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Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie 2/2018 Studie: Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen Empfehlungen für zukünftige Forschung und Innovationen Endfassung mit Stand per 1.12.2017 G. Goger M. Piskernik H. Urban Berichte aus Energie- und Umweltforschung 2/2018

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Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

2/2018

Studie: Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen

Empfehlungen für zukünftige Forschung und Innovationen Endfassung mit Stand per 1.12.2017

G. Goger M. Piskernik H. Urban Berichte aus Energie- und Umweltforschung

2/2018

Studie: Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen

Analyse der Potenziale und Herausforderungen durch die zuneh-

mende Digitalisierung der österreichischen Baubranche, Ableitung

von Handlungsfeldern für zukünftige Forschung aus Sicht von Wissen-

schaft und Praxis

Projektleitung

Univ.Prof. DI Dr.techn. Gerald Goger

Bearbeitung

Univ.Ass.in DIin Melanie Piskernik

Proj.Ass. DI Harald Urban

Forschungsstelle

Technische Universität Wien Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement Forschungsbereich Baubetrieb und Bauverfah-

renstechnik

Univ.Prof. DI Dr.techn. Gerald Goger Karlsplatz 13/234-1, 1040 Wien

Im Auftrag von

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Abteilung III/I3 Radetzkystraße 2, 1030 Wien

Wirtschaftskammer Österreich Geschäftsstelle Bau Bundesinnung Bau und Fachverband der Bau-industrie Schaumburgergasse 20, 1040 Wien

Vorwort

Die Digitalisierung sorgt für einen tiefgreifenden gesellschaftlichen und technologischen Wandel und prägt unser gesamtes Leben. Die digitale Transformation erfordert das Überdenken traditioneller Geschäftsmodelle und eröffnet dabei große Chancen. Auch das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden wird künftig wesentlich durch den digitalen Wandel bestimmt werden. Hierzu zählt u.a. die Erstellung digitaler, virtueller und laufend synchronisierter Bauwerksmodelle, die als Prozess, Methode und Technologie eine integrale Gesamtsicht auf das Baugeschehen ermöglichen. Diese kooperative Arbeitsgrundlage erlaubt es, den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojekts virtuell abzubilden und alle relevanten Informationen von der Planung über die Ausführung bis zum Betrieb und auch hin zum Rückbau zentral und vernetzt zu erfassen und zu verwalten. In all diesen Themen agiert das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) als Fördergeber, Normgestalter, Treiber und Unterstützer.

Der vorliegende Bericht dokumentiert die Ergebnisse der Studie „Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen“, welche vom bmvit gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich Geschäftsstelle Bau in Auftrag gegeben wurde. Die Studie und die daraus abgeleiteten Maßnahmen sollen in erster Linie dazu dienen, dass Stakeholder der österreichischen Bauwirtschaft, Politik und Wissenschaft die Digitalisierung sowohl als Chance als auch Herausforderung zur nachhaltigen Sicherung der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit begreifen. Um die Wirkung zu erhöhen, sind die Sichtbarkeit und leichte Verfügbarkeit der Ergebnisse ein wichtiges Anliegen. Daher werden nach dem Open Access Prinzip möglichst alle Ergebnisse von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen in der Schriftenreihe des bmvit publiziert und elektronisch über die Plattform www.NachhaltigWirtschaften.at zugänglich gemacht. In diesem Sinne wünschen wir allen Interessierten und AnwenderInnen eine interessante Lektüre.

DI Michael Paula Leiter der Abt. Energie- und Umwelttechnologien Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

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Inhaltsverzeichnis

Präambel ..............................................................................................................................11

1 Einleitung.......................................................................................................................12

2 Begriffsbestimmungen und Abgrenzung der Studie .......................................................14

2.1 Digitalisierung ........................................................................................................14

2.1.1 Digitalisierung in Österreich .........................................................................15

2.1.2 Aktuelle Selbsteinschätzung der Unternehmen ...........................................21

2.1.3 Substituierbarkeit von Berufen im Bauwesen ..............................................24

2.1.4 Vision digitales Bauwesen ...........................................................................25

2.2 Building Information Modeling ................................................................................27

2.2.1 Definition BIM-Level ....................................................................................30

2.2.2 BIM-Dimensionen ........................................................................................32

2.2.3 Closed BIM und Open BIM ..........................................................................33

2.2.4 Schlussfolgerungen .....................................................................................34

2.3 Digitales Bauprojekt ...............................................................................................36

2.4 Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ...............................................................37

3 Status quo der Digitalisierung im Bauwesen ..................................................................39

3.1 Einleitung ...............................................................................................................39

3.2 Wissenschaftliche Studien .....................................................................................41

3.2.1 Studie: IT-Trends in der Baubranche 2016 ..................................................41

3.2.2 Studie: Digitalisierung der Bauwirtschaft 2016 .............................................47

3.2.3 Befragung bei den achten Wiener Gesprächen 2016 ..................................48

3.2.4 Weiterführende Studien ...............................................................................51

3.3 Digitalisierung in der akademischen Forschung und Lehre ....................................51

3.3.1 Lehre an der TU Wien .................................................................................52

3.3.2 Forschungsschwerpunkte an der TU Wien ..................................................53

3.3.3 Wissenschaftliche Lehre in Österreich .........................................................55

3.3.4 Wissenschaftliche Lehre an ausgewählten ausländischen Universitäten .....56

3.3.5 Schlussfolgerungen .....................................................................................60

3.4 Standardisierung und Normung .............................................................................60

3.4.1 Österreich - ÖNORM A 6241 Teil 1 und 2 ...................................................60

3.4.2 Standardisierung und Normung international ...............................................61

4 BIM-Softwarelösungen ..................................................................................................63

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4.1 BIM-Programme ....................................................................................................63

4.1.1 Planung und Bauausführung .......................................................................63

4.1.2 Facility-Management ...................................................................................68

4.1.3 Virtual und Augmented Reality ....................................................................68

4.1.4 Datenmanagement ......................................................................................71

4.2 Schnittstellen .........................................................................................................72

4.2.1 Open BIM-Prozess ......................................................................................72

4.2.2 Closed BIM-Prozess ....................................................................................75

4.2.3 Führende BIM-Softwareunternehmen ..........................................................75

4.3 Softwarelizenzen ...................................................................................................83

5 Einschätzung wesentlicher Stakeholder ........................................................................84

5.1 Workshops .............................................................................................................84

5.1.1 Organisation ................................................................................................84

5.1.2 Definition von Digitalisierung im Bauwesen .................................................85

5.1.3 Chancen und Risiken ..................................................................................86

5.1.4 Rahmenbedingungen und Veränderungen ..................................................90

5.1.5 Universitäre Ausbildung ...............................................................................94

5.2 Experteninterviews ................................................................................................95

5.2.1 Organisation ................................................................................................95

5.2.2 Relevante Ergebnisse .................................................................................95

5.3 Meinungsbild von kleinen und mittleren Unternehmen ......................................... 105

5.3.1 Unternehmenskategorisierung ................................................................... 106

5.3.2 Digitalisierung im Bauwesen...................................................................... 107

5.3.3 Building Information Modeling ................................................................... 111

5.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................... 119

6 Chancen und Herausforderungen ................................................................................ 121

6.1 Chancen und Herausforderung in der Planungsphase ......................................... 123

6.2 Chancen und Herausforderung in der Ausführungsphase .................................... 135

6.3 Chancen und Herausforderung in der Betriebsphase .......................................... 139

7 Forschung und Entwicklung ......................................................................................... 144

7.1 Virtual und Augmented/Mixed Reality .................................................................. 145

7.2 Qualitätssicherung des digitalen Modells ............................................................. 146

7.3 Digitaler Gebäudeausweis ................................................................................... 146

7.4 Entwicklung einer digitalen Baueinreichung ......................................................... 146

9

7.5 Interoperabilität von Softwarelösungen ................................................................ 147

7.6 Facility-Management ........................................................................................... 149

7.7 Digitale (intelligente) Baustelle ............................................................................. 150

7.8 Spezifische KMU Schwerpunkte .......................................................................... 152

8 Zeitschiene .................................................................................................................. 155

Forschung und Entwicklung – Zeitliche Abfolge ........................................................... 155

Forschung und Entwicklung – Ableitung von Maßnahmen ........................................... 158

9 Verzeichnisse .............................................................................................................. 160

9.1 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................ 160

9.2 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... 162

9.3 Tabellenverzeichnis ............................................................................................. 164

9.4 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 165

10 Anhang ........................................................................................................................ 169

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Präambel

Die vollständige Digitalisierung der Wertschöpfungskette von Bauprojekten kommt mit großen Schritten auf uns zu. Es ist die Aufgabe maßgeblicher Stakeholder aus Wissenschaft und Praxis, die Potenziale zu erkennen, die Chancen bestmöglich zu nützen und die Risiken möglichst zu vermeiden bzw. gering in ihren Auswirkungen zu halten. Unter maßgeblichen Stakeholdern in diesem Sinne, werden nicht nur öffentliche Institutionen und alle an Bauprojekten Beteiligten gesehen, sondern auch jene, die sich über in Plattformen und Interessensgemeinschaften am Dialog rund um die Digitalisierung im Bauwesen beteiligen.

Die Plattform 4.0 „Planen.Bauen.Betreiben“ formuliert im Zusammenhang mit Digitalisierung im Bauwesen beispielsweise nachstehende provokante Thesen:1

• Die Digitalisierung bietet uns die Chance radikaler Verbesserung!

• Der Projekterfolg entscheidet sich in der Frühphase!

• Aus der Erfahrung in Betrieb und Bau entstehen die Erkenntnisse, die wir in der Planung brauchen!

• Bauwerke werden den disruptiven Anforderungen einer modernen Welt genügen!

• Aus der Automatisation wird effiziente Vielfalt entstehen!

• Höhere Agilität wird den Änderungen den Schrecken nehmen!

• Die Lernkurve im Bauwesen wird sich dank durchgängiger Datenketten verbessern!

• Die Digitalisierung wird nicht die Kleinen an den Rand drängen, sondern die Langsamen. Es wird viele agile Unternehmen geben, die massiv profitieren!

• Es werden immer die Menschen die Maschinen beherrschen müssen, nicht umgekehrt. Das gilt insbesondere auch für die IT!

• Die Digitalisierung wird das Image der Baubranche heben!

Inwieweit sich die hier aufgestellten Thesen in Zukunft mittel- bis langfristig bewahrheiten, kann im Rahmen der vorliegenden Studie nicht vollständig beantwortet werden. Sicher ist aber, dass die Wertschöpfungskette für Bauprojekte zukünftig von der Planung über den Bau bis zur Instandhaltung (Betrieb) und letztendlich dem Rückbau digital vernetzt sein wird. Dieses Konzept der durchgängigen Digitalisierung wird im weiteren Sinne als Building Information Modeling bezeichnet. Auch andere mit der Digitalisierung im Zusammenhang stehende Technologien wie beispielsweise Robotik, 3D-Druck, Sensorik, virtuelle und erweitere Realität sowie der Einsatz von Drohnen, werden Bauprojekte nachhaltig verändern. Die Digitalisierung hat aber nicht nur Auswirkungen auf das Bauprojekt an sich, sie wird sowohl die Ausbildung als auch die Berufsbilder im Bauwesen stark verändern und neue rechtliche Rahmenbedingungen generieren.

1 Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Thesen zur Zukunft des Bauens, Schrift 01, Oktober 2016

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1 Einleitung

Das Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement an der TU Wien, Forschungsbereich Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik unter der Leitung von Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Gerald Goger wurde mit der Erarbeitung der Studie „Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen“ betraut. Der Forschungsbereich beschäftigt sich mit der datenbasierten Modellierung, der Simulation und Optimierung von Bauprozessen, Wissensmanagementsystemen zur Auswahl von Bauverfahren und -methoden sowie mit baubetrieblichen Fragestellungen des Tunnel-, Hohlraum- und Kraftwerksbaus.

Der Forschungsauftrag wird gemeinsam vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und der Geschäftsstelle Bau der Wirtschaftskammer Österreich erteilt.

Als Projektziel wird die Entwicklung eines strategischen Plans – einer Roadmap – für die schrittweise Umsetzung von Digitalisierungs- und Vernetzungsprozessen in allen Phasen von Bauprojekten definiert. Darüber hinaus sind weiterführende Forschungsfragestellungen im Sinne von Innovation im Bauwesen zu erarbeiten. Wesentlich wird im Forschungsprojekt auf die Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMUs) eingegangen.

Für die Umsetzung des Forschungsvorhabens wird eine enge Kooperation mit der Bauwirtschaft (Planer, Unternehmen) und den öffentlichen Institutionen gesucht, um die einzelnen Arbeitspakete wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig praxisnah abarbeiten zu können.

Für die Erstellung der Studie wird ein Projektzeitraum von einem Jahr festgelegt und nachstehende Schwerpunkte definiert:

1. Begriffsbestimmung und inhaltliche Abgrenzung des Forschungsprojekts bezüglich Digitalisierung, Building Information Modeling (BIM), Digitales Bauprojekt und KMU, abgehandelt im Kapitel 2.

2. Beschreibung des Status quo der Digitalisierung im Bauwesen. Im Kapitel 3 gehen sowohl wissenschaftliche Studien, als auch die derzeitige Situation der akademischen Lehre und der Stand der österreichischen Normung ein.

3. Derzeitige Softwarelösungen in der Baubranche und übliche Schnittstellen für die Projektphasen des Planens, Bauens und Betreibens werden im Kapitel 4 behandelt.

4. Im Kapitel 5 werden die Einschätzungen der Stakeholder zu Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung im Bauwesen, welche im Rahmen des Forschungsprojektes anhand von Workshops, Experteninterviews und einer KMU-Umfrage gewonnen wurden, wiedergegeben.

5. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden Chancen und Herausforderungen an die österreichische und europäische Bauwirtschaft für die Phasen des Planens, Bauens und Betreibens abgeleitet, welche in Kapitel 6 dargestellt sind.

6. Die Skizzierung baubetrieblicher und bauwirtschaftlicher Forschungsfelder im Hinblick auf Digitalisierung und Vernetzung erfolgt in Kapitel 7, die Wichtigkeit von Pilotprojekten wird dabei ganz besonders aufgezeigt. In diesem Kapitel wird ein

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strategischer Maßnahmenkatalog im Sinne einer Roadmap für die schrittweise Umsetzung der Digitalisierung von Bauprojekten erläutert.

Die Ergebnisse des vorliegenden Forschungsprojekts zeigen große Chancen auf, welche mit der Digitalisierung im Bauwesen einhergehen. Demgegenüber werden die zu bewältigenden Herausforderungen in einer Art von „Herausforderungsclustern“ dargestellt.

Insgesamt gilt es, mittel- bis langfristig die erkannten Möglichkeiten im Rahmen einer Wechselbeziehung zwischen Forschung, Industrie und Politik zu konkretisieren und in die Praxis umzusetzen. Dafür braucht es vor allem den Willen aller Beteiligten und eine aktive Zustimmung, die Digitalisierung im Bauwesen durch eine Reihe von Pilotprojekten gezielt voranzutreiben.

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2 Begriffsbestimmungen und Abgrenzung der Studie

Mit einem jährlichen Umsatz von rund 31 Mrd. € (2016) und einer Anzahl von rund 171.000 Beschäftigten trägt das Bauwesen wesentlich zur Sicherung des österreichischen Bruttoinlandsproduktes bei.2

Vor diesem Hintergrund belegen den Autoren vorliegende Studien und aktuelle Wirtschaftszahlen eine weitgehend gleichbleibende bzw. stagnierende Produktivität in der Bauindustrie. Durch die Digitalisierung und Standardisierung von Prozessen sollen hier wesentliche Impulse gesetzt werden, bestehenden Abläufe und Prozesse sollen überdacht und gegebenenfalls angepasst werden. Durch eine solcherart gesteigerte Produktivität entstehen neue hochwertige Arbeitsplätze und gleichzeitig wird die Wertschöpfung in der Branche erhöht. Dem gegenüber stehen einige mit Digitalisierung im Zusammenhang stehende Herausforderungen, wie etwa mehr Konkurrenz am Arbeitsmarkt und eine damit einhergehende hohe Transparenz.

Um sich dem Thema zu nähern und speziell auf die Auswirkungen für die Bauindustrie einzugehen, bedarf es zunächst einiger Begriffsbestimmungen.

2.1 Digitalisierung

Im ursprünglichen Sinne versteht man unter Digitalisierung das Erstellen digitaler Repräsentationen von physischen Objekten. Ausgehend von dieser Bedeutung und der anfänglichen Digitalisierung von Licht- und Tonsignalen wird in der Wissenschaft unter Digitalisierung nunmehr die Veränderung von Abläufen und Prozessen bedingt durch den Einsatz digitaler Technologien verstanden. Digitalisierung stellt sich als ein Querschnittsthema dar, welches sowohl verschiedene Disziplinen der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Wissenschaft umspannt.

Die Digitalisierung wird – nach der neolithischen und industriellen – als die nächste große Revolution der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gesehen. Ein Blick auf andere Branchen zeigt, dass die Digitalisierung bewährte Traditionen auf den Kopf stellen kann. Damit einhergehend hat sie tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Arbeitsbedingungen, unsere Lebensumstände und infiltriert unser gesellschaftliches Umfeld.

Die Plattform 4.0 Planen.Bauen.Betreiben versucht durch ihre Aktivitäten zu einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft in der österreichischen Baubranche beizutragen und hat sich dem Ziel der Sicherung von hochwertigen Arbeitsplätzen für zukünftige Generationen durch innovative Wertschöpfung verschrieben. Die Plattform sieht sich als Bindeglied von Wissenschaft und Praxis und betrachtet die Digitalisierung als Chance zur radikalen

2 WKO: Bauproduktionswerte 2016, http://wko.at/statistik/jahrbuch/bau-produktion-2016.pdf, abgerufen am 02.08.2017

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Verbesserung.3 Synonym werden im Bereich des Bauwesens derzeit die an Industrie 4.0 angelehnten Begriff Baustelle 4.0 bzw. Construction 4.0 geprägt.

2.1.1 Digitalisierung in Österreich

In der Digital Roadmap Austria – welche von 100 ExpertInnen aus Ministerien, Bundesländern, dem Städte- und Gemeindebund, den Sozialpartnern sowie unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger via Online-Konsultationsprozess ausgearbeitet und als dynamisches Strategiepapier der Bundesregierung erstmals 2016 veröffentlicht wurde – wird zum Thema Digitalisierung allgemein festgehalten:

„Die Digitalisierung ist keine Entwicklung, die uns erst in der Zukunft bevorsteht. Sie ist weder ein technologisches Nischenthema noch ein Geschäftsfall nur für „große Konzerne“. Sie ist schon heute Teil unseres Alltags. Sie betrifft uns alle.“4

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, seit 2017 verantwortlicher Kommissar für Haushalt und Personal, davor für Digitale Gesellschaft und Wirtschaft zuständig, findet in diesem Zusammenhang klare Worte:

„Wer die Digitalisierung nicht aktiv angeht, wird in fünf oder zehn Jahren nicht mehr in der Wirtschafts- und Arbeitswelt sein.“5

Die Digitalisierung bietet enorme Chancen für Wachstum, Arbeit und Wohlstand. Gleichzeitig gehen mit ihr auch Herausforderungen einher. Diese können z. B. durch die Angst vor lückenloser Überwachung und damit einhergehender Einschränkung der persönlichen Freiheit, zunehmender Cyberkriminalität, ethnische Fragen betreffend künstliche Intelligenz und die Befürchtung steigender Arbeitslosigkeit ausgedrückt werden. Um die Chancen zu nutzen, braucht es politische Gestaltung und Innovationskraft. Das erklärte Bestreben der Bundesregierung ist es daher, Österreich zu einem Innovation-Leader in Europa zu machen.6

Die Digitalisierung betrifft selbstverständlich nicht nur das Bauwesen, sondern alle Wirtschaftsbranchen Österreichs. Einleitend wird daher ein innereuropäischer Vergleich zwischen Österreich und den anderen Mitgliedsstaaten unternommen.

Der Digitalisierungsgrad eines Landes wird im europäischen Vergleich durch den DESI-Index bestimmt (Digital Economy and Society Index). Er gibt an, wie weit die Digitalisierung in einem Land der Europäischen Union fortgeschritten ist. Dazu werden fünf Faktoren bewertet:

1. Konnektivität: Ausbau der Festnetz- und Mobilfunk-Breitbandinfrastruktur, die Geschwindigkeit und die Leistbarkeit gehen dabei ein

3 Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Thesen zur Zukunft des Bauens, Schrift 01, Oktober 2016, Seite 4ff 4 Digital Roadmap Austria, Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Dezember 2016, Seite 6 5 Berger, Roland; IE.F: Deutschland digital, Sieben Schritte in die Zukunft, Studie Internet Economy Foundation (IE.F) und Roland Berger, undatiert, Seite 4 6 Digital Roadmap Austria, 2016

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2. Humanressourcen: bewertet die digitalen Kompetenzen der Bevölkerung, von Grundkompetenzen bis hin zu IKT-Fachkräften

3. Internetnutzung: Nutzung von Inhalten, zum Beispiel zur Kommunikation oder zur Durchführung von Transaktionen

4. Integration digitaler Technologien: gibt an, wie hoch der Anteil der Nutzung von digitalen Technologien und der Einsatz des elektronischen Handels durch Unternehmen im europäischen Vergleich ist

5. Digitale öffentliche Dienste: spiegelt den Ausbau und die Nutzung elektronischer Behördendienste wider

Betrachtet man den aktuellen Status des Digitalisierungsgrades (vergleiche Abbildung 1 und Abbildung 2), wird ersichtlich, dass Österreich im Bereich Konnektivität (1) im europäischen Durchschnitt liegt. Auch bei der Verfügbarkeit von Breitbandverbindungen schneidet Österreich gut ab. Bei den Humanressourcen (2) liegt Österreich über dem europäischen Durchschnitt. Die digitalen Kompetenzen steigen und immer mehr Österreicher nutzen das Internet.

Abbildung 1: Digitalindex der EU7

Nur im Bereich der Internetnutzung (3) liegt man unter dem europäischen Durchschnitt. Überdurchschnittlich ist trotz dieses Ergebnisses die Nutzung von Online-Bankgeschäften und Einkäufen. Die Integration digitaler Technologien (4) liegt leicht über dem EU-Durchschnitt. Speziell bei der Nutzung digitaler öffentlicher Dienste (5) liegt Österreich weit darüber. Das wird auf das gute Angebot von digitalen öffentlichen Dienstleistungen zurückgeführt.

7 http://digital-agenda-data.eu/charts – European Commission, Digital Single Market, Digital Economy & Society, abgerufen am 10.04.2017

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Abbildung 2: DESI nach Faktoren8

Stellt man eine Abhängigkeit zwischen Digitalisierungsindex und Pro-Kopf-Einkommen her, zeigt sich, dass Österreich noch Potenzial nach oben hat. Die Niederlande und Finnland weisen zum Beispiel – bei ähnlichem BIP – einen deutlich höheren Digitalisierungsgrad als Österreich auf (vergleiche Abbildung 3). Diese allgemeine Beobachtung lässt sich aus Sicht der Autoren dieser Studie auf das Bauwesen übertragen. Sowohl die skandinavischen Länder als auch der angelsächsische Raum sind bei der Implementierung von durchgängigen digitalen Planungswerkzeugen (Stichwort BIM) deutlich weiter.

Abbildung 3: Pro-Kopf-Einkommen in der EU in Abhängigkeit des Digitalisierungsindex9

8 http://digital-agenda-data.eu/charts – European Commission, Digital Single Market, Digital Economy & Society, abgerufen am 10.04.2017 9 Digital Roadmap Austria, 2016, Seite 17

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Im Sinne der Digital Roadmap Austria möchte die österreichische Bundesregierung die bereits vorhandenen Stärken in Bezug auf Digitalisierung ausbauen und die erkannten Herausforderungen meistern.

Zu den ermittelten österreichischen Stärken zählen unter anderem:

• Elektronische Rechnungslegung durch Unternehmen

• Online-Leistungsangebot der öffentlichen Verwaltung

• Leistbarkeit von leitungsgebundenem Breitbandinternet

• Hohe Anzahl der MINT-AbsolventInnen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik)

• Verwendung von Open Data in der öffentlichen Verwaltung

• Nutzung von RFID-Technologien durch Unternehmen

• Nutzung von ERP-Software

• Digitale Grundkenntnisse Die wesentlichen Herausforderungen der Zukunft beinhalten:

• Verstärkung privater Nutzung sozialer Netzwerke im Internet

• Ausweitung privater Internetnutzung für Musik und Video, Videotelefonie und für Nachrichten

• Erhöhung der Anzahl leitungsgebundener Breitbandanschlüsse (über 30 Mbit/s) für private Haushalte

Nicht alle diese erkannten Stärken und Herausforderungen der Digitalisierung weisen einen Bezug zum Bauwesen auf, doch lassen sich einige Zusammenhänge herstellen. So spielt die elektronische Rechnungslegung und deren Ausbau im Bauwesen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus ist der Ausbau von Online-Diensten der öffentlichen Verwaltung von Interesse, z. B. zur besseren Abwicklung von Vergaben. In direktem Zusammenhang steht die Schaffung und der Ausbau von Open-Data-Standards. Dadurch wird in Zukunft eine produkt- und herstellerneutrale Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen gewährleistet. Die Erhöhung von AbsolventInnen von MINT-Fächern ist wichtig für das Bauwesen, um den hohen Bedarf an gut ausgebildeten AbsolventInnen zu decken. RFID- und ERP-Systeme werden in der Baubranche verstärkt eingesetzt und gewinnen daher zunehmend an Bedeutung.

Als Eckpfeiler der Digitalisierung in Österreich werden drei Bereiche genannt:10

1. ein modernes Bildungswesen, welches fit für die digitalen Chancen macht, 2. eine erstklassige digitale Infrastruktur und 3. eine Forschungs- und Innovationspolitik, die Österreichs Stärken gezielt fördert.

In diesem Zusammenhang wird von den Autoren das vorliegende Forschungsprojekt verstanden. Die Studie geht im weiteren Verlauf auf die genannten Punkte ein. Es werden

10 Digital Roadmap Austria, 2016

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sowohl Anpassungen in der Aus- und Weiterbildung betreffend Bauwesen angeregt, als auch gezielt innovative Forschungsfragen in der Bauwirtschaft aufgezeigt.

In der Digital Roadmap Austria werden Bereiche mit enormen Entwicklungspotenzialen bis 2025 identifiziert. Diese Bereiche werden hier nachfolgend kurz dargestellt bzw. wird auf ihre Bedeutung im Bauwesen eingegangen:

• 5G: Durch den neuen Mobilfunkstandard wird die Basis für neuen Geschäftsmodelle, Anwendungen und das IoT (Internet der Dinge) geschaffen. Der Ausbau der Mobilfunknetze zu 5G geht mit einem Ausbau des optischen Glasfasernetzes einher. Optische und photonische Systeme haben enorme Wichtigkeit für die digitale Kommunikation von morgen. In Zukunft wird es verstärkt den Einsatz von Systemen geben, die rein optisch funktionieren und nicht mehr den Umweg über die Elektronik gehen. Solche Systeme gibt es bereits für den industriellen Einsatz. In Zukunft wird es zu vermehrter drahtloser Kommunikation kommen, welche nicht zum klassischen Mobilfunk gehört. Beispiele dafür sind die Nahfeldkommunikation (NFC – near field communications) oder Sensoren.

• Internet der Dinge (IoT): Bezeichnet die Verbindung von Geräten mit dem Internet und die Kommunikation der Geräte untereinander. IoT steht in engem Zusammenhang mit Mobilfunk. Zur Erreichung der Interoperabilität bedient man sich dabei häufig offener Standards, so wie dies im Internet der Fall ist. Der hauptsächliche Nutzen von IoT ist, dass die erzeugten Daten global zugänglich sind. Glaubt man der Voraussage von Gartner, werden bis 2020 bereits 20,8 Mrd. IoT-fähige Geräte weltweit im Einsatz sein.11 Für die Baubranche stellt IoT einen Mechanismus dar, um zukünftig Mensch, Material und Maschine miteinander zu vernetzen.

• Big Data: Bezeichnet Datenmenge, welche zu groß, komplex, zu schnelllebig oder zu unstrukturiert sind, um sie mit konventionellen Strategien und Methoden der Datenverarbeitung auszuwerten.12 Durch die zunehmend digitale Datenerfassung und Datenhaltung wird Big Data ein immer wichtigeres Thema. Hinter dem Begriff verstecken sich Techniken und Algorithmen, die zur Speicherung und Verarbeitung von Daten ab einer gewissen Größe notwendig sind. Für kleine Datenbestände, die sich mit konventionellen Techniken handhaben lassen, bringt Big Data aus jetziger Sicht keinen Zusatznutzen. Im Bauwesen ist man zum jetzigen Zeitpunkt bei den meisten Anwendungen noch weit von Big Data entfernt. Mit zunehmender Vernetzung von Mensch, Material und Maschine wird das Thema aber in Zukunft gerade für die Bauwirtschaft deutlich an Interesse gewinnen.

• Künstliche Intelligenz (KI): Das gewaltig wachsende Datenvolumen ist die Basis für Weiterentwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens. Hier tut sich ein breites Anwendungsspektrum auf, welches von der Bild- und Spracherkennung bis hin zur Diagnose von Krankheiten geht.

11 Georgakopoulos Dimitrios; Jayaraman, Prem Prakash: Internet of things: from internet scale sensing to smart services, 2016 12 https://de.wikipedia.org/wiki/Big_Data, abgerufen am 02.08.2017

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• Offenes Wissen: Wissen ist in unterschiedlichen Formen frei verfügbar. Als Stichworte seien hier Crowdsourcing und Open Government genannt.

• Erweiterte (augmented reality – AR) und virtuelle Realität (virtual reality – VR): Zusatzinformationen oder Objekte werden für den Anwender in Echtzeit eingeblendet.

• 3D-Druck: Könnte laut Einschätzung der Digital Roadmap Austria die klassische Fertigung ersetzen. Das mag für ausgewählte Bereiche stimmen, im Bauwesen wird die klassische Fertigung aus Sicht der Autoren in nächster Zukunft nicht durch den 3D-Druck abgelöst werden. Aber auch hier gibt es erste revolutionäre Entwicklungen für Sonderanwendungen, z. B. den Betondrucker. Die große Herausforderung besteht derzeit darin, die Materialien unter Erhaltung der bedungenen Eigenschaften druckbar zu machen. Der 3D-Druck bietet sich derzeit als Alternative bei der Herstellung von Nischenprodukte an.

• Intelligente Materialien (4D): Sind Materialien, die selbstständig und gewollter Weise auf veränderte Umweltbedingungen reagieren.

• Intelligente Energienetze – Smart Grids: Ist eine Vernetzung von Energieerzeugern, Energiespeicher, Netzbetreibern und Energieverbrauchern, mit dem Ziel einer Erhöhung der Zuverlässigkeit, Sicherheit und Effizienz des Energiesystems.

• Blockchain: Ist eine Datenstruktur, die gesichert gegen nachträgliche Manipulation Transaktionen zwischen Parteien erfasst. Blockchains können nach Einschätzung der Digital Roadmap Austria als Technologie die Art von Vertragsabschlüssen, den Börsenhandel und Bankgeschäfte nachhaltig verändern (Stichworte: Smart Contract, virtuelle Währung etc.).

Ein wesentlicher Punkt, der mit Digitalisierung einhergeht ist die Standardisierung. Vernetztes digitales Zusammenarbeiten ist immer mit Datenaustausch verbunden. Um einen verlustfreien Datenaustausch zu gewährleisten, braucht es Standards. Die Standardisierung hat über einheitliche Protokolle schon dem Internet und dem Mobilfunk zum Erfolg verholfen. Im Bauwesen versucht man z. B. mit dem IFC-Standard einen zufriedenstellenden Datenaustausch zu erreichen. In ganz wesentlichem Zusammenhang steht dabei der vom ASI13 mitentwickelte nationale Merkmalserver. Er stellt ein zentrales Element der gelebten BIM-Praxis dar und muss dafür mit der europäischen und nationalen Normung abgestimmt sein.

Die Visionen, welche die österreichische Bundesregierung mit der Digital Roadmap Austria verfolgt, stellen sich wie folgt dar:14

• Bis zum Jahr 2025 stellen die UnternehmerInnen den Motor einer digitalen Wirtschaft dar. Durch neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten wächst der Wirtschaftsstandort Österreich. Durch erfolgreiche Forschung und Innovation auf dem Sektor der digitalen Transformation sind österreichische Unternehmen jeder Größe international erfolgreich.

13 Austrian Standards Institute 14 Digital Roadmap Austria, 2016

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• Es entstehen hochwertige Arbeitsplätze, welche zu hoher Beschäftigung beitragen. Ortunabhängiges Arbeiten wird aufgrund der stark ausgebauten Breitbandinfrastruktur ermöglicht.

• Das Aus- und Bildungssystem soll junge Menschen auf die Chancen und Herausforderungen einer digitalen Welt bestmöglich vorbereiten. Das geschieht über neuartige Vermittlungsformen und über digitale Lernplattformen. Ziel ist es, egal ob in Kindergärten, Schulen oder Universitäten, Werte, Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, die sowohl die Persönlichkeitsentwicklung als auch die Beschäftigungsfähigkeit begünstigen.

• Neue Mobilitätskonzepte fördern die Vernetzung von Individualverkehr und öffentlichem Verkehr. Dadurch sollen Sicherheit und ein hoher Komfort gewährleistet werden. Staus sollen der Vergangenheit angehören und Unfälle werden durch „mitdenkende“ Autos auf ein Minimum reduziert. Das Smartphone zeigt gleichzeitig sowohl die schnellste, preiswerteste und ökologisch verträglichste Art an, sein Ziel zu erreichen.

• Das Internet ist ein Ort der Kommunikation und des freien Wissens. Um die Möglichkeiten ideal nutzen zu können, ist Medienkompetenz tief verankert.

• Durch innovative Technologien wird bis zum Jahr 2025 weniger Energie verbraucht. Das hat nicht nur positiven Einfluss auf die Energiekosten der BürgerInnen, sondern auch auf die Energieabhängigkeit vom Ausland.

• Im Gesundheitswesen erhalten PatientInnen eine erstklassige medizinische Betreuung, die sowohl für alle zugänglich als auch finanzierbar ist. Neue digitale Lösungen fördern die Gesundheit und personalisierte Therapien und Medikamente fördern eine rasche Genesung.

• Die öffentliche Verwaltung wird 2025 sowohl effizienter Dienstleister als auch Innovator sein. Der Bürokratieaufwand wird durch digitale Mittel massiv reduziert.

2.1.2 Aktuelle Selbsteinschätzung der Unternehmen

Die aktuelle Einstellung österreichischer Unternehmen zur Bedeutung der Digitalisierung für die unternehmerische Tätigkeit wurde in einer Studie - durchgeführt von der Julius Raab Stiftung - erhoben.

Dabei wurden fünf Kategorien von unternehmerischen Zugängen wie folgt definiert:15

• Digitale Innovatoren sehen den digitalen Wandel und Innovationen als sehr wichtig für den Erfolg ihres Unternehmens an. Der Innovationsprozess im Unternehmen wird aktiv vorangetrieben, dafür werden sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt.

• Adaptive Übernehmer erachten den digitalen Wandel und Innovationen als wichtig. Sie setzen sich mit neuen Entwicklungen ständig auseinander und binden diese zeitnah in ihr Unternehmen ein.

15 Julius Raab Stiftung: Innovation und digitaler Wandel; Das Meinungsbild der österreichischen Unternehmer, November 2015

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• Defensive Anwender stehen Innovationen und dem digitalen Wandel neutral bzw. leicht kritisch gegenüber. Sie führen solche erst dann in ihr Unternehmen ein, wenn sie sich am Markt bereits bewährt haben. Personelle und finanzielle Ressourcen stehen nur im begrenztem Ausmaß zur Verfügung.

• Passiv Ausharrende glauben wenig bis gar nicht an die gewinnbringenden Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg durch den digitalen Wandel. Sie führen erst dann Neuerungen ein, wenn diese vom Markt oder gesetzlich diktiert werden.

• Digitaler Asket glaubt an Altbewährtes und Tradition anstatt Innovation und digitalen Wandel.

Die vorliegende Studie der Julius-Raab-Stiftung stellt fest, dass der Großteil der österreichischen Unternehmer in die Kategorien adaptive Übernehmer und defensive Anwender (36 % bzw. 40 %) fällt. Als digitale Innovatoren gelten 7 % der Unternehmer, sie weisen eine hohe Innovationsbereitschaft und eine dementsprechend hohe Digitalisierung der Unternehmensprozesse auf. Als passiv Ausharrende gelten 15 % und nur eine verschwindende Minderheit von 1 % sieht sich als digitaler Asket.

Betrachtet man die Studie etwas branchenspezifischer, wird ersichtlich, dass sich speziell die IT- und Consulting-Branche sowie die Banken- und Versicherungsbranche und der Handel als digitale Innovatoren und adaptive Anwender hervortun. Als defensive Anwender zeigt sich die Mehrheit der Unternehmen im Sektor Transport und Verkehr.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass junge Unternehmen, Familienbetriebe und kleine Unternehmen tendenziell innovationsfreudig sind.

Auf die Frage, wie wichtig Innovation für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens ist, antworteten insgesamt 78 % der Befragten mit sehr wichtig oder einigermaßen wichtig. Eine deutliche Mehrheit sieht also die Notwendigkeit, neuartige Produkte, Prozesse etc. anzudenken, um längerfristig erfolgreich zu sein.

Die Studie zeigt aber auch, dass eine verstärkte Digitalisierung zwar in den Unternehmensabläufen stattfindet, die Unternehmer selber der Digitalisierung aber eine grundsätzliche Skepsis entgegenbringen. Die digitale Transformation wird somit eher als eine Notwendigkeit gesehen.

Laut der vorliegenden Einschätzung der Unternehmer sieht eine relative Mehrheit eher positive Auswirkungen und Chancen im Vordergrund. Der digitale Wandel wird sowohl die Branche, den Wirtschaftsstandort Österreich und die Europäische Union günstig beeinflussen. Ausnahmslos negative Entwicklungen aus der Digitalisierung vermuten nur eine Minderheit der Befragten. Ein gutes Drittel der Befragten stuft die Auswirkungen aber neutral ein, bei dieser Einschätzung halten sich positive und negative Effekte in etwa die Waage.

In Abbildung 4 und Abbildung 5 werden die Chancen und Risiken des digitalen Wandels übersichtlich dargestellt. Die Unternehmer erwarten sich vorrangig eine bessere Erreichbarkeit der Kunden, das Entstehen neuer Geschäftsfelder und Effizienzsteigerungen

23

im Arbeitsprozess. Es wird darüber hinaus ersichtlich, dass Digitalisierung als allgemein unumgängliches Phänomen wahrgenommen wird.

Als vorrangige Risiken werden mehr Konkurrenz und Mitbewerber, der fehlende persönliche Kontakt zum Kunden und die zunehmende Transparenz gepaart mit geringer Datensicherheit angeführt. Als wesentliches Risiko werden die Auswirkungen auf die KMUs genannt. Insbesondere sieht man, dass es für KMUs als schwierig angesehen wird im Wettbewerb mitzuhalten.

Abbildung 4: Chancen durch digitalen Wandel16

Abbildung 5: Risiken durch digitalen Wandel17

16 Julius Raab Stiftung, 2015, Seite 59 17 Julius Raab Stiftung, 2015, Seite 61

24

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der digitale Wandel verschärfend auf den Wettbewerb auswirken, aber gleichzeitig größere Chancen durch neue Möglichkeiten und Geschäftsprozesse eröffnen wird.

2.1.3 Substituierbarkeit von Berufen im Bauwesen

Der Bericht zur „Substituierbarkeit von Berufen im Zuge der Automatisierung durch Industrie 4.0“ zeigt auf, dass der Wirtschaftszweig „Baugewerbe“ im Durchschnitt mit einer Automatisierungswahrscheinlichkeit von 59 % zu rechnen hat. Dies bedeutet, dass durch den potentiellen Destruktionseffekt 59 %18 der Tätigkeitsstrukturen innerhalb des Baugewerbes automatisiert werden können.19 Wie sehr durch die Schaffung neuer Betätigungsfelder diese automatisierten Tätigkeiten kompensiert werden können, bleibt offen. Die hohe Automatisierungswahrscheinlichkeit führt außerdem nicht zwingend dazu, dass jede menschliche Arbeitskraft in einer Berufsgruppe hinfällig wird, sondern dass durch Automatisierung, Zeit verfügbar wird, die für andere Tätigkeiten aufgewandt werden kann.20 Beispielsweise kann ein Bauleiter und Techniker durch die Implementierung von digitalem Datenmanagement auf seiner Baustelle den Anteil von Dokumentationstätigkeiten senken und verstärkt vernachlässigten Tätigkeiten nachgehen. Ein genauerer Blick auf die einzelnen Berufsgruppen zeigt, dass beispielsweise Ingenieure nur einer durchschnittlichen tätigkeitsbasierten Automatisierungswahrscheinlichkeit von 35 % unterliegen, im Vergleich zu Hilfsarbeitern im Baugewerbe von 66 %.21

Bei der Entwicklung von automatisierten Prozessen wird von zwei Entwicklungsszenarien ausgegangen. Mit dem Charakter eines Assistenzsystems werden beim „Werkzeugszenario“ Systeme entwickelt, die qualifizierten Facharbeitern die Möglichkeit geben, fundierte Entscheidungen zu treffen. Der Gesamtprozess steht bei der Entwicklung solcher Entscheidungshilfeprogramme im Mittelpunkt. Die Anforderungsprofile an die Anwender sind geprägt von einem starken Überblickswissen und der Fähigkeit Prozesse zu kontrollieren. Dem steht das „Automatisierungsszenario“ entgegen, das geprägt ist von einer Dequalifizierung des Anwenders. Bei diesem Szenario steht die Minimierung von Fehlern bei Routinetätigkeiten im Arbeitsprozess im Mittelpunkt.22

Abhängig von dem Beschäftigungsfeld auf der Baustelle sind beide Entwicklungsansätze zu verfolgen. So soll etwa das gewerbliche Personal in seinen routinemäßigen Tätigkeiten, wie etwa den Dokumentationspflichten oder der Steuerung von Arbeitsprozessen, durch das „Automatisierungsszenario“ unterstützt werden. Das Potential für geringere Einlernzeiten und höhere Produktionsleistung sei in diesem Zusammenhang erwähnt. Bauleiter und Techniker können in gleicher Weise bei routinemäßigen Arbeiten der Datenverarbeitung unterstützt

18 Die Studie für Österreich beruht auf der Datengrundlage von Frey und Osborne (2013) für USA. Der Herausgeber weist drauf hin, dass die Ergebnisse als qualitativer Befund verstanden werden soll. 19 Vgl. Nagl, W./ Titelbach, G. / Valkova, K.: Digitalisierung der Arbeit: Substituierbarkeit von Berufen im Zuge der Automatisierung durch Industrie 4.0, 2017, Seite 22 - Tabelle 6 20 Vgl. Nagl, W./ Titelbach, G. / Valkova, K., 2017, Seite 5 21 Vgl. Nagl, W./ Titelbach, G. / Valkova, K., 2017, Seite 19 – Tabelle 5 22 Vgl. Windelband, L./ Spöttl, G.: Diffusion von Technologie in die Facharbeit und deren Konsequenzen für die Qualifizierung am Beispiel des „Internet der Dinge“, 2012, Seite 217

25

werden. Die Entwicklung in dieser Führungsebene richtet sich jedoch verstärkt nach dem „Werkzeugszenario“ und der Unterstützung für den Entscheidungsfindungsprozess bei Spezialfällen. In diesem Zusammenhang sei die Wichtigkeit eines „Prozesscontrollers“23 erwähnt, der die Fähigkeit besitzt, mit Technikern und Softwareentwicklern zusammenzuarbeiten, Schnittstellen zu anderen Bereichen wie Disposition und Abrechnung herzustellen und die Implementierung und Wartung im Arbeitsprozess zu gewährleisten.

Abbildung 6: Tätigkeitsbasierte Automatisierungsrisikogruppen (hoch, mittel, gering) und Ø Automatisierungswahrscheinlichkeit (AW) in Österreich24

2.1.4 Vision digitales Bauwesen

Anhand der Wertschöpfungskette Planen-Bauen-Betreiben eines Bauobjektes lassen sich diese digitalen Entwicklungspotenziale exemplarisch aufzeigen. In Abbildung 7 sind die Projektphasen bzw. der Lebenszyklus eines Gebäudes bzw. einer Infrastrukturmaßnahme, von der Strategie über die Planung und Bauausführung bis hin zur Nutzung und dem Rückbau dargestellt.

Visionäre Denkansätze können folgende Potenziale in den einzelnen Projektphasen ergeben:

Während den Phasen I. Strategie und II. Projektinitiierung werden durch die Visualisierung mittels Augmented, Mixed oder Virtual Reality bessere Variantenstudien möglich, was die Entscheidungsfindung positiv beeinflusst. Das Einbeziehen von Stakeholdern und z. B. Bürgerinitiativen wird erleichtert. Darüber hinaus kann der Informationsaustausch durch Digitalisierung in diesen frühen Projektphasen deutlich transparenter gestaltet werden.

