20170224 white paper vielseitigkeit von kommerziellen energiespeichern - w wahl

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© 2017 Druck und Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Autors Vielseitigkeit und Mehrfachnutzen von Energie-Speicherlösungen und deren Einbindung in Energie-Effizienz- Maßnahmen im Kontext der Normen ISO 50.001 und EN 16247-1 Bei der Evaluierung und Planung eines Speichersystems denken viele Nutzer primär an die Erhöhung des Eigenverbrauches. Speicher können jedoch einen viel größeren Beitrag zur neuen modernen Energie-Infrastruktur leisten und sind ein wichtiger Eckpfeiler im Rahmen der zukünftigen Energieversorgung. Autor: Winfried Wahl RRC power solutions GmbH Februar 2011

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© 2017 Druck und Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Autors

Vielseitigkeit und Mehrfachnutzen von

Energie-Speicherlösungen und deren

Einbindung in Energie-Effizienz-

Maßnahmen im Kontext der

Normen ISO 50.001 und EN 16247-1

Bei der Evaluierung und Planung eines Speichersystems denken viele Nutzer primär an die

Erhöhung des Eigenverbrauches. Speicher können jedoch einen viel größeren Beitrag zur

neuen modernen Energie-Infrastruktur leisten und sind ein wichtiger Eckpfeiler im Rahmen

der zukünftigen Energieversorgung.

Autor: Winfried Wahl

RRC power solutions GmbH

Februar 2011

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Inhalt Einleitung ................................................................................................................................................. 2

Kostenentwicklung von Lithium-Ionen Batteriesystemen ...................................................................... 3

Eigenverbrauch und Lastbegrenzung ...................................................................................................... 3

Kosten der Energiespeicherung ............................................................................................................... 4

Kostenvergleich gegenüber Diesel-Netzersatzanlagen ........................................................................... 5

Wunsch nach optimaler Netzauslastung ................................................................................................. 5

Energie-Effizienz-Maßnahmen nach ISO 50.001 ..................................................................................... 6

Netzertüchtigung und Vermeiden von Netzausbau ................................................................................ 6

Netz-Dienlichkeit und Regelleistung ....................................................................................................... 7

Leistung und Energie ............................................................................................................................... 7

Dimensionierung von Speichersystemen ................................................................................................ 7

Schlussfolgerungen .................................................................................................................................. 8

Einleitung Bislang bestand die Energiewelt im Prinzip aus Energieerzeugern, Energietransport und

Energieverbrauchern. Das Speichern von Energie in geringem Maße und für kurze Dauer geschah z.B.

in Pumpspeicherkraftwerken. In den letzten Jahren und mit dem Einsatz volatiler und erneuerbarer

Energie stieg der Bedarf an Speichermöglichkeiten für Energie dramatisch an. Die Vielzahl der

Abbildung 1: Einsatzmöglichkeiten von Strom-Speichersystemen

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Energiespeicher von Schwungrädern über Konvertierung von Power in Gas, Wärme und andere

Medien ist groß. Im folgenden Dokument wird auf elektrochemische Energiespeicher fokussiert,

obwohl einige der Einsatzmöglichkeiten auch mit anderen Technologien realisierbar sind. Speicher sind

nahezu universell einsetzbar und können eine breite Palette an Aufgaben übernehmen (siehe

Abbildung 1).

Kostenentwicklung von Lithium-Ionen Batteriesystemen Obwohl Lithium-Ionen Batterien im Bereich von Smartphones, Laptops und anderen mobilen Geräten

kaum weg zu denken sind, steht der Einsatz im Bereich von großen stationären Energiespeichern und

der Elektromobilität erst am Anfang. Mit einer Verdoppelung der Produktionskapazität wurde bisher

im Bereich von mobilen Anwendungen jährliche Kostenreduzierungen der Lithium-Ionen-Zellen von

20% im Mittel erreicht, im deutlich jüngeren Bereich der Elektromobilität liegt der Wert der

Kostenlernkurve bei knapp über 15% jährlich. Eine ähnliche Entwicklung gab es auch im Bereich der

