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1. Allgemeine Definition von Modalität:

• „Semantische Kategorie, die die Stellungnahme des Sprechers zur Geltung des Sachverhalts auf den sich die Aussage bezieht, ausdrückt“

• Bsp.: „Ich arbeite“ (Aussage)– „Ich habe zu arbeiten“ (Stellungnahme des Sprechers

zum Sachverhalt im Sinne von „müssen“, Notwendigkeit)– Modalität bezieht sich nicht nur auf die Modusformen des

Verbs (Indikativ, Konjunktiv, Imperativ), sondern auch auf kontextuelle Bezüge innerhalb eines Satzes und die verschiedenen Satztypen Behauptung, Frage, Aufforderung

• Bsp: „Die Preise sind gestiegen“ (Aufforderung)• „Ob ihm etwas zugestoßen ist?“ (Frage)• „Du kommst jetzt sofort hierher“, „Alle mal herhören“

(Aufforderung)

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2. Mittel der modalen Aussage:• Modus• Modalsystem

2.1 Modus: • Als Modi werden die verschiedenen Aussageweisen des

Verbs bezeichnet• Sie drücken die Einstellung des Sprechers zu dem von der

Aussage bezeichneten Sachverhalt aus– Indikativ (neutrale Kategorie)

• Bsp.: Julia va al cinema– Julia geht ins Kino

– Konjunktiv (zum Ausdruck irrealer Sachverhalte)• Bsp.: Non l’avessi mai detto

– Hätte ich es doch nie gesagt (unerfüllbarer Wunsch)– Imperativ (Modus der Aufforderung)

• Bsp.: venite qui!– Kommt hierher! (Handlungsaufforderung)

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2.2 Modalsystem:

• 2.2.1 Satzadverbien:– Sind entweder auf den Realitätsgrad der Aussage

bezogen (hoffentlich, vermutlich, möglicherweise)

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• Oder auf emotionale Aspekte der Aussage bezogen (glücklicherweise, gottlob, leider)

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2.2.2 Modalpartikel:• Im Deutschen: ja, doch, denn, aber, nur u.a.m.• Nicht genau bestimmbar, weil sie auch in anderen

Funktionen vorkommen• Beziehen sich auf die Einstellung der

Kommunikationsteilnehmer zu der vom Satz ausgedrückten Behauptung– Vgl. Petra ist verheiratet - Petra ist ja verheiratet

• Charakteristisch für die Modalpartikel: sind nicht betont, stehen vor dem Fokus

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2.2.3 Modalverben:

• Im Dt.: können, dürfen, mögen, müssen, sollen, wollen in Verbindung mit einem Infinitiv

• Zwei Funktionen:1) Spezifizierung des Verhältnisses zwischen dem

Subjekt und dem Verbalvorgang– Hierbei Unterscheidung in:– „Vermutung“

• Bsp.: „Sie dürfte/ könnte Recht behalten“

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– „Erlaubnis“• Bsp.: „Sie kann/darf gehen“

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– „Notwendigkeit“• Bsp.: „Sie muss bleiben“

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2) Drücken subjektive Einschätzung des Sprechers aus Umschreiben dabei die Modusformen des Verbs

• Vgl.: Schlafe! - Du sollst schlafen!

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2.2.4 Umschreibung mit „würde“ und der Konstruktion mit haben und sein in Kombination mit einem Infinitiv

• Bsp. Für haben und sein mit Infinitiv: „Ich habe zu arbeiten“

• „Dieser Aufsatz ist abzutippen“

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3. Bedeutung der modalen Aussage:

3.1 Drei Hauptkategorien:• Deontische Modalität• Dynamische Modalität• Epistemische Modalität

• Innerhalb dieser 3 Hauptkategorien Unterteilung der Bedeutung der Aussagen in Möglichkeit oder Notwendigkeit

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Bsp.:– Deontische Modalität (bezeichnet eine

Erlaubnis oder Verpflichtung)• Möglichkeit: „They may/can run very fast“

– “Sie dürfen/ können sehr schnell rennen”

• Notwendigkeit: „They must come in now“– “Sie müssen jetzt reinkommen”

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Dynamische Modalität (bezeichnet eine Fähigkeit oder das Vermögen etw. zu tun)– Möglichkeit: „They can run very fast“

• “Sie können sehr schnell rennen”

– Notwendigkeit: „I will help you“• „Ich werde dir helfen“

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• Epistemische Modalität (bezeichnet eine Vermutung oder Schlussfolgerung)– Möglichkeit: “They may be in the office”

• „Sie könnten im Büro sein“

– Notwendigkeit: „They must be in the office“• “Sie müssten im Büro sein”

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3.2 Zwei Hauptkategorien:• Grundbedeutungen („root modality“)

– Darin sind dann meist die Bedeutungen deontischer und dynamischer modaler Aussagen zusammengefasst, also Verpflichtung, Erlaubnis, Fähigkeit

• Und epistemischer Bedeutung– Darin sind Schlussfolgerung,

Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit enthalten

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3.3 Ansatz von Johan van der Auwera und Vladimir A. Plungian:

– „Teilnehmer-interne Modalität“• Möglichkeit oder Notwendigkeit innerhalb eines

Teilnehmers, der in eine Situation involviert ist– John can get by with sleeping five hours a night

