2.5 Diagnostik der Schilddrüsen- erkrankungen · Nordyke RA, Reppun TS, Madanay LD et al. (1998)...

37
Kapitel 2 · Schilddrüse 42 2 2.5 Diagnostik der Schilddrüsen- erkrankungen K. Mann, B. Saller )) Die Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen umfaßt einerseits Verfahren zur Erkennung von subklinischen oder manifesten Funktionsstörungen der Schilddrüse, andererseits Verfahren zum Nachweis und zur weiteren differentialdiagnostischen Einord- nung morphologischer Veränderungen (Saller et al. 1997). Die Auswahl der Untersuchungsverfahren, die im Einzelfall zur Anwendung kommen, richtet sich nach der klinischen Frage- stellung, d. h. danach, ob eine Schilddrüsenerkrankung lediglich ausgeschlossen werden soll oder ob aufgrund der Symptomatik des Patienten und des klinischen Befundes bereits ein konkreter Anhalt für eine Schilddrüsenkrankheit besteht. Daneben ergibt sich die Notwendigkeit zum Einsatz bestimmter diagnostischer Verfahren im Sinne einer Stufendiagnostik aus den Befunden der im ersten Schritt eingesetzten Untersuchungsmethoden (Hay u. Klee 1993; Dietlein 1997; Saller et al. 1997). Das diagnostische Vorgehen kann nach dem in . Abb. 2.12 dar- gestellten Schema in eine Basisdiagnostik und in eine spezielle Diagnostik unterteilt werden. Jede Schilddrüsendiagnostik sollte die Bestimmung des basalen TSH zur Erkennung von Funktions- störungen und eine Schilddrüsensonographie beinhalten. Alle anderen Verfahren werden abhängig von der klinischen Frage- stellung und abhängig von den Befunden der Basisdiagnostik mit gezielter Fragestellung eingesetzt. Wichtig für eine richtige Einordnung der Ergebnisse von Untersuchungsverfahren ist neben der Berücksichtigung von gültigen Empfehlungen zur Qualitätssicherung die Kenntnis möglicher Einflussfaktoren beim individuellen Patienten. So ist beispielsweise eine richtige Einordnung von Ergebnissen der In-vitro-Diagnostik oder der Schilddrüsenszintigraphie nur mög- lich, wenn Informationen über die aktuelle medikamentöse The- rapie oder eine vorangegangene Jodkontamination an den be- fundenden Arzt weitergegeben werden. 2.5.1 Funktionsuntersuchungen der Schilddrüse K. Mann, B. Saller Für die Erkennung von Funktionsstörungen der Schilddrüse werden die Bestimmung des basalen TSH und die Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) herangezogen. TSH zeigt sehr empfindlich Stö- rungen des hypothalamisch-hypophysären Regelkreises an, die Bestimmung der Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut differenziert zwischen subklinischen und manifesten Funktions- störungen der Schilddrüse (. Abb. 2.13). . Abb. 2.12. Schema zur rationellen Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen . Abb. 2.13. Diagnostik zur Erkennung von Schild- drüsenfunktionsstörungen. Ein normales basales TSH schließt eine Funktionsstörung in der Regel aus. Seltene Ausnahmen sind Patienten mit Erkrankungen der Hypothalamus-Hypophysen-Region, bei denen eine sekundäre Hypothyreose bei noch normalen basalen TSH-Spiegeln vorliegen kann, und Patienten mit TSH-produzierenden Tumoren und mit Schild- drüsenhormonresistenz, bei denen manchmal er- höhte Schilddrüsenhormonspiegel trotz normaler TSH-Werte nachzuweisen sind

Transcript of 2.5 Diagnostik der Schilddrüsen- erkrankungen · Nordyke RA, Reppun TS, Madanay LD et al. (1998)...

  • Kapitel2·Schilddrüse42

    2

    2.5 DiagnostikderSchilddrüsen-erkrankungen

    K.Mann,B.Saller

    ))

    DieDiagnostikvonSchilddrüsenerkrankungenumfaßteinerseitsVerfahren zur Erkennung von subklinischen oder manifestenFunktionsstörungenderSchilddrüse,andererseitsVerfahrenzumNachweis und zur weiteren differentialdiagnostischen Einord-nungmorphologischerVeränderungen(Salleretal.1997).

    DieAuswahlderUntersuchungsverfahren,die imEinzelfallzurAnwendungkommen,richtetsichnachderklinischenFrage-stellung,d.h.danach,obeineSchilddrüsenerkrankunglediglichausgeschlossenwerdensolloderobaufgrundderSymptomatikdesPatientenunddesklinischenBefundesbereitseinkonkreterAnhaltfüreineSchilddrüsenkrankheitbesteht.DanebenergibtsichdieNotwendigkeitzumEinsatzbestimmterdiagnostischerVerfahren im Sinne einer Stufendiagnostik aus den Befundender im ersten Schritt eingesetzten Untersuchungsmethoden(Hayu.Klee1993;Dietlein1997;Salleretal.1997).

    Das diagnostische Vorgehen kann nach dem in .Abb.2.12 dar-gestellten Schema in eine Basisdiagnostik und in eine spezielle Diagnostik unterteilt werden. Jede Schilddrüsendiagnostik sollte die Bestimmung des basalen TSH zur Erkennung von Funktions-

    störungen und eine Schilddrüsensonographie beinhalten. Alle anderen Verfahren werden abhängig von der klinischen Frage-stellung und abhängig von den Befunden der Basisdiagnostik mit gezielter Fragestellung eingesetzt.

    Wichtig für eine richtige Einordnung der Ergebnisse von Untersuchungsverfahren ist neben der Berücksichtigung von gültigen Empfehlungen zur Qualitätssicherung die Kenntnis möglicher Einflussfaktoren beim individuellen Patienten. So ist beispielsweise eine richtige Einordnung von Ergebnissen der In-vitro-Diagnostik oder der Schilddrüsenszintigraphie nur mög-lich, wenn Informationen über die aktuelle medikamentöse The-rapie oder eine vorangegangene Jodkontamination an den be-fundenden Arzt weitergegeben werden.

    2.5.1 FunktionsuntersuchungenderSchilddrüse

    K.Mann,B.Saller

    Für die Erkennung von Funktionsstörungen der Schilddrüse werden die Bestimmung des basalen TSH und die Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) herangezogen. TSH zeigt sehr empfindlich Stö-rungen des hypothalamisch-hypophysären Regelkreises an, die Bestimmung der Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut differenziert zwischen subklinischen und manifesten Funktions-störungen der Schilddrüse (.Abb.2.13).

    .Abb.2.12. SchemazurrationellenDiagnostikvonSchilddrüsenerkrankungen

    .Abb.2.13. DiagnostikzurErkennungvonSchild-drüsenfunktionsstörungen.EinnormalesbasalesTSHschließteineFunktionsstörunginderRegelaus.SelteneAusnahmensindPatientenmitErkrankungenderHypothalamus-Hypophysen-Region,beideneneinesekundäreHypothyreosebeinochnormalenbasalenTSH-Spiegelnvorliegenkann,undPatientenmitTSH-produzierendenTumorenundmitSchild-drüsenhormonresistenz,beidenenmanchmaler-höhteSchilddrüsenhormonspiegeltrotznormalerTSH-Wertenachzuweisensind

  • 243

    2.5.1.1 BasalesTSH

    Das basale TSH stellt heute den zentralen Parameter in der Schilddrüsenfunktionsdiagnostik dar (Nordyke et al. 1998). Die Bestimmung von TSH muss obligat im Rahmen jeder Erstunter-suchung von Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Schild-drüsenkrankheit besteht, oder von Patienten, bei denen eine Funktionsstörung der Schilddrüse ausgeschlossen werden soll, erfolgen. Moderne immunometrische Testverfahren erlauben eine sichere Trennung von euthyreoten, hypothyreoten und be-sonders auch hyperthyreoten Patientenkollektiven. Entscheidend für eine sichere Abgrenzung erniedrigter von niedrig-normalen TSH-Werten ist eine ausreichend präzise Messung im unteren Messbereich. Von heute eingesetzten Testverfahren wird daher eine funktionelle Sensitivität, definiert als die TSH-Konzentra-tion, die mit einem Interassay-Variationskoeffizienten von 20% bestimmt werden kann, von 0,05 mU/l gefordert (Demers u. Spencer et al. 2003; Brabant et al. 2006). An einem Referenzbe-reich zwischen 0,3 und 4 mU/l sollte in Deutchland festgehalten werden.

    Normale TSH-Spiegel schließen eine Funktionsstörung der Schilddrüse weitgehend aus. Einzige, seltene Ausnahmen sind Fälle mit gestörter hypothalamisch-hypophysärer Funktion. So finden sich Fälle einer sekundären Hypothyreose, bei denen TSH noch im Normbereich liegt, und Fälle mit TSH-produzierenden Hypophysentumoren oder mit Schilddrüsenhormonresistenz, bei denen erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel, jedoch noch normale TSH-Spiegel vorliegen. Andere Situationen, in denen die alleinige Bestimmung des basalen TSH zu Fehlbeurteilungen führen kann, sind vorübergehende Zustände wie die Frühphase einer zu hoch dosierten thyreostatischen Behandlung, in der die Schilddrüsenhormonkonzentration bereits erniedrigt sein kann, TSH jedoch noch supprimiert ist, oder der Einfluss von Medika-menten wie die hochdosierte Gabe von Glukokortikoiden.

    2.5.1.2 TRH-Test

    Bei intakter hypothalamisch-hypophysärer Funktion findet sich eine gute Korrelation zwischen basalen TSH-Spiegeln und den Werten nach TRH-Stimulation. Es ergibt sich damit heute bei Verwendung von Testverfahren, die auch im unteren Messbe-reich ausreichend präzise messen, keine Indikation mehr für die Durchführung eines TRH-Tests.

    2.5.1.3 BestimmungvonSchilddrüsenhormonen

    Für die Beurteilung der Schilddrüsenhormonkonzentration im Blut muss die Höhe der freien, nicht an Bindungsproteine gebun-denen Schilddrüsenhormone herangezogen werden. Dies gilt obligat für Thyroxin (T4), bei dem die Bestimmung des Gesamt-hormons bei Veränderungen der Konzentration von Bindungs-proteinen zu Fehlbeurteilungen führen kann (z. B. in der Schwan-gerschaft oder unter der Einnahme von Ovulationshemmern). Bei der Bestimmung von Trijodthyronin (T3) kann aufgrund der geringeren Proteinbindung alternativ das Gesamthormon T3 oder das freie T3 bestimmt werden.

    Für die Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Am häufigsten eingesetzt werden sog. »Einschrittverfahren«, bei denen das freie T4 mit sog. Analog-Tracern, die nicht an Schilddrüsenhormonbindungs-proteine binden, um die Bindung an Antikörper konkurriert. Auch wenn diese Verfahren in den letzten Jahren deutlich ver-bessert wurden, können sie auch heute noch in bestimmten kli-nischen Situationen (schwerkranke Patienten, Einfluss verschie-

    dener Medikamente, Vorliegen von Schilddrüsenhormonanti-körpern u. a.) zu unzuverlässigen Ergebnissen führen. Alternativ kommen die wesentlich aufwendigeren sog. »Zweischrittverfah-ren«. Eine Autormatisierbarkeit der Methoden ist heute obligat.

    LiteraturBrabant G, Kahaly GJ, Schicha H, Reiner Chr (2006) Milde Formen der

    Schilddrüsenfehlfunktion: Ursachen, Diagnostik, Vorgehen. DtschÄrztebl103:A-2110

    DemersLM,SpencerCA(2003)Laboratorymedicinepracticeguidelines:laboratory support for the diagnosis and monitoring of thyroiddisease.ClinEndocrinol(Oxf )58:138–140

    Hay ID, Klee GG (1993) Linking medical needs and performance goals:clinical and laboratory perspectives on thyroid disease. Clin Chem39:1519–1524

    LadensonPW,SingerPA,AinKBetal.(2000)AmericanThyroidAssociationguidelines for detection of thyroid dysfunction. Arch Intern Med160:1573–1575

    NordykeRA,ReppunTS,MadanayLDetal.(1998)Alternativesequencesofthyrotropinandfreethyroxineassaysforroutinethyroidfunctiontesting.Qualityandcost.ArchInternMed158:266–272

    SallerB,EsserI,HornKetal.(1997)DiagnostikundTherapievonSchilddrü-senkrankheiten – Empfehlungen zur Qualitätssicherung – SektionSchilddrüsed.DeutschenGesellschaftfürEndokrinologie.TeilI–Diag-nostikvonSchilddrüsenkrankheiten.Internist38:177–185

    SallerB,BrodaN,HeydarianRetal.(1998)Utilityofthirdgenerationthyro-tropinassaysinthyroidfunctiontesting.ExpClinEndocrinolDiabetes106(suppl):29

    2.5.2 BildgebendeVerfahrenundinvasiveDiagnostik

    ))

    ImFolgendenwerdendiebildgebendenVerfahreninderSchild-drüsendiagnostik geschildert und ihre Indikation und ihreWertigkeit definiert. Alle bildgebendenVerfahren können nurWahrscheinlichkeitenvonBenignitätoderMalignitätabschätzen.DiehöchsteAussagekrafthatdieFeinnadelpunktionszytologie,vorausgesetzt, dass die Entnahme der Zellen und ihre Unter-suchunginoptimalerWeiseablaufen.Im7Kap.2.6.1wirdeinesinnvolle Abfolge der Untersuchungen geschildert und eineEmpfehlungfürdiePraxisgegeben.