Photovoltaikmodule, deren Preis sich 2008 bei etwa vier Euro pro Watt bewegte. Aktuelle globale

Marktpreise bewegen sich bei einem Zehntel davon. Große Lithium-Ionen Speichersysteme kosteten

2015 etwa 1.000 Euro pro Kilowattstunde und Kilowatt. Bei einer zu erwartenden Preislernkurve von

15% auf Lithium-Ionen-Zellen und 4% auf die (Leistungs)-Elektronik werden die Kosten in den nächsten

zehn Jahren auf unter die Hälfte sinken (siehe Abbildung 2). Die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der

neuen Speichertechnologie wird stetig zunehmen, zudem diese auch heute schon durch Aktivierung

von Mehrfachnutzen gegeben ist.

Eigenverbrauch und Lastbegrenzung Die Erzeugungskosten von Photovoltaik-Strom sind auf dem niedrigsten Stand seit der Einführung

dieser neuen Technologie. In größeren Anlagen, die in Deutschland mittlerweile über

Ausschreibungsverfahren vergeben werden, liegen die Stromerzeugungskosten unterhalb von 6 Cent

(ct) pro Kilowattstunde. Vergleicht man dies mit den Strombezugskosten, so stellt man schnell fest,

dass es interessant ist, Strom dezentral zu erzeugen. Sicherlich liegt auch ein Grund in den Steuern und

Entgelten, die den Strom bis zum privaten Anschluss auf etwa 30 ct / kWh verteuern. Industriekunden

als Großabnehmer zahlen im Mittel etwa 16 ct / kWh. Kann man die Investition in eigene Erzeugung

tätigen und die eigen erzeugte Energie vor Ort nutzen, so lassen sich gut 10 ct / kWh einsparen.

Allerdings liegen die Eigenverbrauchs-Quoten ohne Einsatz eines Speichersystems oft nur bei 20%, 80%

des grünen Stromes hingegen wandern oft gering vergütet unter Einspeisetarifen nach EEG in das

öffentliche Netz. Durch ein geeignetes Speichersystem lässt sich die Eigenverbrauchsquote relativ

Abbildung 2: Prognose Kostenlernkurve Großspeichersysteme

Abbildung 3: Lernkurve Großspeichersysteme

0.00 €

100.00 €

200.00 €

300.00 €

400.00 €

500.00 €

600.00 €

700.00 €

800.00 €

900.00 €

1,000.00 €

2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026

Kosten in EUR (GroßSpeichersysteme)

Batterie Elektronik Gesamt

0.00 €

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Kosten in EUR (GroßSpeichersysteme)

Batterie Elektronik Gesamt

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einfach auf 60-75% erhöhen. Der Eigenverbrauch könnte theoretisch sogar auf 100% erhöht werden,

wenn entweder der Speicher groß genug, dass er die gesamte selbst produzierte Energie speichert,

oder die Erzeugung klein genug gewählt wird, dass auf jeden Fall eine Netzeinspeisung vermieden wird.

Beide Extrempunkte sind jedoch aus wirtschaftlicher Sicht wenig sinnvoll.

Eine Ausnahme hier stellen sicherlich netzferne „Off-Grid“-Anwendungen dar. Dies kann ein

Ferienhaus in einem wenig erschlossenen Gebiet sein, wo die Anbindung an das Stromversorgungsnetz

sehr aufwendig und teuer ist. Das gleiche gilt auch für beleuchtete Bushaltestellen,

Parkscheinautomaten und ähnliches. Hier ist die Speicherinvestition in Verbindung mit einer

photovoltaischen Erzeugung deutlich geringer als das Verlegen neuer Stromkabel. Die Automaten

bleiben mit geringem Aufwand örtlich veränderbar. In vielen dieser Off-Grid-Anwendungen sind schon

seit Jahren elektrochemische Energiespeicher auf Bleibasis im Einsatz, die Stück für Stück durch

modernere Lithium-basierende Speicherlösungen ersetzt werden. Off-Grid Systeme sind 100% autarke

Systeme im Gegensatz zu den teilautarken Systemen mit typischerweise 60-75% Eigenverbrauchs-

quote.

