katholischen Geistlichkeitaus dem Jahr 1945.Teil 1 in: Niederlaus. Mitt. 32, Cottbus 2005, S. 102-125.Teil 2 in: Niederlaus. Mitt. 33, Cottbus 2007, S. 122-137.Ders.: Der zehntausendfüßige Menschenwurm. Berichteüber die Bewältigung der Kriegsfolgen und des schlesischenFlüchtlingsproblems in den Lausitzen. In Vorbereitung.

BedeutungDas Bistum Görlitz ist eines des jüngsten deutschenBistümer und obendrein das an Katholikenzahl kleinste,daher hat es auch nur ein kleines, bescheidenes Archiv.Durch die Entstehung des Bistums aus dem deutsch ge-bliebenen Restteil des Erzbistums Breslau kommt demArchiv aber die Traditionspflege des seinerzeit größtendeutschen Bistums zu.Obwohl es seinen Sitz in Sachsen hat, kommt ihm auf-grund der Ausdehnung des Bistums auch eine erheblicheBedeutung für das kirchliche Geschichtsbewusstsein imkirchlichen Bereich im Südosten Brandenburgs zu.

BenutzungBenutzung nur nach vorheriger Absprache (von 8.30 Uhrbis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 15.30 Uhr). Zwei Arbeits-plätze. Kopiermöglichkeit besteht im Haus, aber nicht imArchiv.Benutzungsordnung vom 01.08.1998. In: Amtsblatt desBistums Görlitz Nr. 8 v. 14.08.1998, Nr. 93.Gebührenordnung vom 16.11.1995. Amtsblatt des Bis-tums Görlitz Nr. 10 v. 27.11.1995, Nr. 144. - Änderungzur Gebührenordnung vom 17.12.2001 im Amtsblatt desBistums Görlitz Nr. 11 v. 17.12.2001, Nr. 109, sowie Ände-

rung zur Gebührenordnung vom 29.12.2005 im Amtsblattdes Bistums Görlitz Nr. 1, v. 30.01.2006, Nr. 1.Bischöfliches Ordinariat GörlitzBistumsarchiv GörlitzArchivleiter: Dr. Winfried Töpler,prom. Historiker und Diplom-ArchivarCarl-von-Ossietzky-Str. 41/4302826 Görlitz

Postanschrift�PF 30 09 4302814 GörlitzE-Mail: [email protected] - BistumsarchivSigle: BAGTräger des Archivs: Bistum Görlitz, d.h. seine Ver-waltung, das Bischöfliche Ordinariat Görlitz.

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�er Rat der Stadt Neu�Angermünde bestätigt dem Kloster den Kauf von zwei Bürgerstellen in der Stadt�� �2�2 April 2�(Rep�� �� B Zisterzienserkloster �horin U 2�)

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Quellen zur brandenburgischen Landesgeschichte

Weltliche Ordnung und kirchliches Lebenim spätmittelalterlichen AngermündeVon Klaus Neitmann�

Die Geschichte der Stadt Angermünde reicht bis in das13. Jahrhundert zurück. Auch wenn im Gegensatz etwazum uckermärkischen Prenzlau keine Stadtgründungsur-kunde für Angermünde überliefert ist und es sie vielleichtwie in vielen anderen Städten nie gegeben hat, ist eindeu-tig zu belegen, dass Angermünde zu der großen Wellevon Stadtgründungen gehört hat, mit der die brüderlichenMarkgrafen Johann I. und Otto III. in der Zeit ihrer Herr-schaft zwischen 1220 und 1266/67 die Mark Branden-burg überzogen und mit der sie die damals modernsteSiedlungsform, die Rechtsstadt, in ihr junges Territoriumeinführten. Ein Stadtjubiläum wie das diesjährige in An-germünde gibt besondere Gelegenheit, sich einmal imRückblick der städtischen Vergangenheit zu vergewissernund darzustellen, wie sich die Bürgerschaft im Laufe derJahrhunderte unter wechselnden Herausforderungen ent-wickelt hat, bis hin zu unserer Gegenwart, zu dem Punkt,an dem wir selbst stehen und von dem aus wir, aufbauendund gestützt auf die Arbeit unser Vorfahren in ungezähltenGenerationen, unser Gemeinwesen in die Zukunft hineinweiter entwickeln müssen. Statt 775 Jahre AngermünderGeschichte auf wenigen Seiten zusammenzupressen unddabei vermutlich der Gefahr eines allzu nichtssagendensummarischen Überblicks zu erliegen, werde ich michdarauf konzentrieren, einige schriftliche Zeugnisse ausden ältesten und älteren Zeiten der Stadt, aus dem 13.bis 16. Jahrhundert, vorzuführen und zu erläutern. Dieausgesuchten Dokumente werden sich inhaltlich um dieFrage drehen, was in diesen Zeiten überhaupt eine Stadtausmachte, was sie von ihrem dörflichen und bäuerlichenUmland abhob, welche Eigenarten ihre bürgerliche Ver-fassung auszeichneten. Die Rede wird dabei nicht nur vonder weltlichen Ordnung Angermündes sein, sondern auchvon seinem kirchlichen und geistlichen Leben. Denn wirsuchen eine menschliche Gemeinschaft zu erkunden undzu erhellen, deren Dasein sich durchaus im Wirkungsraumder Kirche, im Licht ihrer christlichen Lehre vollzog undvon der engen, geradezu untrennbaren Verbindung von

� �er Beitrag gibt mit geringfügigen �nderungen den am�er Beitrag gibt mit geringfügigen �nderungen den am��� Februar 2��� in Angermünde gehaltenen Vortrag�� derdie Ausstellung des dortigen Stadtarchivs zum 77��jähri�gen Stadtjubiläum eröffnete�� wieder�� �ie Vortragsform istbeibehalten worden��

weltlichen und kirchlichen Instanzen bestimmt war. Dasangedeutete Thema will ich freilich nicht in einer zusam-menfassenden Darstellung auseinandersetzen, sondernden Zugang zu ihm in der Weise suchen, dass ich mitden ausgewählten Quellen verdeutliche, wie die Histori-ker überhaupt zu ihren Erkenntnissen über die Vergan-genheit kommen, wie sie mit den schriftlichen Überrestenlange zurückliegender Jahrhunderte umgehen, um ausihnen möglichst viel über das Handeln und Denken derdamaligen Menschen und ihre Lebensverhältnisse zu er-fahren. Alle angesprochenen Dokumente sind Urkunden,gehören zu der Quellengattung, mit der am meisten undam besten die mittelalterliche Geschichte Brandenburgs,Deutschlands und Europas erforscht werden kann. Ichbeginne daher meine Ausführungen mit einer kurzen Vor-bemerkung zu dieser Gruppe von Archivalien, die nahezuausnahmslos die älteste Schicht an Schriftlichkeit in denArchiven stellt.

„Die Urkunde ist ein unter Beobachtung bestimmter For-men ausgefertigtes und beglaubigtes Schriftstück überVorgänge von rechtserheblicher Natur“2. Diese klassischeDefinition der Urkunde hebt die beiden Gesichtspunktehervor, die in ihrer Analyse zu berücksichtigen sind. Diemittelalterlicher Urkunde wurde nur als rechtsgültig undrechtsverbindlich anerkannt, wenn bestimmte Former-fordernisse erfüllt waren. Dazu gehörte beispielsweise,dass sie auf Pergament geschrieben sein musste, aufeinen aus enthaarten und geglätteten Tierhäuten (Schaf-,Ziegen-, Kalbfelle) bestehenden Beschreibstoff. Das unsheutige selbstverständliche Papier fand überhaupt erstseit dem Anfang des 14. Jahrhunderts in DeutschlandVerbreitung, die erste deutsche Papiermühle in Nürnbergwurde um 1390 in Betrieb genommen. Vor allem galt dasPapier danach noch lange Zeit als minderwertig insofern,als gerade die Niederschrift rechtlicher Bestimmungen mitAnspruch auf zeitliche Unbegrenztheit dem dauerhaften,als vornehmer angesehenen Pergament vorbehaltenblieb. Papier wurde in der Verwaltung zunächst für dieAkten eingesetzt, in denen die in der alltäglichen Arbeitentstandenen Notizen über die laufenden Vorgänge undGeschäfte Eingang fanden, nicht aber für das eine An-gelegenheit abschließend krönende Rechtsdokument,die Urkunde. Zudem sind auch Akten eine relativ jungeErscheinung, in breitem Ausmaß sind sie aus staatlichen,kommunalen und kirchlichen Verwaltungen erst seit dem16. Jahrhundert überliefert, stammen damit im wesentli-

2 A[hasver] v[on] Brandt� Werkzeug des Historikers�� EineA[hasver] v[on] Brandt� Werkzeug des Historikers�� EineEinführung in die Historischen Hilfswissenschaften�� Stutt�gart etc. 7. Aufl. 197� [u.ö.], �. 8�.

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chen aus den Epochen jenseits unseres Betrachtungs-zeitraumes. In ihm dominiert in der schriftlichen Überlie-ferung einer brandenburgischen Stadt wie Angermündekonkurrenzlos die Urkunde. Der damalige vergleichswei-se geringe Grad an Schriftlichkeit bedeutete, dass manzu einer förmlichen Niederschrift nur dann schritt, wennman auf eine Regelung wegen ihrer erhofften langan-dauernden Wirkung besonderen Wert legte. Die Urkundedient der rechtlichen Vereinbarung von Sachverhalten, siebeschreibt verbindlich die Rechte und Pflichten der be-teiligten Partner. Der juristische Zweck steht eindeutig imVordergrund ihres Interesses, alle anderen an dem Sach-verhalte mitwirkenden Motive und Ziele, mögen sie auchfür die Verhandlungen und den Abschluss der beteiligtenParteien maßgeblich oder ausschlaggebend gewesensein, werden eher beiläufig erwähnt.

Es gibt, wie schon eingangs bemerkt, keine Stadtgrün-dungsurkunde von Angermünde, jedenfalls ist keine Ur-kunde überliefert, mit der ein fürstlicher, adliger oder geist-licher Herr Angermünde durch die Verleihung bestimmterRechte in den Rang einer Stadt erhoben hätte. Nach einerwesentlich späteren, allerdings glaubwürdigen Chroniksoll Markgraf Johann I. von Brandenburg 1254 der Sied-lung das Stadtrecht verliehen haben3. Mit unserer erstenUrkunde aus dem Jahre 1277 nähern wir uns vorsichtigund zunächst eher indirekt der neuen Stadt Angermünde.Am 27. Juni 1277 schenken die Markgrafen Johann II.,Otto IV. und Konrad dem Zisterzienserkloster Chorin dasDorf Britz (westlich Chorin) mit 53 Hufen und allem Zu-behör, wie sie selbst es bisher besessen haben, mit denim einzelnen sehr genau bezeichneten Grenzen, frei vonweltlichem, d. h. vom markgräflichen Gericht4. Nachdemdie rechtlichen Bestimmungen detailliert beschriebenworden sind, fügen die Markgrafen den folgenden Satzhinzu, den ich hier in deutscher Übersetzung des latei-nischsprachigen Originals wiedergebe: „Damit aber diese

� Lieselott Enders� �ie Uckermark�� Geschichte einer kur�Lieselott Enders� �ie Uckermark�� Geschichte einer kur�märkischen Landschaft vom �2�� bis zum ���� Jahrhundert(Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshaupt�archivs�� Bd�� 2�)�� Weimar ���2�� S�� 7���

� Brandenburgisches Landeshauptarchiv (im Folgenden ab�Brandenburgisches Landeshauptarchiv (im Folgenden ab�gekürzt� BLHA)�� Potsdam�� Rep�� �� B Zisterzienserkloster�horin�� U ���� �� Reg��� Urkundeninventar des Brandenbur�gischen Landeshauptarchivs�� Kurmark�� bearb�� v�� FriedrichBeck�� Tl�� �� Landesherrliche�� ständische und geistlicheInstitutionen (Veröffentlichungen des BrandenburgischenLandeshauptarchivs�� Bd�� ��)�� Berlin 2����� S�� ��� Nr�� 26������ �ruck� �ode� diplomaticus Brandenburgensis�� hrsg�� v��Adolph Friedrich Riedel�� Tl�� I�� Bd�� ���� Berlin ���7�� S�� 22�f��Nr�� 2� (im Folgenden abgekürzt� ��B)��

unsere Schenkung sowohl von uns als auch von unserenErben unverletzlich und ewig bewahrt werde, haben wirbefohlen, dass das vorliegende Schriftstück dem erwähn-ten Kloster übergeben wird, nachdem unsere Siegel dar-an gehängt worden sind, unter Hinzufügung geeigneterZeugen, deren Namen lauten: ... [Sechs Personen mitihren Namen und ggf. mit ihren Ämtern werden aufge-zählt.]“. In diesen Formulierungen geben die Markgrafenzu erkennen, dass ihre Schenkung Rechtskraft erst durchzwei Vorgänge erhält. Die schriftliche Wiedergabe desRechtsaktes, mithin die Urkunde, muss von den Gebern,mithin den Urkundenausstellern, besiegelt werden. Erstdurch die Anhängung seines Siegels an seine Urkundeverpflichtet sich der Aussteller zur verbindlichen Einhal-tung seiner darin beschriebenen rechtlichen Zusagen. DieUrkunde war einstmals mit drei Siegeln, an Seidenfädenhängend, versehen. Das mittlere, das des MarkgrafenOttos IV., ist verlorengegangen, das linke, das Siegel desMarkgrafen Johanns II., und das rechte, das Siegel desMarkgrafen Konrad, sind, wenn auch mit einigen Schä-den, mit dem Verlust von Wachsteilen an den Rändern,erhalten geblieben. Die Siegel bestehen wie üblich ausdem Siegelbild und der Siegelumschrift. Die Siegelbildersind identisch: Wir schauen auf die stehende gerüsteteFigur des Markgrafen, die Linke – vom Betrachter aus– vom Betrachter ausvom Betrachter ausgesehen, die Rechte – auf den brandenburgischen Ad-– auf den brandenburgischen Ad-auf den brandenburgischen Ad-lerschild gestützt, in der Rechten eine in fünf Wimpelnausgehende Fahne, welche gleichfalls den Adler zeigt.Der Adler war ursprünglich das Zeichen des deutschenKönigs und Kaisers und damit seiner Herrschaft, desDeutschen Reiches. Wenn der Markgraf von Branden-burg den königlichen Adler in sein Wappenschild und insein Wappen übernahm, drückte er damit aus, dass ersein Markgrafenamt unmittelbar vom König als Lehenempfangen hatte und ihm unmittelbar unterstellt war. Inder Siegelumschrift nennt der Siegelführer sich selbst mitseinem Namen und seinem Amt.

Neben oder, korrekter ausgedrückt, vor der Besiegelungdes schriftlichen Dokumentes bedarf der Willensakt desAusstellers zur Erlangung seiner Rechtsgültigkeit der Zeu-gen, also einer oder mehrerer Personen, die als Anwesen-de bekunden, dass der Urkundenaussteller mündlich undsymbolisch seinen Willen gegenüber dem Urkundenemp-fänger ausgedrückt hat. Die schriftliche Beurkundung tratim Mittelalter zur ursprünglich entscheidenden mündlichenErklärung des Schenkers, die er in Gegenwart von Zeu-gen abgab, erst ergänzend hinzu, die „Beweisurkunde“sicherte nachträglich einen bereits geschaffenen Rechts-zustand. Es bedurfte eines langen rechtshistorischen Pro-zesses, um dieses Verhältnis umzukehren, um also die

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Niederschrift und Beglaubigung der „dispositiven“ Urkun-de zum ausschlaggebenden, das Recht erst schaffendenRechtsakt zu machen5. Am Ende der kleinen Zeugenreihesteht nun in unserer Urkunde von 1277 die Person, dieunsere besondere Aufmerksamkeit hervorruft: Walterusprefectus in Angermunde, auf deutsch: Walter, Schultheißin Angermünde. In den damaligen Zeiten übte der Schult-heiß die Gerichtsbarkeit aus. Unser Walter hatte dem-nach in Angermünde eine herausragende Stellung, dennin einer Epoche, der eine Trennung von Justiz und Ver-waltung gänzlich unbekannt, geradezu unvorstellbar war,wurden alle kleinen und großen Streitigkeiten zwischenden Bürgern vor Gericht ausgetragen und vom Gerichts-herrn entschieden. Der Schultheiß stand dem Gericht vor,war infolgedessen ein Mann in der Stadt, an dessen Wortman im häufigen Konfliktfalle nicht vorbeigehen konnte.Aber in wessen Auftrag wirkte er überhaupt, wer hatte ihmden Auftrag zur Wahrnehmung der Gerichtsbarkeit in An-germünde verliehen? Unsere Urkunde gibt indirekt eineAntwort auf diese Frage, wenn man sich die Zeugenreiheetwas genauer anschaut: Sie besteht aus Herrn Erich,dem Propst des Halberstädter Domkapitels, frater nosterdilectus�� “dem geliebten Bruder” der Markgrafen, sowieaus fünf Rittern, nämlich aus dem Marschall Johann vonOldenvlite, dem Vogt zu Stolpe Heinrich von Bellinge, Hein-rich Dunker und Dietrich von Walsleven sowie unseremAngermünder Schultheißen. Die Zeugen umfassen alsoeine erlauchte Schar von Personen aus der markgräflichenAmtsträgerschaft, hohe Amtsinhaber wie den Marschall,dem die Leitung des markgräflichen Hofes und der Hofge-sellschaft mit obliegt, und den Vogt, der den Markgrafen ineinem lokalen Amtsbezirk, in der uckermärkischen VogteiStolpe vertritt und dort dessen Herrschaftsgewalt gegen-über den Untertanen wahrnimmt. Der Schultheiß Walterist demnach sicherlich vom Markgrafen in sein Amt einge-setzt worden, und daraus ist zugleich abzuleiten, dass dieStadt Angermünde der unmittelbaren Gerichtsbarkeit desMarkgrafen untersteht, allgemeiner ausgedrückt, dasssie unmittelbar der Herrschaft des Markgrafen unterliegt,nicht aber einem Adligen oder einem Kloster unterworfenist und dadurch dem Markgrafen nur mittelbar zugeordnetwäre. Angermünde war, wie es in der Fachsprache derHistoriker heißt, Immediatstadt – was die unmittelbareUnterstellung unter den Landesherrn bedeutet und waseine Position anzeigt, die die Städte sich wünschten, weilsie ihnen innerhalb des Landes größere Selbständigkeitgewährte und ihnen die Möglichkeit zur politischen Mit-sprache innerhalb des Landes einräumte. Angermünde

� v�� Brandt� Werkzeug (wie Anm�� 2)�� S�� ����7��v�� Brandt� Werkzeug (wie Anm�� 2)�� S�� ����7��

war eine markgräfliche Gründung, es war – und es bliebauf Dauer – eine markgräfliche Stadt.

Wenn wir jetzt mit unserer zweiten Urkunde ins Jahr 1292eintreten6 (Abbildung auf Seite 52), stellt sich uns An-germünde bereits als vollentwickelte hochmittelalterlicheRechtsstadt mit ausgeprägten städtischen Organen dar.Ausgestellt haben die Urkunde consules civitatis Nove An�germunde�� die Ratmannen oder Ratsleute der Stadt Neu-Angermünde. Sie bekennen, dass Abt Rudolf von Chorinund seine Mitbrüder in ihrer Stadt zwei Grundstücke zuerblichem Besitz für elf Pfund brandenburgischer Münzegekauft haben, die ihrem schon zuvor ebenfalls erblichgekauften Haus und Hof benachbart sind. Die Ratmannengewähren mit Zustimmung ihrer beiden Schultheißen, desJohann von Gelmersdorf und seines Neffen Johann, undmit Zustimmung der „Bedeutenderen“ ihrer Stadt (de con�sensu communi ������ potiorum nostre civitatis) den Mönchendas Recht, dass sie von ihren drei Grundstücken, auchwenn sie bebaut sind, der Stadt nur vier Pfund Geschosszu zahlen brauchen, d. h. sie sind im Vergleich zu denanderen Bürgern nur zu einer verminderten Grund- undVermögenssteuer verpflichtet. Außerdem übertragen dieRatmannen den Mönchen als erblichen Eigentümern derstädtischen Grundstücke das Bürgerrecht der Stadt, undschließlich gestehen sie ihnen zu, dass sie selbst und ihreGrundstücke vom Wachdienst ausgenommen sind, wenndie Stadttore bewacht werden müssen. Ganz ähnlich wiedie Markgrafen kündigen die Angermünder Ratmannenan, dass sie die vorliegende Urkunde haben schreibenund mit dem Siegel ihrer Stadt haben befestigen lassen.Es folgen noch die Namen von zwölf Zeugen, die als Rat-mannen und Schenker eingeführt werden, darunter derschon zuvor erwähnte Schultheiß Johann von Gelmers-dorf.