    2.5.2.1 Schnittbildverfahren

    M.Gotthardt,M.Kalinowski,K.Joseph

    2.5.2.1.1 Sonographie

    ))

    DieSchilddrüseistdurchihreoberflächlicheLageoptimalfürdieUntersuchungmittelsUltraschallgeeignet.Somitsindmorpho-logische Veränderungen der Schilddrüse (wie Knoten, Zystenoder Verkalkungen) einfach, schnell und sicher nachweisbar.DieDignitätsbeurteilungvonKnotenderSchilddrüse istdurchdie Sonographie nicht sicher möglich, sodass weitere Verfah-ren(Szintigraphie und Feinnadelpunktion) eingesetzt werdenmüssen.6

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse44

    2

    Die Sonographie stellt jedoch die Schlüsseluntersuchungdar, die die Basis für die weitere Diagnostik undTherapie vonSchilddrüsenerkrankungen ist. Die CT und die MRT spielen inersterLiniebeiderDetektionvonLungenmetastasenbeiSchild-drüsenkarzinomen(CT)eineRollebzw.beiderDiagnostikvonmediastinalenoderzervikalenRaumforderungen(MRT),soweitdiesenichtdurchUltraschalldarstellbarsind.DiePETalsnuklear-medizinisches Schnittbildverfahren wird im7Kap.2.5.2.2 ab-gehandelt.

    Die oberflächliche Lage der Schilddrüse ermöglicht den Einsatz hochfrequenter Linearschallköpfe mit Sendefrequenzen über 7,5 MHz, die die morphologischen Strukturen des Organs mit hoher Auflösung darstellen. Die sonographische Untersuchung ist, da für den Patienten ohne Strahlenexposition, beliebig oft und in jedem Lebensalter wiederholbar. Die Schilddrüsensonographie ist die Basisuntersuchung der Schilddrüse, deren Ergebnis das weitere diagnostische Vorgehen bestimmt. Auch wenn in vielen Lehrbüchern die Palpation der Schilddrüse als Basisuntersu-chung dargestellt wird, ist es in der Praxis wesentlich zeiteffek-tiver, die Sonographie als erste Untersuchungsmethode anzu-wenden. Die Palpation dient dann nur der genaueren Beurteilung der sonographisch diagnostizierten Veränderungen und hilft bei der Beurteilung dieser Befunde (Schluckverschieblichkeit, Dolenz, Konsistenz etc.). Auf der Basis des in der Sonographie erhobenen Befundes werden weitere Untersuchungen durch-geführt. Lediglich die Diagnose einer Struma oder einer Struma nodosa kann durch die Sonographie zweifelsfrei gestellt werden, alle weiteren Diagnosen bedürfen weiterer Untersuchungen (z. B. Laborparameter bezüglich Funktionszustand/Antikörper, Szinti-graphie zur Beurteilung von Knoten oder des Funktionszustan-des, Feinnadelpunktion zur Dignitätsbeurtilung etc.).

    Indikationen. Indikationen für die Schilddrüsensonographie sind (Ziegler et al. 1993):4 Volumenbestimmung4 Verdacht auf eine Struma4 Im Rahmen der Dosiskalkulation vor einer Radiojodtherapie4 Kontrolle des Therapieerfolges einer konservativen Behand-

    lung der Struma4 Nachweis der Volumenreduktion nach Radiojodtherapie4 Verlaufskontrolle nach Operation oder Radiojodtherapie4 Nachweis von Strukturveränderungen im Organ4 Morphologische Unterscheidung liquider von soliden Knoten4 Gezielte Feinnadelbiopsie auch nichttastbarer Strukturver-

    änderungen

    Untersuchungstechnik. Es wird heute ausschließlich die Real-Time B-Mode-Sonographie eingesetzt, bei der die Amplituden des reflektierten Schalls in Graustufen umgesetzt und als zwei-dimensionales Schnittbild dargestellt werden. Linearschallköpfe ab 7,5 MHz Sendefrequenz stellen häufig nur Teilbereiche des Organs dar. Inzwischen sind besonders breite Linearschallköpfe erhältlich, die die Darstellung der gesamten Schilddrüse ermög-lichen. Bei sehr großen Strumen jedoch sind auch diese nicht mehr in der Lage, das gesamte Organ darzustellen. Hier kommen dann Konvexschallköpfe zum Einsatz, für die aufgrund der ober-flächlichen Lage der Schilddrüse eigentlich Vorlaufstrecken nötig wären (um den Abstand zwischen Schallkopf und Schilddrüse zu vergrößern, was auch die Sonographie sehr großer Strumen

    ermöglicht), die jedoch von vielen Herstellern leider nicht mehr angeboten werden. Auch bei älteren (schlanken) Patienten kann der Einsatz breiter Linearschallköpfe schwierig sein, wenn der Patient den Kopf nicht mehr gut reklinieren kann. Hier ist der Hautkontakt je nach anatomischen Verhältnissen nur schwer auf-recht zu erhalten, der Schallkopf sitzt dann nur im Bereich des Kehlkopfes und der Sternoklavikularregion auf. Wird die Grau-wertsonographie mit der Dopplersonographie kombiniert, kann auch der Blutfluss in der Schilddrüse farbkodiert mit der Duplex-sonographie (FKDS) dargestellt werden. Der Untersucher wählt ein Areal im B-Bild aus, in dem entlang jeder Ultraschalllinie der Dopplershift in vielen Messpunkten bestimmt und als Farbpixel angezeigt wird. Dadurch wird den unterschiedlichen Gewebs-strukturen der jeweilige Blutfluss zugeordnet.

    Die Untersuchung des Patienten erfolgt in Rückenlage bei leichter Dorsalflexion des Halses. Ein unter den Schultern des Patienten positioniertes flaches Kissen ist hilfreich. Der Schall-kopf wird zunächst von kranial oberhalb des Krikoids nach kau-dal über den jeweiligen Schilddrüsenlappen geführt, wobei die transversale Schnittebene eingestellt wird. Nach Drehung des Schallkopfes um 90° erfolgt anschließend die Untersuchung im Längsschnitt (sagittale Ebene). Entsprechend der Lage der Schild-drüse steht der Schallkopf dabei entlang der Schilddrüsenlängs-achse medial des Vorderrandes des M. sternocleidomastoideus kranial etwas weiter nach lateral als kaudal. Eine Beeinträchti-gung benachbarter Strukturen wie Gefäße, Trachea und Öso-phagus sowie vergrößerte Lymphknoten werden dokumentiert.

    Ebenfalls festgehalten werden neben der genauen Lage, Aus-dehnung und Abgrenzung von Strukturveränderungen auch die größte Lappenhöhe (H), -breite (B) und -dicke (D) auf jeder Seite, sodass unter der Modellannahme eines rotationssymme-trischen Ellipsoids das Volumen jedes Lappens aus dem Produkt von H×B×D multipliziert mit dem Faktor 0,5 errechnet werden kann (Brunn et al. 1981). Als obere Grenzwerte des normalen Schilddrüsenvolumens gelten für Frauen 18, für Männer 25 ml. Bei größeren Strumen, die nicht mehr dem Ellipsoidmodell ent-sprechen, wird die Volumetrie, die bei Schilddrüsen mit einem Volumen bis zu 40 ml mit einem Messfehler von etwa 10% be-haftet ist, erheblich ungenauer. Bei starken Abweichungen der Form vom Rotationsellipsoid oder großen Knoten, die die Konturen der Schilddrüse deutlich überschreiten, sind auch bei kleineren Strumen erhebliche Abweichungen möglich.

    Befundung. Normal große Follikel ergeben ein homogenes Echo-muster, das sich deutlich vom Schallmuster der echoärmeren Halsmuskulatur unterscheidet. Strukturveränderungen verursa-chen charakteristische Änderungen des Echomusters, die als echonormal, echoreich oder echoarm bis echofrei beschrieben werden. Dichtgepackte kleine kolloidarme Follikel führen zu ver-mehrter Streuung und ergeben echoärmere bis echoarme Bilder. Größere Follikel, die reich an Kolloid sind, enthalten mehr Grenz-flächen, an denen der Schall reflektiert wird, sodass sie echo-reicher erscheinen. Läsionen, die nebeneinander Strukturen unterschiedlicher Echogenität enthalten, werden als echokom-plex bezeichnet. Beschrieben werden die Lage der Struktur-anomalien (in Bezug auf die Schilddrüse, also z. B. im oberen Lappendrittel links oder etwa in der unteren Lappenhälfte rechts), die Schärfe der Abgrenzung gegenüber der Umgebung und ihre Zahl. Wichtig sind auch Angaben über die Echogenität von Lä-sionen (echonormal, echoarm, echoreich, echodicht, echokom-plex). Die Größe der Veränderungen sollte wenn möglich als

  • 245

    Volumen angegeben werden, da die Angabe eines einzigen Durchmessers schlechter reproduzierbar sein kann. Alle diese Angaben sollten systematisch für alle gefundenen Veränderungen angegeben werden, sodass auch ein anderer Untersucher auf-grund eines schriftlichen Befundes die Veränderungen repro-duzierbar kontrollieren kann. Ungenaue Angaben, z. B. über eine Gesamtzahl von Knoten unterschiedlicher Echogenität bis zu einem bestimmten Volumen ohne Einzelbeschreibung der Lä-sionen sind nicht lege artis und stellen einen letztlich wertlosen Befund dar, auch wenn dies aus Gründen der Zeitökonomie eine häufig geübte Praxis ist.

    Kleine Bezirke mit gegenüber der Umgebung verändertem Echomuster sind auch in normal großen Schilddrüsen bei 14–72% der Patienten nachzuweisen, häufiger bei Frauen und mit dem Lebensalter zunehmend (Mazzaferri et al. 1993). Selbst unter den Bedingungen einer supraoptimalen Jodzufuhr in den USA kann die Prävalenz sonographisch nachgewiesener Knoten in der Schilddrüse mit bis zu 22–45% hoch sein (Ezzat et al. 1994). In Deutschland als Jodmangelgebiet ergab sich bei einer aktuellen Querschnittstudie eine Inzidenz von Schilddrüsen-knoten von 23,4% (Reiners et al. 2004). Echofreie Strukturen mit dorsaler scheinbarer Schallverstärkung entsprechen reinen Zys-ten, die zwar immer gutartig sind, jedoch nur selten angetroffen werden.

    NurbeireinenZystendarfaufweiterediagnostischeMaß-nahmenverzichtetwerden!

    Meist haben Läsionen mit liquiden Anteilen jedoch einen kom-plexen Aufbau: Septen und solide Gewebsanteile wechseln mit echoarmen oder echofreien, Flüssigkeit enthaltenden Hohlräu-men ab. Solche zystisch-degenerativen Veränderungen finden

    sich bei 33% aller gutartigen Knoten, jedoch auch bei 32% aller Schilddrüsenkarzinome, sodass eine Dignitätsbeurteilung allein durch die Sonographie unmöglich und die weitere Abklärung durch die Feinnadelbiopsie notwendig ist (.Abb.2.14). Adeno-matöse Knoten, die kolloidreich und zellarm sind, imponieren als solide echoreiche oder echonormale Areale. Manche grenzen sich durch einen echoarmen Randsaum – auch Halo genannt – gegen die Umgebung ab, doch ist dies ein unspezifisches Zeichen, das sowohl bei gutartigen Adenomen als auch bei Karzinomen vor-kommt. Durch die farbkodierte Duplexsonographie kann zwar abgeklärt werden, ob das Halozeichen durch eine vermehrte Randvaskularisation bedingt ist, doch gestattet auch dieser Be-fund keine Dignitätsbeurteilung (Saleh et al. 1998). Häufig finden sich in Knotenstrumen auch echodichte Strukturen mit dorsaler Schallauslöschung, die durch Kalkablagerungen bedingt sind. Ein Rückschluss auf die Dignität in diesen Bereichen ist ebenfalls nicht möglich, da solche Befunde in Karzinomen wie in regressiv veränderten Adenomen gefunden werden (.Abb.2.15).

    Volumetrie. Die Inzidenz von Schilddrüsenkarzinomen ist unab-hängig von der Zahl der Knoten, sodass die Wahrscheinlichkeit eines Malignoms in jedem einzelnen Knoten beurteilt werden muss. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass alle sonogra-phisch abgrenzbaren Knoten im Verlauf volumetrisch überwacht werden. Die häufig geübte Praxis, ab einer Anzahl von etwa 3–5 Knoten auf die Volumetrie einzelner Knoten zu verzichten und stattdessen nur das Volumen des größten Knotens und das ge-samte Schilddrüsenvolumen anzugeben, mag zwar sehr zeit-ökonomisch sein, entspricht aber nicht einer ausreichend sorg-fältigen Vorgehensweise. Nur bei Strumen mit multiplen Knoten, die sonomorphologisch nicht gegeneinander abgrenzbar erschei-nen, kann auf die Volumetrie der Einzelknoten verzichtet wer-den, da diese keine verlässlichen und reproduzierbaren Ergeb-nisse erbringt.