Industriebetriebe und größere Verbraucher zahlen neben dem Arbeitspreis (Preis je kWh Strombezug)

auch einen Leistungspreis. Der Leistungspreis richtet sich zur Auslegung des Netzes danach, wie viel

Leistung der Verbraucher im Jahr maximal benötigt, auch wenn das tatsächlich nur ein einziges Mal ist

und der durchschnittliche Leistungsbezug weit darunter liegt. Je Kilowatt (kW) Anschlusswert sind

jährlich etwa 80-120 € Leistungspreis zu entrichten.

Im konkreten Beispiel eines Baubetriebshofes mit einer Spitzenlast von 160 kW und einer

durchschnittlichen Leistungsaufnahme von 30 kW konnte durch Peak-Shaving mit einem

Speichersystem der Leistungswert auf 60 kW begrenzt werden. Für den Arealnetzbetreiber bedeutet

dies eine jährliche Einsparung von etwa 10.000 Euro. Peak-Shaving ist nichts anderes als eine

Lastbegrenzung netzseitig durch lokalen Bezug aus einem z.B. durch eine Photovoltaikanlage

geladenen Speicher zu günstigen Erzeugungskosten und ist ein Beispiel eines Mehrfachwerts. Im

privaten Umfeld steht Peak-Shaving allerdings als Wertehebel nicht zur Verfügung, da die Abrechnung

allein durch den Arbeitspreis und zumeist leistungsunabhängigen Grundpreis erfolgt.

Kunden mit einem Strombezug von mehr als 100.000 Kilowattstunden pro Jahr bekommen

normalerweise neben ihrer Stromrechnung auch Messwerte der bezogenen Leistung als 15-Minuten-

Mittelwerte zur Verfügung gestellt. Aus diesen Daten lassen sich die Jahreslastspitzen herauslesen, die

den Leistungsanteil der Stromrechnung bestimmen.

Die Erhöhung des Eigenverbrauches und damit verbunden die Steigerung des Autarkiegrades ist ein

wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftlichkeit von Stromspeichern. Gewerbe und Industriekunden

können zusätzlich die maximale Anschlussleistung reduzieren und hier weitere Kosten sparen.

Kosten der Energiespeicherung Die Kosten für die Speicherung hängen von Faktoren wie Anschaffungspreis, Anzahl der Lade- /

Entladezyklen sowie ein paar weiteren technischen Parametern ab. Der Einfachheit halber sei hier ein

Nutzungsfaktor von 0,8 angenommen. Dann ergeben sich die Kosten für das Einspeichern einer

Kilowattstunde zu Anschaffungspreis des Systems pro Kilowattstunde geteilt durch die Zyklen mal

Nutzfaktur. Nimmt man für ein kleines System einen Preis von 1.200 € je Kilowattstunde Kapazität

(kWh) und 300 Zyklen pro Jahr bei 20 Jahren Nutzungsdauer an, dann ist:

KResidential [€/ kWh] = 1.200 [€ / kWh] / (300 x 20 x 0.8) = 25 ct / kWh

Damit wird klar, dass eine reine Eigenverbrauchslösung für Einfamilienhäuser bei den aktuellen

Marktpreisen noch nicht ohne Förderung wirtschaftlich ist, da die Kosten für die Erzeugung durch

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Photovoltaik von etwa 10 ct/kWh noch dazu kommen. Bundesweite Förderprogramme der KfW

(Kreditanstalt für Wiederaufbau) und länderspezifische Programme wie zum Beispiel in Bayern,

Sachsen und dem Saarland kompensieren hier zielgerichtet.

Die Eigenverbrauchserhöhung ist auch im industriellen Umfeld aufgrund der geringeren Kosten

gegenüber dem Netzbezug ein wichtiger Einkommensbestandteil des Speichersystems. Es können hier

Zusatznutzen aktiviert (siehe Abbildung 1) und profitable Geschäftsmodelle ermöglicht werden.