23 Vgl. Zinn, B./ Tenberg, R.: Zukunft der Facharbeit im Zeitalter „Industrie 4.0“ in Journal of Technical Education (JOTED) Band 2 - Heft 2, 2014, S.153 24 Daten aus dem Projektbericht Digitalisierung der Arbeit: Substituierbarkeit von Berufen im Zuge der Automatisierung durch Industrie 4.0; Nagl, Titelbach, Valkova, Institut für Höhere Studien, Jänner 2017, Seite 22

26

Beispiele hierfür wären Projektplattformen, auf denen die wesentlichen Informationen für Beteiligte verständlich aufbereitet werden könnten.

Abbildung 7: Lebenszyklus eines Bauobjektes25

In der Projektphase III. Planung wird das größte Potenzial der Digitalisierung in der Anwendung von gewerkeübergreifendem BIM gesehen. Durch die integrale Planung und Abstimmung vor Baubeginn, werden Planungsfehler minimiert und Gewerkekollisionen vorab am Modell behoben. Sämtliche Baunormen können auf Basis des vorliegenden Planungsmodells auf ihre Einhaltung geprüft werden (automatische Abfrage von Fluchtweglängen, Beschattung etc.). Durch die Einbeziehung vieler Projektbeteiligter können zahlreiche Optimierungspotenziale bereits in einer frühen Planungsphase gehoben werden.

Nach dem vorliegenden Realisierungsbeschluss wird die Ausschreibung auf einer digitalen Modellbasis erstellt. Ein Aufteilen des geplanten Bauobjekts in Gewerke und Positionen ist

25 IG Lebenszyklus Bau; Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau – Die 3 Säulen erfolgreicher Bauprojekte in einer digitalen Wirtschaft, Leitfaden für Bauherren und Projektbeteiligte von Hochbauten, Oktober 2016, Seite 13

27

dabei grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Das erleichtert das Bearbeiten der Ausschreibung sowohl für den Auftraggeber als auch den Auftragnehmer. Massen werden nicht mehr über händische oder teilweise digitale Berechnungen auf Basis von Planunterlagen ermitteln, sondern vollautomatisch aus dem Modell ausgelesen. Die eingehenden Angebote werden für den Auftraggeber leichter aus- und bewertbar.

Während der Phase IV. Ausführung wird die Werkplanung sukzessive ins bestehende Modell eingearbeitet. Auf der Baustelle werden die Tagesleistung und die Bautagesberichte digital erfasst und verarbeitet. Materialtransporte und Bauteile sind mit RFID-Trackingsystemen versehen, wodurch eine genaue Zuordnung des Standpunktes möglich ist. Lieferscheine und Materialkennwerte werden digital erfasst, zentral abgelegt und den einzelnen Bauteilen zugeordnet, was eine lückenlose Dokumentation des Bauerfolges sichert. Die Abrechnung wird direkt aus der Leistungsdokumentation und dem Bestandsmodell generiert. Für Massenbaustellen, wie z. B. im Erdbau, werden Drohnen für die Vermessung der Erdbewegungen eingesetzt. Fertigteile, modulare Systeme und Bauteile aus dem 3D-Drucker werden den Fertigungsprozess beschleunigen und die Anforderungen an die Logistik erhöhen.

Bei der Übergabe des Bauwerks wird gleichzeitig ein As-Built-Modell dem Betreiber zur Verfügung gestellt. Darin sind alle für den Betrieb notwendigen Bauwerksinformationen enthalten.

In der Phase V. Nutzung werden die Potenziale der Digitalisierung durch IoT und Big Data generiert. Geräte teilen dem Betreiber mit, wann und wie sie gewartet oder ausgetauscht werden müssen. Ein automatisches Abschalten der Beleuchtung beim Verlassen des Raumes spart Energie. Die Lüftung regelt sich automatisch je nach anwesenden Personen und gewünschtem Raumklima. Durch die Sammlung von Gebäudedaten kann der Betrieb zusätzlich optimiert und angepasst werden.

Wird ein Gebäude rückgebaut, dient es als Rohstofflager (Stichwort: Urban Mining) mit aus dem digitalen Modell bekannten Mengen und Materialien. Urban Mining aus baubetrieblicher Sicht wird in der Schrift 03 der Plattform 4.0 dargestellt.26

2.2 Building Information Modeling

Eine eindeutige Definition beziehungsweise Beschreibung des Begriffs Building Information Modeling (BIM) konnte sich bisher in der Fachliteratur nicht durchsetzen. Die Interpretation und Auslegung dieses Begriffes hängt sehr stark vom Standpunkt bzw. der Herangehensweise der Projektbeteiligten ab. Die Planer, die ausführenden Unternehmen, die staatliche Organisationen und die Softwareanbieter haben jeweils ihren eignen Blickwinkel in Bezug auf BIM. Während eine zulässige Definition eher die Sicht auf die Gebäudedaten betont, legen andere Definitionen den Fokus verstärkt auf Prozesse, die am

26 Vgl. Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Visionen auf längere Sicht, Schrift 02, Jänner 2017, Seite 12ff

28

Entstehen und Verändern dieser Daten beteiligt sind.27 Nachfolgend werden einige Definitionen für Building Information Modeling zusammengefasst.

Austrian Standard Institut

„Unter Building Information Modeling (BIM) oder Gebäudedatenmodellierung versteht man die optimierte Planung und Ausführung von Gebäuden mit Hilfe entsprechender Software. BIM ist ein intelligentes digitales Gebäudemodell, das es allen Projektbeteiligten - vom Architekten und Bauherrn über den Haustechniker bis hin zum Facility Manager - ermöglicht, gemeinsam an diesem integralen Modell zu arbeiten und dieses zu realisieren.“28

Wirtschaftskammer Österreich

„Unter Building Information Modeling wird in der Baubranche eine innovative Arbeitsmethode im Planungs-, Abwicklungs- und Betreiberprozess verstanden, welche auf elektronischen Gebäudemodellen basiert. Das Bauwerk wird vor der Realisierung digital als Modell im Rechner gebaut – „build digitally first“. Die neue Arbeitsweise erfordert neben einer Software vor allem auch eine Anpassung von internen Prozessen und ermöglicht einen gesamtheitlichen Ansatz. Diese Modelle enthalten nicht nur rein geometrische Daten für eine dreidimensionale Darstellung oder die Ermittlung von Massen, wie aus CAD-Systemen bereits bekannt, sondern darüber hinaus werden alphanumerische Daten zu den einzelnen Bauteilen wie Materialeigenschaften, Kosten, Termine und dergleichen in das Modell integriert.“29

buildingSMART und Institute of Building Science NIBS

„A Building Information Model (BIM) is a digital representation of physical and functional characteristics of a facility. As such it serves as a shared knowledge resource for information about a facility forming a reliable basis for decisions during its life-cycle from inception onward. A basic premise of BIM is collaboration by different stakeholders at different phases of the life cycle of a facility to insert, extract, update or modify information in the BIM process to support and reflect the roles of that stakeholder. The BIM is a shared digital representation founded on open standards for interoperability.”30

Building Information Modeling - Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg

„Unter einem Building Information Model (BIM) versteht man ein umfassendes digitales Abbild eines Bauwerks mit großer Informationstiefe. Dazu gehören neben der dreidimensionalen Geometrie der Bauteile vor allem auch nicht-geometrische Zusatzinformationen wie Typinformationen, technische Eigenschaften oder Kosten. Der

27 Vgl. P. Both, V. Koch, A. Kindsvater; BIM–Potentiale, Hemmnisse und Handlungsplan, Fraunhofer Verlag, Mai 2012, Seite 9 28 http://www.austrian-standards.at/infopedia-themencenter/infopedia-artikel/building-information-modeling-bim/, abgerufen am 29.07.2017 29 https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bau/BIM-Broschuere.pdf, abgerufen am 06.09.2017 30 http://www.nationalbimstandard.org/, abgerufen am 02.09.2017

29

Begriff Building Information Modeling beschreibt entsprechend den Vorgang zur Erschaffung, Änderung und Verwaltung eines solchen digitalen Bauwerkmodells mithilfe entsprechender Softwarewerkzeuge.“31

Zusammenfassend wird in den Erläuterungen des Austrian Standard Institutes der Aspekt der Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten vom Planer bis hin zum Facility-Manager am gemeinsamen digitalen Gebäudemodell betont. Einen wichtigen Faktor stellt hier die Verfügbarkeit aller notwendigen Daten über den Lebenszyklus eines Bauprojektes dar, die in den jeweiligen Projektphasen benötigt werden. Als wesentliches Element von BIM wird in der Definition von buildingSMART die Zugriffmöglichkeit aller Beteiligten auf ein gemeinsames Datenmodell definiert. Die Wirtschaftskammer Österreich beschreibt BIM nicht nur als Software, sondern im Wesentlichen als neue Arbeitsweise in der Baubranche. Die Beschreibung von BIM nach Borrmann hebt zudem hervor, dass BIM nicht nur ein dreidimensionales geometrisches Modell ist. Die Bauteile können zusätzlich nicht-geometrische Zusatzinformationen enthalten, um zum Beispiel Kosten und Terminpläne ermitteln zu können.

Im folgenden Abschnitt werden darüber hinaus die Definitionen von Building Information Modeling aus der Sicht verschiedener Softwarehersteller aufgelistet. Die Beschreibung der Funktionen und des Nutzens fokussieren besonders auf die Wirkung von BIM auf den Arbeitsprozess, die Begleitung über den gesamten Lebenszyklus hinweg und die Vielschichtigkeit der erfassten Daten.32

Autodesk – Softwarehersteller

„Building Information Modeling (BIM) ist ein intelligenter, auf einem 3D-Modell basierender Prozess, der Architekten, Ingenieuren und Bauunternehmern Informationen und Werkzeuge für effiziente Planung, Entwurf, Konstruktion und Verwaltung von Gebäuden und Infrastruktur bereitstellt.

Bei BIM ist das Modell eine komplexe Datenbank, die sowohl geometrische Informationen (Zeichnungen, Ansichten, Pläne, usw.) als auch nicht grafische Daten enthält. Ändert ein Bearbeiter ein Modell-Element, so koordiniert die BIM-Software automatisch die Änderung in allen Sichten - in den Zeichnungen z. B. in den 2D-Ansichten, und in den informativen Sichten, wie z. B. dem Terminplan. Im Gegensatz zu reinen CAD-Anwendungen, die Software-Tools verwenden um digitale 2D und / oder 3D-Zeichnungen zu erzeugen, erleichtert BIM eine neue Art des Arbeitens: das Erstellen von Entwürfen mit intelligenten Objekten.“33

31 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 4 32 Vgl. P. Both, V. Koch, A. Kindsvater, BIM–Potentiale, Hemmnisse und Handlungsplan, Mai 2012, Seite 14 33 https://www.autodesk.de/solutions/bim/overview, abgerufen am 02.10.2017

30

Graphisoft – Softwarehersteller

„BIM erfasst alle Elemente einer Konstruktion und speichert diese in Form von intelligenten Objekten in einer 3D-Datenbank. So wird das konkrete Gebäude vor seiner Fertigstellung simuliert und visualisiert und enthält eine integrierte Datenbank mit allen relevanten Gebäudeinformationen. Die BIM-Technologie unterstützt Projekte von der ersten Planungsidee bis hin zum letzten Detail der Ausführungsplanung - eine frühzeitige Kostenermittlung und Energiebedarfsermittlung ist möglich. Es wird bauteilorientiert gearbeitet, d.h. ein virtuelles, dreidimensionales Gebäude wird erstellt, aus dem in jeder Leistungsphase die wichtigen Informationen extrahiert werden können: sei es die städtebauliche Kubatur samt Schattenwurf, der Bauantrag, Werkpläne, Schnitte, Ansichten, Massen, Detailpläne, Animationen, Renderings, Kostenplanung oder Daten für ein späteres Facility-Management. Die BIM-Technologie optimiert die Zusammenarbeit aller am Planungs- und Bauprozess Beteiligten. Architekten, Bauingenieure, Fachplaner und Innenarchitekten bauen auf demselben Datenmodell auf und pflegen einen gemeinsamen Datenstamm. Aufwändige Neueingaben und damit auch erhöhtes Fehlerrisiko entfallen.“34

Nemetschek Allplan – Softwarehersteller

„BIM (Building Information Modeling) wird verstanden als der integrierte Prozess des Planens, Bauens und Bewirtschaftens von Bauwerken – auf Basis eines konsistenten und allen zugänglichen digitalen Bauwerksmodells. Dieses Modell, erstellt mit 3D CAD-Software, integriert alle geometrischen und beschreibenden Informationen und wird im Laufe des Planungsprozesses von allen Beteiligten schrittweise mit Informationen angereichert; Änderungen werden automatisch mitgeführt. In diesem intelligenten Modell werden alle relevanten Gebäudedaten digital erfasst, kombiniert und vernetzt: Architektur, Tragwerk, technische Gebäudeausrüstung, physikalische, funktionale, gestalterische Eigenschaften usw. Das Modell hilft Planern, Ingenieuren, Bauausführenden, Facility-Managern bereits vor Realisierung des Bauwerks mit Visualisierung, Planableitung, Mengenermittlung, Kollisionsprüfung und Simulationen des Verhaltens eines Gebäudes, z. B. in energetischer Sicht.“35

2.2.1 Definition BIM-Level

Building Information Modeling kann in der Bauwirtschaft nicht in einem Zuge und von einem Tag auf den anderen eingeführt werden. Das durchgängige Gebäudemodell wird daher schrittweise eingeführt werden müssen. Die britische BIM Task Group hat deshalb entsprechende BIM-Reifegrade eingeführt, die vier unterschiedliche Umsetzungsstufen von Building Information Modeling definieren (vergleiche Abbildung 8).

34 https://www.nemetschek.com/trends/bim/, abgerufen am 05.09.2017 35 https://www.nemetschek.com/trends/bim/, abgerufen am 05.09.2017

31

Building Information Modeling Level 0 (BIM Level 0)

Level 0 beschreibt das konventionelle Arbeiten mit 2D-CAD und den Austausch von papiergedruckten Plänen.

Building Information Modeling Level 1 (BIM Level 1)

Bei Level 1 werden neben der 2D-Zeichnung auch 3D-Modelle erstellt. Es werden allerdings keine Vorgaben zu Datenformaten gemacht. Einzelne Daten werden versendet, eine zentrale Projektplattform existiert aber nicht.

Building Information Modeling Level 2 (BIM Level 2)

Durchgängige Anwendung von 3D-BIM von allen Beteiligten. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Fachplaner jeweils eigene, voneinander unabhängige Modelle erzeugen, die jedoch regelmäßig miteinander abgeglichen werden. Der Datenaustausch basiert auf dem Austausch von Dateien, es kommen herstellerspezifische Formate zum Einsatz.36

Building Information Modeling Level 3 (BIM Level 3)

Vollständig integraler, gemeinschaftlicher Prozess der Modellierung eines virtuellen Gebäudemodells in Übereinstimmung mit der Ausführung für die Datenpflege über den gesamten Lebenszyklus, in einem gemeinsamen, zentralen Datenmodell unter Einarbeitung von Sachdaten für weiterführende Informationen, die als zusätzliche Dimensionen beschrieben werden.37 Level 3 sieht die Umsetzung von BIG Open BIM vor.

Abbildung 8: BIM-Reifegrad38

36 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 10 37 Austrian Standards Institute; ÖNORM A 6241-1, Juli 2015, Seite 6 38 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 10

32

2.2.2 BIM-Dimensionen

Neben den definierten BIM-Levels 0 bis 3, welche vor allem den Fortschritt der Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten auf einem 3D-BIM-Modell beschreiben, wird der Umsetzungsgrad von Building Information Modeling zusätzlich nach den BIM-Dimensionen kategorisiert (siehe Abbildung 9).

3D-Modell

Ist ein dreidimensionales Modell eines Bauwerks mit geometrischen, physikalischen Eigenschaften und funktionalen Attributen.

4D-Modell

Das 3D-Modell des Bauwerks wird mit einem Terminplan bzw. den zugehörigen Ausführungsprozessen (Zeit) erweitert. Ein 4D-Modell erlaubt die Erstellung von 4D-Bauablaufsimulationen.

5D-Modell

Ist ein um den Kostenplan und Kalkulationsinformationen erweitertes 4D-Modell, wodurch eine zeitabhängige Darstellung der Kostenentwicklung im Bauprojekt möglich ist.39

6D-Modell

Im 6D-Modell werden die Lebenszyklusaspekte (Bewirtschaftung des Bauwerks, Gebäudeabriss) berücksichtigt.

7D-Modell

Das 7D-Modell verknüpft das Bauwerksmodell mit Betriebsdaten, wodurch die Nachvollziehbarkeit von Wartungs- und Reparaturmaßnahmen erhöht wird. Durch die letzten beiden Dimensionen (6D bzw. 7D) entsteht vor allem eine Verbesserung der Nachhaltigkeit im Facility-Management.

Abbildung 9: BIM-Dimensionen40

39 Vgl. Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 581 40 http://luenendonk.de/wp-content/uploads/2017/04/LUE_2.PI_Whitepaper_BIM_Grafik_f270417.jpg, abgerufen am 20.09.2017

33

2.2.3 Closed BIM und Open BIM

Der Nutzen eines interdisziplinären Datenmodells liegt für alle Projektbeteiligten in einem neuen Arbeitsprozess, dieser kann im Bauwesen aber nicht unmittelbar umgesetzt werden. Es ist vielmehr ein ständig weiter zu entwickelnder und zu optimierender Prozess. Bei der Anwendung oder Einführung von Building Information Modeling in einem Unternehmen entstehen neue Arbeitsformen und Unternehmensphilosophien. Die einhergehende Umsetzung von BIM lässt sich generell in Open BIM- und Closed BIM-Prozesse einteilen.

Open BIM-Prozess

Beim Open BIM-Prozess handelt es sich um eine offene Strategie, bei der die Wahl des Bearbeitungswerkzeugs frei ist, sich die Planungspartner aber auf einer Planungsplattform koordinieren und austauschen können. Die Plattform und Austauschformate sind in diesem Fall herstellerunabhängig.41 Für die Umsetzung eines Open BIM-Prozesses ist ein offenes Datenaustauschformat notwendig.

Closed BIM-Prozess

Beim Closed BIM-Prozess handelt es sich um eine geschlossene Vorgehensweise, bei der alle Planungsbeteiligten mit der gleichen Software in einem zentralen, gleichzeitig bearbeiteten Modell arbeiten. Ein grundsätzliches Problem der Closed-BIM Variante liegt darin, dass gewerkespezifische Modellanforderungen infolge der einheitlichen Planungssoftware nicht immer abbildbar sind. Zudem müssen alle Projektbeteiligten mit der gleichen Software arbeiten.42

Little BIM und Big BIM

Neben Closed BIM- und Open BIM-Prozessen wird mit den Begriffen little BIM und big BIM eine weitere begriffliche Unterscheidung vorgenommen. Bei litte BIM wird eine BIM-Software von einem einzigen Planer für seine spezifische Planung genutzt. Dieses Modell wird nicht durch andere Planer weitergenutzt. Die BIM-Lösung verbleibt daher als Insellösung im spezifischen Tätigkeitsfeld eines Fachplaners. Das Potenzial einer interdisziplinären Nutzung des durchgängigen Gebäudemodells bleibt dabei unerschlossen. Big BIM bedeutet demgegenüber eine kollaborative, multidisziplinäre modellbasierte Kommunikation zwischen allen Beteiligten über alle Lebenszyklusphasen hinweg.

Aus den Kombinationen aller vier Begriffe ergibt sich die in Abbildung 10 dargestellte Matrix. Die Entwicklung wird aus Sicht der Autoren dieser Studie in den nächsten Jahren tendenziell in Richtung Big open BIM gehen müssen, um das gesamte Potenzial von einem dreidimensionalen Gebäudemodell für alle Stakeholder ausschöpfen zu können. Aus vergaberechtlicher Hinsicht ist die Entwicklung in Richtung Big open BIM jedenfalls notwendig. Öffentliche Bauaufträge und Ausschreibungen sollen nach Empfehlungen des Europäischen Parlaments modernisiert werden, indem der Einsatz von computergestützten

41 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 440 42 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 440

34

Methoden wie Building Information Modeling (BIM) zur Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen und Ausschreibungen verwendet wird. Diese öffentlichen Ausschreibungen können jedoch nur in Big open BIM ausgeschrieben werden, da bei Closed BIM ein nach dem Bundesvergabegesetz unerlaubter Wettbewerbsnachteil für Unternehmen mit anderen Softwarelizenzen, welche nicht mit der Closed BIM-Software kompatibel sind, entstehen könnten.

Abbildung 10: Building Information Modeling-Matrix43

2.2.4 Schlussfolgerungen

Eine eindeutige Definition beziehungsweise Beschreibung des Begriffs Building Information Modeling (BIM) konnte sich bisher in der Fachliteratur nicht durchsetzen. Die verschiedenen in dieser Studie dargestellten Definitionen besitzen jedoch viele gemeinsame Merkmale und können wie folgt zusammengefasst werden:

• Es beschreibt einen interdisziplinären Arbeitsprozess über alle Bauwerkslebensphasen (Planen, Bauen, Betreiben).

• Die Basis bildet ein digitales Gebäudemodell mit geometrischen und nicht geometrischen Daten.

• Es ermöglicht eine Zugriffsmöglichkeit aller Beteiligten in der Planungs-, Ausführungs- und Betriebsphase auf ein gemeinsames Datenmodell.

• Die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit auf einem Gebäudemodell wird in Echtzeit umsetzbar.

43 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 8

35

Die aufgelisteten Eigenschaften decken sich ebenfalls mit dem Ergebnis aus der Umfrage „Meinungsbild von Klein- und Mittelbetrieben zum Thema Digitalisierung im Bauwesen“, welche im Zuge dieses Forschungsprojekts durchgeführt wurde (vergleiche Kapitel 5.3). Dabei wurden auf die Fragestellung „Was verstehen Sie unter BIM“ folgende Aspekte verstanden:

Abbildung 11: Ergebnis zur Frage: Was verstehen Sie unter BIM? Mehrfachnennungen möglich

In der vorliegenden Studie wird der Begriff Building Information Modeling von den Autoren daher folgendermaßen definiert beziehungsweise abgegrenzt:

„Unter Building Information Modeling wird in der Baubranche ein innovativer interdisziplinärer Arbeitsprozess verstanden, welcher die Bauwerksphasen Planung, Bauen und Betreiben von Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen umfasst. Die Basis bildet ein allen zugängliches digitales Bauwerksmodell. Dieses Bauwerksmodell ist eine komplexe Datenbank, die sowohl geometrische Informationen als auch nicht grafische Daten enthält.“

Die verschiedenen Levels und Dimensionen zeigen das enorme Potenzial von BIM für die Bauwirtschaft. Durch BIM wird die Herangehensweise an Bauprojekte grundlegend geändert. BIM verlangt eine fertige Planung vor Beginn der Bauausführung und ermöglicht bereits in einer sehr frühen Projektphase beispielsweise die Simulation von Tragwerkskonstruktion, Bauzeit, Bau- und Betriebskosten über den Lebenszyklus eines Bauprojektes. Dieser neue innovative Arbeitsprozess fördert beziehungsweise verlangt zudem die Zusammenarbeit der verschiedenen Gewerke eines Bauobjekts. Um das gesamte Potenzial von einem gewerkeübergreifenden dreidimensionalen Bauwerksmodell ausschöpfen zu können, ist aus Sicht der Autoren der Einsatz von Big open BIM erforderlich. Mittelfristiges Ziel von Forschungsprojekten, Normen und Richtlinien muss es daher sein, einen Open BIM-Standard in Österreich zu etablieren.

0 %

12 %

49 %

65 %

80 %

86 %

86 %

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0

reine 3D -Darstellung von Projekten

Ist vor allem eine Software

3D -Darstellung von Projekten

Ist vor allem eineArbeitsmethode/Denkhaltung

Eine zentrale Datenbank für sämtlicheDaten eines Projekts

Strukturierte Verknüpfung von Geometrie-und Bauteilinformationen

Ein digitales Modell zurgewerbeübergreifenden Zusammenarbeit

36

2.3 Digitales Bauprojekt

Bei einem digitalen Bauprojekt wird der gesamte Lebenszyklus eines Bauwerks in einem digitalen Modell vollumfänglich abgebildet. Das Modell erfasst alle Projektphasen vom Planen, über das Bauen bis zum Betreiben und zum Abriss bzw. Rückbau.

Zur inhaltlichen Abgrenzung wird hier der in der Literatur gängige Begriff der „digitalen Baustelle“ angeführt. Unter einer digitalen Baustelle wird das virtuelle Abbild einer realen Baustelle verstanden.44 Ausgehend von einer digital modellierten Planung wird der Bauablauf zunächst virtuell simuliert, um dann optimiert auf der realen Baustelle umgesetzt zu werden.

Die digitale Baustelle umfasst nach dieser Definition mehrere Teilaspekte:

• 3D-Modellierung

• Zentrale Datenverwaltung

• Simulation der Bauprozesse

• Logistik Die digitale Baustelle stellt sich für die Autoren dieser Studie als wichtiger Teilaspekt des digitalen Bauprojektes dar.

Das digitale Bauprojekt ist aus Sicht der Autoren aber wesentlich umfangreicher zu betrachten. Basierend auf der Vision eines digitalen Bauwesens (siehe Kapitel 2.1.4) bildet eine zentrales BIM-Modell das Rückgrat eines digitalen Bauprojektes. BIM beschreibt dabei in erster Linie den interdisziplinären Arbeitsprozess auf der Grundlage eines digitalen Gebäudemodells (mit bis zu 7D). Ein digitales Bauprojekt behandelt darüber hinaus aber zusätzlich den Ausführungs- und Betriebsprozess eines Gebäudes bzw. einer Infrastrukturmaßnahme in digitaler Form. Dabei geht es vor allem um Echtzeitdatenerfassung, automatisierte Abrechnung und Controlling, Tracking von Bauteilen, Dokumentation und laufende Erfassung von Betriebs- und Wartungsdaten. Die Vernetzung aller dieser Aspekte über den Lebenszyklus eines Bauprojektes ist unter dem Begriff „digitales Bauprojekt“ zu subsummieren.

In Abbildung 12 werden die einzelnen Aspekte des digitalen Bauprojektes in den Phasen des Planen, Bauen und Betreibens aufgezeigt.

44 W. Günther und A. Borrmann, Digitale Baustelle - innovativer Planen, effizienter Ausführen, Seite 2

37

Abbildung 12: Digitales Bauprojekt in den Phasen Planen, Bauen, Betreiben

2.4 Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

Ein wesentlicher Fokus wird in dieser Studie auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelegt. Sie liefern einen wesentlichen Beitrag um Chancen und Risiken in Zusammenhang mit Digitalisierung im Bauwesen zu erkennen.

In dieser Studie erfolgt die Einteilung in Klein–, Mittel– und Großbetrieben nach den Empfehlungen der Europäischen Kommission. Diese teilt Unternehmen anhand der Beschäftigtenanzahl, des Unternehmensumsatzes und der Bilanzsumme in vier Gruppen ein. Als Kleinstbetriebe gelten jene, die weniger als 10 Personen beschäftigen, unter 50 Personen spricht man von Kleinbetrieben. Mittelständische Betriebe beschäftigen weniger als 250 Personen und weisen einen Umsatz kleiner 50 Millionen € auf. Alles darüber wird als Großbetrieb bezeichnet. Abbildung 13 stellt die Einteilung der Unternehmen laut der Empfehlung der Europäischen Kommission zusammenfassend dar.

38

Abbildung 13: Einteilung KMU und Anzahl der Unternehmen in Österreich45

Zu den kleinen und mittleren Unternehmen gehören daher alle Unternehmen, welche weniger als 250 Personen beschäftigen und deren Umsatz kleiner als 50 Millionen € ist. Eine Aufstellung mit Bilanzstichtag 30.06.2014 zeigt, dass von 10.648 österreichischen Betrieben insgesamt 98,7 % den KMU zuzurechnen sind. Die Statistik zeigt weiters einen deutlichen Überhang von Kleinst- und Kleinbetriebe, es fallen immerhin 89,0 % der erfassten Unternehmen in diese Kategorie.

45 KMU Forschung Austria, Potenzialanalyse Bauwirtschaft, Bauforschung 2020, Studie zum branchenspezifischen Forschungsbedarf, März 2016, Seite 7

39

3 Status quo der Digitalisierung im Bauwesen

Die Digitalisierung stellt sich als einer der globalen Megatrends dar, der langfristig Auswirkungen auf die Wirtschaft generell und die die Bauwirtschaft im Speziellen hat. Neben der Digitalisierung haben auch weitere Megatrends Einfluss auf die Bauwirtschaft oder stehen mit dieser in direktem Zusammenhang. Die größten Auswirkungen auf das Bauwesen haben demnach die fortschreitende Globalisierung, die stetige Urbanisierung, die zunehmende Mobilität, die Individualisierung der Arbeits- und Lebensmodelle sowie die Nachhaltigkeit.46

Nachfolgend werden die wesentlichen Trends im Bauwesen ausgeführt, aktuelle wissenschaftliche Studien und deren Ergebnisse dargestellt und so der Status quo der Digitalisierung im Bauwesen erhoben. Anschließend wird auf die Digitalisierung in der akademischen Lehre und die aktuelle Normung in Österreich eingegangen.

3.1 Einleitung

„93 % der Akteure der Bauindustrie stimmen zu, dass die Digitalisierung die Gesamtheit der Prozesse beeinflussen wird.“47

Betrachtet man mannigfach vorliegende Studien zu Trends in der Bauwirtschaft, findet man durchaus ähnliche (vergleiche Kapitel 2.1.1) Megatrends zur digitalen Transformation der Wirtschaft.

Abbildung 14: Trendradar der Bauwirtschaft48

46 Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Visionen auf längere Sicht, Schrift 02, Jänner 2017, Seite 5 47 Berger, Roland: Digitalisierung der Bauwirtschaft, Der europäische Weg zu „Construction 4.0“, Studie, Juni 2016, Seite 2

40

Thomas Baumanns et al. Erarbeiten in ihrer Studie ein Trendradar der Bauwirtschaft. Dabei werden einzelne Trends erhoben, einem zugehörigen Megatrend zugeordnet, nach Relevanz für das Bauwesen und der Verbreitung bzw. aktueller Umsetzung eingeteilt (siehe Abbildung 14). Dabei werden die Relevanz von BIM, virtuellen Projekträumen, Apps und Smart Home als hoch eingestuft, die Umsetzung allerdings nur mit mittel bis niedrig eingeschätzt. Der 3D-Druck hat eine mittlere bis hohe Relevanz für das Bauwesen, die Umsetzung ist aber derzeit noch mit niedrig zu bezeichnen. Bei Smart Construction werden die Auswirkungen auf die Baubranche mit niedrig bis mittel geschätzt, auch ist hier die Verbreitung noch gering. Als übergeordnete Megatrends werden Nachhaltigkeit, Digitalisierung/Technologie, Urbanisierung, demografischer Wandel und „Sonstige“ definiert.

In Tabelle 1 wird der aktuelle Stand der Technik und die aktuellen Anwendungen der Digitalisierung in Form von Überbegriffen den einzelnen Bauprojektphasen zugeordnet. Die derzeitigen Vor- und Nachteile der jeweiligen Technologien werden dargestellt.

Tabelle 1: Einteilung der Überbegriffe Digitalisierung49

Stand der Technik – aktuelle Anwendung

Ent

wic

klun

g &

Pl

anun

g

Building Information Modeling

+: vollständige und interdisziplinäre Planung, frühzeitige Erkennung von möglichen Komplikationen, Dateninformation für spätere Nutzung

-: Mehraufwand im Planungsprozess, keine Schnittstellen und Standards, offene Rechtsfragen

Vorp

rodu

ktio

n &

Hers

tellu

ng Computerized Numerical Control - Fertigung

+: individuelle Serienproduktion, Detaillösung im Werk, Just-in-Time Lieferung, kurze Montagezeiten, hochwertige Qualität

-: erhöhte Planungskosten, weite Transportwege, erhöhte Investitionskosten für Abbundanlagen

Rea

lisie

rung

& A

usfü

hrun

g Mobile Endgeräte

+: ständiger Zugriff, rasche Dokumentation und Erfassung, jederzeit aktuell, vielseitiger Einsatzbereich

-: baustellentaugliche Technik, Umsetzung auf Baustellen, ständige Überwachung

Drohnen – unbemannte Flugobjekte

+: unzugängliche Arbeitsumgebungen, programmierte Flugwege, kollektive Schwarmfunktion

-: Rechtsfragen offen, begrenzte Hubkraft, zusätzliches Fachpersonal

48 Baumanns, Thomas; et al.: Bauwirtschaft im Wandel, Trends und Potentiale bis 2020, Studie HypoVereinsbank und Roland Berger, 2016, Seite 20 49 Adaptiert nach Graser T.; Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen, Bachelorarbeit, FH Oberösterreich, Juli 2017, Seite 11ff

41

Bet

rieb

&

Nutz

ung Die vorhandenen Technologien in dieser Phase sind derzeit in Entwicklung und

erlauben daher keine abschließende Evaluierung.

Ern

euer

ung

& R

ückb

au Datenbank sämtlicher Gebäudematerialien (Trennung von Gebäudeschichten)

+: Berücksichtigung verschiedener Lebensspannen der einzelnen Baustoffe, erleichterte Trennung und Wiederverwendung bei Abriss (Urban Mining)

-: erhöhter Planungsaufwand, Unterscheidung der Schichtebenen trotz Verbund

3.2 Wissenschaftliche Studien

3.2.1 Studie: IT-Trends in der Baubranche 2016

Ergänzend zu der eingangs erwähnten Studie von Thomas Baumanns et al. kommt die von BRZ – Spezialist für Organisation und Bauinformatik in Deutschland im Jahre 2016 durchgeführte Studie zu ähnlichen Ergebnissen.

Die Studie gründet auf einer telefonischen Befragung von 407 Personen aus den Bereichen Bauplanung und -ausführung. Bei der Planung wurden Investoren (private und öffentliche Auftraggeber), Planer/Architekten und Fachingenieure befragt. Die Bauausführenden sind im Hoch- und Tiefbau, sowie Straßenwesen aktiv.50

Abbildung 15: Zusammensetzung der Stichprobe bzw. Projektgröße51

Die wesentlichen Erkenntnisse der BRZ-Studie werden nachfolgend in einer gekürzten Fassung wiedergegeben.

Im Zuge der BRZ-Studie werden sechs Trends identifiziert, welche die bereits genannten Megatrends widerspiegeln. Diese sind:

50 BRZ, Organisation und Bauinformatik: IT-Trends in der Baubranche 2016, Status quo und Perspektiven, 2016 51 BRZ, Organisation und Bauinformatik, 2016, Seite 4

42

• Mobilität

• IT-Sicherheit

• Soziale Netzwerke

• Cloud Computing

• Building Information Modeling (BIM)

• Virtueller Projektraum Bei der Erhebung der Ausgangssituation wurde festgestellt, dass rund ein Drittel der Befragten die mobile Vernetzung von Mitarbeitern, Niederlassungen und Partnern nutzt. Wobei bei Planern/Architekten die Vernetzung mit 42 % bereits am stärksten ausgeprägt ist.

In Bezug auf das Budget für IT stellt die Studie fest, dass die Bereitschaft in IT zu investieren bei der mittelständischen Baubranche gering ist. Nur rund 16 % erwarten eine Erhöhung der Budgets. Die BRZ-Studie stellt hier fest, dass sich die Bereitschaft in IT zu investieren zum Vergleichsjahr 2012 kaum verändert hat (trotz allgemeiner Diskussion um die Digitalisierung). 61 % aller Befragten geben an, externe IT-Dienstleistungen zu beziehen. Das Meinungsbild der Facility-Manager geht aufgrund der Stichprobenzusammensetzung nicht in die Ergebnisse mit ein, wäre in diesem Zusammenhang aber auch von Interesse.

Abbildung 16: Externe IT-Dienstleistungen (offene Abfrage)52

Als ein „Megatrend“ wird in der vorliegenden BRZ-Studie Mobilität genannt. Darunter wird die orts- und zeitunabhängige Verfügbarkeit von Programmen, Informationen und Daten verstanden. Diese Mobilität hat sich in vielen Branchen bereits durchgesetzt und gewinnt auch für die Baubranche zunehmend an Bedeutung. Auffallend ist, dass die Nutzung mobiler Geräte im Tagesgeschäft mit der Unternehmensgröße zunimmt. Die häufigsten Anwendungen von mobilen Lösungen bei ausführenden Unternehmen sind demnach die

52 BRZ, Organisation und Bauinformatik, 2016, Seite 7

43

Aufmaßerfassung, das Führen des Bautagebuchs, die Nachtragserfassung sowie das Erfassen von Mängeln und die Abnahme. Die mobile Erfassung von Arbeitsstunden ist noch nicht weit ausgeprägt (siehe Abbildung 17). Hohes Effizienzsteigerungspotenzial wird im digitalisierten Management von Material und Geräten auf der Baustelle gesehen. Aus Überlegungen zum Sicherheitsrisiko und Datenschutz, wird BYOD („Bring your own device“) kritisch gesehen. Die Nutzung von privaten Geräten für dienstliche Zwecke ist vorwiegend bei kleinen Unternehmen verbreitet.

Als weiterer Trend wird die IT-Sicherheit identifiziert. Für fast alle befragten Unternehmen ist die IT-Sicherheit ein zentrales Thema. Ein deutlicher Unterschied ist bei der Art der Schutzmaßnahmen erkennbar, 96 % der Befragten ergreifen technische Sicherheitsmaßnahmen, nur 36 % zusätzlich organisatorische Maßnahmen (z. B. Mitarbeiterschulungen). Das liegt wahrscheinlich an der relativ geringen Zahl von Sicherheits-Vorfällen. Cyber-Kriminalität spielt derzeit in der Baubranche eine untergeordnete Rolle. Mit Abstand am häufigsten wird von Malware-Befall berichtet, Hackerangriffe und Datenklau waren deutlich seltener. Als größtes bestehendes Risiko werden die „eigenen Mitarbeiter“ identifiziert, welche durch Unwissenheit, Unsicherheit oder Nachlässigkeit leicht abzuwendende Angriffe verursachen können. Ein entsprechender Schutz des Unternehmens ist daher nur durch technische und organisatorische Maßnahmen gegeben.

Soziale Netzwerke spielen bei den befragten Unternehmen kaum eine Rolle, nur 14 % verwenden sie zur Kommunikation oder zum Wissensaustausch. Die meisten Befragten geben an, diese selbst in Zukunft nicht nutzen zu wollen. Am ehesten werden soziale Netzwerke von Planern und Architekten genutzt. Bauausführende Unternehmen nutzen soziale Netzwerke am häufigsten für Werbezwecke. Für die Generierung von Vorteilen bedarf es aber eines stimmigen Konzeptes.

Die Bekanntheit von Cloud-Computing ist groß, allerdings ist der Einsatz von Cloud-Computing noch nicht weit verbreitet. Am öftesten werden Cloud-Dienste von Architekten und Planern genutzt. Als mögliche Vorbehalte werden die Kosten, die Sicherheit und die rechtlichen Grundlagen zur Nutzung entsprechender Dienste identifiziert. Generell spielt die Unternehmensgröße für den Einsatz eine untergeordnete Rolle. Es setzen sowohl kleine, als auch große Unternehmen Cloud-Computing ein. Bauausführende Unternehmen stufen die Wichtigkeit dieser Trends höher ein als planende Unternehmen. Bei öffentlichen Auftraggebern gibt es die Bereitschaft Cloud-Computing in Zukunft einzusetzen.

Chancen liegen in der jederzeitigen Verfügbarkeit von Daten, automatischen Datensicherung, den kalkulierbaren Kosten, der schnelleren Kommunikation und den effizienteren Prozessen. Cloud-Computing stellt damit die Basis für virtuelle Projekträume und Building Information Modeling dar.

44

Abbildung 17: Einsatzbereiche mobiler Geräte in der Bauausführung53

Building Information Modeling (BIM) wird in Deutschland durch die politischen Verantwortungsträger engagiert vorangetrieben. Dazu werden vier Pilotprojekte der öffentlichen Hand initiiert. Ausgehend davon wird in der BRZ-Studie festgestellt, dass die Bekanntheit von BIM in der Branche zugenommen hat. 70 % der Befragten kennen BIM, wobei die Bekanntheit bei Bauplanern höher ist als bei ausführenden Unternehmen. 23 % jener, die die Methode kennen, setzen sie auch ein. Der häufigste Einsatz erfolgt momentan bei Planern und Architekten. Aber auch private Auftraggeber scheinen die Vorteile der Methode erkannt zu haben und setzen sie bereits häufig ein.

Abbildung 18: Nutzung von BIM nach Branchenzweig54

53 BRZ, Organisation und Bauinformatik, 2016, Seite 11

45

Bei den bauausführenden Unternehmen korreliert die Bekanntheit von BIM mit der Unternehmensgröße. Je größer das Unternehmen, desto größer die Bekanntheit von BIM. Der Einsatz wiederum hängt allerdings nicht direkt mit der Unternehmensgröße zusammen. BIM wird vorwiegend von mittelgroßen Hochbau-Unternehmen eingesetzt.

53 % aller Befragten schätzen den Trend BIM als wichtig bzw. sehr wichtig ein. Als große Vorteile werden die effizienten Prozesse und die Optimierung der Zusammenarbeit erkannt. Die Bauablaufplanung, Kostenplanung und die Transparenz werden ebenfalls als Vorteile gesehen. Uneinigkeit herrscht bezüglich der Zeitersparnis. Bauausführende Unternehmen sehen hier Vorteile durch BIM, wohingegen planende Unternehmen eher eine gegensätzliche Einschätzung vertreten.

Abbildung 19: Nutzen von BIM55

Virtuelle Projekträume und Plattformen erfreuen sich besonders bei planenden Unternehmen größerer Bekanntheit (69 %). Immerhin 39 % der bauausführenden Unternehmen wissen darüber Bescheid. Virtuelle Projekträume kommen relativ häufig zum Einsatz, wobei das Einsatzgebiet derzeit vor allem bei großen Hochbau-Unternehmen liegt. Die Plattformen werden von Bauherrn zur Verfügung gestellt und betrieben.

In Zukunft werden virtuelle Projekträume an Bedeutung gewinnen, da durch deren Einsatz die Arbeitsabläufe optimiert werden können. Ein reibungsloser Datenaustausch, eine unternehmensübergreifende Kommunikation, effiziente Planverwaltung und Archivierung sind die Folge. Um eine strukturierte Kommunikation sicherzustellen, müssen individuelle Zugriffsrechte erteilt werden und die Informationen im Projektraum auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Werden die Beteiligten grundsätzlich nach den wichtigsten Trends der Baubranche gefragt, werden nahezu in einem „Atemzug“ Wohnungsbau und Digitalisierung genannt. Im Zuge der

54 BRZ, Organisation und Bauinformatik, Seite 26 55 BRZ, Organisation und Bauinformatik, 2016, Seite 27

46

Umfrage wird klar, dass die Befragten unter Digitalisierung teilweise unterschiedliche Dinge verstehen. So versteht etwa die Hälfte der Befragten unter Digitalisierung die papierlose Verwaltung. Weiters werden mit Digitalisierung die Dokumentation und der digitale Datenaustausch bezeichnet (vergleiche Abbildung 20).

Abbildung 20: Wichtigste Trends in der Baubranche56

Der Bedarf an Digitalisierung scheint gerade in der Bauplanung sehr groß zu sein, zwei Drittel der Befragten sehen dieses Erfordernis gegeben. Speziell wird hier digitale Unterstützung bei der Erstellung von Plänen und der Durchführung und Validierung von Planläufen erwartet. In der Bauausführung wird der Digitalisierungsbedarf deutlich niedriger eingeschätzt, nur rund 36 % der Befragten sehen diesen als gegeben. Im Betrieb wird der Digitalisierungsbedarf mit 42 % angesehen.

Basierend auf internationalen Studien ergibt sich, dass in Österreich 49 % der bauausführenden Unternehmen BIM noch bei keinem ihrer Projekte eingesetzt haben. In England haben im Vergleich nur 16 % der bauausführenden Unternehmen noch nie mit BIM gearbeitet.57

56 BRZ, Organisation und Bauinformatik, 2016, Seite 33 57 World Economic Forum: Shaping the Future of Construction, A Breakthrough in Mindset and Technology; in collaboration with The Boston Consulting Group, Mai 2016

47

Abbildung 21: Was wird mit Digitalisierung assoziiert?58

In der Baubranche besteht mittlerweile Einigkeit darüber, dass die Digitalisierung eine Chance zur Steigerung der Effektivität entlang der gesamten Wertschöpfungskette eröffnet. Roland Berger führt die zögerliche Produktivitätsentwicklung in der Bauwirtschaft in Deutschland auf eine hinterherhinkende Umsetzung der Digitalisierung zurück. Die Bauwirtschaft hat in den letzten zehn Jahren eine Produktivitätssteigerung von nur 4,1 % erreicht, die gesamte deutsche Wirtschaft hingegen vollzog eine Steigerung von 11 %.

3.2.2 Studie: Digitalisierung der Bauwirtschaft 2016

In der vorliegenden Studie werden für eine Digitalisierungsoffensive im Bauwesen vier Hebel definiert, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette Anwendung finden sollen (von der Beschaffung, über die Logistik, Produktion/Bauausführung, Marketing und Vertrieb bis zum Endkundenmanagement). Die Hebelwirkungen sind unterschiedlich stark ausgeprägt. So wird im Bereich der Logistik das größte Potenzial in der digitalen Erhebung und Auswertung von Daten gesehen, wohingegen in der Bauausführung der Schwerpunkt in der Automation gesehen wird.