    .Abb.2.14a,b. EchoarmerKnotenamOberpoldesrechtenSchilddrü-senlappens.DieserKnotenwarszintigraphischkaltundwurdepunktiert.EsfandsicheinpapilläresSchilddrüsenkarzinom.IndiesemFalleistdaseinzigesonographischeKriteriumfürMalignitätdieEchoarmut,Zeichen

    desinvasivenWachstumsodereininhomogenesEchomusterfehlen.SolcheKnotensindinStrumaendemiegebietenhäufigerzubeobachtenundstellen,wennsieszintigraphischnichtkaltsind,lediglicheinenbeobachtungswürdigenBefunddar

    a b

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse46

    2

    Dignität. Die eigentliche Risikogruppe stellen die echoarmen Knoten dar, hinter denen sich funktionell inaktive oder funk-tionell autonome benigne Adenome, aber auch Schilddrüsenkar-zinome verbergen können. Hier muss zunächst szintigraphisch zwischen funktionell inaktiven »kalten« und autonomen »hei-ßen« Knoten unterschieden werden sowie den sich funktionell vom gesunden Schilddrüsengewebe nicht abhebenden Knoten. Wenn auch die Malignomprävalenz in »kalten« Knoten unter 5% liegen dürfte (Hegedüs u. Karstrup 1998), muss ein Schilddrüsen-karzinom in jedem Falle punktionszytologisch ausgeschlossen werden. Meist erscheint ein Malignom echoärmer als das umge-bende Gewebe, doch kann es auch als solide Läsion mit zystischen Anteilen auftreten oder als Zapfen in eine Zyste hineinragen. Ver-kalkungen sind zwar bei 80% der Schilddrüsenkarzinome nach-zuweisen, treten jedoch auch in benignen regressiven Verände-rungen in Knotenstrumen auf. Die anfängliche Hoffnung, dass der Nachweis einer intranodalen Hypervaskularisation in einem echoarmen »kalten« Knoten als Malignitätskriterium zu werten sei, wurde nicht erfüllt, da auch in autonomen Adenomen sowohl eine periphere als auch eine zentrale Hypervaskularisation beo-bachtet wurde (Becker et al. 1997). Da eine Hypervaskularisation auch bei knotigen Hyperplasien auftreten kann, muss davon aus-gegangen werden, dass die farbkodierte Duplexsonographie bei der Dignitätsbeurteilung »kalter« Knoten keine Rolle spielt (Saleh et al. 1998). Nur dann, wenn mehrere Befunde wie Fehlen des Halo, Mikroverkalkungen und intranodale Hypervaskularisation zusammen in einem Knoten gefunden werden, ist die Wahr-scheinlichkeit eines Karzinoms höher (Rago et al. 1998). Noch wahrscheinlicher wird die Diagnose eines Malignoms, wenn zu-gleich Kriterien wie invasives Wachstum in die Umgebung und vergrößerte Lymphknoten entdeckt werden. Aus der mangeln-den Spezifität der Sonographie ergibt sich die Notwendigkeit, verdächtige Läsionen durch Feinnadelbiopsie (FNB) zytologisch abzuklären (Mazzaferri et al. 1993). Die Treffsicherheit der FNB

    steigt, wenn sie durch die Sonographie gezielt eingesetzt wird (Carmeci et al. 1998).

    DiffuseVeränderungen des Echomusters. Die diffuse Struma hat zunächst noch eine fein granulierte echonormale Struktur. Später vergröbert sich das Echomuster, und kleine echofreie, echoreiche oder echodichte Areale zeichnen sich ab als Ausdruck zunehmender degenerativer Gewebsveränderungen. Die diffuse fleckige Echoarmut, bedingt durch die dichte Packung kleiner kolloidarmer Follikel, ist typisch für den M. Basedow, für den auch die durch die farbkodierte Duplexsonographie (FKDS) nach-gewiesene extrem gesteigerte Durchblutung charakteristisch ist.

    Die FKDS hilft auch bei der Differenzierung des M. Basedow von der lymphozytären Hashimoto-Thyreoiditis, deren sonogra-phisches Erscheinungsbild ebenfalls die diffuse Echoarmut ist, die aber keine vermehrte Vaskularisation aufweist. Weiterhin ist bei der chronisch lymphozytären Thyreoiditis in späten Stadien die gesamte Schilddrüse echoarm, teilweise mit bindegewebigen Septen durchzogen, während beim floriden M. Basedow eher das Vorliegen von sehr vielen über die gesamte Schilddrüse verteilten echoarmen Arealen typisch ist. Für die Differenzialdiagnose liegen aber meistens noch weitere Untersuchungsergebnisse vor, wie z. B. Laborwerte, sodass die Unterscheidung nicht sono-graphisch getroffen werden muss. In Einzelfällen kann bei thera-peutischer Relevanz (z. B. Entscheidung über Thyreostase) eine Szintigraphie über den deutlich erhöhten Uptake bei M. Basedow und den erniedrigten oder niedrignormalen Uptake bei der chro-nischen Thyreoiditis die Diagnose sichern. Größere echoarme Knoten bei einem Patienten mit einer Autoimmunthyreoiditis sollten den Untersucher veranlassen, an ein malignes Lymphom zu denken, dass mit der Thyreoiditis assoziiert ist (Takeshima et al. 1988) und die Diagnose durch eine FNB zu sichern. Gelegent-lich kann auch die Abgrenzung der subakuten Thyreoiditis de Quervain, bei der regellos geformte echoarme Areale über die

    .Abb.2.15a,b. KnotenimrechtenSchilddrüsenlappen,derszintigra-phischeinemautonomenAdenomentspricht.aEchoarmerRandsaumals(unspezifisches)ZeichenderHypervaskularisation.DasEchomusteristhomogenechonormal,wiedasderrestlichenSchilddrüse.b6Monate

    nachRadiojodtherapie.DerKnotenistkleiner,echoarm,esfindensichechodichteGebiete.BeidiesemKnotenkönntemansonographischaneinMalignomdenken,eshandeltsichjedochumeinennormalenBefundnacheinerRadiojodtherapie

    ba

  • 247

    Schilddrüse verteilt sind (nicht so diffus wie beim M. Basedow), von einem entdifferenzierten Schilddrüsenkarzinom Schwierig-keiten bereiten, sodass auch hier die FNB zur Diagnosesicherung herangezogen werden kann (.Abb.2.16).

    Sonographie in derTherapiekontrolle. Der Erfolg einer kon-servativen Behandlung von Strumen durch Jodpräparate, Schild-drüsenhormonpräparate oder ein Kombination aus beiden wird durch die sonographische Volumetrie objektiviert. So lassen sich das Gesamtvolumen und Knotenvolumina im Verlauf kontrol-lieren. Die konventionelle Sonographie kann auch zur Verlaufs-kontrolle bei der medikamentösen Therapie der immunogenen Hyperthyreose eingesetzt werden, wobei eine Normalisierung des Echomusters als Hinweis auf den Rückgang der Aktivität des Autoimmunprozesses gedeutet wird. Im gleichen Sinne wird die durch die FKDS nachgewiesene Abnahme der Hypervaskularisa-tion unter der Behandlung gewertet (Saleh et al. 1998). Jedoch ersetzt dies nicht die regelmäßige Kontrolle der Laborparameter und liefert damit üblicherweise keine wichtigen therapeutisch relevanten Informationen, wie sie beispielsweise für die Dosie-rung der thyreostatischen Therapie erforderlich sind. Somit stellt die Sonographie lediglich eine Zusatzinformation dar, wie bei-spielsweise die Bestimmung der Antikörpertiter, auf die bei Ver-laufskontrollen meistens verzichtet werden kann, da sich keine therapeutischen Konsequenzen ergeben. Allerdings sollte ge-legentlich das Gesamtvolumen der Schilddrüse kontrolliert werden.

    Sonographie in der Tumornachsorge. Unverzichtbar ist der Einsatz der Sonographie neben der Bestimmung des Tumormar-kers hTg in der Nachsorge von Patienten nach Behandlung eines Schilddrüsenkarzinoms. Sie weist schon frühzeitig lokale Rezi-dive als echoarme raumfordernde Prozesse im Schilddrüsenbett oder zervikale Lymphknotenmetastasen nach. Dabei zeigen sich die Lymphknoten bei Befall abgerundet und weisen ein gegen-über den normalerweise echoarmen reaktiv vergrößerten Lymph-knoten häufig eher echoreicheres Echomuster auf (bis hin zu fast echonormalen Befunden, die fast wie normales Schilddrüsen-gewebe imponieren können). Das Hiluszeichen kann dabei an-fänglich noch erhalten sein, verschwindet jedoch bei weiterem Wachstum der Lymphknoten.

    Sonographie zum Nachweis ektopen Schilddrüsengewebes. Bei tastbaren Tumoren im Halsbereich hilft die Sonographie, den Zusammenhang mit der Schilddrüse zu erkennen oder weit-gehend auszuschließen. Der spezifische Nachweis ektopen Schild-drüsengewebes wird jedoch erst durch die Szintigraphie mit 123I-Radiojod erbracht.

    2.5.2.1.2 Computertomographie

    Die Computertomographie (CT) ist ein röntgenologisches Ver-fahren zur Erstellung von Transversaltomogrammen. Sie ermög-licht es, eine definierte Zahl von Körperschichten durch eine definierte Zahl an Projektionen als Schwächungsbilder wiederzu-geben. Mit einem speziellen Abtastsystem wird die Schwächung einer Körperschicht gemessen. Mittels speziellen Rechenalgo-rithmen werden die Schwächungswerte in ihrer örtlichen Vertei-lung rekonstruiert und in Graustufen abgebildet. Die CT stellt Gewebe aufgrund ihrer unterschiedlichen Absorption von Rönt-genstrahlen dar, wobei Absorptionsdifferenzen von nur 0,5% gemessen und zur Organdarstellung benutzt werden. Der relativ hohe Jodgehalt der normalen Schilddrüse bedingt ihre Gewebe-dichte von 70 HU ±10 HU (Hounsfield Units). Damit übertrifft Sie die Radiodensität von Muskelgewebe. Da ihre Dichte dem Jodgehalt proportional ist, kann nach Eichung gegen bekannte Jodkonzentrationen der Jodgehalt der Schilddrüse computer-tomographisch bestimmt werden (Joseph et al. 1986). Die gute Vaskularisation bewirkt ein starkes Enhancement des Drüsen-gewebes nach KM-Gabe.

    Untersuchungstechnik. Der Patient wird in gleicher Lage wie bei der Sonographie untersucht, wobei die kraniale und kaudale Be-grenzung schon bei der sonographischen Untersuchung auf der Haut des Patienten markiert werden kann. Je nach geforderter Auflösung werden Serienschnitte von 1,5–4 mm Dicke durch das Organ, bei retrosternalen Anteilen auch im oberen Thoraxbereich bis kaudal der mediastinalen Raumforderung gelegt. Bei Schild-drüsenmalignomen, manifester Hyperthyreose oder szintigra-phisch höhergradiger Autonomie ist die Gabe von i.v. Kontrast-mitteln nur bei vitaler Indikation zulässig. Auch eine Radio-jodtherapie wird durch die Gabe iodhaltiger KM für mehrere Wochen bis Monate unmöglich.

    Befundung. Die Schilddrüse umgibt ventral konvex-konkav Trachea und Schildknorpel. Sie lässt sich meist als glatte und homogene Weichteilstruktur abgrenzen. Die Schilddrüse grenzt sich scharf von den übrigen Halsorganen mit einer Dichte ab, die 1,5- bis 2-fach oberhalb der der Muskulatur liegt. Da Erkran-kungen auch die Jodaufnahme beeinträchtigen, hat pathologisch

    .Abb.2.16. UltraschallbildeinerAutoimmunthyreopathievomTypBa-sedow.aLinkerSchilddrüsenlappen,obenQuer-unduntenLängs-schnitt.ImLängsschnittistanderUnterkantedieA.carotiscommunisangeschnitten.InsgesamtechoarmesParenchym.Häufigsiehtmanan-statteinerdiffusenEchoarmutauchvielekleineechoarmeFleckeninei-nemsonstechonormalenParenchym.bUltraschallbildeinerAutoim-munthyreopathievomTypHashimoto.rechterSchilddrüsenlappen,obenQuer-unduntenLängsschnitt.AuchhiereinediffuseEchoarmut.ImVergleichzumM.BasedowkannmanbeiderHashimoto-ThyreoiditisseltenereinekleinfleckigeEchoarmutsehen,sondernehergrößereechoarmeArealeodereinediffuseEchoarmut

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse48

    2

    verändertes Schilddrüsengewebe in der Regel eine geringere Dichte, die in reinen Zysten am geringsten ist. Ausnahme ist die durch Jod induzierte Hyperthyreose bei vorbestehender Auto-nomie, bei der die Dichte sehr hoch sein kann, während sich die vergrößerte jodarme Schilddrüse bei Patienten mit M. Basedow durch geringe Dichte auszeichnet (Joseph et al. 1986). Das gilt auch für die hypertrophe Form der lymphozytären Thyreoiditis, doch ist hier die Struktur inhomogen. Die Abgrenzung gegen ein malignes Lymphom kann schwer bis unmöglich sein (Takashima et al. 1988). Bei der subakuten Thyreoiditis de Quervain finden sich Bezirke mit reduzierter Dichte in multifokaler Anordnung. Knotenstrumen enthalten zahlreiche Areale mit höchst unter-schiedlicher Dichte bis hin zu Verkalkungen. Sehr gut zu erken-nen sind die Verdrängung und/oder Kompression von Trachea, Ösophagus und großen Gefäßen sowie die Ausdehnung der Struma nach retrosternal bzw. intrathorakal.

    Schilddrüsenkarzinome haben gewöhnlich eine reduzierte Dichte, sind unregelmäßig begrenzt und weisen zu einem hohen Prozentsatz punkt-oder linienförmig in der Peripherie angeord-nete Verkalkungen auf (Psammomkörper). Am häufigsten treten diese beim papillären Schildrüsenkarzinom auf.

    SolangederTumoraufdieSchilddrüsebegrenztist,gibtesimCTkeinendenmalignenProzessbeweisendenBefund.BeweiskrafthaterstderNachweisinfiltrativenWachstumsinumgebendeStrukturen.

    Lymphknoten gelten im Kopf-Hals-Bereich erst ab einem Durch-messer >1 cm als pathologisch. Hierbei neigen Schilddrüsenkar-zinome zu einer frühen lymphogenen Ausaat in die regionären Lymphknoten. Im Rahmen der Nachsorge von Patienten nach Behandlung eines Schilddrüsenkarzinoms hat die CT beim

    Nachweis von Lungenmetastasen (.Abb.2.17) die höchste Sen-sitivität (Dietlein et al. 1998).