Lernten wir 1277 nur den landesherrlichen Beamten inder Stadt, den Schultheißen, kennen, so tritt uns 1292der Rat der Stadt entgegen, das städtische Selbstverwal-tungsorgan, das Gremium von Bürgern, das an der Spitzeder städtische Bürgerschaft steht und die städtischen Ge-schäfte in deren Auftrage wahrnimmt und leitet. Der Ratbedarf, wie unser Text zeigt, dabei in wichtigen Fragendes consensus ������ potiorum civitatis�� der Zustimmung derbedeutenderen oder angeseheneren Bürger der Stadt, esgibt also eine wahrscheinlich durch ihre wirtschaftlicheStärke herausgehobene Schicht unter den Bürgern. Die

6 BLHA�� Rep�� �� B Zisterzienserkloster �horin�� U 2��� �� Reg���BLHA�� Rep�� �� B Zisterzienserkloster �horin�� U 2��� �� Reg���Urkundeninventar Kurmark�� Tl�� � (wie Anm�� �)�� S�� ��2 Nr��26���� �� �ruck� ��B I��� (wie Anm�� �)�� S�� 226 Nr�� ����

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Bürger zeichnen sich durch den Besitz des Bürgerrechtesaus, das vor allem an die Inhaberschaft eines erblichenGrundstückes und Hauses in der Stadt gebunden ist. Undsie sind im Dienste der Allgemeinheit zu bestimmten Lei-stungen verpflichtet, zum Geschoss, d. h. zu Steuern, diesie an den Rat abzuführen haben, und zum Wachdienst,der zum Schutz der Stadt und der städtischen Befestigungerforderlich ist, da in Zeiten der mittelalterlichen Fehde, d.h. der Durchsetzung seines vermeintlichen oder tatsäch-lichen Rechtes mit gewaltsamen Mitteln, man immer aufder Hut vor feindlichen Überfällen sein muss. Am Endedes 13. Jahrhunderts hat sich Angermünde, wenn man dieSumme aus den erwähnten Einzelbestimmungen zieht,zur eigenständigen bürgerlichen Kommune entwickelt,mit eigener Rechtspersönlichkeit, die man am eigenenstädtischen Siegel erkennt: Mit der Besiegelung der vonihr ausgefertigten Urkunden verdeutlicht die Stadt, dasssie für die Einhaltung der von ihr erteilten Zusagen ein-steht. Die städtische Bürgerschaft hebt sich durch ihr Bür-gerrecht, das ihr vor allem persönliche Freiheit gewährt,von der dörflichen Bewohnerschaft des Umlandes ab. Sieregelt die städtischen Angelegenheiten durch ein eigenes,aus ihren Reihen hervorgehendes Organ, den Rat, undbestimmt zumindest mit seinen angesehensten Teilendessen Politik mit. Eine geistliche Gemeinschaft wie dasZisterzienserkloster Chorin wird in die Stadt eingefügt,indem man ihm nach Eigentumserwerb das Bürgerrechtzugesteht, aber die bürgerlichen Lasten werden ihr deut-lich erleichtert, oder sie wird gar gänzlich davon befreit.Angermünde mochte 1292 daran gelegen sein, dass dasKloster einen Wirtschaftshof in seinen Stadtmauern ein-richtete und von hier aus Handel mit den Abgaben seineruntertänigen Bauern trieb. Aber in anderen Zeiten mochtedie Stadt daran Anstoß nehmen, dass Geistliche in derStadt lebten und ihre Annehmlichkeiten genossen, ohneim Gegenzug für das bürgerliche Gemeinwesen die üb-lichen Leistungen erbringen zu müssen. So ist denn dieGeschichte vieler spätmittelalterlicher Städte erfüllt vonheftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Rat undder Geistlichkeit über deren geringere oder größere Be-freiung von den üblichen städtischen Pflichten. Insbeson-dere wehrten sich Pfarrer, Vikare, Kapläne, Mönche undsonstige Kleriker dagegen, in weltlichen Angelegenheitender städtischen Gerichtsbarkeit zu unterliegen und vordas Gericht der Laienwelt gezogen zu werden.

Eine mittelalterliche Urkunde beachtet bestimmte Formen,bemerkten wir. Dazu gehört auch, dass der Aufbau be-stimmten Regeln folgt, dass verschiedenartige inhaltlicheElemente aufeinander folgen. Angermündes Urkunde von1292 beginnt in der Tradition der mittelalterlichen Königs-

urkunde, die zuerst das Gliederungsschema ausgebildethat, mit der „Invocatio“, der Anrufung Gottes: In nomine�omini amen �� „im Namen des Herrn amen“. Es schließtsich in der sog. Arenga eine allgemeine, nahezu redens-artliche Weisheit an, mit der die Notwendigkeit der Urkun-denausstellung aus tiefster Lebenserfahrung heraus be-gründet wird: „Sowie die Zeit niemals feststeht, sonderndahinfließt, so fließen und verfließen auch mit dieser Zeitdie Handlungen. Damit daher die Wahrheit der Gerechtig-keit mit der dahingleitenden Zeit nicht hinschwindet, mussdurch das Zeugnis der Schrift verewigt werden, was jetztvollführt wird“. Nachdem sich der Aussteller in der Intitula-tio mit der Nennung seines Namens und seines Amtes, inunserem Falle nur des Amtes der Ratmannen, eingeführthat, leitet er mit der Publicatio, einer Verkündigungsformel– „wir, die Ratmannen der Stadt Neu-Angermünde, erken-nen und bekunden durch die vorliegende Schrift, dass ...“– zur Narratio über, der Erzählung der Vorgeschichte, dieder Urkundenausfertigung vorausgegangen ist, hier alsozum Hinweis auf den Ankauf der Angermünde Erbgüterdurch das Choriner Kloster. Dann folgt das eigentlicheHerzstück der Urkunde in der sog. Dispositio, in derrechtlichen Verfügung: Der Rat gewährt dem Kloster fürseine Eigengüter in der Stadt die von uns besprochenenVergünstigungen. Am Ende der Urkunde stehen die Sie-gelankündigung des Ausstellers, die Zeugenreihe und derAusstellungszeitpunkt der Urkunde. Der bürgerliche Ratvon Angermünde beherrschte, wie das Beispiel lehrt, diehohe Kunst der Schriftlichkeit und der formvollendetenschriftlichen Fixierung von Rechtsgeschäften, die zuvorjahrhundertelang fast ausschließlich auf die Geistlichkeit,auf die Mönche in den Klöstern und die Domherren in denDomkapiteln, beschränkt geblieben war. Oder müssenwir vielleicht vermuten, dass die Urkunde nach vorherigermündlicher Absprache zwischen den Beteiligten von denEmpfängern, den schriftkundigen Choriner Mönchen, aus-gefertigt worden ist? Gerade im 12. und 13. Jahrhundertsind zahlreiche Urkunden, die ein Laie, ein Fürst oder einAdliger, ausgestellt hat, tatsächlich von dem empfangen-den Geistlichen niedergeschrieben worden, weil er die er-forderlichen paläographischen und juristischen Kenntnis-se mitbrachte. Wir können die Frage für die Urkunde von1292 hier nicht beantworten, halten jedoch nachdrücklichdie allgemeine Entwicklung fest, dass sich die Schriftlich-keit während des hohen Mittelalters in der Laienwelt amfrühesten und schnellsten unter den führenden Vertreterder damals neuentstehenden Kommunen ausbreitete.Die Stadt brachte mit ihrer Bürgerschaft und deren Be-tätigung auf den Gebieten von Handel und Gewerbe eineganz neue soziale und rechtliche Schicht in der abend-ländischen Geschichte hervor. Das Schicksal Mittel- und

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Westeuropas sollte seitdem vom Bürgertum und seinenStärken und Schwächen maßgeblich abhängen.

Angermünde war, so stellten wir fest, dem Landesherrnunmittelbar unterstellt. Wer die Landesherrschaft überdie Stadt ausübte, war aber etwa 1 ½ Jahrhunderte langumstritten. Denn nachdem die einheimische Dynastie derAskanier mit dem Tode ihres letzten männlichen Vertreters1320 erloschen war, setzten langandauernde, zeitweiseruhende und immer wieder aufflammende Kämpfe um dieHerrschaft über die gesamte Mark wie über einzelne ihrerTeile ein. Zwischen den jeweiligen Markgrafen von Bran-denburg und den Herzögen von Pommern wurde der Streitum die Zugehörigkeit der Uckermark, einzelner Teile undeinzelner Städte der Landschaft ausgetragen, und dabeigeriet Angermünde mehrfach unter pommersche Ober-hoheit, jahrzehntelang ab 1354. Nachdem der BurggrafFriedrich VI. von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern1415 vom deutschen König mit der Mark Brandenburg be-lehnt worden war, suchte er die unter seinen Vorgängernerlittenen brandenburgischen Verluste wett zu machen,und es gelang ihm, die Uckermark mit dem ZentrumPrenzlau 1420 wieder in seine Gewalt zu bekommen.Angermünde fiel ihm wenig später zu, wovon u.a. die vonMarkgraf Friedrich am 23. Juli 1423 zu Berlin ausgestellteUrkunde zeugt7. Friedrich berichtet darin, seine lieben Un-tertanen, die Bürgermeister, Ratmannen und gemeinenBürger und Einwohner seiner Stadt Neu-Angermündeseien vor ihm gekommen und hätten ihn gebeten, ihnenihre alten Freiheiten, Urkunden und Gewohnheiten, diesie von seinen Vorgängern, den rechten Markgrafen vonBrandenburg, erhalten hätten, von neuem zu bestätigen.In Anerkennung ihrer Bitte, ihres jüngsten Beistandes undaus besonderer Gnade, so fährt der Markgraf fort, bestä-tigt er ihnen wie gewünscht ihre überkommenen Freihei-ten, Urkunden und gute Gewohnheit und verspricht, siedabei ohne irgendwelche Abstriche oder Hindernisse zubelassen. Der Inhalt scheint nicht sehr erheblich zu sein,da er sich in einer bloßen Bestätigung der vorgefundenenRechte erschöpft. Aber ein solcher Eindruck trügt, dieUrkunde ist von grundlegender verfassungsrechtlicherBedeutung, da auf ihr und einem dazugehörigen Rechts-akt das verbindliche Rechts- und Verfassungsverhältnis

7 BLHA�� Rep�� � Angermünde�� U 2�� �� Reg��� UrkundeninventarBLHA�� Rep�� � Angermünde�� U 2�� �� Reg��� Urkundeninventardes Brandenburgischen Landeshauptarchivs�� Kurmark��bearb�� v�� Friedrich Beck�� Tl�� II� Städtische Institutionen undadlige Herrschaften und Güter (Veröffentlichungen desBrandenburgischen Landeshauptarchivs�� Bd�� ��)�� Berlin2��2�� S�� �� Nr�� ������ �� �ruck� �arl Friedrich Ferdinand Lö�sener� �hronik der Kreisstadt Neu�Angermünde�� Schwedt������ S�� �2f�� (fehlerhaft)��

zwischen der Stadt und ihrer Bürgerschaft einerseits unddem markgräflichen Landes- und Stadtherrn andererseitsgegründet wird. Rat und Bürgerschaft leisten dem Mark-grafen die Erbhuldigung, sie sichern ihm dadurch Treueund Gehorsam zu. Im Gegenzug verspricht der Markgrafdie Bestätigung und Bekräftigung der althergebrachtenstädtischen Privilegien und Gewohnheiten. Beide Aktebedingen sich gegenseitig: Die Treue der Bürger gegen-über ihrem Markgrafen setzt ausdrücklich voraus, dass erdie von ihnen erworbenen Rechte und bestehenden Ge-wohnheiten vorbehaltlos anerkennt, in ihrer Gesamtheitunverbrüchlich bewahrt und nicht zu seinen Gunsten zuverringern trachtet. Das Herrschaftsverhältnis bekommtdadurch einen vertragsähnlichen Charakter. Solche Pri-vilegienbestätigungen wurden im 15., 16. und 17. Jahr-hundert für Angermünde etliche Male wiederholt, denn siewaren fällig, wenn ein neuer Herr die Regierung antrat.Die beschriebene Beurkundung von 1423 war durch denÜbergang von der pommerschen zur brandenburgischenHerrschaft ausgelöst worden, und nach deren endgültigerBefestigung wurden gleichartige Beurkundungen jeweilsden Angermündern bei einem Regierungswechsel ge-währt, üblicherweise, wenn der Sohn dem verstorbenenVater folgte.

Wir erwähnten die Gerichtsbarkeit in der Stadt Angermün-de, den Schultheißen, der im Auftrage des Markgrafen dieGerichtsgewalt ausübte. Das Stadtgericht hatte nicht nurdie Aufgabe, die Klagen und Konflikte der AngermünderBürger untereinander und Auswärtiger gegen Angermün-der Bürger zu behandeln und zu beurteilen, sondern warauch dafür verantwortlich, die Gesuche anderer Städte,ggf. außerhalb der Mark Brandenburg, um Rechtshilfezu behandeln und zu bescheiden. Einen solchen Fallbeschreibt unsere nächste Urkunde aus dem Jahr 15678.Aus ihr geht vor, dass eine Frau namens Trine Detmersaus ihrem Heimatort Anklam in Pommern �� sie war mitdem dortigen Bürger Lorenz Wegener verheiratet �� zurVermeidung einer drohenden Bestrafung geflohen und inAngermünde Zuflucht gesucht hatte. Auf Bitten Anklamshatten Bürgermeister, Rat und Gericht Angermündes dieAngeklagte zunächst ins Gefängnis geworfen und an-schließend nach Anklam ausgeliefert. In unserer Urkundebedankt sich Anklam für die wohlwollende Reaktion aufsein Rechtshilfeersuchen und sichert Angermünde offen-sichtlich auf dessen ausdrückliches Verlangen hin zu, derGefangenen Recht zuteil werden zu lassen und ihr kein

� BLHA�� Rep�� � Angermünde�� U ���� �� Reg��� Urkundeninven�BLHA�� Rep�� � Angermünde�� U ���� �� Reg��� Urkundeninven�tar Kurmark�� Tl�� II (wie Anm�� 7)�� S�� �2 Nr�� ������ �� Unge�druckt��

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Unrecht zuzufügen. Die vorsichtigen Angermünder lassensich zudem versprechen, dass Anklam die Haftung für dieAuslieferung übernimmt, d. h. wenn Angermünde vonirgendeinem Interessenten wegen seines Verhaltens be-langt werden wird, übernimmt es Anklam, die Verteidigunggegen eine solche Klage zu übernehmen und Angermün-de schadlos zu halten. Das Dokument enthält sein beson-deres Gewicht wegen der Vorwürfe, die zur Verfolgungder Frau geführt hatten: Die Justiz kümmerte sich um siewegen ihrer Zauberei, wegen zauberischer mißhandlung��wie es wörtlich in unserem Text heißt. Hinter dem Begriff„Zauberei“ verbirgt sich im 16. Jahrhundert die höchst ge-fährliche Anklage der Hexerei. Unser Vorgang fällt in eineZeit, in der die ursprünglich, im späteren 15. Jahrhundert,in Süddeutschland verbreitete Hexenverfolgung in derMark Brandenburg ihrem Höhepunkt zustrebte. Betrachtetman jedenfalls die Anfragen in Sachen Zauberei an denBrandenburger Schöppenstuhl zahlenmäßig, so setztensie überhaupt erst 1548 ein, erreichten dann schnell ihrenHöhepunkt in den 1570er Jahren mit 62 Anfragen undgingen danach langsam wieder zurück, bis sie in der Mit-te des 17. Jahrhunderts nahezu vollständig versiegten9.Leider liefert unsere Urkunde keine genauere Beschrei-bung der Art und Weise der Trine Detmers vorgeworfenenZauberei, ob es sich etwa um Wahrsagung, um Schädi-gung anderer Bürger durch Verderb des Bieres in TeufelsNamen oder gar um Schwerverbrechen wie Brandstiftungoder Mord handelte. Wir erfahren nur, dass sie nicht alleinstand, dass sie aus einer „mitschuldigen Gesellschaft“,wie formuliert wird, stammte. Aus dem Kreis dieser „be-rüchtigten Personen“ waren bereits einige verhaftet und inden Anklamer Kerker geworfen worden. Das von Anklamangestrebte Verhör der Trine Detmers sollte daher auchdazu dienen, durch persönliche Gegenüberstellung dieSchuldigen gründlich zu erforschen. Wenn Anklam aus-drücklich die gerechte Behandlung der Beschuldigten zu-sicherte, wird man darin nicht bloß eine folgenlose Floskelzu sehen brauchen. Denn viele gute dokumentierte Fälleaus dem späteren 16. und dem frühen 17. Jahrhundertaus der Uckermark belegen, dass die Gerichte auf ge-äußerten Verdacht hin durchaus vorsichtig vorgingen undzu näheren Prüfungen schritten, manche Anklagen fallenließen und den Verhafteten die Freiheit zurückgaben10. Sodarf man auch aus unserer Urkunde schließen, dass dieZauberei mit den üblichen gerichtlichen Verfahrensmit-teln untersucht und beurteilt wurde und allzu vorschnelleSchlussfolgerungen vermieden wurden, auch wenn nicht

� Vgl�� Enders�� Uckermark (wie Anm�� �)�� S�� 26�f��Vgl�� Enders�� Uckermark (wie Anm�� �)�� S�� 26�f���� Vgl�� die ausführlichen �arlegungen von Enders�� ebd���� S��Vgl�� die ausführlichen �arlegungen von Enders�� ebd���� S��

27�ff��

zu leugnen ist, dass hier Elemente einer Massenpsycho-se ins Spiel kamen und grausame und ungerechtfertigteStrafen herbeizuführen halfen.

Wenn man die verschiedenenAngermünder Urkunden des13. bis 16. Jahrhunderts studiert, wird einem sehr deutlichbewusst, dass das Leben der damaligen Stadtbürger undStadtbewohner sich zwar in einer politischen Ordnungvollzog, die durch die Zugehörigkeit zur Mark Branden-burg und zur Herrschaft des Markgrafen und durch dieEinsetzung und die Gewalt der städtischen Obrigkeit,des Rates, bestimmt war. Aber nicht allein die weltlichenKräfte prägten das Leben des einzelnen Menschen undgaben ihm Halt und innere Sicherheit. Das mittelalterlicheAngermünde wie überhaupt die mittelalterliche deutscheund europäische Welt ist undenkbar ohne das Wirkender Kirche und ohne den von ihr verkündeten christlichenGlauben. Unsere Urkunden zeugen auch davon, dass dieGeistlichkeit in der Stadt gegenwärtig war und dass dieBürgerschaft aktiv an geistlichen Handlungen teilnahm.

