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1 Arbeitspapier der Länder BW, NW, SN und des UBA Autorenteam: Dr. Eberhard Kietz SN, Harald Notter BW, Silvia Strecker NW, Brigitte Zietlow UBA Anforderungen an die Erfassung, Sortierung und Verwertung von Alttextilien - Vollzugshilfe und praktische Empfehlungen für Ausschreibungen - Entwurf Stand: Oktober 2018 Inhaltsverzeichnis…………………………………………………………………………… 1 Fachspezifisches Abkürzungsverzeichnis……………………………………………….. 3 1 Einleitung................................................ 4 2 Definitionen und rechtliche Erläuterungen.................5 2.1 Begriffsdefinition „Textilien“ und „Alttextilien“...5 2.2 Übergang von Textilien zu Alttextilien/.............7 2.3 Abfalleinstufung nach der AVV.......................9 2.4 Ende der Abfalleigenschaft..........................9 2.5 Die (fünfstufige) Abfallhierarchie bei Textilien bzw. Alttextilien.............................................10 2.6 Rechtliche Fragen der Sammlung von Alttextilien....12 2.6.1 Anzeige und Untersagung............................12 2.6.2 Illegal aufgestellt Sammelbehältnisse..............13 2.6.3 Freiwillige Rücknahme von Produkten................14 3 Fachliche Anforderungen an Sammeln, Erfassen, Verwerten. .15 3.1 Sammlung...........................................15 3.1.1 Nutzung von Standplätzen für Containergestellung. . .15 3.1.2 Erfassung.......................................... 16 3.1.3 Beförderung........................................17 Seite 1 von 48

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1Arbeitspapier der Länder BW, NW, SN und des UBAAutorenteam: Dr. Eberhard Kietz SN, Harald Notter BW, Silvia Strecker NW, Brigitte Zietlow UBA

Anforderungen an dieErfassung, Sortierung und Verwertung von Alttextilien

- Vollzugshilfe und praktische Empfehlungen für Ausschreibungen -

Entwurf Stand: Oktober 2018

Inhaltsverzeichnis…………………………………………………………………………… 1

Fachspezifisches Abkürzungsverzeichnis……………………………………………….. 3

1 Einleitung..............................................................................................................4

2 Definitionen und rechtliche Erläuterungen............................................................5

2.1 Begriffsdefinition „Textilien“ und „Alttextilien“..........................................5

2.2 Übergang von Textilien zu Alttextilien/....................................................7

2.3 Abfalleinstufung nach der AVV...............................................................9

2.4 Ende der Abfalleigenschaft.....................................................................9

2.5 Die (fünfstufige) Abfallhierarchie bei Textilien bzw. Alttextilien.............10

2.6 Rechtliche Fragen der Sammlung von Alttextilien................................12

2.6.1 Anzeige und Untersagung......................................................................12

2.6.2 Illegal aufgestellt Sammelbehältnisse....................................................13

2.6.3 Freiwillige Rücknahme von Produkten...................................................14

3 Fachliche Anforderungen an Sammeln, Erfassen, Verwerten............................15

3.1 Sammlung............................................................................................15

3.1.1 Nutzung von Standplätzen für Containergestellung...............................15

3.1.2 Erfassung...............................................................................................16

3.1.3 Beförderung...........................................................................................17

3.1.4 Entladung...............................................................................................17

3.2 Sortierung.............................................................................................17

3.3 Recycling..............................................................................................19

3.4 Sonstige Verwertung............................................................................19

3.5 Anteile der Verwertungswege aus der Alttextilsammlung....................19

4 Exporte...............................................................................................................19

5 Nachweis der Zuverlässigkeit/ordnungsgemäßen, d.h. möglichst hochwertigen Entsorgung................................................................................................................22

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6 Literaturhinweise.................................................................................................23

Anhang 1: Hinweise für Anforderungen und Empfehlungen für Ausschreibungen:. 24

1. Vergaberecht..........................................................................................24

2. Leistungsbeschreibung..........................................................................24

2.1 Beschreibung des Auftragsrahmens/-umfangs für Erfassung und Sammlung............................................................................................24

2.2 Nachweise des Bieters, welche seine Zuverlässigkeit/hochwertige Entsorgung belegen..............................................................................25

3. Bietereignung........................................................................................26

Anhang 2: Beispielhafte Zusammenstellung von Bestandteilen einer Leistungsbeschreibung für die Vergabe von Dienstleistungen 29

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Fachspezifisches Abkürzungsverzeichnis

ARA Ausschuss für Abfallrecht der LAGA

AVV Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung)

BImSchG Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz)

bvse Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

FTR Fachverband Textilrecycling

GftZ Gemeinschaft für textile Zukunft

GüKG Güterkraftverkehrsgesetz

GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HBCD Hexabromcyclododecane

KrWG Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen

LAGA Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall

LVP Leichtverpackungen

MVA Müllverbrennungsanlage

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

ÖrE öffentlich-rechtliche Entsorger

PBDE Polybromierte Diphenylether

PCB Polychlorierte Biphenyle

PFOS Perfluoroctansulfonsäure

POP-Verordnung Verordnung über die Getrenntsammlung und Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen (POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung)

PPK Papier, Pappe, Kartonagen

R1-Kriterium nach Anlage 2 "Verwertungsverfahren" zum KrWG: "Hauptverwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung"

VgV Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung)

VOL/A Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A

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1 Einleitung

Bei Alttextilien (Kleidung, Schuhe und Haushaltstextilien) aus Containersammlungen oder Straßensammlungen handelt es sich um Abfall nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Im Gegensatz zu anderen getrennt erfassten Abfallströmen wie PPK oder LVP zielt die Behandlung von Alttextilien vor allem auf die Vorbereitung zur Wiederverwendung ab, die in der Abfallhierarchie die vorrangige Verwertungsform ist. Eine grundlegende Voraussetzung ist daher ein materialschonender Umgang mit diesen Abfällen auf allen Ebenen der Abfallentsorgung und -behandlung, damit tragfähige und marktfähige Alttextilien in optimalem Umfang wiederverwendet werden können.

In vielen Fällen gibt es bei der Erfassung und Verwertung von Alttextilien jedoch eine Reihe von Fehlentwicklungen. Diese sind insbesondere:

Illegale Sammlungen, keine materialschonende Erfassung, kein materialschonender Umgang (Transport, Lagerung, Sortierung) mit

erfasster Ware, fehlende Sortierung (in markt- und tragfähige Ware), keine Verwertung der Materialien, die nicht wiederverwendbar sind, keinerlei Nachweise über den Verbleib der Sammelware, keinerlei Nachweise über die Einhaltung der 5-stufigen Abfallhierarchie bei

der Entsorgung von Alttextilien, falsche Definitionen und Deklarationen, um die Regelungen zur

Abfallverbringung zu umgehen, Ausschreibungen (für Erfassung und Verwertung) ohne

Qualitätsanforderungen und ohne Nachweisverpflichtungen.

Es gibt Bemühungen der Wirtschaft, Qualitätskriterien für den Umgang mit Alttextilien zu implementieren, auch Hinweise von GftZ, bvse (FTR) oder ein Verhaltenskodex von FAIRwertung (siehe Literaturhinweise). Diese Initiativen haben aus den folgenden Gründen eine eingeschränkte Durchschlagskraft:

Gütesiegel der Wirtschaft können nicht allgemeinverbindlich vorgeschrieben werden

Gütesiegel können aus wettbewerbsrechtlichen Gründen kein Kriterium für eine Auftragsvergabe sein

Gütesiegel werden oft unzureichend geprüft. Somit können auch Unternehmen Gütesiegel führen, die nicht alle entsprechenden Anforderungen erfüllen

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Sofern die Wirtschaft Anforderungen selbst implementiert, entstehen kartellrechtliche Probleme; im Gegensatz dazu können „amtliche Hinweise, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften“ in Ausschreibungen zur Grundlage oder als Hilfskriterien aufgenommen werden.

Die vorliegenden Hilfen für den Vollzug richten sich an Behörden und politische Entscheidungsträger. Sie sollen eine Hilfestellung geben bei

Überwachung (gem. §§ 47, 51 und 62 KrWG) Ausschreibungsverfahren (z.B. für kommunale Sammlungen) Umgang mit illegalen Sammlungen Entscheidungen auf Grundlage von § 17 und 18 KrWG Abfallexporten

Die Hilfen für den Vollzug sollen eine Orientierung und Unterstützung bieten, erheben aber nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Letztendlich werden im Vollzug konkret immer Einzelfallentscheidungen getroffen werden müssen.

