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Atrium NR. 5 September/Oktober 2014 Atrium Magazin für Wohnkultur, Design und Architektur SPEZIAL «Küchen» Die aktuellsten Möbel und Geräte für alle Ansprüche IBIZASTYLE Ein Sommerhaus, das nie erwachsen werden will PORTRÄT Die Wohn- und Arbeits- räume des österreichischen Künstlers Robert Stadler www.atrium-net.de, D, A € 7.80, F € 10.–, SLO € 12.–, übrige EU-Länder € 8.80 SCHRÄGLAGE DAS HAUS VON CLAUDE PARENT IN DER NÄHE VON PARIS STELLT DIE GÄNGIGEN VORSTELLUNGEN VON WAND, BODEN UND DECKE INFRAGE.

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NR. 5September/Oktober 2014Atrium Magazin für

Wohnkultur, Design und Architektur

S P E Z I A L

«Küchen»

Die aktuellsten

Möbel und Geräte

für alle

Ansprüche

IBIZASTYLE Ein Sommerhaus, das nie erwachsen werden will

PORTRÄTDie Wohn- und Arbeits-räume des österreichischen Künstlers Robert Stadler

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SCHRÄGLAGEDAS HAUS VON CLAUDE PARENT IN DER NÄHE

VON PARIS STELLT DIE GÄNGIGEN VORSTELLUNGEN VON WAND, BODEN UND DECKE INFRAGE.

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Zwischen 1963 und 1966 realisierte der französische Architekt

CLAUDE PARENT im feinen Versailles eine Villa, die bürgerliche

Konventionen im wörtlichen Sinne kippt: Ein Haus

als gebautes Manifest, das Parents Ideen vom Wohnen und Leben

jenseits starrer Vorgaben Realität werden liess.

Text + Produktion: Kristina Raderschad, Fotos: Christian Schaulin, Redaktion: Susanna Koeberle

Dokument: Das Maison Drusch wird es wahrscheinlich nicht mehr lange geben: Es

unter Denkmalschutz stellen zu lassen, macht aus Erbensicht keinen Sinn, das

Haus abzureissen und das Grundstück als Bauland zu verkaufen, ist lukrativer.

Leben auf

der Schräge

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Geschützt: In einem 120-Grad-Winkel ist der gekippte Baukörper zum Haupthaus (Quader)

angeordnet, was dazu führt, dass der in Ostwest-Richtung ausgerichtete, 15 Meter lange Pool

entlang der Südfassade des Hauses windgeschützt und von der Strasse nicht einzusehen ist.

Massgeschneidert: Die Möbel und Einbauten

stammen von Roger Fatus.

Eingefrorene Bewegung: Die schrägen Wände dynamisieren den Raum. (Skulpturen von Gérard Mannoni)

Geschwindigkeit, Aufbruch, Dynamik, die Idee der Aufl ösung von Masse und die damit verbundene Vorstellung von Freiheit sind

die Motive, die Claude Parents Schaffen als Architekt bestimmten.

m zukunftsverliebten Frankreich der Ära Pompidou fühlte sich Claude Parent zu Hau-se, die Welt der schnel-len Autos, Hochge-

schwindigkeitszüge und Überschallfl ugzeuge war seine Welt. Als wir mit dem agilen 91-Jäh-rigen im Auto durch Paris kurven, schwärmt der Architekt von dieser Zeit – und der Vor-reiterrolle Frankreichs damals – die sich nicht nur in der Entwicklung von TGV und Con-corde manifestierte, sondern auch städtebau-liche Grossprojekte wie etwa das Hochhaus-viertel La Défense in Paris voranbrachte, das heute noch als Europas grösste Bürostadt gilt. Geschwindigkeit, Aufbruch, Dynamik, die Idee der Aufl ösung von Masse und die damit verbundene Vorstellung von Freiheit sind die Motive, die Claude Parents Schaffen als Ar-chitekt bestimmten. Hierzulande wenig be-kannt, prägten seine expressiven Bauten und

seine gemeinsam mit dem Philosophen Paul Virilio formulierte Theorie des «Vivre à l´Oblique», des Lebens auf der Schräge, die französische Spätmoderne – und beeinfl ussten die nachfolgende Generation von Architekten, darunter Jean Nouvel, der als Student im Büro von Claude Parent arbeitete. Aber auch aktu-elle Entwürfe von Sanaa oder Daniel Libeskind erinnern an die Art und Weise, wie Claude Parent in den Sechziger- und Sieb-zigerjahren bereits mit Begriffen wie «Bo-den», «Wand» oder «Decke» umging – als er etwa zur Architekturbiennale 1970 in Vene-dig im französischen Pavillon eine Landschaft aus Schrägen installierte, auf denen die Besu-cher balancierten.