Wie kann man Gott Ehre erweisen? Für den mittelalter-lichen Christen gehörte der regelmäßige Gottesdienst-besuch zu den Pflichten, deren Wahrnehmung von ihmerwartet wurden, der aber nicht alle Gemeindemitgliederimmer nachkamen, wie wiederholte Aufforderung vongeistlichen und weltlichen Stellen bezeugen. BesondereVerdienste und damit eine zusätzliche Sicherung seinesewigen Seelenheils erhoffte sich der Gläubige dadurch zuerwerben, dass er aus eigenem Antrieb zusätzliche Got-tesdienste bzw. gottesdienstliche Handlungen anregte undfür ihre Durchführung sorgte. Die Urkunde des HerzogsSwantibor I. von Pommern-Stettin aus dem Jahr 140511 be-zieht sich auf die Menschen, die sich in der AngermünderStadtpfarrkirche an einem der Heiligen Maria geweihtenAltar regelmäßig sonnabends an Messegesängen beteili-gen – was so zu verstehen ist, dass sie diese Messe ge-stiftet und die zu ihrer Unterhaltung erforderlichen Mittelbereitgestellt haben. Der Herzog von Pommern, damalsStadtherr von Angermünde und als solcher zugleich Pa-tron, weltlicher Schutzherr der Stadtpfarrkirche, gewährteden eifrigen Messesängern das Lehnrecht am Marienal-tar: Sie durften fortan dafür, dass sie die Durchführungder Messe durch Entlohnung der beteiligten Geistlichenermöglichten, darüber entscheiden, welche Pfarrer oderVikare hier am Marienaltar diese Messe feierten und

�� BLHA�� Rep�� �� � Marienkirche Angermünde�� U ��� �� Reg���BLHA�� Rep�� �� � Marienkirche Angermünde�� U ��� �� Reg���Urkundeninventar Kurmark�� Tl�� I (wie Anm�� �)�� S�� ��� Nr�����2�� �� �ruck� Lösener�� �hronik (wieAnm�� 7)�� S�� ���� �� ��BI��� (wie Anm�� �)�� S�� ��� Nr�� 6��

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durch die Wahrnehmung dieser Aufgabe bzw. durch denGenuss einer solchen Pfründe ihren Lebensunterhalt si-cherten. Man erkennt die Verquickung des geistlichen An-triebes, der Stiftung von Geld und Gütern zur Vermehrungdes Gottesdienstes und damit zu einem verdienstlichen,Gott wohlgefälligen Werk, mit dem Problem der materiel-len Sicherung des einfachen Niederklerus.

Die Urkunde Swantibors ist bereits seit dem 19. Jahrhun-dert allgemein bekannt, sie ist damals gleich zweimal inihrem vollständigen Wortlaut veröffentlicht worden, vonCarl Friedrich Ferdinand Lösener, dem Verfasser einerumfangreichen Stadtgeschichte Angermündes aus demJahre 1845, und von Adolph Friedrich Riedel, der zwi-schen 1838 und 1869 in den 41 Bänden seines Codexdiplomaticus Brandenburgensis ca. 19.000 brandenburgi-sche Urkunden abgedruckt hat. Diese Riesenaufgabe hatRiedel freilich nicht allein bewältigen können, er war nebenseinem eigenen unermüdlichen Arbeitseinsatz auf Helferangewiesen, die die Urkunden in Archiven, Bibliothekenund Behörden ermittelten und für ihn abschrieben. DieQualität seiner Urkundeneditionen hing damit maßgeb-lich ab von den Kenntnissen, die die Bearbeiter von den

Schriften – und auch von der Sprache – der älteren Jahr-hunderte, vor allem des 13. bis 16. Jahrhunderts, hatten.Lösener und Riedel geben als Vorlage ihres Abdruckesder Swantibor-Urkunde das rathäusliche Original an, abersie selbst oder ihre Helfer scheinen in der Paläographiedes frühen 15. Jahrhunderts nicht sehr sattelfest gewesenzu sein. Lösener häuft in seinem Abdruck Lesefehler über

Lesefehler; dabei werden nicht nur einzelne Buchstabenfalsch wiedergegeben, sondern auch manche Worte odergar Satzteile so sehr verzerrt, dass der Sinn gestört wirdund nicht mehr zu erkennen ist. Riedel korrigiert einigevon Löseners Irrtümern, aber auch er entgeht nicht demMissgeschick, an einer durch einen Fleck verderbten Stel-le seine Phantasie allzu sehr eingesetzt zu haben, stattdie kleine Lücke aus dem Zusammenhang zu ergänzen.So heißt es bei ihm wie bei Lösener:... dat wy hebben vt goden gmut�� macht dysses bryues��vnsen liuen ghetruwen ������ [gegunnet] ������ also: dass wir ausgutem Gemüt kraft dieses Briefes unseren lieben Getreu-en ... gegönnt haben �� wobei das Verbum „gegönnt“ vonihm ergänzt worden ist. Schaut man aber genau hin undliest sorgfältig, kommt heraus:

Herzog Swantibor [I��] v�� [Pommern�] Stettin gewährt den Messesängern der Marienkirche das Lehnrecht am Marienaltar�� ���� �ezem�ber 7�� Angermünde(Rep�� �� � Marienkirche Angermünde U �)

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.... dat wy hebben [gegund] unde gunnen myt macht des�sis bryves unsin lyven ghetruwen �������� also: ... dass wir ge-gönnt haben und gönnen mit Macht dieses Briefes unse-ren lieben Getreuen ...– das gute Gemüt ist aus dem Textverschwunden. Wer sich nicht in die sehr unterschiedli-chen und von Jahrhundert zu Jahrhundert wechselndenSchriftzüge der zurückliegenden Zeiten vertieft und dieBuchstabenformen sich innerlich aneignet, der wird vorder ersten Aufgabe des Archivars und Historikers, der Le-sefertigkeit im Umgang mit Handschriften zurückliegenderJahrhunderte, versagen.

Kehren wir zu unserem Sachthema zurück, zur kirchlichenFrömmigkeit der Angermünder Bürgerschaft. Die Urkun-de von 1405 zeugt von der Marienverehrung in der Stadt,eine im späten Mittelalter in Brandenburg und darüberhinaus weit verbreitete Erscheinung, erhoffte man sichdoch gerade von der Mutter Gottes, der Mutter des Hei-landes Jesus Christus, dass ihre wirksamen Fürbitten dasewige Seelenheil der Gläubigen befördern würden. Dieruhmreiche Schöpferin Gottes, deren Schönheit Sonneund Mond bewundernd verehren, muss umso mehr vonden Menschen demütig angerufen und durch Lobeshym-nen erhoben werden, je mehr diese hoffen, dass ihnendurch die ihr dargebrachten Bitten und frommen Stimmengeholfen wird. So leitet Bischof Dietrich von Brandenburgunsere nächste Urkunde von 146712 ein, als sich Klerikerund gelehrte Bürger von Angermünde an ihn wandten undihn um tatkräftige Förderung ihrer geistlichen Bemühun-gen, nämlich ihrer zur Verkündigung Marien gesungenenMesse, ersuchten �� man erinnere sich an die Urkundevon 1405. Sie wünschten sich von ihrem zuständigenBischöfe geistliche, die Messe bereichernde Geschenke,damit das Volk, von ihnen angezogen, umso mehr zu ihrströme, wie sie bemerkten. Der Bischof ging auf ihr Ver-langen ein und gewährte allen Gläubigen, die zur Messekamen, ihr demütig bis zu ihrem Ende zuhörte, Wachs-kerzen anzündeten oder mit anderem Schmuck den Got-tesdienst unterstützten, einen Ablass von 40 Tagen. Wasbedeutet diese bischöfliche Gabe? Der Ablass beinhaltetden von der kirchlichen Autorität, von Papst oder Bischö-fen, gewährten Nachlass zeitlicher Sündenstrafen, aufErden und im Fegefeuer, gegen die Leistung besonde-rer geistlicher Bußwerke wie etwa Gebet an bestimmtenOrten, Teilnahme an bestimmten Gottesdiensten, Besuchgewisser Kirchen zu bestimmten Zeiten oder auch gegenmaterielle Zuwendungen an bestimmte Kirchen oder

�2 BLHA�� Rep�� �� � Marienkirche Angermünde�� U 2�� �� Reg���BLHA�� Rep�� �� � Marienkirche Angermünde�� U 2�� �� Reg���Urkundeninventar Kurmark�� Tl�� I (wie Anm�� �)�� S�� ��� Nr�������� � �ruck� ��B I��� (wie Anm�� �)�� S�� ���f�� Nr�� ����

sonstige geistliche Anstalten. Der Ablass wird Lebendendurch Erfüllung der jeweiligen Ablassbedingungen zuteil.Hauptbuße ist das Fasten. So bedeutet der bischöflicheAblass von 40 Tagen, wie unsere Urkunde ausdrücklichsagt, einen Strafnachlass, dem nach der altkirchlichenBußordnung eine Buß- bzw. Fastenzeit von 40 Tagen ent-sprochen hätte. Der Ablass soll die Angermünder Bürger,die Mitglieder der städtischen Pfarrgemeinde dazu bewe-gen, mit neuen Bekundungen ihres Glaubens, mit ihrerintensivierten Teilnahme an herausgehobenen MessenVorsorge für ihr Seelenheil zu tragen, also mit derartigenguten Werken ihr Vertrauen auf das Heil ihrer Seele imJenseits zu stärken. Die spätmittelalterliche Frömmigkeitlebt geradezu davon, dass die Gläubigen in immer neuenAnläufen dazu aufgefordert werden oder selbst danachstreben, sich durch die Leistung gottgefälliger Werke derGnade Gottes zu vergewissern – ohne jedoch dadurchletzte Gewissheit erreichen zu können. Die reformatori-sche Lehre Martin Luthers hat dann die Auffassung vonder vom Menschen selbst durch eigene Kraftanstrengungzu erlangende Gerechtigkeit vor Gott entschlossen bei-seite geräumt.

Unsere letzte hier zu behandelnde Urkunde aus demJahre 135413 beinhaltet ebenfalls einen Ablass von 40 Ta-gen in der geschilderten Art, aber sie zeigt uns nochmalsbeispielhaft durch ihren anderen Empfängerkreis, dassdas Leben der Angermünder Bürgerschaft im 14. und 15.Jahrhundert davon geleitet war, mit frommen Werken dasElend der Welt wenigstens einzudämmern und erträgli-cher zu gestalten. Die vom Vertreter des brandenburgerBischofs ausgestellte Urkunde richtet sich an die Wohltä-ter und Unterstützer der Elendenbruderschaft in der StadtAngermünde. Elendenbruderschaften oder Elendengildenvereinten Personen verschiedenen Standes, Kleriker wieLaien, Adlige wie Bürgerliche, die sich um das Schicksalder „Elenden“ kümmerten; dazu wurden zunächst Frem-de, Nicht-Heimische, Umherirrende und Pilger gezählt,darüber hinaus auch Gebrechliche und Behinderte, über-haupt „personae miserabiles“ wie Witwen, Waisen undKinder. Je nach ihrer materiellen Ausstattung gaben dieBruderschaften den Elenden Herberge, Kost und Klei-dung. Aber �� bezeichnend für das eigentlich geistliche Zielihrer Fürsorge �� ihre Hauptaufgabe lag in der Sorge umdas christliche Begräbnis, mit ihrem eigenen Einsatz undeigener Beteiligung gewährleisteten sie den Elenden eine

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würdige Bestattung14. So bietet unsere Urkunde Ablass alldenjenigen an, die dem Priester folgen, wenn die Leichezur Kirche oder zum Grab getragen wird, oder die selbstdie Leiche tragen, die sich daran beteiligen, Messen oderVigilien für die Elenden zu feiern, die dabei Opfergabenreichen oder fromme Gebete gen Himmel schicken. DieElenderbruderschaften übernahmen also, wie hierausteilweise ersichtlich wird, die Totenwache, die Begräbnis-kosten und die Seelmessen bzw. Totenmessen am eigensgestifteten Elendsaltar. Auch in all diesen Fällen geht esdarum, wie es in der Arenga unserer Urkunde heißt, alleChristgläubigen zu frommen Werken anzuregen, damitihnen dafür umso bereitwilliger die göttliche Gnade zu-rückgegeben wird.Nur eine kleine Auswahl von archivalischen Zeugnissenkonnte hier ein wenig ausführlicher vorgestellt werden,aber deren Darbietung hat hoffentlich dem Leser dreiDinge etwas näher bringen können: zum ersten die Ar-beitsweise des Archivars und Historikers im Umgang mitseinen aus der Vergangenheit überkommenden schrift-lichen Zeugnissen, zum zweiten die Urkunden und ihreEigenarten, in ihrer äußerer Gestaltung und in ihrem inne-ren Aufbau, die uns am meisten von den mittelalterlichenVerhältnissen der Mark Brandenburg und der Uckermarkverraten, zum dritten die politische ebenso wie die kirchli-che Ordnung, in deren Rahmen sich das Leben der Bürgerder Stadt Angermünde seit dem 13. Jahrhundert vollzog.Die Welt, die in diesen Dokumenten aufscheint, ist in vie-

�� B[ernd]�U[lrich] Hergemöller�� Art�� Elendenbruderschaften��B[ernd]�U[lrich] Hergemöller�� Art�� Elendenbruderschaften��in� Le�ikon des Mittelalters�� Bd�� III�� München�� Zürich ���6��Sp�� ������

len ihrer bestimmenden Elemente längst untergegangen,aber eines besteht vom 13. Jahrhundert, von dem unsereBetrachtung ausgegangen ist, bis auf den heutigen Tag:die Stadt Angermünde und ihre Bürgerschaft. Die Stadtals eine neue soziale Gemeinschaftsform mit ihr eigen-tümlichen Verfassungselementen hat sich in der MarkBrandenburg im wesentlichen im 13. Jahrhundert verbrei-tet, Angermünde gehört der damaligen entscheidendenStadtgründungswelle unter den Markgrafen Johann I. undOtto III. an. Wie diese bürgerliche Gemeinschaft sich imLaufe der nachfolgenden Epochen entwickelt und dauer-haft behauptet hat, das aus den archivalischen Dokumen-ten herauszulesen ist eine reizvolle Herausforderung fürden Archivar und Historiker.

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Stadtarchiv und Stadtjubiläum:Angermünde

Von Margret Sperling

Das Stadtarchiv Angermünde ist mit seinen bedeutendenBeständen wie Stadtbüchern, Stadtplänen, Magistratsak-ten, Bauakten, Zeitungsbänden und Literatur aus siebenJahrhunderten ein steter Anlaufpunkt für geschichtsinter-essierte Bürgerinnen und Bürger. Historiker, Geschichts-wissenschaftler, Verwaltungsangestellte, Ortschronisten,Studenten und Schüler bearbeiten unterschiedlichsteThemenfelder und hoffen, im Archiv Unterlagen zu fin-den.

Die Geschichte des Stadtarchivs Angermünde geht bis indie Zeit des 30-jährigen Krieges zurück. Damals wurdebeim Wiederaufbau des stark zerstörten Rathauses ne-ben dem Ratssitzungszimmer auch eine Registrierkam-mer für die anfallenden Akten eingerichtet. Zwei großeStadtbrände 1705 und 1731 vernichteten einen Großteildes Archivgutes. Das Rathaus blieb zwar so gut wie ver-schont vor Brandschäden, nicht aber das Schriftgut. DieRatsherren nahmen „ihre“ Akten mit nach Haus, um sievor Dieben zu schützen. Leider machte das Feuer voreinigen Häusern der Ratsherren nicht halt, Lücken in derhistorischen Überlieferung sind die Folgen.

Aus dem 19. Jahrhundert ist eine Akte belegt, die überdie Neuordnung der Registratur des Magistrats unsererStadt unter dem Titel „ Einrichtung der hiesigen Registra-tur“ (1865–1882) berichtet. Vermutlich war das Schriftgutdamals noch in der Registrierkammer mit Zugang zumBürgermeisterzimmer untergebracht. Während des Zwei-ten Weltkrieges gelangte es dann auf den Dachboden desRathauses, wo es bis 1972 verblieb. Zeitzeugen erinnernsich, dass der erste Bürgermeister Karl Voigt nach demKriegsende das auf dem Boden lagernde Archivgut in dennahe gelegenen Mündesee werfen wollte. Der damalsamtierende Polizeichef Karl Schönfeld hörte davon undließ – gerade noch rechtzeitig – das unsinnige Unterneh-men abbrechen. Durch diese Rettungsmaßnahme gingdas Archivgut der Stadt Angermünde nicht verloren. DerRetter wurde dann der spätere Bürgermeister der StadtAngermünde. Er übernahm das Amt am 5. November1946.

Im Jahre 1972 wurde im Gebäude der ehemaligen Bäcke-rei Wiesner in der Berliner Straße 42 ein Stadtarchiv ein-gerichtet. Initiator war Dietrich Kukla, langjähriger Leiterfür Kulturarbeit des Rates der Stadt Angermünde, danach

Archivar und Heimatforscher. Die Bedingungen in die-sen Räumlichkeiten waren von Anfang an sehr schlecht.Unter der ständigen hohen Luftfeuchtigkeit von ca. 80 %und dem von den Wänden blätternden Putz litt in ganzbesonderem Maße das wertvolle Archivgut. So wurde einUmzug dringend notwendig. Im September 1995 war esendlich soweit. Das Stadtarchiv bezog das Gebäude inder Schwedter Straße 14, das bereits eine militärischeNutzung als Stabsgebäude hinter sich hatte und zurzeitdes Umzugs den Kindergarten „Haus der kleinen Zwer-ge“ beherbergte. Im Keller des Hauses konnten dann mitFreude die neuen Archivräume bezogen werden. Sie bo-ten im Vergleich zu den alten mehr Platz und damit auchgünstigere Arbeitsbedingungen. In diesen Räumen bliebdas Stadtarchiv, bis das Gebäude wegen Verkaufs imSeptember 2004 geräumt werden musste. Wieder standein Umzug an, der in kürzester Zeit zu bewältigen war.Seit Dezember 2004 befindet sich das Stadtarchiv imKeller des Gebäudes der ehemaligen Grundschule I, imso genannten „Stadthaus“ der Stadt Angermünde, in derSeestraße 28. Die räumlichen und klimatischen Bedin-gungen haben sich im Vergleich zum vorherigen Standortin der Schwedter Straße 14 bedeutend verbessert. Auf200 Quadratmetern Stellfläche lagern nun in drei Archiv-räumen 1.200 lfm Archivgut, das von den zahlreichenArchivbenutzern ausgewertet wird.

Zu den BeständenDer kleine Urkundenbestand (22 Urkunden) gelangte1961 durch einen Depositalvertrag zur sicheren und sach-gerechten Aufbewahrung an das damalige LandesarchivBrandenburg (heute BLHA). Das Stadtarchiv Angermündebesitzt von den Urkunden Fotokopien und ein Findbuchmit Vollregesten der Urkunden.Ein häufig von den Benutzern nachgefragter Bestandsind die Rats- und Verwaltungsakten des Magistrats derStadt Angermünde. Zu den 40 ältesten Akten aus dem16. und 17. Jahrhundert gehört ein handgeschriebenesBürgerbuch der Stadt Angermünde (1575–1631), in wel-chem Bürger eintragen sind, die in dieser Zeit das Bür-gerrecht erwarben. Ein weiteres Angermünder Stadtbuch(1551–1723) enthält Verträge mit der Stadt und vor derStadt abgelegte Urfehden nach verbüßten Strafen wieGefängnis, Pranger, Schandpfahl usw.

Aus dem 18. Jahrhundert hat das Stadtarchiv rund 370Akten in seinem Bestand. Ein wertvolles Dokument ausdieser Zeit ist Johann Christoph Beckmanns Beschrei-bung der „Stat Neu Angermünde“ in den Jahren 1637–1760. Diese wurde von seinem Enkel Bernhard LudwigBeckmann 1755 fortgesetzt.

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Vom Landvermesser Christoph Wankenheim stammt ein1724 erarbeitetes Kataster der Stadt, das alle öffentlichenGebäude und Wohngrundstücke – eingeteilt in Brau-,Bürger- und Budenstellen – u. a. mit Flächen und Be-sitzernamen aufführt. Die Nummerierung der Häuser isthier straßenunabhängig fortlaufend durch den ganzenStadtkern vorgenommen worden. Parallel ist dazu auchein Stadtplan vorhanden.