    2.5.2.1.3 Magnetresonanztomographie

    Die MRT stellt Gewebe aufgrund ihrer unterschiedlichen magne-tischen Eigenschaften dar. Das Verfahren ist nicht invasiv, be-nutzt keine ionisierende Strahlung und keine jodhaltigen Kon-trastmittel, sodass es bevorzugt bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen eingesetzt werden kann, die häufiger und ohne jodhaltige Kontrastmittel im Rahmen der Tumornachsorge kontrolliert werden müssen. Dank des großen Weichteilkontrast-umfangs und der Möglichkeit der multiplanaren Rekonstruktion können anatomische Strukturen im Halsbereich optimal darge-stellt werden. Das gilt besonders für die retrotracheale Region sowie für Strukturen in der oberen Thoraxapertur und im Me-diastinum, die sonographisch nicht oder nur schwer zugänglich sind.

    Untersuchungstechnik. Die Lagerung des Patienten erfolgt wie bei der Sonographie und bei der CT. Der Kopf sollte sich dabei in leichter Retroflexionsstellung befinden. Die Schilddrüse kann sehr gut durch flexible, quer auf der distalen Halsregion aufgelegte Oberflächenspulen dargestellt werden. Für Untersuchungen der Kopf-Hals-Region müssen in Abhängigkeit von der klinischen Fragestellung individuell adaptierte Sequenzprogramme zum Einsatz kommen. In der Mehrzahl der Untersuchungen stellt der kombinierte Einsatz von T1w- und T2w-Sequenzen das Basispro-tokoll dar. Die wichtigste Schnittführung bleibt die transversale (wie bei der CT). Ergänzend folgen Untersuchungen in frontaler Schnittführung. Diese eignet sich besonders zur Identifikation der kraniokaudalen Ausdehnung eines Schildrüsenprozesses.

    Trotz der exzellenten Weichteildifferenzierung in der nativen MRT werden bei fast allen Untersuchungen paramagnetische

    .Abb.2.17a,b. 22-jährigePatientin,ZustandnachThyreoidektomieundKompartimentausräumungbeidseitswegeneinerfollikulärenVarianteeinespapillärenSchilddrüsenkarzinomsmitLymphknoten-

    metastasen.Spiral-CT:multipleLungenmetastasenbeidseits(Pfeile),keineRadiojodspeicherung

    a b

  • 249

    Kontrastmittel zur besseren Diagnostik der Perfusion und Vasku-larisation eingesetzt.

    Befundung. Wie die CT spielt die MRT der Schilddrüse eine untergeordnete Rolle, da Szintigraphie, Feinnadelbiopsie und Ultraschall in der Diagnostik weitgehende Klärung bringen. Die normale Schilddrüse hat auf den T1-gewichteten Bildern eine homogene Signalintensität, die der der Muskulatur ähnelt oder gering darüberliegt (Higgins et al. 1988). Auf T2-gewichteten Bildern übersteigt die Signalintensität die der Muskulatur, sie ist jedoch gewöhnlich geringer als die des Fettgewebes. Schilddrü-senzysten zeichnen sich durch eine hohe Signalintensität sowohl im T1- wie im T2-gewichteten Bild aus. Dank des hohen Me-thämoglobingehaltes weisen Blutungszysten die höchste Signal-intensität im Vergleich zur Muskulatur auf. Kolloidzysten er-scheinen in der T2-gewichteten Darstellung signalintensiv, in der T1-gewichteten dagegen häufig signalarm gegenüber normalem Schilddrüsengewebe. Schilddrüsen von Patienten mit M. Base-dow haben in beiden Darstellungsarten eine gering heterogene gesteigerte Signalintensität, während die Intensität bei der Hashimoto-Thyreoiditis in der T2-gewichteten Darstellung ge-genüber Fettgewebe gesteigert und in der T1-gewichteten in-homogen ist. In Knotenstrumen ist das Bild auch mit dieser Technik sehr heterogen: Abwechselnd zeigen sich Areale mit niedriger und angehobener Signalintensität. Adenome sind be-reits ab 3 mm Durchmesser als umschriebene Läsionen mit einer Signalintensität zu erkennen, die der normalen Schilddrüsen-gewebes gleicht oder gering darüber liegt, doch können funktions-tüchtige nicht von funktionslosen unterschieden werden.

    Schilddrüsenkarzinome führen zu Läsionen mit glattem oder unregelmäßigem Rand, die im T1-gewichteten Bild iso- oder gering hypointens, im T2-gewichteten Bild aber hyperintens

    erscheinen. Eine eindeutige Differenzierung malignen Gewebes von benignem gelingt jedoch nicht.

    Die größte Bedeutung hat die MRT bei der Operations-planung, da durch den im Vergleich zur CT besseren Kontrast zwischen Muskulatur und Tumor (Stark et al. 1984) klar zu er-kennen ist, ob bereits eine Infiltration in benachbarte Strukturen erfolgt ist (.Abb.2.18). Auch der Nachweis von Lymphknoten-metastasen wird erleichtert, da befallene Lymphknoten bereits ab einer Größe von 3 mm im T2-gewichteten Bild mit hoher Signalintensität zu erkennen sind.

    CaveAuchbeivermeintlichenLymphknotenmetastasenistVor-sichtgeboten,daeineflorideLymphangitiszumgleichenMRT-Befundführt.

    Nach Kontrastmittelinjektion erfolgt in Lymphknotenmetastasen ein zentrales Enhancement, nicht jedoch in fibrös-narbig ver-ändertem Gewebe (Crawford 1989).

    In der Nachsorge kann die MRT Tumorreste oder Rezidive im Halsbereich nachweisen, die mit anderen Methoden nicht zu entdecken sind (Auffermann et al. 1988). Sie ist gegenüber der CT die überlegene Methode zur Differenzierung zwischen Narben- und vitalem Tumorgewebe. Ein Tumorrezidiv kann vermutet werden, wenn eine Seitendifferenz im Schilddrüsenbett auftritt und wenn die Signalintensität dort bei Verlaufsuntersuchungen ansteigt. Weitere Indizien für ein Rezidiv sind der Nachweis der Infiltration in oder die Verdrängung von Nachbarorganen sowie vergrößerte Lymphknoten mit gesteigerter Signalintensität. Unterlegen ist die MRT der CT im Nachweis kleiner Lungen-metastasen (Webb u. Sostman 1992).

    .Abb.2.18a,b. 63-jährigePatientin,thyreostatischbehandelteimmu-nogeneHyperthyreose,großeStrumanodosa.Konsistenzvermehrter,echoarmerKnotenindenkaudalen2/3deslinkenLappens,szintigra-phisch»kalt«(a).SonographischpathologischvergrößerteLymphknotenindenJugularisstationenlinks.MRT:zentralzystischeRaumforderung

    links,VerlagerungderTracheanachrechtsmitKompression,invasivesWachstumindieUmgebung,zervikalevergrößerteLymphknotenlinks,MetastaseimLungenapexundimhinterenMediastinumrechts(b).Histologisch:follikuläresSchilddrüsenkarzinomG2,kapselüberschrei-tendmitmediastinalerMetastase

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse50

    2

    LiteraturAuffermannW,ClarkOH,ThurnerS,GalanteM,HigginsM(1988)Recurrent

    thyroidcarcinoma:characteristiconMRimages.Radiology168:753–757

    BeckerD,BairH,BeckerW,GünterE,LohnerW,LerchS,HahnEG(1997)Thyroidautonomywithcolor-coded image-directeddopplersono-graphy:internal hypervascularisation for the recognition of auto-nomousadenomas.JClinUltrasound25:63–69

    BrunnJ,BlochU,RufG,BosI,KunzeWP,ScribaPC(1981).VolumetriederSchilddrüsenlappenmittelsReal-Time-Sonography.DMedWochen-schr106:1338–1340

    Carmeci C, Jeffrey RB, McDougall IR, Nowels KW, Weigand RJ (1998)Ultrasound-guidedfine-needleaspirationbiopsyofthyroidmasses.Thyroid8:283

    CrawfordSC,HarnsbergerHR,LufkinRB,HanafeeWN(1989)Theroleofgadolinium-DTPA in the evaluation of extracranial head and neckmasslesions.RadiolClinNorthAm27:219

    EzzatS,SartiDA,CainDR,BraunsteinGD(1994)Thyroidincidentalomas.Prevalence by palpation and ultrasonography. Arch Intern Med154:1838

    HegedüsL,KarstrupST(1998)Ultrasonographyintheevaluationofcoldthyroidnodules.EurJEndocrinol138:30–31

    Joseph K, Berg-Schlosser F, Herbert K (1986) ComputertomographischeBestimmung der intrathyreoidalen Jod-Konzentration im Struma-endemiegebiet.FortschrRöntgenstr144:417

    MazzaferriEL(1993)Managementofsolitarythyroidnodule.NEnglJMed328:553–559

    RagoT,VittiP,ChiovatoLetal.(1998)Roleofconventionalultrasonographyand color-flow-doppler sonography in predicting malignancy in»cold«thyroidnodules.EurJEndocrinol138:41–46

    Reiners C,Wegscheider K, Schicha H,Theissen P,Vaupel R,Wrbitzky R,Schumm-Dräger PM (2004) Prevalence of thyroid disorders in theworkiing population of Germany: ultrasonography screening in 96278unselectedemployees.Thyroid14:926–932

    SalehA,SantenR,MalmsJ,FeldkampJ,FürstG,ScherbaumWA,MödderU(1998)B-Mode-SonographieundmodernedopplersonographischeMethoden bei Krankheiten der Schilddrüse und der Nebenschild-drüsen.Radiologe38:344–354

    StarkDD,ClarkOH,MossAA(1984)Magneticresonanceimagingofthethyroid,thymus,andparathyroidglands.Surgery96:1083

    TakashimaS,IkezoeJ,MorimotoSetal.(1988)Primarythyroidlymphoma:evaluationwithCT.Radiology168:765

    WebbWR,SostamanHD(1992)MRimagingofthoracicdisease:clinicaluses.Radiology182:621

    ZieglerR,PickardtCR,WilligRP(1993)RationelleDiagnostikinderEndo-krinologie.Thieme,Stuttgart,S50

    2.5.2.2 NuklearmedizinischeDiagnostik

    M.Gotthardt,K.Joseph

    ))

    FürdieProduktionvonSchilddrüsenhormonwirdJodbenötigt,dasdaherspezifischinderSchilddrüseaufgenommenwird.Da-raus leitetsichab,dassmanmitHilfevonradioaktivenJodiso-topendenFunktionszustanddergesamtenSchilddrüseodervonKnoten(»heiße«oder»kalte«Knoten)ermittelnkann.Nachintra-venöserApplikationvonJodisotopenwirdmittelsGammakame-raeineszintigraphischeAufnahmederSchilddrüseerstellt.DurchdieermitteltenZählraten(alsoZerfälledesRadioisotopsineinemdurchdenUntersucherdefiniertenBereich)lässtsichdieJodauf-nahme der Schilddrüse als Abbild ihres Funktionszustandes

    quantifizieren.DazuwirdderTeilderinjiziertenAktivität,dersichinderSchilddrüseoderTeilendavonangereicherthat,alsprozen-tualerBestandteildergesamteninjiziertenAktivitätangegeben.Aus Kostengründen und aufgrund der geringeren Strahlenbe-lastung verwendet man heute zur Schilddrüsenszintigraphieüblicherweise 99mTc-Pertechnetat, 123I kommt nur noch in Aus-nahmefällenzumEinsatz.BeiPatientenmitSchilddrüsenkarzino-menwird131IalstherapeutischesRadionuklideingesetzt,jedochdientesauchderGanzkörperszintigraphiebeidiesenPatienten,da es aufgrund seiner längeren Halbwertszeit szintigraphischeAufnahmenübermehrereTageermöglicht,wasbeiderDetek-tionvonMetastasendifferenzierterSchilddrüsenkarzinomenot-wendigist.LiegenSchilddrüsenkarzinomevor,derenMetastasenkein Jod speichern, ermöglich die Positronenemissionstomo-graphie (PET), vorzugsweise mit 18F-Fluordeoxyglukose, denhochsensitivenNachweisvonFoci.

    2.5.2.2.1 Szintigraphie

    Die Szintigraphie der Schilddrüse ermöglicht Aussagen zur Gesamtfunktion der Schilddrüse und von Knoten, die sono-graphisch in der Schilddrüse nachgewiesen wurden. Zu einem frühen Zeitpunkt nach Injektion von Jodisotopen oder 99mTc-Pertechnetat stellt sich die über den Natrium-Jodid-Symporter (NIS) laufende Jodanraffung der Schilddrüse dar (Jodination). Die Organifizierung von Jod (Jodisation) hingegen lässt sich nur mit Jodisotopen darstellen, da 99mTc nicht in Schilddrüsenhor-mon eingebaut wird. Mit Hilfe einer Gammakamera werden Szintigramme erstellt, die dann rechnergestützt ausgewertet werden. Dabei wird in einer um die Schilddrüse oder einzelne Knoten gelegten »Region of Interest« (ROI) die erzielten Zähl-raten (also die in diesem Areal stattfindenden Zerfälle in einer bestimmten Zeiteinheit) mit der vor Injektion ermittelten Zähl-rate der injizierten Aktivität verglichen. Daraus lässt sich die in der Schilddrüse/im Knoten gespeicherte Aktivität in Prozent der injizierten Aktivität angeben, wobei eine Hintergrundkorrektur zur Erfassung des unspezifisch extrathyreoidal befindlichen 99mTc oder 123I durchgeführt wird, das ja in die Messung mit eingeht (Joseph 1995). Dieser Werte wird als TcTU (»technetium thyroid uptake«) oder ITU (»iodine thyroid uptake«) bezeichnet und in Prozent angegeben. Er ist immer in Relation zum basalen TSH-Wert zu betrachten.

