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[28162] Modalität, Satzmodus und Modalwörter aus der Sicht der Modalsemantik und Morphosyntax Hauptseminar, 2 SWS Modul: MSW_1 (Russische/polnische Sprache in Struktur, Funktion und Gebrauch) Prof. Dr. Peter Kosta Mi 15.15-16.45 1.09.213 Beginn: 19.04. 2006

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Hauptseminar, 2 SWSModul: MSW_1 (Russische/polnische Sprache in Struktur, Funktion und Gebrauch)Prof. Dr. Peter KostaMi 15.15-16.45 1.09.213 Beginn: 19.04. 2006

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Das Seminar befasst sich mit den zentralen Ausdrucksmitteln der Modalität: dem Satzmodus und den sog. Modalwörtern im Polnischen, Russischen, Tschechischen und einigen weiteren slavischen Sprachen (Bulgarisch, Serbisch/Kroatisch, Slovenisch, Niedersorbisch) in Synchronie und Diachronie.

Neben der definitorischen Abgrenzung der Bereiche der deontischen, aletischen, epistemischen und voluntativen Modalität aus der Sicht der Modalsemantik wird es uns vor allem um empirische und theoretische Aspekte einer kontrastiv-konfrontativen Beschreibung des Phänomens gehen. Dabei wollen wir sowohl die Arbeiten zur formalen Beschreibung der Negation und des Satzmodus einbeziehen (etwa Späth 1996, Kosta 2002, Kosta 2003, Zimmermann, in Vorb., Caha/Karlík 2005) als auch solche, die das Phänomen Modalität und Modalwörter in funktionaler Sicht deskriptiv erfassen (repräsentativ ist Hansen 2001).

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Leistungsnachweis: Klausur (2 LP), evtl. Kurzreferat und Hausarbeit (4 LP)

Gliederung der Lehrveranstaltung: 1. Doppelstunde: Ansätze zur Modalität, Definition

und Umfang 2. Doppelstunde: Logische Ansätze: alethische,

epistemiche, deontische und volitive Modalität 3. Doppelstunde: Kognitive und pragmatische

Ansätze 4. Doppelstunde: Generative Ansätze zum

Satzmodus

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Gliederung 5. Doppelstunde 6. Doppelstunde 7. Doppelstunde 8. Doppelstunde 9. Doppelstunde

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Gliederung 10. Doppelstunde 11. Doppelstunde 12. Doppelstunde 13. Doppelstunde 14. Doppelstunde

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1. Doppelstunde: Ansätze zur Modalität, Definition und Umfang

Was ist Modalität? das Verhältnis der Aussage zur Wirklichkeit (z. B.

Vinogradov 1950) das Verhältnis des Sprechers zum Satzinhalt (z. B.

Bally 1942; Grzegorczykowa 1995) das Verhältnis des Sachverhalts der Aussage zur

Wirklichkeit und das Verhältnis des Sprechers zum Satzinhalt (Dokulil 1973; Jachnow 1994)

Prof. Dr. Peter Kosta
Jachnow sieht den gemeinsamen Nenner der Mehrheit der Definitionen in der Feststellung, "dass mit Modalitätsausdrücken in Propositionen gefasste Sachverhalte bewertet und in Geltung gesetzt werden." (Hansen 2001:7)
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Die Schwierigkeiten der Definition von Modalität bedingen den Begriffsumfang (Extension) der Kategorie. Trotz der prinzipiellen Uneinigkeit bezüglich der Definition lassen sich folgende Kategorien und Elemente der Sprache angeben, die die Kategorie der Modalität ausdrücken können:

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Satzmodus als die Bewertung durch den Sprecher bezüglich der Dichotomie real vs. irreal:(1) russ. Иван бы пришел, если у него были бы деньги Iwan würde kommen, wenn er Geld hätte

(Konditional) Modalwörter als Ausdruck der Bewertung bezüglich

der Möglichkeit oder Notwendigkeit der Situation:(2) russ. Иван может прийти, потому что у него есть деньги Iwan kann kommen, weil er Geld hat

Modalwörter als Ausdruck der Bewertung der Wahrscheinlichkeit durch den Sprecher(3) russ. Иван наверное придет Iwan kommt wahrscheinlich