Möglichkeit/ Fähigkeit des Teilnehmers

– John needs to sleep ten hors every night for him to function properly

Notwendigkeit: inneres Bedürfnis des Teilnehmers

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„Teilnehmer-externe Modalität“• Bezieht sich auf Umstände, die außerhalb des

Teilnehmers liegen, der in eine Situation involviert ist

• Die Umstände machen die Situation entweder möglich oder notwendig– To get to the station, you can take bus 66

Bus Nr.66 ist nur eine Möglichkeit, um zum Bahnhof zu kommen

– To get to the station you have to take bus 66Bus Nr. 66 ist einziges Transportmittel, um zum

Bahnhof zu kommen; Mit dem Bus 66 zu fahren ist eine Notwendigkeit

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„Deontische Modalität“• Spezialfall von „Teilnehmer-externer Modalität“• Bezeichnet ermöglichende oder zwingende

Umstände, die außerhalb des Teilnehmers liegen• Umstände als Normen die durch Personen

vorgegeben werden oder moralischer bzw. ethischer Natur sind und dem Teilnehmer erlauben oder ihn zwingen, sich in die Situation zu involvieren– John may leave now– Möglichkeit

Autoritätsperson für die das Gehen von John möglich ist = Erlaubnis

– John must leave now– Notwendigkeit

soweit es z.B die Autoritätsperson betrifft ist John’sGehen notwendig

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„Epistemische Modalität“• Betrifft ein Urteil des Sprechers• Eine Behauptung wird als unsicher oder

wahrscheinlich im Bezug auf andere Urteile eingestuft– Möglichkeit: John may have arrived

Sprecher stellt John’s Ankunft als unsicher in Relation zu einem anderen Urteil (z.B. dem Urteil, dass John unzuverlässig ist)Johns Ankunft wird also als möglich

angesehenUnsicherheit = epistemische Möglichkeit

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• Notwendigkeit: John must have arrivedSprecher stellt Johns Ankunft als

wahrscheinlich in Relation zu anderen Urteilen dar (z.B. dem Urteil, dass John, wenn er mit dem Fahrrad kommt, das Fahrrad am Baum festgekettet und dem Glauben, dass das Fahrrad in diesem Moment tatsächlich am Baum festgekettet ist)Sicherheit und Wahrscheinlichkeit zählen

also zu epistemischer Notwendigkeit

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Fokus und Fokussierung

• Fokus: Zentrum der AufmerksamkeitSätze – Satzteile – Wörter – Wortteile

• Fokussierung: Sprachliche Mittel, die einen oder mehrere Bestandteile einer Äußerung in den Fokus setzen

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Psychologischer Fokus• Etwas befindet sich im Psychologischen

Fokus, wenn die Aufmerksamkeit beider Gesprächspartner gegeben ist.

Kontrastiver Fokus• Sprecher rückt eine Konstituente in den

Vordergrund, die nicht im Aufmerksamkeitsbereich des Gesprächspartners liegt

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Semantischer Fokus• Aufteilung alte vs. neue Informationen• Linguistisch hervorgerufen durch

– (unübliche) Tonhöhe– (unübliche) Wortreihenfolge– (unübliche) Satzstruktur

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Der Semantische Fokus kann Änderung der Wahrheitsbedingungen bewirken:

• Jan schickte MIR versehentlich die Tickets.• Jan schickte mir versehentlich die TICKETS.• Jan SCHICKTE mir versehentlich die Tickets.

Intonationsverlauf kann Auswirkung auf die Wahrheitsbedingungen eines Satzes haben

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Grad der Aktiviertheit (Prager Schule)(1) I saw two young PEOPLE there.(2) He KISSED her.(3) I recognized only HIM

1 2: Verb in den Fokus.Personen bereits im stock of shared knowledge1 3: PräzisierungTeil des ganzen rückt in den (neuen) Fokus

Neu Aktiviertes Element im Folgenden Verlauf nicht mehr erwähnt:Wahrscheinlichkeit d. Neuaktivierung sinkt

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Vorliegen mehr als eines Satzakzentes

• Komplexer Fokus (nur ein Fokusoperator)– Jan kannte nur WILHELM und SUSANNE

• Multipler Fokus (mehrere Fokusoperatoren)– Selbst JAN trank nur WASSER

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• Sparsame Dialoge in Comics erfordern knappe Zusammenfassungen und Fokusketten– Oft anders als gesprochene Sprache

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Praktische Anwendungen der Forschung

• Überall, wo Inhalte zwischen gesprochener Sprache und Geschriebenem Text wechseln– Vorbeugung von Informationsverlust– Beispiele:

• Text Sprache: Automatische Sprachsysteme (Telefon, Navigation, EDV-Interface)

• Sprache Text: Spracherkennungssoftware

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Fokussierung im Comic

• Problem: – Sprachebene: Fokussierung in der Sprache

muss im Comic anders dargestellt werden– Bildebene: Fokussierung durch Bewegung /

Zoom kann nur angedeutet werden• „Optischer Fokus“ im Film („Scharfstellen“) kann

auch nur angedeutet werden.

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Fokussierung einzelner Wörter durch Schriftbild

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Schnelle Umfokussierung innerhalb von Sprechblasen

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Fokussierung von Teilen eines Bildes durch Aufmerksamkeit erregende Elemente

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Fokussierungdurch Rahmen

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Fokussierung durch Zoom

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Fokussierung durch Blickwinkel

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