2 Definitionen und rechtliche Erläuterungen

2.1 Begriffsdefinition „Textilien“ und „Alttextilien“

Textilien sind neue oder gebrauchte Bekleidungs- und Haustextilien einschließlich Schuhe und Accessoires. Der Begriff Textilien wird hier weit ausgelegt. Zu Textilien (die nach ihrer Nutzungsphase zu Alttextilien werden) im Sinne dieser Vollzugshilfe werden gezählt:

Bekleidung, d.h. alles, was den Körper bedeckt/verhüllt, wie Oberbekleidung (auch Pelze) und Unterwäsche, Schuhe im Paar (Fußbekleidung) und sonstige Accessoires (mit Ausnahme von Schmuck) wie Gürtel, Hüte, Mützen, Schals, Tücher, Handtaschen (als Ersatz für fehlende Taschen in den Kleidern) etc., Haustextilien wie Bett- und Tischwäsche, Waschlappen, Hand-, Trocken- und Badetücher etc. Zu den Textilien zählen auch Bettwaren (Daunendecken, Steppdecken, Kissen etc.), Dekorstoffe (Kissen etc.), sonstige Decken, Gardinen mit Vorhängen und Stores.

Nicht zu Textilien im Sinne der vorliegenden Vollzugshilfe fallen Möbel- und Matratzenstoffe, Teppiche, Zelte, Planen, Rucksäcke, etc.1. Ebenso wenig wie Elektrogeräte2, sonstige Gebrauchsgegenstände, Matratzen und Schaumstoffe.

1 Für Teppiche ließe sich das allerdings aus dem Basel-Code ableiten (B 3035 statt B 3030), auch Möbelstoffe könnten z.B. aus Baumwolle oder Wolle sein und dann dem Code 3030 unterfallen.2 Bekleidung und Schuhe können mit fest eingebauten elektrischen Funktionen ausgestattet sein. In diesem Fall unterfallen sie dem ElektroG als Lex specialis

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Der Begriff Alttextilien im Sinne dieser Vollzugshilfe bezeichnet Textilien, die als Abfall angefallen sind. Textilien werden immer dann als „Alttextilien“ bezeichnet, wenn und solange sie rechtlich als Abfall einzustufen sind.

Die Kriterien für eine Zuordnung von Alttextilien in bestimmte Abfallklassen sind in unterschiedlichen Regelwerken verschieden geregelt:

Basler Übereinkommen: Anlage IX B3030 OECD-Code: GJ 120 AVV: Ziff. 20 01 10 bzw. 20 01 11

Je nach Regelwerk ergeben sich unterschiedliche Kriterien für eine korrekte Einstufung (stoffbezogen, herkunftsbezogen).

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2.2 Übergang von Textilien zu Alttextilien

Zunächst ist zu unterscheiden, ob und wann Textilien zu Abfall werden oder geworden sind, oder ob sie noch – etwa lediglich reparaturbedürftig oder mangels Entledigungsabsicht – noch als „Produkt“ zu bewerten sind.

Das mögliche Ende der Abfalleigenschaft von Alttextilien wird unter Kapitel 2.4 erläutert.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG fallen unter den weiten Abfallbegriff alle Stoffe, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss:

Die tatsächliche Sachherrschaft wird aufgegeben und zwar unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung:

wenn keine individualisierte Annahme von Textilien erfolgt wenn keine Kontrolle der Waren unmittelbar nach Annahme erfolgt wenn es keine Garantie für eine unmittelbare Weiterverwendung gibt

Es kann unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ein Entledigungswille des Besitzers festgestellt werden, wenn:

es zu einer Vermischung der Stoffe mit anderen Abfällen kommt (weil dadurch deutlich wird, dass die ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt

die Erwartung des bisherigen Besitzers, dass die Stoffe weiter als Bekleidung oder zu einem entsprechenden Zweck genutzt werden, nicht konkret begründet ist, sondern lediglich ein Motiv darstellt

Der bisherige Besitzer entledigt sich der Alttextilien dadurch, dass er sie einem Verwertungsverfahren zuführt:

Indem die Textilien ohne Eingangskontrolle und -sortierung angenommen werden, müssen sie vom weiterverarbeitenden Betrieb zunächst einer Sichtung und einer Sortierung unterzogen werden. Dieser Vorgang entspricht der „Vorbereitung zur Wiederverwendung“.

Im Umkehrschluss entsteht kein Abfall bei einer Reparatur ohne Entledigungswille. Wenn bei einer Abgabe an einen Dritten die konkrete Absicht besteht, durch Weiterverwendung bei diesem Nutzen im Wege weiterer zweckentsprechender Verwendung zu stiften, entsteht ebenfalls kein Abfall. Letzteres kann beispielsweise durch Schenkung oder Verkauf von Eigentum an Dritte oder die Reparatur unter Abgabe an einen Dritten geschehen.

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Zivilrechtlich kommt es in beiden Fällen zur Eigentumsaufgabe durch Übertragung an einen Dritten. Ob der Dritte rechtlich „Abfallentsorger“ ist oder etwa Beschenkter/Käufer, ob es also um Abfall oder Wirtschaftsgut handelt, ist nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zu beurteilen.

Mit der Frage, wann es sich bei Textilien um „Alttextilien“ und somit um Abfall handelt, hat sich bereits höchstrichterliche Rechtsprechung auseinandergesetzt. Danach sind aus Alttextilsammelware aussortierte Pappenlumpen und Halbtuche Abfälle zur Verwertung und nicht Sekundärrohstoffe mit Produkteigenschaft (BVerwG, Urteil vom 19. November 1998 - 7C 31/97). Das Verwaltungsgericht Würzburg hat entschieden, dass gesammelte Textilien im Rahmen einer sog. „Indoor-Sammlung“ Abfall sind (VG Würzburg, Urteil vom 10.02.2015 – W 4 K 13.2015). Indoor-Sammlung meint, dass ein Vertreiber von Textilien Alttextilien – etwa beim Kauf neuer Ware – zurücknimmt und gfls. sogar rückvergütet (siehe auch 2.5.4).

Wenn Gebrauchtkleider und Alttextilien in Plastiktüten verpackt unter Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft in öffentlich aufgestellte Container geworfen oder Straßensammlungen überlassen werden, so entledigt sich der ursprüngliche Besitzer ihrer, so dass es sich definitionsgemäß nach § 3 Abs.1 Satz 1 KrWG um Abfall handelt. (BVerwG, Urteil vom 11.07.2017, Az.: 7 C 35/15).

Ausgehend von den vorgenannten Urteilen ist bei Entscheidungen über die Abfalleigenschaft insbesondere die Ausgestaltung der Rücknahme von Textilien zu betrachten. Dabei sind insbesondere folgende Fallgestaltungen relevant:

Container- und Straßensammlungen sind die gängigsten Erfassungssysteme für Alttextilien. Neben diesen Sammeloptionen gibt es mitteilweile auch andere Geschäftsmodelle, die die Rücknahme von Alttextilien ermöglichen. Hierzu gehören z. B. Sacksammlungen, Onlinesammlungen oder Indoor-Sammlungen etwa in Kaufhäusern.

Sammelaktionen in Kaufhäusern: Wird gebrauchte Kleidung im Handel zurückgenommen, bei denen der Kunde nach Gewicht der abgegebenen Kleidung evtl. Gutscheine für den Kauf von Neuware erhält, ist der Abfallbegriff erfüllt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die gebrauchte Kleidung vom Personal ungeprüft z.B. Sortierbetrieben zur Vorbereitung zur Wiederverwendung weitergegeben wird. Es ist davon auszugehen, dass bei der von den Kunden abgegebenen Altkleidung auch nicht mehr tragbare Stücke enthalten sind. Erst in den Sortieranlagen erfolgt dann der Verwertungsschritt „Vorbereitung zur Wiederverwendung“. Bei den im Kaufhaus abgegebenen Textilien handelt es sich daher um Abfälle, derer sich die Kunden entledigen.

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Wenn beim Second-Hand-Kleidergeschäft durch Verkauf oder kostenlose Abgabe (Verschenken) einzelne Kleidungsstücke zum unmittelbaren Weitergebrauch abgegeben werden, entsteht hingegen kein Abfall.

2.3 Abfalleinstufung nach der AVV

Alttextilien können auch bei sammlungstypischen und üblichen Fehlwürfen als „Alttextilien“ nach der AVV deklariert (Abfallschlüsselnummer 20 01 11) werden, und nicht etwa als „gemischte Siedlungsabfälle“. Dies entspricht auch der Praxis bei allen getrennt gesammelten Abfallströmen. Nach dem Durchlaufen eines oder mehrerer Behandlungsschritte ist – solange und soweit noch keine Produkteigenschaft erreicht ist - die Zuordnung zur Abfallschlüsselnummer 19 12 08 einschlägig.

Das Sammelgemisch „Alttextilien“ aus Container- oder Straßensammlungen enthält in der Regel sowohl tragfähige als auch aufgrund von Verschmutzung und Beschädigung nicht tragfähige Alttextilien und darüber hinaus Rest- und Fremdstoffe, die fälschlicherweise als Fehlwürfe über diesen Weg durch die Bürger entsorgt werden. Nach den Erfahrungen der Gemeinschaft für Textile Zukunft befinden sich in den Containern durchschnittlich etwa 5 % an offensichtlichen Störstoffen.