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Modalwörter als Ausdruck der Bewertung bezüglich des Wollens

(4) russ. Иван хочет прийти Iwan will kommen Kommunikative Funktion des Satzes: Aussage,

Frage, Aufforderung; (5) russ. Иван придет? Kommt Iwan? Modalpartikeln als Ausdruck der Einstellung

des Sprechers zum Hörer oder Sachverhalt; (6) russ. Дайте же мне сесть Lassen Sie mich

doch sitzen

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Verneinung; (7) russ. Иван не придет Iwan kommt nicht Ausdrücke für emotionale Bewertungen des

Sachverhalts durch den Sprecher; (8) russ. Иван к счастью придет Iwan kommt

glücklicherweise/zum Glück

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Intentionale Modalität

deklarativ imperativ expressivinterrogativ

Ausdruck des Willens

Ausdruck des Gefühls

Ausdruck von Urteilen

Konstatierung Hypothese Postulat

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2. Doppelstunde: Logische Ansätze: (alethische, epistemiche, deontische und volitive Modalität)

Einen ganz zentralen Platz nimmt die von Philosophen betriebene Forschung.

Geltungsmodalität wird von diesen als Grad der Bestimmtheit bzw. der Gültigkeit von Aussagen verstanden.

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Modalität (von »modus«): Art und Weise des Seins und Gedachtwerdens; Art und Weise des Urteils (»modale Urteile«, »Modalitätsurteil«), Art der Gewißheit desselben, wonach es assertorisch, problematisch oder apodiktisch (s. d.) (KANT) ist. - HELMHOLTZ unterscheidet von der Qualität (s. d.) die Modalität der Empfindungen (s. d.) (Vortr. u. Red. II4, 219, 299). Die Modalität des Urteils berücksichtigt schon ARISTOTELES: pasa protasis estin ê tou hyparchein ê tou ex anankês hyparchein ê tou endechesthai hyparchein (Anal. pr. I 2, 24b 31; De interpret. 12 squ.).

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- Die älteren Logiker unterscheiden von den »absoluten« Sätzen die »propositiones modales« (W. HAMILTON, Lect. on Met. and Log. III, XIV, p. 256 ff.). KANT sieht in den Modalitätsbegriffen (Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, s. d.) apriorische Kategorien (s. d.). Sie haben das Besondere an sich: »das sie den Begriff, dem sie als Prädikate beigefügt werden, als Bestimmung des Objekts nicht im mindesten vermehren, sondern nur das Verhältnis zum Erkenntnisvermögen ausdrücken« (Krit. d. r. Vern. S. 202). Daher sind die »Grundsätze der Modalität« »nichts weiter als Erklärungen der Begriffe der Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit in ihrem empirischen Gebrauche und hiermit zugleich Restrictionen aller Kategorien auf den bloß empirischen Gebrauch, ohne den transzendentalen zuzulassen und zu erlauben« (l.c. S. 203).

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Durch die Modalität wird »das Verhältnis des ganzen Urteils zum Erkenntnisvermögen« bestimmt, sie zeigt nur »die Art und Weise an, wie im. Urteile etwas behauptet oder verneinet wird« (Log. S. 169). »Die Modalität der Urteile ist eine ganz besondere Funktion derselben, die das Unterscheidende an sich hat, daß sie nichts zum Inhalte des Urteils beiträgt..., sondern nur den Wert der Copula in Beziehung auf das Denken überhaupt angeht. Problematische Urteile sind solche, wo man das Bejahen oder Verneinen als bloß möglich (beliebig) annimmt; assertorische da es als wirklich (wahr) betrachtet wird; apodiktische, in denen man es als notwendig ansieht« (Krit. d. r. Vern. S. 92).

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FRIES erklärt: »Die Modalität der Urteile besteht in ihrem Verhältnis zur erkennenden Tätigkeit des Gemütes« (Syst. d. Log. S. 155). KRUG bestimmt: »In Ansehung der Modalität als eines subjektiven Verhältnisses der Begriffe lassen sich dieselben teils als bloß mögliche, teils als wirkliche schlechtweg, teils als in ihrer Wirklichkeit notwendige Denkarte betrachten« (Handb. d. Philos. I, 148). »Die Modalität des Urteils (modus cogitandi indicii) ist ein durchaus subiectives Verhältnis, in welchem das ganze Urteil zum Denkvermögen selber steht« (l.c. S. 160).