Des Weiteren kann man aus dieser Zeit Akten des Magi-strats über jüdische Bürger und deren Angelegenheitenim Stadtarchiv einsehen, darunter „Seelenlisten“, die überGeburten, Tod, Berufe und Namen ehemaliger jüdischerBürger Angermündes Auskunft geben.Aus dem 19. Jahrhundert befinden sich etwa 800 Bän-de im Bestand des Stadtarchivs. Diese Akten gebenAuskunft über Neueinrichtungen und Einweihungen vonöffentlichen Gebäuden wie z. B. dem Kreisgericht Anger-münde, dem Angermünder Krankenhaus oder über dieEisenbahnlinie Angermünde-Stettin 1843. Darüber hin-aus berichten die Akten auch über die Städtischen Werke:Gaswerk, Wasserwerk und Schlachthof. Auch Schriftgutüber den Straßen- und Schulbau sowie über die Anlegungdes Städtischen Friedhofs sind für viele Benutzer von In-teresse. Auch Akten über Vereine, z. B. den Verschöne-rungsverein – Vorgänger des späteren Heimatvereins –,über die freiwillige Feuerwehr sowie zu „Kirchen-, Polizei-,Brunnen- oder Mühlenangelegenheiten“ sind im Fundusdes Archivs zu entdecken und gelangen zunehmend indie Benutzung, berichten sie doch über die Entwicklungunserer Stadt in den vergangenen Jahrhunderten.Ein besonders wertvoller Bestand für Architekten undStädteplaner sind die Bauakten, die etwa ab 1850 über-liefert sind. Doch auch für Stadthistoriker, Heimatforscherund Hauseigentümer sind sie eine besonders wertvolleQuelle, geben sie neben der Baugeschichte auch häufigAuskünfte über gelebtes Leben in den Häusern.Aus dem 20. Jahrhundert sind u. a. Unterlagen über dieEinrichtung einer Koch- und Handelsschule (1932) undeiner Landwirtschaftsschule in Angermünde (1935) über-liefert. Des Weiteren sind u. a. Verwaltungsberichte derKreissparkasse Angermünde (1932) und der Stadt Anger-münde (1945) einzusehen.

Die Karten- und Plansammlung der Stadt Angermündeund Umgebung (1724–1936) enthält weitere Schätze.Hier ist besonders der Stadtplan des Reg.-FeldmesserSchubert zu nennen. Er kopierte 1851 den Spezialplander Immediat-Stadt Neu-Angermünde, der 1724 durchden Kartenzeichner Christoph Dietrich von Wankenheimangefertigt worden war. Auf diesem Plan sind alle Häu-

ser der Stadt Angermünde durchgängig nummeriert. EinStadtplan von 1870, angefertigt durch den FeldmesserGraeber, zeigt im Vergleich beider Pläne Veränderungenwie z. B. die Stadterweiterung über die Stadtmauer hin-aus, die straßenweise Nummerierung der Häuser sowiedie Umbenennung von Straßen. Außerdem sind neue Ge-bäude wie z. B. der Angermünder Bahnhof, angelegt imZuge des Baus der Berlin-Stettiner Eisenbahn ab 1843,eingezeichnet.Eine Sammlung von Zeitzeugenberichten, welche mitAngermünder Bürgern über das Ende des Zweiten Welt-krieges in und um Angermünde verfasst wurde, liegt fürSchüler, Lehrer und andere Archivbesucher zur Einsichtbereit. Die ihnen zugrunde liegenden Gespräche wurdenzum Teil im Stadtarchiv geführt und anschließend mit demEinverständnis der befragten Personen für die Archivbe-nutzung bearbeitet.

Auch unsere Zeitungssammlung – „Angermünder Anzei-ger“, „Angermünder Kreisblatt“, „Angermünder Zeitung u.Kreisblatt“ und „Angermünder Tageblatt“ (1848 bis 1944)– ist sehr gefragt in der BenutzungDie erste Ausgabe des „Angermünder Anzeigers zurBelehrung und Unterhaltung“ erschien am 1. September1847 in der Buchdruckerei Carl G. Windolff in der BerlinerStraße 57 in Angermünde. Leider befindet sich dieser er-ste Band des „Angermünder Anzeigers“ nicht im Bestand.Unsere Überlieferung beginnt mit dem ersten Exemplardes zweiten Jahrgangs am 1. Januar 1848. Dieser Zei-tungsbestand konnte durch Ergänzung fehlender Jahr-gänge aus der Staatsbibliothek zu Berlin im Rahmeneines Mikroverfilmungs-Projekts mit der Deutschen For-schungsgemeinschaft vervollständigt werden. Eine Kopiedieser Zeitungsverfilmung ist auch in der Staatsbibliothekzu Berlin einzusehen. Nun stehen dem Benutzer – bisauf wenige Lücken – alle Bände der Angermünder Zei-tungen als Filmkopie in beiden Einrichtungen zur Einsichtzur Verfügung. Der Zeitungsbestand nach 1945 bestehtaus der „Märkischen Volksstimme“ (1950–1953), dem„Neuen Tag“ (1953, 1958–1993) und der „MärkischenOderzeitung“ (1993), die als gebundene Zeitungsbändeeinzusehen sind.

Nicht zu vergessen ist das Fotoarchiv. Es setzt sich vor-wiegend aus Sammlungen und Schenkungen von Privat-personen zusammen und umfasst etwa 3.000 Fotos undPostkarten.

Die Präsenzbibliothek des Stadtarchivs Angermündeumfasst 1.600 Bände. Häufig gefragt ist die „HistorischeBeschreibung der Chur und Mark Brandenburg“ in zwei

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Bänden von Johann Christoph Bekmann, 1751 und 1753ergänzt und herausgegeben von seinem Enkel BernhardLudwig Bekmann.Auch die Heimatkalender ab 1926, herausgegeben vomVerein für Heimatkunde, sind für die Benutzer eine wahre„Geschichtsfundgrube“. Die Angermünder Chroniken derLehrer Carl Friedrich Ferdinand Lösener (1846) sowieGeorg Ferdinand Franz Ihlenfeldt (1893) und des Regie-rungsbaumeisters Dr. Walther Schleyer (1935) werdenebenfalls häufig nachgefragt. Vom Verein für Heimatkun-de Angermünde wurde die Chronik von 1893 vor einigerZeit neu herausgegeben. Besonders interessant ist dievon Peter von Gebhardt 1931 veranstaltete Edition desBürgerbuches der Stadt Angermünde, das u. a. Bürger-aufnahmen aus den Jahren 1568–1765 enthält. Darüberhinaus finden sich darin auch Zustandsberichte übereinzelne Bauwerke der Stadt. Z. B. wird in einem Berichtvom 15. Mai 1652 über den Zustand der Stadtmauerfestgestellt, dass von dieser in Höhe der „curf. Burgk einStücke von 52 ellen langk in den Graben gefallen, und istan mehren Orten, weil nichts daran gebessert, dieselbezum Einfall geneiget und etwas gewichen.“Eine umfangreiche Gesetzsammlung von 273 Bändenaus dem 18. bis 20. Jahrhundert ergänzt die Archivbe-stände. Die Sammlung enthält u. a. die Gesetze undVerordnungen der königlichen preußischen Staatenvon 1700–1801, die Gesetz-Sammlung für die königlichpreußischen Staaten von 1806–1914, die preußische Ge-setzsammlung von 1912–1939 und die Gesetzblätter derDDR von 1949–1990.

Ediktesammlung aus dem ���� Jh��

Das Zwischenarchiv umfasst das Verwaltungsschriftgutder einzelnen Ämter der Stadtverwaltung Angermünde.Vor kurzem kamen 20 lfm Schriftgut des ehemaligenAmtes Angermünde-Land hinzu, das bis 2010 und längeraufbewahrt werden muss. Sammelakten des Angermün-der Standesamtes, welche für die Benutzer nicht einseh-

bar sind, werden ebenfalls im Stadtarchiv aufbewahrt undfür die Mitarbeiter der Stadtverwaltung zur Benutzung zurVerfügung gestellt.

Im Rahmen der Bestandserhaltung wird das Stadtarchivseine im Jahr 2007 begonnene Verfilmung der Zeitungs-bände aus den 50er und 60er Jahren des vergangenenJahrhunderts – insgesamt wurden bisher zwei lfm verfilmt– kontinuierlich fortsetzen. Auch für die weitere Digitalisie-rung der Fotosammlung – im vergangenen Jahr wurden700 Fotos digitalisiert – werden die nächsten Vorberei-tungen getroffen. So bleiben wertvolle Dokumente für dieNachwelt erhalten und die Bestände werden geschont,indem der Archivbenutzer anstelle des Originals eineKopie zur Benutzung vorgelegt bekommt. Über ein Mikro-filmlesegerät kann er sich auch sofort Kopien ziehen. Imvergangenen Jahr konnten auch einige historische Buch-bestände durch Restaurierungsarbeiten vor einem weite-ren Zerfall bewahrt werden. Neue Einbindungen erlaubennun auch wieder eine Benutzung der vorher gesperrtenBücher.

Büro mit Leseplätzen für die Benutzer

Unser Stadtarchiv zählte im Jahr 2007 rund 300 Archiv-benutzungen. Vor allem kamen Ortschronisten der umlie-genden Orte Kerkow, Greiffenberg, Felchow, Wendemark,Zuchenberg, Schmargendorf, Felchow, Dobberzin u. a. indas Archiv. Sie recherchierten zum größten Teil in denAngermünder Zeitungsbeständen. Neben Schülern desAngermünder Einstein-Gymnasiums und der Ehm-Welk-Gesamtschule, die im Archiv für einen im Geschichts-Un-terricht zu haltenden Vortrag über den Zweiten Weltkriegin Angermünde recherchierten, fand auch eine Hort-gruppe der Gustav-Bruhn-Grundschule den Weg in dasStadtarchiv, sie suchte Dokumente für das Jubiläum desStrandbades am Wolletzsee. Das Ergebnis der Spuren-suche wurde in einer kleinen Ausstellung im Foyer desRathauses festgehalten und zog viele Besucher – auch

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Touristen – an, die sich mit großem Interesse über einbeliebtes Ausflugsziel so auf originelle Art informieren lie-ßen. In der Märkischen Oderzeitung wurde das Projektder Kinder in einem Bericht besonders gewürdigt.Im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit beteiligte sich dasArchiv in den vergangenen Jahren auch am bundeswei-ten „Tag der Archive“. Im vergangenen Jahr informierteeine kleine Ausstellung die Besucher „Rund um’s Papier“.Eingeschlossen war eine Führung durch das Archiv,hierbei wurden die Gäste sensibilisiert für die Bedeutungbestandserhaltener Maßnahmen in der täglichen Praxisunserer Arbeit. Auch in diesem Jahr lädt das Archiv zum„Tag der Archive“ ein, diesmal werden Dokumente zumThema „Heimat und Fremde“ gezeigt.

Ausstellung im Eingangsbereich des Stadtarchivs

In diesem Jahr feiert Angermünde sein 775-jähriges Ju-biläum. In drei kleineren eigenen Ausstellungen möchtedas Stadtarchiv auf seine Bestände aufmerksam machenund Besucher anlocken. Vom 01. Februar 2008 bis 01.März 2008 zogen bereits „Älteste Dokumente der StadtAngermünde“ geschichtsinteressierte Bürgerinnen undBürger in das Rathaus. Zum Tag der Eröffnung der Fak-simile-Ausstellung am 01. Februar waren einige Originalein Augenschein zu nehmen, die das BrandenburgischeLandeshauptarchiv, das die Urkunden als Depositum derStadt Angermünde verwahrt, zur Verfügung stellte und dieim Mittelpunkt der Begleitveranstaltung standen. Dr. KlausNeitmann, Direktor des Brandenburgischen Landeshaupt-archivs, ging in seinem Vortrag auf die in den Urkundenfür die Nachwelt festgehaltenen rechtserheblichen Inhalteein. Mit großer Aufmerksamkeit nahmen die ca. 75 Gästedie Interpretation der Inhalte und ihre Bedeutung für dieStadtgeschichte bis in die Gegenwart auf. „Wie im Mittel-alter so ist die Stadt auch in der Gegenwart auf die Steu-erabgaben ihrer Bürger angewiesen“, bemerkte die stellv.Bürgermeisterin, Margitta Behm, in ihren Dankeswortenunter dem Schmunzeln des Publikums. Eine gemeinsa-

me Ausstellung mit dem Ehm-Welk-Heimatmuseum zeigtfotografische schwarz-weiß Impressionen aus der Anger-münder Stadtgeschichte. Aus Anlass des 750-jährigenStadtjubiläums überreichte der Angermünder Bürger GertSettekorn, ehemaliger Lehrer und Schuldirektor, der Stadtseine Fotosammlung. „Zeugnisse aus fünf JahrhundertenStadtgeschichte“ werden ab April im Foyer des Rathauseszu sehen sein und stadtgeschichtliche Ereignisse schlag-lichtartig vorstellen. Eine Postkarten-Ausstellung wird imSeptember 2008 folgen und Schätze aus dem Magazindes Stadtarchivs sowie des Ehm-Welk-Heimatmuseumsvorstellen.

Stadtarchiv AngermündeSeestraße 2816278 AngermündeTel.: 03331-33191E-Mail: [email protected]

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Das Uckermärkische Archivvon Hans Wendt –Eine genealogische Findbuchpublikation des Bran-denburgischen Landeshauptarchivs

Von Werner Heegewaldt

Der Kreis genealogisch interessierter Archivbenutzerwächst seit Jahren kontinuierlich. Eine Entwicklung, diesich archivintern sowohl an der Zahl der schriftlichen An-fragen als auch der Direktbenutzungen ablesen lässt. Einsehr viel eindrucksvollerer Beleg für diesen „Wachstums-markt“ ist jedoch das weitgefächerte Angebot im Internet,unter dessen Nutzergruppen die Familienforscher längstzur Führungsspitze gehören. Für die Archive resultie-ren aus dieser Entwicklung verschiedene Forderungen.Zum einen müssen die oft nur wenig mit der Institutionvertrauten Genealogen stärker an das Archiv herange-führt werden, um ihre Schwellenängste abzubauen, diearchivische Arbeitsweise kennen zu lernen und sich derMöglichkeiten und Grenzen ihres Forschungsvorhabensbewusst zu werden. Zu diesem Zweck hat das Landes-hauptarchiv in den vergangenen Jahren gemeinsammit familien- und landesgeschichtlichen Vereinen undGesellschaften Führungen, Informations- und Weiter-bildungsveranstaltungen durchgeführt. Die Ziele warendabei ganz unterschiedlicher Natur. Sie reichten voneinem ersten Kennenlernen über das Vorstellen einzelnerQuellengruppen und die Erläuterung von Recherchemög-lichkeiten bis hin zur Einführung in die Techniken wissen-schaftlichen Arbeitens. Die Resonanz der Beteiligten wardurchaus positiv, zeigte aber auch, dass eine kontinuier-liche Fortführung notwendig ist und diese einen nicht zuunterschätzenden Arbeitsaufwand bedeutet.

Hans Wendt (����������)

Eine andere wichtige Forderung betrifft die Aufbereitungbesonders relevanter Archivbestände. Wenngleich derin Genealogenkreisen immer wieder geäußerte Wunschnach einem entsprechenden Spezialinventar familienge-schichtlicher Quellen verständlich ist, wird er aufgrund im-mer knapper werdender Personalressourcen im Branden-burgischen Landeshauptarchiv mittelfristig wohl kaum zurealisieren sein. Erfolgversprechender erscheinen dagegengezielte Erschließungsmaßnahmen für einzelne Überlie-ferungen oder Quellengruppen. Zwei Beispiele dafür sinddie im letzten Jahr fertiggestellten Findbücher für die bran-denburgischen Kirchenbuchduplikate1 und das „Ucker-märkische Archiv“ von Hans Wendt2. Sie sind ausgewähltworden, weil die darin enthaltenen Quellen vorrangig fürfamiliengeschichtliche Recherchen in Betracht kommenund im Falle der Kirchenbuchduplikate bereits seit Jahreneine hohe Benutzerzahl aufweisen. Darüber hinaus ist dasFindbuch zum letztgenannten Bestand das Ergebnis einererfolgreichen Zusammenarbeit mit einem genealogischenVerein, in dessen Schriftenreihe die Publikation adressa-tengerecht und für das Archiv kostenlos erfolgen konnte. Essoll daher hier ausführlicher vorgestellt werden.

Hinter dem Namen Uckermärkisches Archiv verbirgt sicheine umfangreiche Sammlung von orts- und familienge-schichtlichen Unterlagen, die der Genealoge Hans Wendt(1915–1988) in jahrzehntelanger Arbeit zusammengetra-gen hat. Die selbstgewählte Bestandsbezeichnung ver-deutlicht, dass sein Hauptinteresse der uckermärkischenHeimat galt, jener Landschaft im Norden Brandenburgs,die an Mecklenburg und Pommern grenzt und in ihremUmfang weitgehend mit den 1816–1950 bestehendenLandkreisen Angermünde, Prenzlau und Templin, abernur noch teilweise mit dem heutigen Landkreis Ucker-mark übereinstimmt. Darüber hinaus findet sich in seinerSammlung auch Material über andere brandenburgischeLandesteile und über die Grenzregion zu Pommern, die inenger Verbindung zur Uckermark stand, insbesondere dieGebiete diesseits der Oder, die vor 1945 zum pommer-schen Kreis Randow gehörten. Das Spektrum der Samm-lung ist reichhaltig. Neben gedruckter und ungedruckterLiteratur zur Orts- und Landesgeschichte finden sich ge-

� Falko Neininger� �ie brandenburgischen Kirchenbuchdu�Falko Neininger� �ie brandenburgischen Kirchenbuchdu�plikate �7������7� (= Quellen�� Findbücher und Inventaredes Brandenburgischen Landeshauptarchivs�� Bd�� 2�)��Erscheint voraussichtlich im April 2��� bei Peter Lang��Frankfurt am Main��

2 Werner Heegewaldt� �as Uckermärkische Archiv von HansWerner Heegewaldt� �as Uckermärkische Archiv von HansWendt�� Ein Findbuch zum Nachlass Wendt im Brandenbur�gischen Landeshauptarchiv (= Schriftenreihe der StiftungStoye�� Band ��)�� Marburg an der Lahn 2��7��

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nealogische Ausarbeitungen in ganz unterschiedlicherForm (Ahnenlisten, Stammfolgen, Familiengeschichten,Personen- und Ortskarteien), vor allem aber Kopien undAuswertungen uckermärkischer Kirchenbücher. Vielesliegt zwar nur in Abschrift oder Ablichtung vor, eine ähn-liche Geschlossenheit und Dichte an Material zur Ucker-mark-Genealogie dürfte an anderer Stelle aber wohl kaumzu finden sein und ist daher für Forschungen in diesemBereich ein unverzichtbares Hilfsmittel. Zu den ältestenund wertvollsten Stücken gehören sicherlich die Matrikeldes Prenzlauer Gymnasiums von 1779–1847 und ein„Stammbuch der Quartaner“ dieser Schule von 1831–1859.3 Der Bestand gelangte nach dem Tode Wendtsim Jahre 2000 als Depositum seiner Erben in das Bran-denburgische Landeshauptarchiv in Potsdam und stehthier als Rep. 16 Nachlass Wendt für die Benutzung zurVerfügung. Bevor der Inhalt näher erläutert wird, einigeWorte über den Nachlasser und die Entstehung seinesUckermärkischen Archives.

