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Lothar I. Kaiser und Mönch in Prüm Zum 1150. Jahr seines Todes Im Auftrag des Geschichtsvereins "Prümer Land" e.v. herausgegeben von Reiner N olden .,' ;.'_ Prüm 2005

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Lothar I.Kaiser und Mönch in Prüm

Zum 1150. Jahr seines Todes

Im Auftrag desGeschichtsvereins "Prümer Land" e.v.

herausgegeben vonReiner N olden .,' ;.'_

Prüm 2005

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Die dispositio regni Lothars I.von 855

Von Sören Kaschke

"Der Tod des Kaisers in der Mönchskuttewar der klägliche Ausgang eines verfehl-ten Daseins." So hart resümierte ErnstDürnmler 1862 das Leben Kaiser LotharsI., und bis heute ist Lothar ein Stiefkindder Geschichtswissenschaft geblieben. Ergilt als "Besiegter"/ sein bei der Teilungvon Verdun 843 eingerichtetes Mittelreichals heterogenes, "überaus künstlichespolitisches Gebilde" / das sich letztlich,wenngleich keineswegs zwangsläufig, alshistorische Sackgasse erwies. Allein demWest- und dem Ostfrankenreich sollte(auch forschungstechnisch) als VorstufenFrankreichs und Deutschlands die Zu-kunft gehören. Lothar und seinem Mittel-reich wurde dagegen weder in den Jahrbü-ehern des Deutschen Reichs, in derenRahmen Dümmler seine wenig schmei-chelhafte Einschätzung publizierte, nochin der maßgeblichen Quellenkunde vonWattenbach/Levison/Löwe (mit demObertitel: "Deutschlands Geschichts-quellen im Mittelalter") ein eigener Bandzugedacht. Noch 1990 konzentrierte sichein Sammelband über "MittelalterlicheHerrscher in Lebensbildern" vom TodeLudwigs des Frommen an wie selbstver-ständlich auf die ostfränkische, "deut-sehe" Linie der Herrscher und ignorierteden immerhin über Friesland, Aachen,Köln und Trier gebietenden Kaiser: Alleindas 855 gebildete, seinem mittleren Sohnnachbenannte Lotharingien erfreute sich

in der Forschung, seit 1945 auch im Zei-chen der deutsch-französischen Aussöh-nung, stets einer gewissen Aufmerksam-keit.' Neben der bereits angeführten ver-dienstvollen biographischen Skizze vonTheodor Schieffer, als Herausgeber derDiplerne Lothars der wohl beste Kennerder Materie überhaupt, bieten daherweiterhin allein die über 100 Jahre alteArbeit Robert Parisots sowie eine nochunveröffentlichte englische Dissertationvon 1999 eine ausführlichere Darstellungder Herrschaft Lothars 1.6

Das geringe Interesse an Lothar ist jedochnicht allein eine Folge der mangelndenKontinuität seiner Herrschaft, seinschlechter Ruf nur zum Teil aus der Rolleeines Widerparts zu den "Gründungs-heroen" in West und Ost, Kar! dem Kah-len und Ludwig "dem Deutschen" <!)bzw. aus den einseitigen, meist aus derPerspektive seiner Brüder verfasstenQuellen, zu erklären.' Zumal die deutscheForschung, seit langem vom Gedankender Reichseinheit und seiner vermeint-lichen Kodifizierung in der Ordinatio im-perii" Ludwigs des Frommen von 817fasziniert, sieht in Lothar bis in die jüngs-te Zeit einen Hauptverantwortlichen fürdessen Scheitern. In dieser Sicht hättenzwar alle Söhne Ludwigs des Frommenam Untergang der weitsichtigen Reichs-konzeption ihres Vaters mitgewirkt,' dochsei es speziell der Erstgeborene Lothar

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gewesen, der sich "als unfähig erwies,seinen Anspruch auf Alleinherrschaft zubehaupten"IO und damit die Einheit desFrankenreichs zu bewahren. Dass nunausgerechnet Lothar, der ursprünglicheHauptnutznießer der Ordinatio und ver-meintliche Protagonist der Reichseinheitüber 840 hinaus," nicht nur die Teilungvon Verdun nicht abwenden konnte,sondern obendrein als erster der Brüderund aus eigenem Antrieb sein Reich imSeptember 855 zur weiteren Aufteilungunter seinen Söhnen vorsah, betrachtetdie deutsche Forschung als bittere Ironieder Geschichte. Denn ihr gilt traditionelldie Teilung von 843 als radikale "Abkehrvon den einst verfochtenen universalenZielen"12 und als "Preisgabe der altenIdeale, für die soviel Mühe, Kraft und Blutgeopfert worden war"." In diesen Kon-text ist rückblickend auch Dümmlersnoch vor der Reichsgründung 1870 for-muliertes Urteil einzuordnen.Im Folgenden soll versucht werden,Reichsteilung und Klostereintritt mitein-ander in Verbindung zu setzen, ohne dasHandeln Lothars an dem letztlich mehrder modernen als der zeitgenössischenPerspektive verpflichteten Ziel der Reichs-einheit zu messen. Im Zentrum der Unter-suchung steht der konkrete Nutzen dieserMaßnahme für die Stabilisierung desMittelreichs und seiner Dynastie. Immer-hin glückte 855, was noch nie zuvor in derkarolingischen Geschichte gelungen war:die \'V'eitergabe eines Teilreichs an alleSöhne seines Herrschers. Sowohl 747 wie771 hatte in analogen Situationen jeweilsder Bruder des Herrschers mit Zustim-mung oder Duldung der Großen das ge-