Daher enthält das Sammelgut - auch nach der notwendigen Aussonderung von Stoffen, die zu seiner Querkontamination bei der Entnahme an der Abgabestelle führen können - bei dem Transport von der Abgabestelle (insbesondere Containern) zu einer Sammelstelle in der Regel weiterhin Fremd- und Störstoffe. Daraus ergibt sich aber keine Notwendigkeit das Sammelgut als gemischte Siedlungsabfälle einzustufen. Auch nach einer Vorsortierung bei der Sammelstelle können sich noch Rest- und Fremdstoffe in den Alttextilien befinden, die in geringfügigem Maße auch bei einer Deklaration als Alttextilien hinnehmbar sind.

Zur Einstufung von Textilabfällen nach dem Basler Übereinkommen für die grenzüberschreitende Verbringung s. Kapitel 3.5.

2.4 Ende der Abfalleigenschaft

Wenn Textilien zu Alttextilien und damit Abfall geworden sind, können Sie durch die Vorbereitung zur Wiederverwendung auch wieder zu Textilien, d.h. Produkt werden und damit den Abfallstatus verlieren.

Nach § 5 KrWG endet die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstandes, wenn dieser ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und so beschaffen ist, dass

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1. er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird,

2. ein Markt für ihn oder eine Nachfrage nach ihm besteht,

3. er alle für seine jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt sowie

4. seine Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt.

Das Ende der Abfalleigenschaften ist für Alttextilien dann erreicht, wenn diese als markt- und tragfähige Artikel nach definierten Produktspezifikationen sortiert wurden.

Solange noch nicht alle abfallwirtschaftlichen Behandlungsschritte abgeschlossen sind, handelt es sich um Abfall. Dies entspricht der Bewertung in anderen Fällen, insbesondere bei anderen Abfallströmen.

2.5 Die (fünfstufige) Abfallhierarchie bei Textilien bzw. Alttextilien

Gemäß den Zielen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), § 6 sind Abfälle möglichst wiederzuverwenden (Abfallvermeidung – inkl. Reparatur), zur Wiederverwendung vorzubereiten (aus Alttextilien wieder Textilien machen), zu recyceln oder sonst zu verwerten. Erst an letzter Stelle der Abfallhierarchie steht die Beseitigung. § 14 KrWG normiert insoweit eine Verpflichtung zur Getrennterfassung bereits an der Anfallstelle. Für Alttextilien gilt im Einzelnen:

Die größten Beiträge zur Vermeidung von Abfällen aus Textilien sind (wie bei vielen anderen Abfallströmen auch) durch die Einschränkung von Produktion und Konsum zu erreichen, also den Verzicht Produkte herzustellen, die zwangsläufig irgendwann zu Abfall werden. Weitere Beiträge zur Abfallvermeidung können auch durch Langlebigkeit erreicht werden, weil damit weniger Neuwaren erworben werden müssen. Wichtiges Element der Vermeidung ist dabei eine möglichst lange Nutzung der Textilien in der Erstgebrauchsphase und Weiter- und Wiederverwendung (z. B. durch direkte Weitergabe, Verschenken oder Verkauf). Bei Textilien spielt daher die Hochwertigkeit der Ware eine besondere Rolle. Durch einen hohen Anteil von Ware minderer Qualität steigt auch der Anteil von Textilien mit kurzer Lebensdauer. Insbesondere bei Bekleidungstextilien bestimmt nicht nur die Qualität die Lebensdauer, auch kurzlebige Modetrends (bis 12 Kollektionen pro Jahr) tragen zu sehr kurzer Lebensdauer bei. Auch wenn eine Reparatur oder eine Änderungsschneiderarbeit an dem Textil durchgeführt wird, handelt es sich um eine Vermeidung von Abfall.

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Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne des KrWG ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die bereits zu Alttextilien (Abfällen) geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren. So kann das Annähen eines fehlenden Knopfes bei Kleidungsstücken Reparatur sein, handelt es sich um Alttextilien im Rechtssinne kann der gleiche Vorgang Vorbereitung zur Wiederverwendung sein.

Eine zentrale Maßnahme zur Vorbereitung zur Wiederverwendung ist die Sortierung. Im Rahmen der Sortierung werden nicht nur Störstoffe entfernt, sondern es muss für jeden einzelnen Artikel über die Tragfähigkeit und die Marktfähigkeit entschieden werden. Die Sortierung von Alttextilien repräsentiert in der gesamten Abfallwirtschaft ein wesentliches Verfahren, in welchem überwiegend und in relevantem Umfang Abfälle zur Wiederverwendung vorbereitet werden.

Die Vorbereitung zur Wiederverwendung kann sogar durch bloße Sichtung der Alttextilien vorgenommen werden. Eine solche Form der Vorbereitung zur Wiederverwendung spielt in der abfallwirtschaftlichen Praxis in Deutschland aber keine Rolle.

Recycling im Sinne des KrWG ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden; es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, nicht aber die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind. Der Begriff Recycling trifft auf Alttextilien zu, die nach Prüfung auf Einzelartikelebene als nicht trag- und marktfähig eingestuft (da z.B. verschmutzt, beschädigt, nass) und für eine anschließende stoffliche Verwertung zusammengestellt wurden (z. B. zur Herstellung von Putzlappen und/oder Reißware oder „Aufketteln“ hochwertiger Fäden).

Sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung im Sinne des KrWG findet Anwendung für Alttextilien, die weder für die Wiederverwendung noch für das Recycling geeignet sind, sowie für Fehlwürfe und Störstoffe, die keine Alttextilien sind.

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Beseitigung von Alttextilien ist dann gegeben, wenn diese einem Beseitigungsverfahren zugeführt werden. Da in Deutschland eine Deponierung solcher Stoffe nicht mehr zulässig ist und thermische Abfallbehandlungsanlagen (welche das R1-Kriterium der EU erfüllen) in der Regel nicht als Beseitigungsanlagen eingestuft sind, ist für Alttextilien, die an Verbrennungsanlagen geliefert werden, in Deutschland in den allermeisten Fällen nicht von einer Beseitigung auszugehen, sondern von einer energetischen Verwertung. Allerdings kann es beim Export von unsortierten Alttextilien dazu kommen, dass nicht tragfähige und nicht marktfähige Ware im Zielland in geordneten oder ungeordneten Deponien entsorgt werden oder dort in Anlage verbrannt werden, welche nur den Status von Beseitigungsanlagen haben.

Auch im Falle einer Verbringung unsortierter Alttextilien in andere Länder mit niedrigerem Standard bleibt der Abfallerzeuger für die Einhaltung der 5-stufigen Abfallhierarchie und auch für eine ordnungsgemäße Entsorgung der Reste verantwortlich. Ein entsprechender Dienst- oder Werkvertrag entbindet ihn ebenfalls nicht von der Pflicht, insbesondere den Vorrang der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder einer Verwertung zu beachten.

Dieser Hinweis wird unter Punkt 4.5 noch einmal aufgegriffen.

2.6 Rechtliche Fragen der Sammlung von Alttextilien

Soweit Alttextilien der Überlassungspflicht unterliegen, ist der öffentlich-rechtliche Entsorger zur Einsammlung von Alttextilien gem. § 20 KrWG verpflichtet. Eine Überlassungspflicht besteht nicht für Alttextilien,

die durch gemeinnützige Sammlungen einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 KrWG),

die durch gewerbliche Sammlungen einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden oder

die im Rahmen einer freiwilligen Rücknahme nach § 26 KrWG zurück-genommen werden.

Einer gewerblichen Sammlung dürfen allerdings keine überwiegenden öffentlichen Interessen dieser Sammlung entgegenstehen (§ 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG).

2.6.1 Anzeige und Untersagung

Gewerbliche und gemeinnützige Sammlungen sind nach § 18 Abs. 1 bis 3 der zuständigen Behörde spätestens drei Monate vor der beabsichtigten Aufnahme

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durch ihren Träger anzuzeigen. Anzuzeigen sind Sammlungen auf öffentlichem wie privatem Grund. Der Anzeige sind Angaben nach § 18 Abs. 2 und 3 KrWG hinzuzufügen, die gerade bei der Altkleidersammlung mit Blick auf die bestmögliche Verwertung dieses Abfallstromes besondere Relevanz haben. Die Behörde kann nach § 18 Abs. 5 KrWG Bedingungen stellen und die Durchführung der Sammlung unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Zuverlässigkeit des Sammlers nicht gesichert) untersagen. Die Anzeigefrist von drei Monaten dient dazu, eine angemessene Beteiligung der betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und einen ausreichenden Zeitraum zur Überprüfung der Zulässigkeit der Sammlung zu gewährleisten. Daher können Untersagungsverfügungen auch später als drei Monate nach der Anzeige erlassen werden.

Gewerbliche Sammlungen können ferner untersagt werden, wenn kommunale Entsorgungsstrukturen gefährdet sind. Das BVerwG hat mit Urteil vom 11. Juli 2017 entschieden, dass bereits bei einer Überschreitung der Irrelevanzschwelle von 10 bis 15 % von der Regelvermutung auszugehen sei, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung und damit von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch eine gewerbliche Sammlung ausgegangen werden kann. Bei der Bewertung der Auswirkungen des Marktzutritts eines gewerblichen Sammlers sei dessen Sammlung im Zusammenhang mit anderen Sammlungen zu betrachten.