58 BRZ, Organisation und Bauinformatik, 2016, Seite 34

48

Abbildung 22: Bereiche mit dem höchsten Digitalisierungspotenzial59

Die Umfrage kommt – ähnlich der vorgenannten BRZ-Studie (siehe Kapitel 3.2.1) – auch zum Schluss, dass das Tablet als Arbeitsgerät im Bauwesen noch nicht so weit verbreitet ist, wie vermutlich angenommen wird.

Als größte Potenziale der Digitalisierung werden in der Studie nachstehende Aspekte festgehalten:

• BIM

• Digitale Ausschreibung

• Digitale Plattformen zur Beschaffung

• Intelligente Baustellenlogistik („just in time-Lieferungen“, IoT, kommunizierende Maschinen, RFID)

• Drohnen und Roboter (3D-Laserscanning, Bauroboter, 3D-Druck)

• Digitalisierung der Produktion von Bauzulieferunternehmen (insbesondere Baustoffherstellung)

• Digitaler Vertrieb als direktes Service Als Ergebnis aller vorliegenden Umfragen und Studien kann zusammengefasst werden, dass die Baubranche bisher keine einheitliche Auffassung hinsichtlich der Anforderungen, Chancen und Risiken der Digitalisierung hat. Oft wird der Begriff Digitalisierung als Synonym für BIM verwendet. BIM ist aus Sicht der Autoren ein wesentlicher Teil der Digitalisierung, aber nicht allumfassend.

3.2.3 Befragung bei den achten Wiener Gesprächen 2016

Die ersten Erhebungen im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojekts wurden bei den, durch das Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement veranstalteten 8. Wiener Gesprächen – Wissenschaft und Bauwirtschaft an der TU Wien durchgeführt. Im Rahmen der Veranstaltung wurden die Teilnehmer nach ihrer Einschätzung bezüglich BIM befragt.

59 Berger, Roland, Juni 2016, Seite 6

49

Die Teilnehmergruppe setzt sich gemäß Abbildung 23 aus Bauherren, Konsulenten, Ausführenden und sonstigen Disziplinen zusammen.

Abbildung 23: Zusammensetzung der Befragten und Informationsstand über BIM

Die Auswertung zeigt, dass sich ungefähr zwei Drittel der Befragten „etwas“ über BIM informiert fühlen und nur ein Bruchteil tatsächlich schon damit gearbeitet hat. Die Erhebung bestätigt demnach die vorliegenden Studien, die besagen, dass das Interesse und der Informationsstand bezüglich BIM wachsen, es in der Praxis aber noch nicht durchgängig zur Anwendung kommt.

Abbildung 24: Auswirkungen von BIM und Digitalisierung

50

Gefragt nach den Veränderungen in der Projektabwicklung durch BIM und die zunehmende Digitalisierung geben die Befragten an, dass sie vorwiegend positive Auswirkungen erwarten (vergleiche Abbildung 24). Dabei wird entsprechendes Potenzial speziell für den Planungsprozess erkannt, hier meinen 97 % der Teilnehmer, dass sich durch die zunehmende Digitalisierung Verbesserungen einstellen werden. Selbst in der Bauausführung und dem Betrieb sind über drei Viertel der Befragten der Ansicht, dass die Digitalisierung einen günstigen Einfluss auf die Bauprojektabwicklung haben wird.

Um die Einschätzung der Befragten zum Thema BIM näher zu erheben, wurden ausgewählte Statements zu BIM postuliert (siehe Abbildung 25). In der Auswertung wird ersichtlich, dass sich die Teilnehmer von BIM speziell Vorteile bei der Dokumentation und Nachweisführung versprechen (über 90 % stimmten der Aussage zu). Darüber hinaus glauben über zwei Drittel der Befragten, dass BIM den partnerschaftlichen Umgang zwischen den Projektbeteiligten fördert. In etwa die gleiche Anzahl meint, dass BIM Wettbewerbsvorteile für große Unternehmen schafft und hohe Investitionskosten nach sich zieht. Das Statement wonach durch den Einsatz von BIM Konflikte gelöst werden, teilt nur die Hälfte der Befragten. 50 % der Befragten glauben, dass die Beteiligten am Bau dadurch überfordert werden. Positiv fällt in der Auswertung auf, dass obwohl erst vier Prozent der Befragten effektiv mit BIM gearbeitet haben, es trotzdem nicht als reines Marketinginstrument wahrgenommen wird. Mehr als die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass BIM nicht nur für Großprojekte zum Einsatz kommen wird.

Abbildung 25: Statements zu BIM

51

3.2.4 Weiterführende Studien

Zusätzlich zu den bereits behandelten Studien (siehe Kapitel 3.2.1 bis 3.2.3), wurden für die vorliegende Studie noch folgende Literaturquellen analysiert:

• Amann, Wolfgang; Ramaseder, Stefan: Forschungsbedarf in der Bauwirtschaft – eine Potenzialanalyse, Studie, November 2005

• Baumanns, Thomas; et al.: Bauwirtschaft im Wandel, Trends und Potenziale bis 2020, Studie HypoVereinsbank und Roland Berger, 2016

• Berger, Roland: Digitalisierung der Bauwirtschaft, Der europäische Weg zu „Construction 4.0“, Studie, Juni 2016

• Berger, Roland; IE.F: Deutschland digital, Sieben Schritte in die Zukunft, Studie Internet Economy Foundation (IE.F) und Roland Berger, undatiert

• Julius Raab Stiftung: Innovation und digitaler Wandel; Das Meinungsbild der österreichischen Unternehmer, November 2015

• KMU Forschung Austria: Potenzialanalyse Bauwirtschaft, Bauforschung 2020, Studie zum branchenspezifischen Forschungsbedarf, März 2016

• Nagl, Wolfgang; Titelbach Gerlinde; Valkova Katarina: Digitalisierung der Arbeit: Substituierbarkeit von Berufen im Zuge der Automatisierung durch Industrie 4.0, Institut für höhere Studien, Januar 2017

• World Economic Forum: Shaping the Future of Construction, A Breakthrough in Mindset and Technology; in collaboration with The Boston Consulting Group, Mai 2016

3.3 Digitalisierung in der akademischen Forschung und Lehre

Fachpersonal mit Wissen und fundierten Fähigkeiten im Umgang mit Digitalisierungsprozessen – vor allem Building Information Modeling – sind zukünftige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung von Bauprojekten. Es herrscht daher eine zunehmende Nachfrage an sogenannten BIM-Experten in der Bauwirtschaft. Der Mangel an fachkundigen Personen gehört neben der Interoperabilität von Softwareprogrammen zu den größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Building Information Modeling bzw. des digitalen Bauprojektes. Die Universitäten und Fachhochschulen sind daher (gemeinsam mit der Wirtschaft) in der Verantwortung, Themen zur Digitalisierung im Bauwesen im Lehrplan einzubetten.

Die Anforderungen an die Bauingenieurausbildung sind vielseitig und komplex. Building Information Modeling beinhaltet zahlreiche Aspekte des Bauwesens, welche aus Sicht der Autoren in drei Kategorien gegliedert werden können:

• Technologie Für die Abwicklung von Projekten mit BIM sind zunächst die technischen Aspekte, sprich der Umgang mit der BIM-Technologie selbst, zu beherrschen. Dazu gehört die Fähigkeit des eigenständigen Generierens von digitalen Gebäudemodellen. Es

52

müssen geometrische Objekte modelliert werden und technische Bauwerksinformationen hinterlegt werden.

• Prozesse Building Information Modeling ist nicht nur die Anwendung von Software, sondern ist ein neuer integraler Arbeitsprozess. Deshalb ist die Lehre von BIM als Prozess wichtig. Zu diesem Themengebiet zählen unter anderem die Bauprozessbegleitung, das Änderungsmanagement sowie die Verwaltung und der Austausch von Informationen.60 Es wird vor allem darauf ankommen, dass systematisch „gedacht“ werden muss. Komplexe Sachverhalte müssen entsprechend analysiert und nach tragfähigen Lösungen muss gesucht werden.

• Menschliche Aspekte Bei Building Information Modeling arbeiten viele verschiedene Personen aus unterschiedlichen Gewerken auf einem Modell zusammen. Das Teamwork und die Kommunikation aller Projektbeteiligten ist für eine erfolgreiche Umsetzung eines BIM-Projekte genauso bedeutend wie die Prozesse und Technologie selbst.

Diese drei Themenbereiche wiederum beschreiben als Oberbegriffe jene Ziele, die in der Lehre mithilfe von BIM verfolgt werden müssen.61 Die schnelle dynamische digitale Welt stellt dabei für die universitäre Ausbildung eine große Herausforderung dar. Neue Technologien und Arbeitsprozesse werden in immer kürzeren Zeitabschnitten entwickelt. Die Lehrpläne beziehungsweise das Curriculum müssen daher ebenfalls häufiger und schneller an die Anforderungen der Bauindustrie angepasst werden.

3.3.1 Lehre an der TU Wien

Seit einigen Jahren wird BIM an der TU Wien - insbesondere im Forschungsbereich Industriebau und Interdisziplinäre Bauplanung unter der Leitung von Univ.Prof. Dipl.-Ing. Achammer und Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Iva Kovacic - in den Lehrbetrieb eingebaut, unter anderem im sogenannten Integrated Design Studio (IDS). Die an dieser Lehrveranstaltung teilnehmenden Projektteams bestehen aus Studierenden der Studienrichtung Architektur, Bauingenieurwesen und Master of Building Science, welche gemeinsam ein Bauprojekt erstellen und dabei disziplinspezifische BIM-Werkzeuge für die Modellierung der Architekturmodelle, FEM-Analyse oder thermische Gebäudesimulation nutzen.

Aufbauend auf den Integrated Design Studios, als multidisziplinären Lehrveranstaltungsplattformen, werden im neuen Studienplan (ab dem Wintersemester 2017) der Fakultät für Bauingenieurwesen zwei neue BIM-relevante Lehrveranstaltungen mit integralem Planungsansatz verankert.

60 Badrinath, A.; Chang, Y.-T.; Hsieh, S.-H. Seite 5 61 NGO, M. H. UK Construction Industry’s responses to Goverment Construction, Seite 5

53

Planungsprozesse mit BIM (Teil des Moduls „Interdisziplinäre Ausbildung“ im Masterstudium)

Diese Lehrveranstaltung (VU – Übung mit begleitender Vorlesung) ist verpflichtend für alle Studierende des Masterstudiums. In Teamarbeit erarbeiten die Studierende ein Konzept für ein industrielles Gebäude und berücksichtigen dabei funktionale, konstruktive und produktionstechnische Anforderungen. Dabei ist ein BIM-Modell zu erstellen, welches als Grundlage für die Berechnung des Tragwerks und der Kosten genutzt wird. In der begleitenden Vorlesung werden die Studierenden mit den gängigen BIM-Normen, -Levels und -Werkzeugen für die Qualitätskontrolle (z. B. Solibri) vertraut gemacht.

Integrated BIM Design Lab (Vertiefungsrichtung „Bauprozessmanagement“ im Masterstudium)

Diese Lehrveranstaltung baut auf dem vorher beschriebenen IDS auf. Die Studierenden der Studienrichtung Bauingenieurwesen arbeiten hier mit Studierenden der Studienrichtung Architektur zusammen. Dabei werden in integraler Weise Projekte konzipiert, modelliert und unter Verwendung von unterschiedlichen Werkzeugen optimiert; wie BIM, RFM-Analysewerkzeuge und einer thermischen Gebäudesimulation. Der Fokus liegt auf der Vermittlung der Modellierungskonventionen und des interdisziplinären Datenaustauschs, aber auch auf einer gemeinsamen Konzeptentwicklung und Optimierung.

Zukunftsfragen des Baubetriebs (Masterstudium)

In dieser Lehrveranstaltung stellen Experten aus der Wirtschaft innovative zukunftsweisende Technologien und Arbeitsläufe vor. Ziel dieser Lehrveranstaltungen ist es, neue Technologien im Bauwesen sowie in der stationären Industrie vorzustellen und die Vernetzung der wissenschaftlichen Ausbildung mit der Praxis zu intensivieren.

Zusätzliche Lehrveranstaltungen

Neben den eigenständigen BIM-Lehrveranstaltungen im Masterstudiengang werden in den Lehrveranstaltungen Grundlagen des Baubetriebs und Bauprozessabwicklung 1 und 2 die Grundlagen von Building Information Modeling vermittelt. Um die erforderliche Praxisnähe in der Lehre dauerhaft zu gewährleisten, werden in diesen Vorlesungen Vorträge von Experten, welche die Digitalisierungstechnologien in ihrer beruflichen Tätigkeit anwenden, eingebaut.

3.3.2 Forschungsschwerpunkte an der TU Wien

Das Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement an der TU Wien, Forschungsbereich Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik unter der Leitung von Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Gerald Goger hat für sich folgende Forschungsschwerpunkte im Bereich Digitalisierung im Bauwesen definiert:

• Datenbasierte Modellierung, Simulation und Optimierung von Bauprozessen

• Wissensmanagementsysteme zur Auswahl von Bauverfahren und Baumethoden

54

Der Forschungsbereich bietet auf Basis der genannten Forschungsschwerpunkte zahlreiche Bachelor-, Dissertations- und Diplomarbeitsthemen an, welche hier beispielhaft angeführt werden:

• Digitale Prozessunterstützung im Asphaltstraßenbau

• Datenmonitoring bei DSV und bei Injektionen

• Building Information Modeling in der akademischen Lehre

• Effizienzsteigerungen durch Digitalisierung in der Bauausführung

• BIM in der Arbeitsvorbereitung von Baustellen

• Empfehlungen für eine zeitgemäße Ausbildung des Bauingenieurs im Zeitalter der Digitalisierung

• Bedarfsanalyse am österreichischen Markt für den Einsatz eines elektronischen Bautagesberichts

• Wissensmanagementsysteme für den Baubetrieb

• Digitale Prozessunterstützung im Asphaltstraßenbau Die Forschungsschwerpunkte des Forschungsbereichs Industriebau und Interdisziplinäre Bauplanung umfassen die Erzielung einer nachhaltig bebauten Umwelt durch integrale Planung, das Fördern multidisziplinärer Zusammenarbeit ab der Entwurfsphase und die Berechnung von Lebenszykluskosten. Die integrale Planung basiert auf quantitativen und qualitativen Methoden. Zu den qualitativen Methoden zählen die Kommunikation, das Vernetzen und das intensive Auseinandersetzen mit dem Designprozess. Als quantitative Methoden werden die ökologische Lebenszyklusanalyse, die Lebenszyklusberechnung und die verschiedenen Gebäudezertifizierungen angesehen. Als wichtigstes Werkzeug der integralen Planung und der Berechnung der Lebenszykluskosten wird BIM eingesetzt, dementsprechend ist der Forschungsbereich aktiv an der Digitalisierung der Baubranche beteiligt.

Der Forschungsbereich bietet auf Basis der genannten Forschungsschwerpunkte zahlreiche Bachelor-, Dissertations- und Diplomarbeitsthemen an, welche hier beispielhaft angeführt werden:

• Vertrags- und Abwicklungsmodelle für Bau- und Infrastrukturprojekte in der Halbleiterindustrie (in Kooperation mit Infineon)

• Ökologische Gebäudeevaluierung in BIM-Umgebung während der frühen Entwurfsphase

• Optimierte Nachverdichtung durch BIM- und LCA-Tools

• Innovation im Projektentwicklungsprozess durch den Einsatz von Building Information Modeling

• Evaluierung von BIM-Prozessen für die Infrastrukturprojekte

• Modernisierungsszenarien der Baubewilligungsverfahren in Wien unter Berücksichtigung neuer technologischer Hilfsmittel

• Verschwendungsfaktoren im aktuellen Planungs- und Bauprozess

55

3.3.3 Wissenschaftliche Lehre in Österreich

Neben der Technischen Universität Wien bieten in Österreich die Technische Universität Graz und die Universität Innsbruck Studien im Fachbereich Bauingenieurwissenschaften an. Zahlreiche Fachhochschulen in Österreich ermöglichen Studenten ebenfalls eine Aus- und Weiterbildung in Bauingenieurwissenschaften. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die derzeit angebotenen Digitalisierungs- bzw. BIM-Lehrveranstaltungen an den technischen Universitäten und Fachhochschulen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben.

Tabelle 2: Überblick über BIM-Lehrveranstaltungen in Österreich (Stand 2016)

Universität Studiengang Stufe Lehrveranstaltung Art

TU Wien Bauingenieurwesen Msc Planungsprozesse mit BIM

Pflicht

TU Wien Bauingenieurwesen Msc Integrated BIM Design Lab

Wahl

TU Wien Bauingenieurwesen Msc Zukunftsfragen des Baubetriebs

Wahl

TU Graz Bauingenieurwissenschaften und Wirtschaftsingenieurwesen

Bsc Building Information Modeling

Wahl

TU Graz Wirtschaftsingenieurwesen-Bauwesen

Msc Building Information Modeling 1

Wahl

TU Graz Wirtschaftsingenieurwesen-Bauwesen

Msc Building Information Modeling 2

Wahl

Universität Innsbruck

Bauingenieurwissenschaften Msc BIM – 5D-Planung und Gebäudemodellierung

Wahl

Universität Innsbruck

Bau- und Umweltingenieur-wissenschaften

Bsc Projektmanagement und interdisziplinäres Planen 1

Pflicht

FH Campus Wien

Bauingenieurwesen – Baumanagement

Bsc CAD Pflicht

FH Campus Wien

Bauingenieurwesen – Baumanagement

Msc Building Information Modeling

Pflicht

FH Campus Wien

Bauingenieurwesen – Baumanagement

Msc Grundlagen des BIM Managements

Wahl

FH Kärnten Bauingenieurwesen Bsc Building Information Modeling 1

Pflicht

FH Kärnten Bauingenieurwesen Bsc Building Information Modeling 2

Pflicht

FH Oberösterreich

Bauingenieurwesen im Hochbau

Bsc CAD II & Building Information Modeling

Pflicht

56

3.3.4 Wissenschaftliche Lehre an ausgewählten ausländischen Universitäten

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die angebotenen Digitalisierungs- bzw. BIM-Lehrveranstaltungen an ausgewählten technischen Universitäten und Fachhochschulen im Ausland. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit der Auflistung.

Tabelle 3: Überblick BIM-Lehre an ausgewählten Universitäten (Stand 2016)

Universität Studiengang Stufe Lehrveranstaltung

Deutschland

Bauhaus-Universität Weimar

Management (Bau Immobilien Infrastruktur)

Bsc Building Information Modeling

Bauhaus-Universität Weimar

Konstruktion Umwelt Baustoffe; Management (Bau Immobilien Infrastruktur)

Bsc Geometrische Modellierung und Technische Darstellung

Bauhaus-Universität Weimar

Bauingenieurwesen; Management (Bau Immobilien Infrastruktur)

Msc Weiterführende Aspekte des Building Information Modeling

Bauhaus-Universität Weimar

Bauingenieurwesen; Management (Bau Immobilien Infrastruktur)

Msc Baubetriebsseminar

Bauhaus-Universität Weimar

Bauingenieurwesen Msc Bauprozessmanagement in der Praxis

Bergische Universität Wuppertal

Architektur Bsc Seminar BIM Basics

Bergische Universität Wuppertal

Bauingenieurwesen Msc Bauproduktionssysteme und Bauprozessmanagement

FH Köln Bauingenieurwesen/Architektur Msc Construction and Real Estate Management

FH Köln Bauingenieurwesen Bsc Building Information Modeling: Grundlagen und ausgewählte Beispiele

FH Münster Bauingenieurwesen Msc Computer Aided Facility-Management

Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)

Bauingenieurwesen Bsc Building Information Modeling

Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)

Bauingenieurwesen Bsc 3D-CAD

Hochschule Bauingenieurwesen Bsc 3D-CAD

57

Magdeburg-Stendal (FH)

Hochschule Magdeburg-Stendal (FH)

Bauingenieurwesen Bsc Informatik im Bauwesen I

Hochschule für angewandte Wissenschaften - FH Coburg

Bauingenieurwesen Msc Bauen im Bestand und energetische Sanierung

Hochschule für angewandte Wissenschaften - FH Coburg

Bauingenieurwesen Msc Bauorganisation und Bauverfahren

Hochschule für angewandte Wissenschaften München

Bauingenieurwesen Bsc Baumanagement

Hochschule für Technik Stuttgart

Bauingenieurwesen Msc Bauinformatik

Hochschule für Technik Stuttgart

Bauingenieurwesen Bsc Baubetrieb - Bauwirtschaft 2

Hochschule für Technik Stuttgart

Bauingenieurwesen Bsc Baubetrieb - Bauwirtschaft 3

Hochschule Ostwestfalen Lippe

Bauingenieurwesen Bsc Projektstudium

Hochschule Trier Bauingenieurwesen Bsc Bauinformatik 2 – FEM

Hochschule Wismar

Bauingenieurwesen Msc Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung

Hochschule Wismar

Bauingenieurwesen Msc Planungsintegration / Building Information Modeling

HTW Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Bauingenieurwesen Bsc Integrierte Planungsmethoden Building Information Modeling

HTW Saar - Saarbrücken

Bauingenieurwesen Msc Vertiefungszweig BIM

Jade Hochschule Architektur - Ergänzungsseminar BIM - Theorie & Praxis

Jade Hochschule Bauingenieurwesen - IT-Projekt BIM

OTH Regensburg

Bauingenieurwesen Msc/Bsc Bim Datenbankorientiertes Konstruieren im

58

Bauwerksmodell

Ruhr Universität Bochum

Architektur Bsc Computer Aided Design

Ruhr Universität Bochum

Bauingenieurwesen Bsc Bauinformatik 2

RWTH Aachen Europäisches Baumanagement

Msc Bauen im virtuellen Raum

RWTH Aachen Bauingenieurwesen Bsc Wahlpflichtfach Building Information modeling in der Tragwerksplanung

Technische Hochschule Mittelhessen

Bauingenieurwesen Bsc Technisches Darstellen

Technische Hochschule Mittelhessen

Master International Building Project Management

Bsc Managing Information

Technische Universität München

Architektur Bsc Generierung und Simulation

TU Berlin Bauingenieurwesen Bsc Bauprozessmanagement in der Praxis

TU Darmstadt Bauingenieurwesen Bsc Angewandte Informatik

Universität Karlsruhe

Bauingenieurwesen Bsc Projekt Geometrische Modellierung und technische Darstellunng

Universität Kassel

Bauingenieurwesen Bsc Sanierungskosten

Universität Stuttgart

Bauingenieurwesen Bsc Spezialgebiete Baurecht/Bauwirtschaft

Universität Stuttgart

Bauingenieurwesen, Architektur

Bsc Grundlagen IT im Bauwesen und Dokumentenmanagement

Universität Stuttgart

Bauingenieurwesen, Architektur

Bsc Real Estate Management and Construction Project Management

Schweden

KTH Royal Institute of Technology

Civil and Architectural Engineering

Msc Architectural Engineering Project

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design

Bsc Architecture and Building Techniques

59

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design

Bsc Architecture, the Sketch Process

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design

Bsc BIM2, Design, Installation and Integrated Planning

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design / Science in Engineering in Built Environment

Msc BIM3, Design, Cost Estimation and Time Planning

KTH Royal Institute of Technology

Civil and Architectural Engineering / Real Estate and Construction Management

Msc Building Informatics and Logistics

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design / Engineering and Economic

Bsc Building Information Modeling

KTH Royal Institute of Technology

Civil and Architectural Engineering

Msc Building Service Technologies and Systems

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design

Bsc Building Services and Energy

KTH Royal Institute of Technology

Civil Engineering and Urban Management

Msc Project Management and BIM in the Built Environment

KTH Royal Institute of Technology

Construction Management Msc Structural Design

KTH Royal Institute of Technology

Constructional Engineering and Design / Engineering and Economics

Bsc Structure and Design

KTH Royal Institute of Technology

Civil and Architectural Engineering

Msc Sustainable Buildings - Concept, Design, Construction and Operation

Schweiz

Fachhochschule Nordwestschweiz

Bauingenieurwesen Msc Building Information Modelling

Hochschule Luzern

Bautechnik Bsc BIM (Building Information Modelling)

USA

Stanford University

Civil & Environmental Engineering

- Industry Applications of Virtual Design & Construction

60

Stanford University

Civil & Environmental Engineering

- Building Information Modeling Workshop

Stanford University

Civil & Environmental Engineering

- Building Information Modeling Special Study

Stanford University

Civil & Environmental Engineering

- Integrated Management of Fabrication and Construction

3.3.5 Schlussfolgerungen

Der immer stärker werdenden Bedeutung der Digitalisierung im Bauwesen wird bereits in den verschiedenen Lehrplänen in Österreich Rechnung getragen. Eine eigene Vertiefungsrichtung für Building Information Modeling wird derzeit im Gegensatz zu einigen ausländischen Universitäten aber noch nicht angeboten.

Voraussetzung für eine rasche und zielgerichtete Umsetzung von Digitalisierungsprozessen in Österreich liegt in der Identifikation von Forschungsschwerpunkten. Damit sollen Politik und Wirtschaft „unter Zugzwang“ gebracht werden, hier braucht es über konzentrierte und koordinierte Forschungsprojekte eine zielgerichtete Umsetzungsstrategie. Die aus den „Piloten“ gewonnenen Forschungsergebnisse sind in „Echtzeit“ in den Forschungs- und Lehrbetrieb zu implementieren. Dazu ist eine laufende Vernetzung von Wissenschaft und Praxis, sowie eine parallele Ausbildung von technischen Hardfacts und IT-getriebenen Softwareanwendungsmöglichkeiten notwendig.

Eine österreichweite Evaluierung und Bündelung sämtlicher Lehr- und Forschungsschwerpunkte zum Thema Digitalisierung im Bauwesen an den technischen Universitäten und Fachhochschulen ist erforderlich. Ein solcher Überblick an Forschungs- und Fachkompetenz würde zudem ineffiziente redundante Forschungen innerhalb Österreichs reduzieren.

3.4 Standardisierung und Normung

In diesem Kapitel wird auf die derzeit gültigen österreichischen Normen zum Thema Digitalisierung im Bauwesen eingegangen. Ein Überblick über die Standardisierungs- beziehungsweise Normungsbestrebungen in ausgewählten Ländern wird ebenfalls gegeben. Für genaue Details wird auf die jeweiligen Richtlinien und Normen in den einzelnen Staaten verwiesen.

3.4.1 Österreich - ÖNORM A 6241 Teil 1 und 2

Im Zuge dieser Studie konnte festgestellt werden, dass derzeit keine Bestimmungen im BVerG enthalten sind, welche die Nutzung von elektronischen Instrumenten zur Gebäudedatenmodellierung zwingend verlangen. Ein bestimmtes Datum, ab wann BIM bei öffentlich Ausschreibung zwingend verlangt wird, ist ebenfalls noch nicht vom Gesetzgeber beschlossen worden.

61

In der Normengruppe ÖNORM A 6241 werden die Standards für die digitale Modellierung zusammengefasst. Die ÖNORM A 6241-1 gilt als Nachfolgedokument zur ÖNORM A 6240-4. Die ÖNORM A 6241-2 beinhaltet alle Voraussetzungen für Level 3-iBIM.62

• ÖNORM A 6241-1 "Digitale Bauwerksdokumentation - Teil 1: CAD-Datenstrukturen und Building Information Modeling (BIM) - Level 2" Diese ÖNORM regelt die technische Umsetzung des Datenaustausches und der Datenhaltung von Gebäudeinformationen des Hochbaues und verwandter, raumbildender Konstruktionen des Tiefbaues, die während der Planung und im Zuge des lebenszyklischen Managements von Immobilien erforderlich sind, einschließlich der in diesen Gebäudemodellen enthaltenen alphanumerischen Daten. Die ÖNORM beinhaltet des Weiteren die wichtigsten Begriffe, Strukturen und Darstellungsgrundlagen. Sie legt die grundlegenden Techniken des Datentransfers zweidimensionaler CAD-Dateien und für das „Building Information Modeling“ (BIM) fest.

• ÖNORM A 6241-2 "Digitale Bauwerksdokumentation - Teil 2: Building Information Modeling (BIM) – Level 3-iBIM" Diese ÖNORM regelt die technische Umsetzung eines einheitlichen, strukturierten mehrdimensionalen Datenmodells für Bauwerke des Hochbaus und verwandter, raumbildender Konstruktionen des Tiefbaus, basierend auf dem Building Information Modeling (BIM) Level 3. Diese ÖNORM schafft des Weiteren Grundlagen für einen umfassenden, einheitlichen, produktneutralen, systematisierten Austausch von grafischen Daten und den zugehörigen Sachdaten auf Basis von IFC (Industrial Foundation Classes) und bSDD (buildingSMART Data Dictionary).

3.4.2 Standardisierung und Normung international

Europäische Union

Das europäische Parlament empfiehlt das Vergaberecht im Hinblick auf den Einsatz von computergestützten Methoden wie Building Information Modeling in der Europäischen Union zu modernisieren.63

Im Jahr 2015 wurde auf europäischer Ebene das Normungsgremium CENT/TC 442 „BIM“ gegründet. Das Komitee soll eine strukturierte Reihe von Normen und Berichten erarbeiten, darin sollen die Methodologien zur Definition, zur Beschreibung, zum Austausch, zur Überwachung und zur Aufzeichnung von Bestandsdaten (en: „asset data“) sowie zum sicheren Umgang mit solchen Daten, zur Semantik und zu Prozessen mit den entsprechenden Verknüpfungen mit Geodaten und anderen externen Daten festgelegt werden.64

62 https://www.austrian-standards.at/infopedia-themencenter/infopedia-artikel/building-information-modeling-bim/; Austrian Standards Institute, Building Information Modeling, abgerufen am 21.06.2017 63 Vgl. Alfons Oebbeke, ARCHmatic, 2014 64 https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nabau/europaeische-gremien/wdc-grem:din21:234153021, abgerufen am 24.07.2017

62

Dieses technische Komitee besteht aus vier Arbeitsgruppen:

• „Strategy and planning" (Sekretariat Großbritannien)

• „Exchange Information" (Sekretariat Deutschland)

• „Information delivery specification" (Sekretariat Österreich)

• „Data dictionary" (Sekretariat Frankreich) Österreich leitet die Arbeitsgruppe „Information delivery specification“, welche sich der zentralen Frage widmet „Wer liefert was, wann, in welcher Qualität und wer hat es zu prüfen?“.65

England (UK)

In England müssen öffentliche Aufträge seit Oktober 2016 in BIM ausgeschrieben und abgewickelt werden (Standard bzw. Norm: British BIM Standard BS 1192:X).

Norwegen66

In Norwegen verlangt die Baubehörde (Statsbygg) bei öffentlichen Bauprojekten den Einsatz von BIM auf Basis des IFC-Formats (Standard bzw. Norm: Statsbygg BIM Manuel 1.2.1).

Deutschland67

Der Stufenplan des BMVI zum Thema digitales Planen und Bauen plant den verpflichtenden Einsatz von BIM für alle neu zu planenden öffentlichen Infrastrukturprojekte ab 2020.

65 https://www.austrian-standards.at/infopedia-themencenter/infopedia-artikel/building-information-modeling-bim/; Austrian Standards Institute, Building Information Modeling, abgerufen am 21.06.2017 66 Fröch Georg, Vortrag Vorbereitung und Standardisierung von BIM am ASI Praxistag BIM, abgerufen am 13.09.2017 67 BMVI, Stufenplan Digitales Planen und Bauen, Seite 5

63

4 BIM-Softwarelösungen

Im Bauwesen gibt es eine Vielzahl an Teilsoftwarelösungen für Building Information Modeling. Die Grundlage der digitalen Gebäudemodellierung bildet dabei die dreidimensionale geometrische Modellierung von Objekten. Die Abbildung des Gebäudes als 3D-Volumenmodell erlaubt die Ableitung von konsistenten Schnitten und Grundrissen, das Durchführen von Kollisionsanalysen, die automatisierte Mengenermittlung sowie den Anschluss von Berechnungs- und Simulationsverfahren. Die Softwarelösungen, welche sich aus der Architekturplanung entwickelt haben, bilden in Projekten daher oftmals das Bindeglied zwischen verschiedenen Berechnungs-, Simulations-, Abrechnungs- und Terminsoftwares.68

4.1 BIM-Programme

Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die in der Praxis am häufigsten eingesetzten BIM-Softwarelösungen für Bauprojekte. Aufgrund der zahlreichen am Markt erhältlichen Inselsoftwarelösungen für die verschiedenen Gewerke besteht jedoch kein Anspruch auf Vollständigkeit der nachstehenden Auflistung.

Eine BIM-Software muss grundsätzlich in der Lage sein, dreidimensionale geometrische Objekte modellieren zu können. Building Information Modeling ist jedoch nicht nur eine 3D-Darstellung von geometrischen Daten von Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen, sondern muss zusätzlich den Objekten nicht geometrische Attribute (Kosten, Termine, Eigenschaften, etc.) zuweisen können, erst dann ist von einer BIM-Software zusprechen.

Die Softwarelösungen werden in folgende Kategorien unterteilt:

• Planung und Bauausführung

• Facility-Management

• Augmented Reality

• Datenmanagement

4.1.1 Planung und Bauausführung

BIM-Werkzeuge sollen Potenziale heben, indem sie die Integration der zurzeit hochsegmentierten Planungs- und Baupraxis unterstützen. BIM-Werkzeuge fördern die interdisziplinäre Zusammenarbeit, da das digitale Gebäudemodell den Datentransfer und Datenaustausch ermöglicht und als gemeinsame Wissens- und Datenbasis für Gebäudeplanung und -management entlang des Lebenszyklus dient.69 Jedoch besteht derzeit die Herausforderung einen etablierten und standardisierten Datenaustausch zwischen den einzelnen Softwares zu gewährleisten. Viele IT-Unternehmen bieten mittlerweile gewerkeübergreifende Softwarepakete an.

68 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 37 69 Penttilä, ITCON 11 Special Issue “The Effects of CAD on Building Form and Design Quality” (2006)

64

Die verschiedenen Gewerke in der Planung und Bauausführung spiegeln sich auch bei den verschiedenen Software-Tools wider. Die Tabelle 4 gibt einen Überblick über die im Bauwesen geläufigsten BIM-Softwarelösungen.

Die BIM-Software lässt sich in folgenden Gewerke gliedern:

• Architektur und Infrastruktur Die Architektur- und Infrastruktursoftware bildet die Grundlage für die Erstellung eines BIM-fähigen dreidimensionalen Gebäudemodells. Die Interoperabilität dieser Software mit anderen Produkten ist daher Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines BIM-Projekts.

• Haustechnik Die meisten BIM-Haustechniksoftwareprogramme haben sich auf eine Architektursoftware fokussiert (siehe Tabelle 4). Grundsätzlich besitzen aber alle aufgelisteten Haustechniksoftwares laut Hersteller eine IFC-Schnittstelle, wodurch ein Datenaustausch mit anderen Programmen möglich ist.

• Tragwerksplanung und FEM Mittlerweile können dreidimensionale Modelle aus Architekturprogrammen in die Berechnungssoftware von Tragwerksplanern übertragen werden, wodurch eine komplette Neumodellierung des Gebäudes für die statische Berechnung nicht mehr notwendig ist.

• Prüf- und Analysesoftware Durch das Einsetzen von BIM im Bauwesen entsteht die Nachfrage nach automatischen Prüf- und Analysesoftware. Prüf- und Analysesoftware werden insbesondere eingesetzt, um Bauteilkollisionen lokalisieren zu können. Die Einhaltung von OIB-Richtlinien im Hochbau kann beispielsweise bei richtiger Definition der Objekte ebenfalls überprüft werden. Ein weiteres wesentliches Anwendungsgebiet ist die Baustellensicherheit. In Zukunft soll die Analysesoftware Sicherheitsinformationen für Bauprozesse im Gebäudemodell hinterlegen. Diese Prüf- und Analyseprogramme haben ein hohes Entwicklungspotenzial und werden die Planungssicherheit erhöhen. Für Baubehörden kann diese Software daher in Zukunft ein nützliches Tool darstellen. Verschiedene Behörden versuchen derzeit mit Forschungsprojekten mögliche Anwendungen dieser Softwareentwicklungen im Baubewilligungsverfahren zu prüfen.

• Kosten- und Terminplanung Building Information Modeling 3D ist grundsätzlich eine 3D-Objektmodellierung mit implementierten Bauteilinformationen. Sind im BIM-Modell zusätzlich Kosten und Termine für die einzelnen Objekte hinterlegt, spricht man von BIM 4D bzw. BIM 5D. Die Kosten- und Terminplanungssoftwares kommen in der Bauausführung und in der Planungsphase zum Einsatz. Eine klare Trennung, welche Software für die Bauausführung und welche für die Planung verwendet wird, ist daher nicht möglich und widerspricht dem integralen Ansatz von BIM. Für die Kostenermittlung ist zuvor eine Massenermittlung notwendig. Für diese Massenermittlung sind grundsätzlich zwei unterschiedliche Berechnungsmöglichkeiten vorhanden:

65

Volumina und Flächen aus dem Gebäudemodell übernehmen Volumina und Flächen mit eigenen Rechenregeln im Gebäudemodell selbst

berechnen Die eigenständige Neuberechnung mit selbst erstellten Rechenregeln erzielt wesentlich bessere Ergebnisse, da die Abrechnungsregeln zum Beispiel für Schalungen usw. berücksichtigt werden können. Diese Softwareprodukte sind aber teurer.

• Planungs- und Baudokumentationen In jüngster Zeit etablierten sich mit Tablets und Smartphones neue Gerätegattungen, die für die Anwendung im Baustellenalltag eine Vielzahl neuer Möglichkeiten der Dokumentation und Digitalisierung von Bauprozessen bieten. Im Vergleich zu den traditionellen Methoden der Baudokumentation wird eine völlig neue Art der Arbeitsweise ermöglicht. Einige der angeführten Baudokumentationssoftwares arbeiten mit 2D-Plänen, z. B. durch den Import von PDF-, DXF-Dateien. Viele Hersteller von Softwarelösungen sind erst in der Entwicklungsphase von IFC-Schnittstellen.

66

Tabelle 4: BIM-Softwarelösungen für Planung und Bauausführung

Produktname Hersteller Anmerkungen

Architektur und Infrastruktur

Revit Autodesk

AutoCAD Achitecture, Civil 3D Autodesk

ArchiCAD Graphisoft

Allplan Nemetschek

Card/1 IB&T

MicroStation Bentley Systems

Novapoint Trimble Infrastruktur

ProVI Obermeyer

Vectorworks Vectorworks

Haustechnik

Revit MEP Autodesk Fokussiert auf Revit

DDS-CAD Elektro/SHKL Nemetschek

Allplan AX3000 Haustechnik Nemetschek Fokussiert auf Allplan

MagiCAD Progman Fokussiert auf Revit

Plancal Trimble

SOLAR-Computer Calculation SOLAR-Computer

ArchiCAD HKLSE-Modeller Graphisoft Fokussiert auf ArchiCAD

Tragwerksplanung

Tekla Structure Trimble

Aveva Bocad Aveva Bocad

Revit Structure Autodesk

Allplan Ingenieurbau Nemetschek

FEM

RFEM, RSTAB Dlubal

67

Sofistik Sofistik

Scia Engineer Nemetschek

Prüf- und Analysesoftware

Navisworks Autodesk

Solibri Model Checker Solibri

RIB iTWO 5D RIB Software

Vico Office Suite Trimble

DESITE MD Ceapoint

Kosten- und Terminplanung

RIB iTWO 5D RIB Software Kosten- und Terminplanung

isl-baustellenmanager Isl-kocher Kostenplanung

BIM4YOU BRZ Deutschland Kosten- und Terminplanung

Vico Office Suite Trimble Kosten- und Terminplanung

Allplan NEVARIS Nemetschek Kostenplanung

Planungs- und Baudokumentation

PlanRadar PlanRadar

AWARO AirITSystems GmbH

conject MI Conject AG

docu tools Sustain Solutions GmbH

Dalux Field Dalux

Sablono Sablono Gmbh

BIM 360 Field Autodesk

Sharxx novaCapta

68

4.1.2 Facility-Management

Facility-Management (FM) bezeichnet die Verwaltung und Bewirtschaftung von Grundstücken, Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen.70 Ein Großteil der Gebäudekosten fallen nicht in der Planungsphase oder Ausführungsphase, sondern in der Betriebsphase an. Zirka 80 % der gesamten Lebenszykluskosten entstehen in der Nutzungsphase.71 Eine Optimierung der Nutzungskosten in der Planungsphase und im Betrieb durch das Facility-Management stellt daher das größte Einsparungspotenzial über den Lebenszyklus eines Bauwerkes dar. Die Anwendung von BIM soll eine Kostenoptimierung des Betriebes ermöglichen. Das Facility-Management wird durch Computerprogramme sogenannte CAFM-Programme (Computer-Aided Facility-Management) unterstützt. Die Herausforderung ist nun die Verknüpfung des BIM-Modells mit den CAFM-Programmen, um vor allem den großen Informationsverlust bei der Übergabe des fertigen Bauwerks an das Facility-Management zu verhindern. Tabelle 5 gibt einen Überblick über Softwarelösungen für das Facility-Management.

Tabelle 5: Softwarelösungen für das Facility-Management

Facility-Management

Produktname Hersteller

Allplan ALLFA Nemetschek

archifm Graphisoft

AssetWise Bentley System

caFM ADVANCED caFM Engineering

eTask eTASK Immobilien Software GmbH

Keylogic KeyLogic GmbH

pit-Cup pit-Cup

wave Facilities Loy & Hutz Solutions GmbH

4.1.3 Virtual und Augmented Reality

Virtual und Augmented Reality-Technologien bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für Architekten, Planer und Bauunternehmen. Diese Technologien haben enormes Potenzial und werden in Zukunft in der Planungs-, Ausführungs- und Betriebsphase vielfältig Einsatz finden.

70 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 385 71 IG Lebenszyklus Bau; Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau, Oktober 2016, Seite 6

69

Virtual Reality

Unter Virtual Reality versteht man die Darstellung einer virtuellen computergenerierten Welt, wodurch eine fiktive Anwesenheit in dieser Welt mit Sehen, Geräuschen, Berührungen usw. simuliert werden kann. Virtual Reality wird häufig mit VR abgekürzt. Die Anwendung von Virtual Reality in der Baubranche liegt zum Beispiel in der interaktiven Begehung von Gebäuden, in der 3D-Visualisierung von Innen- und Außendesign. Mithilfe der Virtual Reality erhält man nicht nur ein präzises Verständnis für die Abmessungen und das Design von Räumen und Gebäuden, sondern kann man z. B. den Lichteinfall zu beliebigen Jahreszeiten simulieren. Die VR-Technologie findet derzeit vor allem in der Vermarktung von Immobilienobjekten ihre Anwendung.

Augmented/Mixed Reality

Unter Augmented/Mixed Reality ist eine computerunterstützte Wahrnehmung zu verstehen, wodurch die reale Welt um virtuelle Aspekte erweitert wird. Augmented/Mixed Reality (erweiterte Realität) stellt eine Weiterentwicklung der Virtual Reality dar. Eine mögliche Interaktion mit dem digitalen Modell wird als Mixed Reality bezeichnet. Ist keine Interaktion mit dem digitalen Modell möglich, wird diese Realität als Augmented Reality bezeichnet. In den letzten Jahren hat sich jedoch der Begriff Augmented Reality für beide Szenarien durchgesetzt.

Bauprojekte werden in Planung, Ausführung und Betrieb von diesen Technologien stark beeinflusst, weil Daten dreidimensional betrachtbar werden. In Abbildung 26 sind verschiedene Geräte für Augmented/Mixed Reality dargestellt.

Abbildung 26: Beispiel für Augmented/Mixed Reality mit Tablet (li.)72, Augmented/Mixed Reality-Brillen (mi.73 und re.74)

Diese Technologie wird in der Baubranche zwar derzeit kaum verwendet, jedoch werden dadurch in Zukunft die Bauprozesse maßgebend beeinflusst. Potenzielle Anwendungsbeispiele sind überblicksartig in Tabelle 6 dargestellt.

72 https://www.appscale.de/augmented-und-virtual-reality/, abgerufen am 26.07.2017 73 https://www.microsoft.com/en-us/hololens, abgerufen am 15.09.2017 74 https://daqri.com/products/smart-helmet/, abgerufen am 02.09.2017

70

Tabelle 6: Anwendungsmöglichkeiten von Virtual Reality und Augmented/Mixed Reality

Anwendungsmöglichkeiten

Virtual Reality Augmented/Mixed Reality

• 3D-Visualisierungen von Innen- und Außendesign

• Interaktive Begehungen von Gebäuden

• Kommunikation

• Schulungsmöglichkeiten

• Bewehrungsabnahme auf der Baustelle (Vergleich der Realität mit dem 3D-Bewehrungsplan)

• Interaktive Einblendung von Sicherheitshinweisen auf Baustellen

• Kommunikation (gemeinsames Betrachten eines 3D-Modells)

• Fernwartung (Anweisungen werden auf die Brille übertragen)

• Einblenden von Einbauanleitungen

• Einblenden von Informationen für FM

• Visualisierung von eingebauten Leitungen bei Sanierungen

• Schulungsmöglichkeiten

• Visualisieren der herzustellenden Bauteile auf der Baustelle

Die größten Herausforderungen stellen derzeit die direkte Verwendung des vorhanden BIM-Gebäudemodells für das Virtual und Augmented/Mixed Reality Modell und die ortsgenaue Überlagerung von virtuellen Modellen mit der Realität dar. In Tabelle 7 sind die Herausforderungen für die Umsetzung von Virtual Reality und Augmented/Mixed Reality in der Baubranche stichwortartig aufgelistet.