Kostenvergleich gegenüber Diesel-Netzersatzanlagen Der teuerste Strom ist der Strom, der nicht da ist wenn er dringend gebraucht wird und dadurch

Gefahrenzustände oder Produktionsausfälle drohen. Aus diesem Grund haben viele Industriebetriebe

und Dienstleister Netzersatzanlagen (NEA) im Einsatz, um für den Netzausfall zumindest den

wichtigsten Teil der benötigten Energie selbst bereitstellen um kritische Prozesse aufrecht halten zu

können. Dieselaggregate sind relativ günstig, brauchen jedoch regelmäßige Wartung um die

Betriebsbereitschaft sicher zu stellen sowie die Verfügbarkeit von Diesel und Öl als Brenn- und

Betriebsstoffe. Im Gegensatz dazu sind Lithium-Ionen Energiespeicher sehr wartungsarm und

brauchen keinen Brennstoff, was die jährlichen Betriebskosten deutlich reduziert.

Bei einem Abschreibungszeitraum von zehn Jahren sind Diesel- und Lithium-Ionen-Systeme schon

heute kostengleich (siehe Abbildung 2), zukünftig wird sich die Lithium-Ionen-Lösung bei zu

erwartender Kostensenkung weitere kommerzielle Vorteile erarbeiten können. Die Kostengleichheit

berechnen wir dabei so, dass die Netzersatzleistung für typischerweise 60 Minuten gesichert sein

muss. Bei deutlich längeren Überbrückungsdauern ist der Batteriespeicher im Vergleich ungünstiger.

Allerdings ist die zu erwartende Lebensdauer in einem gut ausgelegten Batteriesystem mit 20 Jahren

doppelt so lang als die angenommene Abschreibung. Wird ein entsprechend langer Zeithorizont

angenommen, verbessert sich also die Wirtschaftlichkeit des Batteriespeichers. Zusätzlich ist im

Gegensatz zum Dieselaggregat der Batteriespeicher geräuschlos sowie Abgas- und CO2-frei!

Wunsch nach optimaler Netzauslastung Netze werden typischerweise nach der maximalen zu erwartenden Leistung ausgelegt („take or pay“).

Das ist vergleichbar mit einer Autobahn, die man im Berufsverkehr auf zehn Spuren auslegen müsste,

Abbildung 4: Kosten Diesel-NEA gegenüber Lithium-Ionen-Speicher

0 €

20,000 €

40,000 €

60,000 €

80,000 €

100,000 €

120,000 €

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Kosten akkumuliert bei Abschreibung 10 Jahre

Diesel

Li-Ion

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in der Nacht aber nur sehr wenige Fahrzeuge fahren. Ideal wäre es natürlich, wenn immer gleich viele

Autos fahren würden, dann käme es nicht zu Staus und die Autobahn müsste nicht verbreitert werden.

Wenn der Strombezug nun wesentlich gleichmäßiger gestaltet werden kann, führt das infrastruktur-

und kostenseitig zu deutlichen Entlastungen. Das heißt aber auch, dass Last zu Spitzenzeiten zeitlich

verschoben und/oder die entsprechende benötigte Leistung vorher lokal gepuffert werden muss.

Ebenso auf der Erzeugungsseite: Je mehr erneuerbare Energie lokal erzeugt und um Erzeugungsspitzen

reduziert zur Verfügung gestellt werden kann, desto weniger Belastung ergibt sich für die

Transportnetze - bis hin zur Vermeidung von Netzausbau. Zum Beispiel ist es für große

Industriebetriebe durchaus möglich 7.000 bis 8.000 Volllaststunden (Jahresenergieverbrauch geteilt

durch Netzanschlussleistung) zu erreichen und gleichzeitig den gesamten Energieverbrauch zu

reduzieren. Dazu bedarf es geschickter Lastverschiebung, Eigenverbrauchserhöhung und

Lastspitzenbegrenzung, was mit entsprechend dimensionierten Speichersystemen möglich wird.