samte Frankenreich in seiner Hand ver-einigt, während seine N eHen im Dunkelder Geschichte verschwanden.Nach der Teilung von Verdun hatten sichdie drei Söhne Ludwigs des Frommen,wohl nicht zuletzt eingedenk der "Fami-lientradition", wiederholt gegenseitig dieRespektierung der Nachfolge aller Söhnezugesichert." Ob dieses Versprechen imErnstfall jedoch Bestand haben würde,musste schon den Zeitgenossen zweifel-haft erscheinen. Besonders prekär war dieLage für Lothar, dessen vorzeitiges Able-ben angesichts einer AltersdiHerenz vonüber 10Jahren zu Ludwig dem Deutschenund von 28 Jahren zu Kar! dem Kahlenvon diesen mit einiger Zuversicht erwar-tet werden konnte, und dessen Mittel-reich gleich von zwei Seiten dem Zugriffder schon im Bürgerkrieg 840-843 gegenihn verbündeten jüngeren Brüder offen-stand. Nicht zuletzt aus diesem Grunddürfte Lothar nach 843 relativ bald dazuübergegangen sein, die gemeinsame Ver-antwortung der drei Herrscher für dasFrankenreich zu betonen und sich um dieEintracht innerhalb der karolingischenDynastie zu bemühen. Trotzdem konnteer nicht verhindern, dass Ludwig derDeutsche 854 seinen gleichnamigen Sohnnach Aquitanien in das Reich Karls desKahlen schickte. Wenngleich der VersuchLudwigs scheiterte, sich gewissermaßenals lachender Dritter das zwischen Kar!dem Kahlen und Pippin 11. (einem imVertrag von Verdun unberücksichtigtgebliebenen Neffen der drei Brüder) um-strittene Aquitanien anzueignen, so wardas Klima in der Familie zu Beginn desJahres 855 jedenfalls sehr angespannt."

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laiNachfolge auszuwählen." In dem Maße,in dem sich die drei 843 gebildeten Teil-reiche aber misstrauisch voneinander ab-schotteten und auf ihrer Autonomie be-harrten," begann das alte Einheitsgefühlzu verblassen. Entsprechend wurde jedesTeilreich nunmehr wie zuvor allein dasGesamtreich behandelt und zur weiterenAufteilung freigegeben. Für Lothar galtes nun einerseits, die Großen frühzeitigauf die Unterstützung seiner Söhne fest-zulegen, und andererseits eine Teilungs-formel zu finden, die keinem der Söhneals derart ungerecht erschien, dass er ge-waltsam seinen Anteil zu vergrößernsuchen würde. Angesichts der wieder-holten öffentlichen Zusagen, in allen Teil-reichen alle Söhne zur Nachfolge zuzu-lassen, war es offenkundig nicht möglich,nun plötzlich zur alten Praxis der Indivi-dualsukzession in einem Teilreich zurück-zukehren. Dass Lothar eine solche Rege-lung zugunsten seines ältesten SohnsLudwig, der in Italien bereits seit 840 als(U nter-) König und seit 850 auch alsMitkaiser amtierte, zeitweilig angestrebthabe," lässt sich aus den Quellen nichteindeutig belegen.Soweit die wenigen zeitnahen Berichteeine Rekonstruktion der Abläufe im Sep-tember 855 gestatten, machte sich Lothar,als er den Tod nahen fühlte, von Aachenaus auf den Weg zum Kloster Prüm, das erzu seiner Grablege auserkoren hatte. Eineknappe Tagesreise vor Prüm machte ermit seinem Gefolge Station in der PfalzSchüller, wo er am Donnerstag, dem 19.September mit der letzten Urkundeseiner Regierungszeit die villa Elvenich anPrüm schenkte." Insofern Lothar hier

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Ausgerechnet in dieser Situation erkrank-te nun Lothar schwer, und spätestens umdie Mitte des Jahres war offenbar abzu-sehen, dass an eine Genesung nicht mehrzu denken war. Die Nachricht vonLothars bald zu erwartendem Ablebenbewirkte den Annales Bertiniani zufolgebezeichnenderweise genau das, was Lo-thars diplomatische Vermittlungsversuchenicht erreicht hatten: die Aussöhnung derzerstrittenen Brüder Ludwig und Karl."Die Absicherung der Nachfolge seinerSöhne musste nunmehr Lothars höchstePriorität sein. Dabei galt es zwei Gefahrenvorzubeugen, die bei Nachfolgesituati-onen in der fränkischen Geschichte wie-derholt zu schweren Konflikten geführthatten. Erstens war zu befürchten, dassLorhars Brüder versuchen würden, ihrepolitisch noch recht unerfahrenen undz.T. minderjährigen Neffen allen früherenZusagen zum Trotz gänzlich von derHerrschaft auszuschließen und sich denGroßen des Mittelreichs als die erfolgver-sprechendere Alternative zu präsentieren.Zweitens drohten beim Tod des Vatersstets Konflikte unter den Erben über dieModalitäten der vorzunehmenden Reichs-teilung. Gerade der blutige Krieg nachLudwigs des Frommen Tod, als Lotharseine Brüder entweder völlig verdrängenwolltel7 oder doch zumindest sämtlicheGebiete des Reichs beanspruchte, die ihmder Vater in der Ordinatio imperii der-einst zugesagt hatte, stand allen Zeitge-nossen als abschreckendes Beispiel nochgut vor Augen.Bis 843 war es bei Merowingern wie Karo-lingern üblich gewesen, in einem Teilreichjeweils nur einen einzigen Sohn zur