Tabelle 7: Herausforderungen bei der Umsetzung von Virtual und Augmented Reality

Herausforderungen

• Direkte Verwendung des vorhandenen BIM-Gebäudemodells als Grundlage für das Virtual und Augmented/Mixed Reality Modell (derzeit noch mit sehr hohem Bearbeitungsaufwand verbunden)

• „Ungenauigkeit“ der Überlagerung von virtuellen Modellen mit der Realität (Augmented/Mixed Reality)

• Technologie ist noch nicht vollständig entwickelt, Pilotprojekte fehlen

• Fehlende Kosten-Nutzen-Studien

• Derzeit keine große Nachfrage auf Baustellen, daher „stockt“ die Innovation

• Kostenintensive Investitionen

• Genaues Geotracking

• Fehlende Personalausbildung

71

4.1.4 Datenmanagement

Die Basis von Building Information Modeling bildet ein allen Akteuren zugängliches digitales Bauwerksmodell, wobei dieses als komplexe Datenbank realisiert ist. Durch die Digitalisierung von Bauprozessen, insbesondere durch BIM, wird zukünftig eine enorme Datenmenge entstehen. Die strukturierte Ablage und die Zugänglichkeit von Daten stellt alle Projektbeteiligten vor große Herausforderungen. Die zunehmende Datenmengenentwicklung für Projekte fordert tendenziell eine ablauf- und keine projektorientierte Datenablagestruktur, um eine projektübergreifende Zusammenarbeit der Projektbeteiligten zu ermöglichen. Zentrale Datenmanagementsysteme sind für die Unternehmen in Planung, Ausführung und Betrieb aus diesem Grund von großer Bedeutung. Die Datenbanksysteme sollten folgende wesentliche Funktionen besitzen:

• Übersichtliche Datenablagestruktur

• Softwareschnittstellen

• Projektkommunikation

• Freigabefunktionen

• Webinterface

• Datensicherheit

• Projektbezogene E-Mailablage Die folgende Tabelle enthält einige Beispiele für Datenmanagementsoftware.

Tabelle 8: Softwarelösungen für Datenmanagement

Datenmanagement

Produktname Hersteller

AWARO AirITSystems GmbH

BIM Collab Klubus

BIM+ Nemetschek

ProjectWise Bentley System

Sablono Sablono Gmbh

BIM 360 Team/ Plan Autodesk

Sharxx novaCapta

72

4.2 Schnittstellen

Eine Vielzahl an Teilsoftwarelösungen für Building Information Modeling befinden sich am Markt. Ein schneller Datenaustausch zwischen den verschiedenen Softwarelösungen ist für ein wirtschaftliches Arbeiten mit BIM eine wesentliche Voraussetzung. Um das gesamte Potenzial von BIM ausnutzen zu können, ist ein standardisierter Datenaustausch zwischen den verschiedenen Softwarelösungen notwendig, was eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung von BIM darstellt.

Es ist grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Umsetzungen von BIM-Prozessen (siehe Kapitel 2.2.3) zu unterscheiden:

• Open BIM-Prozess

• Closed BIM-Prozess

4.2.1 Open BIM-Prozess

Beim Open BIM-Prozess handelt es sich prinzipiell um eine offene Strategie, bei der die Wahl des Bearbeitungswerkzeugs frei ist. Planungspartner können sich auf einer Planungsplattform koordinieren und austauschen. Die Plattform und die Austauschformate sind in diesem Fall herstellerunabhängig.75 Für die Umsetzung des Open BIM-Prozesses ist daher ein offenes Format notwendig.

Im folgenden Abschnitt werden beispielhaft Software- bzw. Datenformatlösungen für Open BIM-Prozesse aufgelistet:

Industry Foundation Classes (IFC)

Der Verein „buildingSMART“ hat das herstellerunabhängige Dateiformat Industry Foundation Classes (IFC) entwickelt. Mit den Industry Foundation Classes (IFC) steht ein umfassendes und standardisiertes Datenformat für den herstellerneutralen Austausch von digitalen Gebäudemodellen zur Verfügung. IFC ist normativ unter der Bezeichnung ISO 16739 registriert und entspricht dem internationalen ,,Standard for the Exchange of Product Model Data (STEP)“ gemäß ISO 10303 „Industrial automation systems and integration - Product data representation and exchange" (1994). Dieser wird seit 1984 entwickelt und kommt beispielsweise in der Automobilindustrie zum Einsatz. Das Dateiformat wird ständig weiterentwickelt. Seit 2004 existiert das IFC4-Format. Der Vorteil von IFC gegenüber anderen CAD-Formaten wie DWG (Drawing) oder DXF (Drawing Interchange Format) besteht darin, dass mit „realen" Objekten anstelle von „nur" Geometrien operiert wird. Solche „realen" Objekte beinhalten alle relevanten Informationen, um verschiedenste maßstabsabhängige Darstellungen zu erzeugen. Darüber hinaus ist eine Vielzahl von Attributen in solchen Objekten hinterlegt. Diese Attribute geben über Eigenschaften eines

75 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 440

73

Objekts Auskunft, wie Preis, Bauphase, Lebenszyklus usw. Um solche Objekte zu erstellen, bedient man sich der Informationsmodellierungssprache EXPRESS gemäß ISO 10303-11.76

Voraussetzung für einen funktionierenden Datenaustausch ist eine konsistente IFC-Datei, um Massenermittlungen, Bauwerksanalyse und Bauablaufsimulationen durchführen zu können. In den gängigsten BIM-Softwarelösungen besteht mittlerweile die Möglichkeit, IFC-Dateien zu importieren und zu exportieren. Der In- und Export von IFC-Dateien wird in den Softwarelösungen unterschiedlich umgesetzt. Mit IFC können nicht immer alle Funktionalitäten übertragen werden, die mit proprietären (herstellerspezifischen) Formaten möglich sind. Bei den von den Autoren dieser Studie geführten Fachinterviews wird der Verlust der Attribute von Objekten durch Schnittstellenprobleme als häufigstes Problem genannt.

BIM Collaboration Format (BCF)

Das Open BIM Kollaboration Format ist eine Datenschnittstelle zum vereinfachten Austausch von Informationen während des Arbeitsprozess zwischen verschiedenen Softwareprodukten basierend auf der IFC. Es ermöglicht eine modellbasierte Kommunikation zwischen verschiedenen Anwendern und informiert über Status, Ort, Blickrichtung, Bauteil, Bemerkung, Anwender und Zeitpunkt im IFC-Datenmodell. Die grundlegende Idee dahinter ist, die Kommunikation vom Modell zu trennen.77 BIM Collaboration Format basiert auf XML (Extensible Markup Language).

Free-BIM ASI Merkmalserver

Der ASI Merkmalserver wird von der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem Austrian Standards Institute betrieben. Es werden darin jene Datenstrukturen beschrieben, die von der ÖNORM A 6241-2 (Building Information Modeling - BIM) festgelegt wurden. In dieser Datenbank, die in der ON-AG 011.09 in Zusammenarbeit mit dem Forschungsprojekt „freeBIM Tirol“ erstellt worden ist, werden die Eigenschaften von Bauteilen und Materialien gesammelt, ergänzt und überarbeitet.

Die Zielsetzung liegt darin, die Eigenschaften von Bauteilen und Materialien mit dem bSDD (buildingSMART Data Dicitionary) abzugleichen und diese um derzeit noch nicht vorhandene Werte zu ergänzen. Dadurch erhält jeder Parameter eine GUID (Globally Unique Identifier), wodurch die Eigenschaften eindeutig und sprachlich unabhängig definiert werden. Die Parameter aus der Datenbank werden mit den Eigenschaften in der jeweiligen BIM-Software „gemappt“ – dadurch entsteht eine Verknüpfung zwischen den Modelldaten und den GUIDs. In dieser Datenbank werden den Eigenschaften auch deren Phasenzugehörigkeit zugewiesen. Damit wird ersichtlich, welche Informationen ab welcher Phase notwendig sind.78

76 K. Silbe, J. Diaz; BIM-Ratgeber für Bauunternehmer, Seite 45-47 77 https://www.buildingsmart.de/bim-knowhow/standards, abgerufen am 19.06.2017 78 http://www.freebim.at/Info_2016, abgerufen am 25.08.2017

74

Zusammengefasst ist der ASI Merkmalserver keine Datenbank im eigentlichen Sinn, sondern beschreibt eine Datenstruktur, wie ein Bauteil bezeichnet werden soll.

Abbildung 27: Merkmalserver79

GAEB-DA-XML-Format

Mit GAEB DA XML soll ein Standard für den Austausch von Informationen vereinbart werden, der alle Anforderungen an elektronische Prozesse bei der Durchführung von Baumaßnahmen vereinheitlicht. GAEB DA XML beschreibt Datenaustauschprozesse für Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung, die es ermöglichen in der Auszeichnungssprache XML (Extensible Markup Language) komplexe Strukturen zu übertragen.80

CPI-Format

Das CPI-Format (Construction Progress Integration) wird von der Firma RIB Software AG entwickelt. Analog zum IFC-Standard werden geometrische Objekte u. a. für Straßen- und Tiefbauprojekte definiert, die den Austausch von 3D-Planungsmodellen ermöglichen soll. Zudem werden im CPI-Format Definitionen für 3D-Flächen, 3D-Linien und 3D-Punkten mit vorgegebenen und freien Attribuierungen getroffen. Mit der CPI-Technologie können die Geometrieinformationen mit alphanumerischen Informationen und den Komponenten Kosten und Zeit zu einem Bauwerksmodell kombiniert werden. Die Firma RIB Software AG verspricht einen besseren Austausch zwischen den Programmen.81

79 http://www.freebim.at/Projekt_2016, abgerufen am 25.08.2017 80 http://www.gaeb-online.de/hilfe2014/index.html?was_ist_gaeb_da_xml.htm, abgerufen am 05.07.2017 81 http://www.igmilde.de/datenaustauschformate-fuer-bim/, abgerufen am 01.09.2017

75

COBie-Format

Das COBie-Format (Construction Operations Building Information Exchange) ist ein Datenstandard für Building Information Modeling und definiert nicht-geometrische Attribute für die Anforderungen des Facility-Managements. Es wurde 2014 als britischer Standard übernommen. BuildingSMART entwickelt seit 2013 das vereinfachte COBie XML-Format COBieLite. Das Ziel dieses Dateiformates ist eine Normierung der Beschreibung von technischen Gebäudeausrüstungen und Räumen.

3D-PDF-Format

Das 3D-PDF-Format erlaubt das einfache Verteilen und Archivieren von Planungs- und Konstruktionsinformationen auf Basis des Adobe Acrobat Reader. Somit ermöglicht es eine optimale Zusammenarbeit von erweiterten Teams. Alle Beteiligten können an den Planungs- und Konstruktionsprozessen teilhaben, selbst ohne originäre CAD-Informationen zu benutzen (vgl. Acrobat Hilfe, 2017).82

4.2.2 Closed BIM-Prozess

Closed BIM-Prozesse beschreiben eine geschlossene Vorgehensweise bei der alle Planungsbeteiligten mit der gleichen Software in einem zentralen, gleichzeitig bearbeitbaren Modell interagieren. Ein grundsätzliches Problem der Closed-BIM Variante liegt darin, dass gewerkespezifische Modellanforderungen infolge der einheitlichen Planungssoftware nicht abbildbar sind. Zudem müssen alle Projektbeteiligten die gleiche Software besitzen.83 Ein reiner Closed-BIM-Prozess ist durch äußere Zwänge derzeit kaum umsetzbar.

Die Anwendung von Closed BIM erfolgt in der Praxis derart, dass der Prozess auf eine einheitliche Software abgestimmt ist und viele Anwendungen vom gleichen Softwareunternehmen stammen. Die abgestimmte Software besitzt jedoch direkte Schnittstellen zu Fremdsoftwares.

4.2.3 Führende BIM-Softwareunternehmen

Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über die führenden BIM-Softwarehersteller in Österreich und ihre BIM Softwareprogramme wieder. Die Schnittstellen und Programme werden beispielhaft und auszugsweise dargestellt.

4.2.3.1 Autodesk

Autodesk vertreibt Software für die Bereiche Architektur, Gebäudetechnik, Hoch- und Tiefbau, Automobilindustrie und Transportwesen, Mechanik und Maschinenbau, Medien und Unterhaltung sowie Versorgung und Telekommunikation. Der Unternehmenssitz befindet sich in der USA. In Österreich wird Autodesk unter anderem durch die Firma ARTAKER Büroautomation GmbH vertreten.

82 K. Silbe, J. Diaz; BIM-Ratgeber für Bauunternehmer, Seite 48 83 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 440

76

In der Baubranche werden vorwiegend die Softwareprogramme Revit und AutoCAD von Autodesk verwendet. Revit und AutoCAD mit seinen Erweiterungen umfassen Funktionen für die architektonische Planung und Konstruktion, die Gebäudetechnik, den konstruktiven Ingenieurbau sowie die Bauausführung. Revit basiert nicht auf AutoCAD, sondern enthält eine eigene Geometriebeschreibung und wird von Autodesk als BIM-Software vermarktet. Im Gegensatz zu AutoCAD wird mit Revit objektorientiert gearbeitet, zudem ist eine parametrische Modellierung möglich.84

Im deutschsprachigen Raum ist es seit 2004 am Markt erhältlich. Bei dieser objektorientierten Software wird nicht mehr in Linien, sondern in Elementen (Wände, Decken, Räume, ...) gedacht. AutoCAD ist wesentlich älter als Revit und erschien erstmals im Jahre 1984 am Markt. AutoCAD ist grundsätzlich ein vektororientiertes 2D-Zeichenprogramm, das auf einfachen Objekten wie Linien, Polylinien, Kreisen, Bögen und Texten aufgebaut ist und daher eigentlich für das Erstellen von BIM-Projekte nicht geeignet ist. AutoCad besitzt heutzutage jedoch eine umfassende Produktpalette mit umfangreichen 3D-Funktionen zum Modellieren von Objekten sowie speziellen Erweiterungen insbesondere für Ingenieure, Maschinenbauingenieure, Architekten und Innenarchitekten, welche das Erstellen von BIM-Projekten ermöglichen. Die Planung in AutoCAD wird oft als BIM-2,5D bezeichnet.85

Abbildung 28 und Tabelle 9 gibt einen Überblick über die Anwendungsgebiete und Schnittstellen von Autodesk-Softwareprogramme.

Abbildung 28: Überblick über die Anwendungsgebiete von Autodesk-Software86

84 http://www.autodesk.de, abgerufen am 02.10.2017 85 http://www.autodesk.de, abgerufen am 02.10.2017 86 Mag. Matthias Artaker, ARTAKER Büroautomation GmbH

3DS

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Umbau/Abriss

Betrieb

Vorentwurf

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Einreichung

Ausschreibung

Polierplanung / Ausführung

BIM

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BIM 360 Forge

BIM

360

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BIM

360

Doc

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Navi

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Vau

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n 36

0

77

Tabelle 9: Überblick über die Anwendungsgebiete von Autodesk-Softwares87

Software Beschreibung Import bzw. Verknüpfung

Revit

BIM-CAD-Plattform für Architektur, Haustechnik, Tragwerksplanung. Ermittlung der Nettomassen, Rendering und Walkthrough, Planerstellung und Layoutierung

Import: 3D, 2D DWG, DXF; IFC; gbXML, SAT, SKP, 3DM (Rhino), Punktwolken, Bild-Dateien, DWF, XLS Export: 3D, 2D DWG, DXF; IFC; gbXML, SAT; DGN; Bild-Dateien, TXT (Bauteillisten; AVI (Walkthrought); DWF Über API: liNear, SOLAR Computer ODBC-Schnittstelle Interne Schnittstellen: FBX, ADSK, Revit Live; Navisworks, FormIt

Navisworks

Zusammenführen unterschiedlicher 3D-Modelle und Punktwolken, Kollisionsanalyse Werkzeuge, Mengen und Massenermittlung

ca. 50 unterschiedliche 3D-File Formate (u.a. 3D DWG, IFC), Punktewolken, Export als ÖNORM-Datenträger

AutoCAD 2D- und 3D-Werkzeug für Entwurf bis 2D Detaillierungsplanung

Import /Export: 2D-3D DWG, PDF, DXF, Bilddateien API: Lisp-Automatisierungs-Scripts

ReCap Laserscanning-Punktwolken registrieren, Regionalisierung, Analysieren; Photo to 3D

diverse Punktwolken von z. B. Leica, Faro, Riegl, Zoller+Fröhlich, Lida, Topcon, E57

AutoCAD Architecture

AutoCAD mit Architektur-Werkzeuge; "2,5D" IFC, 2D-3D DWG

AutoCAD MEP AutoCAD mit HKLS-Werkzeugen

IFC, 2D-3D DWG; API Rechenprogramme wie Solarcompter, Linear

AutoCAD Civil 3D

Trassierungen von Straßen, Brücken, Tunnel, Aushub und Erdarbeiten IFC, 2D-3D DWG

Advance Steel

Ingenieurbau-Stahlbau, High End Stahlbauverbindungen, Werkstattplanung

IFC, 2D-3D DWG; CNC-Anbindung, Bidirektionales smlx-Format zum Austausch mit Revit

Infra Works

Plattform, um Entwürfe in einen städtebaulichen Kontext zur Realität herzustellen; Möglichkeit digitale Stadtmodelle abzubilden

FBX, IMX, 3DS, OBJ, DAE, DXF, CityGML

3ds Max High-End-Visualisierungen und Video-Renderings; Lichtanalysen

FBX Import/Export, Direktverlinkung mit Revit-File (.rvt); Weitergabe mit Stingray für VR-Umgebung

Autodesk Live

mit einem Klick vom Revit Modell in eine VR Umgebung direkt aus Revit

Stingray High-End-Funktionalitäten für die VR Umgebung direkt von 3ds Max

87 Mag. Matthias Artaker, ARTAKER Büroautomation GmbH

78

BIM 360 TEAM/Docs

Projektplattform in der Cloud (wird auch für Collaboration for Revit genutzt), Veröffentlichen von Modellen, Versionsvergleiche, Redlining, Viewer, Datenmanagement, Planverwaltung

diverse Projekt/CAD Formate

BIM 360 Field

Projektplattform für die digitale Baustelle (Mängelmanagement, Bautagebuch, Checklistenmanagement)

direkt aus Glue; offen: PDF, Bilddateien

BIM 360 Glue

Zusammenführen von Modellen unterschiedlicher Gewerke, Vorabkollisionskontrolle, Destkop-App (Live), Cloud Gesamtmodell

direkt nach Field, Navisworks und Revit; offen: IFC

BIM 360 Plan

Cloudbasierte Lösung für Produktion- und Einsatzplanung. Überproduktion und Stoßzeiten in Abläufen können verhindert werden.

BIM 360 Layout

Mobile App, die die Steuerung von Totalstationen übernimmt und den Abgleich zwischen Konstruktions- und As-Built-Modellen unterstützt.

Builing Ops

Daten von BIM 360 Field im Betrieb weiter verarbeitbar, Historie der Mängelliste, Prüfprotokolle, Einbausituation im Kontext zum Modell, Relevante Daten und Eigenschaften

Inventor, Fusion 360, Configurator

360

3D CAD für dem Maschinenbau (lokale Installation/cloudbasierend), Erstellung von BIM-Objekten (Bauprodukt-Hersteller) zur Verwendung in BIM Authoring Software.

direkt aus Autodeskprodukten (Revit, AutoCAD), offen: IFC, SAT, Step, Iges, etc.

Forge Offene API-Schnittstelle für die BIM 360 Produktreihe (Cloud) offene API für BIM 360

Vault Dokumentenverwaltung, Revit-Bauteilmanagement

4.2.3.2 Nemetschek Allplan

Die CAD-Software Allplan Engineering und Architektur umfasst Funktionen für die architektonische Planung, Tragwerksplanung, Gebäudetechnik, konstruktiven Ingenieurbau und Bauausführung. Zudem werden von Allplan mit Allplan Allfa auch Lösungen für das Facility-Management sowie mit NEVARIS Software für das Baukostenmanagement angeboten. In der Bauphase dient die Prozessmanagementplattform Sablono für die Leistungserfassung und Projektdokumentation. Professor Georg Nemetschek gründete 1963 das Ingenieurbüro für Bauwesen in München. Daraus ging 1981 die Nemetschek Programmsystem GmbH (Seit 2015 Allplan GmbH) hervor, die 1984 eine erste Version der CAD-Lösung Allplan auf den Markt brachte.88

Abbildung 29 und Tabelle 10 geben einen Überblick über die Anwendungsgebiete und Schnittstellen von Softwareprogrammen der Firma Allplan. Die überschneidenden Kreise/Ellipsen stehen für eine direkte Datenübergabe ohne jeglichem Datenverlust.

88 Vgl. https://www.allplan.com/at/unternehmen/, abgerufen am 28.08.2017

79

Sämtliche Allplan-Erweiterungen, welche innerhalb von Allplan aufgerufen werden, haben dieselben Schnittstellen wie Allplan. Allplan hat zu anderen Softwares folgende Schnittstellen: DWG, DXF, DGN, PDF Vektoren, PDF Bitmap, 3D PDF, C4D, Microstation, 3DS, DAE, Vrml, KMZ, SketchUp, ASCII, HPGL, STL, SKP, U3D, CPIXML, Rhino, ASF, SCIA, FRILO, CEDRUS, BVBS und IFC 1-4 Formate.

Abbildung 29: Schnittstellen Allplan89

Tabelle 10: Überblick über Produktbeschreibungen der Firma Nemetschek Allplan

Software Beschreibung

Allplan Architektur Der Anwender kann im 3D-Modell oder auch gemischt in 2D und 3D arbeiten.

Allplan Ingenieurbau

Ist ein BIM-Planungswerkzeug, das den Planungsprozess in Ingenieurbüros sowie in Bauunternehmen unterstützt. Die Software kann z. B. dreidimensionale Schalungs- und Bewehrungspläne erstellen.

Allplan AX 3000 Haustechnik 2D/3D-Planung und Berechnung

Design2Cost Österreich Bauteile

Die in Allplan integrierte Massenermittlung für die Ausschreibung.

BIM+ Ist ein Werkzeug, um systemunabhängig über alle Disziplinen hinweg in BIM-Projekten zusammenzuarbeiten. bim+ ist offen für zahlreiche Softwares der Baubranche.

NEVARIS (ehem. AUER)

Programm für Bemusterung, Texterstellung, Berechnung und LV-Erstellung.

MAXON Cinema 4D

Cinema 4D ist eine 3D-Grafiksoftware zum Erstellen von 3D-Modellen, Texturen und Animationen.

Solibri Model Checker (Solibri

Inc.) Prüf- und Analysesoftware, z. B. Kollisionsüberprüfung.

PLANBAR (Precast Software Fertigteilplanungssoftware

89 https://www.allplan.com/, abgerufen am 28.08.2017

80

Engi.) Frilo Statik (Frilo Statik Software Statikprogramm

SCIA Engineer Statik (SCIA nv) FE-Statikprogramm

Allplan Allfa Allplan Allfa ist eine plattformunabhängige, browserbasierte Software für das Gebäudemanagement.

Bluebeam Revu (Bluebeam)

Bluebeam Revu erstellt, bearbeitet und kommentiert PDFs, Projektkommunikationstool.

In Tabelle 11 sind die möglichen Datenaustauschformate zwischen den einzelnen Softwares dargestellt.

81

Tabelle 11: Schnittstellen in Allplan90

90 https://www.allplan.com/, abgerufen am 28.08.2017

82

4.2.3.3 Graphisoft ArchiCAD

ArchiCAD von Graphisoft ist eine CAD-Software für Architekten. ArchiCAD 1.0 kam 1984 auf den Markt und war die erste 3D-fähige CAD-Software für Architekten und Bauingenieure. Graphisoft ist seit 2007 Teil der Nemetschek Group. Durch das Zusatzprodukte ArchiCAD HKLSE-Modeller ist eine HKLS-Planung ebenfalls möglich. Mithilfe der Erweiterung Teamwork 2.0 und einem BIM-Server ist das gleichzeitige Arbeiten mehrerer Nutzer von verschiedenen Rechnern an einem Projekt mit ArchiCAD möglich. Graphisoft setzt sehr stark auf die IFC-Schnittstelle von buildingSMART und gehört zu den größten Befürwortern eines Open BIM-Prozesses. In Abbildung 30 sind einige Schnittstellen von ArchiCAD aufgelistet.

Abbildung 30: Schnittstellen ArchiCAD91

4.2.3.4 Bentley System

Das 1984 gegründet Unternehmen Bentley System bietet Softwarelösungen für Ingenieure, Architekten, Bauträger und Anlageneigentümer sowie -betreiber an. Die Lösungen von Bentley umfassen MicroStation für die Entwicklung und Modellierung von Infrastrukturprojekten, ProjectWise für die Kooperation und Arbeitsteilung von Projektbeteiligten und AssetWise für den Betrieb von Objekten.92

Abbildung 31: Schnittstellen Bentley93

91 BIM-Scheck Wirtschaftskammer Österreich 92 https://www.bentley.com/de, abgerufen am 05.10.2017 93 BIM-Scheck Wirtschaftskammer Österreich

83

4.3 Softwarelizenzen

Das Geschäftsmodell vieler Softwareanbieter hat sich in den letzten 15 Jahren stark verändert. Das traditionelle Geschäftsmodell, mit dem durch den Verkauf von Softwarelizenz einer bestimmten Version Einnahmen erwirtschaftet werden, wird von Softwareunternehmen kaum mehr angewendet.

Die Planungs- und Bauunternehmen besitzen in den meisten Fällen nicht mehr die Software, sondern mieten sie für einen bestimmten Zeitraum.

Dieses Geschäftsmodell wird als „Software as a Service“ kurz SaaS bezeichnet. Programme sind keine Kaufprodukte mehr, sondern monatlich bezahlbare Dienstleistungen. Einige dieser gemieteten Programme laufen immer noch auf dem Rechner, einige laufen aber auch schon auf den Anbieter-Servern und im Browser. Diese Mietverträge sind auch gleichzeitig Serviceverträge. Die Tabelle 12 stellt eine Übersicht von den Vor- und Nachteilen von SaaS dar.

Tabelle 12: Vor- und Nachteile von SaaS

Vorteile Nachteile

• Flexibel (kurze Implementationszeiten)

• Keine hohen Investitionen (höhere Liquidität)

• Automatische Aktualisierung der Software

• Kurze Kündigungsfristen

• Laufende Kosten

• Nicht im Eigenbesitz: Nach Ablauf des Vertrages kein Zugriff mehr auf die Daten

• Risiko der Preisgestaltung (Mieten können erhöht werden, bei Eigenbesitz nicht)

• Serververbindung oftmals gefordert

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5 Einschätzung wesentlicher Stakeholder

Zur Ermittlung eines Meinungsbildes der wesentlichen Stakeholder zur Digitalisierung im Bauwesen wurden von den Autoren dieser Studie drei Ansatzpunkte gewählt. Zum einen wurden vier Workshops am Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement und an der BauAkademie Oberösterreich abgehalten und Experteninterviews geführt, zum anderen wurde ein Fragebogen speziell für KMUs ausgearbeitet und in diversen Medien geschaltet. Durch die gewählte Vorgangsweise wird sichergestellt, dass ein möglichst breites Spektrum der am Bauprozess Beteiligten in diese Studie eingearbeitet wird. Nachfolgend werden sowohl der Ablauf als auch die Ergebnisse beschrieben.

5.1 Workshops

5.1.1 Organisation

Im Zuge der Studie wurden vier Workshops am Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement und an der BauAkademie Oberösterreich durchgeführt. Geladen waren Absolventinnen und Absolventen der Studienrichtungen Architektur und Bauingenieurwesen, Planer und Konsulenten sowie Auftragnehmer. Der vierte Workshop fand in der BauAkademie Oberösterreich in Lachstatt unter der Beteiligung von oberösterreichischen KMUs statt.

In Abbildung 32 findet sich eine Übersicht aller an den Workshops beteiligten Unternehmen.

Abbildung 32: Teilnehmer an den Workshops

Im Zuge der vier durchgeführten Workshops wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern folgende Fragen gestellt, welche in offener Diskussion unter der Moderation der Autoren dieser Studie behandelt wurden:

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• Was ist grundsätzlich unter Digitalisierung im Bauwesen zu verstehen? • Worin liegen die Chancen und Risiken der Digitalisierung in den einzelnen Projektphasen

„Organisieren und Entwickeln“, „Planen und Bauen“ sowie „Nutzen und Betreiben“ eines Bauprojektes?

• Welche wesentlichen Veränderungen in den Abläufen und Verantwortlichkeiten sind durch die Digitalisierung der Bauprozesse zu erwarten? Welche Rahmenbedingungen (z. B. baubetriebswirtschaftlich, organisatorisch, rechtlich) braucht die Digitalisierung im Bauwesen?

• Welche Aspekte wären im Zuge des Bauingenieurstudiums besonders zu beachten?

Die Meinungen und Aussagen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden hier nachfolgend von den Autoren dieser Studie zusammengefasst dargestellt. Detaillierte Protokolle zu den einzelnen Workshops wurden von den Autoren dieser Studie erstellt, werden aber aus Datenschutzgründen nicht im Anhang der Studie angeführt.

5.1.2 Definition von Digitalisierung im Bauwesen

Als erste Frage und zum Einstieg in das Thema wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach ihrer Definition des Begriffes „Digitalisierung im Bauwesen“ gefragt.

Unter Digitalisierung wird vorwiegend vernetztes und prozessübergreifendes Arbeiten verstanden. Eine vollständige Digitalisierung bezeichnet dabei eine Digitalisierung aller Projektphasen entlang der Wertschöpfungskette eines Bauprojektes. Dadurch wird die Wertschöpfungskette im Bauwesen – also vom Entwickeln & Planen, über das Bauen und Ausführen bis hin zum Betrieb und der Nutzung eines Gebäudes oder einer Infrastrukturmaßnahme – komplett abgebildet und die Prozessabläufe werden den Projektbeteiligten verständlich gemacht.

Digitale Daten werden in einem System gebündelt, dem Nutzer soll im Endeffekt die Anwendung erleichtert werden. Es kommt darüber hinaus zu einer Echtzeit-Prozesserfassung (Mensch-Material-Maschine). Durch die Digitalisierung können die jetzigen Prozesse auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft und angepasst werden. Es können dadurch neue Prozesse entstehen, die Digitalisierung kann als Risikominimierungstool genutzt werden.

Als Konsequenzen der voranschreitenden und – für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jetzt schon – spürbaren Digitalisierung im Bauwesen ergeben sich vor allem Erfordernisse nach genaueren Schnittstellendefinitionen, mehr Kooperation und verstärkter Transparenz. Bei digitalem Arbeiten müssen die Zuständigkeiten und Rechte in den einzelnen Arbeitsschritten genauer als bisher üblich definiert werden.

Nach Einschätzung der Diskussionsteilnehmer lässt sich die in der derzeitigen Praxis auftretende Schnittstellenproblematik auf der Baustelle durch einen digital simulierbaren Bauablauf und eine genaue Definition von Schnittstellen verschiedener Gewerke im Vorhinein deutlich entschärfen. Durch eine autonome Anpassung von Plänen an die

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Projekterfordernisse verspricht man sich aktuellere Planstände, Zeitersparnis und eine Effizienzsteigerung.

Die Workshop-Teilnehmerinnen und Teilnehmer verstehen unter dem Begriff Digitalisierung mehr als ein virtuelles Gebäudemodell, darüber hinaus gehend werden 3D-Druck, RFID-Tracking von Bauteilen, VR und AR diskutiert. Die Teilnehmer sind sich aber einig, dass BIM ein wesentlicher Teil der Digitalisierung im Bauwesen ist.

„Eine sinnvolle Digitalisierung der Wertschöpfungskette entlang des Lebenszyklus eines Bauprojektes soll die Arbeit der Menschen vereinfachen!“94

Zusammenfassend lässt sich für die Autoren der vorliegenden Studie feststellen, dass unter Digitalisierung im Bauwesen von den Stakeholdern die digitale Abbildung der kompletten Wertschöpfungskette eines Bauwerks verstanden wird. Alle bei der Planung, dem Bau oder dem Betreiben entstehenden Daten werden in einem System gebündelt, es kommt zu einer Echtzeit-Prozesserfassung und zu einem Echtzeit-Controlling. Es ist speziell bei Digitalisierungsthemen darauf Bedacht zu nehmen, dass die gewonnenen Daten den Nutzern in anwendbarer Form zur Verfügung gestellt werden. Ist das nicht der Fall, wird die Digitalisierung als zusätzliche Arbeitsbelastung missverstanden.

5.1.3 Chancen und Risiken

Aufbauend auf der generellen Definition der Digitalisierung, wurden die Workshop-Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach den Chancen und Risiken der Digitalisierung in den jeweiligen Projektphasen „Organisieren und Entwickeln“, „Planen und Bauen“ sowie „Nutzen und Betreiben“ eines Bauprojektes gefragt.

5.1.3.1 Chancen

Als große Chance der Digitalisierung im Bauwesen wird vor allem die gesamtheitliche Betrachtung aller Phasen eines Bauprojekts – von der Projektentwicklung bis zum Facility-Management – gesehen.

Als weitere Chancen, die sich im Zusammenhang mit der Digitalisierung im Bauwesen ergeben, werden genannt:

• Aus der durchgängigen Datenkette über den Lebenszyklus können neue Erkenntnisse gewonnen werden. Durch Rückkopplungen in vorhergehende Phasen oder Projektabschnitte können die Prozesse generell verbessert werden. Die Durchgängigkeit der Daten ist außerdem Voraussetzung für weitere technologische Entwicklungen, wie etwa maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Durch die zur Verfügung stehenden Daten können Bauwerke in höhere Systeme integriert werden.

• Mit der Digitalisierung stellt sich eine Datentransparenz ein, welche nach Einschätzung der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu mehr

94 Ein Teilnehmer während eines Workshops.

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Partnerschaftlichkeit in der Projektabwicklung führt. Als Schlagwort in diesem Zusammenhang wurde kooperative Projektabwicklung genannt.

• Eine deutliche Verbesserung der Dokumentation wird erwartet. Das soll vor allem in der Phase der Bauausführung zu Erleichterungen führen. Darüber hinaus stellt eine belastbare Dokumentation einen Mehrwert für das Betreiben von Bauwerken dar, indem z. B. auftretende Schäden besser nachvollzogen werden können.

• Durch die Digitalisierung soll der Zeitaufwand für das Suchen von Unterlagen bzw. Informationen minimiert werden. Objektbasiertes Suchen wird in Zukunft möglich sein und so Ablagesysteme verändern.

• Gleichzeitig wird durch die Digitalisierung das gemeinsame Wissen im Projekt gestärkt und die Einarbeitungszeit in neue Projekte kann reduziert werden.

• Zur Entscheidungsfindung, egal ob während der Projektvorbereitungsphase, in der Bauausführung oder der Sanierung von Bestand, können Visualisierungen herangezogen werden.

• Als großer Vorteil wird die Fehlervermeidung durch die Beseitigung von redundanten Eingaben gesehen. Die bereits eingegebenen oder im Idealfall digital erfassten Daten können für alle darauf aufbauenden Prozessschritte weiterverwendet werden.

• Die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer erwarten sich größere Kosten- und Terminsicherheit bei Bauprojekten. Darüber hinaus kann durch das mögliche Durchspielen von Szenarien eine bessere Reservenplanung realisiert werden.

• Auftretende Probleme können direkt am Modell gelöst werden, langwieriger Schriftverkehr mit einhergehender Problembeschreibung wird obsolet.

• Bei den Klein- und Mittelbetrieben werden Chancen für jene Betriebe gesehen, die sich im Zuge der Digitalisierung spezialisieren. Die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer sind der Meinung, dass sich durch die Digitalisierung neue Nischenmärkte auftun, in welchen besonders kleine Unternehmen mit großem Fachwissen gute Marktchancen haben.

• Durch die Bildung von Szenarien kann verstärkt ein Fokus auf die Lebenszykluskosten gelegt werden, Gebäude und Infrastrukturmaßnahmen werden dadurch effizienter in der Nutzung. Stichwort: „Digitaler Zwilling“

• BIM und die Digitalisierung erfordern eine neue Datenqualität in der Planung und können zu Mehraufwänden in der Planung führen. In der Planung, aber auch in allen weiteren Phasen der Projektumsetzung kommt es dadurch zu einem integralen Verständnis und zu einer Standardisierung von Prozessen.

• Durch die Digitalisierung entstehen neue, hochwertige Arbeitsplätze, die Ausbildung muss aber noch entsprechend angepasst werden.

• Durch die Digitalisierung werden das papierlose Büro und die papierlose Baustelle möglich.

• Durch BIM können Mehrfachdimensionssprünge in der Planung und der Bauausführung vermieden werden.

• Durch die bessere Organisation von Bauprojekten und ein durchgängiges Datenmodell kann z. B. die E-Mail-Flut gestoppt werden.

88

• Die Effizienz der Bauprojektabwicklung, z. B. bei der Abwicklung von Baubesprechungen und beim Mängelmanagement, wird gesteigert.

Die Workshop-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen sind sich einig, dass baubegleitendes Planen kostspielig und zeitaufwendig ist, da ständig improvisiert werden muss. Die vorhandenen Standards und Richtlinien werden oftmals erst im Zuge der Montageplanung (also bereits während des Bauens) eingearbeitet, das muss durch die Digitalisierung viel früher – nämlich während der eigentlichen Planung – passieren. Ziel muss es sein, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Digitalisierung langfristig zu entlasten. Von den Workshop-Teilnehmern und -Teilnehmerinnen wird das Spannungsfeld zwischen gewünschter Deregulierung (Stichwort: Normenflut) und gewünschter Standardisierung für BIM aufgezeigt.

Das Ziel sollte es nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer sein, alle Beteiligten so früh wie möglich ins Projekt zu holen (Early Stakeholder Involvement). In diesem Zusammenhang erscheint es wichtig, dass die eingebundenen Personen auf dem gleichen technischen Niveau und Wissensstand agieren. Diese Vorgangsweise ist jetzt schon möglich, mit der Digitalisierung bietet sich aber die einmalige Chance die gesamten Abläufe, Prozesse etc. zu überdenken. Festzuhalten ist aus Sicht der Workshopteilnehmer, dass der Grundgedanke von BIM und Early Stakeholder Involvement derzeit nicht dem Bundesvergabegesetz entspricht. Ein frühes „Zusammensetzen“ und „Abstimmen“ aller Beteiligten vor der Vergabe widerspricht derzeit den Vergabegrundsätzen.

Die Bedeutung der Arbeitsvorbereitung steigt durch die zunehmende Digitalisierung auf der Baustelle. Hier werden die Grundlagen für den späteren digitalen Zwilling geschaffen. In Abbildung 33 werden die in den Workshops erkannten Chancen der Digitalisierung grafisch dargestellt.

Abbildung 33: Chancen der Digitalisierung95

95 Eigene Darstellung, Bild: http://iot.mozilla.org/images/iot_illustration.png, abgerufen am 02.08.2017

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5.1.3.2 Risiken

In den geführten Diskussionen besteht grundsätzlich die Meinung, dass die Digitalisierung bedingungslos auf die Baubranche zukommt.

„Die papierlose Baustelle ist kein wirkliches Thema, sie kommt sowieso!“96

Als Risiken der Digitalisierung werden von den Workshop-Teilnehmerinnen und Teilnehmern genannt:

• Durch die große, eventuell unüberblickbare Datenmenge kann zumindest kurzfristig „Chaos“ entstehen. Die Menge an Daten hat nur dann einen Nutzen, wenn man sie entsprechend filtern, auswerten und weiterverwenden kann. In diesem Zusammenhang wird auch das Stichwort „Datenfriedhof“ gebracht. Damit ist eine große Datenmenge gemeint, die von Menschen schlicht nicht mehr erfasst und genutzt werden kann.

• Als weiteres großes Risiko der Digitalisierung wird die mangelnde Datensicherheit gesehen. Die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer merken hier unter anderem an, dass die derzeitig verwendeten Datenbanken nicht sicher sind. Es gibt momentan noch Probleme bei der Abschirmung und den Zugriffsrechten von Datenbanken. Im Zusammenhang mit der fehlenden Datensicherheit wird auf die vorhandene Gefahr von Hackerangriffen hingewiesen.

• Als weiteren wichtigen Punkt sehen die Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer die Datenverfügbarkeit. Daten müssen nach entsprechender Zeit immer noch zugänglich und lesbar bleiben. Dazu müssen verschiedene Programmversionen und Datenformate verwaltet werden.

• Durch die Digitalisierung könnten menschliche Beziehungen und die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten leiden.

• Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehen ein zusätzliches Risiko bei den notwendigen Investitionen in Mitarbeiterschulungen und in erforderliche Programme bzw. Softwarelösungen, speziell für KMUs. Die größte Bedrohung für KMUs geht nach Einschätzung der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer derzeit von der Softwareindustrie aus. Entscheidet sich ein KMU für die falsche Software, laufen hohe verlorene Investitions- und Schulungskosten an, denen keine entsprechenden Erlöse entgegenstehen.

• Die Entwicklung in Richtung Digitalisierung und vor allem BIM im Bauwesen wird derzeit insbesondre von großen Konzernen vorangetrieben. KMUs könnten hier Wettbewerbsnachteile erfahren.

• Die Anwender und insbesondere die Bauherren wissen derzeit teilweise noch nicht, wie sie mit BIM und der Digitalisierung umgehen sollen.

• Die Normung und Standardisierung ist nicht zufriedenstellend abgeschlossen und es gibt keine anwendbaren durchgängigen Standards.

• Die kleinteilige Baulandschaft verlangsamt den Prozess der Digitalisierung, BIM stellt speziell für KMUs einen großen zusätzlichen Aufwand dar.

96 Ein Teilnehmer während eines Workshops

90

• Die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist im Bereich Digitalisierung und BIM derzeit nicht durchgängig. Es fehlen zertifizierte Schulungs- und Weiterbildungsprogramme.

• Die Interoperabilität der Software ist noch nicht gegeben (Stichwort: IFC Schnittstelle). Die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer weisen auf die Wichtigkeit hin, die hierfür notwenigen Lösungen schnellst möglich zu entwickeln. Derzeit stellt sich die Situation am Markt so dar, dass die Programmhersteller vermehrt Programme als SaaS-Modell anbieten.

• Jene, die sich den technologischen Entwicklungen verschließen, erzeugen einen Rückhalteeffekt in Punkto Digitalisierung. Damit einhergehend fehlt es teilweise an Kreativität, um noch vorhandene technische Probleme zu lösen.

• Die offenen Rechtsfragen sowie die Haftung sind noch zu klären. In Abbildung 34 werden die erhobenen Risiken der Digitalisierung grafisch dargestellt. Auffällig auch hier, dass sich viele der genannten Risiken um Daten – also beispielsweise die Datenverfügbarkeit, Datensicherheit, Schnittstellen und die damit zusammenhängende Standardisierung – drehen. Außerdem werden die hohen Investitionen und vor allem die derzeit nicht entsprechend ausgebildeten MitarbeiterInnen als Risiko bewertet.

Abbildung 34: Risiken der Digitalisierung97

5.1.4 Rahmenbedingungen und Veränderungen

Nachdem vielfältige Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bauwesen in den Workshops identifiziert worden sind, werden wesentliche Veränderungen in den Abläufen und Verantwortlichkeiten bei Bauprojekten gefordert. Für die Digitalisierung im Bauwesen sind notwendige Rahmenbedingungen (z. B. baubetriebswirtschaftlich, organisatorisch, rechtlich) zu definieren.

97 Eigene Darstellung, Bild: http://iot.mozilla.org/images/iot_illustration.png, abgerufen am 02.08.2017

91

Von den Workshop-Teilnehmerinnen und -teilnehmern wird betont, dass die Startphase eines Projekts wesentlich für den Projekterfolg ist. Als großes Problem wird erkannt, dass die Erfordernisse des Facility-Managements nicht in frühe Phasen eingebunden werden.

Die wesentlichen Veränderungen die BIM und Digitalisierung mit sich bringen, werden in die Kategorien „Rollen und Verantwortlichkeiten“, „Schnittstellen“ und „rechtlich organisatorische Aspekte“ eingeteilt.

5.1.4.1 Rollen und Verantwortlichkeiten

Die Diskussionsteilnehmer plädieren für klare Verantwortlichkeiten in Bauprojekten. In jedem Projekt müssen die Schnittstellen klar definiert werden und es muss Verantwortungsträger geben, die Entscheidungen treffen wollen.

Als heikles Thema im Hinblick auf BIM und Digitalisierung wird die Frage der Verantwortung für das Gebäudemodell gesehen. Wer kann diese Verantwortung überhaupt tragen? Damit einhergehend stellen sich die Fragen: Wer darf im Modell überhaupt Änderungen durchführen? Wie werden die Bearbeitungszeitfenster festgelegt? Diese Fragen werden in näherer Zukunft durch den BIM Execution Plan und eine kooperative Projektabwicklung gelöst, wodurch sie in weiterer Folge gelöst werden können.

Nach Einschätzung der Workshop-Teilnehmer werden sich die Rollen des Kollaudanten und des Claimmanagers verändern bzw. über längere Sicht gänzlich entfallen. Als gewünschte Rahmenbedingungen werden neue Berufsbilder und Organisationsformen genannt, z. B. Ruf nach einem BIM-Manager. Der BIM-Manager wird laut Definition entweder als Unterstützung für den Bauherrn oder auf Planerseite angesiedelt sein. Die Rollendefinition ist z. B. in Deutschland bereits definiert und im zugehörigen BIM-Leitfaden geregelt.