    Beispiele für die szintigraphische Diagnostik von Schild-drüsenerkrankungen finden sich in den .Abb.2.19bis2.22.

    Szintigraphie mit 99mTc-Pertechnetat. Das am häufigsten ver-wendete Radionuklid ist das 99mTc-Pertechnetat, das als Genera-torprodukt in jeder nuklearmedizinischen Abteilung stets zur Verfügung steht. Es ist ein reiner Gammastrahler mit kurzer physikalischer Halbwertszeit von 6 h und ebenfalls kurzer bio-logischer Halbwertszeit, sodass die Strahlenexposition für den Patienten sehr gering ist. Bei Injektion einer Aktivität von ca. 35 MBq (1 Becquerel ist ein Zerfall pro Sekunde) liegt die Strah-lenexposition bei einer effektiven Dosis um 0,8 mSv. Die Energie der Gammaquanten liegt in einem für die Erfassung mit Gamma-kameras günstigen Bereich von etwa 140 keV.

    Das 99mTc-Pertechnetat-Anion wird zwar wie das Jodid aktiv durch den Natrium-Jodid-Symporter in die Thyreozyten trans-portiert, jedoch nicht organisch gebunden. Somit ist das Tech-netiumszintigramm nur ein Funktionstopogramm der regiona-len Pertechnetataufnahme, die der Jodid-Clearance äquivalent ist 6

  • 251

    (Mahlstedt et al. 1979). Da das Pertechnetat die Schilddrüse rasch wieder verlässt, muss das Szintigramm spätestens 20 min nach der Injektion begonnen werden. Mit der quantitativen Be-stimmung der thyreoidalen Pertechnetataufnahme mittels ROI-Technik wie oben beschrieben liefert sie auch den TcTU als vali-den Schätzer der Jodid-Clearance (Mahlstedt et al. 1979). Bis auf wenige Ausnahmen – noch erhaltene Jodid-Clearance, aber bereits gestörte Organifizierung bei entzündlichen oder malignen

    Schilddrüsenerkrankungen – besteht eine enge Korrelation zwi-schen Jodidaufnahme und übriger Funktion der Thyreozyten. Daher beschreibt das Technetiumszintigramm für klinische Fragestellungen genügend genau auch die regionale Funktion.

    Als Äquivalent der Jodid-Clearance unterliegt der TcTU so-wohl der Stimulation durch TSH wie auch der Autoregulation und hängt von der individuellen Jodversorgung ab. Daher gibt es regional unterschiedliche Normalwerte in Abhängigkeit vom

    .Abb.2.20. 23-jährigePatientinmitkonsistenzvermehrtem,raschgewachsenem,echoarmemundszintigraphisch»kaltem«Knoten.Histo-

    logischeBestätigungderzytologischenDiagnosepapilläresSchilddrü-senkarzinom

    .Abb.2.19. 53-jährigerPatient,klinischhyperthyreot.TastbarerKnotenlinks,sonographischechokomplexmitHalo,szintigraphisch

    »heiß«,SuppressionderAktivitätsaufnahmeimübrigenSchilddrüsen-gewebe,Diagnose:unifokaleAutonomie

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse52

    2

    alimentären Jodangebot. Während der TcTU in Gebieten mit ausreichender Jodzufuhr unter 2% liegt, erreicht er in Jodmangel-gebieten Werte zwischen 2 und 7% (Bähre et al. 1987; Joseph 1995). Ein erhöhter TcTU kann sowohl durch Jodmangel als auch durch eine gesteigerte Hormonsynthese verursacht werden. Die Differenzierung gelingt in Jodmangelgebieten durch die Messung des TcTU unter Suppression der TSH-Sekretion. Aufgrund der verbesserten Jodversorgung müssen diese Werte beispielsweise in Deutschland nach unten korrigiert werden (Gotthardt et al. 2006a).

    TcTUunterSuppressionsbedingungen. Unter den Bedingungen des Jodmangels sind die Hormonkonzentrationen einschließlich der des bTSH bei einem hohen Prozentsatz der Patienten mit autonomem Schilddrüsengewebe normal. Der Beweis der funk-tionellen Autonomie kann dann nur durch die Bestimmung des TcTU unter Suppressionsbedingungen (TcTUsupp) erbracht werden (Joseph 1995). Durch Schilddrüsenhormonzufuhr in genügender Höhe und Dauer (z. B. 100 µg LT4/Tag für einen Monat, bei älteren oder sehr leichten Patienten weniger) wird in der Peripherie die Konstellation einer latenten Hyperthyreose erzeugt. Dadurch wird die Jodaufnahme im regelbaren Gewebe unterdrückt, sodass sich im Szintigramm nur noch das weiter Aktivität aufnehmende autonome Gewebe darstellt. Bei Patienten ohne autonome Gewebsanteile sinkt der TcTUsupp auf Werte unter 1% ab. Unter Berücksichtigung eines Graubereiches ober-halb von 1% liegt der Grenzwert für eine klinisch relevante Auto-nomie derzeit in Deutschland sicherlich bei 1,4%, was deutlich unter dem früher geltenden Grenzwert von 2% liegt (Joseph et al. 1995; Gotthardt et al. 2006a)..Abb.2.21. 65-jährigePatientinmitmultiplenRadiojodspeichernden

    MetastaseneinesfollikulärenSchilddrüsenkarzinoms.Ganzkörperszinti-grammmitderRestaktivitätnachRadiojodtherapie

    .Abb.2.22a–c. 49-jährigerPatientmitkonsistenzvermehrtemKnotenindenkaudalen2/3desrechtenLappens,langsamesWachstumübermehrereJahre.Sonographischechokomplex,ohnescharfeAbgrenzung

    (a),szintigraphisch»kalt«(b),imGanzkörperszintigrammAnreicherungvon99mTc-SestamibiineinembenignenfollikulärenAdenom(c,Pfeil)

  • 253

    SzintigraphiemitJodisotopen. Spezielle Fragestellungen erfor-dern die Nutzung der spezifischen Radiojodanreicherung: Als Folge des organischen Einbaus in Schilddrüsenhormon und der Speicherung im Kolloid können Spätaufnahmen nach 6 und 24 h und später durchgeführt werden, die dann mit hohem Kontrast zu der nahezu aktivitätsfreien Umgebung (das nicht thyreoidal gespeicherte Jod ist dann bereits ausgeschieden) speicherndes Schilddrüsengewebe darstellen. So kann dystopes Schilddrü-sengewebe am Zungengrund oder in einer mediastinalen oder intrathorakalen Raumforderung spezifisch nachgewiesen wer-den. Für diese Untersuchungen hat sich der Einsatz von 123I-Jodid bewährt. Analog zur Bestimmung des TcTU kann mit standardi-sierter Technik auch die Szintigraphie mit 123I quantitativ ausge-wertet und als ITU in Prozent der injizierten Aktivität angegeben werden.

    Diese quantitative Jodszintigraphie erfasst, 6 und 24–48 h nach der Injektion durchgeführt, auch die maximale Radiojod-aufnahme, die zur Berechnung der für eine Radiojodbehandlung notwendigen Aktivitätsmenge benötigt wird. Gegenüber der mit einer Messsonde im Radiojodtest bestimmten Radiojodauf-nahme hat sie den großen Vorteil, dass die Korrektur um die miterfasste extrathyreoidale Aktivität sehr genau ist. Die Verwen-dung von 123I setzt jedoch die Verwendung einer standardisierten Halbwertszeit für die Dosimetrie voraus, für längerfristige Mes-sungen für die genaue Bestimmung der effektiven Halbwerts-zeit muss das längerlebige Jodisotop 131I verwendet werden. Die Szintigraphie mit Radiojod kann auch dann durchgeführt wer-den, wenn eine Diskrepanz des TcTU zur Radiojodaufnahme vermutet wird.

    Szintigraphie mit 131I-Radiojod. Das 131I-Radiojod wird zur Diagnostik nur noch im Rahmen der Ganzkörperszintigraphie zum Nachweis von Radiojod speicherndem Restgewebe oder von Metastasen nach Thyreoidektomie wegen eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms und zur Bestimmung der maximalen Radiojodaufnahme vor geplanter Radiojodtherapie im Radio-jodtest verwendet. Das 131I emittiert neben der zur Therapie ge-nutzten Betastrahlung auch Gammaquanten, die die Darstellung speichernden Gewebes im Szintigramm ermöglichen. Routine-mäßig wird ein Szintigramm des Halsbereichs bei Patienten mit Restaktivität nach einer Radiojodtherapie gutartiger Schilddrü-senerkrankungen vor der Entlassung aus der stationären Behand-lung durchgeführt, um die Radiojodaufnahme im zu schädi-genden Gewebe zu dokumentieren. Diese Untersuchung wird um ein Ganzkörperszintigramm bei den Patienten erweitert, die wegen eines Schilddrüsenkarzinoms mit Radiojod behandelt wurden.

    Ein Ganzkörperszintigramm erfolgt 2–3 Tage nach Gabe einer diagnostischen Menge Radiojod, wenn bei Zustand nach Behandlung eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms durch Anstieg des Tumormarkers hTg im Serum der Verdacht auf ein lokales Tumorrezidiv oder Metastasen entsteht. Dazu muss die Behandlung mit L-Thyroxin 4 Wochen vorher abgesetzt und für 14 Tage durch ca. 60 µg L-T3/Tag ersetzt werden. Anschließend wird über weitere 14 Tage völlige Hormonkarenz eingehalten. Alternativ kann rekombinantes TSH eingesetzt werden, um die erforderliche Stimulation der Thyreozyten bzw. der Schilddrü-senkarzinomzellen zu bewirken, sodass die Substitutions- bzw. Suppressionstherapie nicht unterbrochen werden muss (Laden-son et al. 1997). Dies ist insbesondere bei Patienten hilfreich, die unter der Hypothyreose stark leiden oder aus beruflichen Grün-

    den keine Einschränkung der Reaktionszeit aufweisen dürfen. Als diagnostische Aktivität werden zwischen 75 und 400 MBq 131I eingesetzt, wobei die Ganzkörperszintigraphie mit höherer Aktivität im Nachweis von Metastasen sensitiver sein soll als mit geringeren Aktivitätsmengen (Dietlein et al. 1998). Jedoch ist bislang nicht eindeutig geklärt, in welchem Umfang ein durch die Applikation der diagnostischen Aktivität ausgelöstes »stunning« (Verminderung der Radiosensitivität durch Vor-behandlung mit geringen Aktivitäten) eine anschließende hoch-dosierte Radiojodtherapie in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt (Jeevanram et al. 1986). Daher werden auch geringere Aktivitä-ten unter 150 MBq für die Diagnostik vorgeschlagen, um diesen Effekt zu vermeiden.

    Für den Radiojodscan muss der Patient stationär aufge-nommen werden. Herde mit Radiojodaufnahme im lateralen Halsbereich zeigen Lymphknotenmetastasen, solche im Schild-drüsenbett ein lokales Rezidiv an, wobei diese bezüglich ihrer Lokalisation nur mittels Ultraschall eindeutig einzuordnen sind. Speichernde Fernmetastasen finden sich meist in der Lunge und im Skelett, seltener in der Leber und im Gehirn.

    CaveFalsch-positiveBefundekönnendurchKontaminationdesPatientenoderseinerKleidungentstehen,amhäufigstendurchradioaktivenUrin.Häufigersindjedochfalsch-negativeBefunde,dabiszu1/4allerMetastasenkeinRadiojodmehrspeichern(Maxonu.Smith1990).FolglichergibtsichbeiAn-stiegdesTumormarkershTgundnegativemRadiojodszinti-grammdieNotwendigkeit,weiterediagnostischeVerfahreneinzusetzen.

    2.5.2.2.2 Positronenemissionstomographiemit18F-Fluordeoxyglukose

    Die Indikation zur PET-Untersuchung ist gegeben, wenn auf-grund des Anstiegs von hTg der Verdacht auf ein lokales Tumor-rezidiv oder Metastasen besteht und die Ganzkörperszintigraphie mit 131I negativ ausgefallen ist oder aber nicht mehr jodspei-chernde Metastasen vermutet werden. Die PET führt dabei in über 50% der Patienten mit Rezidiven zu einer Änderung des therapeutischen Vorgehens (.Abb.2.23; Gambhir et al. 2001). Für die PET werden Radionuklide verwendet, bei deren Zerfall Positronen freigesetzt werden. Diese rekombinieren fast unmit-telbar nach dem Austritt aus dem Kern mit Elektronen. Die Masse beider Teilchen wird dann in Form zweier Gammaquanten ab-gegeben, die im Winkel von annähernd 180° in entgegengesetzte Richtung abgestrahlt werden. Als Messsystem werden ringför-mige Detektoren verwendet, in denen einander gegenüberlie-gende Detektoren dann gleichzeitig eine Absorption registrieren, wenn die auftreffenden Quanten aus demselben Rekombina-tionsereignis stammen. In Schnittbildtechnik wird die Aktivitäts-verteilung im Körper tomographisch abgebildet mit einer Orts-auflösung im Bereich weniger Millimeter.