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noch frei über seinen Besitz verfügte undkeiner seiner Söhne die Urkunde mitun-terzeichnet hat, steht zu vermuten, dassentgegen der Annahme des Herausgeberszu diesem Zeitpunkt die Aufteilung desReichs noch nicht vollzogen war undLothar auch noch nicht der Herrschaftentsagt hatte. Möglicherweise befand sichzudem Lothar 11. (zu dessen künftigemReich Prüm und Elvenich gehörten) garnicht in Schüller, sondern reiste zumTreffen mit dem Vater direkt aus dem ihmzu Beginn des Jahres übertragenen Fries-land" nach Prüm an. Im Übrigen belegtdas Dokument, dass Lothar I. nicht inseinem Mitkaiser Ludwig 11.den künftigenHerren über Prüm und die Francia sah, daer bei der Ermahnung seiner Nachfolger,dem Kloster die Schenkung zu bewahren,allein an einen königlichen Sohn oderEnkel, ggf. sogar an einen seiner (könig-lichen) Brüder dachte (filius scilicet acnepos vel quilibet ex regia dignitatei;" nichtaber an einen Nachfolger von kaiser-lichem Rang.Es stellt sich nun die Frage, was Lothar inden drei Tagen zwischen dem Aufenthaltin Schüller und seinem üblicherweise aufMontag, den 23. September datierten Ein-tritt in den Prümer Konvent zur Regelungseiner Nachfolge unternahm. Einenersten Hinweis bietet die im Abstandeines halben Jahrhunderts verfasste Chro-nik Reginos von Prüm, der berichtet,Lothar habe die Großen des Reichs (pri-mores regni) einberufen und das imperiuman seine drei Söhne Ludwig, Lothar undKarl verteilt. Nachdem er so alle Belangedes Reichs geordnet hatte, habe er sichvon den Seinen verabschiedet, der Welt

entsagt und sich ins Kloster Prüm bege-ben, wo er die Tonsur empfing und ver-starb." Hier hat es den Anschein, als seiLothar erst nach vollzogener Reichstei-lung nach Prüm gekommen, so dass dievorherige (Reichs-) Versammlung noch inder Pfalz Schüller abgehalten worden seinmüsste." Bernd Isphording verweist je-doch zu Recht darauf, dass Schüller alsrecht kleine Pfalz kaum der zur Abhal-tung einer Reichsversammlung geeigneteOrt war," Wie bereits erwähnt traf sichzudem Lothar 11. möglicherweise erst inPrüm mit seinem Vater. Dessen Anwesen-heit bei der Reichsteilung wird aber vonden zeitnahen Armales Bertiniani aus-drücklich erwähnt. Ohnehin schilderndiese Annalen die Vorgänge so, als habeLothar der Welt und seiner Herrschaft inenger zeitlicher und räumlicher Verbin-dung mit der Aufteilung seines Reichsentsagt." In diesem Sinne lässt sichschließlich auch die Beischrift einer Minia-tur von Lotbars Grablegung im PrümerUrbar auffassen." Allerdings wurden Ab-bildung und Text wahrscheinlich erst 1222vom Bearbeiter des Urbars angefertigt,dem ehemaligen Prümer Abt Caesariusvon Milendonk," wobei sich der Wortlautoffenkundig an den Annales Bertinianiorientiert und damit die einzige, bislangunerkannte Rezeption dieser Annalenaußerhalb des westfränkischen Raumsdokumentiert.Bedenkt man mit Isphording, dass Sonn-tag, der 22. September 855 auf den Tag desheiligen Mauritius fiel, eines wichtigenfränkischen Reichsheiligen, dem auch inPrüm ein Altar geweiht war, und ziehtman die bekannte Neigung frühmittel-

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alterlieher Herrscher in Betracht, wichti-ge politische Beschlüsse auf bedeutendeFesttage zu legen," so erscheint es nichtunwahrscheinlich, dass Lothar I. seine

. letzte Reichsversammlung an eben diesemTag in Prüm abhielt und dort auch dieTeilung des Reichs verkündete. DieFormulierung bei Regino wäre dann so zuverstehen, dass sich Lothar, entwedernoch am selben Abend oder erst am fol-genden Montag," von seiner Unterkunftim Gästehaus des Klosters in die Klausurbegeben hat, wobei Regino als ehemaligerAbt die Klausur als den eigentlichenklösterlichen Bereich auffasste.Die Gebietszuweisungen an die einzelnenSöhne lassen sich recht genau rekonstru-ieren. Dem in Prüm nicht anwesendenLudwig II. wurde seine Herrschaft überItalien bestätigt, nicht aber über die Alpenhinaus erweitert. Dies war zweifellos einesinnvolle Bestimmung," insofern es dienaturräumlichen Bedingungen jedem mit-telalterlichen Herrscher äußerst schwermachten, gleichzeitig effektiv nördlichund südlich der Alpen zu regieren. Trotz-dem hat sich Ludwig später bei seinenOnkeln über diese Regelung beklagt, da erder Ansicht war, Italien unmittelbar vonseinem Großvater Ludwig dem Frommenerhalten zu haben und dass dieses Landinsofernüberhaupt nicht zur Erbmassedes Vaters gerechnet werden durfte.Daher sei 8551ediglich der nordalpine Teildes Mittelreichs zwischen den dreiBrüdern gleichmäßig aufzuteilen gewe-sen, weshalb ihm auch Besitz nördlich derAlpen gebühre.33

