2010-09-23 Journalismus als zentrale gesellschaftliche Instanz des Public Storytelling
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Transcript of 2010-09-23 Journalismus als zentrale gesellschaftliche Instanz des Public Storytelling
Zürcher Fachhochschule 1
IAMPublic Storytelling in Convergent Media
Journalismus als zentrale gesellschaftliche Instanz des Public Storytelling:
23. September 2010
Prof. Dr. Vinzenz Wyss
Zürcher Fachhochschule 2
Lernziele
• Sie kennen die heute in der Medienwissenschaft diskutierte
Konzeption des Journalismus als soziales System
• Sie erkennen, dass Journalismus unter Rückgriff auf den Code der „Mehrsystemrelevanz“ Komplexität reduziert und dabei den Kommunikationsmodus der Narrativität einsetzt.
• Sie verstehen Journalismus als Narrator, der einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Deutungen von sozialen Ordnungen leistet.
Zürcher Fachhochschule 3
Was ist Journalismus?
• Statements von (ehemaligen) Chefredaktoren:
• Marco Färber, ehem. Radio DRS
• Hannes Britschgi, ehem. Facts
• Balz Hosang, Schweizerischer Beobachter
Zürcher Fachhochschule 4
Von was sprechen wir?Systemtheoretischer Annäherungsversuch
Religion
Politik
Wissenschaft
etc.
KunstJournalismus
Public Relations
Demonstration
Film
Forschungs- bericht
Verkündigung
ÖffentlichkeitUrteil
Wirtschaft Recht
Public Relations
PR.
Jour.
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Funktion des Journalismus
Selbstbeobachtung und Synchronisation der Gesellschaft
Journalismus beobachtet zur Ausübung seiner gesellschaftlichen Funktion
gleichzeitig mehrere Systeme und deren Irritationen zwischen einander.
Er löst mit dieser Leistung für die Gesellschaft ein zentrales Problem:
Der Journalismus knüpft die anderen dynamisch auseinander driftenden
Teilsysteme zeitlich und sozial aneinander.
Der Journalismus übernimmt für die anderen Systeme die Aufgabe
Synchronisation und die Beobachtung der jeweils anderen Systeme, womit diese
allein überfordert wären.
Zürcher Fachhochschule 6
Leitdifferenz/Code des Journalismus: Intersystemische Relevanz (Mehrsystemrelevanz)
• Journalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er Bezüge von einem gesellschaftlichen System zu einem anderen herstellt.
• Er bearbeitet und thematisiert eher solche Themen, die über den Bereich und Ort hinaus, in dem sie passieren, Bedeutung erlangen können.
• Journalisten berichten deshalb, weil ein Thema gleichzeitig in mehr als einem und in (möglichst) vielen gesellschaftlichen Teilsystemen als relevant erscheint und aktuell Resonanz (Anschlusskommunikation) erzeugt.
Zürcher Fachhochschule 7
Systemtheoretische Perspektive: Selbstbeobachtung und Synchronisation von Gesellschaft
Religion
Politik
Wissenschaft
Erziehung
KunstJournalismus
Demonstration
Film
Report
Verkündigung
Öffentlichkeit
Wirtschaft Recht
Vermittlung
Public Relations
Urteil
Code: Mehrsystem-
Relevanz
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Wissen-schaftliches Wissen:
Code A
Politisches Wissen
Code B
Wirtschaft-liches Wissen
Code C
Ethisches Wissen
Code D
Narratives Wissen
Problem der Verkettung
Pro
ble
m d
er L
egiti
mat
ion
Journalismus als Narrator
Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus
Zürcher Fachhochschule 9
Verkettung über Meta-Narration
wissen-schaftlich
er Diskurs:
wahr/unwahr
wirt-schaftlich
er Diskurs:
verkaufen / nicht
verkaufen
religiöser Diskurs:
transzendent /
immanent
politischer Diskurs:
kollektiv verb.
Entscheide / n.k.v. E
x-Diskurs
x/nicht x
Narration NarrationNarration Narration Narration
Narrativität als zentraler journalistischer Kommunikationsmodus
z.B. Macht
(Aufstieg und Fall,
Vergeblichkeit, Gier
nach ...)
z.B. mörderische
oder befreiende List
z.B. bedrohte
Sicherheit,
Erlösung
Zürcher Fachhochschule 10
Diskursives vs. Narratives Wissen
• Diskurse und Standards sind grundsätzlich unvereinbar: „Because different standards are used to justify/legitimate the reasons, the discourses are fundamentally inconsumerable and cannot be reduced to each another.“ (Geiger 2005: 198).