Energie-Effizienz-Maßnahmen nach ISO 50.001 Im Rahmen von Audits nach ISO 50.001 sowie DIN EN 16247 haben manche Kunden umfangreiche

Energie-Daten zur Verfügung und bereits Potentiale erfasst und aufgedeckt. Mit Lithium-Ionen

Speichersystemen lassen sich diese Einsparpotentiale auch realisieren.

Seit Ende 2015 sind energieintensive Großunternehmen zu Energieaudits nach DIN EN 16247

angehalten. Dies ermöglicht unter anderem die Erfassung der einzelnen Lasten. Die darauf folgende

Analyse der Lastgänge, die gemeinsam mit Kunden durchgeführt werden sollte, ist Grundlage für

Optimierungsmaßnahmen. Energieaudits sollen das Bewusstsein der Großindustrie zum Thema

Energie erhöhen, Einsparpotentiale erkennen und gleichzeitig dazu dienen, die EU-Ziele zur

Reduzierung des Energieverbrauches um 20 Prozent bis zum Jahre 2020 zu erreichen.

Die Kosten der Audits werden teilweise durch Fördermittel erstattet. In Zukunft ist zu erwarten, dass

die Anforderung Energieaudit auch mittlere und kleine Unternehmen erreicht, denn Energiekosten

sind ein wichtiger Standortfaktor und können den Firmen Vorteile bringen, die sich schon heute

Gedanken zur Steigerung der Energieeffizienz machen.

Netzertüchtigung und Vermeiden von Netzausbau Auch in einem hochmodernen Land mit höchster Netzqualität gibt es Engpässe in der

Energieversorgung, die unter anderem dann entstehen, wenn große Erzeuger ausfallen oder stillgelegt

werden oder neue Großabnehmer von Energie entstehen. Als Konsequenz ändert sich der Weg, den

die Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher zurücklegen muss.

Zusätzlich treten auf den teilweise langen Wegen Verluste auf, d.h. Energie, die die erzeugende Seite

zusätzlich bereitstellen muss, damit noch genug auf der Verbrauchseite ankommt. In Deutschland

betragen diese Verluste etwa 5% der Gesamtstromerzeugung von etwa 650 Terawattstunden Strom.

Das heißt 32.500.000.000 kWh (entspricht in etwa dem Stromverbrauch von 8 Millionen Haushalten)

der produzierten Energie in Form von Strom kommen nicht beim Verbraucher an. Zum Vergleich, die

acht deutschen Kernkraftwerke produzierten 2014 etwa 100 Terawattstunden Strom. Das Äquivalent

von mehr als zwei Kernkraftwerken hat dabei keine nutzbare Wirkleistung produziert.

Der Ausbau des Hochspannungsnetzes kostet je Kilometer mehr als 1,5 Millionen Euro – ein weiterer

Grund für die dezentrale Energieversorgung und der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen auf

der Seite signifikanter Verbraucher. Für Lastspitzen zu schwache Infrastruktur könnte natürlich auch

auf der Transportseite durch Energiespeicher vor Ort sinnvoll kompensiert werden. Dies ist sicherlich

nicht nur für Stadtwerke interessant.

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Netz-Dienlichkeit und Regelleistung Grundbedingung für eine zuverlässige Energieversorgung ist die Erzeugung und den Verbrauch zu

jedem Zeitpunkt in Deckung zu halten. Übersteigt die Energieproduktion den Verbrauch, so reagiert

die Netzfrequenz von 50 Hertz mit einer Erhöhung, wird mehr Energie verbraucht als erzeugt, dann

fällt die Netzfrequenz. Dies wird innerhalb eines schmalen Bandes toleriert, weicht die Frequenz jedoch

stärker als 10 Millihertz ab, werden entsprechende Korrekturmaßnahmen eingeleitet. Im Fall von zu

niedriger Frequenz wird die Erzeugung erhöht (positive Regelleistung), im Fall von zu hoher Frequenz

muss Energie aufgenommen werden. Dies passiert beispielsweise in Pumpspeichern oder auch durch

Wandlung von „Power to Heat“ (Strom in Wärme), „Power to Gas“ (Strom in Gas) oder auch neuerdings

in elektrochemischen Energiespeichersystemen. Wichtig ist hier, dass Speichersysteme schnell

reagieren und die überschüssige Energie aufnehmen oder abgeben können.