Lothar II. erhielt zu Friesland die angren-zenden Gebiete der Francia mit der väter-

lichen Hauptresidenz Aachen sowie dasnördliche Burgund. Das südliche Burgundschließlich fiel mitsamt der Provence anden jüngsten legitimen Sohn, den um 845geborenen Kar1.34 Ob der 855 leer ausge-gangene vierte Bruder, der trotz seinerStellung als Sohn einer freigelassenenDienerin (die gleichwohl mutmaßlich imStatus einer Konkubine verharrte}" denkarolingischen Herrschernamen Karl-mann führte, seinerzeit bereits verstorbenwar oder aber auf Grund seiner Herkunftvom Vater nicht zur Nachfolge bestimmtwurde, ist nicht mit Sicherheit zu klären.Über die äußere Form der Beschlüsse zurReichsteilung sind wir leider nicht unter-richtet. Angesichts der zahlreichen Nach-richten über schriftlich fixierte Teilungs-pläne aus den Jahren 806, 817, 831, 839,843, 865 und 870 darf jedoch angenom-men werden, dass auch in Prüm 855 einsolches Dokument aufgesetzt und vonallen Anwesenden feierlich beschworensowie mindestens von Lothar unterzeich-net wurde." Dieses Vorgehen sollte einer-seits Streitereien unter den Erben über diegenaue Abgrenzung ihrer Reiche vorbeu-gen, andererseits die Großen in denNachfolgeprozess integrieren, indern siequasi zu Garanten der gemeinsam mitLothar beschlossenen Teilung wurdenund diese künftig nach Innen (bei Strei-tigkeiten der Brüder um die Erbteile) wienach Außen (bei Interventionen derOnkel) verteidigen sollten. Wie dieEreignisse der Folgezeit belegen, war Lo-thars Konzept in dieser Hinsicht durch-aus erfolgreich.Gegenüber früheren Nachfolgeregelun-gen der karolingischen Familie ging Lo-

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thar angesichts der unsicheren Lage abernoch einen entscheidenden Schritt weiter.Während die vorherigen Teilungsord-nungen naturgemäß erst nach dem Toddes Vaters in vollem Umfang ausgeführtwerden konnten, war es 855 durch Lo-thars faktische Abdankung per Kloster-eintritt möglich, das Reich mit sofortigerWirkung unter den Söhnen aufzuteilen.So konnten diese umgehend damit begin-nen, ihren Herrschaftsverband zu etablie-ren, indem sie die wichtigsten Großenihres neuen Reichs, soweit sie bei derReichsversammlung anwesend waren,noch unter den wachsamen Augen des Va-ters auf sich verpflichteten. Den Großenwar damit die Möglichkeit genommen,nach dem Tod des Vaters zunächst auf Zeitzu spielen und auf ein besseres "Angebot"von den Onkeln ihrer designierten Königezu warten." Schließlich nahm Lothar soauch seinen Brüdern jeden Vorwand zumEingreifen. Wäre er als Kaiser gestorben,hätten diese zumindest versuchen kön-nen, erbrechtlich verbrämte Ansprücheauf das Mittelreich zu erheben. IndemLothar sein Reich schon zu Lebzeiten denSöhnen übergab und im Status einesMönchs starb, der beim Eintritt in denKonvent jeden weltlichen Besitz abgelegthatte, war einer derartigen Argumenta-tion der Weg verbaut. Die voranstehendenÜberlegungen sollen im Übrigen keines-wegs ausschließen, dass Lothar nichtzugleich auch wesentlich von religiösenMotiven und persönlicher Frömmigkeitzu diesem Schritt bestimmt wurde."Über konkrete Erhebungsakte für die bei-den in Prüm anwesenden jüngeren Söhneberichten die Quellen leider nichts. Im