Matrikel des Gymnasiums Prenzlau(Rep�� �6 Wendt Nr�� ��7)

Hans Erich Wendt4 stammte aus einem uckermärkischenBauerngeschlecht, das sich nach Ausgang des Dreißig-

� Rep�� �6 Wendt Nr�� ��7 und Nr�� �����Rep�� �6 Wendt Nr�� ��7 und Nr�� ������ �� Wallmow 22������������ �� Potsdam 27���2�������� I���� Wallmow 22������������ �� Potsdam 27���2�������� I��ooBerlin

27���������� Hildegard Jaenisch (�� Berlin ��������22�� Tochterdes Brauereidirektors Karl Jaenisch und der Erna Linke)��geschieden; II��oo Berlin�Zehlendorf �2���������� GertrudKaune (�� Holzendorf�UM 6�������2� als Tochter des Güter�direktors Fritz Kaune und der Gertrud Stephan�� �� ���6); 6Kinder�� � Im Nachlass selbst sind nur wenige persönlicheUnterlagen von Wendt überliefert�� Zur Biographie vgl��Rep�� �6 Wendt Nr�� ��2�� S�� ��ff�� und Nr�� ��6� (Brief vom26���2������ an Albert Wendt) sowie� �er Uckermärker��Ein Heimatblatt der Arbeitsgemeinschaft für uckermärki�sche Geschichte�� Nr�� ��� ������� Johanna Oqueka� HansWendt in memoriam�� in� Mitteldeutsche FamilienkundeBd�� I��� 2��������� S�� ��������� Prenzlauer Stadtle�ikon undGeschichte in �aten (= Arbeiten des UckermärkischenGeschichtsvereins�� Bd�� 7)�� Prenzlau 2����� S�� 2����

jährigen Krieges in Wallmow, nordöstlich von Prenzlau,ansiedelte und bis zur Enteignung 1945 dort ansässig warund zwei Höfe in Besitz hatte. Als Sohn des LandwirtesErich Wendt und seiner Ehefrau Luise Köpcke am 22. Au-gust 1915 in Wallmow geboren, trat er nach Besuch desPrenzlauer Gymnasiums in die Fußstapfen seines Vaters.Er absolvierte Lehrjahre auf verschiedenen Gütern undlandwirtschaftliche Fortbildungskurse, bevor er als 21-jäh-riger im Jahre 1936 die Bewirtschaftung des elterlichenHofes von 150 ha übernahm. Als weitere Qualifizierungdiente die Ausbildung an der Höheren Landbauschulein Potsdam, wo er den Abschluss als staatlich geprüfterLandwirt erwarb. Die Hoffnung, den Familienbesitz inneunter Generation fortführen zu können, wurde durchden Zweiten Weltkrieg und die deutsche Spaltung zunich-te gemacht. 1940 wurde Wendt eingezogen und gerietbei Kriegsende in sowjetische Gefangenschaft, aus derer erst Anfang 1950 entlassen wurde. Inzwischen warder Besitz in Wallmow durch die Bodenreform enteignetworden und die Eltern heimat- und mittellos in den West-teil Berlins geflüchtet. Die folgenden Jahre waren damitausgefüllt, sich eine neue Existenz in Berlin-Zehlendorfaufzubauen. „Zunächst arbeitete ich bei der AufräumungBerlins und baute mir in der Freizeit einen [...] kleinen Be-trieb durch Pachtung von 11 ha Acker auf, den ich aberim Laufe der Zeit – insbesondere durch Pachtung der Ex-klave Wüstemark – in weiteren 5 Jahren auf 350 Morgenbrachte. Unter Glas zog ich ¼ Mill. Gemüsepflanzen an,bestellte 60 Morgen Feldgemüse, Gurken und Tomatenin 3000 qm Glashäusern, hatte 5 Traktoren laufen, wurdeLand los, bekam neues dazu, führte Prozesse, musste[den] Gemüsebau einstellen, richtete [eine] Hühnerfarmein, hörte nach 5 Jahren wieder damit auf und hattereichlich spät dann restlos die Nase voll in einer Groß-stadt Landwirtschaft zu betreiben. Heute [1977] habe ichnoch meine Wüstemark und Weiden für eine bescheide-ne Araberzucht. Daneben einen kleinen Gemüseladen.“5

Wendt war zweimal verheiratet und hatte sechs Kinder.Die erste während des 2. Weltkrieges geschlossene Ehewurde wenige Jahre später in der Kriegsgefangenschaftgeschieden. Aus der zweiten Ehe mit der ebenfalls ausder Uckermark stammenden Gertrud Kaune gingen vierKinder hervor. Der älteste Sohn Hans-Peter ging nach derWiedervereinigung nach Wallmow zurück und pachteteals Wiedereinrichter die alten Flächen des großväterli-chen Betriebes, während der jüngere Bruder Christiandie kleinere Landwirtschaft in Berlin mit der Araberzucht

� Vgl�� Lebensläufe der Altherren der Höheren Landbauschu�Vgl�� Lebensläufe der Altherren der Höheren Landbauschu�le Potsdam�� Typoskript�� Kissingen ��77�� S�� �� (= Rep�� �6Wendt Nr�� ���)��

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übernahm. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die KalterKrieg und Mauerbau hervorriefen, pflegte Wendt intensivseine Verbindungen zur uckermärkischen Heimat. DiePachtung der West-Berliner Exklave Wüstemark im DDR-Bezirk Potsdam bot dafür günstige Voraussetzungen.Der Landwirt besaß einen Dauerpassierschein, der esihm ermöglichte, regelmäßig in die DDR einzureisen. DieWiedervereinigung erlebte er nicht mehr. Er starb am 27.Februar 1988 bei einem Aufenthalt in Potsdam.

Wendt war ein leidenschaftliche Genealoge, der sichbereits als junger Mann mit der Geschichte der eigenenFamilie beschäftigt hatte. Spuren davon sind an verschie-denen Stellen in seinem Nachlass zu finden. Das Inter-esse war aber nicht allein darauf beschränkt. Er knüpfteKontakte zu anderen uckermärkischen Familien- und Hei-matforschern, mit denen er in regen Schriftwechsel trat,untersuchte die Geschichte seines Heimatortes Wallmowund der Auswanderung uckermärkischer Familien nachÜbersee (USA und Australien), edierte das PrenzlauerBürgerbuch6 und erforschte gemeinsam mit JohannaOqueka die Genealogie von Hugenottenfamilien, die in-folge des Potsdamer Ediktes von 1685 in die Uckermarkemigriert waren. Vor allem aber trug er seine reichhaltigeSammlung zusammen, die ihm und Gleichgesinnten alsArbeitsmittel diente. Wendt war in erster Linie praktischerFamilienforscher, der an der Aufstellung von Stammfol-gen und Ahnenlisten interessiert war und sich mit großemElan der systematischen Sammlung und Auswertung vongenealogischen Quellen, voran den Kirchenbüchern wid-mete. Eine Veröffentlichung seiner vielfältigen Arbeitser-gebnisse war in vielen Fällen wohl kaum geplant, zumaler selbst seine schriftstellerischen Fähigkeiten kritischbewertete.7

Seit den 1970er Jahren bemühte sich Wendt verstärktdarum, uckermärkische Kirchenbücher abzulichten,zunächst in Form von Papierkopien, später verstärkt inForm von Kleinbildfilmen. Triebfeder war zum einen die

6 �ie Prenzlauer Bürgerbücher ������������ Von Hans Wendt�ie Prenzlauer Bürgerbücher ������������ Von Hans Wendtunter Einbeziehung der Arbeiten von W�� Münstermannund unter Mitwirkung von Johanna Oqueka und Karl Otto��Berlin� Selbstverlag ������

7 In einem Brief vom ���� Januar ���� an Gerhard KegelIn einem Brief vom ���� Januar ���� an Gerhard Kegelüber seinen Beitrag zur Geschichte der Stadt Prenzlau(vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ���) vermerkte er selbstkritisch�„Zum Schluss muss ich feststellen�� dass ich in den letzten�� Jahren körperlich schwer arbeiten musste und mir dasLenkrad des Treckers leichter in der Hand liegt als Federoder Schreibmaschine�� Ich bitte dies beim Lesen meinerArtikel zu beachten��“

schlechte Zugänglichkeit der Quellen für Forscher au-ßerhalb der DDR, zum andern die Sorge vor erneutenunwiederbringlichen Verlusten. Nach seiner Berechnungwaren infolge des Zweiten Weltkriegs 159 Kirchenbücherund 107 Konfirmandenregister evangelischer Kirchenge-meinden in der Uckermark vernichtet worden. Dass dieBefürchtungen im Einzelfall nicht unbegründet waren,zeigt sein Bericht über die Suche nach den ältesten Kir-chenbüchern von Drense und der französisch-reformier-ten Gemeinde Gramzow, die er bei Drense durch Zufall,bei Gramzow durch langwierige Recherche in Privathandwiederfand.8 Die Kirchenbuchverfilmung erfolgte zwarauf eigene Initiative, war aber mit den Konsistorien derEvangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (Ost undWest) abgestimmt. Wendt war kirchenkreislicher Archiv-pfleger und verfügte über eine Bescheinigung des Kon-sistoriums Berlin (West), die ihn berechtigte, „Kopien derin den uckermärkischen Kirchengemeinden befindlichenKirchenbücher herzustellen“.9 Ein weiterer Partner wardie Arbeitsgemeinschaft für uckermärkische Kirchenge-schichte um den Criewener Pfarrer Herbert Lüpnitz, mitdem Wendt verwandtschaftlich verbunden war.10 Lüpnitzvermittelte die Kontakte zu den uckermärkischen Pfar-rern und sorgte für die Ausleihe von Kirchenbüchern desehemaligen Kreises Randow aus der vorpommerschenLandeskirche. Besonders förderlich für das Unterfangenwar der Dauerpassierschein für die Exklave Wüstemark,der häufige Reisen in die DDR ermöglichte. Die Kirchen-bücher wurden in der Regel vor Ort in den Gemeindenverfilmt, teilweise aber auch, wenn sie sich zur Restau-rierung in Berlin (West) befanden. Im Ergebnis liegen ca.350 Bände mit Kirchenbuchkopien und -auswertungenund ca. 3.700 Filme im Nachlass Wendt vor. Sie deckeneinen überwiegenden Teil der uckermärkischen Kirchen-buchüberlieferung bis zum Einsetzen der Standesämterim Jahre 1874 ab. Außerdem sind zahlreiche Kirchenbü-cher aus dem pommerschen Kreis Randow, vereinzeltauch Register aus anderen brandenburgischen Landes-teilen überliefert.11 Leider ist die Qualität der Nasskopienaus der Frühzeit der Papierkopierer und ihre Bindung re-lativ schlecht. Sie sind zwar benutzbar, dürfen aber nichtweiter kopiert werden. Von den Kleinbild-Filmen sind zum

� Rep�� �6 Wendt Nr�� �����Rep�� �6 Wendt Nr�� ������ Schreiben vom 6�������7��� in� Rep�� �6 Wendt Nr�� �26���Schreiben vom 6�������7��� in� Rep�� �6 Wendt Nr�� �26����� Vgl�� Herbert Lüpnitz� Auf den Spuren uckermärkischerVgl�� Herbert Lüpnitz� Auf den Spuren uckermärkischer

Familien (= Schriftenreihe der Stiftung Stoye�� Bd�� 6)��Neustadt an der Aisch ��7���

�� Bechlin�� Braunsberg�� �arritz�� Gottberg�� Kränzlin undBechlin�� Braunsberg�� �arritz�� Gottberg�� Kränzlin undZühlen�� Kr�� Ruppin; �ossow und Kunow�� Kr�� Ostprignitzsowie Grüneberg und �ürren�Selchow�� Kr�� Königsberg(Neumark)��

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überwiegenden Teil keine Rückvergrößerungen angefer-tigt worden.12 Da zum einen die Vorlagen noch existierenund das Landeskirchliche Archiv in Berlin seit Jahreneine professionelle Sicherungsverfilmung durchführt undzum andern die Kirchenbuchfilme im Nachlass von sehrunterschiedlicher Qualität sind und nur mit erheblichemAufwand rückvergrößert werden können, sind sie für dieBenutzung gesperrt.13

Traubuch der evangelischen Kirchengemeinde Alt Künkendorf(Rep�� �6 Wendt Nr�� 2��)

Enge Verbindungen zu anderen Forschern sorgten fürweitere Zugänge zum Uckermärkischen Archiv. Von demPrenzlauer Heimatforscher Alfred Hinrichs (1896–1977)14

ist ein großer Teil seiner schreibmaschinenschriftlichenExzerpte zur Geschichte uckermärkischer Ortschaften,insbesondere von Prenzlau, in den Bestand gelangt. DerDenkmalpfleger hatte 1945 das Museum im ehemaligenDominikanerklosterwiederaufgebautundbiszuseinerEnt-lassung 1962 geleitet. Da die uckermärkische Hauptstadtim Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört wurde und diemusealen und archivalischen Quellen durch Auslagerungnicht zugänglich waren, hatte Hinrichs im großen UmfangQuellen- und Literaturexzerpte angefertigt, die ihm seine

�2 Vgl�� das Verzeichnis der Filme in� Rep�� �6 Wendt Nr�� �27���Vgl�� das Verzeichnis der Filme in� Rep�� �6 Wendt Nr�� �27���Für die Filme Rep�� �6 Wendt Film Nr�� 26�2���6�� liegenkeine Findhilfsmittel vor��

�� Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin�� Bethani�Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin�� Bethani�endamm 2��� ����7 Berlin (www��ekbo��de)��

�� Vgl�� den Nachruf von Ruth Hoevel in� MitteldeutscheVgl�� den Nachruf von Ruth Hoevel in� MitteldeutscheFamilienkunde ��7��� S�� �����

Arbeit erleichtern sollten. Sie sind bis heute ein nützlichesHilfsmittel zur Orts- und Landesgeschichte. Über dasNetzwerk uckermärkischer Genealogen gelangten auchNachlassteile von Rudolf Beysen (1901–1968), GeorgDurow (1888–1958) und Dr. Martin Jacob (1900–1970) anHans Wendt. Er hat die übernommenen Unterlagen nachBedarf weitergeführt oder auch geteilt und umgeordnet.Sofern die Herkunft erkennbar war, ist sie im Findbuchvermerkt.

Einen wichtigen Zugang bildete das genealogische Mate-rial von Rudolf Beysen15, das Hans Wendt nach dessenTode 1968 durch seine Schwester erhielt. Darunter befan-den sich auch die beiden – auf Grund des Formates unter-schiedenen – Uckermark-Karteien. Sie waren von Durowund Beysen angelegt und von den unterschiedlichstenFamilienforschern ergänzt worden. Hans Wendt führtesie weiter fort und schätzte ihren Umfang auf „wohl einige100.000 Namen und Daten von Uckermärkern“.16 Beson-deren Wert haben die Karteien durch die Auswertungvon Quellen, die im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden,insbesondere Quellen aus den Beständen des GeheimenStaatsarchives in Berlin-Dahlem, X. Hauptabteilung Pro-vinz Brandenburg. Erwähnenswert sind auch die unge-druckten Quellenauswertungen Beysens, wie z. B. „DieKirchenbücher des preußischen Infanterieregiments vonPrenzlau in der Uckermark von 1731–1765, Typoskript1961“, „Die Einwohner der Stadt Züllichau um 1700 mitVorfahren und Nachkommen, Typoskript, 1966“ und „DieEinwohner der Stadt Lychen in der Uckermark in der1. Hälfte des 17. Jahrhundert, 1937“.17 Von Durow18 sind

�� �ipl���Ing�� und Baurat bei der Senatsbauverwaltung in�ipl���Ing�� und Baurat bei der Senatsbauverwaltung inBerlin�� zuletzt wohnhaft Berlin�Tempelhof�� Beckerstr�� 6a�� ��Berlin ���6������ als Sohn des �r�� phil�� und Apothekers KurtB�� und der Helene �röge�� �� ebda�� ����������6��� unverheira�tet�� � Familiengeschichtliche Quellenpublikationen in� �er�eutsche Roland und Mitteilungen derArbeitsgemeinschaftfür Familiengeschichte im Kulturkreis Siemens e��V���� vgl���er Schlüssel�� Gesamtinhaltsverzeichnis für genealogisch�heraldische und historische Zeitschriftenreihen�� Bd�� ���Göttingen �����6��� S�� ��6����7 und Bd�� 7�� Göttingen ������S�� ����� � Verzeichnis des von Wendt übernommenen Nach�lassteiles in� Rep�� �6 Wendt Nr�� �2�� und �26��� �� WeitereNachlassteile befinden sich im Geheimen �taatsarchiv undVerein Herold in Berlin��ahlem��

�6 Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ���7����� und Nr�� ������������� ZurVgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ���7����� und Nr�� ������������� ZurUmfangschätzung vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� �26��� undatier�ter Aufruf an die Mitglieder des Heimatkreises Prenzlau��Berichte über das Kriegsende zu verfassen��

�7 Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ���� �6 und 6�2��Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ���� �6 und 6�2���� Landwirt�� zuletzt wohnhaft Berlin�Wilmersdorf�� Berliner Str��Landwirt�� zuletzt wohnhaft Berlin�Wilmersdorf�� Berliner Str��

���� �� Pargow�� Kr�� Randow (Pommern) ���������� als Sohndes Rittergutsbesitzers Otto ��� ebda�� und der Margarete

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vor allem die Abschriften familiengeschichtlicher Quellender Uckermark19 aus dem 16.–18. Jahrhundert hervorzu-heben, die dieser mit großerAkribie vor 1945 im GeheimenStaatsarchiv in Berlin-Dahlem fertigte. Als dritte umfang-reichere Fremdprovenienz sind Unterlagen des Histori-kers und Genealogen Dr. phil. Martin Jacob20 in den Be-stand gelangt, die weit über die Uckermark hinausgehen.Seine Biographie spiegelt die Brüche und Verwerfungendes 20. Jahrhunderts wider. Nach höherer Schulbildungam Reform-Realgymnasium Frankfurt (Oder) und Militär-dienst in der Reichswehr (1918-1920) studierte er Ger-manistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft anden Universitäten Gießen, Berlin und Köln. Im Rheinlandwurde er 1929 über das Kölner Theater im 18. Jahrhun-dert bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit (1700-1794)promoviert.21 Auf verschiedene Engagements als Schau-spieler und längere Arbeitslosigkeit während der Weltwirt-schaftskrise folgte 1934 eine gesicherte Anstellung imöffentlichen Dienst. Von 1936–1943 war er als Referentin der Reichsfilmkammer und später der Reichskultur-kammer tätig. Seine berufliche und private Beschäftigungmit dem Nachweis „arischer“ Abstammung für Film- undKulturschaffende schlägt sich in den hinterlassenen For-schungsunterlagen nieder. Nach Wendt war „er [...] vordem Kriege genealogisch tätig [...] für damals prominenteLeute, die keinen semitischen Fleck in ihrer AT habenwollten, und nach dem Krieg für solche Leute, die gerneso einen Fleck gehabt hätten.“22 In der Nachkriegszeithatte Jacob auf Grund seiner Tätigkeit und Parteimitglied-schaft erhebliche Schwierigkeiten, beruflich wieder Fuß

Tappert�� �� Berlin�Wilmersdorf 2������������ unverheiratet��Todesanzeige in� Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft fürFamiliengeschichte im Kulturkreis Siemens e��V�� ������ S��6��� Vgl�� auch Stammfolge �urow in� Rep�� �6 Wendt Nr������� Familiengeschichtliche Quellenpublikationen in� �er�eutsche Roland und Mitteilungen derArbeitsgemeinschaftfür Familiengeschichte im Kulturkreis Siemens e��V���� vgl���er Schlüssel (wie Anm�� ��)�� Bd�� ��� Göttingen �����6���S�� ����� Bd�� ��� Göttingen ��6�����6��� S�� ��7� und Bd�� 7��Göttingen ������ S�� �����

�� Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� 6����6����Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� 6����6����2� �� Frankfurt (Oder) 2����6������ als Sohn des Lehrers und�� Frankfurt (Oder) 2����6������ als Sohn des Lehrers und

Malerradierers Ernst J�� und der Luise Fritz�� �� Berlin�Lich�tenrade ���������7��� I�� Berlin�Wilmersdorf 7���2������ HeleneFichtmüller�� Sängerin�� gesch�� Berlin 27����������� II�� Berlin�Tempelhof �7��������� Frieda Riehe�� �� Hillentrup �2������������� ?; � Töchter 2�� Ehe�� �� Zur Biographie vgl�� Matrikelaktenim Archiv des HEROL��� Verein für Heraldik�� Genealogieund verwandte Wissenschaften�� Berlin��ahlem; zur Fami�liengeschichte vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ��7� u�� �2�6��

2� �ruckfassung� Emsdetten �������ruckfassung� Emsdetten ������22 Brief an Rolf Köhler vom ������������ in� Rep�� �6 Wendt Nr��Brief an Rolf Köhler vom ������������ in� Rep�� �6 Wendt Nr��

�26���

zu fassen. Nach zahlreichen Aushilfstätigkeiten fand er1961 schließlich als sogenannter „Notstandsangestellter“eine Aufgabe im Bundesministerium für gesamtdeutscheFragen. Nebenbei versuchte er, durch genealogischeAufträge Geld zu verdienen. Von seinen uckermärkischenForschungen finden sich im Nachlass Arbeiten über dieVorfahren des Malers Jacob Philipp Hackert und das äl-teste Kirchenbuch von Schönwerder und Bandelow, Kr.Prenzlau. Die geplante Drucklegung des Registers istaber nicht realisiert worden.