Auch sein eigenes Haus baute Claude Parent zu dieser Zeit um, eine Abfolge von Rampen, Höhlen und Schrägen ersetzte das Mobiliar – zur Freude seiner Kinder, die es faszinierend fanden, auf den Rampen zu spie-len, im Liegen zu essen oder sich in den Hohl-

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Das Ideale Heim im Oktober 2014 — Versailles108

In keinem seiner Privathäuser hat Claude Parent seine Idee von einer Architektur in Bewegung so konsequent umsetzen

können wie im Haus des Industriellen Gaston Drusch.

räumen darunter zu verstecken, wie Tochter Chloé im Vorwort der Publikation seines Ge-samtwerks beschreibt.

Begehbare Skulptur

In keinem seiner Privathäuser hat Claude Parent seine Idee von einer Architektur in Be-wegung jedoch so konsequent umsetzen kön-nen wie im 1966 fertiggestellten Haus des In-dustriellen Gaston Drusch. Auf einem schmalen, langen Grundstück mitten im bür-gerlichen Versailles kombinierte der Architekt zwei Baukörper zu einem Familiendomizil mit insgesamt 290 Quadratmetern Wohnfl ä-che: Einen konventionellen Flachdach-Qua-der – in dem sich Küche, Wirtschaftsräume, Schlaf- und Badezimmer der Familie mit drei Kindern auf zwei Etagen verteilen – mit einem um 45 Grad gekippten Kubus, der als begehbare Skulptur aus Glas und Beton Rich-tung Südwesten schaut und die Wohnbereiche auf drei Ebenen staffelt. Vom Essbereich als Bindeglied zwischen den beiden Volumen, der auf das Niveau der Wasserfl äche abgesenkt wurde, erreicht man die einige Stufen höher angeordnete Sitzlandschaft; von hier führt

eine Treppe ins luftige Zwischengeschoss (Mezzanin) mit gemütlichen Sofas und Pano-ramablick nach draussen. Von der Strasse aus betrachtet, hat die gewagte, zwischen schrä-gen Betonstützen eingespannte Konstruktion einen Effekt von Instabilität, scheint im Mo-ment des Umfallens zu verharren. «Meiner Meinung nach ist das Fallen die interessantes-te Form von Bewegung», sagt Claude Parent und lächelt zufrieden, als wir mit ihm im Gar-ten vor dem Haus stehen, viele Jahre, nachdem er persönlich zuletzt hier gewesen ist. Der Ar-chitekt freut sich, seine alten Bauherren nach so langer Zeit wiederzusehen. Noch heute le-ben Madame und Monsieur Drusch, beide mittlerweile ebenfalls an die 90 Jahre alt, in ih-rem Haus, das seit der Entstehungszeit unver-ändert geblieben ist – mit dem 15 Meter lan-gen, parallel zum Schlaftrakt verlaufenden Pool, der Tischtennisplatte vor dem Haus und einer Möblierung aus Einbauschränken und Sitzlandschaften (entworfen vom Designer und Dekorateur Roger Fatus), auf denen heu-te die Urenkel spielen und fl äzen.

«Und dabei musste ich Monsieur Drusch erst ein Jahr lang überzeugen, das Haus genau so zu bauen», erinnert sich Claude Parent, der

Luftig: Vom gemütlich eingerich-teten Mezzanin aus geniesst man

einen Panoramablick.

Schiefer Baukörper: Der um 45 Grad gekippte Kubus gleicht einer

begehbaren Skulptur.

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Das Ideale Heim im Oktober 2014 — Versailles110

seinen Auftraggeber über einen befreundeten Industriedesigner kennengelernt hatte, der für Druschs Firma Maschinen entwarf. «Nach-dem er das Grundstück gekauft hatte, veran-staltete der Bauherr einen Mini-Wettbewerb, für den er mich und zwei andere Architekten mit Entwürfen beauftragte. Und ich bekam den Zuschlag – dabei waren meine ersten Ent-würfe noch gewagter als das Haus heute er-scheint.» Gemeinsam feilten Bauherr und Ar-chitekt über ein Jahr lang an der Planung, 1966 schliesslich war das Haus bezugsfertig. Und obwohl die Konstruktion aufwendiger und teurer wurde als geplant – vor allem die Ver-ankerung des schrägen Baukörpers im Boden entpuppte sich als schwierig – hängen die Druschs an ihrem schrägen Domizil, das nichts gemein hat mit seiner bürgerlichen Nachbarschaft. Sie wollen das Haus nicht ver-lassen – auch wenn Monsieur Drusch mittler-weile im Rollstuhl sitzt und sich nicht mehr gut bewegen kann, liebt er es, zu beobachten wie die Sonne sich durch das Haus bewegt. Den Einfl uss der Architektur auf die Men-schen, die sie bewohnen, ist und war für Claude Parent ein wesentlicher Aspekt seiner Arbeit. «Ein Haus ist ein kulturelles Werk-zeug, es kann Menschen und die Art und Wei-se, wie sie leben, verändern», zeigt sich der Architekt überzeugt.