• Mit narrativem Wissen werden nicht nur einfach Fakten oder Argumente vermittelt, sondern Narration kombiniert Ereignisse, Fakten und Erfahrungen aus dem Kontext einer spezifischen Situation so, dass sie miteinander kausal verlinkt werden und so für den Erzähler und den Rezipienten Sinn machen. Corner (1999: 46) definiert Narration als „representation of a chain of events in cause-effect relationsship occuring in time and space.“
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Narration als Sinnstruktur
Narration
… strukturiert Zeit und Raum.
… ordnet, hierarchisiert und stellt Sinn her.
… verständigt über gemeinsame
Wahrnehmung
… bedient sich Techniken wie Erinnerung,
erzählerischer Grundmuster und Motive.
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Narrativität - Elemente einer Story
1) Die Elemente einer Story stehen in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge.
2) Die Story braucht Charaktere, die möglichst archetypische Rollen (Helden, Opfer, Erlöser, Verlierer etc.) übernehmen.
3) Die Story beinhaltet Hinweise darauf, wie sie zu deuten ist: sie verfügt über mehrere Bedeutungsebenen: die konkrete Handlung repräsentiert ein generelles Thema, das über die unmittelbare Aktualität hinausweist.
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Motive
• Macht (Aufstieg und Fall, Vergeblichkeit,
Gier nach ...)
• Bedrohte Sicherheit, Erlösung
• Liebe in allen Variationen
• Gerechtigkeit
• Rettung aus Not
• Verrat
• Initiation (Entwicklungsromane etc.) und
Bruch
• Tod, Selbstopferung
• Anklage und Rechtfertigung
• Scheitern und Wiederauferstehung
• Das Unbekannte, Unheimliche und
seine Entdeckung
• Das Paradox
• Verzehrende Passion für eine Sache
• Erdrückende Schuld und Sühne
• Mörderische oder befreiende List
• Rache, Brudermord
• Autonomie, Freiheit
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Peitschen-Peer und Bankgeheimnis I
Peitschen-Peer und Bankgeheimnis II
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Narrativität als journalistischer Qualitätsstandard
• Distanz, Unabgängigkeit
• Faktentreue, Richtigkeit
• Perspektivenvielfalt
• Mehrsystemrelevanz
• Aktualität
• Transparenz, Reflexivität
• Vermittlung: Narrativität
Beispiel:
Armeedrama
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IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft
Frames und narrative Muster in der Religionsberichterstattung
Carmen Koch
23. September 2010
Zürcher Fachhochschule 1717
Untersuchungsanlage Inhaltsanalyse
• Quantitative Inhaltsanalyse
• Tages-, Wochen-, Sonntags-, Gratiszeitungen aus der Region Zürich und Lausanne, Radio- und TV-Nachrichten- und Hintergrundsendungen von DRS und SF
• Jahr 1998 und 2008
• Anzahl Beiträge: 4‘920 Beiträge, davon 2‘138 auf zweiter Stufe
Zürcher Fachhochschule 18
Häufigkeit
18
Zürcher Fachhochschule 1919
Frames - Arbeitsdefinition
Frames sind sozial geteilte Deutungsmuster, die den Sinnhorizont zu einem Thema erfassen und die Perspektive, mit welcher ein Thema bearbeitet werden, in der Art bestimmen, dass einige Aspekte der wahrgenommen Realität salienter gemacht werden als andere. Sie setzten sich aus mehreren konsistent miteinander verbundenen Elementen zusammen. Ihre Funktion ist die Strukturierung, Komplexitätsreduzierung sowie die Anleitung der Selektion von Informationen.
(angelehnt an Entman 1993, Dahinden 2006, Matthes 2009)
Zürcher Fachhochschule 2020
Empirische Erfassung von Frames in der Religionsberichterstattung
• Thema: Politik/Konflikt, Religion, andere
• Ereignisvalenz: negativ/negativ-neutral und neutral/positiv
• Religiöse Dimensionen vorhanden
• Basisframeelemente: Meinungsverschiedenheiten, Terrorismusgefahr/ -bedrohung, Personalisierung, Moral/höheres Ziel, Bezug zu Gott oder anderen religiösen Vorstellungen, Wirtschaft.