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Nach ESCHENMAYER ist die Kategorie der Modalität nicht eigentliche Kategorie. »Die Glieder derselben bringen keine formale Bestimmung in die innere Natur des Denkens, sondern sind lediglich subjektive Beziehungen der Erkenntnis zum Erkannten« (Psychol. S. 305). Sie hat ihren Ursprung »aus dem Grundgesetz des Selbstbewußtseins«. »Was zum reinen Wissen, zum Noumenon gehört, liegt im Gebiet des Notwendigen. Was zum materiellen Sein, zum Phänomen gehört, liegt im Gebiet des Wirklichen. In der Mitte zwischen beiden liegt daß Reich der Möglichkeiten - da, wo das Selbst als eine unbestimmbar veränderliche Größe = x sich darstellt« (l.c. S. 307). Gegen die Annahme einer Modalität der Begriffe erklärt sich u. a. BACHMANN: »Was gar nicht gedacht wird, ist auch kein Begriff. Nun soll ein Begriff A möglich sein, wenn er gedacht werden kann, d. i. seine Merkmale keinen Widerspruch enthalten. Daß aber die Merkmale desselben keinen Widerspruch enthalten, kann man nur dadurch wissen, daß man eben den Begriff denkt; denkt man aber dies, daß die Merkmale in A sich nicht widersprechen, so denkt man eben A, mithin ißt er dann auch ein wirklicher Denkart« (Syst. d. Log. S. 115).

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CHALYBAEUS bestimmt die »Modalkategorien« als formale Begriffe des Verhältnisses der logischen zur ontologischen Sphäre (Wissenschaftslehre S. 224 f.). - Nach WUNDT ist es unzulässig, die drei Modalitätsformen als Grade einer aufsteigenden Gewißheit anzusehen. »Apodiktisches und assertorisches Urteil stehen sich in dieser Beziehung vollständig gleich: beide unterscheiden sich als Ausdrucksformen der Gewißheit von dem problematischen Urteil. Hinwiederum steht das assertorische Urteil als der einzig mögliche Ausdruck tatsächlicher Gewißheit dem problematischen und apodiktischen gegenüber, in welche im allgemeinen nur die Resultate von Schlußfolgerungen gekleidet werden können« (Log. I, 199).

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Nach B. ERDMANN sind die »Geltungsurteile der Modalität« durch »Urteile über Urteile oder Beurteilungen gegeben« (Log. I, 370 f.). Nach HEYMANS ist die Modalität von der Quantität und Qualität der Urteile nur sprachlich unterschieden (Ges. u. Elem. d. wiss. Denk. S. 52 f.). SCHUPPE bemerkt: »Die Urteile der Relation... und die der Modalität... unterscheiden sich eigentlich gar nicht. Die apodiktischen und problematischen Urteile können nicht auf die (psychologisch zu erklärende) subjektive Gewißheit oder Ungewißheit des Urteilenden gedeutet werden. In der Sache aber ist immer, auch wenn nur Möglichkeit ausgesagt wird, eine Notwendigkeit vorhanden, ohne welche überhaupt der Sinn der Urteilseinheit fehlen würde. Diese Urteile unterscheiden sich nicht als Urteile, sondern nur inhaltlich« (Log. S. 95). Vgl. SIGWART, Log. I2, 44, 125, 129 ff., 282, 439.

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Die Modallogik befasst sich ursprünglich mit dem real Seienden: alethische Modalität (von griechisch alētheia ‘Wahrheit’). Es wurden verschiedene Systeme geschaffen, indem den Junktoren der Aussagenlogik Modaloperatoren hinzugefügt wurden. Die traditionelle Modallogik befasst sich ausschließlich mit der auf die Tatsächlichkeit bezogene alethische Modalität, d. h. der logischen Notwendigkeit ( bzw. nec) und der logischen Möglichkeit ( bzw. poss). Die Aussage ‚nec (9 7)‘ ist zu lesen als ‚es ist notwendigerweise wahr, dass 9 größer als 7 ist‘.