Von Bedeutung sind insoweit weitere angezeigte, nicht bestandskräftig untersagte Sammlungen, bereits rechtmäßig durchgeführte Sammlungen mit den tatsächlichen Sammelmengen und die gemeinnützigen Sammlungen.

2.6.2 Illegal aufgestellt Sammelbehältnisse

Die Aufstellung von Sammelbehältern und die damit verbundene Sammlung und Erfassung von Alttextilien unterliegt sowohl straßenrechtlichen als auch abfallrechtlichen Vorgaben. In der Praxis bedeutsam ist der Umgang mit illegal aufgestellten Sammelvorrichtungen. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem ein Sammelcontainer aufgestellt werden soll, kann die Erlaubnis versagen oder mit Auflagen versehen. Ungefragt auf privatem Grund aufgestellte und damit auch nicht angezeigte, somit illegale Container können auf Veranlassung des Grundstückseigentümers auch entfernt werden. Ebenso muss das Abstellen von Waschkörben oder Sammeleimern auf privatem Grund nicht geduldet werden. Sollen sie oder auch Kleidercontainer auf öffentlichem Grund wie dem Bürgersteig oder der Straße abgestellt werden, handelt es sich nach Straßen und Wegerecht um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung, für die von der Behörde eine Genehmigung einzuholen ist. Nicht genehmigt aufgestellte Kleidercontainer auf öffentlich zugänglichen Grundstücken können eingezogen werden. Das Straßen(benutzungs)recht ist dabei oft der schnellere und wirksamere Weg als über Anordnungen nach dem Abfallrecht.

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Im Bereich „Sammlungen“ sollte beachtet werden, dass sich die Rechtsprechung derzeit noch weiterentwickelt und im Einzelfall auf aktuelle Entscheidungen zu achten ist.

2.6.3 Freiwillige Rücknahme von Produkten

Gemäß § 26 KrWG (der analog auch für nicht gefährliche Abfälle gilt) können Hersteller von der für sie zuständigen Behörde mit bundesweiter Geltung feststellen lassen, dass eine angezeigte Rücknahme von Abfällen in Wahrnehmung ihrer Produktverantwortung erfolgt. Für diese Abfälle gilt sodann die Überlassungspflicht zugunsten der örE gemäß §17 Abs. 2 Nr. 2 KrWG nicht (mehr). Der Rechtsausschuss der LAGA (ARA) ist mehrheitlich der Meinung, dass es sich dabei nur um eigene, vertriebene oder hergestellte Abfälle handeln darf, weil andernfalls die Überlassungspflicht bei werthaltigen Abfällen wie Alttextilien oder Papier leicht ausgehebelt werden könnte. Einige größere Kleidervertreiber welche die unter 2.2. genannten Indoor-Geschäfte tätigen, haben jedoch in Bezug auf die Alttextilien einmal mit Genehmigung ihrer zuständigen Behörde bzw. durch erstinstanzliche gegenlautende Urteile durchgesetzt, dass sie Alttextilien jedweder Art unabhängig vom Hersteller als „freiwillige Rücknahme im Sinne des § 26“ zurücknehmen dürfen.3

3 Die höherinstanzliche Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Stand 1. Juli 2018.

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3 Fachliche Anforderungen an Sammeln, Erfassen, Verwerten

Erzeuger und Besitzer von Abfällen (§ 3 Abs. 8 KrWG) haben die Pflicht, beim Umgang mit Alttextilien alle Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einzuhalten. Bei Ausschreibungen, bei der Weitergabe an Dritte und beim eigenen Handling sowohl beim Verbleib im Inland als auch bei der Vermarktung ins Ausland sind diese Vorgaben zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere die

Einhaltung der 5-stufigen Abfallhierarchie Berücksichtigung aller erforderlichen Genehmigungen, wie Sammlung,

Containergestellung, Beförderung, Anlagenbetrieb und Anforderungen bei der grenzüberschreitenden Abfallverbringung,

Führung von Nachweisen zum Verbleib der Alttextilien

3.1 Sammlung

Tragfähige und vermarktungsfähige Alttextilien werden, anders als bei Sammelgemischen wie Leichtverpackungen oder Papier, im Sinne der geforderten Abfallhierarchie, als Bestandteil eines Sammelgemisches, nach der Sortierung zu einem relevanten Anteil für eine Wiederverwendung bereitgestellt. Daher bedürfen Alttextilien einer besonders sorgfältigen Handhabung bei Erfassung, Transport, Lagerung und Sortierung. Die spezifischen Anforderungen berücksichtigen diese Sonderstellung der Alttextilien im Abfallbereich und betreffen die einzelnen Schritte in der Entsorgungskette von Alttextilien, die über Straßen- und/oder Containersammlungen erfasst werden.

Bei der Erfassung sind insbesondere die rechtlichen Vorgaben für die Genehmigung von Standplätzen sowie die Anforderungen an Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (§ 53 KrWG) zu berücksichtigen und entsprechende Anforderungen an eine qualifizierte Sammlung bzw. Erfassung zu stellen.

Sowohl örE, zu deren Gunsten die Überlassungspflicht nach § 17 KrWG gilt, als auch gewerbliche oder gemeinnützige Sammler können sich Drittbeauftragter bedienen. Die jeweilige abfallrechtliche Verantwortung der Sammler bleibt dabei jedoch bestehen.

3.1.1 Nutzung von Standplätzen für Containergestellung

Das Aufstellen von Sammelcontainern bedarf bei Privatgrundstücken der Erlaubnis des Grundstückseigentümers oder einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen im öffentlichen Raum. Hinsichtlich der Möglichkeiten bei illegaler Aufstellung von Sammelcontainern wird auf die Ausführungen zu 2.6.2 verwiesen.

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Bei öffentlich-rechtlichen Vergaben an Drittbeauftragte im Wettbewerb kann die Vergabe von Stellplätzen auch durch sogenannte Losverfahren erfolgen. Bei einem Losverfahren steht die Gebühr für den Stellplatz zumeist bereits fest. Eine qualitative Bewertung für die Berechtigung zur Teilnahme findet dabei in den meisten Fällen nicht oder nur eingeschränkt statt (Vorlage von Handelsregister oder Gewerbeanmeldung und / oder Einreichung der Anzeige nach § 18). Auch bei dieser Art und jeder anderen Art der Stellplatzvergabe sollte die Behörde sich mit den beteiligten Stellen intern abstimmen und qualitative Leistungskriterien als Kriterium für die Teilnahme am Losverfahren vorgegeben, die in einer Präqualifizierungsphase überprüft werden.

Eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb zwingt die zuständige Ordnungsbehörde nicht, von der Prüfung abfallrechtlicher Vorgaben abzusehen.

3.1.2 Erfassung

Bei der Erfassung und Übernahme der Sammelware (Erfassungs-/Sammelsystem) muss sichergestellt sein, dass diese durch geeignete Behältnisse erfolgt und die Qualität der Alttextilien nicht beeinträchtigt wird. Prozesse und Tätigkeiten, die zu einer qualitativen Minderung der Sammelware führen, sind zu vermeiden.

Geeignet für die Erfassung von Alttextilien sind insbesondere klassische Depot-Container, sonstige Bringsysteme (Wertstoffhof, Sammelmobile) sowie Straßensammlungen mit geeigneten Behältnissen. Die Depotcontainer müssen witterungsgeschützt, diebstahlsicher und mit Informationen zum verantwortlichen Ansprechpartner gekennzeichnet sein sowie alle sicherheitstechnischen Aspekte erfüllen.

Grundsätzlich gilt, dass bei der Übernahme der Sammelware eine Erstsichtung durchzuführen ist, bei der Stör- und Fremdstoffe separiert werden. Dieser Schritt ist von zentraler Bedeutung für den gesamten Verwertungsprozess, weil nur dadurch gesichert werden kann, dass es nicht zu Querkontaminationen des Sammelguts kommt, die durch entsprechende Störstoffe – insbesondere Flüssigkeiten – verursacht werden können. Die dabei entnommenen Störstoffe müssen gesondert entsorgt werden.

Nicht geeignet sind folglich Sammelsysteme, bei denen eine Erstsichtung der Sammelware nicht möglich ist. Das betrifft insbesondere das maschinelle Beladen des Sammelfahrzeuges durch Umleer- oder Hakenlift und Absetzsysteme sowie alle anderen Formen die Übernahme der Sammelware ohne eine erste Sichtung und/oder Selektionsmöglichkeit. Auch eine gemischte Erfassung von Alttextilien mit anderen Abfällen mindert die Qualität, verstößt damit gegen die Abfallhierarchie und das Gebot der hochwertigen Verwertung nach §§ 6 ff KrWG ist und ist zu vermeiden.

3.1.3 Beförderung

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Die Sammelware darf während der Erfassung und der Beförderung keinen schädlichen Witterungseinflüssen (z. B. Regen, Schnee) oder mechanischer Beeinflussung (z. B. Verpressung) ausgesetzt werden, da dies einer hochwertigen Verwertung entgegensteht. Fahrzeuge und Transportsysteme/-aufbauten sind nach einer Vorbeladung mit anderen Abfällen oder Materialien ausreichend zu reinigen.