Ein Diskussionsteilnehmer merkt an, dass zusätzliche Rollen vermutlich nur vorübergehend notwendig sind, da die junge Generation bereits eine fachliche mit der „managenden“ Komponente verbindet.

Für den Generalplaner ist durch den Einsatz von BIM eine Aufwandsverschiebung in eine frühere Phase – in der Detailtiefe – eindeutig feststellbar.

Es wird angemerkt, dass sich die Organisation in den Unternehmen teilweise ändern muss, jedenfalls wird verstärkt auf Aus- und Fortbildung gesetzt werden müssen. Wichtig ist aber, dass trotz aller Digitalisierung im Bauwesen weiter der Mensch im Zentrum steht. Es sind Userinterfaces anzupassen, um eine dauerhafte Anwendbarkeit im Projekt zu gewährleisten.

Durch die Digitalisierung werden neue Berufsbilder entstehen. Das Leistungsbild von Technikern wird durch die verstärkte IT-Nutzung aufgewertet.

92

5.1.4.2 Schnittstellen

Eine wichtige Anforderung liegt in der klaren Definition der Schnittstellen in Bauprojekten.

Alle Diskussionsteilnehmer sind sich einig, dass die Entwicklung in Richtung big & open BIM gehen muss. Dafür sind entsprechende Standards zu nutzen und weiterzuentwickeln, um die derzeitige Schnittstellenproblematik zwischen unterschiedlichen Softwarelösungen in den Griff zu bekommen.

5.1.4.3 Organisatorische Anforderungen bezüglich Daten, Standards und Verträgen

Verträge und Rahmenbedingungen müssen angepasst werden. Der durchgängige Austausch von digitalen Daten muss über den Lebenszyklus eines Bauprojektes funktionieren und wird in Zukunft über die IFC-Schnittstelle geregelt.

Als zentrale offene Fragen kristallisieren sich in der Diskussion heraus:

• Wer besitzt die Daten eines Gebäudemodells? Als Stichwort wird hier wiederholt Urheberrecht genannt.

• Wie bekommt man das Know-how vor Vertragsabschluss?

• Welche Entwicklungen wird es bezüglich Datenlesbarkeit und -absicherung geben?

• Wo steht der Projekt- bzw. Datenserver?

• Wer ist für Fehler im Modell verantwortlich?

• Wie wird das Original definiert? Ist das Original das Modell, die Ausführung oder die „As-built“ Daten?

Als wichtige erste Schritte im Zuge der Digitalisierung wird die Anerkennung digitaler Schriftstücke und durchgängiger digitaler Freigaben gesehen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sich sicher, dass mit fortschreitender Digitalisierung die Abrechnungsregeln nicht mehr notwendig sein werden, da in Zukunft nach dem Modell abgerechnet wird. Das „Denken“ in Leistungsverzeichnissen, Leistungspositionen und Abrechnungen wird entfallen. Außerdem gibt es im BIM-Modell „kein Schummeln“, daher entfallen Massenfehler und „Reserven“.

Die jetzige Form der Projektstruktur erscheint im Zuge der zunehmenden Digitalisierung als nicht mehr zielführend. ÖBA, PS wird es im jetzigen Sinn vermutlich nicht mehr geben. Selbst Poliere werden auf Baustellen von der Digitalisierung erfasst werden. Die Eingabe von Bautagesberichten über Tablets wird zum Baustellenalltag gehören, digitale Lieferscheine etc. werden die Effizienz bei der Baustellenabwicklung erhöhen. Entsprechende Personalressourcen müssen durch verstärkte Aus- und Weiterbildung entwickelt werden.

93

5.1.4.4 KMU

Generell wird von den Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern angeregt, finanzielle Förderungen des Mittelstands anzudenken. Anstatt Schulungen finanziell zu fördern, wäre anzudenken, die Lohnnebenkosten zu senken, da bei der Fördervergabe Willkür nicht grundsätzlich auszuschließen ist. Die gesenkten Kosten könnten wiederum in Mitarbeiterschulungen investiert werden. Es wird von einigen Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmern kritisch angemerkt, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten ausschließlich zu niedrigeren Preisen und damit zu Gunsten des Bauherrn gehen. Es ist kein unternehmensinterner Nutzen zu erwarten. Die erforderlichen Ressourcen sind im laufenden Betrieb aber noch nicht vorhanden, um sich eingehend mit der Digitalisierung und ihrer sinnvollen Anwendung im Unternehmen zu beschäftigen.

Ein wechselseitiger Austausch zwischen Unternehmen ist aus Sicht der Teilnehmer sinnvoll und findet auch statt. Wichtig ist dabei aber, dass es sich aus Wettbewerbsgründen nicht um direkte Konkurrenten handelt. Allenfalls werden überregionale Vernetzungen von KMUs als sinnvoll erachtet.

Als wichtige Themen werden von Seiten der Diskussionsteilnehmer definiert: die Definition von Schnittstellen, die Qualifikation der Mitarbeiter (Ausbildung, Umschulung) und das Vernetzen der Beteiligten untereinander (Kooperationen).

Abbildung 35: Erforderliche Rahmenbedingungen durch Digitalisierung98

In Abbildung 35 werden die, in den Workshops erkannten, notwendigen Veränderungen und Rahmenbedingungen der Digitalisierung grafisch dargestellt. In der Diskussion zeigt sich, dass diese in drei Kategorien geteilt werden können. Erstens müssen unternehmensexterne, also übergeordnete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Zweitens verändern sich die Rollen und Verantwortlichkeiten in Projekten, das reicht von komplett neuen Rollenbildern (wie z. B. BIM-Manager) bis zu einer durchgängigen kooperativen Projektabwicklung. Drittens werden unternehmensinterne Veränderungen in Bezug auf Digitalisierung erforderlich (z. B. Qualifizierungsoffensive der Mitarbeiterinnen).

98 Eigene Darstellung, Bild: http://stuttgart.carpediem.cd/data/afisha/o/34/2a/342a57efc2.jpg, abgerufen am 02.08.2017

94

5.1.5 Universitäre Ausbildung

Zum Abschluss der Workshops wird nach den notwendigen Veränderungen in der universitären Ausbildung in Bezug auf Digitalisierung gefragt.

„Das Studium sollte mehr sein als die Summe der Einzelprüfungen!“99

Die Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer merken an, dass die Studierenden die grundsätzliche Philosophie hinter der Digitalisierungsoffensive kennen lernen sollten. Im Idealfall sind nach dem Studium Kenntnisse im ausreichenden Maß vorhanden und können z. B. in der Phase der Arbeitsvorbereitung oder Logistik- und Ablaufplanung angewendet werden.

Es sollte zumindest in Teilaspekten auf vorhandene Lösungen und Softwareprodukte hingewiesen werden. Eine zusammenfassende und übergreifende Übung am Modell wäre wünschenswert. Der Vorteil der Universitäten wird darin gesehen, dass sie „losgelöst“ von der Industrie und ohne wirtschaftlichen Erfolgsdruck agieren können.

Kurzfristig sind die Studierenden jedenfalls auf BIM und Digitalisierung hinzuweisen. Außerdem sind genügend digitale Arbeitsplätze und eine entsprechende Infrastruktur auf den Universitäten zu schaffen. Es wird jedoch kritisch angemerkt, dass trotz aller „Digitalisierungsthemen“ die Grundlagen nicht vernachlässigt werden dürfen. Absolventinnen und Absolventen müssen noch immer Ergebnisse kritisch hinterfragen und auf Richtigkeit prüfen können (Stichworte: kein BlackBox BIM; Statiker muss auch noch immer Statik rechnen können).

Die Workshops verdeutlichen die Bedeutung der Lebenszykluskosten in der Lehre. Hier sollte das Verständnis für die Kosten des Betriebes geschärft und geschult werden. Die technische Gebäudeausrüstung, ein Schlüsselgewerk auf Baustellen, wird in weiten Bereichen in der Bauingenieurausbildung nicht gelehrt.

Das grundlegende Verständnis für Daten fehlt vielen Absolventinnen und Absolventen. Fragen nach der Funktion von z. B. Servern oder einer Datenbank sollten im Studium beantwortet werden. Eventuell kann hier mit modularen Weiterbildungsmaßnahmen Abhilfe geschaffen werden.

Als Grundanforderungen an eine Absolventin und einen Absolventen einer Universität wird mehrheitlich gesehen, dass eine Aufgabe erfasst, eingeschätzt und gelöst werden kann. Das Studium muss Offenheit vermitteln, über den Tellerrand zu schauen. Nicht die oder der Einzelne steht im Vordergrund, sondern das Projekt oder das Team.

99 Ein Teilnehmer während eines Workshops

95

5.2 Experteninterviews

5.2.1 Organisation

Im Zuge des Forschungsprojektes wurden insgesamt elf Experteninterviews geführt. Der Fokus bei der Auswahl der Interviewpartner lag deutlich auf öffentlichen Auftraggebern und Institutionen. Darüber hinaus wurden Experteninterviews mit den drei größten österreichischen Bauindustriekonzernen geführt. In Abbildung 36 findet sich eine Darstellung aller an den Workshops beteiligten Unternehmen.

Abbildung 36: Teilnehmer an den Experteninterviews

Die Interviews wurden ohne fix vorgegebenen Fragebogen geführt. So war es möglich, auf Themen, welche den Unternehmen besonders wichtig waren, näher einzugehen und diese ausführlich zu diskutieren. Daher gab es bei den Interviews auch keine zeitliche Einschränkung. Diese Art von „offenen“ Interviews ermöglicht Spielräume in der Gesprächsführung und kreative Zugänge zu aktuellen Problemstellungen und Lösungsvorschlägen.

Vor Beginn der Interviews wurde mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern festgelegt, dass zwar ein Protokoll geführt wird, dieses aber vertraulich behandelt und nur den teilnehmenden Personen zugänglich ist. In der Studie werden die wesentlichen übergeordneten Punkte der Diskussionen und der Protokolle unter Punkt 5.2.2 zusammengefasst.

5.2.2 Relevante Ergebnisse

Zu Beginn der Auswertung der Experteninterviews ist festzuhalten, dass für alle Betrachtungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung im Bauwesen die Sinnfrage zu stellen ist. Die befragten Unternehmen stellen sich in diesem Zusammenhang Fragen wie:

• Was kann sinnvoll digitalisiert werden und welchen Nutzen zieht das Unternehmen daraus?

• Was führt zu höherer Effizienz oder zu größerem Nutzen?

96

• Wie kann man unnötigen Aufwand (z. B. redundante Dateneingaben) und gleichzeitig Datenfriedhöfe vermeiden?

• Wie vermeidet man digitale „Spielzeuge“?

• Wie könne Zielsetzungen präzise formuliert und vereinbart werden? Für alle befragten Experten steht fest: Digitalisierung allgemein und BIM im Speziellen gewinnen deutlich an Dynamik. Das Thema erhält in Deutschland und anderen Ländern bereits verstärkt Rückenwind durch die jeweiligen Regierungen. Die Experten erwarten daher als übergeordnetes Ziel eine klare positive Positionierung der österreichischen Bundesregierung und des offiziellen Österreichs.

Österreich ist ein strukturierter, innovativer und exportorientierter Wirtschaftsstandort. Die Einführung von BIM und Digitalisierung im Bauwesen muss generell so aufgebaut und geregelt werden, dass kleine und mittlere Unternehmer nicht vom Wettbewerb bzw. vom Markt ausgeschlossen werden.

Ein übergeordneter Aspekt, der in den Interviews immer wieder erwähnt wird, ist das Verhältnis zwischen IT und Mensch. Bei aller Digitalisierung wird der Mensch die Letztverantwortung haben und es ist nach wie vor der Mensch, der die IT entwickelt, programmiert oder bedient. Das hat in mehrfacher Hinsicht Einfluss auf die künftige Entwicklung von Digitalisierung im Bauwesen.

Als wesentliche Chancen und als Haupteinsatzgebiete von BIM und Digitalisierung im allen Lebensphasen eines Bauwerks werden erkannt:

• Eine durchgängige Datenkette über dem Lebenszyklus eines Bauprojektes. Sie erleichtert nicht nur die Planung, sondern ermöglicht oder erleichtert ein durchgängiges Controlling durch Echtzeit-Datenerfassung in der Ausführung.

• Kennzahlen und Benchmarks können aus der Nutzung und dem Betrieb von laufenden Projekten gewonnen werden und zur Optimierung der Frühphase von neuen Projekten beitragen.

• Visualisierungen erlauben eine Plausibilisierung von planerischen Annahmen und eine ganzheitliche Beurteilung von Projekten. Sie können nicht nur als Verkaufsargument zielführend eingesetzt werden, sondern erleichtern selbst die Bürgerbeteiligung an Projekten.

• Digitale Simulationen erleichtern die Entscheidungsfindung in der Frühphase von Projekten (als Stichwort werden hier Variantenstudien genannt), während der Arbeitsvorbereitung und der Bauphase sind sie ebenfalls eine wertvolle Unterstützung.

• Durch die derzeit häufig praktizierte baubegleitende Planung ergeben sich zwischen den unterschiedlichen Gewerken ständige Kollisionen, welche vorwiegend in der Bauphase behoben werden. Durch den Einsatz von BIM und den Abschluss der Planung vor Baubeginn, hat man die Möglichkeit einer durchgängigen Kollisionsprüfung. So können mögliche Konfliktpunkte bereits während der Planung erkannt und beseitigt werden.

97

• Die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen hält stetig Einzug auf der Baustelle, laufende Verbesserungen im Bauablauf sind dadurch möglich.

• Es wird zu einer Neuordnung von Ausschreibung, Vergabe, Vertrag und Abrechnung kommen. Durch die Digitalisierung bietet sich die Chance diese Prozesse zu vereinfachen.

• Erwartet wird eine korrekte As-Built-Dokumentation des Bauwerks beim Übergang zur Betriebsführung. Dadurch können versteckte Mängel im Nachlauf digital aufgespürt werden.

• Die Lebenszykluskosten können durchgängig analysiert, geplant, kontrolliert und dadurch auch optimiert werden. Als Stichwort kann hier der digitale Zwilling genannt werden.

• Life Cycle Engineering wird durch die durchgängige Datenkette über alle Phasen eines Bauwerks möglich. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten im Sinne von Nachhaltigkeit und Materialwirtschaft (Stichwort: Urban Mining).

• Generell versprechen sich die Experten Effizienzgewinne durch den Einsatz von digitalen Werkzeugen über den Lebenszyklus eines Bauprojektes.

• Digitalisierung liefert wesentlich bessere Argumente für längerfristige Planungen. Derzeit sind Entscheidungs- und Planungshorizonte bisweilen zu kurzfristig, von unterschiedlichen subjektiven Motivationen und Erwartungen getrieben.

Als ein wesentliches Risiko wird gesehen, dass der Aufwand in der Planung steigt, ohne entsprechenden Nutzen für den Planer zu bringen. Bereits heute ist erkennbar, dass die Datenerhebung, Analyse und Dokumentation einen wesentlichen Zeitfaktor für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellt. Darüber hinaus gibt es noch einige offene Fragen in Punkto Interoperabilität von Softwarelösungen und Standardisierung, dazu mehr im weiteren Verlauf des Kapitels.

Grundsätzlich – so die Einschätzung der Experten – wird die Digitalisierung dazu führen, dass in den frühen Phasen eines Projektes mehr zu denken, zu kommunizieren und zu optimieren ist, was dem Projekt und dem Nutzer zugutekommt. Die Teilnehmer sich einig, dass es sich bei der Digitalisierung um ein langfristiges Thema handelt, Horizont +/-10 Jahre oder mehr. In diesem Zeithorizont sind Ziele, Strategien und Wege anzudenken und abzuhandeln. Klar in der Vision, aber flexibel in der Umsetzung – dies gilt als Grundsatz der Digitalisierung.

Dokumente, Texte und Regelungen, die in anderen Ländern bereits erfolgreich existieren, können aus Sicht der Experten als Muster übernommen werden. Das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden. Vorbildwirkung können insbesondere die deutsche Roadmap, aber auch einige beispielhafte Regelungen aus der Schweiz und dem UK haben. Das UK hat seit einigen Jahren „mustergültige“ Vorgaben, Standards und Prozesse, an denen man sich orientieren kann. Dies geht hin bis zu einer gesetzlichen Regelung für die Frühphase von Projekten und zum NEC (New Engineering Contract).

98

In den Experteninterviews kristallisieren sich neben den allgemeinen Feststellungen fünf Themenschwerpunkte heraus, auf welche nachfolgend genauer eingegangen wird und auf die sich die Branche insbesondere konzentrieren sollte:

• Gesetzliche Rahmenbedingungen

• Interoperabilität von Softwarelösungen

• Ausschreibung, Vergabe, Vertrag und Abrechnung (AVVA)

• Unternehmensinterne Veränderungen

• Forschung und Entwicklung Einige, in den nachfolgenden Punkten, erwähnte Begriffe stellen sich als Querschnittsmaterie zwischen den genannten Themenschwerpunkten heraus. Diese Punkte werden von den Autoren dieser Studie jenem Schwerpunkt zugeordnet, welcher thematisch zutreffender erscheint.

5.2.2.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen

Unter diesem Überbegriff werden in weiterer Folge Aussagen der Fachexperten zu den Themen Normung, Rechtsfragen, Datensicherheit und -lesbarkeit zusammengefasst.

Generell wird unter den Experten eine notwendige Unterscheidung der Ansätze für die Digitalisierung im Bauwesen zwischen den Sparten Hoch- und Tief(Infrastruktur-)bau gesehen. Zusätzlich ist eine wesentliche Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Auftraggebern vorzunehmen. Die öffentlichen Auftraggeber sind durch die Vergabegesetzgebung in viel höherer Form gebunden als die privaten. Im privaten Bereich der Auftragsvergabe herrschen vor allem wirtschaftliche Kosten-Nutzen-Überlegungen vor. Folglich sind private AGs bei ihren Entscheidungen und Auftragsvergaben „freier“ in der Wahl des passenden Vertragspartners. Anforderungen an das digitale Bauprojekt können rasch formuliert und umgesetzt werden. Alternative Vertragsmodelle können ebenso in der Praxis – ohne die Zwänge des Bundesvergabegesetzes umgesetzt werden. Vorteile im öffentlichen Sektor sehen die Experten gerade im Infrastrukturbau, hier wird die Chance einer standardisierten Digitalisierung von Bauprozessen durch die Vorherrschaft weniger großer öffentlicher Auftraggeber gesehen.

Die internationale Normungskette in Bezug auf Digitalisierung und BIM wird in der Praxis wie folgt gesehen: buildingSMART legt einen Standard fest, dieser wird über die ISO in die CEN und schlussendlich in die nationale Normung z. B. über das ASI umgesetzt. Wichtig ist aber aus Sicht der Experten die nationale Abstimmung in Österreich, eine bundesweit einheitliche Vorgangsweise erscheint vorteilhaft. Es gibt in allen Organisationen ähnlichen Bedarf, ähnliche Ansätze, aber derzeit noch keine durchgängigen datenbasierten Systeme und Modelle. Für die EU, ihre Wirtschaft und Industrie wird eine EU-Richtlinie zur Digitalisierung als wichtig gesehen.

Bis die internationale Normung und die Umsetzung in nationales Recht abgeschlossen ist, wird noch einige Zeit vergehen. Daher ist es wichtig, das Ziel der Entwicklung zu kennen, welches die Experten eindeutig mit Big Open BIM definieren. Es wird festgestellt, dass der

99

aktuelle Entwicklungsstand nicht praxistauglich ist, jedoch weiterhin die Bemühungen in den internationalen Gremien zur Standardisierung unterstützt und durch politischen Willen gefördert werden müssen. Um das langfristige Ziel Big Open BIM zielgerichtet und strukturiert zu erreichen, ist es wichtig, dass entsprechend in Grundlagenarbeit investiert wird. Die Umsetzung von praktischen Zwischenlösungen (Little BIM) wird nicht im Widerspruch zum großen Ziel gesehen. Es wird in allen Ländern laufende Pilotanwendungen mit Little BIM geben, um Lerneffekte zu generieren. Um Open Big BIM umzusetzen und die Vision ernsthaft zu verfolgen, sollten aus Sicht der Experten folgende Themengebiete bearbeitet werden:

• Strategien formulieren

• Pilotprojekte initiieren

• Prozesse und Standards definieren

• Informationen und Daten sammeln

• IT-Infrastruktur aufbauen

• Menschen und Qualifizierung fördern Die Digitalisierung bietet nach Einschätzung der befragten Experten eine einmalige Chance, um Werkvertragsnormen, Ausschreibungsbedingungen und Verträge generell neu zu denken und zu vereinfachen.

Die Experten stellen fest, dass die Datensicherheit ein wesentlicher Faktor für die Akzeptanz von digitalen Bauprojekten ist. Die durchgängige Datenkette ist eine unabdingbare Voraussetzung, um effizientes Bauen zu ermöglichen. Trotzdem stellen Themen wie Datensystematik, Datenqualität und die ständige Verfügbarkeit, also die dauerhafte Haltbarkeit und Lesbarkeit von Daten, eine noch nicht gelöste Herausforderung der Digitalisierung dar.

Bei der Verfügbarkeit von Daten über Generationen ist laut Einschätzung der Experten eine laufende Aktualisierung der Datenbestände bzw. Softwareprogramme von großer Bedeutung. Bei der rasanten Entwicklung der IT-Daten und -Tools kommt es darauf an, dass das Vorhandene ständig abrufbar und bearbeitbar erhalten wird. Datenbrüche, die im Nachhinein nicht mehr überwindbar sind, sollen so vermieden werden.

Für neue Berufs- und Rollenbilder, wie z. B. den „BIM-Koordinator“ oder den „BIM-Manager“, fehlt es an (universitärer) Ausbildung. Angeregt werden von den Experten Unternehmenspartnerschaften, sowie „On-the-Job-Training“ und digitale Praktika. Rollenbilder und Leistungsbilder für BIM-Koordination und BIM-Management sind wichtig. Daher muss es allgemein anerkannte Standards für die Ausbildung geben. Abhilfe würde hier ein national abgestimmtes Ausbildungsprogramm schaffen, das in alle erforderlichen Ebenen (HTL, Fachhochschulen und Universitäten) Eingang findet.

100

5.2.2.2 Interoperabilität von Softwarelösungen

Unter Interoperabilität von Softwarelösungen wird verstanden, dass eine durchgängige digitale Datenkette über die Projektphasen Planen, Bauen und Betreiben eines Bauprojektes ermöglicht wird. Darin eingeschlossen verstehen sich die viel diskutierte Schnittstellenthematik, der Aufbau eines Merkmalservers und die bessere Einbindung des Facility-Managements in frühe Projektphasen.

Ein zentrales Thema für Big open BIM und eine abgestimmte Digitalisierung, insbesondere der Prozesse im Zuge der AVVA, ist der Aufbau und Betrieb eines Merkmalservers oder Property Servers. Zwischen den Experten herrscht Einvernehmen, dass dieses Thema in mehreren Ebenen abgestimmt abzuhandeln ist

• Internationaler Property Server bei bSI100 (weltweiter Open BIM IFC-Standard )

• National kompatible Property Server (Merkmalserver, MMS) auf der Grundlage nationaler Gesetzgebung und Normung

• Industrie-Server für Bieter, Auftragnehmer, Konsulenten, Lieferanten Aus den Gesprächen geht eindeutig hervor, dass ein solcher Merkmalserver als neutrale Datenbank gesehen werden muss. Ohne einen allgemein akzeptierten MMS ist eine Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten an einem multidisziplinären Gebäudemodell nicht möglich. Der Merkmalserver muss vor allem benutzerfreundlich sein. Der MMS funktioniert analog zu einem elektronischen Standard-LB und soll bieterneutrale Vergabeverfahren ermöglichen. Dem national (oder darüber hinaus) akzeptierten MMS werden die Bieter-Industrie-Property-Server gegenüberstehen. Sie müssen freien und fairen Wettbewerb ermöglichen und mit dem MMS eine genormte Schnittstelle haben. Derzeit entwickeln andere Länder wie Deutschland und Schweiz mit Hochdruck ihre eigenen Merkmalserver. Bei dem Thema wäre es nach Ansicht der Experten wichtig, dass in Österreich eine einheitliche Linie vorgegeben wird. Empfohlen wird daher, den österreichischen Merkmalserver (Property Server) am ASI anzusiedeln, weil dies eine anerkannte und unangefochtene nationale Stelle ist und eine neutrale Wartung zusichern würde. Der Merkmalserver muss einerseits national sein, weil er den nationalen Normen und Gesetzen entsprechen muss, andererseits international zumindest im DACH-Raum und in der EU soweit abgestimmt sein, dass keine groben Insuffizienzen und Widersprüche für die praktische Arbeit entstehen.

Für den Prozess der Digitalisierung generell scheint es entscheidend, dass in der Phase des Betreibens begonnen wird. Also Betreiben – Planen – Bauen. Aus dem Betrieb (Wartung, Instandhaltung etc.) kennt man die größten Kostentreiber und damit die Kostenhebel. Dort entstehen Kennwerte und Benchmarks, die man in den früheren Projektphasen braucht um den gesamten Lebenszyklus optimieren zu können. Die Konzentration von BIM und Digitalisierung auf die Planungsphase wird als eine Fehlentwicklung eingeschätzt. Auch wenn generell die Digitalisierung im Vordergrund stand, ist BIM in der Planung und FIM im

100 buildingSMART International

101

Betrieb bei allen Gesprächen ein wesentliches Thema. Die vernetzte Baustelle wird als Vision gesehen, ihr ist dementsprechend Beachtung zu schenken.

Vieles läuft bereits digital in den Bauprojekten, allerdings in unterschiedlichen „digitalen Inseln“, die miteinander derzeit kaum zu verknüpfen sind. Entscheidend sind daher die Schnittstellen, oder mit einem anderen Wort „Verbindungsstellen“. Mit Verbindungsstellen ist impliziert, dass der jeweilige Ersteller (Übergebende) dem jeweiligen Nutzer (Übernehmenden) mit seinem Wissen und Know-how entgegenkommt. Es sind nicht nur die Verbindungsstellen zwischen verschiedener Planungssoftware sicherzustellen, sondern jene zu anderen bereits bestehenden Tools zu gewährleisten, als Beispiel wurden hier kaufmännischen IT-Tools (SAP, Zeiterfassungsprogramme) genannt.

Die As-Built-Dokumentation bzw. die intelligente Bestandserhebung und Dokumentation ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Die heutige Praxis mit Punktwolken erfüllen noch nicht den Bedarf der Betreiber, die konkrete Aussagen bis hin zu eindeutig definiertem TGA-Material etc. brauchen. Die As-Built-Dokumentation und die Schnittstelle zwischen Planen/Bauen einerseits und Nutzen/Betreiben andererseits sind wesentliche Elemente der Digitalisierung, ebenso wie die Rückkopplung von Nutzen/Betreiben in die Frühphasen von Projekten.

Das Facility-Management benötigt für den Betrieb jedoch nicht alle anfallenden Daten aus den vorhergehenden Projektphasen, sondern nur rechtliche, wirtschaftliche und wartungsrelevante Daten. Damit die erzeugte Datenbank nicht als Datenfriedhof endet, müssen die notwendigen Daten für den Betrieb identifiziert, erfasst und dem Facility-Management zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten ist eine Überforderung der Beteiligten zu befürchten, der Nutzen der Digitalisierung ist solcherart für die Projektbeteiligten nicht erkennbar.

Das Tätigkeitsfeld Facility-Management wird immer größer und komplexer, eine strukturierte und innovative Ausbildung bzw. Schulung scheint aus Expertensicht daher erforderlich.

5.2.2.3 Ausschreibung, Vergabe, Vertrag und Abrechnung (AVVA)

Unter AVVA werden die Ausschreibung, Vergabe, Vertrag und Abrechnung von Bauleistungen verstanden. Die Leistungskette AVVA Ausschreibung Vergabe Vertrag Abrechnung wird als ein Herzstück bei der Digitalisierung der Wertschöpfungskette im Bauwesen gesehen. Sie ist sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für private Auftraggeber erfolgsentscheidend, wenn auch mit möglicherweise unterschiedlichen Ausprägungen. Bei den öffentlichen Vergaben stehen Transparenz und Unangreifbarkeit im Vordergrund, bei den privaten Vergaben ausschließlich wirtschaftliche Interessen. Ein wesentliches Thema ist, ab wann die Planung im Modell erfolgt (ab Entwurf) und in welcher Form dieses Modell in der Prozesskette AVVA (Ausschreibung Vergabe Vertrag Abrechnung) zwischen AG und AN übergegeben wird, mit allen Konsequenzen und Implikationen wie z. B. Schnittstellen, vollständige Informationsübergabe, Lesbarkeit und Haltbarkeit der Daten, Verantwortung für die Daten, rechtliche Aspekte, wirtschaftliche Aspekte wie z. B. in der Kalkulation, offene Sphäre AG, geschützte Sphäre von Bietern im Wettbewerb.

102

Die Experten stellen einstimmig fest, dass derzeit der Aspekt der baubegleitenden Planung ein wesentliches Hemmnis in der Projektabwicklung darstellt und die Ursache vieler Probleme ist. BIM wird hier zu einem fertigen Modell vor der Ausführung „zwingen“ und zu erheblichen Effizienzsteigerungen führen. Der Übergang der Verantwortung von Planern zu Ausführenden ist erfolgskritisch. Die Projektabwicklungsmodelle werden sich im Zuge der Digitalisierung ändern, ebenso wie die kritische Prozesskette AVVA. Der internationale Trend geht heute eher zu Design&Build. Es ist abzusehen, dass Ausschreibungen und Vergaben zukünftig auf Basis eines direkten Austausches von Modellen geschehen werden. Die Bieter werden auf Basis von Modellen kalkulieren, die sie vom AG zur Verfügung gestellt bekommen. Sie werden ihre technisch-wirtschaftlichen Optimierungsvorschläge in diese Modelle einarbeiten. Zuletzt werden diese Bietermodelle im Sinne von Angeboten auf die AG-Server zurückgestellt und auf dieser Basis der Bestbieter ermittelt. Wenn über digitale Modelle ausgeschrieben, vergeben, Verträge geschlossen und Baustellen geführt und abgerechnet werden, wird es keine mengenbasierten Claims im derzeitigen Sinne mehr geben. Das wird gemeinhin als großer Vorteil gesehen.

Die Experten sind sich einig, dass mit der geänderten AVVA-Prozesskette neue Vertragsmodelle im Bauwesen entstehen.

Betreffend der Softwarelösungen wird im Bereich Massenermittlung und AVVA derzeit RIB iTWO als Marktführer gesehen. Automatische Mengenermittlung, durchgängige Kalkulation, Standard-Leistungsbeschreibungen in BIM Projekten und Abrechnungsregeln sind Themen, die derzeit noch nicht ganzheitlich geklärt sind. Hier fehlt es ebenfalls an Standardisierung. Für die Experten stellen sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

• Wie wird zum Beispiel mit den österreichischen Standard-Leistungsbüchern bei digitalen Projekten umgegangen?

• Wird es durch die Digitalisierung zu einer Vereinfachung kommen oder führt die Standardisierung zu einer noch unübersichtlicheren Normung?

Angemerkt wird von Expertenseite, dass PPP-Projekte101 von ihrem grundsätzlichen Aufbau her eher eine durchgängige digitale Wissenskette, also Datenkette ermöglichen. Als Bauherr von PPP-Projekten ist es wichtig, dass nach der vereinbarten Laufzeit von z. B. 30 Jahren, ein gut dokumentiertes Projekt in einwandfreiem Zustand retourniert wird (Abwicklungsmodell BOT Build-Operate-Transfer).

5.2.2.4 Unternehmensinterne Veränderungen

Für Unternehmen stellen sich aus Sicht der Experten äußerst sensible Fragen in Bezug auf Digitalisierung, welche je nach Unternehmensgröße und Ausrichtung individuell zu beantworten sind:

101 Public-private-Partnership Projekte

103

• Wie früh geht man als Unternehmen in ein neues Thema? Setzt man früh auf digitale Innovation, oder wartet man auf tragfähige Standards und wählt die Unternehmensstrategie des defensiven Anwenders?

• Wie hoch ist das Risiko von stranded Investments?

• Wird eine Strategie der zentralisierten Digitalisierung gewählt oder sind dezentrale Lösungen vorteilhafter? Wie ist das unternehmensinterne Rollout organisiert?

• Wie berücksichtigt man die Mitarbeiter/innen? Sie sind und bleiben die wichtigsten Erfolgsfaktoren, gegen deren Widerstand sich neue Arbeitsprozesse gar nicht oder nur schwer umsetzen lassen.

• Wie findet man die richtigen Mitarbeiter/innen und bindet sie langfristig ans Unternehmen?

Viel diskutiert wird die Frage, ob der Schutz von digitalem Know-how zu Wettbewerbsvorteilen führen kann. Es herrschte Einigkeit, dass die Weitergabe von Daten und damit einhergehende Transparenz eine Selbstverständlichkeit sein wird. Digitalisierung und Transparenz sind ein „logisches Paar“. Einerseits ist Transparenz im Wege systematischer, offener Daten eines der wesentlichen Ziele der Digitalisierung. Andererseits ermöglichen genau diese Daten unternehmensinterne Einblicke, die wettbewerbsrechtlich bedenklich sein können. Es liegt in der Verantwortung der Führenden (Management) und Administratoren (Systemverantwortlichen) eine unbedingt erforderliche Balance zwischen Transparenz und Datensicherheit herzustellen und aufrecht zu erhalten. Ohne dieser wird langfristig der Erfolg gefährdet.

Digitale Vernetzung fördert die Kreativität der Personen und Teams im Unternehmen und die Effizienz in den Unternehmen durch maßgeschneiderte Prozesse. Die Prozesse stehen im Mittelpunkt der Digitalisierung, sie sind in Zukunft verstärkt ablauforientiert (unternehmensorientiert) und nicht projektorientiert. Klare und für alle verständliche Prozesse sind dabei erfolgsentscheidend.

Für die Experten ergeben sich zwei Schwerpunkte, die besonders zu beachten sind:

• Eindämmung einer unstrukturierten und unbeherrschten Datenflut (Stichwort: Datenfriedhöfe)

• Das Falsche darf nicht „digitalisiert“ werden. Falsche Prozesse, unvollständige Systematiken und Bestände, etc. bringen keinen Innovationsschub.

Die Digitalisierung ist für viele Unternehmen jedenfalls Anlass, Abläufe zu prüfen und zu optimieren.

5.2.2.5 Forschung und Entwicklung

Aus Sicht der Expertinnen und Experten sind Praxis-Foren für den Innovationsaustausch sinnvoll, um den Stand der Technik und Chancen und Risiken bei konkreten Pilotprojekten evaluieren und diskutieren zu können.

Folgende Forschungsthemen werden von den befragten Expertinnen und Experten als wichtig gesehen und es wird angeregt, diese wissenschaftlich zu bearbeiten:

104

• Rechtsfragen der Digitalisierung wie Haftung, Urheberrecht, …

• Vergütung der BIM-Planung

• Prozesskette AVVA, Ausschreibung, Vergabe, Vertrag, Abrechnung

• AIA Auftraggeber-Informations-Anforderung

• Just-in-Time Lieferungen im Bauprozess – Logistik Mit der zunehmenden Digitalisierung im Bauwesen werden bestehende Prozesse hinterfragt, hier bietet sich ein breites Feld für zukünftige Forschung. Fragestellungen die in diesem Zusammenhang von Interesse sein könnten, werden nachstehend angeführt:

• Wird nur ein BIM-Modell in sämtlichen Projektphasen übergeben?

• Wird es noch Leistungsverzeichnisse und Standardleistungsbeschreibungen geben?

• Wie wird mit BIM bei Ausschreibungen oder der Abrechnung mit Themen wie z. B. Baustelleneinrichtung, Baugrubensicherung, Bauzaun, Gerüste etc. umgegangen?

• Wird es vermehrt zu Pauschalverträgen kommen?

• Wie werden sich die Vergabe- und Abwicklungsmodelle ändern?

• Wie ändern sich die Rollenbilder von Architekten, Ingenieuren und Ausführenden?

• Wie wird ein Early Involvement von Bau und Betrieb vertraglich organisiert?

• Kommt es verstärkt zu Design&Build, also Totalunternehmer-Modellen?

• Wann erfolgt der Übergang von der AG Planung zur AN Planung?

• Welche erfolgreichen internationalen Modelle können als Maßstab herangezogen werden?

• Wie wird das Bundesvergabegesetz auf BIM, Digitalisierung, AVVA und Lebenszykluskosten reagieren?

Ein weiteres Forschungsfeld, das erst durch BIM und Digitalisierung möglich wird, ist die Planung, Kontrolle und Optimierung der Lebenszykluskosten. Derzeit gibt es dafür keine allgemeinen, durchgängigen Algorithmen für Bau und Betrieb. Daher sind derzeit Ausschreibungen mit Bewertung der Lebenszykluskosten äußerst problematisch. Die durchgängige Datenkette zwischen Betreiben (nachgelagert), Planen und Bauen (vorgelagert) funktionieren noch nicht. Allein die Bewertung und Standardisierung der Lebensdauern der einzelnen Baustoffe, Bauteile, Bauelemente ist uneinheitlich und stellt eine bis dato ungeregelte „Schraube“ bei der Berechnung der Lebenszykluskosten dar. Neben der Frage der Lebenszykluskosten sind Benchmarks und Kennzahlen aus dem Betrieb wesentlich, um eine Optimierung des Lebenszyklus zu ermöglichen. Zu beiden gibt es Ansätze aus der Nachkalkulation der bestehenden Bauten und Anlagen, aber noch kein insgesamt zusammenhängendes System oder Datengerüst. Die Digitalisierung bietet einen durchgängigen Ansatz. Nicht betriebseigene Benchmarks können auf übergeordneter Ebene oder in Projektanfangsphasen wertvoll sein, generell sind aber eigene, betriebsinterne Kennzahlen wesentlich.

Nachhaltigkeit stellt sich besonders für öffentliche Auftraggeber als wichtiges Thema dar. Entwicklungen wie Life Cycle Management und Total Cost of Ownership erhalten zunehmend Beachtung.

105

Abbildung 37: Ergebnisse der Experteninterviews102

In Abbildung 37 werden die sich aus den Experteninterviews ergebenden kategorisierten Herausforderungen der Digitalisierung im Bauwesen dargestellt.

5.3 Meinungsbild von kleinen und mittleren Unternehmen Ein Fokus der Roadmap zur Digitalisierung im Bauwesen liegt auf kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). KMUs liefern einen wesentlichen Input zu Chancen und Risiken im Zusammenhang mit Digitalisierung im Bauwesen. Um eine möglichst hohe Anzahl von Unternehmen in das vorliegende Forschungsprojekt miteinzubeziehen, ist vom Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement, Forschungsbereich Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik, ein Fragebogen zur Digitalisierung im Bauwesen speziell mit dem Fokus auf Klein- und Mittelbetrieben entwickelt worden. Mit Hilfe dieser Umfrage konnten die grundsätzlichen Meinungen von Klein- und Mittelbetrieben erfasst und wissenschaftlich ausgewertet werden. Der Fragebogen, welcher im Anhang enthalten ist, konnte online über den Link http://bit.ly/digibau im Zeitraum vom 01.06.2017 bis 05.09.2017 ausgefüllt werden. Der Link ist zusammen mit einem Begleitartikel in zahlreichen Fachzeitschriften u.a. Bauaktuell, Österreichische Bauzeitung und Bau-Immobilien-Report erschienen. Außerdem wurden insgesamt 190 ausgewählte Unternehmen direkt angeschrieben. An der Umfrage haben schlussendlich insgesamt 49 Unternehmen teilgenommen.

Die Umfrage ist in drei Kapitel gegliedert:

• Unternehmenskategorisierung

• Digitalisierung

• Building Informationen Modeling

102 Eigene Darstellung, Bild iStock

106

5.3.1 Unternehmenskategorisierung

Die Meinung der KMUs zu Digitalisierung im Bauwesen ist abhängig davon, in welcher Branche die Personen tätig sind und welche Größe das Unternehmen hat. Aus diesem Grund wurde zu Beginn des Fragebogens ein Block mit Klassifizierungsfragen gesetzt, der eine Kategorisierung der an der Umfrage teilgenommenen Betriebe erlaubt. Die Ergebnisse der Klassifizierungsfragen erlauben zudem den Vergleich mit zukünftigen Studien.

Nach der Empfehlung der Europäischen Kommission und der zugehörigen Definition im Kapitel 2.4 dieser Studie erfolgt die Einteilung in Klein-, Mittel- und Großbetrieben nach der Beschäftigtenanzahl und des Unternehmensumsatzes. In Abbildung 38 sind die Mitarbeiteranzahl und der jährliche Umsatz der an der Umfrage teilgenommenen Unternehmen veranschaulicht. Rund 43 % haben weniger als zehn Beschäftigte im Unternehmen und der Umsatz beträgt bei rund 57 % teilgenommenen Unternehmen unter zwei Millionen Euro im Jahr. Anhand dieser Diagramme ist zu erkennen, dass die Umfrageteilnehmer vor allem aus Klein- und Kleinstunternehmen stammen.

Abbildung 38: Mitarbeiteranzahl im Unternehmen (li.), jährlicher Umsatz des Unternehmens in Mio. € (re.)

In Abbildung 39 werden die Unternehmer nach Branche unterschieden. Ein großer Anteil der an der Studie teilnehmenden Unternehmen (96 %) ist im Hochbau tätig. Bei einer weiteren Fragestellung gaben rund 42,9 % der an der Umfrage beteiligten KMUs an, dass Sie international tätig sind.

Abbildung 39: Ergebnis zur Frage: In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig? Mehrfachnennungen möglich

43%

31%

14%12%

<10<50<250>250

57%

19% 12%12%

<2 Mio €<10 Mio €<50 Mio €>50 Mio €

96 %76 %

45 %29 %

16 %10 %

8 %

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0 120,0

Hochbau-NeubauHochbau-Sanierung

IndustriebauTiefbau (Kanal, Straßenbau)

EisenbahnbauTunnelbau

Spezialtiefbau

107

In Abbildung 40 ist die Aufteilung der Umfrageteilnehmer und Umfrageteilnehmerinnen nach Gewerken dargestellt. Zirka die Hälfte der KMUs stammen aus einem Planungsunternehmen. Die ausführenden Betriebe sind laut Abbildung 40 mit 33 % am zweitstärksten vertreten. Der Rest der Teilnehmer und Teilnehmerinnen ist den Bereichen Claim Management, Betrieb und Auftraggeber zuzuordnen.

Die durchschnittliche Aufragsummen einzelner Projekte liegen zwischen 10.000 und 100.000 € (Rund 53 % gemäß Abbildung 41). Zudem geben 30,6 % der befragten Personen an, dass die öffentliche Hand ihr wichtigster Auftraggeber ist.

Abbildung 40: Ergebnis zur Frage: Welche Aufgaben übernimmt Ihr Unternehmen hauptsächlich bei Bauprojekten?

Abbildung 41: Ergebnis zur Frage: Welche durchschnittliche Auftragssumme (brutto) haben Ihre Projekte?

5.3.2 Digitalisierung im Bauwesen

In diesem Umfrageabschnitt sind die Teilnehmer über Chancen, Herausforderungen und Ihren Informationsstand zum Thema Digitalisierung im Bauwesen befragt worden. In der Unternehmensstrategie ist bei 78 % der Befragten das Thema Digitalisierung verankert. Dieser hohe Prozentsatz lässt sich durch die starke Medienpräsenz von Begriffen wie Industrie 4.0, digitale Revolution usw. in den letzten Jahren erklären. Dieses Umfrageergebnis zeigt auch, dass KMUs grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber Digitalisierungsthemen sind.

Gefragt nach den Veränderungen durch die zunehmende Digitalisierung geben die Befragten an, dass sie vorwiegend positive Auswirkungen erwarten (siehe Abbildung 42). Dabei wird das größte Potenzial speziell für den Planungsprozess erkannt, hier meinen 96 % der

51%

33% 4%8%4%

PlanungAusführungBetrieb (FM)AuftraggeberClaimmanagement

18%35%

27% 16%4%

<10.000 €10.000 bis 100.000 €100.00 bis 1 Mio €1 Mio € bis 10 Mio €>10 Mio €

108

Teilnehmer und Teilnehmerinnen, dass sich durch die zunehmende Digitalisierung Verbesserungen einstellen. Aber auch in der Bauausführung und dem Betrieb sind über drei Viertel der Befragten der Ansicht, dass die Digitalisierung einen positiven Einfluss auf die Bauprojektabwicklung hat. Dieses Ergebnis deckt sich mit der internen Umfrageauswertung bei der Veranstaltung 8. Wiener Gesprächen – Wissenschaft und Bauwirtschaft am Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement.

Abbildung 42: Auswirkung von Digitalisierung

In Abbildung 43 ist der Kenntnisstand zu bestimmten Digitalisierungsthemen dargestellt. Besonders hervorzuheben ist hier der Wissensstand über das Open BIM-Format Industry Foundation Classes (IFC). Es gaben 82 % der teilnehmenden KMU an, dass ihnen dieses Datenaustauschformat nicht bekannt ist oder sie nur gering darüber informiert sind. Beim Open BIM-Prozess sind die Austauschformate herstellerunabhängig,103 d. h. für die Umsetzung vom Open BIM-Prozess ist ein offenes Format, wie das international anerkannte IFC-Dateiformat, zwingend notwendig. Der niedrige Kenntnisstand über IFC bei den KMUs wirkt sich daher nachteilig für die Entwicklung und Förderung von Open BIM Standards aus. Weiterbildungsmöglichkeiten für KMUs zu diesem Thema sollten daher in den nächsten Jahren angeboten und unterstützt werden. Eine intelligente Baustellenlogistik (z. B. „just in time-Lieferungen“, kommunizierende Maschinen, RFID) weist mit 75 % ähnlich niedrige Kenntniswerte wie der IFC-Standard auf. Der Kenntnisstand der Befragten ist in den Bereichen „Wissensmanagement“ und „Digitale Ausschreibung nach ÖN A 2063“ am höchsten.