Regelleistung ist wichtig zur Stabilisierung der Netze und wird umso wichtiger, je mehr fossile und

nukleare Grundlastkraftwerke aus der Erzeugung genommen werden. Unterschieden wird hier in

Primär-, Sekundär- und Tertiärregelleistung. Die Primärregelleistung reagiert als erste auf

Netzschwankungen und muss in positiver als auch negativer Richtung zur Verfügung stehen. Die

Sekundärregeleistung löst die Primärregeleistung ab und wird separat in positiver und negativer

Richtung angeboten. Die Mengen werden von den Übertragungsnetzbetreibern wöchentlich

ausgeschrieben und die Zuschläge im Bieterverfahren vergeben. Lithium-Ionen-Speichersysteme

haben hier Vorteile durch die Reaktionsschnelligkeit.

Leistung und Energie Die wichtigsten Kenngrößen eines Batteriesystems sind Leistung, Energie und die C-Rate, die sich

weitestgehend aus den ersten beiden Größen ergibt. Wenn ein Speicher von 1 MWh genannt wird,

dann fehlt die Angabe, wie schnell diese Energie abgeben und auch wieder geladen werden kann. Mit

einem 100 kW Inverter würde diese Batterie 10 Stunden brauchen um zu laden, dies entspricht einer

C-Rate von 0,1. Mit einem 500 kW Inverter wären es zwei Stunden bei einer C-Rate von 0,5.

Bei der Planung eines Einsatzes für einen Speicher ist es essentiell zu wissen, welche Leistung wird für

welchen Zeitraum gebraucht und daraus resultierend die zu speichernde Energiemenge. Wird z.B. für

eine Notstromversorgung eine Dauer von 2 Stunden avisiert bei einer Leistung von 1 MW, dann wären

2 MWh Batteriekapazität nötig. Unbedingt zu beachten ist, dass die eingesetzte Zellchemie diese C-

Raten auch dauerhaft unterstützt. Unterschieden werden oft Power-Zellen mit C-Raten größer/gleich

eins und Energie-Zellen mit C-Raten kleiner als eins. Powerzellen geben viel Leistung für einen kurzen

Zeitraum ab und sind z.B. auch in Akkuwerkzeugen zu finden, Energiezellen haben mehr gespeicherte

Energie für einen längeren Zeitraum.

Dimensionierung von Speichersystemen Für die wirtschaftliche Auslegung eines Speichersystems ist es wichtig, die Wertehebel bzw.

Betriebsmodi zu kennen, die das Speichersystem abbilden soll, um daraus die Einsparungen und

Einkünfte zu berechnen. Mindestens genauso wichtig sind Informationen über den „Fahrplan“ für die

technische Auslegung vor allem im Hinblick auf die Steuerungs-, Regelungs- und

Kommunikationstechnik. Eine Regelung auf Eigenverbrauchsoptimierung im residential Umfeld ist

wesentlich einfacher, als ein Lastverschiebungsszenario oder gar der Einsatz im Primärregelmarkt. Hier

sind zusätzlich kommunikationstechnische Anbindung an Leitstellen, virtuelles

Kraftwerksmanagement und Regelleistungspools zu realisieren. Die lokale Messtechnik liefert wichtige

Leistungs-, Spannungs- und Frequenzwerte für die lokale PMCU (Power Management Control Unit) im

Speichersystem. Hier unterscheiden sich die Systeme sehr deutlich: Manches einfaches

Kleinspeichersystem für den Heimmarkt reagiert z.B. auf das Einschalten eines Wasserkochers so träge,

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dass der Speicher erst dann Energie liefert, wenn das Wasser schon fast heiß ist. Diese ist im

industriellen und energiewirtschaftlichen Umfeld nicht denkbar.