Fahrzeuge und Transportsysteme/-aufbauten, welche die Sammelware nicht vor Witterungseinflüssen (z. B. Hakenlift) schützen können und/oder durch mechanische Einflüsse beeinträchtigen (z. B. Pressfahrzeuge), sind daher für die Beförderung von Alttextilien im Rahmen des Erfassungsprozesses grundsätzlich nicht geeignet.

Für die Beförderung ist nur eine Anzeige nach § 53 KrWG erforderlich und beim Transport ist ein A-Schild nach § 55 KrWG zu führen

3.1.4 Entladung

Das Entladen der Alttextilien, insbesondere von in Säcken erfasster Sammelware, sowie die Lagerung sollten in einem eingehausten Bereich stattfinden, damit diese keinen verschmutzenden oder beschädigenden Einflüssen ausgesetzt werden. Das Abladen auf einer Freifläche muss wegen Witterungseinflüssen (vor allem Regen, Schnee, Wind) und der dadurch bestehenden Gefahr einer Durchnässung und Verschmutzung der Alttextilien vermieden werden.

Beim Entladevorgang muss ein Abkippen bzw. Abladen mit Greifwerk (Bagger o.ä.) vermieden werden, da dies zu Verschmutzungen und Beschädigungen des Sammelmaterials führen kann. Bei einer maschinellen Selektion von Fremd- und Störstoffen (Bagger, Radlader o.ä.) ist darauf zu achten, dass hierdurch keine Verschmutzung und Beschädigung der Alttextilien erfolgt. Insgesamt gilt: Die Transport- und Entladevorgänge sind so auszurichten, dass es dadurch zu keiner Minderung des Anteils an Alttextilien für eine spätere Wiederverwendung kommt.

3.2 Sortierung

Eine Sortierung von Alttextilien ist erforderlich, da ohne eine entsprechende Sortierung die Sammelware im Abfallregime verbleibt. Sie erfolgt, um den größtmöglichen Anteil der Sammelware durch die Vorbereitung zur Wiederverwendung (zweite Stufe der Abfallhierarchie, § 6 Abs. 1 Nr. 2 KrWG) in eine erneute Nutzung für den gleichen Anwendungszweck zu überführen.

Mit der Annahme gemischter Alttextilien zur Vorbereitung einer Wiederverwendung wird die Verantwortung für das gesamte eingehende Alttextilgemisch übernommen. Im Rahmen der Sortierung werden werthaltige Fraktionen (tragfähige und marktfähige Textilien auf Einzelstückebene sortiert) von minderwertigeren Recyclingfraktionen und Reststoffen vollständig getrennt.

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Die Eignung zur Wiederverwendung bzw. Verwertung ist für jedes einzelne Alttextilstück, welches der Sortierung zugeführt wird, zu prüfen. Hierbei ist die im KrWG genannte Abfallhierarchie zu beachten. Mittels der Sortierung wird zum einen das Ziel verfolgt, sämtliche Fremd- und Störstoffe aus der gemischten Sammelware zu entfernen, und zum anderen, definierte Qualitäten für eine anschließende Vermarktung zu erzeugen.

Die Sortierung von Alttextilien ist ein aufwändiger, meist mehrstufiger Prozess, der nach heutigem Stand der Technik im Kern nicht automatisierbar ist. Es bedarf menschlicher Fähigkeiten, gleichzeitig die Tragfähigkeit (ist das Alttextil beschädigt?) und Marktfähigkeit (gibt es für das Alttextil einen Bedarf?) zu bewerten. Bei dem gegenwärtigen Stand der Technik führt eine maschinelle Sortierung zu Verlusten bei der Wertschöpfung des Abfallstroms und ist somit nicht konform zur Abfallhierarchie. Die Vorbereitung zur Wiederverwendung bedingt, dass jedes einzelne Alttextil durch eine sachkundige Sortierkraft manuell geprüft und begutachtet wird. Durch die Begutachtung eines jeden einzelnen Stückes und der daraus entstehenden Artikelvielfalt gewährleistet die Sortierung, dass die Produkte einer bedarfsgerechten und damit marktfähigen Wiederverwendung (z. B. klimatisch wie z.B. Winterbekleidung, kulturell z.B. Farbgebung, religiös (z.B. Damenbekleidung wie Röcke, Trägershirts) zugeführt werden. Zur Plausibilisierung der Eignung einer Sortierleistung von Alttextilien kann der Wareneingang mit der Produktionskapazität verglichen werden. Es können folgende branchenübliche Kennzahlen herangezogen werden:

Sortierleistung einer Sortierfachkraft in der Vorsortierung: ca. 310 bis 360 kg/h,

Sortierleistung einer Sortierfachkraft in der Feinsortierung: ca. 135 bis 190 kg/h.

Eine maschinelle, automatisierte Sortierung kann nach dem heutigen Stand der Technik im Sortierprozess ausschließlich bei Stoffströmen eingesetzt werden, die als nicht tragfähig und nicht vermarktungsfähig manuell vorsortiert wurden.

Für eine insgesamt hochwertige Verwertung nicht geeignet ist die Selektion, Teilsortierung (z. B. ausschließliche Entnahme tragfähiger, werthaltiger Sorten) oder Negativsortierung (lediglich Entnahme von Fremd- und Störstoffen) sowie eine maschinelle Sortierung der gesamten Sammelware ohne Differenzierung hinsichtlich der Trag- und Marktfähigkeit.

Für alle nicht wiederverwendbaren Fraktionen hat der Sortierbetrieb eigenwirtschaftlich die sach- und fachgerechte Verwertung in geeigneten Recyclingverfahren (3. Stufe der Abfallhierarchie § 6 Abs. 1 Nr. 3 KrWG) zu gewährleisten.

Für Sortierbetriebe gelten weitere öffentlich-rechtliche Anforderungen, insbesondere des Immissionsschutzrechtes, des Arbeitsschutzrechtes u.v.m. was hier nicht näher dargestellt werden soll.

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Sowohl der Recyclinganteil wie auch die Quote der sonstigen Verwertung oder gar der Beseitigung eignen sich zu einem Vergleich (Benchmarking), der Rückschlusse auf die Verwertungstauglichkeit der jeweiligen Sortieranlage zulässt.

3.3 Recycling

Ist eine Vorbereitung zur Wiederverwendung nicht möglich, so ist das Recycling als nächsthöherrangige Verwertungsstufe durchzuführen. Recycling ist jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder andere Zwecke aufbereitet werden. Geeignet sind Verarbeitungsverfahren zu Putzlappen, Reißware (zur Herstellung von Dämmmaterial, usw.). Der Idealfall des Recyclings, das Wiedergewinnen der Textilfasern durch Wiederauftrennen der Stoffe ist in der Praxis eher selten anzutreffen.

3.4 Sonstige Verwertung

Im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes finden energetische Verwertungsverfahren Anwendung für Alttextilien, die weder für die Wiederverwendung noch für das Recycling geeignet sind, sowie für Fehlwürfe und Störstoffe, die keine Alttextilien sind.

Eine Beseitigung ist - in Deutschland – kaum denkbar, weil es sich i.d.R. nicht um deponierbare Materialien handelt und thermische Verfahren außer bei Sondermüllverbrennungsanlagen fast allesamt als Verwertung eingestuft sind.

3.5 Anteile der Verwertungswege aus der Alttextilsammlung

Laut der Studie „Konsum, Bedarf und Wiederverwendung von Bekleidung und Textilien in Deutschland“ (2015) des Fachverbandes Textilrecycling des bvse stellen sich die Stoffströme gesammelter Ware (ohne Wertstoffhöfe) von Bekleidungs- und Hausalttextilien wie folgt dar:4

54% in ursprünglicher Form (z. B. Altkleider) 21% z. B. Verarbeitung zu Putzlappen 17% z. B. für Reißspinnstoffindustrie 6% als Ersatzbrennstoff 2% Restabfall

4 Exporte

4 Siehe: https://www.bvse.de/themen/geschichte-des-textilrecycling/zahlen-zur-sammlung-und-verwendung-von-altkleidern.html (zuletzt eingesehen am 03. Juli 2018)

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Vormalige Alttextilien, die als markt- und tragfähige Artikel nach definierten Produktspezifikationen sortiert oder zur Wiederverwendung vorbereitet wurden und dadurch das Ende der Abfalleigenschaft erreicht haben, unterfallen beim Export keinen weiteren abfallrechtlichen Regelungen.