• Hauptakteur: religiöser Hauptakteur oder nicht?
• Attribuierungen der Akteure: stark negativ/negativ, positiv, keine
Zürcher Fachhochschule 21
Frames in der Religionsberichterstattung
• Religionsframe [26.3%]
• Frame «Moraldiskussion mit Religionsbezug [22.9%]
• Frame «Politischer Konflikt mit religiösem Akteur»[18.9%]
• Areligiöser Frame [31.9%]
21
Zürcher Fachhochschule 22
Frames in der Religionsberichterstattung
22
Zürcher Fachhochschule 2323
Aufbau einer Narration
bestimmte Reihenfolge
Charakteren, möglichst archetypisch
Hinweise/ Schlüssel für Interpretation
Lösung am Schluss
Mehrere Bedeutungsebenen
(Dahlgren 1991)
Zürcher Fachhochschule 2424
Mythen/ narrative Muster
• Universalität
• Ständige Weitergabe von Generation zu Generation
Funktion:
• Erhaltung des sozialen, kulturellen System
• Vermittlung von Werten, Normen; liefern Antworten auf grundsätzliche Fragen
• Abbild der Gesellschaft
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Mastermythen / narrative Muster nach Lule 2001
• Held
• Gute Mutter
• Opfer
• Sündenbock
• Trickster
• Andere Welt
• Die grosse Flut
Trickser
Bösewicht
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Narrative Akteursmuster
26
Opfer Böse-wicht
Schul-
diger
Held Gute Mutter
Trickser Krimi-
nellerKatholiken 4.5% 2.2% 12.7% 10.2% 19.5% 5.4% 14.5%
Protestanten 0.0% 1.0% 6.2% 5.0% 12.2% 8.0% 10.0%
Muslime 3.4% 7.0% 15.0% 5.2% 8.5% 13.1% 27.8%
Juden 29.6% 1.5% 7.9% 2.6% 13.6% 4.8% 5.1%
Buddhisten 9.8% 0.0% 5.6% 19.2% 28.7% 23.6% 10.9%
Sekten 14.3% 2.2% 16.7% 5.1% 6.0% 16.5% 34.6%
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Narratives Muster „die andere Welt“
27
Zürcher Fachhochschule 28
Beispiel
• http://www.videoportal.sf.tv/video?id=abdfd10a-c579-4887-ba1b-fe02ede8f913;DCSext.zugang=videoportal_aehnlichevideos
Zürcher Fachhochschule 29
Q-Check Kontrolle: Lässt sich daraus eine journalistische Geschichte mache?
Mehrsystem-Relevanz
Werte, Valenz je stärker allgemein akzeptierte Werte oder Rechte bedroht sind
Irritation: ErfolgKontroverseÜberraschung
je kontroverser das Ereignis oder Themaje überraschender das Ereignis eintritt oder verläuftje ausgeprägter der Erfolg oder Fortschritt
Tragweite,Betroffenheit
je größer die Tragweite des Ereignisses, je mehr das Ereignis persönliche Lebensumstände oder Bedürfnisse einzelner berührt
RollenträgerPersonalisierungElite-PersonElite-InstitutionElite-NationArchetypische
Rollenträger
je mächtiger, einflussreicher, prominenter die beteiligten Akteure, die beteiligte(n) Institution(en) oder Organisation(en, die beteiligte(n) Nation(en)
Helden, Verräter, Retter, Erlöser Intriganten etc.
ZeitstrukturDynamikUngewissheit
Anfang – Irritation- (mögliches) Endeje ungewisser, offener der Ereignisablauf
Höhere
Bedeutungsebene
Die unausge-sprochene
„Geschichte“Stereotypie
Je mehr vorgefertigte Vor-Urteile bestätigt werden
EmotionalisierungLebenswelt-
erfahrungje mehr emotionale, gefühlsbetonte Aspekte das
Geschehen hat
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Wissenschaft
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Ratgeber
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Medien
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Ressortbarrieren
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Neue Organisationsmodelle: Beispiel Springer Berlin
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Vermischtes
Chef-Balken
Chefs vom DienstSpringer, Berlin, 11/06:
gemeinsamer Newsroom für Welt, Welt kompakt, Morgenpost, Welt am
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