Heute baut Claude Parent nicht mehr, aber er zeichnet nach wie vor viel. Mit star-kem, energischem Strich bringt er in seinem Büro in Neuilly «Entwürfe für eine zukünfti-ge Welt» , wie er sie nennt, auf Papier: Häu-ser wie Wellen, Wohnanlagen wie Waben, Utopien eines Zusammenlebens jenseits einer von Horizontalen und Vertikalen vor-gegebenen, starren Struktur – bewegt, dynamisch, frei. ——

«Ein Haus ist ein kulturelles Werkzeug, es kann Menschen und die Art und Weise,

wie sie leben, verändern.» CLAUDE PARENT, ARCHITEKT

Schräglage: Ob die schiefen Wände auch die Trauminhalte beeinfl ussen?

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CLAUDE PARENTArchitektur in Bewegung

Radikal: «Wenn man Ideen nicht

fertigdenkt und es nicht gelingt, sie in eine starke architek-

tonische Sprache umzusetzen,

scheitert man.»

Autark: Parent war Schüler von Le Corbusier, entwickelte aber

eine eigene Sparche.

Unkonventionell: Parent erhebt die Schräge zum

Bau- und Lebensprinzip.

Utopien: Heute baut Claude Parent nicht mehr, aber er zeichnet nach wie

vor viel.

Er war Schüler von Le Corbusier, schloss sein Architekturstudi-um nie ab und beeinfl usste mit seinen expressiven, gängige Vor-stellungen von umbautem Raum in Frage stellenden Entwürfen doch eine ganze Generation von Architekten, darunter seinen be-rühmtesten Schüler und langjährigen studentischen Mitarbeiter Jean Nouvel. Claude Parent, am 26. 2. 1923 in Neuilly-sur-Seine geboren, ist der letzte noch lebende französische Supermodernist. 1952 arbeitete er einige Monate im Atelier Le Corbusiers (der zu der Zeit gerade die Kirche von Ronchamp plante), 1953 startete er – zusammen mit Ionel Schein – sein Büro in Neuilly, arbeite-te eng mit dem Bildhauer André Bloc und dem Philosophen Paul Virilio zusammen, baute Privathäuer und Kirchen (wie die 1966 fertiggestellte Église Sainte-Bernadette du Banlay in Nevers, ein Gemeinschaftsprojekt mit Paul Virilio), das Maison de l’Iran in der Cité Universitaire von Paris, später aber auch Shopping-Malls und Atommeiler, weswegen er nicht nur in Frankreich heftig kri-tisiert wurde. Als einer der grossen Sozialutopiker der neueren Architekturgeschichte erregte er mit seiner «architecture qui bouge», seiner «Architektur in Bewegung» ab den 1960er-Jah-ren Aufsehen. Parent konzipierte Häuser, die herkömmliche Vor-

stellungen von «Wand», «Boden» und «Decke» in Frage stell-ten. Und stattdessen die Schräge zum Bau- und Lebensprinzip erhoben: «Vivre à l’Oblique», das Leben auf der Schräge, das die sozialen Beziehungen dynamisieren und in andere Richtungen lenken sollte, Räume als Landschaften aus Rampen und schiefen Ebenen, Wohnhäuser wie gekippte Kuben oder überdimensio-nale Rutschbahnen aus Beton. Claude Parent galt als ein Pionier der Dekonstruktion, der Jaques Derridas Theorie in Gebäude übersetzte. Ab den 1990er-Jahren wurde es still um Claude Parent; erst mit der Retrospektive im Jahre 2010 in der «Cité de l’architecture & du patrimoine» in Paris und der damit verbun-denen Publikation seines Gesamtwerks «Claude Parent – l’oeuvre construite, l’oeuvre graphique» erlangte sein Schaffen wieder in-ternationale Aufmerksamkeit.