Falle Lothars H. findet sich in den ost-fränkischen Annales Fuldenses eine kurzeNachricht mit seltsam ausweichenderWortwahl, wonach dieser von seinen Gro-ßen auf deren Initiative hin in Frankfurtmit Zustimmung seines Onkels, Ludwigsdes Deutschen, zum Herrscher bestimmtbzw. anerkannt worden sei (sibi regnareconsentiuntv:" Die Interpretation dieserPassage ist in der Forschung umstritten,"es darf aber angenommen werden, dassbei dieser Gelegenheit Ludwig der Deut-sche als weiterer Garant (sowohl gegen-über Kar! dem Kahlen wie gegenüberLothars Brüdern) der eigenständigenHerrschaft Lothars n. gewonnen werdensollte. Eine rechtlich wirksame Königs-erhebung Lothars in Frankfurt, also im"Ausland", über sein Teilreich dürfte aus-geschlossen sein: ein neuer König musste .traditionsgemäß von seinem Reich symbo-lisch "Besitz" ergreifen, und dies war nurauf dem Boden des betreffenden Reichsselbst möglich." Dementsprechend igno-rieren die Armales Bertiniani die Ereig-nisse in Frankfurt und berichten nur vonder mit einer Salbung" verbundenen (undwiederum in den Annales Fuldensesübergangenen) Erhebung Lothars zumrex Franciae durch seine Großen.43 ÜberKarl von der Provence gibt es keine ver-gleichbaren Nachrichten in den erzählen-den Quellen, er dürfte aber unter Feder-führung seines faktischen Regenten undnutritor Gerhard, dux von Lyon undVienne und angeheirateter Onkel der dreiBrüder, ebenfalls zum König erhobenworden sein." Es steht jedoch zu vermu-ten, dass der unmündige und auf Grundseiner Epilepsie kaum herrschaftsfähige

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Kar! nach der Abdankung des Vaters zu-nächst im Reich und unter der Aufsichtseines Bruders Lothar verblieb. Dieser ließihn nicht zum König erheben, nahm ihnaber im Sommer oder Herbst 856 zumersten Treffen der drei Brüder in Orbe mit.Dort wollte er ihn angeblich, evtl, nachAbsprache mit seinem Bruder Ludwig,vermönchen lassen, was nur dann einrealistischer Plan gewesen sein dürfte,wenn Kar! zu diesem Zeitpunkt noch nichtformal zum König erhoben worden war. Injedem Fall bewährte sich die von Lothar 1.vorgenommene Einbindung der Großenerneut, insofern die Großen der Provence,sicherlich unter maßgeblicher BeteiligungGerhards, die Vermönchung des jungenKar! verhinderten, ihn der Obhut Lotharsentwanden und zu einem unbekanntenZeitpunkt als König einsetzten."Den in den Armales Bertiniani recht dra-matisch (ut pene armis inter sese decer-nant) geschilderten Konflikt der Brüderüber die jeweiligen Erbteile hatte dieväterliche dispositio zwar nicht gänzlichverhindern können. Aber da letztlich alleSeiten nachgaben 'und die Prümer Rege-lung akzeptierten - wiederum steht zuvermuten: weil die Großen aller Teilreichenicht bereit waren, ihren noch gegenüberLothar 1. geleisteten Eid zu brechen -,hatte sie ihren Hauptzweck dennocherfüllt. Das Reich wurde friedlich geteilt,die jüngeren Söhne gleichberechtigt zuKönigen erhoben, die jeweiligen Herr-schaftsverbände formierten sich loyal umihren Vertreter der Dynastie des Mittel-reichs, und die benachbarten Herrscher inWest und Ost fanden keine Gelegenheitzum Eingreifen.

Insgesamt zeigt die NachfolgeregelungLothars 1. den dritten karolingischen Kai-ser in einem besseren Licht und alsfähigeren Politiker, als es seiner üblichenBewertung in der Forschung entspricht.Zweifellos ist er eine der zentralen Ge-stalten der fränkischen Geschichte im 9.Jahrhundert, und auch sein oft als inho-mogen geschmähtes Mittelreich hatteletztlich mehr mit dem sonst so hochge-schätzten supragentilen Karlsreich ge-mein als die brüderlichen Herrschafts-bildungen in West und Ost. Mit dieserTraditionslinie wollte jedoch lange Zeitoffenbar weder die französische noch diedeutsche Forschung ihren eigenen Natio-nalstaat verbunden sehen, und so wurdeLothar paradoxerweise nur solange ge-lobt, wie er vermeintlich an der Ordinatioimperii Iesthielt, obwohl diese maßgeb-lich für die schweren innerfamiliärenKonflikte der Zeit Ludwigs des Frommenverantwortlich war, und ihm wurde aus-gerechnet das vorgeworfen, was er besserals sein Vater vermochte, nämlich einekonsensfähige N achfolgeregelung zuhinterlassen.Abschließend sei neben dem Vergleichmit der Herrschaftspraxis seiner unmit-telbaren Vorgänger oder mit dem otto-nischen Konzept der Individualsukzes-sion" auf eine weitere Traditionslinie auf-merksam gemacht, in die sich Lothar ein-ordnen lässt. Diese Linie verweist bis indie merowingische Vergangenheit zurückund ist in der Forschung m.w. bislangunbeachtet geblieben, obwohl hier so-wohl die sachlichen Parallelen wie das inder Forschung auf sie angewandte Deu-tungsmuster einen Vergleich geradezu

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herausfordern. Die Rede ist von der Herr-schaft Dagoberts I.zu Beginn des 7. Jahr-hunderts. Beide Herrscher wurden vonihrem Vater schon frühzeitig mit einemeigenen (U nter-) Königreich ausgestattet,beide versuchten nach dessen Tod, sichmöglichst große Teile des väterlichenReichs unter Verdrängung ihrer Ge-schwister anzueignen (ein Versuch, beidem Dagobert entschieden erfolgreicherwar als Lothar}," beide werden auf Grund

dieses Verhaltens von der Forschung füreine »neue, integralistische Reichskonzep-tion?" in Beschlag genommen - und beidehaben dennoch vor ihrem Tod das eigeneReich wie selbstverständlich zur Auftei-lung unter ihren Söhnen bestimmt. DasStreben nach individueller Machterwei-terung und die Überzeugung von der prin-zipiellen Gleichberechtigung aller Söhnewar offenkundig in den N ormvorstel-lungen der Franken kein Widerspruch.