Soweit unsortierte Alttextilien/Original-Sammelware exportiert wird, müssen die Vorgaben der Abfallverbringungsverordnung (VVA – Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. EU L 190, S. 1) eingehalten werden. Diese führt in Anhang III, der „sogenannten Grünen Liste“, unter dem Basel-Code B3030 „Altwaren“ auf. Hierunter fallen Alttextilien, d. h. gebrauchte Bekleidungs- und Haustextilien, wie sie unter Ziffer 2.1 aufgeführt sind. Unter den Basel Code B 3030 fallen:

Seidenabfälle, Wollabfälle, Abfälle von Tierhaaren, Baumwollabfälle, Flachswerg und -abfälle, Werg und Abfälle von Hanf, Jute und Basttextilfasern, Sisal und anderen Agavetextilfasern, Kokos, Abaca, Ramie und anderen Pflanzentextilfasern, Chemiefasern, Altwaren, Lumpen, Zwirn- und Garnabfälle, Bindfäden, Taue, Textilwaren,

Nicht mehr gebrauchsfähige Alttextilien sind also nach dem Anhang III der EG-Abfall-Verbringungsverordnung (VVA) unter dem Basel Code B 3030 eingestuft und bedürfen daher beim Export in andere EU- oder OECD-Staaten als sog. „Grüner Abfall“ keiner Notifizierung. Aus abfallwirtschaftlicher Sicht wird dabei bei der Verbringung ein Verunreinigungsgrad mit anderen nicht gefährlichen Abfällen bis maximal 2 Masseprozent akzeptiert.

Sie unterliegen jedoch der „Allgemeinen Informationspflichten“ nach Art. 18 VVA, wenn sie in andere EU- oder OECD-Staaten exportiert werden5. Hiernach muss zwischen der Person, die die Verbringung veranlasst, und dem Empfänger der Abfälle vor der ersten Verbringung ein Vertrag abgeschlossen werden. Hierin verpflichten sich der Veranlasser der Verbringung und der Empfänger, falls die Verbringung illegal ist oder nicht ordnungsgemäß abgeschlossen werden kann, die Abfälle zurückzunehmen oder anderweitig zu verwerten. Außerdem ist beim Transport ein vollständig und richtig ausgefülltes Formular nach Anhang VII der VVA mitzuführen.

Der Export in Nicht-OECD-Staaten ist entweder verboten, nur in einem vorherigen Notifizierungsverfahren zulässig oder unterliegt als grün gelisteter Abfall den Allgemeinen Informationspflichten. Welches Verfahren in Frage kommt, lässt sich der Verordnung (EU) Nr. 1418/2007 entnehmen. Die Regelungen dieser Verordnung einschließlich der Änderungen sind in einer Übersicht der Anlaufstelle Basler Übereinkommen durch das Umweltbundesamt in der so genannten „Staatenliste"

5 Dies sind neben den EU-Staaten Australien, Chile, Island, Israel, Japan, Schweiz, Kanada, Korea, Mexiko, Norwegen, Neuseeland, Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika.

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zusammengestellt.6. Diese wird regelmäßig fortgeschrieben und der aktuellen Lage angepasst.

Auch wenn unsortierte Alttextilien/Original-Sammelware zur weiteren Sortierung oder als Vorprodukt für das Recycling exportiert werden, ist sicher zu stellen, dass im Empfängerland bzw. durch die Empfängeranlage die 5-stufige Abfallhierarchie eingehalten wird.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die für die grenzüberschreitende Abfallverbringung zuständigen Behörden bei der Anwendung des Rechts unterschiedliche Rechtsauffassungen zugrunde legen können. Zumindest die Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen sowie fachlich das UBA folgen der weiten Auslegung im Sinne einer praxisnahen, unbürokratischen und abfallwirtschaftlichen Zielen folgenden Lösung, wonach auch bekleidungstypische Fremdstoffe, sowie Tascheninhalte in geringen und üblichem Ausmaß ohne das Erfordernis einer Umschlüsselung akzeptiert werden können.

Textilabfälle, die der Grünen Liste B 3030 unterfallen, können wie folgt von ähnlichen Abfällen abgegrenzt werden.

Abgrenzung zu ähnlichen Abfällen der Grünen Liste:

Teppichböden- und Teppichabfälle – siehe B3035 Gemische aus Abfällen, die im Eintrag B3030 (Textilabfälle) des Basler

Übereinkommens eingestuft sind – siehe Punkt 3h) des Anhangs IIIA

Abgrenzung zu Abfällen der Gelben Liste oder nicht gelisteter Abfall (Notifizierung):

Kontaminierte Putzlappen oder Aufsaugtücher mit organischen oder anorganischen schädlichen Anhaftungen (z.B. öl-, lösemittel- oder schwermetallbelastet) – nicht gelisteter Abfall oder Listung je nach den Kontaminanten auf Liste A (Gelbe Abfallliste)

Textilabfälle, Teppich- und Teppichbodenabfälle mit gefährlichen Kontaminationen (z.B. Asbest, PCB) oder mit Gehalten an persistenten organischen Verbindungen wie Flammhemmer: PBDE oder HBCD bzw. PFOS-Verbindungen, die wasser- und schmutzabweisend machen, die die Grenzwerte gemäß Anhang IV der EU-POP-Verordnung überschreiten – nicht gelisteter Abfall oder Listung je nach dem Kontaminanten auf Liste A (Gelbe Abfallliste)

Textilflusen aus der Altfahrzeugaufbereitung (Gemisch) – nicht gelisteter Abfall Textilflusen aus der Reifenaufbereitung im Gemisch mit Gummiabfällen – nicht

gelisteter Abfall Alte Matratzen (Materialgemisch) – siehe Y46 Haushaltsabfälle („Sperrmüll“)

6 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2503/dokumente/staatenliste_februar_2017.pdf

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5 Nachweis der Zuverlässigkeit/ordnungsgemäßen, d.h. möglichst hochwertigen Entsorgung

Die jeweiligen Abfallentsorger haben in jedem Entsorgungsschritt den gesetzlichen Anforderungen des KrWG für die Ausübung der abfallwirtschaftlichen Tätigkeiten Sammeln, Sortieren, Verwerten und Handel mit Alttextilien zu entsprechen. Eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb ist hilfreich, aber nicht ausreichend. Folgende Nachweise sind erforderlich:

Bereich der Erfassung:

Gewerbeanmeldung

Nachweis von Mengenbilanzen (Herkunft und Verbleib der Alttextilien)

Erklärung der Einhaltung aller geltender Importverbote oder Importbeschränkungen, aller Schutzbestimmungen sowie aller Zollvorschriften

Genehmigungen nach BImSchG (da gemischte Alttextilien Abfall sind) für Bau und Betrieb von Sortieranlagen

Sammelanzeige gewerblich/gemeinnützig nach § 18 KrWG

Anzeige nach § 53 KrWG

Führungszeugnis

Liste der Auftragnehmer/Drittbeauftragten

Bereich der Sortierung:

Wareneingang (belegt durch Wiegescheine), Lagerbestand unsortierter Sammelware (z. B. durch Inventur, Auswertung

Lagerhaltungsprogramm je zum Monatsende), Lagerbestand Produkte (aufgeschlüsselt nach Art des bereitgestellten

Produktes, z. B. durch Inventur, Auswertung Lagerhaltungsprogramm je zum Monatsende),

Warenausgang (aufgeschlüsselt nach Art des bereitgestellten Produktes, belegt durch Wiegescheine),

entsorgte Fremd- und Störstoffe (aufgeschlüsselt nach Art, belegt durch Wiegescheine).

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Bereich des Verbleibs nach Sortierung:

Aus der Bilanz muss in geeigneter Weise die Zuführung in die folgenden Verwertungsverfahren hervorgehen:

Alttextilien zur Wiederverwendung Alttextilien zur stofflichen Verwertung (z. B. Putzlappenherstellung, Reißware) Alttextilien zur energetischen Verwertung (z. B. Ersatzbrennstoff) Rest- und Störstoffe zur stofflichen Verwertung (z. B. Folien, Papier, Pappe,

Kartonagen) Rest- und Störstoffe zur energetischen Verwertung Rest- und Störstoffe und Alttextilien zur Beseitigung (im Falle der Belieferung

von MVAs ohne Verwerterstatus sowie bei der Deponierung von zugelassenen Abfallfraktionen).

6 Literaturhinweise

Leitfaden für die Vergabe der hochwertigen Erfassung, Sortierung und Verwertung von Textilien – bvse – Fachverband Textilrecycling, Mai 2017

Verhaltenskodex für gemeinnützige Kleidersammlungen – Dachverband FAIRwertung e.V.

Leitlinien für eine nachhaltige Nutzung und hochwertige Verwendung von Alttextilien –Gemeinschaft für Textile Zukunft 29. August 2016

„Gebrauchte Textilien“ -Bay. Landesamt für Umwelt in „infoBlätter Kreislaufwirtschaft“ April 2017

„Konsum, Bedarf und Wiederverwendung von Bekleidung und Textilien in Deutschland“ -Studie im Auftrag des bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., 2015

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Anhang 1: Hinweise für Anforderungen und Empfehlungen für Ausschreibungen:

Die nachfolgenden Ausführungen sollen Hinweise geben. Eine beispielhafte Zusammenstellung der Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung als Bestandteil einer Ausschreibung ist am Ende angeführt.