    Als Radiopharmakon wird mit 18F markierte Deoxyglukose (18F-FDG) verwendet, die wie Glukose in die Zelle transportiert, dort phosphoryliert, jedoch nicht weiter verstoffwechselt wird. Die Anreicherung der markierten Deoxyglukose ist repräsentativ für die intrazelluläre Menge von FDG-6-Phosphat und damit für den Glukoseumsatz. Maligne Zellen mit gesteigerter Pro-liferationsrate haben einen erhöhten Glukoseumsatz, der sowohl durch eine Überexpression der Glukosetransportproteine als

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse54

    2

    auch durch eine beschleunigte intrazelluläre Glukolyse verur-sacht wird. Das gilt auch für schneller wachsende, geringer diffe-renzierte Schilddrüsenkarzinome, die zwar kein Jodid mehr an-reichern, jedoch vermehrt FDG speichern. Meist handelt es sich um G2-Tumoren (Grünwald et al. 1997). Die anfängliche Hypo-these, dass die Höhe der FDG-Aufnahme mit dem zunehmenden Verlust der spezifischen Jodidanreicherung einhergehe (Feine et al. 1996), ließ sich jedoch nur bei ca. 60% der Patienten be-stätigen (Dietlein et al. 1998).

    Durchführung. Dem seit 12 h fastenden Patienten werden 350–400 MBq 18F-FDG intravenös injiziert. Eine Stunde später erfolgt die Ganzkörper-PET-Untersuchung. Eine zuvor erfolgte Gabe von rekombinantem TSH kann den Uptake in die Tumoren bzw. Metastasen erhöhen (Chin et al. 2004).

    Aussage. Eine vermehrte FDG-Aufnahme im Schilddrüsenbett und in zervikalen Lymphknoten muss zunächst als lokaler Tumor-rest oder als regionale Lymphknotenmetastase gedeutet werden (Dietlein et al. 1998). Sehr selten nur kann eine vermehrte FDG-Aufnahme im Schilddrüsenbett Folge einer strahlenbedingten Thyreoiditis nach Radiojodtherapie sein (Grünwald et al. 1997). Fokale Herde mit FDG-Speicherung im übrigen Körper sind in der Regel Fernmetastasen, doch können auch hier gelegentlich

    benigne Prozesse wie z. B. Granulome einen falsch-positiven Be-fund ergeben (Grünwald et al. 1997).

    Eine Alternative zu 18F-FDG, das als Marker für den Glukose-umsatz zwangsläufig recht unspezifisch ist, kann auch 124I als Positronenemitter eingesetzt werden. Zwar ergeben sich bei einem Verlust der Jodaufnahme im Rahmen einer Dedifferenzierung die gleichen Nachteile wie beim 131I gegenüber 18F-FDG, jedoch ist die 124I-PET sensitiver als der 131I-Ganzkörperscan und daher in der Lage, Metastasen zu detektieren, die dem Ganzkörperscan entgehen und somit falsch negativ sind (Freudenberg et al. 2004). Weiterhin kann die 124I-PET zur Dosimetrie bei Patienten dienen, die eine Radiojodtherapie erhalten sollen (Sgouros et al. 2004). Da die Herstellung von 124I an einen hohen apparativen Aufwand ge-koppelt ist, kann diese Untersuchung nicht an allen Standorten erfolgen, ganz im Gegensatz zu der PET mit 18F-FDG, für das eine flächendeckende Versorgung vorhanden ist.

    MedulläreSchilddrüsenkarzinome. Da die medullären Schild-drüsenkarzinome nicht von den Thyreozyten ausgehen, sondern von den C-Zellen, speichern diese kein Radiojod. Daher ist die 18F-FDG-PET ein Verfahren, dass in der Rezidivdiagnostik bzw. der Lokalisationsdiagnostik von medullären Schilddrüsenkarzi-nomen zum Einsatz kommt. Jedoch hat sich die PET als gegenüber anderen Verfahren nicht eindeutig überlegen gezeigt. Die Studien-

    .Abb.2.23a,b. PatientinmiteinemmetastasiertenpapillärenSchild-drüsenkarzinom.WährendderRadiojodscanmit131I(a)negativist(diekräftigeSpeicherungimlinkenOberbauchistderMagen),zeigtdiePETmit18F-FDG(b)einekräftigeSpeicherungindenpulmonalenundmedias-tinalenMetastasen.DermyokardialeUptakeistgeringeralsderindieMetastasen.DiesesBeispielzeigteindrucksvoll,wiesichgroßeTumor-massenderDetektionimRadiojodscanentziehenkönnen,auchwenndasTgmassiverhöhtista

    b

  • 255

    lage ist hier zurzeit nicht eindeutig, jedoch scheint die PET der CT und MRT eher unterlegen zu sein (Gotthardt et al. 2004a).

    2.5.2.2.3 AnderenuklearmedizinischeVerfahren

    An weiteren Verfahren, mit denen Metastasen von Schilddrüsen-karzinomen gefunden werden können, stehen die Somatostatin-rezeptor-Szintigraphie (SRS) mit OctreoScan (111In-DTPA-DPhe1-Octreotide), 99mTc-MIBI (Cardiolite) und für medulläre Schilddrüsenkarzinome als neues, noch nicht zugelassenes Me-dikament 111In-DTPA-DGlu1-Minigastrin zur Verfügung. Der Einsatz der SRS kann in Einzelfällen indiziert sein, jedoch ist davon auszugehen, dass andere Verfahren wie die PET oder CT letztlich sinnvoller sind (Gotthardt et al. 2004b). Gleiches gilt für MIBI, das zwar in der Lage ist, in Einzelfällen einen Tumor-nachweis zu erbringen (z. B. bei negativem Ergebnis anderer Un-tersuchungsverfahren), in der Sensitivität der PET jedoch sicher unterlegen ist. Die Szintigraphie mit 111In-DTPA-DGlu1-Mini-gastrin ermöglicht die hochsensitive Detektion von Metastasen von medullären Schilddrüsenkarzinomen, wobei das Verfahren besser als PET und CT abschneidet. Jedoch befindet sich das Verfahren noch in der präklinischen Evaluation, sodass es nicht ubiquitär verfügbar ist (Gotthardt et al. 2003).

    LiteraturBähreM,HilgersR,LindemannC,EmrichD(1987)Physiologicalaspectof

    thethyroidtrappingfunctionanditssuppressioniniodinedeficiencyusing99mTc-pertechnetate.ActaEndocrinol115:175–182

    ChinBB,PatelP,CohadeC,EwertzM,WahlR,LadensonP(2004)Recom-binanthumanthyrotropinstimulationoffluoro-D-oxy-glucoseposi-tronemissiontomographyuptakeinwell-differentiatedthyroidcar-cinoma.JClinEndocrinolMetab89:91–95

    DietleinM,ScheidhauerK,VothE,TheissenP,SchichaH(1998)Diagnos-tische Algorithmen in der Nachsorge des differenzierten Schild-drüsenkarzinoms:Welchen Stellenwert haben FDG und Sestamibi?Nuklearmedizin37:6–11

    FeineU,LietzenmayerR,HankeJ-P,HeldJ,WöhrleH,Müller-SchauenburgW (1996)Fluorine-18-FDGand Iodine-131-Iodideuptake in thyroidcancer.JNuclMed37:1468–1472

    FreudenbergLS,AntochG,JentzenW,PinkR,KnustJ,GorgesR,MullerSP,Bockisch A, Debatin JF, Brandau W (2004) Value of 124I-PET/CT instaging of patients with differentiated thyroid cancer. Eur Radiol14:2092–2098

    GambhirSS,CzerninJ,SchwimmerJ,SilvermanDHS,ColemanRE,PhelpsME(2001)AtabulatedsummaryoftheFDG-PETliterature.JNuclMed42(suppl5):60S–63S

    GotthardtM,BattmannA,BeuterD,BauhoferA,SchipperML,BéhéMP,LorenzW, Klose KJ, BehrTM (2003) Comparison of In-111-D-Glu-1-Mingastrin,F-18-FDGPET,andCTscanningforthedetectionofmetas-taticmedullarythyroidcarcinoma.JNuclMed44:169P

    GotthardtM,BattmannA,HöffkenH,SchurratT,PollumH,BeuterD,BéhéM,BauhoferA,KloseKJ,BehrTM(2004a)Comparisonof18F-FDG-PET,SomatostatinReceptorScintigraphy,andCTinthediagnosisofmetas-taticmedullarythyroidcarcinoma.NuclMedCom25:439–443

    GotthardtM,BoermanOC,BehrTM,BéhéMP,OyenWJG(2004b)Develop-mentandapplicationofpeptide-basedradiopharmaceuticals.CurrPharmDesign10:2951–2964

    GotthardtM,StübingerM,PansegrauJ,BuchwaldB,GoeckeJ,PfestroffA,CorstensFH,BehrTM(2006a)Decreaseof99mTc-uptakeinautonomousthyroid tissue in Germany since the 1970s: clinical implications forradioiodinetherapy.Nuklearmedizin45:122–125

    GotthardtM,BeheMP,BeuterD,BattmannA,BauhoferA,SchurratT,Schip-perM,PollumH,OyenWJ,BehrTM(2006b)Improvedtumourdetec-tion by gastrin receptor scintigraphy in patients with metastasisedmedullarythyroidcarcinoma.EurJNuclMedMolImag(imDruck)

    GrünwaldF,MenzelC,BenderHetal.(1997)Comparisonof18FDG-PETwith131Iodine and 99mTc-Sestamibi scintigraphy in differentiated thyroidcancer.Thyroid7:327–335

    JeevanramRK,ShahDH,SharmaSM(1986)Influenceofinitiallargedoseonsubsequentuptakeoftherapeuticradioiodine inthyroidcancerpatients.NuclMedBiol13:277–279

    Joseph K (1995) Quantifizierte Schilddrüsenszintigraphie. Der Nuklear-mediziner18:228–236

    Ladenson PW, Braverman LE, Mazzaferri EL et al. (1997) Comparison ofadministrationofrecombinanthumanthyrotropinwithwithdrawalofthyroidhormoneforradioactiveiodinescanninginpatientswiththyroidcarcinoma.NEnglJMed46:259

    Mahlstedt J, Schmidt H, Joseph K (1979) Untersuchungen zur Verläss-lichkeit der 99mTc-Speichertests als Schätzer der thyreoidalen Sti-mulation.FortschRöntgenstr131:536

    MaxonRH,SmithHS(1990)Radioiodine-131inthediagnosisandtreat-ment of metastatic well differentiated thyroid cancer. EndocrinolMetabClinNorthAm19:685–718

    2.5.2.3 Feinnadelpunktionszytologie

    J.Rüschoff,M.Hofmann

    )) Im Unterschied zu den USA, wo die Untersuchung der Schild-

    drüsemittelsFeinnadelpunktionszytologie(FNPZ)als»First-line-Test«eingesetztwird,istinDeutschlanddieFNPZaufgrundderhohenPrävalenzderKnotenstrumavonbiszu50%inEndemie-gebietenTeileineskombiniertenVorgehensausUltraschallundSzintigraphie.ZielderpunktionszytologischenSchilddrüsenun-tersuchung ist die Selektion malignitätsverdächtiger LäsionenzurVermeidungunnötigerdiagnostischerOperationen.Diediag-nostischeTreffsicherheitistdabeivonderErfahrungderUnter-sucher(KlinikerundZytopathologe)undderenKooperationab-hängig(Daneseetal.1998).UnabhängigvonderMorphologieeiner Läsion in der Bildgebung liefert die FNPZ eine unmittel-bareundspezifischeInformationüberderenNatur(Bennedbaeketal.1999).Sieistpreisgünstig,einfachdurchführbarundneben-wirkungsarm.InerfahrenenZentrenkanndadurchdieZahlderThyreoidektomienumca.50%reduziertunddieBestätigungs-rate durch Resektion nahezu verdoppelt werden (Mazzaferri1993). Ein gewisser Prozentsatz der Fälle bleibt jedoch in derRoutinemorphologie diagnostisch unklar. Durch Zusatzunter-suchungsmethodengelingtes,dieseZahlzuminimieren.DazuzählenunteranderemImmunzytochemie,DNA-ZytometrieundMorphometrie (Harms et al. 2002). Mit Aufklärung der mole-kularen Ursachen maligner Schilddrüsenerkrankungen (Karges2005) und Einführung von PCR gestützten Untersuchungsver-fahrenanWenigzellproben(Dietmaieretal.1999)dürftekünftigaucheineVerbesserungderpunktionszytologischenDiagnostikdurch Einsatz molekularbiologischer Analyseverfahren zu er-wartensein.

    2.5.2.3.1 Indikationen

    Hauptindikation zur FNPZ ist der tastbare, szinitgraphisch meist hypofunktionelle (»kalte«) Schilddrüsenknoten, der solitär in einer sonst unauffälligen Schilddrüse oder als dominanter Kno-ten in einer Knotenstruma imponiert. Nichttastbare Knoten (

  • Kapitel2·Schilddrüse56

    2

    IndikationenzurFeinnadelbiopsiederSchilddrüse

    5 SolitärerSchilddrüsenknoten(szintigraphisch»kalt«,sonographischechoarm)

    5 KnotenstrumamitdominantemKnoten(tastbaroder>1cm)

    5 KnotigeoderdiffuseStrumamitThyreoiditisverdacht5 SpezielleIndikationen

    – NachsorgebeibekanntemSchilddrüsenkarzinom– PositiveStrahlenexpositionsanamnese– DrainagevonZystenu.a.

    Schilddrüsenknoten sind in Nichtendemiegebieten wie den USA mit 4–7% unter der erwachsenen Bevölkerung relativ sel-ten. In Jodmangelgebieten ist dagegen die Knotenstruma ende-misch mit einer Prävalenz von bis zu 50% (Gharib u. Goellner 1993). Im Gegensatz dazu ist das klinisch manifeste Schilddrü-senkarzinom mit einer Inzidenz von 0,004% (4/100.000 Ein-wohner) relativ selten (Gharib 1994). Bezogen auf die Häufig-keit von Schilddrüsenknoten wird die Rate maligner Knoten in Nichtendemiegebieten mit bis zu 25%, in Endemiegebieten jedoch nur mit 5%, bei kalten Knoten mit ca. 15% angegeben (Langsteger et al. 1993). Die Wertigkeit der FNPZ ist demnach daran zu messen, inwieweit diese Technik zur Selektion von Patienten mit tatsächlich malignen Schilddrüsenknoten und da-mit zur Erhöhung der Rate von Malignomen im Operationsgut beiträgt.