/ Ernst Dümmler; Geschichte des OstfränkischenReichs. Bd. 1: Ludwig der Deutsche, Berlin 1862, S.373.1 Theodor Schielfer, Lothar I., in: Neue deutscheBiographie 15 (1987) S. 210-216, hier 215; Schieifersetzt sich jedoch mit dieser Sichtweise zu Rechtkritisch auseinander.J Egon Boshof, Lotharingien - Lothringen: VomTeilreich zum Herzogtum, in: Alfred Heit (Hg.),Zwischen Gallia und Germania, Frankreich undDeutschland. Konstanz und Wandel raumbe-stimmender Kräfte, Trier 1987, S. 129-153, hier 130.• Kar! R. Scbnitb (Hg.), Mittelalterliche Herrscherin Lebensbildern: Von den Karolingern zu denStaufern, Graz 1990.J Siehe aus der neueren Literatut bes. den von Hans-Walter Herrmann und Reinhard Schneider heraus-gegebenen Sammelband .Lotbaringia: Eine euro-päische Kernlandschaft um das Jahr 1000" (Saar-brücken 1995), darin besonders die Beiträge vonMichel Parisse (La Lotharingie: Naissance d'unespace politique, S. 31-48), Regine Le Jan (EAristo-cratie Lotharingienne: Structure interne et consciencepolitique, S. 71-88) und Reinhard Schneider (DieEinheit des Frankenreiches und das Teilungsprinzip.S. 15-30). Vgl. auch Thomas Bauer, Lotharingien alshistorischer Raum. Raumbildung und Raumbewußt-sein im Mittelalter, Köln 1997., Robert Parisot, Le Royaume de Lorraine sous les Ca-rolingiens (843-923), ND Genf 1975 [zuerst 1898J.Elina M. Screen, The Reign of Lothar 1(795-855),Emperor of the Franks, through the Charter Evidence,Ph.D. thesis, University of Cambridge 1999.

7Dazu bereits kritisch Parisot, Royaume de Lorraine,S. 77, Anm. 1; siehe zudem Elina M. Screen, The im-portance of the emperor: Lothar I and the Frankishcivil war, 840-843, in: EME 12 (2003) S. 25-51,bes.26f8 VgI. zur Ordinatio imperii künftig Sören Kaschke,Die karolingischen Reichsteilungen bis 831. Herr-schaftspraxis und Normvorstellungen in zeitgenös-sischer Sicht, Diss. Bremen 2005, Kapitel B 2.2;Steifen Patzold, Eine "loyale Palastrevolution" der"Reichseinheitspartei"? Zur Divisio imperii von 817und zu den Ursachen des Aufstands gegen Ludwigden Frommen im Jahre 830 [unveröff. Ms. 2004J.9 VgI. Egon Boshof, Ludwig der Fromme, Darmstadt1996, S. 269./0 Franz-Reiner Erkens, Divisio legitirna und unirasimperii. Teilungspraxis und Einheitsstreben bei derThronfolge im Frankenreich, in: DA 52 (1996) S.423-485, hier 484.11 Zur Rolle Lotbars vgl. Ursula Penndorf, DasProblem der "Reichseinheitsidee" nach der Teilungvon Verdun (843), München 1974, S. 4-14, sowiedie Forschungsübersicht bei Thomas Bauer, DieOrdinatio Imperii von 817, der Vertrag von Verdun843 und die Herausbildung Lotharingiens, in:RhVjbll 58 (1994) S. 1-24, hier 6f, bes. Anm. 18;Screen, The importance of the emperor./1 Rudel] Schieifer, Die Karolinger, Stuttgart 1992, S.152.Jj Eduard Hlawitschka, Lotharingien und das Reichan der Schwelle der deutschen Geschichte, Stuttgart1968, S. 14.u VgI. Reinhard Schneider, Brüdergemeine und