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Die Modaloperatoren sind durch gegenseitige Definierbarkeit charakterisiert; d. h. der eine Operator lässt sich mit Hilfe der Negation durch den anderen definieren:

p p, verkürzt zu lesen als: ‘es ist notwendig, dass p = es ist nicht möglich, dass nicht p‘

p p, ‘es ist möglich, dass p = es ist nicht notwendig, dass nicht p’

p steht für die Proposition, für die Negation und für logische Äquivalenz.

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Einzelne logische Beschreibungssysteme unterscheiden sich darin, ob (nec) oder (pos) als Basis angenommen wird. Bezieht sich die Negation auf den Modaloperator, spricht man von äußerer Negation. Wird hingegen p negiert, liegt innere Negation vor:

Poln. Nie może przyjść . ‚Er kann nicht kommen‘ (äußere Negation)

Poln. Może nie przyjść. ‚Er braucht nicht zu kommen‘(innere Negation)

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Neben der oben gezeigten Äquivalenz zwischen und über die doppelte Negation, wirkt eine weitere über den Wechsel von innerer und äußerer Negation.

p p, ‘es ist möglich, dass nicht p = es ist nicht notwendig, dass p’

p p ‘es ist nicht möglich, dass p = es ist notwendig, dass nicht p’

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Somit lässt sich jede Aussage logisch auf zwei Arten darstellen, einmal möglichkeits- und einmal notwendigkeitsbasiert:

p p p p p p p p

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und können logisch durch die Anwendung des Existenzoperators und des Alloperators sowie des Begriffs der möglichen Welt erklärt werden. Im Sinne von Lyons (1977:166) lässt sich ‚mögliche Welt‘ verstehen als die Gesamtheit der Sachverhaltsbeschreibungen des Universums. Es liegt eine logisch mögliche Proposition ( p) vor, wenn es im Universum mindestens eine Sachverhaltsbeschreibung gibt, in der die Proposition wahr ist (Existenzoperator). Von einer logisch notwendigen Proposition ( p) spricht man, wenn die Proposition in allen Sachverhaltsbeschreibungen wahr ist (Alloperator).

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In vielen slavistischen Beschreibungen der Modalität (z. B. Weiss 1987, Rytel 1982, Ligara 1997, Bulygina/Šmelev 1997) wird die Konzeption von Lyons (1977) verwendet, der die Modallogik für linguistische Fragestellungen fasst. Lyons hebt folgende drei Typen der Modalität hervor:

Alethisch (= dynamisch): Modalität der Wahrheit von Propositionen,

Epistemisch: Modalität des Wissens und Glaubens (griechisch epistēmē ‘Wissen’),

Deontisch: Modalität der Verpflichtung und Erlaubnis (griechisch tò déon “das Schickliche”).

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Die alethische Modalität wird auch als objektiv bezeichnet, da der Sprecher lediglich als Informator auftritt und nicht in die Zuweisung des Modalstatus involviert ist. Ob eine Proposition als notwendig oder möglich klassifiziert wird, hängt also von äußeren Bedingungen und nicht vom Sprecher ab:

Dt. Die Tür war ins Schloss gefallen. Klaus musste den Schlüsseldienst holen.

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Wie sich die Epistemologie, auch Erkenntnistheorie genannt, mit der Art und der Herkunft von Wissen beschäftigt, so betrifft die epistemische Modalität die logische Struktur von Aussagen, in denen implizit oder explizit die Information enthalten ist, der Sprecher (S) wisse oder glaube p . Es handelt sich um den Bereich der Überzeugungen des Sprechers, der zum Ausdruck bringt, ob die Proposition seiner Meinung nach mit der Realität übereinstimmt bzw. ob er daran zweifelt. Explizite Marker sind Verben des Typs glauben, vermuten, bezweifen u. Ä. In vielen Sprachen können Modalverben epistemisch gebraucht werden, vgl.:

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dt. Klaus muss den Schlüsseldienst geholt haben.