Bei Lastverschiebung im industriellen Umfeld ist es hilfreich, prognosebasierte Systeme zur Hand zu

haben. Sowohl für jede Art von Energieerzeugung als auch für die wichtigen Verbrauchseinheiten

müssen Kennlinien- und Prognosesysteme eingebunden werden, um alle wichtigen Energieflüsse zu

kennen. Dann kann ein Energiespeichersystem als Kernelement der Optimierung seinen maximalen

Beitrag leisten. So individuell wie der energetische „Fingerabdruck“ wird dann auch die optimale

Lösung für die Erzeugungs- und Speicherlösung sein.

Schlussfolgerungen Energiespeicher sind wohlmöglich einer der wichtigste Eckpfeiler einer CO2-freien, erneuerbaren und

nachhaltigen Energieerzeugung. Die Wirtschaftlichkeit von einem Speichersystem hängt maßgeblich

davon ab, wie viele Ertragsmöglichkeiten (siehe Tabelle 1) aktiviert werden können.

Tabelle 1: Wertehebel *nur im Verbund von vielen Systemen (virtuelles Kraftwerk)

Kleinspeicher im Heimbereich können im Wesentlichen zur Reduzierung des Netzbezuges und

Erhöhung des Eigenverbrauchs genutzt werden, andere Wertehebel stehen bei Bündelung zu größeren

virtuellen Einheiten zur Verfügung. Förderprogramme kompensieren zumindest teilweise

kommerzielle Nachteile gegenüber größeren Systemen. Gewerbe und Industrie stehen ab einem

jährlichen Stromverbrauch von 100.000 Kilowattstunden pro Jahr Leistungswerte im

Viertelstundenmittel und die Möglichkeit der Reduzierung des Leistungspreises zur Verfügung.

Können neben Reduzierung der Arbeit (Eigenverbrauchs- und Autarkie-Erhöhung), Leistungsspitzen

reduziert werden (Peak Shaving) sowie die Vorteile einer schnellen Notstromversorgung (und der

damit verbundenen Schadensminimierung) und die Teilnahme am Regelleistungsmarkt weitere

Einkommen erzielen, so nimmt die Wirtschaftlichkeit deutlich zu.

Lässt sich der günstige Solarstrom heute zumindest teilweise speichern und direkt vor Ort vermarkten,

so werden die Geschäftsmodelle hoch interessant und Arealversorgungsmodelle sehr wirtschaftlich.

Hierzu seien neben Mieterstrommodellen in einer Immobilie mit Quartierspeichern auch

Versorgungen von Industrieparks, Einkaufszentren und ähnlichem mit mehreren Gebäuden und

Eigentümern gezählt.

Der Speichermarkt wird weltweit in den nächsten Jahren dramatisch wachsen. Sinkende Preise der

Lithium-Technologie in Verbindung mit sehr günstigen Stromproduktionskosten werden die dezentrale

Energieversorgung in die nächste Ebene bringen und dies netzfreundlich und netzunterstützend.

Anwendung Heim Gewerbe Industrie Areal Versorger

Eigenverbrauchserhöhung ja ja ja ja ja

Erzeugung (z.B. PV) 10 ct / kWh 10 ct / kWh 9 ct / kWh 9 ct / kWh 8 ct / kWh

Bezugspreis 30 ct / kWh 22 ct / kWh 16 ct / kWh 20 ct / kWh k.A.

Lastbegrenzung nein >100 MWh/a ja ja ja

Leistungspreis nein 80-120 €/kW/a

80-120 €/kW/a

80-120 €/kW/a

80-120 €/kW/a

Notstromversorgung ja ja ja ja ja

Schwarzfallschaden gering mittel hoch mittel-hoch hoch

Netzdienstleistung ja* ja* ja ja ja

Blindleistung ja ja ja ja ja

Regelleistung nein* nein* ja ja ja

andere nein* nein* ja ja ja