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Schwurfreundschaft. Der Aujlösungsprozeß desKarlingerreichs im Spiegel der caritas-Terminologiein den Vertragen der karlingischen Teilkönige des 9.Jahrhundert, (Hist. Studien 388), Lübeck 1964, S.146-149; Wi/fried Hartmann, Ludwig der Deutsche,Darmstadt 2002, S. 44-47./l Vg!. Rudolf Schieffer, Die Zeit des karolingischenGroßreichs (714-887), (Gebhardt Handbuch derdeutschen Geschichte 2), Stuttgart 102005, S. 142-144.16 Annales Bertiniani [Annales de Saint-Bertin], ed.F. Grat et al., Paris 1964, hier a. 855, S. 70: .Lotha-rius infirmatur, qua de re occasio data est Ludoico etKarlo fratribus ad concordiam redeundi. "11 So die verbreitete Forschungsmeinung. vg!. etwaBauer, Die Ordinatio Imperii, S. 14-20./' Vgl. Kaschke, Die karolingischen Reichsteilungen,Kap. A 2. Diese alte Praxis ist in den beidenTeilungsordnungen von 806 und 817 auch schriftlichfixiert worden./~Vgl. J ohannes Fried, The Frankish kingdoms, 817-911: The east and middle kingdoms, in: NewCambridge Medieval History 2 (1995) S. 142-168,hier 145!20 So die Vermutung bei Brigitte Kasten, Königssöhneund Königsherrschaft. Untersuchungen zur Teilhabeam Reich in der Merowinger- und Karolingerzeit,(MGH Schriften 44), Hannover 1997, S.381-394.11. Vgl. D Lol 139(=MGH DKarol. 3, ed. T.Schieffer, Berlin 1966, S. 310!).22 Vgl. Annales Bertiniani a. 855, S. 70; zu den nähe-ren Umständen siehe Kasten, Königssöhne, S. 382!2J D Lo1139, S. 311, Z. 29!24 Vgl. Regino von Prüm, Chronicon, ed. F. Kurze,MGH SRG [50], Hannover 1890, hier a. 855, S.77: .,Lotharius convocatis primoribus regni impe-rium filiis suis divisit; Ludowico Italiam tradiditeumque imperatorem appellari fecit, equivoco vero,id est Lothario, regnum, quod ex suo nomine uocatur;concessit, Carolo autem, qui iunior natu erat, Pro-vintiae regnum largitus est. Dispositis itaque atqueordinatis regni negotiis valedicens suis reliquitseculum atque in Prumia monasterio veniens comamcapitis deposuit habituque sanctae conversationissuscepto, in religion is professione diem clausitextremum Ill. KaI. Octobr."21 Vgl. etwa Schieffer, Lothar I., S. 215 ..26 Vgl. Bernd Isphording, Prüm. StudIen zur Ge-schichte der Abtei von ihrer Gründung bis zum Tod

Kaiser Lothars (721-855), (Quellen und Abhand-lungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 116),Kapitel 10.2 [im Druck], sowie dessen Beitrag indiesem Band.27 Vg/. Annales Bertiniani a. 855, S. 71: "Lothariusimperator, morbo correptus uitamque desperans,monasterium Proneae in Arduenna constitutumadiit, seculosque et regno penitus abrenuntians,tonsus est, uitam habitumque monachi humilitersum ens. Dispositoque inter filios qui secummorabantur regno, ita ut Lotharius cognomen eiusFraneiam, Karlus uero Prouintiam optinerent, intrasex dies uita decessit tertio kalendarum octobrium,atque in eodem monasterio sepulturam, ut deside-rauerat. consecutus est."28 Vgl. in diesem Band Abbildung 35 aufS. 198. DerText lautet: "Lottharius imperator partito inter filiosregno abrenunciat seculo et in Prumia cenobio inmonachum tonsoratur et non multo post in eademecclesia in pace a suis [ratribus sepelitur. "2~ VgI. Ingo Schwab, Das Prümer Urbar - Über-lieferung und Entstehung, in: Reiner Nolden (Hg.),"anno uerbi incarnati DCCCXCIlI conscriptum".Im Jahre des Herrn 893 geschrieben. 1100 JahrePrümer Urbar, Trier 1993, S. 119-126, hier S. 120.JO Vg!. Hans-Werner Goetz, Europa im frühenMittelalter, 500-1050, (Handbuch der GeschichteEuropas 2), Stuttgart 2003, S. ·239; siehe für einfrüheres Beispiel aus der karolingischen Herrschafts-praxis Ulrich Nonn, Zur Königserhebung Karls undKarlmanns, in: RhVjbll39 (1975) S.386-387.J/ Zur Frage der Datierung siehe den Beitrag vonBernd Isphording in diesem Band.J2 Vgl. hierzu bereits treffend Parisot, Royaume deLorraine, S. 6B!JJ Vgl. Annales Bertiniani a. B56, S. 72: "Ludoicus,rex Italiae, filius Lotharii, super portione regnipaterni in Francia apud patruos suos Ludouuicum etKarlum conqueritur, Italiam largitate aui Ludoiciimperatoris se asserens assecutum." Von einem An-spruch Ludwigs auf das ungeteilte Erbe des Vaters isthier keine Spur zu finden.J4 Vg!. Ado von Vienne, Chronicon, ed. G.H. Pertz,in: MGH SS 2, Hannover 1829, S. 315-326, hier322: "Lotharius imperator infirmari se conspiciens,regnum inter filios dividit; Carolo minori Provin-ciam et partem Burgundiae, Lothario, medio ftlio,sedem suam, Ludovico imperatori ltaliam consigna-

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Page 12: Lothar · 2013. 8. 20. · Lothar auch noch nicht der Herrschaft entsagt hatte. Möglicherweise befand sich zudem Lothar 11.(zu dessen künftigem Reich Prüm und Elvenich gehörten)