Der Terminus deontisch wird in der Logik von Verpflichtung und Erlaubnis verwendet. Deontische Modalität betrifft die Notwendigkeit und Möglichkeit von Handlungen, die von moralisch verantwortlichen Handelnden ausgeführt werden – ein Bereich, der traditionell in der Ethik behandelt wurde. Während die Wahrheitsbedingungen bei den anderen Modalitäten eine zentrale Rolle spielen, sind sie hier eher peripher, da es um zukünftige Handlungen geht, zu denen die Handelnden gedrängt werden.

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Für die deontische Modalität ist charakteristisch, dass die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit auf eine Quelle zurückzuführen ist. Bei dieser deontischen Quelle kann es sich um explizit ausformulierte moralische oder juristische Prinzipien handeln.

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Literatur:

Altmann, H. 1987. Zur Problematik der Konstitution von Satzmodi als Funktionstypen. In : Meibauer, J. (1987) (ed.). Satzmodus zwischen Grammatik und Pragmatik. Linguistische Arbeiten 180, Tübingen : Niemeyer, S. 22-52. Altmann, H. 1993. Satzmodus. In : Jacobs, J./von Stechow, A./Sternefeld, W./Venneman, T. (eds.). Syntax. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Band 9.1, Berlin, New York, 1007-1029. Bally, Charles. 1942. Syntaxe de la modalité explicite. Cahiers F. de Saussure 2. Bartschat, B. 1982. Die linguistische Semantik und Pragmatik der Aufforderung. Mit einem wissenschaftshistorischen Überblick über Erklärungsversuche seit dem 19. Jahrhundert. Habilitationsschrift. Universität Leipzig.

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Literatur:

Běličová, H. 1983. Modální báze jednoduché věty a souvěty (K porovnávací syntaxi češtiny a ruštiny). Praha. Benešová, E. 1971. Syntax slovesné modality. Klasifikace sémantických jednotek slovesné modality. Panevová, J. / Benešová, E./Sgall, P. (eds.), Čas a modalita v češtině. Praha, 97- 143. Besters-Dilger, J. 1996. Modalität und Negation (am Beispiel des Russischen). Wiener Slavistisches Jahrbuch 42, 7-31.

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Literatur:

Bondarko, A.V. (red.). 1990. Teorija funkcional’noj grammatiki. Temporal’nost’. Modal’nost’. Leningrad (TFG). Bybee, J./Perkins R./Pagliuca, W. 1994. The evolution of grammar. Tense, aspect, and modality in the languages of the world. Chicago. Caha, Pavel/Karlík, Petr. 2005. Where does modality come from? In: Hansen, B./Karlík, P. (eds.) Modality in Slavonic Languages. München. (Slavolinguistica, 6), 61-72. De Haan, F. 1997. The interaction of negation and modality. A typological study. New York.

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Literatur:

Diewald, G. 1997. Die Modalverben im Deutschen. Grammatikalisierung und Polyfunktionalität. Tübingen. Hansen, Björn. 2001. Das slavische Modalauxiliar. Semantik und Grammatikalisierung im Russischen, Polnischen, Serbischen/Kroatischen und Altkirchenslavischen. München. (Slavolinguistica, 2). Jachnow, H. et al. (eds.). 1994. Modalität und Modus. Allgemeine Fragen und Realisierung im Slavischen. Wiesbaden.

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Literatur:

Kosta, Peter. 2002. Negace a větná struktura v češtině. In: Hladká, Z. eds. Čeština – univerzália a specifika 3, Praha: Nakladatelství Lidové noviny, 117-138. Kosta, Peter. 2003. Negation and Adverbs in Czech. In: Kosta, Peter, et al. (eds.), Investigations into Formal Slavic Linguistics. Contributions of the Fourth European Conference on Formal Description of Slavic Languages – FDSL IV. Held at the Potsdam University, November 28-30, 2001, Frankfurt am Main u.a.:Peter Lang Verlag, 601-616. (Linguistik International Band 10.1-2).

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Zimmermann, Else. (in Vorb.): Satzmodus, in: Berger, Tilman, Gutschmidt, Karl, Kempgen, Sebastian, Kosta, Peter (eds.). In print. Slavische Sprachen/Slavic languages. Ein internationales Handbuch zu ihrer Struktur, Geschichte und Erforschung. An International Handbook on their structure, history and research. Berlin, New York: Mouton de Gruyter.