    2.5.2.3.2 PrinzipderFeinnadelpunktion

    Die FNPZ wird mit Einmalkanülen (Nr. 17 oder Nr. 16 bzw. gg. 25–23, äußerer Durchmesser 0,6–0,8 mm) durchgeführt. Dieses mit einer Venenpunktion vergleichbare Verfahren ist weitgehend frei von schwerwiegenden Nebenwirkungen. Kontraindikation ist nur die hämorrhagische Diathese. Lokale Entzündungen treten etwa bei 1/4000 Punktionen auf. Eine Tumorzellver-schleppung im Stichkanal ist bislang nur für einen Fall gesichert (Droese 1995).

    Aussagekraft und Stellenwert der FNPZ werden im Wesentli-chen von der Erfahrung des punktierenden Arztes und des Zyto-pathologen bestimmt. Empfohlen wird ein intensives Einstiegs-training mit mindestens 100 Biopsien und Befundungen und an-schließend mindestens 30–40 FNPZ pro Jahr. Jede Läsion wird ggf. unter Ultraschallkontrolle fächerförmig in 3–5 Ebenen punk-tiert. Das Punktat wird auf Objektträger übertragen (1 Tropfen/Objektträger), ausgestrichen und in der Regel nach Lufttrocknung mit May-Giemsa-Grünwald (MGG) gefärbt (Droese 1995).

    2.5.2.3.3 PunktionszytologischerBefund

    Die zytologische Diagnose sollte nur an ausreichendem Unter-suchungsmaterial erfolgen. Adäquate Ausstrichpräparate ent-halten 5–6 Gruppen von je etwa 10 gut erhaltenen Follikelzellen. Die Befundung erfolgt in Anlehnung an die Empfehlungen der amerikanischen »Papanicolaou-Gesellschaft für Zytopathologie« (Suen 1996) in benigne (gutartige nichtneoplastische Läsion, »negativ«), verdächtig (zellreiche follikuläre oder onkozytäre Läsion) und maligne(»positiv«) (.Tab.2.2).

    .Tab.2.2. ZytopathologischerBefund,histologischeKorrelationundklinischeRelevanz.(NachDröse1995;McHenryetal.1993)

    ZytologischerBefund HistologischeKorrelation Malignitäts-rate(%)

    Therapieempfehlung

    Negativ(nichtneoplastischeLäsion) KolloidknotenZystischeStrumaknotenThyreoiditisSolitäreZyste

    97 Operation

    Unzureichendes Untersuchungsmaterial c Bis10d Wiederholung

    a FollikuläreProliferation(nachDroese1995)b UnterteilungderfollikulärenNeoplasieistoptional

    c ZellenoderKolloidfehlendodersehrwenigd NachMcHenryetal.1993

  • 257

    Bezogen auf die Kategorien »negativ« und »positiv« liegt die diagnostische Verlässlichkeit bei über 90% (Gharib u. Goellner 1993; Mazzaferri 1993). Ein zentrales Dilemma der Schilddrü-senzytologie liegt jedoch in der Kategorie »verdächtig« bzw. »zell-reiche follikuläre Läsion«. Dies beruht auf der Tatsache, dass die Unterscheidung zwischen einem Adenom und einem minimal-invasiven follikulären Karzinom nur am Gewebeschnitt durch Nachweis einer Kapselpenetration getroffen werden kann. Das zytologische Bild beider Neoplasien ist weitgehend identisch (.Abb.24b,d). Ähnliche zytologische Befunde können bei adeno-matösen nodulären Hyperplasien, bei der seltenen follikulären Variante des papillären Karzinoms und bei Punktion von Neben-schilddrüsentumoren vorkommen. Aufgrund dieser diagnosti-schen Unsicherheit wurde die Befundkategorie »follikuläre Neo-plasie« oder »zellreiche follikuläre Läsion« eingeführt. Die Wahr-scheinlichkeit, mit der ein invasives Karzinom vorliegt, wird mit 15–30% angegeben. Bei »positivem« Befund und Vorliegen einer »zellreichen follikulären Läsion« besteht somit grundsätzlich Operationsindikation.

    2.5.2.3.4 DiagnostischeTreffsicherheit

    Die Rate falsch-positiver Diagnosen sollte unter 3%, die der falsch-negativen Diagnosen nicht über 2% liegen (Suen 1996). Zur Vermeidung einer verzögerten Malignomdiagnose gilt es vor allem falsch-negative Befunde zu vermeiden. Hauptursache ist in etwa 2/3 der Fälle die Fehlpunktion, insbesondere bei Knoten-strumen und kleinen Knoten. Als untere Grenze der Treffsicher-heit werden für die ultraschallgesteuerte Punktion 8 mm ange-geben. Falsch-negativen Diagnosen liegen in etwa 1/3 der Fälle Fehlinterpretationen des Zytopathologen zugrunde. Problema-tisch ist die Interpretation der zystischen Degeneration mit zahl-reichen Makrophagen (»Schaumzellen«) und nur wenig beurteil-baren Follikelzellen (.Abb.2.24b). Da papilläre Karzinome und Metastasen (insbesondere Bronchial- und Nierenzellkarzinom, .Abb.2.24a) zystisch degenerieren können, wird bei großen Zys-ten (>3–4 cm), Rezidivzysten und Zysten bei jungen Männern mit negativem zytologischem Befund die Operation empfohlen. Schwierig ist auch die Einordnung onkozytärer (Hürthle-)Zellen im Punktat. Diese mitochondrienreichen Zellen kommen sowohl bei Knotenstrumen und Thyreoiditis als auch bei onkozytären Adenomen und Karzinomen vor. Schließlich können Thyreo-

    .Abb.2.24. aKnotenstrumamitdominantem,3,5cmgroßem,regres-sivverändertenAdenom(rechts);angrenzendZufallsbefundeiner0,5cmgroßen,intensivgelbenMetastaseeinesbeiOperationunbekannten(okkulten)Nierenzellkarzinoms.bZellreichefollikuläreNeoplasiemitmikrofollikulärenFormationen.EinesichereUnterscheidungzwischeneinemAdenomundeinem(hochdifferenzierten,mikroinvasivem)folli-

    kulärenKarzinomistnichtmöglich(zytologischerBefund:»verdächtig«).cUmschriebener1cmimDurchmessergroßersubkapsulärerweißlicherSchilddrüsenknoten,szintigraphischkalt.dPunktionszytologischerBe-fund»positiv«:PapillärerZellkomplexmitvergrößertenteilweiseeinge-kerbtenKernenundvereinzeltintranukleärenZytoplasmaeinschlüssen(Inset).Diagnose:papilläresSchilddrüsenkarzinom

    ba

    c d

    2.5·DiagnostikderSchilddrüsenerkrankungen

  • Kapitel2·Schilddrüse58

    2

    statikatherapie (Carbimazol, Thiamazol) oder Radiojodtherapie atypische Zellen suggerieren und bei fehlenden klinischen An-gaben zu falsch-positiven Diagnosen führen.

    Schließt man okkulte Karzinome von der Statistik aus und wertet den zytologischen Befund »verdächtig« als positiv, so liegt die Gesamttreffsicherheit der FNPZ in großen kontrollierten Studien bei 90% (Sensitivität 80–90%, Spezifität 90–99%) (Hof-städter et al. 1979; Mandreker et al. 1995). Dabei sind die Zahlen grundsätzlich in Endemiegebieten eher ungünstiger als in Nicht-endemiegebieten. Letztere weisen nicht nur eine geringere Prä-valenz von Schilddrüsenknoten auf, hier überwiegen auch mit 50–70% der Malignome papilläre Karzinome, die sich im Unter-schied zu follikulären Neoplasien zytologisch zuverlässiger er-fassen lassen.

    2.5.2.3.5 DiagnostischeStrategie

    Aufgrund erheblicher geographischer Unterschiede in der Prävalenz von Schilddrüsenknoten ergibt sich die Notwendig-keit einer differenzierten diagnostischen Strategie bei der Selektion malignitätsverdächtiger Schilddrüsenläsionen. Grund-sätzlich besteht bei tastbar oder sichtbar vergrößerter Schild-drüse mit und ohne Knoten Anlass zur morphologischen und funktionellen Befundabklärung. In den USA (Nichtendemie-gebiet) wird noch vor Ultraschall und Szintigraphie die FNPZ als erstes diagnostisches Verfahren zusammen mit einer Bestim-mung des TSH-Spiegels durchgeführt (Hermus u. Huysmans 1998).

    InDeutschlandstelltdieFNPZeineZusatzmethodedar,dieinderRegelalsTeileinerMehrstufendiagnostikeingesetztwird:Klinik→Ultraschall→Szintigraphie→FNPZ→Operation.

    In den letzten Jahren setzt sich zunehmend ein am klinisch-ana-mnestischen Befund (»Risikoprofil«) orientiertes differenziertes Vorgehen durch. So kann bei jungen Patienten mit isoliertem tastbarem Knoten die FNPZ auch ohne Ultraschall und Szinti-graphie durchgeführt werden. Dagegen sollten Knoten bei Pa-tienten mit hohem Malignitätsrisiko (z. B. >70 Jahre mit schnell-wachsender Läsion) auch bei negativer FNPZ operiert werden. Bei geringem oder mittelgradigem klinischem Malignitäts-verdacht ist die FNPZ grundsätzlich erforderlich. Operations-indikation besteht bei positiver oder zweifelhafter Zytologie (.Tab.2.3).

    LiteraturBennebaekFN,PerrildH,HegedüsL(1999)Diagnosisandtreatmentofthe

    solitarythyroidnodule:resultsofaEuropeansurvey.ClinEndocrinol(Oxf )50:357–363

    Danese D, Sciacchitano S, Farsetti A, Andreoli M, Pontecorvi A (1998)Diagnostic accuracy of conventional versus sonography-guidedfine-needleaspirationbiopsyofthyroidnodules.Thyroid8:15–21

    Dietmaier W, Hartmann A, Wallinger S et al. (1999) Multiple mutationanalysesinsingletumorcellsenabledbyimprovedwholegenomeamplification.AmJPathol154:83–95

    DroeseM(1995)PunktionszytologiederSchilddrüse,2.Aufl.Schattauer,StuttgartNewYork

    .Tab.2.3. PrädiktorenderMalignitätvonSchilddrüsenknoten

    Untersuchungsmethode Knoten-/Patientenbefund Malignitätsrate(%)

    KlinischeUntersuchung:geringesRisiko Asymptomatisch,Alter:30–60Jahre,solitäroderdominant,Endemiegebiet

    5–10

    Frauen(20–60Jahre)inEndemiegebieten 1,5

    KlinischeUntersuchung:mittleresRisiko Alter:60Jahre,Männer;Nichtendemiegebiet,BestrahlungimHalsbereich,Knoten/Zysten>4cm,Rezidivzysten,KnoteninBasedow-Strumen

    10–20

    KlinischeUntersuchung:hohesRisiko >70Jahre,Nichtendemiegebiet,schnellesWachstum,derbeKonsistenz

    >50

    Fixierung,Stimmbandlähmung,LymphknotenvergrößerungamHals,positiveFamilienanamnese(C-Zellkarzinom)

    >70

    Ultraschall Echoarm 3–5

    UnscharferRand 10–20

    Szintigraphie Kalt 15

    Warm 10

    Heiß 2–4

    Feinnadelpunktionszytologie Negativ 90

  • 259

    ErsözC,FiratP,UguzA,KuzeyGM(2004)Fine-needleaspirationcytologyofsolitarythyroidnodules.CancerCytopathology102:302–307

    GharibH(1994)Currentevaluationofthyroidnodules.TrendsEndocrinolMetab5:365–369

    GharibH,Goellner(1993)Fineneedleaspirationbiopsyofthethyroid:anappraisal.AnnIntMed118:282–289

    HarmsH,HofmannM,RuschenburgI(2002)FineNeedleAspirationoftheThyroid. Can an Image Processing System Improve differentiation?AnalytQuantCytolHistol24:147–153

    Hermus AR, Huysmans DA (1998)Treatment of benign nodular thyroiddisease.NewEnglJMed338:1438–1447

    HofstädterF,SchullianW,UnterkircherS (1979)DieFeinnadelaspirationderSchilddrüse.WienKlinWochenschr91:748–751

    KargesW(2005)KlinischeundmolekulareGenetikdesSchilddrüsenkar-zinoms.Onkologe11:20–28

    LangstegerW,KöltringerP,BuchingerW,DominikK,BinterG,EberO(1993)Epidemiological and etiological aspects in thyroid carcinoma. In:PimplW, Galvan G, Kogelnik HD, Manfreda D, Niederle B, Schlag P,WaclawiczekHW(eds)Strumamaligna.Springer,BerlinHeidelbergNewYorkTokyo,S3–11

    MandrekerSRS,NadkarniNS,PintoRGW,MenezesS (1995)Roleof fineneedleaspirationcytologyastheinitialmodalityintheinvestigationofthyroidlesions.ActaCytol39:898–904

    Mazzaferri(1993)Managementofsolitarythyroidnodule.NEnglJMed328:553–559

    McHenry CR, Walfish PG, Rosen IB (1993) Non-diagnostic fine needleaspiration biopsy: a dilemma in management of nodular thyroiddisease.AmSurg59:415–419

    Rüschoff J, Hofstädter F (1997) Wertigkeit der Schilddrüsenpunktions-zytologiezurSelektionverdächtigerKnoten.Onkologe3:16–21

    SuenK (1996)Guidelinesof thePapanicolaousocietyofcytopathologyoftheexaminationoffine-needleaspirationspecimensfromthyroidnodules.ModPathol9:710–715

    2.6 EuthyreoteKnotenstruma

    K.-M.Derwahl))

    Aufgrundneuererzell-undmolekularbiologischerForschungser-gebnisse hat sich unserVerständnis über die Pathogenese derKnotenstruma ganz wesentlich gewandelt. Während der ver-gangenen Jahrzehnte wurde die Umwandlung einer normalenSchilddrüse in eine Knotenstruma ausschließlich auf adaptive

    hyperplastischeProzessezurückgeführt,diedurcheinenJodman-gelbedingtbzw.unterhaltenwerden.IndenletztenJahrenhatsichjedochgezeigt,dassdieKnotenstrumabzw. ihreeinzelnenElemente aufgrund ihres Wachstumsverhaltens EigenschaftenechterTumorenaufweisen(Studeru.Derwahl1995;Derwahlu.Studer1998).DadieseneuenErkenntnissedieFrageeinerratio-nalenmedikamentösenoderoperativenTherapieentscheidendbeeinflussen,sollensiezuBeginndiesesAbschnittskurzdarge-stelltunderörtertwerden.DiepathophysiologischenGrundlagenfürdie imFolgendendargelegtenKonzepte findensich indenÜbersichtenvonDerwahlu.Studer1998,2001und2002.