Bei der Übernahme des Uckermärkischen Archives wurdeeine Trennung in Archiv- und Bibliotheksgut durchgeführt,wobei die alten Signaturen beibehalten blieben. Grundla-ge war das nummerische Bestandsverzeichnis von HansWendt.23 Die gedruckte Literatur, darunter seltene Werkezur uckermärkischen Geschichte, ist künftig als separier-ter Teil in der Dienstbibliothek des BrandenburgischenLandeshauptarchives zu finden, während das vorliegen-de Findbuch das ungedruckte Material im Aktenbestanderschließt. Wenn notwendig, wird auf Bücher aus demBibliotheksbestand verwiesen. Da das bisherige Findhilfs-mittel recht kursorisch war und die einzelnen Akten einensehr heterogenen Inhalt aufwiesen, erfolgte eine völligeNeuverzeichnung mit ausführlichen Enthält-Vermerken.Der Bestand umfasst 749 Bände und ca. 3.700 Filme ausdem Zeitraum 1779–1988 und gliedert sich in vier Haupt-abschnitte:

1. Orts- und Landesgeschichte2. Kopien und Auswertungen evangelischer Kirchen-

bücher3. Persönliche Unterlagen von Hans Wendt4. Nachlassreste uckermärkischer Familienforscher

Der Nachlass Rep. 16 Wendt unterliegt keinerlei Benut-zungsbeschränkungen. Jedoch muss darauf hingewiesenwerden, dass nach der Gebührenordnung des BLHA vom14. Februar 2006 (Gesetz- und Verordnungsblatt für dasLand Brandenburg Teil II – Nr. 4 vom 16. März 2006)schriftliche Auskünfte an Familienforscher und die per-sönliche Einsichtnahme von Archivalien gebührenpflichtigsind.

2� Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ��76��Vgl�� Rep�� �6 Wendt Nr�� ��76��

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Neuerscheinungen des Brandenbur-gischen Landeshauptarchivs 2007

Eva Rickmers: Aufgaben und Struktur der Bezirks-tage und Räte der Bezirke in der DDR 1952–1990/91am Beispiel des Bezirkes Cottbus.Peter Lang Verlag, Frankfurt 2007, 295 Seiten, Abb. (=Quellen, Findbücher und Inventare des Brandenbur-gischen Landeshauptarchivs, hrsg. v. Klaus Neitmann,Bd. 22). ISBN 978-3-631-56361-8. 51,50 Euro.

Brigitte Meier: Jüdische Seidenunternehmer und diesoziale Ordnung zur Zeit Friedrich II. Moses Mendels-sohn und Isaak Bernhard – Interaktion und Kommu-nikation als Basis einer erfolgreichen Unternehmens-entwicklung.Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2007, 307 Seiten(= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landes-hauptarchivs, hrsg. v. Klaus Neitmann, Bd. 52). ISBN978-3-8305-1362-9. 38,00 Euro.

Jan Peters: Märkische Lebenswelten. Gesellschafts-geschichte der Herrschaft Plattenburg-Wilsnack,Prignitz 1550–1800.Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2007, 872 Seiten(= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landes-hauptarchivs, hrsg. v. Klaus Neitmann, Bd. 53). ISBN978-3-8305-1387-2. 98,00 Euro.

Friedrich Beck, Margot Beck: Urkundeninventar desBrandenburgischen Landeshauptarchivs – Kurmark.Teil 3: Nachträge, Ergänzungen, Berichtigungen – Re-gister.Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2007. 348 Seiten(= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landes-hauptarchivs, hrsg. v. Klaus Neitmann, Bd. 55). ISBN978-3-8305-1459-6. 59,00 Euro.

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Schich, Winfried: Wirtschaft und Kulturlandschaft.Gesammelte Beiträge 1977 bis 1999 zur Geschichteder Zisterzienser und der „Germania Slavica“.Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2007. 467 Seiten(= Bibliothek der Brandenburgischen und PreußischenGeschichte, im Auftrag der Historischen Kommission zuBerlin und des Brandenburgischen Landeshauptarchivs,hrsg. v. Klaus Neitmann und Wolfgang Ribbe, Bd. 12).ISBN 978-3-8305-0378-1. 69,00 Euro.

Kristina Hübener, Wolfgang Rose (Hrsg.): Kranken-häuser in Brandenburg – Vom mittelalterlichenHospiz bis zur modernen Klinik.be.bra wissenschaft verlag, Berlin 2007, 600 Seiten(= Schriftenreihe zur Medizin-Geschichte, Bd. 16. Zu-gleich Einzelveröffentlichung des BrandenburgischenLandeshauptarchivs, hrsg. v. Klaus Neitmann, Bd. V).ISBN 978-3-937233-42-0. 34,00 Euro.

Werner Heegewaldt: Das Uckermärkische Archiv vonHans Wendt. Ein Findbuch zum Nachlass Wendt imBrandenburgischen Landeshauptarchiv.Schriftenreihe der Stiftung Stoye, Magdeburg 2007,123 Seiten. ISBN 978-3-937230-08-5. 16,00 Euro.

Heinz-Dieter Heimann, Klaus Neitmann, WinfriedSchich mit Martin Bauch, Ellen Franke, ChristianGahlbeck, Christian Popp, Peter Riedel (Hrsg.): Bran-denburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster,Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhun-derts.be.bra wissenschaft verlag, Berlin 2007, 2 Bde, 1484 Sei-ten (= Brandenburgische Studien, Bd. 14. Im Auftrag derBrandenburgischen Historischen Kommission e. V. und inVerbindung mit dem Brandenburgischen Landeshauptar-chiv hrsg. v. Klaus Neitmann). ISBN 978-3-937233-26-0.180,00 Euro.

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Klaus Neitmann (Hrsg.): Der erste „Tag der branden-burgischen Orts- und Landesgeschichte“. Dokumen-tation der Tagung vom 6. November 2005 in Potsdamund Leitfaden für Ortschronisten in Brandenburg.2. ergänzte Auflage. Potsdam 2008. 95 Seiten (= Einzel-veröffentlichungen der Brandenburgischen HistorischenKommission e. V.. Bd. X, zugleich Einzelveröffentlichungdes Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. VI).VI).10,00 Euro zzgl. Versand.Versand.Nur zu beziehen über: Brandenburgisches Landeshaupt-archiv, Postfach 60 04 49, 14404 Potsdam,[email protected]

Norbert Reimann, Uwe Schaper, Michael Scholz (Hrsg.):Sammlungen in Archiven.Selbstverlag der Landesfachstelle, Potsdam 2008. 2.Auflage. 230 Seiten, Abb. (= Veröffentlichungen der Lan-desfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken imBrandenburgischen Landeshauptarchiv, Bd. 3). ISBN978-3-9810642-1-6. 10,00 Euro zzgl. Versand.Nur zu beziehen über: Brandenburgisches Landeshaupt-archiv, Postfach 60 04 49, 14404 Potsdam, [email protected]

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�5Brandenburgische Archive · 25/2008

Das Logo des Brandenbur-gischen Landeshauptarchivs

Von Werner Heegewaldt

Ab dem 1. Januar 2008 präsentiert sich das Brandenburgi-sche Landeshauptarchiv mit einem neuen Erscheinungs-bild. Ein von der Berliner Firma grafic-house entwickeltesLogo wird zum Erkennungszeichen des Archivs, das künf-tig in allen Bereichen der Außendarstellung Anwendungfindet.

Logo des Brandenburgischen Landeshauptarchivs

Das klar und unverwechselbar gestaltete Logo bedientsich einer einfachen Bildersprache, die Name und Funk-tion des Archivs darstellt. In einem blockartigen und starkgerasterten Feld erscheint die Buchstabenfolge „blha“ ineiner geradlinigen Schrifttype (Futura), die durch Formund rote Farbe besonders hervortritt. Die Abkürzung desArchivnamens ist seit Jahrzehnten eingeführt und nichtzuletzt durch die Fassadengestaltung des Archivneubausin Potsdam-Bornim bekannt. Die Flächen zwischen denBuchstaben sind mit schwarzen Rechtecken gefüllt. Siesymbolisieren den Kern eines jeden Archivs: das Magazinals „historisches Gedächtnis“ mit seinen in Reih und Gliedstehenden Regalen und den darin liegenden Archivkar-tons. In ihnen ruht – wohl konserviert – die historischeÜberlieferung Brandenburgs vom Mittelalter bis zur Ge-genwart. Zwei Rechtecke fallen jedoch aus dem Rasterheraus: ein roter Karton und eine Leerstelle. Es bleibt derPhantasie des Betrachters überlassen, was damit ge-meint ist: verschiedene Arten und Aufbewahrungsformenvon Archivgut?, Leerraum für die neu hinzu kommendenAktenmassen? oder die ständige Benutzung von Unter-lagen im Lesesaal, für die Archivalien aus dem Magazinentnommen werden? ...Der vollständige Behördenname beschließt das Bild. Je

nach Anwendungsgebiet des Logos kann er hinzugefügtoder weggelassen werden.

„blha“ an der Fassade des neuen Magazingebäudes

Im Zeitalter digitaler Medien und schneller Informati-onswege ist auch die optische Präsenz öffentlicher Ein-richtungen immer wichtiger. Mit seinem Logo trägt dasBrandenburgische Landeshauptarchiv dieser EntwicklungRechung. Es wird in Zukunft das Archiv als „historischesGedächtnis“ des Landes Brandenburg einprägsam undunverwechselbar symbolisieren und zur raschen Wieder-erkennung dienen.

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Die Kreismeldekartei der DDRim vereinten Deutschland –ihr Weg in die Archive im Land Brandenburg1

Von Martin Reibe

Das Meldewesen im Land Brandenburg seit 1990Mit dem Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 19902

legte die damalige DDR-Volkskammer den Grundstein füreinen Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grund-gesetzes.3 Das damit neu entstandene Land Brandenburgumfasste auf dem ehemaligen Hoheitsgebiet der DDR die„Bezirksterritorien Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam,ohne die Kreise Hoyerswerda, Jessen und Weißwasser,zuzüglich der Kreise Perleberg, Prenzlau und Templin“.4

Am 23. August 19905 beschlossenen die Mitglieder derVolkskammer der DDR den Beitritt der Länder Branden-burg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-An-halt und Thüringen nach dem damaligen Artikel 23 desGrundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland mit Wir-kung vom 3. Oktober 1990.6 Ab diesem Zeitpunkt war dasneu gegründete Land Brandenburg in das Hoheitsgebietder Bundesrepublik Deutschland eingegliedert. Damit en-dete die Gültigkeit der gesetzlichen Grundlagen der DDRund ihres Meldewesens im Land Brandenburg.Ab dem 3. Oktober 1990 wurde für die Übergangszeit,bis eine neue Landesverfassung beschlossen wurde, aufGrundlage des Ländereinführungsgesetzes der DDR vom

� �ie vorliegende Abhandlung ist Teil einer �iplomarbeit�ie vorliegende Abhandlung ist Teil einer �iplomarbeit(Gutachter� Prof�� �r�� Uwe Schaper�� Landesarchiv Berlin��und Prof�� �r�� Hartwig Walberg�� FHP) aus dem Jahre 2��7an der Fachhochschule Potsdam �� Fachbereich Infor�mationswissenschaften � Archiv �� mit dem Thema� „�ieKreismeldekartei der �eutschen �emokratischen Republikund ihr Weg in die Archive des Landes Brandenburg“�� �erAutor gliedert seine Arbeit in zwei umfangreiche Hauptteile���en Anfang bildet die zur Bearbeitung des Meldewesensin der ��R erforderliche Übersicht zu den geschichtlichenWurzeln des Meldewesens�� Anschließend folgt der ersteHauptteil�� die Aufschlüsselung der Kerninhalte auf denKreismeldekarteikarten auf Basis der einzigen Primärquel�le (�ienstvorschrift �� � ��)�� die zur Bearbeitung vorlag���er zweite Hauptteil dieser Arbeit�� der nachfolgend zulesen ist�� befasst sich mit den Motiven und Konsequenzender Überführung der KMK�Bestände in die zuständigenkommunalen Archive��

2 Ländereinführungsgesetz�� Gesetzblatt der ��R (GBl��) TeilLändereinführungsgesetz�� Gesetzblatt der ��R (GBl��) TeilI Nr������ ������ S�� �����

� Vgl�� Artikel 2� des Grundgesetzes der BundesrepublikVgl�� Artikel 2� des Grundgesetzes der Bundesrepublik�eutschland�� Bundesgesetzblatt (BGBl��) ������ S�� �������

� ���� Ländereinführungsgesetz�� GBl�� I Nr������ ������ S�� ��������� Ländereinführungsgesetz�� GBl�� I Nr������ ������ S�� ������ Vgl�� BGBI�� I�� ������ S�� 2�����Vgl�� BGBI�� I�� ������ S�� 2�����6 Vgl�� Einigungsvertrag�� GBl�� I�� ������ S�� ��7���Vgl�� Einigungsvertrag�� GBl�� I�� ������ S�� ��7���

22. Juli 1990 (einfaches Bundesrecht) in den Verwaltungengearbeitet. Das brandenburgische Innenministerium hattedaraufhin als „ersten Schritt per Erlass vom 13.12.1990festgelegt, dass ab 01.01.1991 die Oberbürgermeisterund Landräte als Kreisordnungsbehörden die Aufgabendes Meldewesens, der Personalausweis- und Passange-legenheiten“7 wahrnehmen sollten. Parallel dazu wurdeerlassen, dass die ehemaligen DDR-Meldeunterlagen undDatenträger bis zu einer endgültigen Regelung bei den bis-herigen Volkspolizeikreisämtern (VPKÄ), aber getrennt vonanderen Dienstvorgängen sicher aufzubewahren seien.Am 14. April 1992 verabschiedete die Landesregierungden ersten Entwurf einer Landesverfassung für Branden-burg. Dieser wurde dann durch einen am 14. Juni 1992durchgeführten Volksentscheid angenommen.8 Die neueLandesverfassung des Landes Brandenburg trat am 20.August 1992 durch ihre Verkündung in Kraft. Dort wurdendie Grundlagen für ein neues Meldewesen gelegt. Einerstes „Brandenburgisches Meldegesetz“ (BbgMeldeG)wurde am 25. Juni 19929 im brandenburgischen Landtagverabschiedet. Danach wurde am 5. August 1992 dieVerordnung zur Durchführung des Gesetzes über dasMeldewesen im Land Brandenburg (DVO BbgMeldeG)beschlossen und umgesetzt.10

Die erste Novellierung erfuhr das Brandenburgische Mel-degesetz mit der dazugehörigen Verordnung zur Durch-führung des Gesetzes erst 1999.11 Eine Änderung desGesetzes war der § 11a – Löschung und Aufbewahrungvon Daten – der sich mit der Überführung der Kreismel-dekartei (KMK) in die zuständigen kommunalen Archivebeschäftigte. § 11a BbgMeldeG beendete den uneinge-schränkten Zugriff auf die Daten der ehemaligen KMK inden brandenburgischen Verwaltungen und speziell in denEinwohnermeldeämtern. Denn mit einer direkten Über-führung ins Archiv wurde die KMK Archivgut und unterlagjetzt dem Brandenburgischen Archivgesetz.

7 �ie Landesbeauftragte für den �atenschutz und für�ie Landesbeauftragte für den �atenschutz und fürdas Recht auf Akteneinsicht Brandenburg� 2�� Tätig�keitsbericht�� ����������� Nr�� ��������� (http���www��lda��brandenburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)

� Vgl�� Gesetz zur Regelung des Verfahrens beim Volks�Vgl�� Gesetz zur Regelung des Verfahrens beim Volks�entscheid über die Verfassung des Landes Brandenburg(Verfassungsvolksentscheidgesetz �� VVG) vom ���� März���2; Gesetz� und Verordnungsblatt für das Land Bran�denburg (GVBl��) Teil I�� ���2�� [Nr�� �]�� S�� �����

� Brandenburgisches Meldegesetz vom 2��� Juni ���2�� GVBl��Brandenburgisches Meldegesetz vom 2��� Juni ���2�� GVBl��Juni ���2�� GVBl��I�� ���2�� S�� 2�6��

�� �VO BbgMeldeG�� GVBl�� II�� ���2�� S�� ��2���VO BbgMeldeG�� GVBl�� II�� ���2�� S�� ��2���� Vgl�� BbgMeldeG vom 26�� Mai ������ GVBl�� I�� ������ [Nr��Vgl�� BbgMeldeG vom 26�� Mai ������ GVBl�� I�� ������ [Nr��

��]�� S���7�; sowie �VOBbgMeldeG vom ���� Oktober ������GVBl�� II�� ������ [Nr�� ��]�� S�� 6����

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��Brandenburgische Archive · 25/2008

Motive zur Überführung der KMK aus den branden-burgischen Verwaltungen in die zuständigen ArchiveMit dem Beitritt der „neuen Länder“12 der ehemaligenDDR zur Bundesrepublik Deutschland standen die neuenLandesregierungen vor einigen zu lösenden Problemen,die der Systemwechsel mit sich brachte. Dazu gehörtenRegelungen über die Rechts- und Funktionsnachfolge derverschiedenen ehemaligen DDR-Verwaltungsbehördensowie der Aufbau eines neuen Meldewesens und einigervöllig neuer Behörden.

Als erstes musste das ehemalige zentralistische Melde-wesen der DDR und besonders das Zentrale Einwohner-register (ZER) in eine „dezentrale bundesrechtliche Or-ganisation“13 überführt werden. Der Vertrag über die Her-stellung der Einheit Deutschlands setzte hierfür eine Fristbis zum 31.12.1992.14 Bis dahin sollten die massivstenVerstöße in den ehemaligen DDR-Datenspeichern gegendas bundesdeutsche Melderechtsrahmengesetz (MRRG)speziell im Bereich des ehemaligen ZER bereinigt werden.Damit sollte die Kontinuität des Meldewesens in den neu-en Ländern für die Übergangszeit gewährleistet werden.Gleichzeitig musste eine Behörde für die Datenschutz-kontrolle aufgebaut werden, die sich mit diesen Belangenbeschäftigt und die neue Landesregierung dazu berät.Dazu wurden ebenfalls Regelungen im Einigungsvertraggetroffen. Grundsätzlich wurden dafür drei Maßnahmenfür diese Übergangszeit festgeschrieben:• Erstens wurde der Bundesdatenschutzbeauftragte mit

der Datenschutzkontrolle in den neuen Ländern „biszur Schaffung einer Datenschutzkontrolle, längstensjedoch bis zum 31. Dezember 1991“15 verpflichtet.

• Zweitens musste eine Dokumentation der Ausgangs-situation der gespeicherten Daten gemäß § 12 desBundesdatenschutzgesetzes (BDSG)16 binnen einesJahres veröffentlicht werden.