Da die unmittelbaren gesetzlichen Anforderungen vordergründig einen Mindeststandard voraussetzen, sich andererseits mit dem Gebot der möglichst hochwertigen Verwertung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz hohe Anforderungen sehr gut begründen lassen, ist entscheidend, wie bei Vergabe der Dienstleistung gerade durch die öffentliche Hand Anforderungen an die Art und Weise der zu erbringenden Dienstleistung gestellt werden.

1. Vergaberecht

Bei der Ausgestaltung der Vergabeverfahren kommt eine entscheidende Bedeutung nicht nur den Anforderungen an die Erfassungsleistung selbst, sondern auch den Anforderungen an die Nachweisführung einer hochwertigen Verwertung im Sinne der Rangfolge der 5-stufigen Abfallhierarchie zu. Die abfallrechtliche Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die gesamte Prozesskette der Alttextilerfassung, Sortierung und Verwertung ist bei den Vergabeverfahren zu berücksichtigen und eine entsprechende Weichenstellung mittels geeigneter Leistungsbeschreibungen vorzunehmen. Die Vorlage geeigneter Referenzen hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung vergleichbarer Projekte sollte dafür selbstverständlich sein.

2. Leistungsbeschreibung

2.1Beschreibung des Auftragsrahmens/-umfangs für Erfassung und Sammlung

Die Beschreibung des auszuschreibenden Leistungsumfangs/Auftragsvolumens erfordert Angaben zu den Merkmalen des Auftragsgegenstands, § 31 Abs. 2 VgV. So z.B. Angaben zu

- Entsorgungsgebiet - Einwohner - Siedlungsstruktur/-dichte - Transportentfernungen - Anzahl Behälter - Behälterdichte (z. B. 1 Depot-Container pro 500 Einwohner) - Mengenaufkommen (erwartete Tonnagen).

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Für die Sammlung (u.a. Erfassung, Beförderung und Entladung), Sortierverfahren, Recycling und sonstige Verwertung sollten Anforderungen entsprechend der Ziffer 3 gestellt werden, sofern diese Merkmale in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Beschaffungszielen verhältnismäßig sind. Darüber hinaus ist vorzugeben, dass die Sammelware aus Haushaltungen „unberaubt“ zu übergeben ist, d.h. dass insbesondere keine Selektion besonders hochwertiger Ware vor der Übergabe erfolgt.In die Leistungsbeschreibung sollten nach § 31 Abs. 3 VgV auch Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte mit aufgenommen werden. Dies können sein:

Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb (für Transport/Behandlung) oder die Erfüllung einer vergleichbaren Anforderung

Vorlage geeignete Referenzen hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung vergleichbaren Projekten

Nachweis von Mengenbilanzen (Herkunft und Verbleib der Alttextilien)

In Betracht kämen darüber hinaus Anforderungen an die Beschaffenheit bzw. Herstellung der Container, Einsatz umweltfreundlicher Fahrzeuge, etc. Um eine regelmäßige Kontrolle und Anfahrt der Behältnisse sicherzustellen, sollte die bedarfsgerechte Entleerung mit der Vorgabe „aber mindestens (x-mal pro Monat) erfolgen“. Diese Mindestvorgabe ist jeweils in Abhängigkeit von Behältervolumen, Behälteranzahl und Erfahrungswerten der Abfuhrfrequenz festzulegen. Zur Ermöglichung der Kalkulation des Bieters sind entsprechende Kennwerte vorzugeben. Grundsätzlich sollte für alle Standplätze ein einheitlicher Abholrhythmus festgelegt werden. Sofern an einem Standplatz für einen bestimmten Abholrhythmus das Behältervolumen nicht ausreicht, sollte dieses durch das Vorhalten von mehr Container-Volumen kompensiert werden.

2.2Nachweise des Bieters, welche seine Zuverlässigkeit/eine hochwertige Entsorgung belegen

Erfassung, Transport und Entladung

Gewerbeanmeldung

Nachweis von Mengenbilanzen (Herkunft und Verbleib der Alttextilien)

Erklärung der Einhaltung aller geltender Importverbote oder Importbeschränkungen, aller Schutzbestimmungen sowie aller Zollvorschriften

Genehmigungen nach BImSchG (da gemischte Alttextilien Abfall sind) für Bau und Betrieb von Sortieranlagen

Sammelanzeige gewerblich/gemeinnützig nach § 18 KrWG

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Anzeige nach § 53 KrWG

Führungszeugnis

Liste der Auftragnehmer/Drittbeauftragten

Weitere Anforderungen für die Nachweise ergeben sich aus Ziffer 3.1

Sortierung:

Wareneingang (belegt durch Wiegescheine), Lagerbestand unsortierter Sammelware (z. B. durch Inventur, Auswertung

Lagerhaltungsprogramm je zum Monatsende), Lagerbestand Produkte (aufgeschlüsselt nach Art des bereitgestellten

Produktes, z. B. durch Inventur, Auswertung Lagerhaltungsprogramm je zum Monatsende),

Warenausgang (aufgeschlüsselt nach Art des bereitgestellten Produktes, belegt durch Wiegescheine),

entsorgte Fremd- und Störstoffe (aufgeschlüsselt nach Art, belegt durch Wiegescheine).

Weitere Anforderungen für den Bereich Sortierung ergeben sich aus Ziffer 3.2

Verbleib nach Sortierung:

Aus der Mengenbilanz muss in geeigneter Weise die Zuführung in die folgenden Verwertungsverfahren hervorgehen:

Alttextilien zur Wiederverwendung Alttextilien zur stofflichen Verwertung (z. B. Putzlappenherstellung, Reißware) Alttextilien zur energetischen Verwertung (z. B. Ersatzbrennstoff) Rest- und Störstoffe zur stofflichen Verwertung (z. B. Folien, Papier, Pappe,

Kartonagen) Rest- und Störstoffe zur energetischen Verwertung Rest- und Störstoffe und Alttextilien zur Beseitigung (im Falle der Belieferung

von MVAs ohne Verwerterstatus sowie bei der Deponierung von zugelassenen Abfallfraktionen).

3. Bietereignung

Im Rahmen des Vergabeverfahrens oberhalb des EU-Schwellenwertes (209.000 €) richtet sich die Eignungsprüfung des Bieters nach § 122 ff. GWB. Nach § 122 Absatz 1 GWB werden öffentliche Aufträge an fachkundige und leistungsfähige Unternehmen vergeben, die weder den in § 123 GWB normierten zwingenden Ausschlussgründen noch den in § 124 GWB aufgeführten fakultativen Aus-schlussgründen unterliegen. Eine ausdrückliche Erwähnung der Kriterien „Zuverlässigkeit“ und „Gesetzestreue“ erfolgt insoweit nicht mehr, da „gesetzesuntreue“ und „unzuverlässige“ Unternehmen bereits nach §§ 123, 124 GWB ausgeschlossen werden müssen beziehungsweise können (so auch Portz, Das

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neue Vergaberecht 2016: Darstellung und Bewertung aus kommunaler Sicht). Zu dem gesetzestreuen Verhalten von Entsorgern von Alttextilien gehört beispielsweise, dass diese ihr Sortiergut aus legalen Quellen beschaffen. Ein Zuschlag darf nur an ein Unternehmen erteilt werden, dessen Eignung der Auftraggeber bejaht hat.

Bei Beschaffungen unterhalb des EU-Schwellenwertes erfolgt die Prüfung bis auf weiteres nach den Vorgaben der VOL/A (1. Abschnitt). Auch hier darf der Zuschlag nur an ein Unternehmen erteilt werden, dessen Eignung der Auftraggeber bejaht hat. Eignung erfordert insoweit die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Unternehmens. Hierbei handelt es sich um ein subjektives Kriterium. Der Aufraggeber muss im Wege einer Prognose entscheiden, ob das Unternehmen in der Lage ist, den Auftrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Abzustellen ist hierbei grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung, d.h. dies umfasst auch die gesamte Dauer des zu vergebenden Auftrags. Die Prognoseentscheidung hat der Auftraggeber auf der Grundlage objektiver Informationen zu treffen. Hierzu hat das bietende Unternehmen Erklärungen und Nachweise zu dessen Eignung vorzulegen. Der Abschnitt 1 der VOL/A gibt keinen Hinweis, welche Erklärungen und Nachweise im Einzelnen zur Prüfung der Eignung in Betracht kommen. Der Gesetzgeber räumt dem Auftraggeber hier einen Beurteilungsspielraum ein.

In der Regel handelt es sich bei den vorzulegenden Nachweisen und Erklärungen zum Nachweis der Eignung um Unternehmenskennzahlen (Größe, Anzahl der Mitarbeiter, Organisationsstruktur), Umsatzzahlen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre, Referenzen über –vergleichbar- absolvierte Projekte und eine sogenannte Eigenerklärung zur Zuverlässigkeit (in der Regel über ein Formblatt abzufragen). Grundsätzlich dürfen von den Unternehmen zum Nachweis ihrer Eignung jedoch nur Unterlagen und Angaben gefordert werden, die durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind. Die ausschreibende Kommune hat in Vergabeverfahren, bei denen eine Bekanntmachung vorgesehen ist, die zur Überprüfung der Eignung abgefragten Unterlagen zwingend in der Bekanntmachung festzulegen.