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re iubet"; Franeorum regum historia, ed. G.H. Pertz,in: ebd., hier S. 324: .,Hlotharius vero ex Irmin-garda, filia Hugonis, tres filios habuit, id est Hludo-wicum, cui regnum Romanorum et Italiam tradidit,alterum autem Hlotbarium, cui sedem imperialemreliquit, tercium uero Karolum, cui Provinciamgubernandam dimisit. "Jl Vgl. Andrea Esmyol, Geliebte oder Ehefrau?Konkubinen im frühen Mittelalter, (Beihefte zumAKG 52), Köln 2002, S. 228f, mit Anm. 5.J' Ein entsprechendes Vorgehen ist zu 817 in derTeilungsurkunde selbst festgehalten, vgl. Ordinatioimperii, Praefatio, ed. A. Boretius, MGH Cap it. 1,Hannover 1883, S. 271: .,Quae capitula [. ..} cumomnibus fidelibus nostris considerate placuit etconsiderate conscribere et conscripta propriismanibus firmare, ut / ...} sicut ab omnibus communiuoto actum est, ita communi devotione a cunctisinoiolabiliter conseruentur ad illorum et totiuspopuli christiani perpetuam pacem".Jl Zur Bedeutung der Großen bei Nachfolgerege-lungen siehe Schneider, Brüdergemeine und Schwur-freundschaft, 152, sowie Janet L. Nelson, The searchfor peace in a time of war: the Carolingian Brüder-krieg, 840-843, in: Johannes Fried (Hg.), Trager undInstrumentarien des Friedens im hohen und spdtenMittelalter, (VuF 43), Sigmaringen 1996, S. 87-114,bes. 97-104.11 Vgl. etwa Dümmler; Geschichte des OstfriinkischenReichs I, S. 372f und 377f; siehe allgemein auchKarl H. Krüger, Königskonversionen im 8. Jahrhun-dert, in: FMSt 7 (1973) S. 169-222, bes. 183-202.J' Vgl. Annales Fuldenses, ed. F. Kurze, MGH SRG/7j, Hannover 1891, hier a. 855, S. 46: "Principesautem et optimates regni [ilium eius /sc. Lothars I.}H!utharium super se regnare cupientes ad Hludowi-cum regem orientalium Franeorum, patruum eius, inFranconofurt eum adducentes cum consensu etfavore illius sibi regnare consentiunt. ".. Vg!. die Übersicht bei Bauer, Die Ordinatio imperii,S. 20-23; siehe zudem Kasten, Königssöhne, S.385.41 VgI. Roderich Schmidt, Königsumritt, in: RGA 1 17(2001) S. 139-141; Goetz, Europa, S. 125f Dassorgfä·ltig getrennte Verfahren von 768 ist hier be-zeichnend (Nonn, Zur Königserhebung).41 Ob Lothar gesalbt wurde, ist umstritten; vgl.

Carlrichard Brühl, Fränkischer Krönungsbrauchund das Problem der "Festkrönungen ", in: HZ 194(1962) S. 265-326, hier 294f (pro); Hans H. Anton,Veifassungspolitik und Liturgie. Studien zu Westfran-ken und Lotharingien im 9. und 10. Jahrhundert, in:Wo/fgang Herborn / Wilhelm [anssen / Mar/eneNikolay-Panter (Hgg.), Geschichtliche Landeskundeder Rheinlande. Regionale Befunde und raumüber-greifende Perspektiven. Gedenkschrift Georg Droege,Köln 1994, S. 65-103, hier 79-83 (contra).4J Vg!. Annales Bertiniani a. 856, S. 72: .,Proceresquondam Hlotharii [ilium eius Hlotharium regemFranciae etiam sacra unctione constituunt ." Sieheallgemein Tbeodor Schieffer, Lotbar II., in: Neuedeutsche Biographic 15 (1987) S. 216-220; Hans-Werner Goetz, Lothar 11., in: LMA 5 (1991) Sp.2124-2125 ... Vgl. Rene Poupardin, Le Royaume de Provencesous les Carolingiens (855-933), ND Genf 1974[zuerst 1901j, S. 9-16; Herbert Zielinski, Karl vonder Provence /9.j, in: LMA 5 (1991) Sp. 971; VlrichWinzer, Gerhard II. /7.], in: LMA 4 (1989) Sp.1311._, Vgl. Annales Bertiniani a. 856, S. 73: "Ludoicusimperator Italiae et Lotbarius, frater eius, rexFranciae, cum Karlo puero, germano suo, apudVrbam conueniunt, ubi adeo pro regni paterniportionibus dissident ut pene armis inter sesedecernant. Karlo tarnen, fratri suo, Prouintiam etducaturn Lugdunensem iuxta paternam dispositio-nem distribuunt, eripientibus eum a fratre Lothariooptimatibus, qui illum moliebatur in clericumtonsurare. « Wä·hrend Ludwig und Lotbar alsimperator bzw. rex erscheinen, bleibt das Kind(puer) Karlohne Titel. Siehe auch Schieffer, Lothar11., S. 217; Kasten, Königssöhne, S. 391f4~ Vg!. Kasten, Königssöhne, S. 387, Anm. 24.41 Vg!. Reinhard Schneider, Königswahl und Königs-erhebung im Frühmittelalter, Stuttgart 1972, S. 143-146; Kasten, Königssöhne, S. 23-25; Eugen Ewig,Die Merowinger und das Frankenreich, Stuttgart11993, S. 126f48 Reinhold Kaiser, Das römische Erbe und dasMerowingerreich, (EDG 26), München 1993, S. 37;ä·hnlich neben anderen bes. Ewig, Merowinger, S.126f; Erkens, Divisio legitima, S. 454-456.

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