• Drittens wurde ein globales Löschungsgebot für „per-sonenbezogene Daten, deren Kenntnis nach Bundes-recht für die speichernde Stelle zur rechtmäßigen Er-füllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgabennicht mehr erforderlich ist oder deren Speicherung

�2 Vgl�� Ländereinführungsgesetz�� GBl�� I�� ������ Nr������ S�� �����Vgl�� Ländereinführungsgesetz�� GBl�� I�� ������ Nr������ S�� �����I�� ������ Nr������ S�� ������� Vgl�� 2�� Tätigkeitsbericht ���2�� (http���www��lda��bran�Vgl�� 2�� Tätigkeitsbericht ���2�� (http���www��lda��bran�

denburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)��

�� Frist zur Auflösung des ZER\ Vgl. Einigungsvertrag, Anl. I,Frist zur Auflösung des ZER\ Vgl. Einigungsvertrag, Anl. I,Kap�� II�� Sachgeb�� ��� Abschn�� III�� Zif�� � (BGBl�� II�� ������ S������� S�� ���)��

�� Vgl�� Einigungsvertrag�� Anl�� I�� Kap�� II�� Sachgeb�� ��� Abschn��Vgl�� Einigungsvertrag�� Anl�� I�� Kap�� II�� Sachgeb�� ��� Abschn��III�� Zif�� � (BGBl�� II�� ������ S�� ���)��

�6 Vgl�� Bundesdatenschutzgesetz (B�SG)�� BGBl�� I�� ������Vgl�� Bundesdatenschutzgesetz (B�SG)�� BGBl�� I�� ������

nach Bundesrecht unzulässig gewesen wäre, … so-weit nicht schutzwürdige Belange des Betroffenenentgegenstehen“, erlassen.17

Mit dem Erlass des Brandenburgischen Datenschutzge-setzes (BbgDSG) am 22. Januar 199218, der Wahl desDatenschutzbeauftragten am 15. Februar 199219 und desersten Brandenburgischen Meldegesetzes (BbgMeldeG)vom 25. Juni 199220 endete diese Übergangszeit für dasLand Brandenburg. Somit waren die ersten grundlegen-den Maßnahmen aus dem Einigungsvertrag im LandBrandenburg erfüllt und eine rechtliche Handlungsgrund-lage geschaffen. Die Dokumentation zur Ausgangssituati-on der gespeicherten Daten in den neuen Ländern wurdehingegen zum veranschlagten Termin nicht realisiert.Doch an einer Verwirklichung eines Gesamtverzeichnis-ses aller „Altdatenbestände“ zur Prüfung einer geordne-ten Verwendung, Sperrung, Löschung oder eventuellerArchivierung ist weiter gearbeitet worden.21 Im BbgDSGwurden extra hierzu Regelungen (in den §§ 34–3722)getroffen, die eine Melde- bzw. auf Verlangen des Mini-steriums des Innern (MI) eine Übergabepflicht der „Aktensowie die zu ihrer Ordnung, Auffindung oder Auswertungdienenden Materialien und Träger sowie sämtliches Zu-behör!“23 vorsahen. Der Datenschutzbeauftragte merktedazu in seinem 1992er Bericht an, „daß die Verwaltungs-praxis beim Umgang mit den Altdaten der ehemaligenDDR-Verwaltung weit hinter den Intentionen des Geset-zes zurückbleibt.“24 Mit dieser Aussage hatte er sehr gutdie reale Situation in den brandenburgischen Verwaltun-gen zu dieser Zeit zusammengefasst. Da die KMK unddie Volkspolizei-Meldestellenkartei (VPM) (Straßenkartei)auch Teil dieses enormen Altdatenbestands war, ist dieAussage ebenfalls für diese Karteien zutreffend gewesen.Dieser Umstand lag größtenteils aber an der Neugestal-

�7 Vgl�� Einigungsvertrag�� Anl�� I�� Kap�� II�� Sachgeb�� ��� Abschn��Vgl�� Einigungsvertrag�� Anl�� I�� Kap�� II�� Sachgeb�� ��� Abschn��III�� Zif�� � (BGBl�� Teil II�� ������ S�� ���)��

�� GVBl�� I�� ���2�� S�� 2��GVBl�� I�� ���2�� S�� 2��2���� Vgl�� ��� Tätigkeitsbericht ���2�� Nr�� ������ (http���www��lda��Vgl�� ��� Tätigkeitsbericht ���2�� Nr�� ������ (http���www��lda��

brandenburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)��

2� GVBl�� I�� ���2�� S�� 2�6��GVBl�� I�� ���2�� S�� 2�6��2� Vgl�� Rundschreiben des Ministers des Innern BrandenburgVgl�� Rundschreiben des Ministers des Innern Brandenburg

vom �6���������2 (Amtsblatt für das Land Brandenburg���2�� S�� �6�)��

22 Vgl�� Bbg�SG � ���� ����� � �6�� � �7�� GVBl�� Teil I�� ������ S��Vgl�� Bbg�SG � ���� ����� � �6�� � �7�� GVBl�� Teil I�� ������ S��66��

2� Bbg�SG�� � �� (Personenbezogene �aten aus ehemaligenBbg�SG�� � �� (Personenbezogene �aten aus ehemaligenEinrichtungen)�� Abs�� ��� GVBl�� Teil I�� ������ S�� 66��

2� Vgl�� ��� Tätigkeitsbericht�� L�A�� ���2 (http���www��lda��Vgl�� ��� Tätigkeitsbericht�� L�A�� ���2 (http���www��lda��brandenburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)��

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�8Brandenburgische Archive · 25/2008

tung des Meldewesens im Land Brandenburg und dendadurch entstandenen Problemen.Der Plan für den Aufbau des neuen Meldewesens inBrandenburg sah wie folgt aus: Mit der Verabschiedungdes ersten Brandenburgischen Meldegesetzes und zwei-er Durchführungsverordnungen zur An- und Abmeldungbzw. zur regelmäßigen Datenübermittlung an andere öf-fentliche Stellen war die rechtliche Grundlage geschaffen.Als nächstes sollte das ZER die Übergabe der Meldeda-ten an die Gemeinden sicherstellen. Dazu wurden vomZER acht so genannte Schnittstellen bereitgestellt. Damitkönnten gemäß § 37 Abs. 2 BbgMeldeG die Gemeindennach der Zustimmung des MI ihre Meldedaten abfordernund somit ein arbeitsfähiges Melderegister übernehmen.Mit der Löschung oder Archivierung aller unzulässigenDatenträger hätte ab diesem Zeitpunkt begonnen werdenkönnen.Die ersten Probleme entstanden schon in der langwieri-gen Einrichtung einiger Ämter, denen die Meldeaufgabenzugewiesen waren, die dadurch ihre Meldedaten ohnejeglichen Vorlauf übernehmen mussten. Die vorzeitigeSchließung des ZER im Oktober 1992 komplizierte dieSituation noch mehr.Vor diesem Hintergrund ergaben sich nachfolgende Pro-bleme, die auch so im Datenschutzbericht für 1992 be-nannt wurden:

Überforderte MitarbeiterIm Zuge des Aufbaus des neuen Meldewesens im Landmusste in einigen Ämtern, die teilweise auch noch neuerrichtet wurden, auf Mitarbeiter zurückgegriffen werden,welche häufig ohne ausreichende Schulung oder Unter-stützung zum ersten Mal mit dem neuen Meldewesenund dessen Datenverarbeitung konfrontiert waren. Umdennoch die anfallende Arbeit zu bewältigen, wurde im-mer häufiger auf Altdatenbestände und besonders auf dieKreismeldekarteikarten und Karteikarten der ehemaligenVolkspolizei-Meldestelle zurückgegriffen. Diese warenvon den Landratsämtern an die zuständigen Gemein-demeldestellen verteilt worden und somit für die neuenMitarbeiter zugänglich.Ein weiteres brisantes Thema war, dass einige Mitarbeiterimmer noch eine tief sitzende Verpflichtung zu einer fastunbegrenzten Auskunftserteilung gegenüber staatlichenStellen verspürten. Hier war besonders der Datenaus-tausch mit den örtlichen Polizeidienststellen zu nennen,„auf deren telefonische Anfrage hin mehrmals wöchent-lich die Anschriften einer Vielzahl von Einwohnern über-

mittelt“25 wurden. Quelle für solche Auskünfte war nichtzuletzt die KMK und die VPM-Kartei (Straßenkartei), dievielen Polizeibeamten noch als Datenspeicher gut be-kannt war.

Problematisches Melderegister und das Kuriosum„Verschwundene Daten“Einige Meldestellen bekamen vom ZER ihren Meldeda-tenbestand übermittelt, der lückenhafte Daten enthielt, sodass bis zu 60 % der Daten unrichtig waren. Es fehltenDaten ganzer Straßenzüge mitsamt Einwohnern odersie waren den falschen Ortsteilen zugeordnet. Oder eswurden nur die Namen ohne den restlichen Datensatzübermittelt. Das Kuriosum „Verschwundene Daten“ kambei einer ZER-Schnittstelle vor, bei der „bei ansonsten gutfunktionierendem Betrieb immer wieder mehrere Hunder-te von Datensätzen“26 verschwanden. Ein nachvollziehba-rer Grund für das Verschwinden der Datensätze wurdenicht gefunden.Auch hier wurde immer wieder auf die Altdatenbestände(KMK) zurückgegriffen, soweit sie vorhanden waren. Daswurde auch vom Datenschutzbeauftragten in seinemBericht so erkannt und im letzten Problempunkt thema-tisiert.

Kreismeldekartei mit unzulässigen Dateneintragungen„Aus dem Vorhergesagten ergibt sich, dass die meistenMeldestellen weiterhin mit ihrem Bestand von Kreismel-dekarteikarten arbeiten und ihn in vielfältiger Weise zurtäglichen Aufgabenerfüllung nutzen.“27 Hier wurde zumersten Mal angesprochen, dass die KMK als Teil desAltdatenbestandes in einer Behörde einen brisanten Da-tenträger darstellt, mit dem sich näher beschäftigt werdenmusste. Das wurde deutlicher, als bei durchgeführten Be-ratungsbesuchen des Datenschutzbeauftragten in einigenÄmtern immer wieder KMK-Karteikarten mit unzulässigenEintragungen (nach § 3 BbgMeldeG) gefunden wurden.Diese Einträge waren zumeist durchgestrichen, aber im-mer noch lesbar. Somit waren sie unzulässig, denn nach§ 11 Abs. 1 BbgMeldeG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 6 BbgDSGhätten unzulässige Daten so gelöscht werden müssen,dass man sie nicht mehr erkennen kann.Von einer kompletten Bereinigung aller in der Meldestelleverwendeten KMK-Karten musste auf Rücksicht der Ar-beitsfähigkeit der Meldestelle Abstand genommen wer-den. Der Datenschutzbeauftragte erkannte das und schlugdaraufhin als Kompromiss vor, dass eine Löschung von

2� Ebd��Ebd��26 Ebd��Ebd��27 Ebd��Ebd��

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��Brandenburgische Archive · 25/2008

unzulässigen Daten immer dann vorzunehmen war, wenndie Karteikarte im Zuge der täglichen Aufgabenerfüllungbenutzt wurde. So bliebe durchaus die Möglichkeit beste-hen, „einen Restbestand von Kreismeldekarteikarten mitden Originaleintragungen zu archivieren“.28 Hier wurdedas erste Mal die Möglichkeit einer Archivierung der KMKgegenüber einer zeitnahen Vernichtung zur Sprache ge-bracht. Welche Form der Archivierung (Zwischenarchivoder Endarchiv)29 angestrebt wurde, war nicht zu erken-nen.

Im 3. Tätigkeitsbericht des LDA von 1994/95 wurde dieProblematik der KMK als Träger brisanter Daten nochstärker in den Vordergrund gerückt. Der Datenschutzbe-auftragte sprach in seinem Bericht nochmals sehr deutlichund energisch die Problematik der unzulässigen Daten inder KMK an. Denn die KMK war rechtlich betrachtet einBestandteil des Melderegisters und enthielt eine Vielzahlvon Daten, „deren weitere Speicherung melderechtlichunzulässig [war], und die deshalb in den Melderegisterngem. § 38 Abs. 3 BbgMeldeG (vom 25. Juni 1992, GVBl. I.S. 236) bereits bis zum 31. Dezember 1993 zu löschen“30

gewesen waren. Da bis dahin aber eine Löschung dieserDaten nicht vorgenommen worden war, bestand immernoch die Gefahr, dass diese unzulässigen Daten genutztund somit Schaden verursacht werden könnte. Als wei-teres Problem kam dazu, dass mit der Einführung derautomatisierten Datenverarbeitung die Karteien (KMKund VPM), wenn sie nicht mehr zur Aufgabenerfüllung inder Behörde benötigt wurden, „gem. § 38 Abs. 4 Satz 1BbgMeldeG abzuschließen und zu archivieren“31 waren.Diese Archivierung der Karteien nach BbgMeldeG hätte ineinem Verwaltungs- bzw. Zwischenarchiv erfolgen könnenund die Karteien hätten weiterhin den Bestimmungen desBbgMeldeG (§ 11 Löschung und AufbewahrungsfristenBbgMeldeG) und des BbgDSG unterlegen. Dies hätte zurFolge gehabt, dass die Meldebehörden einerseits Zugriffauf alle Daten gehabt hätten. Andererseits hätten Daten,die nicht dem § 3 BbgMeldeG entsprechen, aus allenKarteikarten herausgeschnitten werden müssen. DieseVerfahrensweise wäre mit einem so enormen Aufwandverbunden gewesen, dass der Datenschutzbeauftragte

2� Ebd��Ebd��2� Vgl�� Uwe Schaper� Endarchiv und Zwischenarchiv �� zweiVgl�� Uwe Schaper� Endarchiv und Zwischenarchiv �� zwei

Rechtskreise�� in� Brandenburgische Archive�� Mitteilungenaus dem Archivwesen des Landes Brandenburg ������7��S�� �7 ff��

�� ��� Tätigkeitsbericht�� L�A�� Meldewesen�� ��������� (http������ Tätigkeitsbericht�� L�A�� Meldewesen�� ��������� (http���www��lda��brandenburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)

�� Ebd��Ebd��

eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit zum angestrebtenZweck vorschlug. Als Alternative wurde die Sperrung derKarteien nach § 19 Abs. 3 BbgDSG und eine Reduzierungder 50-jährigen Archivierungsfrist nach § 11 Abs. 4 Bbg-MeldeG vorgeschlagen, um eine Archivierung der Kartei-en mit geringerem Aufwand zu gewährleisten. Auf jedenFall war es dringend erforderlich, den Meldebehördeneine eindeutige, verpflichtende und datenschutzgerech-te Lösung vorzuschreiben, „daß die Einhaltung solcherVorschriften über den Datenschutz [vom Datenschutzbe-auftragten] gem. § 23 Abs. 1 BbgDSG sinnvoll kontrolliertwerden“32 konnte.Zwei Jahre später sprach der Datenschutzbeauftragtenochmals im 5. Tätigkeitsbericht 1996/97 die noch immerausstehende Novellierung der melderechtlichen Vor-schriften im Land Brandenburg an: „Ein Entwurf der Lan-desregierung lag mir zum Redaktionsschluß noch nichtvor. Nach Information des Ministeriums des Innern (MI)ist ins Auge gefaßt, die Novellierungsvorlage noch zumEnde 1997 in den Landtag einbringen zu können. Nachkürzlich hierüber mit dem MI geführten Gesprächen hoffeich, auch noch meine weiteren Anregungen und konkre-ten Regelungsvorschläge einbringen zu können.“33

Der erste überarbeitete Novellierungsentwurf (Stand:09.01.1998) des Meldegesetzes wurde dem Daten-schutzbeauftragten erst im Januar 1998 mit der Bitteum eine kurzfristige Stellungnahme vom Ministeriumdes Innern übersandt.34 Im 6. Tätigkeitsbericht 1997/98nahm der Datenschutzbeauftragte zu den von ihm in denvorangegangenen Tätigkeitsberichten angesprochenenMängeln im BbgMeldeG Stellung. Ein angesprochenerPunkt, der in das novellierte Meldegesetz Eingang fand,war die Regelung zum Umgang mit der KMK. Im Novellie-rungsentwurf war vorgesehen, dass die Karteien der KMK„bis zum 31. Dezember 1999 in die kommunalen Archi-ve zu ‚überführen’“35 seien. Damit war den wiederholtenForderungen des Datenschutzbeauftragten seit dem 3.Tätigkeitsbericht 1994/95, die KMK der Verwaltung durcheine materiell-rechtliche Regelung im BbgMeldeG zu ent-ziehen, Rechnung getragen. Jedoch gab es zwei Punktezu bemängeln:

�2 Ebd��Ebd���� ��� Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den��� Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den

�atenschutz�� ���6��7�� S�� ���� (http���www��lda��bran�denburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)

�� Vgl�� 6�� Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten fürVgl�� 6�� Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten fürden �atenschutz�� ���7����� S�� ���� (http���www��lda��brandenburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)

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80Brandenburgische Archive · 25/2008

• Erstens war „nach dem bisherigen Vorlauf nicht er-kennbar, weshalb [diese] Regelung nicht bereits zumEnde 1998 greifen sollte“36, um ein schnelles materi-ell-rechtliches Entziehen zu gewährleisten.

• Zweitens hatte der Datenschutzbeauftragte für eineGleichbehandlung aller neben der KMK noch vorhan-denen Datenbestände (z.B. VPM-Kartei) folgendenWortlaut empfohlen: „Sie sind den zuständigenArchiven so frühzeitig gem. § 4 Abs. 1 Brandenbur-gisches Archivgesetz anzubieten, dass diese sie bisEnde 1998 (spätestens 6 Monate nach Inkrafttretendes Gesetzes) übernehmen können.“37

Am 26. Mai 1999 wurde dann das novellierte Gesetz überdas Meldewesen im Land Brandenburg (BbgMeldeG)durch seine Bekanntmachung in Kraft gesetzt. Dies ent-hielt die folgende Regelung zur KMK:„§ 11a KreismeldekarteiDie Unterlagen der Kreismeldekarteien sind gesondertaufzubewahren und durch technische und organisato-rische Maßnahmen besonders zu sichern. Sie sind bissechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes in diekommunalen Archive zu überführen.“38

Dazu ist zu bemerken, dass beide Punkte, die der Da-tenschutzbeauftragte zum Novellierungsentwurf (Stand:09.01.1998) angebracht hatte, keinen Platz in der endgül-tigen Fassung des novellierten BbgMeldeG fanden.

Zusammenfassend ist zu betonen, dass den Regelun-gen zur „Überführung“ der KMK in die Archive im LandBrandenburg ein langer Erkenntnisprozess vorausging, indem sich ein Primärmotiv für diese Sicherung durch Archi-vierung in einem Historischen Archiv herauskristallisierte:der Schutz ehemaliger Bürger der DDR vor unzulässigerVerarbeitung ihrer personenbezogen Daten durch öffent-liche Stellen, die sie in ihrem durch die deutsche Einheiterworbenen Grundrecht beeinträchtigt, selbst über diePreisgabe und Verwendung ihrer Daten bestimmen (in-formationelles Selbstbestimmungsrecht) zu können.

Die Kreismeldekartei als ArchivgutMit dem in Kraft getreten § 11a im novellierten Branden-burger Meldegesetz und dem danach folgenden Rund-schreiben Nr. 7/1999 des MI des Landes Brandenburgwurden die Grundlagen für die „Überführung“ der KMK in

�6 Ebd��Ebd���7 Ebd��Ebd���� Gesetz über das Meldewesen im Land BrandenburgGesetz über das Meldewesen im Land Brandenburg

(BbgMeldeG) vom 26�� Mai ������ GVBl�� I�� ������ [Nr�� ��]�� S��Mai ������ GVBl�� I�� ������ [Nr�� ��]�� S���7���

die zuständigen kommunalen Archive des Landes gelegt.Jedoch war diese Vorgehensweise („Überführung“) derLandesregierung im Sinne des inzwischen verabschie-deten Brandenburgischen Archivgesetzes (BbgArchivG)39

nicht korrekt. Die zutreffende Vorgehensweise in diesemFall wäre das Anbieten der Unterlagen (KMK) nach § 4Abs. 1 und 2 BbgArchivG gewesen, so wie es der Da-tenschutzbeauftragte in seinem 6. Tätigkeitsbericht40 alsWortlaut für den novellierten Paragraphen vorgeschlagenhatte. Eine weitere Möglichkeit bestand darin, die Über-gabe der Unterlagen (KMK) als Zwischenarchivgut (§ 2Abs. 4 BbgArchivG) vorzunehmen Dieses Verfahren hättejedoch allenfalls einen Teil des gewünschten Effekts ab-gedeckt, nämlich die materielle Trennung, wenn die KMKphysisch vom zuständigen kommunalen Archiv übernom-men wurde. Eine rechtliche Trennung von der Verwaltungwäre damit nicht erfolgt, da sie noch lange nicht Archivgut(siehe § 5 Abs. 5 BbgArchivG) gewesen wäre und somitnicht dem BbgArchivG vollständig unterlegen hätte. In die-sem Falle hätten weiterhin die gesetzlichen Regelungenfür die Dauer der Sperrungs- und Löschungsfristen derabgebenden Stelle (§ 11 Abs. 3 und 4 BbgMeldeG) gegol-ten. Allerdings hätte den Unterlagen die entscheidendeHürde für eine Archivwürdigkeit noch bevorgestanden.Denn die endgültige Entscheidung über die Archivwür-digkeit der Unterlagen und über deren Übernahme in dasArchiv obliegt immer noch dem zuständigen öffentlichenArchiv nach § 5 Abs. 1 BbgArchivG. Dieses Recht derBewertung ist mit § 11a des novellierten BbgMeldeG demzuständigen Archivar durch den Gesetzgeber verwehrtworden. Jedoch ist eine Bewertung durch den Archivarimmer auch eine subjektive Entscheidung, da diese vonunterschiedlichen Persönlichkeiten getroffen wird. Es istdavon auszugehen, dass die meisten Archivare im LandBrandenburg die KMK als archivwürdig bewertet hätten.Eine flächendeckende Übernahme aller Unterlagen (KMK)in die Archive und die damit verbundene Änderung desRechtscharakters (vom BbgMeldeG zum BbgArchivG)wäre so wahrscheinlich nicht vollständig gewährleistetgewesen. Deshalb war die Entscheidung der Landesre-gierung, die KMK durch eine gesetzliche Regelung zumArchivgut zu erklären, letztlich eine richtige Entscheidung.Denn vor dem Hintergrund der Besonderheit „DDR“ in der

�� Gesetz über die Sicherung und Nutzung von öffentlichemGesetz über die Sicherung und Nutzung von öffentlichemArchivgut im Land Brandenburg (BrandenburgischesArchivgesetz �� BbgArchivG) vom 7�� April ������ GVBl�� I��April ������ GVBl�� I�������� S�� ����

�� Vgl�� 6�� Tätigkeitsbericht�� ���7����� S�� �� (http���www��lda��Vgl�� 6�� Tätigkeitsbericht�� ���7����� S�� �� (http���www��lda��brandenburg��de�si�cms�detail��php?gsid=�lbm���c��62�����de%2�&template=allgemein�lda)��

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8�Brandenburgische Archive · 25/2008

deutschen Geschichte ist an der Archivwürdigkeit derKMK nicht zu zweifeln.