Weiterhin können länderspezifische Anforderungen, z.B. des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW (TVgG NRW) vorgegeben werden.

Die Prüfung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit erfolgt in der Regel über

die Vorlage von Bankauskünften,

den Nachweis der Berufshaftpflichtdeckung, sowie

die Vorlage Bilanzen oder Bilanzauszügen

Erklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie bezogen auf die geforderte Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist; jeweils bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre

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Die Eignungsprüfung und Auswahl des Bieters nach den vorstehenden Kriterien erfolgt durch den Auftraggeber nach pflichtgemäßem Ermessen.

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Anhang 2: Beispielhafte Zusammenstellung von Bestandteilen einer Leistungsbeschreibung für die Vergabe der Dienstleistungen

- Beförderung und Verwertung von Alttextilien (Variante A)

- Erfassung, Beförderung und Verwertung von Alttextilien (Variante B)

Auftraggeber: ……………….

(im Folgenden mit AG bezeichnet)

Auftragnehmer: ………………

(im Folgenden mit AN bezeichnet)

1 Allgemeine Angaben

1.1 Vertragsgegenstand

Der AG beauftragt den AN mit der

- Beförderung und Verwertung (Variante A)

- Erfassung, Beförderung und Verwertung (Variante B)

von Alttextilien und Schuhen von jährlich ca. x Tonnen (erwartete Tonnage) im Ge-biet von x (nachfolgend: Entsorgungsgebiet). Das Entsorgungsgebiet umfasst eine Fläche von x km² mit x Einwohnern und einer Containerzahl von x. Die gesamten Vergabeunterlagen sind Gegenstand der Ausschreibung und für die Auftragsertei-lung verbindlich.

Der AN akzeptiert mit seiner Unterschrift bei Angebotsabgabe sämtliche Bestandteile dieser Ausschreibung.

1.2 Leistungsbeschreibung

- Variante A:

Der AG sammelt in seinem Zuständigkeitsbereich Alttextilien und Schuhe aus privaten Haushalten in stationären Sammelcontainern auf den kommunalen

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Wertstoffhöfen und an Containerstandorten in den Städten und Gemeinden. Das Sammelgut wird händisch vom AG vorsortiert, wobei Störstoffe entfernt werden, und regelmäßig mit eigenem Personal und eigenen Fahrzeugen zum Übergabeort x gefahren.

- Variante B:

Der AG bietet die Nutzung öffentlicher Flächen für die Aufstellung von Depotcon-tainern für Alttextilien und Schuhe an. Es werden x Standorte für insgesamt x Container zur Verfügung gestellt. Den Vergabeunterlagen ist ein Kartenauszug mit den Containerstandorten sowie der Containerzahl an den jeweiligen Standorten beigefügt. Der AN betreibt die überlassenen Standplätze in eigener Verantwortung und trägt das wirtschaftliche Risiko der Entsorgung.

Die Depotcontainer müssen witterungsgeschützt und diebstahlsicher beschaffen sein, alle sicherheitstechnischen Vorgaben erfüllen und mit Namen und Betriebssitz des AN gekennzeichnet sein. Die Sammelcontainer sind stets funktionstüchtig zu halten und regelmäßig, mindestens jährlich, sowie nach Bedarf zu warten. Beschädigte Container sind innerhalb einer Woche nach Kenntnisnahme des AN auszutauschen oder zu reparieren.

Die Container sind regelmäßig und nach Bedarf, mindestens x-mal pro Monat zu leeren. Sollte der Leerungsrhythmus an einzelnen Standorten nicht ausreichen, sind an diesen Standorten nach Absprache mit dem AG zusätzliche Container aufzustellen.

Bei der Leerung ist eine Erstsichtung durchzuführen, bei der Stör- und Fremdstoffe separiert werden. Eine Querkontamination mit den Inhalten anderer Container ist zu vermeiden. Die entnommenen Störstoffe sind separat zu entsorgen. Das maschinelle Beladen durch Umleer- oder Hakenlifte ohne vorherige Sichtung ist unzulässig.

2 Transport und Entladung

Der AN hat x Transportfahrzeuge zu stellen, die stets ausreichend gereinigt sind und in denen die Alttextilien und Schuhe hinreichend vor Witterungseinflüssen geschützt sind. (ggf. zusätzliche Anforderungen zum Einsatz umweltfreundlicher Fahrzeuge)

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Die Alttextilien und Schuhe sind zu einer Sortieranlage zu transportieren und in einem eingehausten Bereich händisch zu entladen. Der Einsatz von Pressfahrzeu-gen oder anderen Maschinen ist untersagt.

3 Sortierung

Die Alttextilien und Schuhe sind sodann händisch zu sortieren, die sortierten Frakti-onen getrennt zu halten und einer Vorbereitung zur Wiederverwendung bzw. einer ordnungsgemäßen möglichst hochwertigen Verwertung zuzuführen.

Die Sortierung erfolgt in die folgenden Fraktionen:

• Alttextilien zur Wiederverwendung

Dies trifft auf Alttextilien zu, die nach Prüfung auf Einzelartikelebene aus dem Sammelgemisch separiert und in eine erneute Nutzung im In- und Ausland gebracht werden.

• Alttextilien zur stofflichen Verwertung/Recycling (z.B. Putzlappenherstellung, Reißware)

Dies trifft auf Alttextilien zu, die nach Prüfung auf Einzelartikelebene als nicht trag-fähig (d.h. verschmutzt, beschädigt, nass) eingestuft und für eine anschließende Verwertung als Putzlappen und/oder Reißware geeignet zusammengestellt wurden.

• Alttextilien zur energetischen Verwertung (z.B. Ersatzbrennstoff (EBS))

• Rest- und Störstoffe zur stofflichen Verwertung (z.B. Folien, Papier, Pappe, Karto-nagen)

• Rest- und Störstoffe zur energetischen Verwertung

• Rest- und Störstoffe zur Beseitigung

4 Dokumentation

Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber auf Anforderung innerhalb von x Tagen die Mengenstrom- und Verwertungsnachweise der übergebenen Alttextilien und Schuhe vorzulegen:

- Wiegescheine zum Nachweis des Wareneingangs

- Wiegescheine zum Nachweis des Warenausgangs aufgeschlüsselt nach Produkten

- Auswertung Lagerhaltungsprogramm zum Nachweis des Lagerbestands der einzelnen Fraktionen

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5 Weitere Anforderungen

Der Auftragnehmer hat die zur Erfüllung der von ihm übernommenen Leistungen notwendigen technischen, finanziellen und personellen Voraussetzungen zu schaf-fen und während der Laufzeit des Vertrages vorzuhalten.

Der Auftragnehmer hat die Leistungen grundsätzlich selbst zu erbringen. Mit vorhe-riger schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers darf der Auftragnehmer die Leis-tungen oder wesentliche Teile davon an Nachunternehmer übertragen. In diesem Falle müssen die Eignung, alle erforderlichen Genehmigungen und die Erlaubnis nach § 3 GüKG vorliegen. Insbesondere muss eine Scheinselbständigkeit ausgeschlossen werden.

Möglichkeit zur Besichtigung der Alttextilien und Schuhe: ….

Wertungspreis: …

Laufzeit des Vertrags: …

Bieterfragen: …

Mitteilung des Ausschreibungsergebnisses: …

6 Wertung

6.1 Zuschlagskriterien

Den Zuschlag erhält das wirtschaftlichste Angebot.

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6.2 Eignungskriterien

Als Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit werden folgende Erklärungen und Nachweise der Bieter herangezogen, die mit dem Angebot einzureichen sind:

• Gewerbeanmeldung

• Handelsregisterauszug

• Führungszeugnis der Geschäftsführung

• Nachweis von Mengenbilanzen (Herkunft und Verbleib der Alttextilien)

• Erklärung der Einhaltung aller geltender Importverbote oder Importbeschränkungen, aller Schutzbestimmungen sowie aller Zollvorschriften

• Sammelanzeige gewerblich/gemeinnützig nach § 18 KrWG

• Anzeige nach § 53 KrWG

• Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Bau und Betrieb von Anlagen zur Lagerung und Behandlung von Abfällen

• Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb (für Transport/Behandlung) oder die Erfüllung einer vergleichbaren Anforderung

• Liste der Auftragnehmer/Drittbeauftragten

• Vorlage geeigneter Referenzen von vergleichbaren Projekten hinsichtlich der ausgeschriebenen Leistung

• Eigenerklärung zur Eignung (Komm EU (D) EigE)

• Bestätigung über das Bestehen einer Betriebshaftpflichtversicherung sowie einer Kfz-Haftpflichtversicherung mit der Deckungssumme von x Euro (ent-sprechende Nachweise der Versicherung sind unaufgefordert spätestens bei Vertragsbeginn vorzulegen)

• Unbedenklichkeitsbescheinigung von Krankenkasse und Finanzamt zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern gezahlt werden

• Eigenerklärung über die Einhaltung aller geltender Importverbote oder Import-beschränkungen, aller Schutzbestimmungen sowie aller Zollvorschriften

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