103 Borrmann, König, Koch, Beetz Hrsg., Building Information Modeling, Seite 440

96 %

76 % 80 %

0 %

20 %

40 %

60 %

80 %

100 %

Planen Bauausführung Betrieb

Zust

imm

ung:

Pos

itive

Au

swirk

ung

109

Abbildung 43: Ergebnis zur Frage: Wie ist Ihr Kenntnisstand über folgende Digitalisierungsthemen?

Durch die Digitalisierung im Bauwesen entstehen neue Chancen und Herausforderungen für Klein- und Mittelbetriebe. Bei der Umfrage der TU Wien hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, vorgegebene Aussagen zu Chancen und Risiken der Digitalisierung zu bewerten. Eine Ergebnisübersicht ist in Abbildung 44 und in Abbildung 45 dargestellt. Die größten Chancen sehen die Teilnehmer in der verstärkten Mobilität, der besseren Vernetzung von Projektbeteiligten, einem besseren Informationsaustausch und transparenteren Bauprozessen. Die mögliche Kostenersparnis, bedingt durch neue Technologien, wird von allen getroffenen Aussagen am kritischsten beurteilt. Trotzdem stimmten 54 % der Befragten zu, dass die Digitalisierung zu einer Kosteneinsparung in der Baubranche führen wird.

Die hohen Investitionen und die laufende Fort- und Weiterbildung in Bezug auf neue Digitalisierungstechnologien und -prozesse werden von den KMU als größte Herausforderung betrachtet. Das Thema der Datensicherheit (Cyberkriminaltiät) ist bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen ebenfalls von großer Bedeutung. Beim Thema Wettbewerbsnachteil für KMU sind die an der Umfrage beteiligten KMUs unschlüssig, 53 % sehen durch die Digitalisierung eher einen Wettbewerbsnachteil für KMUs.

Durch den Vergleich von Abbildung 44 mit Abbildung 45 wird ersichtlich, dass die Chancen in Bezug auf Digitalisierung im Bauwesen wesentlich mehr Zustimmung erfahren, als die Herausforderungen. Eine positive Grundhaltung der KMUs dem Thema gegenüber kann daraus abgeleitet werden (vergleich auch Abbildung 42).

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Industry Foundation Classes (IFC)

Digitale Ausschreibung nach ÖN A 2063

Intelligente Baustellenlogistik

Drohnen

Bauroboter

3D-Druck

Wissensmanagement

nicht bekannt gering informiert gut informiert habe damit gearbeitet

110

Abbildung 44: Ergebnis zur Frage: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Chancen der Digitalisierung für KMUs zu?

Abbildung 45: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Risiken der Digitalisierung für KMU zu?

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Mehr Mobilität

Neue Geschäftsfelder

Bessere Vernetzung der Projektbeteiligten

Bauprozesse werden transparenter

Beschleunigung der Arbeitsprozesse

Steigert die Wettbewerbsfähigkeit

Kostensparen, Kostengünstig

Verbessert das arbeitsplatzunabhänigeArbeiten

Informationsaustauch wird verbessert

stimme voll und ganz zu stimme eher zustimme eher nicht zu stimme überhaupt nicht zu

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Mehr Konkurrenz aus anderen Ländern

Gefahr der Datensicherheit

Wettbewerbsnachteil für KMU

Erhöhter Zeitaufwand

Arbeitsplätze gehen verloren

Geringe Flexibilität im Bauablauf

Fortbildung eine große Herausforderung fürKMU

Hohe Investitionen notwendig

stimme voll und ganz zu stimme eher zustimme eher nicht zu stimme überhaupt nicht zu

111

5.3.3 Building Information Modeling

Digitalisierung stellt einen Überbegriff für viele verschiedene Technologien und Prozesse dar, welche die Baubranche bereits beeinflussen oder in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen werden. Einer der wesentlichsten Entwicklungen in diesem Kontext ist Building Information Modeling (kurz BIM). Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind in einem eigenen Abschnitt des Fragebogens explizit zu BIM befragt worden.

Eine eindeutige Definition oder Beschreibung des Begriffs Building Information Modeling (BIM) konnte sich bisher nicht durchsetzen. Abbildung 46 listet die Zustimmung der Umfrageteilnehmer zu verschiedenen Definition für BIM auf. Die Aussagen „ein digitales Modell zur gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit“ und „Strukturierte Verknüpfung von Geometrie- und Bauteilinformationen“ haben die größte Zustimmungen bei den Teilnehmern. Diese Aussagen stimmen mit der in dem Forschungsprojekt ermittelten Definition von BIM überein (vergleiche Kapitel 2.2). Das Building Information Modeling ausschließlich eine reine 3D-Darstellung von Plänen wäre, wurde von allen Teilnehmern verneint. Außerdem betrachteten nur 12 % der befragten KMUs BIM als reine Software.

Abbildung 46: Ergebnis zur Frage: Was verstehen Sie unter BIM? Mehrfachnennungen möglich

In Abbildung 47 ist der Kenntnisstand der KMUs über Building Information Modeling dargestellt. 33 % der befragten kleinen und mittleren Unternehmen sind der Meinung, dass sie gut über dieses Thema informiert sind. Eine Mehrheit von 53 % sieht sich als etwas informiert an.

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86 %

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0

reine 3D -Darstellung von Projekten

Ist vor allem eine Software

3D -Darstellung von Projekten

Ist vor allem eineArbeitsmethode/Denkhaltung

Eine zentrale Datenbank für sämtliche Dateneines Projekts

Strukturierte Verknüpfung von Geometrie-und Bauteilinformationen

Ein digitales Modell zurgewerbeübergreifenden Zusammenarbeit

112

Abbildung 47: Ergebnis zur Frage: Wie groß ist Ihr Informationsstand über BIM (Building Information Modeling)?

26,5 % der befragten Unternehmen geben an, dass sie bereits mit Building Information Modeling gearbeitet haben. Eine differenzierte Betrachtung dieser Ergebnisse wird in Abbildung 48 ausgearbeitet. In dieser Abbildung ist die Art der Zusammenarbeit der Unternehmen, welche bereits laut eigener Angabe mit BIM gearbeitet haben, mit anderen Projektbeteiligten dargestellt. Bei den meisten Projekten wird auf verschiedenen Modellen geplant, jedoch können Änderungen durch Import-/Exportfunktionen in einigen Fällen übernommen werden.

Abbildung 48: Ergebnis zur Frage: Wenn Sie BIM nutzen: Wie arbeitet Ihr Unternehmen mit Planungspartnern zusammen?

Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer (73,5 %) hat jedoch noch nie mit Building Information Modeling gearbeitet. Als Hauptgrund für die Nichtverwendung von BIM, gaben die Befragten

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33%

kenne ich nichtsehr gering informiertetwas informiertgut informiert

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An einem gemeinsamen digitalenPlanungsmodell über Onlineserver

An mehreren digitalenPlanungsmodellen in Form von

Modulen und Hierarchien

Jeder Planer arbeitet an einemeigenen Modell, Änderungenkönnen jedoch über Import /

Exportfunktionen übernommen werden

Jeder Planer arbeitet an einemeigenen Modell, Änderungenmüssen manuell aktualisiert

werden

Planungspartner nutzen keineobjektbasierte Planung

Immer Häufig Selten Nie

113

an, dass der Einsatz vom Auftraggeber derzeit nicht gefordert wird (siehe Abbildung 49). Dennoch wollen 61 % der kleinen und mittleren Unternehmen in den nächsten fünf Jahren BIM im Betrieb anwenden (siehe Abbildung 50).

Abbildung 49: Ergebnis zur Frage: Wenn Sie BIM nicht nutzen, was ist der Hauptgrund dafür?

Abbildung 50: Ergebnis zur Frage: Wenn Sie BIM nicht nutzen: Haben Sie geplant BIM in den nächsten Jahren zu verwenden?

Ein effizienter Datenaustausch zwischen den Projektbeteiligten senkt die Konfliktpunkte innerhalb des Planungs- und Bauprozesses und fördert eine integrale Zusammenarbeit. Der Erhalt von bearbeitbaren Daten reduziert zudem das redundante Einarbeiten von Daten und Informationen. Der Austausch von aktuellen und bearbeitbaren Daten zwischen den Projektbeteiligten wird für die erfolgreiche Abwicklung von Bauprojekten von immer größerer Bedeutung. Diese Anforderung ist einer der Hauptgründe für die Entwicklung von BIM. Eine Übersicht, welche Dateiformate die Umfrageteilnehmer und Umfrageteilnehmerinnen von anderen Projektbeteiligten (Auftraggeber, Fachplaner, etc.) erhalten, ist in Abbildung 51 dargestellt. Eine Auflistung von Dateiformaten, welche die befragten Betriebe anderen Projektbeteiligten zur Verfügung stellen, ist in Abbildung 52 ersichtlich. Der Datenaustausch zwischen Unternehmen erfolgt laut beiden Abbildungen großteils durch den PDF-Dateityp. Das Open BIM-Format Industry Foundation Classes (IFC) kommt beim Datentransfer zwischen Projektbeteiligten derzeit kaum zum Einsatz.

10%6%53%

25%

6%

fehlende Standards

Kosten sind zu hoch

Einsatz wird nicht gefordert

derzeitiger Ablauf erfordert keine Anpassung

Sonstige

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Ja <2 JahreJa <5 JahreNeinWeiß nicht

114

Abbildung 51: Ergebnis zur Frage: In welchem Dateiformat erhalten Sie die Unterlagen für ein Projekt von den Beteiligten? Mehrfachnennungen möglich

Abbildung 52: Ergebnis zur Frage: In welcher Art stellen Sie Ihre Unterlagen (z. B. Berechnungen/ Aufmaßblätter/ Pläne) Ihren Projektbeteiligten zu Verfügung? Mehrfachnennungen möglich

Die Umfrageteilnehmer und Umfrageteilnehmerinnen hatten die Möglichkeit vorgegebene Aussagen zu Chancen und Risiken über Building Information Modeling zu bewerten. Eine Ergebnisübersicht wird in Abbildung 53 und in Abbildung 54 dargestellt. Die größten Chancen von BIM sehen die Teilnehmer in einer verbesserten Nachweisführung und Dokumentationsmöglichkeit, der effizienteren Gebäudenutzung durch Gebäudevariantensimulation und transparenteren Abläufen durch den Einsatz von BIM in den einzelnen Lebensphasen eines Bauwerks (Planen, Bauen und Betreiben). Die mögliche Kostenersparnis und die Reduzierung von Konflikten durch BIM wird von allen Aussagen am kritischsten beurteilt. Eine Verbesserung der Konfliktlösung beziehungsweise

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Pdf

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Excel-Datei

Handschriftlich (Plan, Bericht)

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Pdf

CAD-File (z.B. dwg, pln,...)

IFC-Datei

Handschriftlich (z.B. Plan, Bericht)

Excel-Datei

Über eine Online Datenbank (Cloud)

Immer Häufig auf Anfrage nie

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Konfliktverhinderung durch BIM wird von einer Mehrheit (58 %) der Teilnehmer nicht gesehen.

Abbildung 53: Ergebnis zur Frage: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Chancen der Nutzung von BIM für KMUs zu?

Die Kosten für die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter und die Softwarelizenzkosten werden von den Klein- und Mittelbetrieben als größte Herausforderung beim Thema Digitalisierung betrachtet (siehe Abbildung 54). Die KMU stimmen zu 93 % der Aussage zu, dass die Entwicklung von Building Information Modeling vor allem durch große Unternehmen vorangetrieben wird. Eine Einbindung von KMU erfolgt hier derzeit nicht. Dieser Umstand wird als großes Risiko für KMUs wahrgenommen. Die Problematik der Interoperabilität der verschiedenen Softwares untereinander stellt ebenfalls eine große Herausforderung beim Arbeiten mit BIM dar.

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Hilft bei der Dokumentation undNachweisführung

Löst Konflikte

Fördert partnerschaftlichen Umgang

Der gesamte Planungs-, Ausführungs- undBetreiberablauf wird transparenter

Effizienteres Arbeiten, Arbeitsprozessewerden beschleunigt, bessere Informationen

Es ergeben sich neueMöglichkeiten/Geschäftsfelder

Kostensparend, kostengünstiger

Größere Kosten- und Terminsicherheit

Probleme können direkt am Modell gelöstwerden, ohne langwierigen Schriftverkehr

Gebäudesimulationen (Lebenszyklus)ermöglichen effizienteren Gebäudenutzung

stimme voll und ganz zu stimme eher zu

stimme eher nicht zu stimme überhaupt nicht zu

116

Abbildung 54: Ergebnis zur Frage: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Risiken der Nutzung von BIM für KMUs zu?

Die flächendeckende Einführung von Building Information Modeling ist bislang an verschieden rechtlichen, technischen, wirtschaftlichen und menschlichen Gründen gescheitert. In Abbildung 55 ist das Bewertungsergebnis der Umfrageteilnehmer zur Frage, welche Aspekte die Umsetzung von Building Information Modeling behindern, dargestellt. Als größtes Problem wird von den befragten Klein- und Mittelunternehmern identifiziert, dass der Bauherr derzeit nicht bereit ist, die Mehrkosten in der Planung für die Anwendung von BIM zu bezahlen. Für 59 % bzw. 94 % der Befragten ist dies ein großes oder zumindest mittleres Problem. In diesen Zusammenhang ist auf die Abbildung 56 zu verweisen, aus der ersichtlich ist, dass 67 % der Umfrageteilnehmer in der Planung durch BIM einen erhöhten Mehraufwand sehen. Die weiteren Probleme liegen darin, dass die Softwarelösungen nicht ausreichend kompatible Schnittstellen für Fremdsoftware und die Festlegung von den Verwaltungszuständigkeiten/Zugriffzuständigkeiten bei BIM vorsehen. Die nicht vorhandene

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0% 20% 40% 60% 80% 100%

Überfordert die Beteiligten am Bau

Schafft Wettbewerbsvorteile für großeUnternehmen

Fortbildungs- und Softwarekosten großeHerausforderung für KMU

Hohes Risiko bei der Softwarewahl (hohesInvestitionsrisiko)

Eventuell unüberblickbare Menge an Daten(Datenfriedhof)

Verfügbarkeit der Daten (langfristigzugänglich)

Gefahr der Monopolstellung vonSoftwareunternehmen

Gefahr der Datensicherheit(Cyberkriminalität)

Erhöhter Zeitaufwand

Geringe Flexibilität im Bauablauf

Die Entwicklung wird im Moment von großenKonzernen vorangetrieben

Die Normung ist nicht abgeschlossen und esgibt keine durchgängigen Standards

BIM ist derzeit noch ein großer Mehraufwand

Probleme der Datenzusammenführung vonden verschiedenen Projektbeteiligten

stimme voll und ganz zu stimme eher zu

stimme eher nicht zu stimme überhaupt nicht zu

117

Einbindung des Facility-Managements in der frühen Projektphase wird ebenfalls von vielen Umfrageteilnehmern und Umfrageteilnehmerinnen als Hemmnis bei der Umsetzung von BIM gesehen, da dadurch das volle Potenzial des multidisziplinären Prozesses BIM nicht ausgeschöpft werden kann.

Abbildung 55: Ergebnis zur Frage: Bewerten Sie die möglichen Konfliktpunkte bei der Umsetzung von BIM?

Building Information Modeling ist ein gewerkeübergreifender Arbeitsprozess, welcher die Projektphasen Planen, Bauen und Betreiben miteinschließt. Durch BIM entsteht einerseits ein Mehrwert in Form einer effizienteren Gebäudenutzung, höherer Kosten- und Terminsicherheiten, zentraler Datenbanken etc. Andererseits meinen viele Projektbeteiligte, dass durch BIM ein gewisser Mehraufwand gegenüber der konventionellen Planung entsteht. In welchen Branchen ein Mehrwert oder ein Mehraufwand durch BIM gegenüber den konventionellen Arbeitsprozessen von den Umfrageteilnehmern gesehen wird, ist in Abbildung 56 und Abbildung 57 dargestellt. Laut dem Umfrageergebnis sind die größten Profiteure von BIM das Facility-Management und der Bauherr/AG/Investor. Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis vom Facility-Management, es erfährt laut den Meinungen der Umfrageteilnehmer den größten Mehrwert und ist gleichzeitig mit dem geringsten Mehraufwand durch BIM konfrontiert. Den größten Mehraufwand durch BIM erfährt die Planungsbranche. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Planer mit 51 % bei dieser Umfrage die stärkste Teilnehmergruppen darstellen. Bei dieser Fragestellung erfolgte daher auch eine

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Bundesvergabegesetz

Bauordnung

Datensicherheit

FehlendeSoftwarelösung/Softwareschnittstellen

Bauherr ist nicht bereit, die Mehrkosten inder Planung durch BIM zu bezahlen

Mangelnde Schulungen

Die Frage: Wer darf was und wann ändern?(Zugriffsrechte)

Die Frage der Verantwortlichkeit

Die Verwendung von einheitlichenDateiformaten (z.b. IFC)

Facility Management wird derzeit nicht in derfrühen Projektphase eingebunden

großes Problem mittelmäßiges Problem kein Problem weiß nicht

118

Auswertung ohne Umfrageteilnehmer aus Planungsunternehmen, welche ebenfalls in Abbildung 56 und Abbildung 57 dargestellt ist. Auch bei dieser selektiven Auswertung gaben die Teilnehmer mehrheitlich an, einen Mehraufwand durch BIM zusehen.

Abbildung 56: Ergebnis zur Frage: Welche der folgenden Projektbeteiligten hätte Ihrer Einschätzung nach den größten Mehrwert bei der Abwicklung eines BIM-Projekts? Mehrfachnennungen möglich

Abbildung 57: Ergebnis zur Frage: Welche der folgenden Projektbeteiligten hätte Ihrer Einschätzung nach den größten Mehraufwand bei der Abwicklung eines BIM-Projekts?

In Abbildung 58 sind die Ergebnisse zur Frage, welche Maßnahmen für eine erfolgreiche Umsetzung von Building Information Modeling aus der Sicht von Klein- und Mittelbetrieben erforderlich wären, dargestellt. Die Förderung eines einheitlichen Dateiformats und das Angebot von Schulungsmöglichkeiten für KMUs erhalten von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die größte Zustimmung.

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Alle Umfrageteilnehmer Umfrageteilnehmer exkl. Planer

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Abbildung 58: Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht erforderlich?

5.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die befragten kleinen und mittleren Unternehmen grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber Digitalisierungsthemen sind. Sie erwarten von der Digitalisierung vor allem positive Auswirkung auf die Baubranche. Dabei wird das größte Potenzial speziell für den Planungsprozess erkannt. Hier meinen 96 % der Teilnehmer und Teilnehmerinnen, dass sich durch die zunehmende Digitalisierung Verbesserungen einstellen werden (siehe Abbildung 42). Beim Vergleich von Abbildung 44 mit Abbildung 45 wird ersichtlich, dass mehr Chancen in Bezug auf Digitalisierung im Bauwesen gesehen werden. Die Herausforderungen sind zu bewältigen, stehen aber nicht im Fokus der KMUs.

Der Datenaustausch zwischen Unternehmen erfolgt derzeit großteils über PDF-Dateien und nicht durch digital bearbeitbare Dateiformate (wie zum Beispiel IFC). Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer (73,5 %) hat noch nie mit Building Information Modeling gearbeitet. Jedoch wollen 61 % der kleinen und mittleren Unternehmen in den nächsten fünf Jahren BIM im Betrieb verwenden. Der Hauptgrund für die Nichtanwendung von BIM liegt darin, dass die Auftraggeber derzeit den Einsatz nicht in den Ausschreibungen verlangen. Der öffentliche Auftraggeber ist hier aus Sicht der KMUs in der Pflicht, Building Information Modeling vorzuschreiben, um die österreichische Entwicklung in diesem Sektor voranzutreiben. Bei der Frage nach einer Definition von Building Information Modeling erfahren die Aussagen „ein digitales Modell zur gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit“ und „Strukturierte Verknüpfung von Geometrie- und Bauteilinformationen“ die größte Zustimmung.

Eine große Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen stellt vor allem die vorhandenen Möglichkeiten an Schulungen und Fortbildungen zu Digitalisierungsthemen und die damit einhergehenden hohen Kosten dar. Besonders hervorzuheben ist das Ergebnis zum Wissensstand über das Open BIM-Format Industry Foundation Classes (IFC). Hier gaben 82 % der teilnehmenden KMU an (siehe Abbildung 43), dass ihnen dieses Datenaustauschformat nicht bekannt ist oder sie nur gering darüber informiert sind. Um den

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Förderung eines einheitlichen Dateiformats(open BIM)

Schulungsmöglichkeiten für KMUs

Finanzielle Förderung von KMUs

Einheitliches Normenwesen

Eine Plattform für KMUs zum ThemaDigitalisierung im Bauwesen

Mehr nationale Forschung

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Wissensstand über Digitalisierungsthemen von KMU und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, sollten mehr Angebote an Weiterbildungsmöglichkeiten für KMUs und eine möglichst breite Austauschplattform (wie zum Beispiel Plattform 4.0) zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen in den nächsten Jahren weiter aufgebaut werden. Die Entwicklung der steigenden Kosten für Softwarelizenzen wird ebenfalls als große Herausforderung für KMUs gesehen.

Das größte Potenzial der Digitalisierung im Bauwesen wird im effizienteren Planungsprozess und dem Betreiben von Gebäuden und Infrastruktur gesehen. Gleichzeitig meinen die KMUs, dass in der Planung ein Mehraufwand durch Building Information Modeling gegenüber der konventionellen Planung entsteht. Die flächendeckende Einführung von Building Information Modeling scheiterte laut den Umfrageteilnehmer und Umfrageteilnehmerinnen bislang vor allem an der geringen Bereitschaft der Bauherren die Mehrkosten in der Planung durch BIM zu bezahlen. Eine monetäre Bewertung des Mehraufwandes und des Mehrwertes durch Building Information Modeling hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in den einzelnen Planung-, Bau- und Betriebsphasen wäre durch wissenschaftliche Studien zu ermitteln, gerade um mögliche höhere Kosten in der Planungsphase für öffentliche und private Auftraggeber rechtfertigen zu können. Weitere Umsetzungsprobleme werden in der Interoperabilität der am Markt vorhandenen Softwarelösungen untereinander und den Verwaltungszuständigkeiten, Zugriffzuständigkeiten und der Datensicherheit bei BIM-Projekten gesehen.

121

6 Chancen und Herausforderungen

In den Workshops, Experteninterviews, Fachgesprächen und aus dem KMU-Fragebogen konnten (wie in den vorhergehenden Kapiteln 5.1 bis 5.3 dargestellt) übergeordnete Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung im Bauwesen abgeleitet werden. Diese Erkenntnisse der Studie werden in den nachfolgenden Tabellen Tabelle 1 und Tabelle 14 übersichtlich dargestellt und mit einer Bewertung der Auswirkungen auf die Phasen Planen, Bauen und Betreiben versehen. Das Bewertungssystem basiert darauf, dass Chancen mit „+“ gekennzeichnet werden und Herausforderungen mit „-“. Es reicht von Chancen mit hohem Potenzial, welche mit „++“ ersichtlich gemacht werden, bis „--“ was gleichbedeutend mit großen Herausforderungen ist. Die farblich markierten Felder werden in den nachfolgenden Kapiteln detaillierter ausgeführt.

Tabelle 13: Chancen der Digitalisierung mit Bewertung

Plan

en

Baue

n

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iben

Chancen der Digitalisierung

Ganzheitliche Gebäudeanalyse: Kollisionsprüfung, Sicherheitsanalyse ++ ++ ++

Digitale Baueinreichung ++ ++

Integrale, kollaborative Planung ++ ++ ++

Entwicklung neuer Geschäftsfelder (BIM-Manager als AG-Berater etc.) + +

Anwendung von AR- und VR-Technologie (z. B. für Visualisierungen) ++ ++ ++

Effizientere Baustellenlogistik ++

Automatische Massenermittlung (z. B. mittels Drohnen) ++ ++ +

Automatische Abrechnung (z. B. mittels Drohnen) + ++ +

Durchgängige Datenkette/Datenbank (Wertschöpfungskette Bau) + ++ ++

Partnerschaftlicher Umgang der Projektbeteiligten ++ ++ ++

Dynamische Kosten- und Terminanpassung und Kostensicherheit + ++

Effizientere Gebäudenutzung ++

Transparenterer Gebäudebetrieb +/-

Informationsgewinn für alle Projektbeteiligten + + ++

Kommunikation am Modell ++ ++ ++

122

Datentransparenz ++ ++ ++

Dokumentation + ++ +

Strukturierte Lebenszykluskostenbetrachtung ++ ++

Neue hochwertige Arbeitsplätze + + +

Interoperabilität der Software ++ ++ ++

Neue Vertragsmodelle ++ +

Tabelle 14: Herausforderungen der Digitalisierung mit Bewertung

Plan

en

Baue

n

Betre

iben

Herausforderungen der Digitalisierung

Einheitlicher Modellierleitfaden --

Haftung für Planungsfehler --

Kompletter Abschluss der Planung vor Ausschreibung --

Neue Vergütungsmodelle -- - -

Einheitliche Datenablagestrukturen -- --

Akzeptanz der Mitarbeiter -- -- --

Geschäftsmodell FM ändert sich --

Festlegung, welche Daten das FM benötigt -- - --

Einbindung des Facility-Managements bereits in der Planung -- - ++

Datenfilterung/Datenmanagement - - -

Offene Rechtsfragen -- - -

Fehlende Standardisierung -- -- -

Datensicherheit -- -- --

Fort- und Weiterbildung der Angestellten - -- --

Investitionskosten (in Software) -- -- -

Überforderung der Beteiligten - -- -

123

Abhängigkeit von Softwareherstellern/entwicklern -- - -

Schnittstellenproblematik (Interoperabilität) -- -- --

Urheberrecht -- -- --

Fördert das Entstehen von Totalunternehmern - -/+

Gesetzliche Rahmenbedingungen -- -- --

Lebenszykluskostenbetrachtungen -- -- --

Flexibilität im Bauablauf --

Wettbewerbsnachteile (insbesondere KMUs) -- -- --

In den folgenden Kapiteln 6.1 bis 6.3 wird auf einige wesentliche Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in den einzelnen Projektphasen eingegangen.

6.1 Chancen und Herausforderung in der Planungsphase Eine vollständige Planung bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung von Digitalisierungsprozessen über alle Lebensphasen eines Bauwerks. Grobe Datenstruktur- oder Modellierungsfehler in der Planung können in späteren Phasen nur mit erheblichen Mehraufwand behoben werden.

Die wesentlichen Chancen von Digitalisierungstechnologien in der Planungsphase sind:

• Kommunikation/Zusammenarbeit Building Information Modeling ist das Ergebnis einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des integralen Planungsansatzes. Die Erstellung eines gemeinsamen gewerkeübergreifenden Gebäudemodells verlangt und fördert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten. Die BIM-Software läutet eine Veränderung in der Kommunikation der Projektbeteiligten miteinander ein. Dezentrale direkte Kommunikationswege, die durch beschreibende Erklärungen gekennzeichnet sind, werden durch zentrale visualisierte Dokumentenmanagementsysteme ersetzt. Direkte Kommunikationsgespräche über Telefon können beispielsweise durch eine zentrale Modellbearbeitung mit Videotelefonie ersetzt werden. Die Probleme der komplexen multidisziplinären Baubranche verlangen diese neuen integralen ortsunabhängigen Kommunikationswege, um die Entwicklung gewerkeübergreifender innovativer Lösungen zu ermöglichen.

• Durchgängige Datenkette/Datenbank über den Lebenszyklus Building Information Modeling reduziert den Informationsverlust, welcher bei der Übergabe von Daten wie Pläne zwischen Projektbeteiligten entsteht. Ein großer

124

Vorteil einer durchgängigen Datenkette ist die Fehlervermeidung durch das Beseitigen von redundanten Eingaben. Die bereits eingegebenen oder im Idealfall in Echtzeit erfassten Daten können für alle darauf aufbauenden Prozessschritte weiterverwendet werden, wodurch Arbeitszeit eingespart wird. Die durchgängige Datenkette durch Building Information Modeling ermöglicht oder erleichtert zudem ein durchgängiges Controlling und verbessert die Nachweisführung. Durch die Dokumentation in allen Projektphasen entsteht eine Transparenz im gesamten Projektablauf, diese unterstützt die Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Die gesammelten Daten ergeben ein digitales Abbild des Bauwerks, einen sogenannten „digitalen Zwilling“.

Um die Handhabbarkeit einer digitalisierten Datenkette/Datenbank und deren erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten, müssen folgende Schritte berücksichtigt werden: In einem ersten Schritt werden digital alle projektrelevanten Daten zentralisiert in einer Datenbank gesammelt. Die gesammelten, ungefilterten Daten werden in einem zweiten Schritt durch intelligente Datenfilteralgorithmen den einzelnen Projektbeteiligten zur Verfügung gestellt. Dies ist notwendig, um den Projektbeteiligten nur die gewerkrelevanten Informationen zur Verfügung zu stellen und so eine Überforderung der Beteiligten durch eine nicht zu bewältigende Datenflut zu vermeiden.

Die durchgängige Datenkette und die Erfassung von Bauwerksdaten über den gesamten Lebenszyklus bildet die Grundlage für die Ermittlung realitätsnaher Lebenszykluskosten.

• Visualisierung und Gebäudesimulation Building Information Modeling ermöglicht neben der dreidimensionalen Visualisierung des Gebäudes auch die Simulation verschiedener Projektvarianten hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Faktoren. Die Visualisierung des Gebäudemodells und die Berechnung verschiedener Gebäudesimulationen erleichtert es bautechnisch unerfahrenen Bauherrn die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf sämtliche Lebenszyklusphasen eines Gebäudes schon in frühen Projektphasen zu verstehen und zu erkennen. Dies beschleunigt die Entscheidungsfindung, wodurch Umplanung in der Ausführungsphase vermieden oder reduziert werden können. Auf Basis der Ergebnisse aus den Gebäudesimulationen wird zudem verstärkt ein Fokus auf die Lebenszykluskosten gelegt, da die Lebenszykluskosten durchgängig analysiert, geplant, kontrolliert und auch optimiert werden können. Die Visualisierung erleichtert auch die Bürgerbeteiligung an Projekten.

• Prüf- und Analysesoftware Ein informationsangereichertes dreidimensionales Gebäudemodell ermöglicht den vielseitigen Einsatz von automatischer Prüf- und Analysesoftware. Diese Programme

125

bieten eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, beispielhaft werden nachfolgend einige für die Autoren dieser Studie wesentliche Anwendungen aufgelistet:

o Bauteilkollisionsprüfung

Derzeit ergeben sich durch die praktizierte „baubegleitende Planung“ häufig Kollisionen zwischen den einzelnen Gewerken, welche vorwiegend während der Bauphase aufgelöst werden. Durch den Einsatz von BIM und den Abschluss der Planung vor Baubeginn hat man die Möglichkeit einer durchgängigen Kollisionsprüfung. So können mögliche Konfliktpunkte bereits während der Planung erkannt und beseitigt werden.

o Vorprüfung bei digitalen Baueinreichung (Einhaltung von OIB-Richtlinien, Bauordnung, etc.)

o Analyse der Baustellensicherheit (Welche Sicherheitsmaßnahmen sind wann, wo und wie notwendig?)

Diese Softwareanwendungen können die Planungssicherheit und die Arbeitssicherheit in Zukunft wesentlich verbessern. Die Voraussetzung für den Einsatz von Prüf- und Analyseprogramme ist eine standardisierte Gebäudemodellierung und eine einheitliche Bauteildefinition (Merkmalserver).

• Virtual und Augmented Reality Technologien Virtual und Augmented Reality Technologien werden Arbeitsprozesse in der Planung, im Bauen und im Betrieb von Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen in der Zukunft maßgebend beeinflussen. Unter Virtual Reality versteht man die Darstellung einer virtuellen computergenerierten Welt, welche die „reale“ Anwesenheit durch fiktives Sehen, Geräusche etc. simuliert. Augmented/Mixed Reality ermöglicht die Erweiterung der realen Welt um virtuelle Aspekte (siehe Abschnitt 4.1.3).

Das Einblenden von zum Beispiel virtuellen Sicherheitshinweisen oder Montageanleitungen (Befestigungspunkte) auf der Baustelle wird dadurch möglich. Diese Technologie bietet eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. In Tabelle 15 werden mögliche Anwendungen in der Baubranche aufgezeigt. Neue Geschäftsfelder werden durch die Erstellung und Wartung von Augmented/Mixed Reality fähigen Modellen in den nächsten Jahren für Planer entstehen.

Tabelle 15: Anwendungsmöglichkeiten von Virtual Reality und Augmented/Mixed Reality

Virtual Reality Augmented/Mixed Reality

3D-Visualisierungen von Innen- und Außendesign

Interaktive Begehungen von Gebäuden

Kommunikation direkt am Modell

Bewehrungsabnahme auf der Baustelle (Vergleich Realität mit dem 3D-Bewehrungsplan)

Einblenden von Sicherheitshinweisen auf Baustellen

126

Schulungsmöglichkeiten Kommunikation (Gemeinsames Betrachten eines 3D-Modell)

Fernwartung (Anweisungen werden auf die Brille übertragen)

Einblendung von Einbauanleitungen

Einblenden von Informationen für FM

Visualisierung von eingebauten Leitungen bei Sanierungen

Überlagerung der virtuellen Sanierungsmaßnahmen mit dem Bestand

Schulungsmöglichkeiten

Visualisieren der herzustellenden Bauteile auf der Baustelle

Die wesentlichen Herausforderungen von Digitalisierungstechnologien in der Planungsphase sind:

• Modellierleitfaden Damit das Konstrukt Building Information Modeling in allen seinen Entwicklungsstufen erfolgreich umgesetzt werden kann, müssen bereits in der Planungsphase sämtliche Beteiligte nach den gleichen Grundregeln planen. Durch gemeinsame Planungsgrundlagen entsteht ein einheitliches Modell, welches über herstellerunabhängige Formate in andere Softwares importiert werden kann. Ein standardisiertes Arbeiten mittels Modellierleitfaden ist die Grundlage für ein erfolgreiches BIM-Projekt. Eine standardisierte Planung ermöglicht zudem eine digitale Prüfung/Analyse von Modellen. Die ÖNORM Reihe A 6241 beinhaltet bereits einige grundlegende Planungsregeln für ein multidisziplinäres Gebäudemodell. Ein europaweiter, anerkannter Modellierleitfaden ist anzustreben, damit dieser in öffentlichen und privaten Ausschreibung Eingang finden kann.

• Höhere Kosten in der Planungsphase In den durchgeführten Workshops, Experteninterviews und der KMU-Umfrage sahen die Beteiligten die erhöhten Kosten vor allem in der Planungsphase als großes Hemmnis für die Umsetzung von Digitalisierungsprozessen. Bereits heute ist erkennbar, dass die Datenerhebung, Analyse und Dokumentation einen wesentlichen Zeitfaktor für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellen. Die Planungskosten bei

127

einem Bauvorhaben betragen jedoch nur 3 %104 der Gesamtkosten, gleichzeitig sind die in der Planungsphase getroffenen Entscheidungen maßgebend für den Erfolg eines Bauprojekts. Den Auftraggeber zu überzeugen, höhere Kosten in der Planungsphase durch BIM in Kauf zu nehmen, dafür aber wesentlich mehr Nutzen in der Ausführungs- und Betriebsphase eines Objekts zu erhalten, stellt daher eine große Herausforderung für die Zukunft dar.

• Unterschiedliche Qualität von BIM-Modellen/qualitätsabhängige Vergütung von BIM-Planung Damit eine Anwendung von BIM über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks effizient durchgeführt werden kann und wirtschaftliche Vorteile nach sich zieht, muss bei der Weitergabe an den Bauunternehmer und an das Facility-Management das digitale Modell eine gewisse Planungsqualität besitzen. Derzeit existiert keine allgemeine Methode zur Bewertung von BIM-Modellen, wodurch der Auftraggeber die Modellqualität nicht objektiv prüfen und die Planungsleistung bewerten kann. Zudem können die ausführenden Bauunternehmen und das Facility-Management deren Aufwände, die abhängig von der zur Verfügung gestellten Qualität des Modells sind (Nachbearbeitung aufgrund abweichender Modellierungsstandards), schwer kalkulieren.

• Rollen und Verantwortlichkeiten der Projektbeteiligten Beim vernetzten Arbeiten mehrerer Beteiligter an einem Datenmodell sind gewerkeübergreifende Konflikte in der Planung zu erwarten. Um diese Konflikte schnell lösen zu können und die Zusammenarbeit zu verbessern, müssen die Rollen und Verantwortlichkeiten klar verteilt sein. Neue Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Projektbeteiligten müssen gegenüber der konventionellen Arbeitsweise geklärt werden:

o Wer trägt die Hauptverantwortung? (Betriebsintern/Betriebsextern) o Ansprechpersonen? o Wer darf was im Modell überhaupt ändern? o Wer ist wofür zuständig? o Wie werden die Bearbeitungszeitfenster festgelegt? o Wer definiert/kontrolliert die Modellziele?

Eine mögliche Rollenverteilung innerhalb eines BIM-Projektes ist in Abbildung 59 dargestellt.

Der BIM-Manager ist die Ansprechperson für den Auftraggeber und den BIM-Koordinator. Er legt das BIM-Konzept fest und kontrolliert die Nutzung. Zu Beginn des Projektes entwickelt der BIM-Manager als Schlüsselfigur mit dem Bauherrn gemeinsam das BIM-Konzept. Er bestimmt beispielsweise die Modellkriterien und definiert die Modelltiefe und die Detailgenauigkeit je Leistungsphase. Die

104 IG Lebenszyklus Bau; Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau, Oktober 2016, Seite 6

128

Überprüfung sämtlicher Partner auf BIM-Konformität liegt ebenfalls in der Sphäre des BIM-Managers. In der Planungs- und Ausführungsphase überprüft er die Modellqualität. Abhängig von der Größe des Projektes können diese Aufgaben von einer Person wahrgenommen oder auf mehrere Personen aufgeteilt werden.

In der nächsten Ebene werden die Kontrollen in den einzelnen Bereichen/Gewerken von den BIM-Koordinatoren übernommen. Wie in Abbildung 59 ersichtlich, gibt es in den Projekten einen Gesamtkoordinator und in der folgenden Ebene die BIM-Koordinatoren der entsprechenden Auftragnehmer. Die Ebene des Gesamtkoordinators kann projektabhängig auch entfallen. Der BIM-Koordinator ist für die Umsetzung des Projekts auf der Auftragnehmerseite zuständig. Er führt Qualitäts- und Kollisionskontrollen intern durch. Zudem koordiniert er die unterschiedlichen Parteien innerhalb des Unternehmens und ist die direkte Ansprechperson für den BIM-Manager.

Die größte Herausforderung stellt die Einbindung des Facility-Managements und des Know-hows von Bauunternehmen in der Planungsphase dar (Early Stakeholder Involvement). Dies könnte über einen sogenannten „Informationsmanager“, welcher in der Sphäre des Auftraggebers liegt und eng mit BIM-Manager zusammenarbeitet, erfolgen.

Die Verantwortlichkeiten sollten in einem BIM-Projektabwicklungsplan (BAP) übersichtlich aufgelistet werden.

Abbildung 59: Rollenverteilung im BIM-Prozess105

105 Egger, M.: BIM-Leitfaden für Deutschland, 2013

129

• Interoperabilität der Software Die Interoperabilität von Planungssoftwares ist Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines BIM-Projekts. Eine Lösung zugunsten von Open BIM ist anzustreben und wird hinsichtlich der gesetzlichen Pflicht nach neutralen öffentlichen Ausschreibungen in Zukunft gefordert werden. Beim Importieren und Exportieren eines Gebäudemodells im derzeit bekanntesten Open BIM Format IFC in verschiedene Softwareprodukte treten noch immer zahlreiche Konvertierungsfehler auf. Erst durch einen problemlosen und standardisierten Datenaustausch mit unterschiedlicher Software, wird das komplette Potenzial von BIM genutzt werden können und sich sehr rasch in allen Bauprojektphasen durchsetzen. Es sind daher die Softwarehersteller gefordert, Lösungen zu liefern. Eine Lösung zugunsten von Open BIM ist für die Förderung eines starken Wettbewerbs zwischen den Projektbeteiligten und den Softwareherstellern ausdrücklich zu empfehlen.

• Offene Rechtsfragen Die fortschreitende Digitalisierung im Bauwesen bewirkt, dass die rechtlichen Bestimmungen in den Bereichen Ausschreibung, Vergabe, Vertrag und Abrechnung von Bauprojekten teilweise überdacht und an die neuen Herausforderungen angepasst werden müssen. In den folgenden Punkten werden einige rechtliche Themengebiete näher ausgeführt.

o Vergaberecht

Im Zuge dieser Studie konnte festgestellt werden, dass derzeit keine Bestimmungen im BVerG enthalten sind, welche die Nutzung von elektronischen Instrumenten zur Gebäudedatenmodellierung zwingend verlangen. In anderen Staaten, wie z. B. Belgien und dem UK, ist die Anwendung von BIM bei der Vergabe öffentlicher Auftraggeber bereits vorgeschrieben. Basis dafür bildet die Richtlinie 2014/24/EU, Artikel 22:

„Für öffentliche Bauaufträge und Wettbewerbe können die Mitgliedstaaten die Nutzung spezifischer elektronischer Instrumente, wie z. B. elektronischer Instrumente für die Gebäudedatenmodellierung oder dergleichen, verlangen.“

Als Herausforderung für österreichische öffentliche Auftraggeber stellt sich heraus, dass es keine standardisierten Leistungsbilder für die Rollenverteilungen in BIM-Projekten gibt und die Prinzipien des BVerG bei jeder Ausschreibung einzuhalten sind. Diese Prinzipien umfassen die eindeutige, vollständige und neutrale Leistungsbeschreibung sowie das Gleichbehandlungsprinzip aller Bieter. Außerdem müssen gemäß § 98 Abs 1 BVerG die technischen Spezifikationen für alle Bewerber und Bieter gleichermaßen zugänglich sein und den Wettbewerb nicht ungerechtfertigt behindern. Ein reines BIM-Projekt bzw. eine Ausschreibung die BIM zwingend vorsieht, würde bei derzeitiger Verbreitung von BIM bei den Auftragnehmern den potenziellen Bieterkreis einengen. Es wäre somit nach

130

derzeitigem Recht eine sachliche Rechtfertigung für eine solche Ausschreibung notwendig (z. B. Projekt gar nicht anders umsetzbar).

Dem gegenüber stehen im BVerG Eignungsnachweise und Eignungskriterien, welche vom Auftraggeber jeweils für die konkret zu beschaffende Leistung ausgeschrieben werden können. Die Eignungskriterien sollen das Bieterfeld einengen, müssen aber einen fairen Wettbewerb erhalten. Die BIM-Kompetenz könnte demnach als Eignungskriterium für die technische Leistungsfähigkeit eines Bieters herangezogen werden. Wie dieser Nachweis der BIM-Kompetenz erfolgt, kann ausschreibungsspezifisch festgelegt werden (beispielsweise über Referenzprojekte, Ausbildungs- und Befähigungsnachweise etc.). Zu beachten ist, dass nach dem Bestbieterprinzip ausgeschriebene Zuschlagskriterien nicht diskriminierend sein dürfen und zum technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot führen müssen.

Die Ausschreibung eines BIM-Projekts als Closed-BIM-Variante, die eine bestimmte Softwarelösung vorsieht, steht für die Autoren dieser Studie im Widerspruch zu dem derzeit gültigen § 98 Abs 7 BVerG:

„Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmer oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Solche Verweise sind ausnahmslos mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.“

Die Wahl der verwendeten BIM-Software liegt demnach im Ermessen des Bieters, die Vorgabe einer allgemeinen Datenschnittstelle (z. B. IFC) zur Sicherstellung des Datenaustausches ist aber erlaubt.

Die Digitalisierung im Bauwesen weicht die Grenzen zwischen den in Österreich traditionellen Phasen des Planen-Bauen-Betreibens auf. Der komplexe BIM-Planungsprozess verlangt teilweise das Einbinden von ausführenden und betreibenden Unternehmen (Early Stakeholder Involvement). Werden ausführende oder betreibende Unternehmen in den Planungsprozess miteinbezogen, ergibt sich für diese möglicherweise ein Vorteil bei der Ausschreibungsbearbeitung. Diesem Vorteil, der nicht den Vergabegrundsätzen entspricht, kann durch die Hebung aller Bieter auf den gleichen Wissensstand, oder durch Repressalien für die bereits im Vorhinein involvierten Unternehmen entgegengewirkt werden. Ein generelles

131

Ausschließen der im Planungsprozess beteiligten Unternehmen erscheint den Studienautoren nicht praktikabel.

o Vertragsrecht

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten im Zuge der Digitalisierung im Bauwesen wird auch Auswirkungen auf die geschlossenen Verträge haben. Eine stärkere Verzahnung der Beteiligten und eine stärkere vertragliche Vernetzung sind erforderlich. Von dieser zunehmenden Verzahnung gewinnt sowohl die Vereinheitlichung von Prozessen als auch die Einhaltung von Planungsstandards an Bedeutung.