    Die Knotenstruma lässt sich als eine Vergrößerung der Schild-drüse definieren, die auf multifokale, klonale oder polyklonale Proliferation von Thyreozyten zurückzuführen ist und zu einer erheblichen funktionellen und morphologischen Heterogenität neu entstandener Follikel oder follikelähnlicher Strukturen führt (Derwahl u. Studer 1998). Das so entstandene Gewebe besteht entweder aus von der Umgebung abgegrenzten Adenomen oder Schilddrüsenknoten oder, sehr häufig, aus neu entstandenen Follikeln, die ohne nachweisbare Grenzen in das umliegende nor-male Gewebe eingebettet sind und Pseudoknoten bilden können (.Abb.2.25).

    Nach Definition der WHO wird dasSchilddrüsenadenom als ein histologisch homogener Knoten mit eigener Struktur defi-niert, der durch eine Kapsel von der Umgebung abgegrenzt ist (Hedinger et al. 1988). Seit der Prägung dieser rein morpholo-gischen Definition hat die Molekularbiologie dem BegriffAde-nom die Eigenschaften der Monoklonalität hinzugefügt. Schild-drüsenadenome sind klonale Tumoren, d. h., sie entstehen aus einer einzelnen Zelle, die durch eine Abfolge genetischer Aber-rationen verändert wurde (7Übersicht bei Derwahl 1996). Die Diagnose Adenom im engeren Sinne verlangt also heute die Kombination von morphologischen und molekularbiologischen Untersuchungsmethoden. Klinisch handelt es sich bei diesen benignen Tumoren häufig um szintigraphisch vermindert spei-chernde (»kalte«) oder vermehrt speichernde (»warme« oder »heiße«) Schilddrüsenadenome.

    Der Begriff Schilddrüsenknoten bezieht sich dagegen auf von der Umgebung klar abgegrenzte, klonale oder polyklonale Knoten mit einer heterogenen Struktur und Funktion (Derwahl u. Studer 1998, 2000). Während das Adenom eine eigene, von der Umgebung deutlich unterschiedliche Struktur aufweist, besteht der Schilddrüsenknoten aus demselben Gewebe wie das lang-

    .Abb.2.25. Die3wesentlichenBestandteilederKnotenstruma:klonaleSchilddrüsenadenome,klonaleundpolyklonaleSchilddrüsen-knotenundhyperplastisch-mikronoduläresSchilddrüsengewebe,das

    aufgrundvonGewebsnekrosenundBindegewebsvermehrungsog.Pseudoknotenhervorrufenkann,dienurpartiellvomumliegendenGewebeabgegrenztsind.(ModifiziertnachDerwahlu.Studer1998)

    6

    2.6·EuthyreoteKnotenstruma

  • Kapitel2·Schilddrüse60

    2

    samer proliferierende paranoduläre Gewebe. Durch Kompres-sion der umgebenden paranodulären Follikel entsteht eine par-tiell oder vollständig den Knoten umgebende Kapsel. Weil neue Erkenntnisse gezeigt haben, dass auch echte monoklonale Adeno-me sekundär heterogene Strukturen und Funktionen erwerben können (Studer u. Derwahl 1995; Derwahl u. Studer 1998), kann die Abgrenzung derartiger Tumoren gegenüber den viel häufi-geren Schilddrüsenknoten klonalen Ursprungs schwierig sein.

    Der BegriffPseudoknoten beschreibt einen makroskopisch nicht sicher oder nur bedingt abgrenzbaren Schilddrüsenknoten (Studer u. Ramelli 1982). Pseudoknoten entstehen durch die Pro-liferation morphologisch und funktionell heterogener Follikel, die netzartig in Stränge von Bindegewebe eingewachsen sind. Das Bindegewebe entsteht durch Nekrosen bei Wachstum und Größenzunahme der Knotenstruma.

    Abzugrenzen vom histologisch definierten Begriff des Schilddrüsenadenoms ist der klinische Arbeitsbegriff »Adenom«, meist im Sinne eines »toxischen oder autonomen Adenoms« (7Kap.2.7.1). Der Terminus »autonomes Adenom« im klinischen Sinne bezeichnet eine umschriebene vermehrte Speicherung der Schilddrüse im Technetium- oder Radiojodszintigramm. Histologisch kann es sich dabei sowohl um ein Schilddrüsen-adenom als auch um einen klonalen oder polyklonalen Schild-drüsenknoten handeln.

    2.6.1 RationelleDiagnostik

    K.-M.Derwahl))

    Die rationelle Diagnostik besteht aus den 3Bausteinen Labor-diagnostik,SonographieundSzintigraphie.DasFundamenteinerrationellen Diagnostik bilden jedoch die Anamnese und derBefund der körperlichen Untersuchung als Voraussetzung füreine dem Krankheitsbild und dem Patienten angemesseneDiagnostik.

    2.6.1.1 KlinischeUntersuchung

    Die Angaben des Patienten zur Anamnese und die Befunde der körperlichen Untersuchung können wichtige Hinweise zur Funk-tionslage (Eu- oder Hyperthyreose) und zum Wachstumsverhal-ten der Struma (z. B. schnell wachsender und daher malignom-verdächtiger Knoten) geben. Aufgrund der nicht linearen Be-ziehung zwischen Tumormasse und Zellzahl kann allerdings auch jeder durchaus benigne Knoten den klinischen Verdacht des raschen Wachstums hervorrufen, ohne dass sich die Wachs-tumskinetik der Zellen dabei beschleunigt.

    Gesteigerter Appetit, Gewichtsabnahme, vermehrter Stuhl-gang, Wärmeintoleranz, Nervosität, Unruhe und Herzklopfen sind zwar typische Symptome für eine hyperthyreote Stoffwech-sellage, sie sind aber bei den überwiegend älteren Patienten mit einer Knotenstruma nicht immer nachweisbar. Gerade bei älteren Patienten überwiegen häufig monosymptomatische Ver-laufsformen, bei denen kardiale Symptome wie Tachykardie, be-sonders in Form der Tachyarrhythmia absoluta, Leitsymptome sein können. In .Tab.2.4 sind die häufigsten Symptome bei jungen und bei älteren Patienten mit Hyperthyreose einander gegenübergestellt.

    2.6.1.2 Sonographie

    Die Sonographie stelltdieBasiszurUntersuchungderKno-tenstrumadar.SiedientderpräoperativenLokalisationunddemNachweisechoarmer,echonormalerundechoreicherSchilddrüsenknotenoderechofreierzystischerStrukturenderSchilddrüseundderVolumenbestimmungderStruma.

    Bei der körperlichen Untersuchung lässt die Palpation der Schild-drüse zwar Rückschlüsse auf die Größe der Schilddrüse und oberflächlich tastbare Knoten zu, sie kann jedoch die sonogra-phische Untersuchung der Echogenitätder Schilddrüse und die Volumenbestimmung der Struma und ihrer Knoten nicht erset-zen. Relativ häufig in einer Knotenstruma nachweisbare Kolloid-zysten und seröse Zysten weisen meist ein echofreies Muster auf, während mikrofollikuläre, kolloidarme Adenome und Knoten sowie Karzinome überwiegend echoarm sind.

    Relativ spezifisch (aber nicht so sensitiv) für Karzinome sind Mikroverkalkungen, ein unscharfer Rand und eine vermehrte Vaskularisierung des Knoten (Papini et al. 2002). Die Zusammen-

    .Tab.2.4. VergleichderSymptomeeinerHyperthyreosebeijüngeren(70Jahre).(Modifi-ziertnachTrivalleetal.1996)

    Symptome ÄlterePatienten(%)n=34

    JüngerePatienten(%)n=50

    Tachykardie 71 96

    RascheErmüdung 56 84

    Gewichtsverlust 50 51

    Tremor 44 84

    Dyspnoe 41 56

    Apathie 41 25

    Anorexie 32 4

    Nervosität 31 84

    Hyperreflexie 28 96

    Schwäche 27 61

    Depressionen 24 22

    Schwitzen 24 95

    Polydipsie 21 67

    Diarrhöe 18 43

    Verwirrtheit 16 0

    Muskelatrophie 16 10

    Hitzeintoleranz 15 92

    Obstipation 15 0

    Appetitsteigerung 0 57

  • 261

    stellung wesentlicher Befunde in einer Knotenstruma findet sich in der folgenden 7Übersicht.

    EchogenitätumschriebenerSchilddrüsenerkrankungen(modifiziertnachOlbricht1995)

    5 Echonormal–echoreich– KlonaleundpolyklonaleSchilddrüsenknoten,

    AdenomemitmakrofollikulärerStruktur5 Echoarm

    – Sog.autonomeAdenome– MikrofollikuläreAdenomeundKarzinome– KnotennachRadiojodtherapie– Nebenschilddrüsenadenome

    5 Echofrei– Kolloidzysten– SeröseZysten

    5 MitgeringenBinnenmustern– Blutungszysten– EingeschmolzeneKarzinome

    2.6.1.3 FarbkodierteDopplersonographie

    Die farbkodierte Dopplersonographie ermöglicht eine Beurtei-lung der Vaskularisation und Perfusion der Struma, ihrer Knoten und Tumoren. Zwar finden sich bei der Farbduplexuntersuchung der Knotenstruma keine so charakteristischen Perfusionsbilder wie beim M. Basedow, bei dem es im floriden Stadium typi-scherweise zu einer diffusen Hypervaskularisierung kommt (»vaskuläres Inferno«), es gibt aber einige relativ charakteristi-sche Befunde. Typisch für Schilddrüsenadenome, sog. autonome Adenome (der Begriff wird hier, wie unter »Terminologie« be-schrieben, im rein klinischen Sinne verwendet und unterscheidet daher nicht zwischen echten Adenomen und Knoten), ist eine Hypervaskularisierung im Randbereich der Knoten (»farbiger Randsaum«). Im normalen sonographischen Bild entspricht dies dem echoarmen Randsaum. Zwar ist diese vermehrte Vaskulari-sierung relativ typisch für vermehrt speichernde »warme« oder »heiße« Schilddrüsenknoten, sie ist aber auch bei einigen ver-mindert speichernden (»kalten«) Knoten nachweisbar, sodass die dopplersonographische Untersuchung ein Szintigramm nicht ersetzen kann.

    Auch in der Differenzierung benigner und maligner Schild-drüsenknoten ist die Sensitivität und Spezifität der farbkodierten Dopplersonographie differenzialdiagnostisch nicht ausreichend. Zwar weisen etwa 2/3 aller malignen Schilddrüsentumoren eine vermehrte zentrale Vaskularisation auf, ein ähnliches Bild fin-det sich aber auch bei etwa 1/3 benigner Schilddrüsentumoren (Papini et al. 2002).

    DiefarbkodierteDopplersonographiederKnotenstrumakannzwardiagnostischeHinweisegeben,ersetztaberdieszintigraphischeAnalysedesSchilddrüsenknotensnicht.

    2.6.1.4 Szintigraphie

    Die Szintigraphie als ergänzendes Verfahren zur sonographischen Untersuchung der Schilddrüse ermöglicht es, morphologische Veränderungen, z. B. Knoten, hinsichtlich ihres Funktionszu-

    standes zu charakterisieren. Insofern sollte die Interpretation des szintigraphischen Befundes nur im Zusammenhang mit dem sonographischen Bild und unter Berücksichtigung der klinischen und laborchemischen Befunde erfolgen.

    Eine szintigraphische Untersuchung der Schilddrüse wird grundsätzlich nur als quantitativeSzintigraphiedurchgeführt, die eine Messung der unterschiedlichen Stoffwechselaktivitäten in verschiedenen Regionen der Schilddrüse ermöglicht. Da im Vergleich zur Sonographie die Auflösung geringer ist, ist die Durchführung einer Szintigraphie in der Diagnostik der Knoten-struma erst ab einem Knotendurchmesser >1 cm sinnvoll. In der Diagnostik der euthyreoten Knotenstruma ist eine Szintigraphie immer dann indiziert, wenn im Rahmen der Sonographie Kno-ten nachweisbar sind. Die 99mTc-Pertechnetatszintigraphie der Schilddrüse, die aufgrund der geringeren Strahlenbelastung in der Routinediagnostik der Radiojodszintigraphie vorgezogen wird, ermöglicht eine Beurteilung der Aktivitätsverteilung und