Schlussfolgerungen für die Brandenburger ArchiveMit der „Überführung“ der KMK nach §11a BbgMeldeG indie kommunalen Archive des Landes Brandenburg änder-te sich auch, wie bereits erläutert, deren Rechtscharakter.Denn ab diesem Zeitpunkt unterlag die KMK ausschließ-lich den Bestimmungen des Brandenburgischen Archiv-gesetzes vom 12. April 1994.Laut § 3 BbgArchivG, der die Aufgaben der öffentlichenArchive definiert, gehört dazu auch die Aufgabe, Archiv-gut „für die Benutzung bereitzustellen und auszuwerten“.Diese Benutzung ist in drei Gruppen zu gliedern. Die erstestellt die Benutzung durch die abgebende Stelle nach § 7BbgArchivG dar, welche in diesem Fall die Meldebehördeist. Als zweite Benutzergruppe sind die Betroffenen nach§ 8 zu nennen und zuletzt die Benutzung durch Drittenach § 9. Im Folgenden sollen die Rechte dieser drei Be-nutzergruppen näher erläutert werden:

1. Benutzung durch die abgebende Stelle nach§ 7 BbgArchivGDie Nutzung der KMK durch die abgebende Stelle, wel-che in diesem Fall ausschließlich die Meldebehörde ist,ist auch zukünftig nicht ausgeschlossen. Jedoch müssendabei die Voraussetzungen des § 7 BbgArchivG erfülltsein, die lauten:• „(1) Die abgebende Stelle hat das Recht, Archivgut,

das aus ihren Unterlagen ausgewählt worden ist, je-derzeit zu benutzen, wenn sie es zur Erfüllung ihrerAufgaben benötigt.

• (2) Das gilt nicht für personenbezogene Daten, dieaufgrund einer Rechtsvorschrift hätten gesperrt odergelöscht werden müssen. In diesen Fällen bestehtdas Recht auf Benutzung nur nach Maßgabe des §10, jedoch nicht zu dem Zweck, zu welchem die per-sonenbezogenen Daten gespeichert worden sind.“

Wenn die Meldebehörde für ihre Aufgabenerfüllung Da-ten der KMK benötigt, kann sie diese also grundsätzlichnutzen. Selbstverständlich kann nur auf Daten zurückge-griffen werden, die zulässigerweise nach § 3 Abs. 1 und 2BbgMeldeG hätten gespeichert werden dürfen. Weiterhindarf die Meldebehörde Daten nutzen, sofern diese nicht„aufgrund einer Rechtsvorschrift hätten gesperrt oder ge-löscht werden müssen“. Als Rechtsvorschrift kommt hiernur § 11 Abs. 1 BbgMeldeG in Betracht. Daher muss dieMeldebehörde jede Anfrage prüfen, ob die von ihr abge-fragten Daten nach § 11 Abs. 2 und 3 BbgMeldeG hättengelöscht werden müssen.Mögliche Anfragen von der Meldebehörde (abgebende

Stelle), die im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung in Fragekommen, könnten sein:• ehemalige Anschriften zur Ausstellung von Aufent-

haltsbescheinigungen nach § 9 Abs. 3 BbgMeldeGoder

• Daten für eine Melderegisterauskunft nach § 32 Abs. 1BbgMeldeG.

In beiden Fällen wären die Voraussetzungen nach § 7Abs. 1 BbgArchivG erfüllt, da sie zu den Aufgaben derMeldebehörde zählen. Auch § 7 Abs. 2 dürfte im Regelfallnicht zu einem Nutzungsverbot führen, da für die Anfragennach § 9 und 32 BbgMeldeG keine Daten, die nach § 11Abs. 2 und 3 BbgMeldeG hätten gelöscht werden müssen(auch § 7 Abs. 2 BbgArchivG), benötigt werden.Da aber auf den Karteikarten der KMK auch melderechts-fremde Daten gespeichert sind, gibt es zwei Möglichkei-ten der Nutzung:• Auskunftserteilung durch das Archiv,• Auskunftserteilung durch Anfertigen einer Kopie der

entsprechenden Karte, danach schwärzen der unzu-lässigen Daten und anfertigen einer erneuten Kopie.

Vorderseite der „geschwärzten“ Kopiervorlage zur Auskunftser�teilung an die Meldestelle(hell = zulässige �aten�� dunkel = unzulässige �aten)

Rückseite der „geschwärzten“ Kopiervorlage zur Auskunftser�teilung an die Meldestelle(hell = zulässige �aten�� dunkel = unzulässige �aten)

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82Brandenburgische Archive · 25/2008

2. Benutzung durch Betroffene nach § 8 BbgArchivGDie Benutzung der Unterlagen der KMK durch Betroffenewird in § 8 Abs. 1 BbgArchivG wie folgt geregelt:• „(1) Betroffenen ist auf Antrag Auskunft über die im

Archivgut zu ihrer Person enthaltenen Daten zu ertei-len, soweit das Archivgut durch Namen der Personenerschlossen ist. Anstelle der Auskunft ist durch dasöffentliche Archiv Einsicht in die Unterlagen zu gewäh-ren, soweit schutzwürdige Belange Dritter angemes-sen berücksichtigt werden können […]“

Daher ist nach Antrag auf Auskunft eine Einsichtnahme indie eigene Kreismeldekarteikarte grundsätzlich möglich.Im Einzelfall muss aber geprüft werden, ob nach § 11 Abs.1 Nr. 2 BbgArchivG ein angemessener Schutz der Belan-ge Dritter gewährleistet ist.Eine mögliche Anfrage dazu wäre:• Adressanfrage für Familienzusammenführungen,

die im Zusammenhang mit Familientrennung41

(„Zwangsadoption“) in der ehemaligen DDR stehen.In solch einem Fall sind die „schutzwürdigen Belange Drit-ter“ genau zu prüfen und gegebenenfalls das Einverständ-nis des „Dritten“ für eine Auskunftserteilung einzuholen.

3. Benutzung durch Dritte nach § 9 BbgArchivG§ 9 Abs. 1 BbgArchivG regelt die Benutzung der KMKdurch Dritte wie folgt:• „(1) Jede Person, die ein berechtigtes Interesse glaub-

haft macht, hat das Recht, öffentliches Archivgut nachMaßgabe der Absätze 2 bis 3 sowie der §§ 10 und 11zu benutzen, sofern durch dieses Gesetz oder durchRechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. […]“

Die erste Voraussetzung für eine Benutzung nach § 9 Abs.1 ist somit ein berechtigtes Interesse. Dieses ist gegeben,„wenn die Benutzung zu amtlichen, wissenschaftlichen,heimatkundlichen, familiengeschichtlichen, publizisti-schen, unterrichtlichen oder Bildungszwecken sowie zurWahrnehmung berechtigter persönlicher Belange bean-tragt“ (§ 9 Abs. 2) wurde. Eine Prüfung schutzwürdigerBelange Dritter sollte in die Beurteilung des berechtigtenInteresses eines Antragstellers auf jeden Fall mit einbe-zogen werden. Wenn aber der „Zweck der Benutzungschutzwürdige Belange erheblich überwiegt“ (ebd.), istdas berechtigte Interesse ebenfalls gegeben. Daher isteine Benutzung, ausgehend vom berechtigten Interesse,grundsätzlich möglich. Jedoch müssen auch die Maßga-ben der §§ 10 und 11 BbgArchivG beachtet werden. ImFolgenden sollen die einzelnen Absätze der §§ 10 und 11,in Verbindung zur KMK, kurz behandelt werden.

�� Vgl�� � �� und � 7� Familiengesetzbuch der ��R vom 2���Vgl�� � �� und � 7� Familiengesetzbuch der ��R vom 2����ezember ��6��� GBl�� I�� ��66�� S�� ����

§ 10 Abs. 1 sieht eine 10-jährige Schutzfrist für Archivgutvor, die aber nicht für Unterlagen von Stellen der DDRgilt (§ 10 Abs. 6). Abs. 2 behandelt besondere Rechts-vorschriften über Geheimhaltung, die ebenfalls nach § 10Abs. 6 für die KMK nicht relevant sind.Abs. 3 ist wiederum für die KMK insofern relevant, da sichder Inhalt der Karteikarten „auf eine natürliche Personbezieht (personenbezogenes Archivgut)“ und dieser frü-hestens 10 Jahre nach dem Tod der betroffenen Personbenutzt werden darf. Es ist zu prüfen, ob diese Schutzfristeventuell verkürzt werden kann.Abs. 9 regelt dann die Schutzfristverkürzung:„Die Schutzfristen nach Absatz 3 können verkürzt werden,wenn• die betroffene Person oder nach ihrem Tod deren

Ehegatte, deren Partner einer auf Dauer angelegtenLebensgemeinschaft, Kinder oder Eltern in die Benut-zung eingewilligt haben oder

• die Benutzung zur Behebung einer bestehenden Be-weisnot oder aus sonstigen im rechtlichen Interesseeines Dritten liegenden Gründen unerlässlich ist oder

• die Benutzung für die Durchführung eines wissen-schaftlichen Vorhabens erforderlich ist und wennsichergestellt ist, dass schutzwürdige Belange derbetroffenen Person und Dritter nicht beeinträchtigtwerden, oder wenn das öffentliche Interesse an derDurchführung des wissenschaftlichen Vorhabens dieschutzwürdigen Belange erheblich überwiegt.“

§ 11 Abs. 1 regelt die Einschränkungen der Benutzungvon Archivgut allgemein. Diese Einschränkungen sindaber – mit Ausnahme der schutzwürdigen Belange Dritter– für Anfragen zur Benutzung der KMK weitgehend aus-zuschließen, aber von Anfrage zu Anfrage zu prüfen.Mögliche Anfragen von „Dritten“ wären:• Geburts- und Sterbedaten, Adressanfrage für Famili-

enforschung,• Rechtsanwaltsauskunft für Erbenermittlung,• Amtsgericht – Hinterlegungssachen (nach § 30

Rechtspflegegesetz).Bei solchen Anfragen ist das berechtigte Interesse nach§ 9 Abs. 2 offensichtlich erst einmal gegeben. Aber trotz-9 Abs. 2 offensichtlich erst einmal gegeben. Aber trotz-9 Abs. 2 offensichtlich erst einmal gegeben. Aber trotz-dem muss der Archivar besonders bei Familienforschungsehr genau die Verwandtschaftsverhältnisse prüfen. Auchdie schutzwürdigen Belange Dritter sind für eine Auskunfts-erteilung genau zu prüfen.

FazitAls ein Ergebnis der Betrachtung zum Weg der KMK indie Archive lässt sich zusammenfassend festhalten, dassdie Gründe für die Überführung in die Archive (perso-nenbezogene Daten) zwar schon grundsätzlich bekannt

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8�Brandenburgische Archive · 25/2008

waren, aber erst durch die Darstellung des Ausmaßes dermelderechtsfremden Daten die Motivation zu dieser ge-setzlichen Regelung deutlich nachvollziehbarer werden.Ebenfalls ist die gesonderte und detaillierte Beschreibungder einzelnen Benutzergruppen und ihrer Auskunftsrech-te als Leitfaden für den richtigen Umgang mit dem KMK-Bestand in den örtlichen Archiven zu sehen.

Übersicht über die Bestände der KMK imLand BrandenburgIm Folgenden soll auf der Grundlage einer Befragung einÜberblick über die Bestände der KMK in den Archiven imLand Brandenburg gegeben werden. Die Grundlage fürdiese Übersicht bildete ein selbst entwickelter Fragebo-gen. Das Ziel dieser Befragung bestand darin, herauszu-finden, in welchen Archivbeständen im Land Brandenburgdie KMK der ehemaligen VPKA zu finden sind, in welchemUmfang und wie sich das Anfragenspektrum gestaltet.Die Archive wurden zu zwei Themenkomplexen befragt.Zunächst sollten kurz Angaben zur KMK getätigt werden.Dazu gehörten Fragen zur Ordnung der Karteien, Umfangund Vollständigkeit. Der nachfolgende Fragenkomplexbeschäftigte sich mit dem Thema Anfragen zur KMK.Darin sollten Angaben zum Umfang und zur Herkunftder Anfragen sowie dem Auskunftserteilenden gemachtwerden. Die Erarbeitung des Fragebogens entstand inKooperation mit dem Leiter des Stadtarchivs Cottbus undder Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliothe-ken im Brandenburgischen Landeshauptarchiv sowie aufBasis der an der FH Potsdam erworbenen Kenntnisse.Nach Fertigstellung wurde der Fragebogen von der Lan-desfachstelle 20 Kreis- und Stadtarchiven im Land Bran-denburg im Juni 2006 per E-Mail zugeschickt. Mehr alsdie Hälfte der Archive antwortete mit einem ausgefülltenFragebogen.

Kreisarchive:Landkreis Dahme-Spreewald – Kreisarchiv15907 Lübben- KMK und VPM der ehem. Kreise Königs Wusterhau-

sen, Lübben und Luckau – vollständig- 134 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Landkreis Elbe-Elster – Kreisarchiv04916 Herzberg- KMK�� VPM�� Reisekartei und Anträge Personalaus�

weise und Reisepässe der ehem. Kreise Finsterwal-de – vollständig, Bad Liebenwerda – vollständig undHerzberg – nicht vollständig

- 110 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Landkreis Havelland – Kreisarchiv14662 Friesack- KMK der ehem. Kreise Nauen, Rathenow – nicht voll-

ständig- Reisekartei der ehem. Kreise Nauen, Rathenow

– nicht vollständig- 99 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Landkreis Märkisch-Oderland – Kreisarchiv15306 Seelow- KMK der ehem. Kreise Bad Freienwalde, Seelow,

Strausberg sowie die Kartei von Rüdersdorf desehem. Kreises Fürstenwalde – nicht vollständig

- VPM von Müncheberg, Neuenhagen b. Berlin, Ge-meinden des Amtes Seelow-Land, Tiefensee undStadt Bad Freienwalde mit eingemeindeten Orten– nicht vollständig

- Anträge Personalausweise – Kartei- 178 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Landkreis Oberspreewald- Lausitz – Kreisarchiv01968 Senftenberg03205 Calau (Außenstelle)- KMK der ehem. Kreise Calau und Senftenberg – nicht

vollständig- Alphabetisch geordnet

Landkreis Oder- Spree – Kreisarchiv15848 Beeskow- KMK und VPM der ehem. Kreise Beeskow, Eisenhüt-

tenstadt und Fürstenwalde – nicht vollständig- 110 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Landkreis Spree-Neiße – Kreisarchiv03149 Forst/Lausitz- KMK und VPM des ehem. Kreises Drebkau und „Amt

Burg (Spreewald); Amt Döbern-Land; Amt Hornow-Simmersdorf; Amt Peitz; Gemeinde Kolkwitz; Gemein-de Neuhausen/Spree“ – vollständig

- 20 lfm alphabetisch geordnet

Landkreis Teltow- Fläming - Kreisarchiv14943 Luckenwalde- KMK der ehem. Kreise Luckenwalde und Jüterbog

befindet sich im Archiv der Stadtverwaltung- KMK des ehem. Kreises Zossen befindet sich im

Stadtarchiv Ludwigsfelde

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8�Brandenburgische Archive · 25/2008

Archive der kreisfreien Städte:Stadtarchiv Brandenburg an der Havel14776 Brandenburg an der Havel- KMK und VPM des ehem. Stadt- und Landkreises

Brandenburg – nicht vollständig- 151 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Stadtarchiv Cottbus03046 Cottbus- KMK des ehem. Stadt- und Landkreises Cottbus

– nicht vollständig- 130 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

(getrennt nach männlich und weiblich)

Stadtarchiv Frankfurt (Oder)15230 Frankfurt (Oder)- KMK und VPM des ehem. Stadtkreises Frankfurt

(Oder) – vollständig- 24 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

Stadtarchiv Potsdam14461 Potsdam- KMK des ehem. Stadt- und Landkreises Potsdam

– vollständig- VPM des ehem. Stadtkreises Potsdam – vollständig- 200 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

weitere kommunale Archive

(ehem. kreisfreie Städte):Stadtarchiv Eisenhüttenstadt15898 Eisenhüttenstadt- KMK des ehem. Stadtkreises Eisenhüttenstadt- 20 lfm

Stadtarchiv Schwedt/Oder16303 Schwedt/Oder- KMK des ehem. Stadtkreises Schwedt/Oder –voll-

ständig- 48 lfm geordnet nach Verzug und laufende Kartei

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eilu

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Internet: www.landeshauptarchiv-brandenburg.de

Die Landesfachstelle für Archive und öffentlicheBibliotheken im Brandenburgischen Landeshaupt-archiv ist für die Beratung der Unterhaltsträger derArchive und der öffentlichen Bibliotheken in allen ar-chivischen und bibliothekarischen Fachfragen zustän-dig. Sie unterstützt den Ausbau eines leistungsfähigenNetzes miteinander kooperierender Archive und öf-fentlicher Bibliotheken in den Landkreisen, kreisfreienStädten sowie kreisangehörigen Städten, Ämtern undGemeinden im Land Brandenburg.Durch Beratung, Fortbildung und verschiedene Diens-te wird ein einheitlicher archiv- und bibliotheksfachli-cher Standard angestrebt.Angebot / Dienste:

" Entwicklungsplanung" gutachterliche Tätigkeit für alle Fachgebiete" Projektmanagement" Beratung in Fragen des Archivrechts" Beratung in Fragen der Bestandserhaltung" Durchführung von Tagungen, Seminaren,

Fortbildungsveranstaltung" Beratung in Fragen der Aus- und Weiterbil-

dung" Zuständige Stelle für den Ausbildungsberuf

der/des Fachangestellten für Medien- und In-formationsdienste

" Betreuung von Bau- und Einrichtungsplanung

An der Orangerie 314469 Potsdam

Tel.: 0331–62032-0Fax: 0331–62032-16

E-Mail: [email protected]: www.landeshauptarchiv-brandenburg.de

Abb. zum Beitrag: Susanna Wurche „Posthume Annäherung an Hedwig Bollhagen ...“, S. 21Diplom zur Goldmedaille von der Internationalen Ausstellung für Kunst und Technik (Weltausstellung) in Paris, 1937(Rep. 116 Bollhagen 68 G)

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