Als vertragsrechtliche Herausforderung der Umsetzung von BIM stellt sich das Gebäudemodell selbst dar. Das Gebäudemodell wird vorwiegend nicht als Einzelleistung erstellt, sondern in Zusammenarbeit verschiedener Vertragsparteien. Als Vertragsmodelle, über welche ein BIM-Projekt abgewickelt werden könnte, stehen nach derzeitigem Wissensstand entweder ein Mehrparteienvertrag als Einheitsvertragslösung oder vernetzte Einzelverträge zur Verfügung.

Mehrparteienvertrag

Beim Mehrparteienvertrag wird für ein Projekt nur ein Vertrag mit den wesentlichen Vertragspartnern geschlossen. Dadurch entfällt die Abgrenzung der BIM-Leistung und die Vertragspartner haften gegenüber dem Auftraggeber mit Solidarhaftung. Der Nachteil eines Mehrparteienvertrages stellt sich in seiner Komplexität und schweren Umsetzbarkeit dar.

Abbildung 60: Mehrparteienvertrag106

106 Eschenbruch K., Leupertz S.: BIM und Recht, 2016, Seite 13

132

Vernetzte Einzelverträge

Bei der BIM-Umsetzung mit vernetzten Einzelverträgen werden mit sämtlichen Projektbeteiligten separate Verträge geschlossen. Die Vernetzung der Einzelverträge und die Abstimmung der Projektbeteiligten erfolgt dabei über die besonderen Vertragsbestimmungen (BIM-BVB). Die Haftung der Auftragnehmer folgt bei dieser Vertragsart den Regeln des Schadenersatzrechtes.

Abbildung 61: Vernetzte Einzelverträge107

Eschenbruch und Leupertz legen ihrem BIM-Vertragsgestaltungsmodell strategische und operative Vertragselemente zugrunde. Die übergreifenden, technischen und rechtlichen Strategien beinhalten die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und den BIM-Abwicklungsplan (BAP). Die operative Vertragsgestaltung umfasst den Vertrag, die BIM-BVBs, das Leistungsbild der Planungsleistungen mit BIM und das BIM-Pflichtenheft.108

Die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) sind Teil der Ausschreibung und legen die BIM-Ziele und die BIM-Anwendungsfälle im jeweiligen Projekt fest. Der BIM-Abwicklungsplan (teilweise als BIM-Regelhandbuch bezeichnet) legt die technischen Regeln und Standards der Projektabwicklung fest. Darin sind sowohl die notwendigen Rollen, Funktionen und Abläufe als auch die genutzten Technologien, Schnittstellen und Interaktionen zwischen den Projektbeteiligten festgelegt (Modellstruktur, Toleranzen, Hard- und Software, Dateiformate etc.). Die BIM-BVBs legen die rechtlichen Anforderungen an die Projektabwicklung fest. Typische Inhalte können unter anderem die Regelungen zum Datenaustausche, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des BIM-Mangers, Regelungen bezüglich Datenhoheit, Eigentums- und Urheberrechte sein. Mit dem BIM-Pflichtenheft

107 Eschenbruch K., Leupertz S., 2016, Seite 16 108 Eschenbruch K., Leupertz S., 2016, Seite 17

133

werden die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen für das tägliche Arbeiten im Gebäudedatenmodell geschaffen. Es beinhaltet typischerweise Angaben zu verwendender Software, Dateiablage, Modellierungsregeln, Änderungsverfolgung usw.

o Haftung

Die Haftungsregeln verändern sich durch den Einsatz von BIM nicht. Jeder Projektbeteiligte haftet nach wie vor nur für seine eigene Leistung. Der BIM-Manager haftet nur für seinen Leistungsumfang, also ausschließlich für Fehler in seiner Beratungs- und Steuerleistung und nicht für die Richtigkeit des Gesamtmodelles.

Durch BIM wird allerdings eine detaillierte, vertragliche Definition von Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten, Projektabläufen, technischen Voraussetzungen, Planungszielen und dem Detaillierungsgrad der Planung erforderlich.

Erfolgt die Massen- und Preiskalkulation der ausführenden Unternehmen in Zukunft direkt aus dem Modell, stellt sich die Frage, ob dadurch nicht für den Planer ein großes Haftungsrisiko entsteht und/oder das ausführende Unternehmen mit der Prüf- und Warnpflicht laut § 1168a ABGB und ÖNORM B 2110 durch die gesamten Daten überfordert ist. Allenfalls falsche Modellierungen oder Attributsetzungen bei der automatischen Erstellung von Leistungsverzeichnissen, Abrechnung und Bestellung können im späteren Projektverlauf enorme Schäden anrichten. Inwiefern diesbezüglich der Planer für seine Fehler in der Planung haftet und wie die Prüf- und Warnpflicht für das ausführende Unternehmen in Zukunft anzuwenden ist, sind bedeutende, zukünftig zu klärende Rechtsfragen.

o Datenhoheit

Eine zentrale Frage bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten – vor allem bei BIM – ist die Sicherstellung der Datenhoheit des Auftraggebers. Unter Datenhoheit ist zu verstehen, die Möglichkeit des Auftraggebers jederzeit auf die Daten zugreifen und ändern zu können. Es muss gewährleistet werden, dass der Auftraggeber die Datenhoheit behält, auch wenn, wie in der Praxis üblich, der Generalplaner die gesamte Dateninfrastruktur zur Verfügung stellt. Ein Kräfteungleichgewicht zwischen AG und AN wäre sonst die Folge, da das Projekt ohne dem Beteiligten nicht abgeschlossen werden kann. Es ist zu klären, ob das Gebäudemodell eigentumsfähig ist und sich so die Datenhoheit des Auftraggebers sicherstellen lässt und ob durch mögliche Miteigentumsrechte der Auftragnehmer die Datenhoheit beschnitten wird. Folgt man den Ausführungen von Eschenbruch/Leupertz liegen die (Inhaber-)

134

Eigentumsrechte bei einem Auftragsverhältnis grundsätzlich beim Auftraggeber.

Ein Dateneigentum als übertragbares Ausschließlichkeitsrecht existiert in der Gesetzgebung jedoch nicht. Der Umgang mit den Daten kann aber vertraglich geregelt werden. Eine vertragliche Regelung zwischen den Projektbeteiligten über die Nutzungs- und Verwendungsrechte der Gebäudedaten vor allem im Hinblick auf vorzeitige Vertragsbeendigung ist daher zu empfehlen.109

• Datensicherheit Über den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojektes muss der Zugriff auf das digitale Datenmodell gewährleistet werden. Die Lebensdauer von Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen hängt von der gewählten Nutzungsart ab. Die Nutzungsdauer von Bauwerken ist aus Sicht der kurzlebigen digitalen Industrie eine extrem lange Zeitspanne und stellt den Bauherrn beziehungsweise das Unternehmen, welches für die Betreuung des digitalen Modell zuständig ist, in Zukunft vor technologische Herausforderungen. Neben der Datenverfügbarkeit ist das Thema der Datensicherheit bei den Stakeholdern und den KMUs stark im Fokus. Durch die Entwicklung hin zu vernetzen Datenbanken und Arbeitsprozessen steigt die Gefahr von Cyberangriffen auf die Datenmodelle. Die digitalen Daten müssen vor Zugriffen und Bearbeitungen durch unbefugte Personen ausreichend geschützt werden.

• Zertifizierung/Ausbildung Aufgrund ihrer Komplexität wird es immer schwieriger, Bauvorhaben zielgerichtet zu koordinieren und umzusetzen. Die Digitalisierung soll dabei Abhilfe schaffen. In Österreich besitzen bisher jedoch erst wenige Unternehmen in der Baubranche Erfahrungen mit Digitalisierungstechnologien, wie z. B. BIM. Die Universitäten haben zwar in den letzten Jahren das Thema Digitalisierung im Bauwesen in die Lehre und Forschung implementiert, jedoch fehlen in der Wirtschaft derzeit qualifizierte Bautechniker und Architekten in diesem Bereich. Eine große Herausforderung für viele Unternehmen ist daher die Schulung des eigenen Personals. In einem sehr dynamischen Wissensbereich wie der Digitalisierung müssen Ausbildungskonzepte unternehmensspezifisch entwickelt werden, um mit dem Fortschritt mithalten zu können.

Um die technischen Fähigkeiten bei Vergabeverfahren zu überprüfen, werden in den nächsten Jahren zahlreiche Zertifizierungen entstehen. Unter anderem bietet mittlerweile das Austrian Standards Institut das Zertifikat „Zertifizierte BIM-Expertinnen/Experten gem. ÖNORM A 6241-1 bzw. A 6241-2“ an. Es kann heute jedoch noch keine Aussage getroffen werden, welche Zertifikate in Zukunft Voraussetzung bei Ausschreibungen werden, da die Methode Building Information

109 vgl. Eschenbruch K., Leupertz S., 2016, Seiten 192-194

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Modeling in Österreich erst bei Pilotprojekten angewendet wird und sich daher noch in der Entwicklung befindet.

6.2 Chancen und Herausforderung in der Ausführungsphase In der Phase der Bauausführung entsteht in der derzeitigen konventionellen Projektabwicklung das größte Konfliktpotenzial. Enge Zeitpläne und mangelnde Koordination der Projektbeteiligten führen zu oftmaliger Improvisation auf der Baustelle. Das kann negative Auswirkungen, sowohl auf die Kosten- und Terminsicherheit als auch auf die Qualität des Bauwerkes, haben.

Digitalisierungstechnologien können in der Ausführungsphase zu wesentlichen Vorteilen führen:

• Durchgängige Datenkette über den Lebenszyklus eines Bauprojektes Die Anwendung von Building Information Modeling beschränkt sich derzeit vorwiegend auf die Planungsphase. Große ausführende Unternehmen setzten BIM zwar schon in der Kosten- und Ablaufplanung von Bauprojekten ein, erstellen hierfür aber zum großen Teil eigene Modelle.

Ein durchgängiger Einsatz von BIM zur Baustellenabwicklung in Österreich konnte im Rahmen der vorliegenden Studie nicht festgestellt werden, obwohl dieser durchgängige Einsatz zu wesentlichen Vorteilen für alle Projektbeteiligten führen würde. Durch die durchgängige Datenkette reduziert sich der Informationsverlust beim Phasenübergang Planen zu Bauen deutlich. Die mit der Durchgängigkeit einhergehenden Chancen decken sich sinngemäß mit den im Kapitel 6.1 genannten.

• Dynamische Kosten- und Terminanpassung (Controlling) Durch die durchgängige Datenkette und die Verknüpfung der Bauzeit und Kosten mit den einzelnen Bauteilen im Gebäudemodell ist eine dynamische Anpassung von Kosten und Terminen möglich. Diese bieten Vorteile für das Baustellencontrolling.

Der Bauherr kann durch die dynamische Kosten- und Terminverfolgung die Auswirkungen seiner Entscheidungen schnell und klar erkennen, die Folgen von Abänderungsaufträgen werden ersichtlich. Er hat dadurch eine klare Vorstellung seiner bestellten Leistung, und die Effekte seiner Entscheidungen auf die Kosten- und Terminentwicklung des Projektes werden deutlich. Nach Einschätzung der Studienautoren bietet sich dadurch die Chance, im Bauablauf entstehende Leistungsänderungen und damit einhergehende Mehrkostenforderungen der ausführenden Unternehmen zu reduzieren.

Durch die dynamische Terminplanung kann der Bauablauf besser simuliert und Variantenstudien leichter durchgeführt werden. Auch Entwicklungen wie Lean Construction – stetiger Prozess zur Vermeidung der Verschwendung von

136

Ressourcen110 – profitieren von automatischen Controlling-Prozessen. Insgesamt werden sowohl Termin- und Kostenanpassungen im Zuge der Ausführungsphase transparenter.

• Kommunikation am Modell Wie in der Planungsphase bereits unter Kapitel 6.1 beschrieben, kommt es auch in der Bauausführung zu verstärkter, interdisziplinärer Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten. Dezentrale, direkte Kommunikationswege, die durch beschreibende Erklärungen gekennzeichnet sind, werden durch zentrale, visualisierte Dokumentenmanagementsysteme ersetzt.

Während der Ausführung gewonnene Erkenntnisse und Informationen werden in Zukunft direkt im Modell dokumentiert und kommuniziert. Ein Beispiel dafür ist die Mängeldokumentation. Bei Begehungen auf der Baustelle festgestellte Mängel in der Bauausführung werden direkt vor Ort aufgenommen, im Modell verortet und an den für die Behebung Zuständigen kommuniziert. Dadurch entfallen nicht nur aufwendige erklärende Beschreibungen, die Dokumentation läuft automatisch in der Gebäudedatenbank mit.

• Automatische Massenermittlung und Abrechnung Zukünftig wird durch die Digitalisierung der Abrechnungsprozess auf Baustellen deutlich vereinfacht werden. Basierend auf der Ausschreibung von Bauleistungen mit belastbaren Massenangaben und einer deutlichen Darstellung ihrer Zuordnung, ergeben sich auch in der Bauausführung Vorteile aus einem digital vorliegenden Bauwerksmodell.

Die erbrachten Leistungen werden auf Baustellen künftig über verschiedene Digitalisierungstechnologien (z. B. per Drohnenflug, RFID-Tracking, digitale Lieferscheine oder per App-Eingabe) nahezu in Echtzeit erfasst. Aus den daraus gewonnenen Daten und dem vorliegenden Gebäudemodell können sich für den derzeit aufwendigen Abrechnungsprozess Vereinfachungen bis hin zu einer Teilautomatisierung ergeben. Dadurch ergeben sich wesentliche Entlastungen für das Baustellenpersonal auf Seiten der ausführenden Unternehmen und auf Auftraggeberseite.

• Selbststeuerungsprozesse auf Baustellen Der Begriff „Smart Site“ wurde durch ein gleichnamiges Forschungsprojekt im Jahre 2013 geprägt.111 Bei dem Forschungsprojekt wurde die gesamte Wertschöpfungskette Straßenbau erfasst und teil- und vollautomatisiert.

Unter Smart Site wird mittlerweile die Erhebung und Dokumentation von Umwelt-, Baumaschinendaten und daraus abgeleitet eine intelligente Bauprozesssteuerung

110 https://de.wikipedia.org/wiki/Lean_Construction; abgerufen am 06.10.2017 111 Vgl. http://smartsite-project.de/index.php/projekt/projektziele, abgerufen am 06.10.2017

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verstanden. Das Bestreben besteht darin, einzelne Prozessketten zu erfassen und durch intelligente Steuerungsmechanismen zu automatisieren.

Wesentlich sind hierbei nicht die Baustellenumgebung selbst, sondern besonders die Integration von der Baustelle vorgelagerten, externen Anlagen (wie z. B. einem Asphalt- oder Betonmischwerk) und externen Daten (z. B: Verkehrsinformationen auf der Zufahrtsroute zur Baustelle). In Zukunft wird nicht nur die Wertschöpfungskette Straßenbau durch Smart Site abgebildet und effizienter gestaltet werden, weitere Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich sowohl im Hoch- als auch Tiefbau.

• Effizientere Baustellenlogistik Die Baustellenlogistik umfasst das rechtzeitige Bereitstellen von für die Baustellenabwicklung erforderlichem Personal und Betriebsmitteln. Dabei umfassen die Betriebsmittel sowohl betriebsbereite Baumaschinen und -geräte als auch die für die Baudurchführung erforderlichen benötigte Materialien.112

Durch transparentere Einsatzplanung wird die Digitalisierung zu einem effizienteren Einsatz von Personal und Baumaschinen beitragen.

Die Materiallogistik steht in engem Zusammenhang mit Selbststeuerungsprozessen auf Baustellen. Durch diese können zukünftig Just-In-Time-Lieferungen von Materialien oder Bauteilen realisiert werden. Das kostenintensive und teilweise platzintensive Vorhalten auf Baustellen entfällt dadurch.

• Anwendung von AR-Technologie Augmented Reality Technologie wird Arbeitsprozesse nicht nur in der Planung, sondern auch in der Bauausführung von Gebäuden und Infrastrukturmaßnahmen in Zukunft maßgebend beeinflussen. Besonderes Potenzial für den Baustelleneinsatz hat z. B. das Einblenden von Sicherheitshinweisen oder Montageanleitungen. Bewehrungs- und Einbautenabnahmen könnten sich durch den Einsatz von AR deutlich verändern. Diese AR-Technologie bietet darüber hinaus eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Die mit der Anwendung von AR-Technologie einhergehenden Chancen im Baubetrieb decken sich sinngemäß mit jenen in Kapitel 6.1.

Neben den deutlichen Chancen der Digitalisierung in der Ausführungsphase werden im Kapitel 5 wesentlichen Herausforderungen identifiziert, welche nachfolgend näher ausgeführt werden:

• Datenfilterung und Datenmanagement Bauprojekte liefern aufgrund ihrer Komplexität eine Vielzahl verschiedener Daten. Durch den steigenden Einsatz von BIM werden die Daten zukünftig verstärkt in einem Gebäudemodell gebündelt. Damit die umfangreiche Datenmenge für die Nutzer handhabbar bleibt, braucht es ein gut überlegtes Datenmanagement. Die Nutzer

112 Bauer H., Baubetrieb, 2007, Seite 632

138

sollen durch die Digitalisierung bei ihrer Arbeit unterstützt werden, wofür praxistaugliche Datenfilterungsmechanismen unbedingt erforderlich sind. Das gilt sowohl für das BIM-Gebäudemodell als auch für weitere Digitalisierungsmaßnahmen, wie z. B. Projektplattformen.

• Fehlende Standardisierung In der Bauausführung wirkt sich das Fehlen von Standards aufgrund der kleinteiligen Zulieferindustrie besonders nachteilig aus. Die Integration von Insellösungen in übergeordnete Systeme ist nur über einheitliche Standards zu lösen. Das Zusammenführen auf der Baustelle erfasster Daten mit den Daten der Planung ist für die Bauausführung besonders entscheidend.

Neben der fehlenden Standardisierung von Software-Schnittstellen stellt sich in der Bauausführung besonders die fehlende Standardisierung des Projektablaufes als Herausforderung dar. Ein einheitliches Workflow-Management für gleichartige Projekte würde es Projektbeteiligten erleichtern sich in das Projekt einzuarbeiten. Gleichbleibende Prozesse schaffen für die Projektbeteiligten die Möglichkeit sich verstärkt auf die Arbeitsaufgaben und Anforderungen des jeweiligen Projektes zu konzentrieren. Unsicherheiten bezüglich Projekt- bzw. Ablagestruktur können dadurch beseitigt werden.

• Fort- und Weiterbildung sowie Akzeptanz der MitarbeiterInnen Ähnlich der in Kapitel 6.1 für die Planung erkannten Herausforderungen der Zertifizierung und Mitarbeiterausbildung, steht auch die Bauausführung vor ähnlichen Herausforderungen. In der Wirtschaft fehlen auf Digitalisierungsthemen spezialisierte MitarbeiterInnen, was für viele Unternehmen eine große Herausforderung darstellt und insbesondere hohe Investitionen in die Schulung des eigenen Personals notwendig macht.

Die Akzeptanz von neu implementierten Abläufen stößt zumal besonders beim Bauausführenden Personal auf Skepsis. Dieser muss über entsprechende Aufklärung entgegengewirkt werden.

• Einsatz von Totalunternehmern Die Schnittstellenproblematik zwischen den verschiedenen Softwareprogrammen und der nicht vorhandene, einheitliche Modellierleitfaden führen zu einem Mehraufwand beim Konvertieren von externen Plänen. Bei den Planern besteht zudem die Angst, dass durch die Weitergabe von nativer Dateiformate ihre Bürostandards reproduziert werden. Die ausführenden Unternehmen erhalten daher derzeit nur vereinzelt für die Mengenermittlung brauchbare Gebäudemodelle. In ausführenden Unternehmen entsteht die strategische Überlegung, eigene Planungsbüros aufzubauen, da Building Information Modeling innerbetrieblich derzeit einfacher umzusetzen ist. Das fördert über längere Sicht das Entstehen von Totalunternehmern, die in Ihrem Leistungsspektrum sowohl die Planung als auch die Bauausführung abdecken.

139

6.3 Chancen und Herausforderung in der Betriebsphase Fast 80 %113 der gesamten Lebenskosten entstehen in der Nutzungsphase (vergleiche Abbildung 62). Eine Optimierung der Nutzungskosten in der Planungsphase und im Betrieb durch das Facility-Management stellen daher das größte Einsparungspotenzial über den Lebenszyklus eines Bauwerkes dar.

Die Workshop-, Experteninterview- und die KMU-Fragebogenteilnehmer sind der Überzeugung, dass das Facility-Management den größten Nutzen aus der Digitalisierungstechnologie Building Information Modeling ziehen wird.

Abbildung 62: Lebenszykluskosten eines Gebäudes114

Die wesentlichen Chancen, welche durch den Einsatz von BIM für das Facility-Management entstehen, sind:

• Durchgängige Datenbank/Datenmodelle Building Information Modeling reduziert die Informationsverluste, welche bei der Übergabe von Daten zu anderen Projektbeteiligten entstehen. Der größte Wissensverlust entsteht bei der Übergabe des fertigen Bauwerks an das Facility-Management. Der Facility-Manager und Managerinnen müssen die sicherheitstechnischen, rechtlichen und wartungstechnischen Daten oftmals selbst erneut ermitteln. BIM stellt daher eine große Chance für das Facility-Management dar, da BIM eine über alle Projektphasen durchgängige Datenbank ist.

• Predictive Maintenance Der flächendeckende Einsatz von Sensoren und deren Verknüpfung mit einer durchgängigen Datenbank ermöglicht „Predictive Maintenance“ – die „vorausschauende Wartung“ im Betrieb eines Bauwerks. Das Predictive Maintenance

113 IG Lebenszyklus Bau; Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau, Oktober 2016, Seite 6 114 IG Lebenszyklus Bau; Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau, Oktober 2016, Seite 6

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stellt eine Schlüsselinnovation im Gebäudebetrieb dar, durch Predictive Maintenance ist eine Prognose der Restlebensdauer von technischen Einrichtungen durch kontinuierliche Messungen und Auswertungen möglich.

Kritische Betriebsparameter werden als Entscheidungshilfe für die Festlegung optimaler Wartungszeitpunkte und Betriebszustände erfasst. Voraussetzung für die Prognose von Ausfällen sind ausgefeilte Sensorik, leistungsfähige Kommunikationsnetzwerke und Computing-Plattformen für die Verarbeitung von Massendaten und deren Abgleich mit Fehlerbildern über stochastische Algorithmen.115

• Transparenz Building Information Modeling wird zu einer Standardisierung im Betreibersektor führen. Dies wird die Vergleichbarkeit von Dienstleistungen erleichtern, den Wettbewerb erhöhen und die Zusammenarbeit zwischen Eigentümern und FM-Unternehmen verbessern.

• Einbindung vom Facility-Management in die Planungsphase Building Information Modeling fördert die frühere Zusammenarbeit der Planer mit dem Facility-Management. Diese Einbindung des FM erhöht das Nutzungs-Know-how in der Planungsphase und ermöglicht dadurch das bessere Erkennen von Betriebsproblemen schon in der Planungsphase. Durch dieses Early Stakeholder Involvement können realistische Gebäudesimulationen und Optimierungstätigkeiten für den Betrieb bereits in der Planung durchgeführt werden. Die frühere Zusammenarbeit stellt aber auch ein großes Umdenken im Planungsprozess dar und wird nicht von heute auf morgen realisierbar sein, sondern einige Zeit in Anspruch nehmen.

• Monetäre Nutzung von Gebäudedaten Eine vom Facility-Management oft unterschätzte Ressource sind die aus dem Gebäudebetrieb gewonnen Daten. In Zukunft werden diese Daten eine große Bedeutung haben und einen monetären Wert besitzen. Die Digitalisierung ermöglicht dem Facility-Management neue Geschäftsfelder, da es riesige Datenmengen erhalten und weiterverarbeiten. Bei der Veräußerung von Bauwerken wird nicht nur das physische Objekt, sondern auch die vorhandenen Daten in Zukunft den Verkaufspreis bestimmen.

115 Vgl. Berger, Roland: Predictive Maintenance, Service der Zukunft – und wo er wirklich steht, April 2017

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Die wesentlichen Herausforderungen für das Facility-Management sind:

• Einbindung von Facility-Management-Unternehmen in die BIM-Entwicklung Die Beteiligten in der Baubranche sehen den größten Mehrwert von BIM im Facility-Management, trotzdem ist diese zeit- und kostenintensivste Phase im Lebenszyklus eines Bauwerks innerhalb der BIM-Debatte bislang deutlich unterrepräsentiert.

• Notwendiger Informationsgehalt für den Gebäudebetrieb BIM ermöglicht die Speicherung sämtlicher Daten aus der Planungs- und Ausführungsphase in einem gemeinsamen Gebäudemodell, welches dem Facility-Management anschließend zur Verfügung steht. Die kostspielige und fehleranfällige redundante Eingabe von Daten für den Betrieb wird dadurch verhindert. Die Herausforderung besteht nun darin, zu klären, welche Informationen der Planer und die ausführenden Unternehmen in das Gebäudemodell für den Betrieb eingeben müssen und welche Daten der Betreiber aktuell halten muss.

Eine genormte Datenstruktur, welche die betriebsrelevanten Informationen vorschreibt, ist notwendig. In diesem Zusammenhang ist auf den in Entwicklung befindlichen ASI Merkmalserver zu verweisen, der vorschreibt, welche Informationen ab welcher Phase notwendig sind. Im Zuge der weiteren Entwicklung des ASI Merkmalservers, ist zu überlegen wie eine genormte Datenstruktur für den Betrieb aufgebaut werden soll.

BIM-Projekte enthalten am Ende der Ausführungsphase eine enorme Datenmenge. Das Facility-Management benötigt für den Betrieb jedoch nur die rechtlich, wirtschaftlich und wartungstechnisch relevanten Daten. Damit die Datenbank für den Betrieb nützlich ist, müssen die notwendigen Daten für den Betrieb identifiziert werden und nur diese dem Facility-Management zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten ist eine Überforderung der Beteiligten zu befürchten. Hier sind die Vertreter des Facility-Managements gefordert, sich auf die für den Betrieb notwendigen Daten zu einigen.

Eine generelle, vorgeschriebene Datenstruktur für alle Bauwerke, wäre aus Sicht der Autoren für die Praxis untauglich und bei den Vertretern des Facility-Managements nicht durchsetzungsbar, da die Anforderungen an den Betrieb für die verschiedenen Bauwerkstypen zu unterschiedlich sind. Die notwendige Informationstiefe für den Betrieb eines Gebäudes hängt stark von folgenden drei bauwerkspezifische Sachverhalten ab:

o Betriebskonzept (z. B. Eigenbetrieb, externe Betreiber usw.) o Nutzungstypologie (z. B. Wohnhaus, Industriegebäude,

Infrastrukturbauwerke usw.) o Systemrelevanz (z. B. systemrelevante Infrastruktur, Auswirkungen bei

Ausfall von technischen Gebäudeausrüstungen)

142

Die Autoren der Studie empfehlen, aufbauend auf den Merkmalserver eine Datenstruktur/Datenbank für den Betrieb zu entwickeln, welche abhängig von den drei Sachverhalten angibt, welche Informationen der Planer oder die ausführenden Unternehmen in das Datenmodell einpflegen und welche der Betreiber aktuell halten oder selbst einarbeiten muss. Ansonsten ist eine Überforderung der Beteiligten zu befürchten.

• Fehlende hierarchische Anlagenkennzeichnungssysteme (AKS) Bei einem durchgeführten BIM-Projekt erhält der Betreiber nach der Fertigstellung des Bauwerks ein dreidimensionales Modell in Form einer Datenbank, welche unter anderem auch alle technischen Ausrüstungen eines Bauwerks enthält. Die derzeitige Herausforderung in Zusammenhang mit dieser Datenbank ist, dass diese oft keine hierarchischen Beziehungen zwischen den einzelnen Anlagenteilen aufweist.

Aus der Datenbank kann der Betreiber beispielsweise die Anzahl der Radiatoren im Gebäude ablesen. Die Radiatoren enthalten jedoch keine Abhängigkeiten, wodurch nicht ersichtlich ist, zu welchem Heizungsstrang oder Kessel die einzelnen Anlagen gehören. Eine graphische Nachverfolgung oder eine manuelle Zuordnung ist zwar möglich, jedoch bei komplexen Bauwerken und technischen Einrichtungen unpraktisch. Die Studienautoren regen an, bereits in der HKLS-Planung ein automatisches hierarchisches Anlagenkennzeichnungssystem zu entwickeln. Im Idealfall sollten die HKLS-Softwareprogramme anhand der graphischen Zuordnung automatisch erkennen, welche Anlagenteile zusammengehören.

• Veränderung des Geschäftsmodells Ein kontinuierlich in jeder Lebenszyklusphase eines Gebäudes angewendetes Gebäudemodell erhöht die Transparenz im Bereich des Facility-Management. Diese stellt für viele Unternehmen eine Veränderung des Geschäftsmodells dar. Einige FM-Unternehmen werden daher eher zurückhaltend auf die neue Technologie reagieren. Der Einsatz von Building Information Modeling in der Betriebsphase eines Bauwerks wird daher sehr stark vom Einsatzwillen des Bauherrn abhängen.

• Monetäre Bewertung von Building Information Modeling im Facility-Management Die monetäre Bewertung des Mehrwertes durch Building Information Modeling hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in der Betriebsphase muss durch Pilotprojekte oder Studien ermittelt werden, um etwaigen Mehraufwand durch Building Information Modeling in der Planungsphase und der Ausführungsphase zu rechtfertigen.

• Gewerberechtliche Fragestellungen Das Tätigkeitsfeld des Facility-Managements wird immer größer und komplexer. Laut ÖNORM EN 1521-1 :2016 wird Facility-Management wie folgt definiert:

143

„Integration von Prozessen innerhalb einer Organisation zur Erbringung und Entwicklung der vereinbarten Leistungen, welche zur Unterstützung und Verbesserung der Effektivität der Hauptaktivität der Organisation dienen.“116

In der gelebten Praxis ist jedoch eine genaue Abgrenzung und Definition der Aufgabenbereiche des Facility-Management nicht vorhanden. Als Facility-Manager und Managerinnen werden umgangssprachlich alle Personen, vom strategischen Betriebskonzeptplaner bis hin zum operativ tätigen Personal, bezeichnet. Eine Schärfung oder Abgrenzung der Begrifflichkeiten in Bezug auf das Facility-Management scheint daher erforderlich. Auf Basis der Abgrenzung der Begriffe kann darauf aufbauend das Gewerbe des Facility-Managers entwickelt werden.

Derzeit sind standardisierte Schulungsmöglichkeiten im Gebäude- und Infrastrukturbetrieb in Österreich nicht vorhanden. Diese sind für eine strukturierte und innovative Aus- und Weiterbildung von Facility-Manager und Managerinnen aus Sicht der Studienautoren anzustreben.

116 ÖNORM EN 1521-1 :2016; Facility Management Teil 1: Begriffe, Seite 7

144

7 Forschung und Entwicklung

Die Digitalisierung im Bauwesen kommt rasant auf uns zu und es ist unsere gesellschaftspolitische Aufgabe, die Potenziale zu erkennen, die Chancen bestmöglich zu nützen und die Risiken möglichst zu vermeiden. Die österreichische Wirtschaft kann nur international wettbewerbsfähig bleiben, wenn diese eine führende Rolle bei der Umsetzung von digitalen Prozessen in der Baubranche, wie in allen anderen Branchen, einnimmt. Diese Ambition kann nur durch eine führende österreichische Forschung in enger Zusammenarbeit mit der Bauwirtschaft umgesetzt werden.

Für die Ermittlung von Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten wurde in diesem Forschungsprojekt daher eine enge Kooperation mit der Bauwirtschaft und den öffentlichen Institutionen gesucht. Auf Basis von Workshops, Experteninterviews, Fachgesprächen und einem KMU-Fragebogen hat das Institut für Interdisziplinäres Bauprozessmanagement an der TU Wien – Forschungsbereich Baubetrieb und Bauverfahrenstechnik unter der Leitung von Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Gerald Goger – relevante Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte identifiziert, welche die erfolgreiche Umsetzung von Digitalisierungs- und Vernetzungsprozessen in der österreichischen Baubranche fördern.

In der österreichischen Baubranche fehlen derzeit wissenschaftlich untersuchte Anwendungsbeispiele von durchgängigen Digitalisierungsprozessen bei Bauprojekten. Die nachfolgend angeführten Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte sollten mithilfe von Pilotprojekten entwickelt und auf deren Anwendbarkeit überprüft werden. Erst wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte ermöglichen eine fundierte Forschung an digitalen Arbeitsprozessen in der Baubranche und fördern dadurch die schnelle Umsetzung in Österreich.

Diese Projekte ermöglichen die Beantwortung der wesentlichen Fragen zum Thema der Digitalisierung:

• Welche Prozesse sollen sinnvollerweise digitalisiert werden? Wie vermeidet man digitale Spielzeuge?

• Was führt zu höherer Effizienz, zu größerem Nutzen für die Beteiligten an einem Bauprojekt?

• Wie kann man unnötigen Aufwand und Datenfriedhöfe vermeiden?

• Wie kann man die Zielsetzung der Digitalisierung präzise formulieren und vereinbaren?

Die Fragen können nur durch eine enge multidisziplinäre Kooperation von Forschung, Bauwirtschaft und öffentlichen Institutionen in Pilotprojekten gelöst werden. Für Klein- und Mittelbetriebe sind diese wissenschaftlich aufgearbeiteten Informationen aus den Kooperationsprojekten von großer Bedeutung, da die Betriebe alleine nicht ausreichend über wirtschaftliche und technische Mittel verfügen.

Eine monetäre Bewertung von Mehrarbeit und Mehrwert durch digitale Bauprozesse entlang der Wertschöpfungskette hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in

145

der Planung-, Bau- und Betriebsphase sollte das Hauptziel dieser Abwicklung von Pilotprojekten darstellen. Auch eine wissenschaftlich fundierte Risikobetrachtung wird empfohlen.

7.1 Virtual und Augmented/Mixed Reality Virtual und Augmented/Mixed Reality wird in der Baubranche zwar derzeit kaum verwendet, jedoch werden dadurch in Zukunft Bauprozesse über sämtliche Phasen eines Bauprojektes maßgebend beeinflusst. Um die Umsetzung in Österreich zu fördern, müssen wirtschaftliche Anwendungsmöglichkeiten durch wissenschaftlich begleitende Pilotprojekte identifiziert werden. Aufbauend auf den gewonnenen Daten und Erkenntnissen können Arbeitsvorgänge, Normen und Richtlinien entwickelt oder wo nötig angepasst werden. Gleichzeitig zur bauwirtschaftlichen und baubetrieblichen Forschung liegt ein weiterer Schwerpunkt auf der Hard- und Softwareentwicklung.

In Tabelle 16 wird ein Überblick über notwendige Forschungsthemenschwerpunkte aus baubetrieblicher Sicht im Bereich von Virtual und Augmented/Mixed Reality gegeben. Die Anwendungsmöglichkeiten und Herausforderungen von Virtual und Augmented/Mixed Reality sind in Abschnitt 4.1.3 beschrieben.

Tabelle 16: Forschungsschwerpunkte AR/MR

Bereich Themen

Bauwirtschaftliche und baubetriebliche Forschung

• Ermittlung von Anwendungsmöglichkeiten (z. B. Bewehrungsabnahme, Einblenden von Sicherheitshinweisen auf Baustellen, Kommunikation, Einblenden von Informationen für das FM, Schulungsmöglichkeiten, Visualisieren der herzustellenden Bauteile auf der Baustelle etc.)

• Beeinflussung des Bauablaufes

• Bestimmen von neuen Rollenbildern

• Erarbeitung eines durchgängigen Workflows

• Zuständigkeiten

• Ausbildung von Fachpersonal

• Kosten-Nutzen-Analyse von Anwendungsmöglichkeiten (Pilotprojekte notwendig)

• Anpassung/Entwicklung von Normen, Richtlinien und Gesetzen

Software-entwicklung

• Direkte Verwendung des vorhandenen BIM-Gebäudemodells als Grundlage für das Virtual und Augmented Reality Modell

• Überlagerung von virtuellen Modellen mit der Realität auf der Baustelle (Geotracking)

• Genau Positionierung (Tracking) von Benutzern in großen Innenräumen und im Freien

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7.2 Qualitätssicherung des digitalen Modells Damit BIM wirtschaftliche Vorteile gegenüber der konventionellen Planung hat, muss bei der Weitergabe der Daten vom Planer an den Bauunternehmer oder an das Facility-Management das Modell eine gewisse Qualität besitzen. Derzeit existiert keine anerkannte Methode zur qualitativen und quantitativen Bewertung von BIM-Modellen, die erbrachten Leistungen eines Planers sind daher für den Auftraggeber schwer abzuschätzen. Zudem können die Bauunternehmen und das Facility-Management ihre Aufwände, die mit dem Modell in Verbindung stehen, schwer kalkulieren. Um die Modellqualität zwischen verschiedenen Projekten bewerten und vergleichen zu können, müssen daher im Zuge von Pilotprojekten Standards festgelegt und eine allgemeine Methode zur Bewertung der digitalen Modellqualität entwickelt werden, welche die Anforderungen der Bauunternehmer und des Facility-Managements an ein BIM-Modell berücksichtigen. Zudem sollten anschließend Vorschläge für eine qualitätsabhängige Vergütung von digitalen Planungsleistungen erarbeitet werden.

7.3 Digitaler Gebäudeausweis Auf den Ausführungen in Kapitel 7.2 aufbauend kann ein „Digitaler Gebäudeausweis“ ähnlich des derzeitigen Energieausweises für ein Gebäude erarbeitet werden. Der „Digitale Gebäudeausweis“ soll den Digitalisierungsgrad des virtuellen Modells und des physischen Gebäudes zum Beispiel hinsichtlich Datenverfügbarkeit, vorhandener Daten, automatischer Lichtschaltung, Sensorik etc. einstufen. Der Bauherr und die Käufer und Verkäufer von Objekten erhalten dadurch einen Überblick, welchen digitalen Standard das Gebäude besitzt. Bei Veräußerungen von Objekten entsteht eine Vergleichbarkeit zwischen den Gebäuden, wodurch der Verkaufspreis auch von der Qualität des digitalen Modells und der digitalen Ausstattung eines Gebäudes abhängt.

7.4 Entwicklung einer digitalen Baueinreichung Ein dreidimensionales Gebäudemodell, welches bautechnisch relevante Informationen enthält, ermöglicht den Einsatz von automatischen Prüf- und Analysesoftwares. Diese Softwareprogramme könnten das Modell auf Einhaltung der Bauordnungen, OIB-Richtlinien usw. vorprüfen, wodurch eine neue Art der Einreichung entsteht. Für die Entwicklung einer digitalen Baueinreichung ist die Erfassung sämtlicher bautechnisch relevanten Richtlinien, Vorordnungen und Gesetzen notwendig. Diese müssen auf softwaretechnische Implementierbarkeit geprüft und anschließend auf praktische Anwendbarkeit mithilfe von Versuchen an Gebäudemodellen untersucht werden. Aus wirtschaftlichen Gründen ist eine österreichweite Softwarelösung zur digitalen Einreichung anzustreben, wodurch eine stärkere, österreichweite Harmonisierung des Baurechts gefördert wird. Digitale Baueinreichung fördert zudem die Entstehung klarer Gesetze und einheitlicher Rechtsprechungen, da ungenaue/unklare Gesetze und Verordnung in einem Softwareprogramm nicht implementiert werden können. Die Erarbeitung eines dreidimensionalen Bebauungsplanes wäre im Zuge der Entwicklung einer digitalen

147

Baueinreichung für eine bessere Prüfbarkeit anzudenken. Eine Überprüfung des Gebäudes durch die digitale Baueinreichungssoftware sollte vor der Einreichung möglich sein.

Tabelle 17: Chancen und Herausforderungen bei der Entwicklung einer digitalen Baueinreichung

Chancen Herausforderung

• Harmonisierung des Baurechts

• Förderung klarer Gesetze

• Transparente, einheitliche Rechtsprechung

• Schnellere Bewilligungsverfahren

• Förderung von Open BIM Lösungen (Einreichung nur mit neutralem Dateiformat möglich)

• Höhere Rechtssicherheit

• Implementierung der Gesetze, Verordnungen und Richtlinien in einer Software

• Gesetzliche Änderungen im Bewilligungsverfahren

• Ausreichende Qualität des Einreichmodells für die Überprüfung notwendig

• Österreichweite Lösung anzustreben

• Anwendbarkeit außerhalb des Hochbausektors

• Standardisierte Planung (Modellierleitfaden)

7.5 Interoperabilität von Softwarelösungen Die Interoperabilität von Bausoftwareprogrammen stellt die größte Herausforderung für den flächendeckenden Einsatz von BIM dar. Im Idealfall sollte die Übertragung von Daten an die verschiedenen Projektbeteiligten, welche unterschiedliche Softwareprogramme besitzen, ohne Importfehler erfolgen. In der Praxis zeigt sich, dass vor allem die Übertragung von nicht geometrischen Informationen – Attribute von Objekten – fehleranfällig ist. Diese fehlende Interoperabilität führt zu einem sinkenden Vertrauen der Projektbeteiligten in Hinblick auf die überspielten Daten, wodurch der gesamte Arbeitsprozess verlangsamt wird.

Die meisten derzeitigen BIM-Projekte werden heute mit Closed-BIM abgewickelt. Das bedeutet für die Projektbeteiligten die durchgängige Bearbeitung in einem softwareherstellerspezifischen Gebäudemodell. Die größten Vorteile gegenüber der Open BIM Lösung mittels IFC sind derzeit die leichtere Modellaktualisierung, die geringere Anzahl von Einspielfehlern und das gleichzeitige Arbeiten mehrerer Projektbeteiligte direkt an einem Modell. Die Entwicklung und Verbesserung von herstellerunabhängigen Formaten sind jedoch voranzutreiben, da öffentliche Auftraggeber gesetzlich verpflichtet sind, neutrale Ausschreibungen durchzuführen.

Eine digitale Baueinreichung wird jedenfalls nur über ein neutrales Format möglich sein. Damit der herstellerunabhängige Datenaustausch verbessert wird, sollten folgende Maßnahmen in Österreich getroffen werden:

148

7.5.1.1 Weiterentwicklung des ASI Merkmalservers oder einer gleichwertigen Alternative

Der ASI Merkmalserver wurde von der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit dem Austrian Standards Institute entwickelt. Ziel ist es, die Eigenschaften von Bauteilen und Materialien mit dem bSDD (buildingSMART Data Dicitionary) abzugleichen. Dadurch erhält jeder Parameter eine GUID (Globally Unique Identifier), wodurch die Eigenschaften eindeutig und sprachlich unabhängig definiert werden. Die Parameter aus der Datenbank werden mit den Eigenschaften in der jeweiligen BIM-Software gemappt, wodurch eine Verknüpfung zwischen den Modelldaten und den GUIDs entsteht und so den Datenaustausch ermöglicht.117

Damit ersichtlich ist welche Informationen ab welcher Phase notwendig sind, wird in dieser Datenbank den Eigenschaften auch deren Phasenzugehörigkeit zugewiesen. Diese Entwicklung einer österreichweiten Datenstruktur sollte weiter vorangetrieben werden. Einheitliche Programmstandards sollten nicht nur für die Datenübertragen zwischen verschieden Planungssoftwares sondern auch für die Vernetzung mit AVA-Programmen und bereits bestehenden kaufmännischen IT-Tools entwickelt werden (siehe Forschungsprojekt freeBIM 2). Der Merkmalserver muss aber vor allem um die vom Facility-Management für den Betrieb eines Bauwerks benötigten Daten erweitert werden.

7.5.1.2 Erstellen eines Modellierleitfaden/Standardisierung

Damit Building Information Modeling in allen seinen Entwicklungsstufen erfolgreich umgesetzt werden kann, müssen bereits in der Planungsphase sämtliche Beteiligte nach gleichen Grundregeln planen. Durch gemeinsame Planungsgrundlagen entsteht ein einheitliches Modell, welches über herstellerunabhängige Formate in andere Softwares importiert werden kann. Ein Modellierleitfaden ist daher Grundlage für ein erfolgreichen BIM-Projekt. Eine standardisierte Planung ermöglicht zudem eine digitale Prüfung/Analyse von Modellen. Die praktische Umsetzbarkeit von Standards sollte durch Pilotprojekte getestet werden. Die ÖNORM Reihe A 6241 beinhaltet bereits einige grundlegende Planungsregeln für ein multidisziplinäres Gebäudemodell. Ein europaweiter anerkannter Modellierleitfaden ist anzustreben, damit dieser in Ausschreibungen verlangt werden kann.

7.5.1.3 Verpflichtende Einführung von Open-BIM bei öffentlichen Projekten

Die Autoren empfehlen die Entwicklung eines konkreten Stufenplans für die Einführung von Open-BIM bei öffentlichen Bauprojekten. Der Stufenplan sollte dabei den BIM-Level und das zugehörige Einführungsdatum enthalten. Ein solcher Stufenplan würde die Entwicklung und Verbreitung von BIM in Österreich aus Sicht der Autoren wesentlich fördern bzw. beschleunigen.

117 Vgl. http://www.freebim.at/Info_2016, abgerufen am 25.08.2017

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7.6 Facility-Management Die Digitalisierung des Bauwesens stellt vor allem für das Facility-Management eine wichtige Entwicklung dar. Mit Hilfe von Sensoren und Echtzeitdatenerfassung erhalten Facility-Management-Unternehmen, Eigentümer, Nutzer oder Betreiber eine große Datenmenge, die ein redundante Eingabe verhindern soll. In Tabelle 18 werden von den Autoren Forschungsthemen identifiziert, welche einen ersten Schritt zur Umsetzung von Digitalisierungstechnologien im FM in Österreich darstellen.

Tabelle 18: Forschungsschwerpunkte Facility-Management

Bereich Themen

BIM 2 FIM • Erhebung der rechtlichen, sicherheits- und wartungstechnischen relevanten Daten für den Betrieb. Anschließend sollte mithilfe des Merkmalservers eine Datenstruktur/Datenbank für den Betrieb entwickelt werden, die abhängig von der Art des Bauwerks angibt, welche Informationen der Planer oder das ausführende Unternehmen in das Datenmodell einpflegen muss und welche der Betreiber aktuell halten oder selbst einbauen muss. (siehe Kapitel 6.3 notwendiger Informationsgehalt für den Gebäudebetrieb)

• Monetäre Bewertung des ökologischen, ökonomischen und sozialen Nutzens von BIM für das Facility-Management, um die möglichen erhöhten Planungskosten zu rechtfertigen.

• Untersuchung der Rollenverteilung und der planerischen Auswirkung bei der Einbindung des Facility-Management in der Planungsphase

Digitale Technologien

• Ermittlung von Anwendungsmöglichkeiten von Sensoren für den Betrieb von Gebäuden und Infrastruktur und die Möglichkeit einer automatischen Verknüpfung mit dem Gebäudemodell. (IoT-Systeme)

• Möglichkeiten der unterstützenden Fernwartung von Bauwerken durch Augmented/Mixed Reality

• Anwendungsmöglichkeiten von Predictive Maintenance bei Hoch- und Tiefbauprojekten, um den Betrieb von Bauwerken zu optimieren.

• Erforschen der Auswirkungen und entstehenden Möglichkeiten einer zentraleren Datenbank auf „Urban Mining“

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7.7 Digitale (intelligente) Baustelle Einige der unter Kapitel 6.2 angeführten Chancen der Digitalisierung für die Bauausführung können unter dem Überbegriff digitale oder intelligente Baustelle zusammengefasst werden. Nachfolgend werden die sich aus der digitalen Baustelle ergebenden Forschungsschwerpunkte einzeln dargestellt und ihre Bedeutung für das Bauwesen erläutert.

7.7.1.1 Automatisierte Abrechnung

Die Abrechnung von Bauleistungen beansprucht in der Baustellenabwicklung einen wesentlichen Teil der Arbeitszeit des Personals auf Auftraggeber und Auftragnehmerseite. Zukünftig wird daher von Seiten der Studienautoren wesentliches Potenzial darin gesehen, diesen Prozess zu vereinfachen und teilweise zu automatisieren.

Basierend auf der Ausschreibung von Bauleistungen mit belastbaren Massenangaben und einer deutlichen Darstellung ihrer Zuordnung, ergeben sich auch in der Bauausführung Vorteile aus einem digital vorliegenden Bauwerksmodell.

Die erbrachten Leistungen werden auf Baustellen künftig über verschiedene Digitalisierungstechnologien (z. B. per Drohnenflug, RFID-Tracking, digitale Lieferscheine oder per App-Eingabe) nahezu in Echtzeit erfasst werden können. Wie diese Erfassung in der Praxis zu erfolgen hat und in einen effizienten Abrechnungsprozess eingebunden werden kann, das sind zukünftig relevante baubetriebliche, baurechtliche und bauwirtschaftliche Forschungsfragen.

7.7.1.2 Big Data und maschinelles Lernen

Das Weltwirtschaftsforum nennt den Einsatz von Big-Data-Techniken als eine der Maßnahmen im Rahmenplan zur Transformation der Bauwirtschaft. Dies lässt sich damit begründen, dass die derzeitig rasant wachsende Datenmenge, die verstärkt auftretenden unstrukturierten Daten und das Erfordernis einer Verarbeitung der Daten nahe der Echtzeit mit herkömmlichen Techniken nicht begegnet werden können. Als eine potentielle Quelle für die Datenflut können BIM-orientierte Ansätze und die damit verbunden detailreichen Gebäudemodelle genannt werden. Weitere Faktoren für die zunehmende Datenmenge stellen der verstärkte Einsatz von elektronischen Geräten, wie Mobiltelefone, und die steigende Konnektivität dar. Im Internet der Dinge (engl. Internet of Things, IoT) werden zukünftig Sensoren und Baumaschinen mit elektronischem Datenzugriff eine gewaltige Menge an Daten produzieren. Diese stetig wachsende Datenbasis bietet allerdings die Möglichkeit umfangreicher Analysen, deren manuelle Durchführung sich jedoch zu zeit- und kostenintensiv sowie zu fehleranfällig gestaltet. Zudem erweisen sich die dafür häufig eingesetzten Softwarewerkzeuge wie Tabellenkalkulationsprogramme als ungeeignet.

Abhängig von der Struktur der Daten und den Bedürfnissen hinsichtlich der Verarbeitung sollen mithilfe von Forschungsprojekten effiziente Strukturen und Techniken für die Datensammlung-, -speicherung und -verarbeitung gefunden werden. Im Weiteren sollen

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maschinelle Lernverfahren entwickelt werden, um Daten zu Optimierungszwecken einer Analyse zu nutzen.

7.7.1.3 Daten- und Systemintegration

Beim Umgang mit Daten von Bauprojekten kommt es an verschiedenen Schnittstellen häufig zu Unterbrechungen des durchgehenden Datenflusses. Während der Ausführung kommt es oftmals zu manuellen Doppeleingaben, die zeitaufwendig und fehleranfällig sind und damit zur Inkonsistenz im Datenbestand führen. Der schon in der produzierenden Industrie beobachtete Spalt zwischen der Unternehmensebene und der Feldebene findet sich in analoger Form in der Bauwirtschaft zwischen operativen und administrativen Abteilungen wieder. Der damit verbundene zeitliche Versatz zwischen Entstehung und Verfügbarkeit der Daten verhindert eine schnelle Reaktion auf auftretende Probleme. Darüber hinaus sind diese Daten oftmals über eine Vielzahl unterschiedlicher Orte, Gewerke, Projektbeteiligte und Systeme verteilt und bestehen sowohl aus strukturierten als auch unstrukturierten Daten, was eine maschinelle Analyse erschwert. Die Nutzung BIM-basierter Ansätze entschärft diese Situation nur für eine gewisse Teilmenge der Daten.

Das Ziel von Forschungsprojekten ist es, einen durchgängigen industrieübergreifenden Datenfluss über die gesamte Wertschöpfungskette bei Bauprojekten zu ermöglichen und durch vertikale und horizontale Datenintegration eine gesamtheitliche Sicht auf die Daten zu schaffen, die eine nachfolgende Analyse ermöglicht.

7.7.1.4 Sensorik und Internet of Things

Gegenwärtig wird in der Bauwirtschaft ein Großteil der Daten noch immer manuell erhoben. Der damit verbundene Arbeitsaufwand führt dazu, dass nur die gesetzlich, vertraglich oder baubetrieblich unbedingt notwendige Anzahl an Messungen durchgeführt wird. Oftmals beschränken sich manuelle Messungen lediglich auf subjektive oder qualitative Beobachtungen, die für eine spätere Analyse oftmals unzulänglich sind. Die automatisierte Erfassung von Messgrößen mithilfe von Sensoren birgt ein enormes Potential an Zeit- und Kostenersparnis. Dadurch lassen sich Messungen in kürzeren Intervallen durchführen oder Größen erfassen, die andernfalls unberücksichtigt bleiben. Diese zusätzlichen Daten haben einen hohen Nutzen bei der Dokumentation, bei der Qualitätssicherung und einer nachfolgenden Analyse hinsichtlich der Optimierung von Prozessen. Durch das Internet of Things (IoT), einem Internet der nächsten Generation, das über derzeitige Informations- und Kommunikationstechnologie hinausgehend nicht nur Menschen, sondern Objekte vernetzt, entstehen Netzwerke von Objekten die autonom miteinander kommunizieren und mit ihrer Umwelt interagieren.

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7.8 Spezifische KMU Schwerpunkte Die Digitalisierung wird sowohl Großbetriebe als auch Klein- und Mittelbetriebe nachhaltig verändern. Die KMUs sehen laut der von den Autoren dieser Studie durchgeführten Workshops und der KMU-Umfrage sehr große Herausforderungen auf sich zukommen. Nachfolgend wird daher näher auf die Bedürfnisse der KMUs eingegangen und mögliche unterstützende Maßnahmen aufgezeigt:

• Workflow/Überblick über digitale Prozessabläufe Neue Rollen, Arbeitsabläufe und Technologien oder Softwarelösungen entstehen durch die Digitalisierung im Bauwesen (z. B. BIM, Augmented Reality, Autonome Baufahrzeuge etc.). Einen Überblick über diese neuen Arbeitsabläufe und Technologien zu bekommen, ist vor allem für Klein- und Mittelbetriebe eine große Herausforderung. Die Autoren empfehlen daher, das Erstellen einer Sammlung von bereits durchgeführten oder möglichen digitalen Prozessabläufen für alle Projektphasen, welche den KMUs gesammelt und kommentiert zur Verfügung gestellt werden soll. Diese digitalen Workflowübersichten sollen den KMUs ermöglichen, die Anforderungen (z. B. Softwarewahl) der Digitalisierung an ihr Unternehmen besser einschätzen zu können und dadurch neue Ideen und Geschäftsfelder für sich zu entwickeln.

• Schulungen Große Herausforderungen für kleine und mittlere Unternehmen sind vor allem die mangelnden Möglichkeiten an Schulungen und Fortbildungen zu Digitalisierungsthemen und die damit einhergehenden Kosten. Die KMU-Umfrage (siehe Kapitel 5.3) zum Thema Digitalisierung im Bauwesen zeigt, dass der Wissensstand zu Digitalisierungsthemen, vor allem im Bereich „Open BIM“, gerade bei den KMUs relativ gering ist. Mit Hilfe von Online Lehrvideos, welche die Innovationen und Entwicklungen der Digitalisierung im Bauwesen zusammenfassen, könnten viele KMUs erreicht werden. Die Plattform BAU-TV ist hier beispielhaft zu nennen, diese Website präsentiert aktuelle Themen aus der Baubranche direkt mittels Videos auf ihrer Homepage.

• Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der KMUs bei Bauprojekten Kann von einem Bieter kein Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit bei einem öffentlichen Vergabeverfahren erbracht werden, führt dies zum Ausschluss aus dem Bieterverfahren. Die Herausforderung vieler KMUs liegt darin, ihre technische Leistungsfähigkeit beim Planen, Bauen oder Betreiben von BIM-Projekten nachzuweisen. Vielfach stellt hier die Vorlage von Referenzen ein großes Problem dar. International tätige Unternehmen besitzen allenfalls jedoch bereits das eine oder andere Referenzprojekt und können ihre technische Leistungsfähigkeit in diesem Gebiet damit nachweisen.

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In der derzeitigen Entwicklungsphase von BIM sind die KMUs gegenüber den Großunternehmen im Nachteil. Die Studienautoren empfehlen daher folgende Punkte umzusetzen:

o Förderung von Pilotprojekten mit KMU-Beteiligung, die den KMUs als Referenz für zukünftige öffentliche Ausschreibungen dienen.

o Einführung weiterer Zertifikate für das Planen, Bauen und Betreiben von BIM-Projekten, um für Referenzprojekte die technische Leistungsfähigkeit nachweisen zu können.

o Der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit bei öffentlichen BIM-Ausschreibungen sollte in den nächsten fünf Jahren für KMUs durch spezifische Eignungs- und Zuschlagskriterien gefördert werden.

• Vernetzung – Plattformen Die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch zwischen den Klein- und Mittelbetrieben über Digitalisierungsthemen ist für die Wettbewerbsfähigkeit der KMU gegenüber Großbetrieben von erheblicher Bedeutung. Die Entwicklung einer KMU-Plattform für die Vernetzung und den Informationsaustausch ist daher anzustreben. Eine solche Plattform könnte zum Beispiel als Teil von bereits bestehenden Organisationen - wie zum Beispiel „Plattform 4.0 Planen, Bauen, Betreiben“, „BIM-Baumeister“ oder „IG Lebenszyklus“ - geführt werden. Die Initiative BIM-Baumeister Österreich repräsentiert eine unabhängige Gruppe von BIM-Anwendern, welche unter anderem bereits am Forschungsprojekt freeBIM-Tirol beteiligt war.

Der Konkurrenzdruck zwischen den Unternehmen verhindert oftmals den konstruktiven Informationsaustausch. Die Plattform sollte daher neben der gesamtheitlichen Vernetzung vor allem Kooperationen zwischen einzelnen Baumeistern und Architekten, welche aufgrund von örtlichen oder technischen Gegebenheiten nicht in direkter Konkurrenz stehen, ermöglichen und fördern.

• Pilotprojekte/Förderung Der Umstand, dass die Entwicklung von BIM derzeit vor allem durch große Konzerne vorangetrieben wird, nehmen die KMUs (siehe Abbildung 54) als großes Risiko wahr. Die verpflichtende Einbindung von KMUs in Pilotprojekte sowie die Zurverfügungstellung von Informationen aus wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekten sollte daher gefördert werden. Die Betriebe alleine haben nicht die wirtschaftlichen und technischen Mittel zur Verfügung haben selbst Forschungsprojekte abzuwickeln.

• Open BIM In den oben angeführten Kapiteln haben die Autoren bereits die Empfehlung abgegeben, die Lösungen hinsichtlich Open BIM zu fördern. In Zusammenhang mit den KMUs ist jedoch nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nur durch eine Lösung mittels Open BIM ein Wettbewerbsnachteil für KMUs gegenüber Großunternehmer vermieden werden kann. Eine flächendeckende Umsetzung von

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Closed BIM würde bedeuten, dass die KMUs verschiedene Softwarelizenzen benötigen, um bei Ausschreibung von unterschiedlichen Auftraggeber mitbieten zu können. Gerade die Kleinst- und Kleinunternehmer mit weniger als 50 Beschäftigten (welche 80 % der österreichischen Unternehmen ausmachen, siehe Kapitel 2.4), stellen die damit verbundenen Software- und Schulungskosten vor einer unlösbaren Herausforderung. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Ergebnis der KMU-Umfrage hinzuweisen, wo bei der Fragestellung „Welche Maßnahmen sind aus ihrer Sicht beim Thema Digitalisierung erforderlich?“ 82 % der befragten Unternehmen angegeben haben, dass ihnen die Förderung eines offenen Dateiformates wichtig ist (siehe Abbildung 58).

Die Autoren empfehlen den Vertretern der KMUs daher, sich für eine verpflichtende Open BIM Lösung bei öffentlichen Ausschreibungen in BIM einzusetzen. Weiters wird ein starkes, österreichisches Engagement bei BuildingSMART und anderen in der internationalen Standardisierung engagierten Organisationen empfohlen.

• Softwareübersicht und Schnittstellenprüfung Eine große wirtschaftliche Herausforderung für KMUs stellt die „richtige“ Wahl der BIM-Software dar. Um die KMUs bei der Softwarewahl zu unterstützen, wird in Kapitel 4 ein Überblick über derzeit gängige Softwareprogramme und deren Schnittstellen gegeben. Zusätzlich sollte jedoch eine unabhängige Prüfung der Schnittstellen zwischen den verschiedenen Programmen in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, damit die Unternehmer erkennen können, welche Softwareprogramme miteinander kompatibel sind.

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8 Zeitschiene

Die Digitalisierung entlang der Wertschöpfungskette hat für sämtliche Projektphasen eines digitalen Bauprojektes (Planen, Bauen und Betreiben) großes Potenzial zur Steigerung der Effizienz, der Datenerfassung und der Datenverfügbarkeit. Viele zukünftige Technologien und Anwendungen sind heute noch gar nicht abschätzbar.

Die Autoren haben auf Basis von Experteninterviews, Workshops und einem maßgeschneiderten KMU-Fragebogen eine Zeitschiene für mittel- bis langfristige digitale Entwicklungen im Bauwesen in Österreich erarbeitet, welche in Abbildung 63 dargestellt ist. Anschließend werden in diesem Kapitel die möglichen Maßnahmen für die Förderung der digitalen Entwicklung in Österreich aus dem Kapitel 7 unter dem Titel „Forschung und Entwicklung – Ableitung von Maßnahmen“ zusammengefasst.

Forschung und Entwicklung – Zeitliche Abfolge Die in Abbildung 63 dargestellte Zeitschiene soll nicht als genauer Zeitplan interpretiert werden, vielmehr wird überblicksmäßig eine aus Sicht der Autoren mögliche Abfolge von ausgewählten, zukünftigen Digitalisierungsmeilensteinen vorgestellt. Es wird dabei zwischen technischen und rechtlichen Meilensteinen unterschieden, angesprochen sollen in diesem Zusammenhang alle wesentlichen Stakeholder aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden.

Anfang 2018 wird das BuildingSMART-Chapter Austria mit dem Vereinsnamen „bS AT“ offiziell gegründet und bei einer Veranstaltung in der Wirtschaftskammer Österreich „aus der Taufe gehoben“. Ziele des Vereins sind im Wesentlichen die Standardisierung von Open BIM/IFC und die Vertretung österreichischer Interessen in der Kooperation von BuildingSMART International.

Ein wesentliches Ereignis stellt für die Autoren dieser Studie im Rahmen einer Digitalisierungsoffensive „Planen-Bauen-Betreiben“ die verpflichtende Einführung von BIM für öffentliche Ausschreibungen dar. Die Autoren sehen diese rechtliche Verpflichtung in Österreich zeitlich nachgelagert zur verpflichteten Einführung in Deutschland mit Ende 2020/Anfang 2021.

Die Ermöglichung einer digitalen Baueinreichung stellt einen weiteren Meilenstein für den flächendecken Einsatz von BIM dar. Die digitale Baueinreichung über ein offenes Format soll zudem verstärkt Open BIM Lösungen fördern.

Eine wesentliche Veränderung relevanter Arbeitsabläufe wird durch die Augmented-Reality-Technologie herbeigeführt. Die Hard- und Software wird voraussichtlich bis 2020 ausreichend ausgereift sein, um diese Technologie wirtschaftlich im Bauwesen einzusetzen.

Eingebaute Sensoren in Geräten, Bauteilen und Anlagen werden in Zukunft automatisch Daten für den Baustellen- und Gebäudebetrieb in Echtzeit liefern und eine Vernetzung aller Planungs-, Bau- und Betriebsprozesse ermöglichen (IoT-Systeme). Diese Datenmengen

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können nicht durch herkömmlichen Methoden der Datenverarbeitung ausgewertet werden, sondern es müssen neue Methoden entwickelt werden, um diese Big-Data handhaben zu können.

Chronologische Entwicklung

In Abbildung 63 wird die folgende chronologische Entwicklung in den nächsten fünf Jahren wie folgt vorgestellt:

• Ende 2017: Studie Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen

• Anfang 2018: Gründung des BuildingSMART-Chapter Austria

• Mitte 2018: Roadmap der Plattform 4.0 Planen.Bauen.Betreiben

• Ende 2018: ÖBV-Richtlinie „BIM in der Praxis“

• Anfang 2019: Beginnender wirtschaftlicher Einsatz von Big Data und maschinellen Lernverfahren in der Baubranche

• Anfang 2020: Einführung von Zertifizierungskursen für FIM-Manager und BIM-Bauleiter; auf Basis der Pilotprojekte wird die Technologie Augmented Reality durchgängig zum Einsatz kommen

• Ende 2020: Durch den Einsatz von Sensoren und Geotracking-Technologie wird die Echtzeit-Lokalisation von Mensch und Maschine auf der Baustelle ermöglicht

• Anfang 2021: Sämtliche öffentlichen Bauausschreibungen werden mit BIM umgesetzt, Voraussetzung dafür ist ein funktionierender Merkmalserver oder gleichwertiges und ein normierter Modellierleitfaden

• Mitte 2021: Digitale Baueinreichung und Prüfung über ein offenes Format möglich (BIM-Modell) und Einführung des digitalen Gebäudeausweises für Neubauten, Voraussetzung ist die rechtzeitige Entwicklung eines solchen Forschungsprojekts; 80 % der Neubauprojekte werden mit BIM abgewickelt

• Ab 2022: Regulärer Einsatz von autonomen Baumaschinen bei Infrastrukturprojekten

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Abbildung 63: Zeitschiene - Forschung & Entwicklung, Recht & Normung sowie Innovationen

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Forschung und Entwicklung – Ableitung von Maßnahmen Damit die österreichische Bauwirtschaft in Zukunft über den Lebenszyklus eines Bauvorhabens effizienter wird und im internationalen Vergleich nicht an Wettbewerbsfähigkeit verliert, muss die Digitalisierung in den Phasen Planen, Bauen und Betreiben vorangetrieben werden. Die Autoren haben auf Basis der durchgeführten Forschungen und unter Berücksichtigung internationaler Entwicklungen verschiedene Maßnahmen im Kapitel 7 identifiziert, diese werden in diesem Abschnitt nachstehend zusammenfassend aufgezählt.

Für Details zu den einzelnen Themenfeldern wird auf die Kapiteln 6 und 7 dieser Studie verwiesen. Die dargestellten Maßnahmen stellen aus Sicht der Autoren keine „Wunschliste“ an das Ministerium und/oder die Wirtschaftskammer dar, sondern sind vielmehr Empfehlungen für die maßgeblichen Stakeholder der österreichischen Bauwirtschaft. Die Studie soll eine mögliche Grundlage für die Bündelung der Aktivitäten von verschiedenen staatlichen, privaten und wissenschaftlichen Institutionen darstellen und sieht folgende Maßnahmen vor:

• Es braucht eine Entwicklung eines konkreten Stufenplans für die verpflichtende Einführung von Open-BIM bei öffentlichen Bauprojekten. Der Stufenplan soll dabei den BIM-Level und das zugehörige Einführungsdatum benennen.

• Die Förderung von Baustellen-Pilotprojekten, wie z.B. die Erprobung von automatisierter Abrechnung auf Baustellen, wäre hier beispielhaft zu nennen. Wissenschaftlich begleitete Pilotprojekte ermöglichen eine fundierte Forschung an digitalen Arbeitsprozessen entlang der Wertschöpfungskette von Bauvorhaben und fördern dadurch eine möglichst schnelle Umsetzung in Österreich.

• Durch die Förderung von intelligenten Baustellen und Bauwerken – als Beispiel sei hier der Einbau von Sensorik sowie die Vernetzung und zentrale Steuerung mittels IoT-Systemen genannt – können diese Gebäude und Infrastrukturmaßnahmen effizienter gebaut und betrieben werden. Hohes Potenzial wäre hier besonders bei öffentlichen Gebäuden (z. B. Schulen und Kindergärten) zu erkennen.

• Die Weiterentwicklung des Merkmalsservers für eine bessere Interoperabilität der Software bzw. der Modelle ist eine weitere Zielsetzung. Einheitliche Programmstandards sollen insbesondere für die Vernetzung mit AVA-Programmen (vergleiche freeBIM 2) entwickelt werden. Der Merkmalserver muss vor allem die vom Facility-Management für den Betrieb von Bauwerken benötigten Daten abhängig von der Nutzungsart erfassen. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die „Befüllung“ und „Wartung“ dieses Merkmalservers mit entsprechendem Datenmaterial von einem unabhängigen Gremium erfolgen kann.

• Mit der Entwicklung einer digitalen Baueinreichung über ein offenes Datenformat soll von öffentlicher Seite begonnen werden. Die Einführung einer digitalen Baueinreichung stellt ein wichtiges Thema zur Förderung einer Open-BIM-Strategie dar.

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• Die Einführung weiterer Zertifizierungsprogrammen für KMUs (BIM-Bauleiter, FIM-Manager) ist durch gezielte Maßnahmenpakete anzustreben, um die technische Leistungsfähigkeit der KMUs nachhaltig sicher zu stellen.

• Die Entwicklung eines Modellierleitfaden und einer Methode zur qualitativen und quantitativen Bewertung von BIM-Modellen wird aus Sicht der Autoren als notwendig erachtet, um die Qualität des digitalen Modells dauerhaft sicher zu stellen. Darauf aufbauend können allenfalls neue Vergütungsmodelle für Planer entstehen.

• Die Erarbeitung eines digitalen Gebäudeausweises soll die Grundlage für die Bewertung und Kategorisierung des Digitalisierungsgrades eines virtuellen Modells und des zugehörigen physischen Bauwerks (beispielsweise hinsichtlich Datenverfügbarkeit, vorhandener Daten, automatischer Lichtschaltung, Sensorik etc.) darstellen.

• Die Förderung der Vernetzung und des Informationsaustausches von KMUs mit Hilfe von Plattformen und Informationsvideos ist anzustreben und durch eine gezielte Strategie umzusetzen.

• Der Einsatz von Augmented Reality in den Phasen Planen, Bauen und Betreiben ist nachhaltig zu fördern. Die Entwicklung von AR für den baubetrieblichen Einsatz sollte durch eine bessere Vernetzung und Förderung von österreichischen Unternehmen unterstützt werden.

Die Studie und die daraus abgeleiteten Maßnahmen sollen im Wesentlichen dazu dienen, dass die Stakeholder der österreichischen Bauwirtschaft, Politik und Wissenschaft die Digitalisierung gleichzeitig als Chance und Herausforderung zur nachhaltigen Sicherung der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit begreifen.

Altbewährte Verhaltensmuster werden grundsätzlich zu überdenken sein, aus der Digitalisierung resultierende, neue Anforderungen werden zu einem „Technologieschub“ der österreichischen Bauwirtschaft führen.

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …“ (Hermann Hesse)

160

9 Verzeichnisse

9.1 Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung AG Auftraggeber AIA Auftraggeber-Informations-Anforderungen AKS Anlagenkennzeichnungssysteme AN Auftragnehmer AR Augmented Reality ASI Austrian Standards Institute AVA Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung AVVA Ausschreibung, Vergabe, Vertrag, Abrechnung BAP BIM-Projektabwicklungsplan BCF BIM Collaboration Format BIM Building Information Modeling BOT Build-Operate-Transfer bSDD BuildingSmartDataDictionary bSI BuildingSmart International BVB Besonderen Vertragsbestimmungen BYOD Bring your own device CAFM Computer-Aided Facility-Management CEN Europäisches Komitee für Normung CNC Computerized Numerical Control COBie Construction Operations Building Information Exchange Format CPI Construction Progress Integration Format DESI-Index

Digital Economy and Society Index

dxf Drawing Interchange File Format ERP Enterprise-Resource-Planning FEM Finite Elemente Software FM Facility-Management GAEB Gemeinsamer Ausschuss Elektronik im Bauwesen GIS Geoinformationssystemen GUID Globally Unique Identifier HKLS Heizung-, Klima-, Lüftungs-, Sanitärtechnik IdD Internet der Dinge (gleichbedeutend mit IoT) IDS Integrated Design Studio IFC Industry Foundation Classes IoT Internet of Things ISO Internationale Organisation für Normung KI Künstliche Intelligenz KMU Kleine und mittlere Unternehmen LCA Lebenszykluskostenanalyse LoD Level of Detail MINT Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik MR Mixed Reality NEC New Engineering Contract

161

ÖBA Örtliche Bauaufsicht OIB Österreichisches Institut für Bautechnik PPP Public-private-Partnership PS Projektsteuerung RFID Radio-Frequency Identification SaaS Software as a Service TGA Technische Gebäudeausrüstung VR Virtual Reality XML Extensible Markup Language

162

9.2 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Digitalindex der EU ..........................................................................................16 Abbildung 2: DESI nach Faktoren ........................................................................................17 Abbildung 3: Pro-Kopf-Einkommen in der EU in Abhängigkeit des Digitalisierungsindex ......17 Abbildung 4: Chancen durch digitalen Wandel .....................................................................23 Abbildung 5: Risiken durch digitalen Wandel ........................................................................23 Abbildung 6: Tätigkeitsbasierte Automatisierungsrisikogruppen (hoch, mittel, gering) und Ø Automatisierungswahrscheinlichkeit (AW) in Österreich .......................................................25 Abbildung 7: Lebenszyklus eines Bauobjektes .....................................................................26 Abbildung 8: BIM-Reifegrad..................................................................................................31 Abbildung 9: BIM-Dimensionen ............................................................................................32 Abbildung 10: Building Information Modeling-Matrix .............................................................34 Abbildung 11: Ergebnis zur Frage: Was verstehen Sie unter BIM? Mehrfachnennungen möglich .................................................................................................................................35 Abbildung 12: Digitales Bauprojekt in den Phasen Planen, Bauen, Betreiben ......................37 Abbildung 13: Einteilung KMU und Anzahl der Unternehmen in Österreich ..........................38 Abbildung 14: Trendradar der Bauwirtschaft .........................................................................39 Abbildung 15: Zusammensetzung der Stichprobe bzw. Projektgröße ...................................41 Abbildung 16: Externe IT-Dienstleistungen (offene Abfrage) ................................................42 Abbildung 17: Einsatzbereiche mobiler Geräte in der Bauausführung ..................................44 Abbildung 18: Nutzung von BIM nach Branchenzweig..........................................................44 Abbildung 19: Nutzen von BIM .............................................................................................45 Abbildung 20: Wichtigste Trends in der Baubranche ............................................................46 Abbildung 21: Was wird mit Digitalisierung assoziiert? .........................................................47 Abbildung 22: Bereiche mit dem höchsten Digitalisierungspotenzial .....................................48 Abbildung 23: Zusammensetzung der Befragten und Informationsstand über BIM ...............49 Abbildung 24: Auswirkungen von BIM und Digitalisierung ....................................................49 Abbildung 25: Statements zu BIM ........................................................................................50 Abbildung 26: Beispiel für Augmented/Mixed Reality mit Tablet (li.), Augmented/Mixed Reality-Brillen (mi. und re.) ...................................................................................................69 Abbildung 27: Merkmalserver ...............................................................................................74 Abbildung 28: Überblick über die Anwendungsgebiete von Autodesk-Software ...................76 Abbildung 29: Schnittstellen Allplan ......................................................................................79 Abbildung 30: Schnittstellen ArchiCAD .................................................................................82 Abbildung 31: Schnittstellen Bentley .....................................................................................82 Abbildung 32: Teilnehmer an den Workshops ......................................................................84 Abbildung 33: Chancen der Digitalisierung ...........................................................................88 Abbildung 34: Risiken der Digitalisierung..............................................................................90 Abbildung 35: Erforderliche Rahmenbedingungen durch Digitalisierung ...............................93 Abbildung 36: Teilnehmer an den Experteninterviews ..........................................................95 Abbildung 37: Ergebnisse der Experteninterviews .............................................................. 105

163

Abbildung 38: Mitarbeiteranzahl im Unternehmen (li.), jährlicher Umsatz des Unternehmens in Mio. € (re.) ...................................................................................................................... 106 Abbildung 39: Ergebnis zur Frage: In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig? Mehrfachnennungen möglich ............................................................................................. 106 Abbildung 40: Ergebnis zur Frage: Welche Aufgaben übernimmt Ihr Unternehmen hauptsächlich bei Bauprojekten? ........................................................................................ 107 Abbildung 41: Ergebnis zur Frage: Welche durchschnittliche Auftragssumme (brutto) haben Ihre Projekte? ..................................................................................................................... 107 Abbildung 42: Auswirkung von Digitalisierung .................................................................... 108 Abbildung 43: Ergebnis zur Frage: Wie ist Ihr Kenntnisstand über folgende Digitalisierungsthemen? ..................................................................................................... 109 Abbildung 44: Ergebnis zur Frage: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Chancen der Digitalisierung für KMUs zu? ......................................................................... 110 Abbildung 45: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Risiken der Digitalisierung für KMU zu? ................................................................................................ 110 Abbildung 46: Ergebnis zur Frage: Was verstehen Sie unter BIM? Mehrfachnennungen möglich ............................................................................................................................... 111 Abbildung 47: Ergebnis zur Frage: Wie groß ist Ihr Informationsstand über BIM (Building Information Modeling)? ....................................................................................................... 112 Abbildung 48: Ergebnis zur Frage: Wenn Sie BIM nutzen: Wie arbeitet Ihr Unternehmen mit Planungspartnern zusammen? ........................................................................................... 112 Abbildung 49: Ergebnis zur Frage: Wenn Sie BIM nicht nutzen, was ist der Hauptgrund dafür? ................................................................................................................................. 113 Abbildung 50: Ergebnis zur Frage: Wenn Sie BIM nicht nutzen: Haben Sie geplant BIM in den nächsten Jahren zu verwenden? ................................................................................. 113 Abbildung 51: Ergebnis zur Frage: In welchem Dateiformat erhalten Sie die Unterlagen für ein Projekt von den Beteiligten? Mehrfachnennungen möglich ........................................... 114 Abbildung 52: Ergebnis zur Frage: In welcher Art stellen Sie Ihre Unterlagen (z. B. Berechnungen/ Aufmaßblätter/ Pläne) Ihren Projektbeteiligten zu Verfügung? Mehrfachnennungen möglich ............................................................................................. 114 Abbildung 53: Ergebnis zur Frage: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Chancen der Nutzung von BIM für KMUs zu? .................................................................... 115 Abbildung 54: Ergebnis zur Frage: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen über die Risiken der Nutzung von BIM für KMUs zu? ....................................................................... 116 Abbildung 55: Ergebnis zur Frage: Bewerten Sie die möglichen Konfliktpunkte bei der Umsetzung von BIM? ......................................................................................................... 117 Abbildung 56: Ergebnis zur Frage: Welche der folgenden Projektbeteiligten hätte Ihrer Einschätzung nach den größten Mehrwert bei der Abwicklung eines BIM-Projekts? Mehrfachnennungen möglich ............................................................................................. 118 Abbildung 57: Ergebnis zur Frage: Welche der folgenden Projektbeteiligten hätte Ihrer Einschätzung nach den größten Mehraufwand bei der Abwicklung eines BIM-Projekts? .... 118 Abbildung 58: Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht erforderlich? ................................ 119 Abbildung 59: Rollenverteilung im BIM-Prozess ................................................................. 128

164

Abbildung 60: Mehrparteienvertrag..................................................................................... 131 Abbildung 61: Vernetzte Einzelverträge .............................................................................. 132 Abbildung 62: Lebenszykluskosten eines Gebäudes .......................................................... 139 Abbildung 63: Zeitschiene - Forschung & Entwicklung, Recht & Normung sowie Innovationen ........................................................................................................................................... 157

9.3 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einteilung der Überbegriffe Digitalisierung ...........................................................40 Tabelle 2: Überblick über BIM-Lehrveranstaltungen in Österreich (Stand 2016) ...................55 Tabelle 3: Überblick BIM-Lehre an ausgewählten Universitäten (Stand 2016) ......................56 Tabelle 4: BIM-Softwarelösungen für Planung und Bauausführung ......................................66 Tabelle 5: Softwarelösungen für das Facility-Management ...................................................68 Tabelle 6: Anwendungsmöglichkeiten von Virtual Reality und Augmented/Mixed Reality .....70 Tabelle 7: Herausforderungen bei der Umsetzung von Virtual und Augmented Reality ........70 Tabelle 8: Softwarelösungen für Datenmanagement ............................................................71 Tabelle 9: Überblick über die Anwendungsgebiete von Autodesk-Softwares ........................77 Tabelle 10: Überblick über Produktbeschreibungen der Firma Nemetschek Allplan .............79 Tabelle 11: Schnittstellen in Allplan ......................................................................................81 Tabelle 12: Vor- und Nachteile von SaaS .............................................................................83 Tabelle 13: Chancen der Digitalisierung mit Bewertung ...................................................... 121 Tabelle 14: Herausforderungen der Digitalisierung mit Bewertung ..................................... 122 Tabelle 15: Anwendungsmöglichkeiten von Virtual Reality und Augmented/Mixed Reality . 125 Tabelle 16: Forschungsschwerpunkte AR/MR .................................................................... 145 Tabelle 17: Chancen und Herausforderungen bei der Entwicklung einer digitalen Baueinreichung .................................................................................................................. 147 Tabelle 18: Forschungsschwerpunkte Facility-Management............................................... 149

165

9.4 Literaturverzeichnis

[1] Austrian Standards Institute: ÖNORM EN 1521-1: Facility Management Teil 1: Begriffe, August 2017

[2] Austrian Standards Institute: ÖNORM A 6241-1 "Digitale Bauwerksdokumentation - Teil 1: CAD-Datenstrukturen und Building Information Modeling (BIM) - Level 2", Juli 2015

[3] Austrian Standards Institute: ÖNORM A 6241-1 "Digitale Bauwerksdokumentation - Teil 2: Building Information Modeling (BIM) – Level 3-iBIM", Juli 2015

[4] BADRINATH, Amarnath Chegu: CHANG, Yun-Tsui, HSIEH, Shang-Hsien

[5] H. Bauer: Baubetrieb, SpingerVerlag, 2007, Seite 632, ISBN: 3-540-32113-6

[6] T. Baumanns, Dr. P. Freber, Dr. K. Schober, Dr. F. Kirchner: Bauwirtschaft im Wandel - Trends und Potentiale bis 2020, Studie HypoVereinsbank und Roland Berger, 2016

[7] R. Berger.: Digitalisierung der Bauwirtschaft, Der europäische Weg zu „Construction 4.0“, Studie, Juni 2016

[8] R. Berger: Deutschland digital, Sieben Schritte in die Zukunft, Studie Internet Economy Foundation (IE.F) und Roland Berger, undatiert

[9] R. Berger: Predictive Maintenance, Service der Zukunft – und wo er wirklich steht, Roland Berger Studie April, 2017

[10] A. Borrmann, M. König, C. Koch, J. Beetz Hrsg.: Building Information Modeling - Technologische Grundalgen und industrielle Praxis, SpringerVerlag, 2015, Seite 4-37 u. 385-440, ISBN 978-3-658-05605-6

[11] P. Both, V. Koch, A. Kindsvater; BIM–Potenziale, Hemmnisse und Handlungsplan, Fraunhofer Verlag, 2012

[12] Bundesrechenzentrum, Organisation und Bauinformatik: IT-Trends in der Baubranche 2016, Status quo und Perspektiven, 2016

[13] Digital Roadmap Austria, Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Dezember 2016

[14] M. Egger, K. Hausknecht, T. Liebich, J. Przybylo: BIM-Leitfaden für Deutschland, Studie im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, 2013

[15] K. Eschenbruch, S. Leupertz : BIM uns Recht, werner-verlag, 2016, ISBN 978-3-8041-1472-2

[16] Georgakopoulos, Jayaraman, Prem Prakash: Internet of things - from internet scale sensing to smart services, 2016

166

[17] W. Günther und A. Borrmann, Digitale Baustelle - innovativer Planen, effizienter Ausführen, SpringerVerlag, 2011, ISBN-10: 3642164854

[18] T. Graser: Potenziale der Digitalisierung im Bauwesen, Bachelorarbeit, FH Oberösterreich, Juli 2017

[19] IG Lebenszyklus Bau: Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau - Die 3 Säulen erfolgreicher Bauprojekte in einer digitalen Wirtschaft, Leitfaden für Bauherren und Projektbeteiligte von Hochbauten, 2016

[20] Julius Raab Stiftung: Innovation und digitaler Wandel - Das Meinungsbild der österreichischen Unternehmer, November 2015

[21] KMU Forschung Austria, Potenzialanalyse Bauwirtschaft, Bauforschung 2020, Studie zum branchenspezifischen Forschungsbedarf, März 2016,

[21] Nagl, W./ Titelbach, G./ Valkova, K. (2017): „Digitalisierung der Arbeit: Substituierbarkeit von Berufen im Zuge der Automatisierung durch Industrie 4.0“, Endbericht der Studie im Auftrag des Sozialministeriums, Institute für höhere Studien, Wien

[22] NGO, M. H. UK Construction Industry’s responses to Goverment Construction

[23] Penttilä, ITCON 11 Special Issue “The Effects of CAD on Building Form and Design Quality”, 2006

[24] Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Thesen zur Zukunft des Bauens, Schrift 01, Oktober 2016

[25] Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Visionen auf längere Sicht, Schrift 02, Jänner 2017

[26] Plattform 4.0, Planen.Bauen.Betreiben, Arbeit.Wirtschaft.Export: Die Zukunft der Bauprozesse, Analyse und Vorschläge zu kurzfristigen Verbesserungen, Schrift 03, März 2017

[27] K. Silbe, J. Diaz: BIM-Ratgeber für Bauunternehmer - Grundlagen, Potenziale, erste Schritte, Rudolf Müller Verlag, 2016, ISBN 978-3-481-03566-2

[28] Windelband, L./ Spöttl, G. (2012): „Diffusion von Technologie in die Facharbeit und deren Konsequenzen für die Qualifizierung am Beispiel des „Internet der Dinge“ in Faßhauer, U., et al (Hrsg.), Berufs- und wirtschaftspädagogische Analyse. Opladen & Farmington Hills: Barbara Budruch

[29] World Economic Forum: Shaping the Future of Construction, A Breakthrough in Mindset and Technology; in collaboration with The Boston Consulting Group,2016

[30] ALLPLAN Österreich GmbH: Produkte URL: https://www.allplan.com/ - abgerufen am 28.08.2017

167

[31] ALLPLAN Österreich GmbH: Unternehmen URL: https://www.allplan.com/at/unternehmen/ - abgerufen am 05.09.2017

[32] APPSCALE - Powered by aXon GmbH: Was ist Augmented und Virtual Reality? URL: https://www.appscale.de/augmented-und-virtual-reality/ - abgerufen am 26.07.2017

[33] Austrian Standards Institute: Building Information Modeling (BIM), URL: http://www.austrian-standards.at/infopedia-themencenter/infopedia-artikel/building-information-modeling-bim/ - abgerufen am 29.07.2017

[34] Autodesk, Inc.: Planung. Konstruktion. Ausführung. Verwaltung. URL: https://www.autodesk.de/solutions/bim/overview - abgerufen am 02.10.2017

[35] Bentley Systems: URL: https://www.bentley.com/de - abgerufen am 05.10.2017

[36] buidlingSMART international: Standards, URL: https://www.buildingsmart.de/bim-knowhow/standards - abgerufen am 19.06.2017

[37] DAQRI: Products URL: https://daqri.com/products/smart-helmet/ - abgerufen am 02.09.2017

[38] European Commission, Digital Single Market, Digital Economy & Society: URL: http://digital-agenda-data.eu/charts - abgerufen am 10.04.2017

[39] gaeb-online, Ulrike Braun: URL: http://www.gaeb-online.de/hilfe2014/index.html?was_ist_gaeb_da_xml.htm - abgerufen am 05.07.2017

[40] GRAPHISOFT SE.: URL: https://www.graphisoft.de/ - abgerufen am 02.09.2017

[41] IGM GmbH: Datenaustauschformate für BIM, URL: http://www.igmilde.de/datenaustauschformate-fuer-bim/ - abgerufen am 01.09.2017

[42] LÜNENDONK: URL: http://luenendonk.de/wp-content/uploads/2017/04/LUE_2.PI_Whitepaper_BIM_Grafik_f270417.jpg - abgerufen am 20.09.2017

[43] Microsoft: Mircosoft Hololens, URL: https://www.microsoft.com/en-us/hololens - abgerufen am 15.09.2017

[44] National Institute of Building Sciences: URL: http://www.nationalbimstandard.org/ - abgerufen am 02.09.2017

[45] NEMETSCHEK GROUP: BIM - Intelligentes Modell und durchgängige Prozesse, URL: https://www.nemetschek.com/trends/bim/ - abgerufen am 05.09.2017

[46] Projekt freeBIM 2: Merkmalsserver, URL: http://www.freebim.at/Info_2016 - abgerufen am 25.08.2017

[47] Projekt freeBIM 2: Projektbeschreibung, URL: http://www.freebim.at/Projekt_2016 - abgerufen am 25.08.2017

168

[48] SmartSite: Projektziele URL: http://smartsite-project.de/index.php/projekt/projektziele - abgerufen am 06.10.2017

[49] Wirtschaftskammer Österreich: URL: https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bau/BIM-Broschuere.pdf - abgerufen am 06.09.2017

[50] WKO: Bauproduktionswerte 2016 URL: http://wko.at/statistik/jahrbuch/bau-produktion-2016.pdf - abgerufen am 02.08.2017

169

10 Anhang

An der Studie beteiligte Unternehmen in alphabetischer Reihenfolge:

• ASFINAG • Plandata

• Austrian Standards • Plattform 4.0 „Planen, Bauen,

Betreiben“

• Bau Pesendorfer GmbH • PORR

• BauAkademie Oberösterreich • Sedlak

• BIG Bundesimmoniliengesellschaft • SIDE

• caFM • Stadt Wien

• ConSpeed • ste.p

• Delta • Stern & Hafferl BaugesmbH

• Dipl.-Ing. Josef Greil Baugesellschaft GmbH

• Stoik & Partner

• FCP • Strabag

• Greilbau • Swietelsky

• HABAU • Vienna International Airport

• iC consulenten • Waagner Biro

• Lechner ZT / TU Graz • Waizenauer Bauunternehmen

• Leyrer+Graf • Wiener Linien

• ÖBB • Wirtschaftsagentur

• Orange Cosmos • Wolf Theiss

• Östu-Stettin