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Das R/3-System 51 3 Das R/3-System 3.1 Einleitung Im folgenden Kapitel wird die Funktionalität des betriebswirtschaftlichen Anwendungs- systems R/3 der SAP AG dargestellt. Der erste Teil dieses Kapitels beschreibt die Ge- schichte, die Unternehmensstrategie und die Marktstellung der SAP AG. Im zweiten Teil des Kapitels werden die grundlegenden Organisationsstrukturen, die Hauptanwen- dungsbereiche und die Architektur des R/3-Systems dargestellt. Die Beschreibung des R/3-Systems basiert auf der Funktionalität des 1998 auf dem Markt verfügbar geworde- nen Release 4.0. Die ausführliche Darstellung der betriebswirtschaftlichen Funktionalität dient der Ver- deutlichung der im vorangehenden Kapitel genannten Vor- und Nachteile von Enterpri- se Management Systemen. Insbesondere soll dadurch ein Verständnis für die Funktions- vielfalt, den hohen Integrationsgrad und die damit verbundene Komplexität eines sol- chen Systems geschaffen werden. Gleichzeitig stellt dieses Kapitel die Wissensgrundlage für die in den folgenden Kapiteln behandelten Themenbereiche (Einführung von EMS und Erfahrungen mit der Einfüh- rung von EMS) dar.

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3 Das R/3-System

3.1 Einleitung

Im folgenden Kapitel wird die Funktionalität des betriebswirtschaftlichen Anwendungs-

systems R/3 der SAP AG dargestellt. Der erste Teil dieses Kapitels beschreibt die Ge-

schichte, die Unternehmensstrategie und die Marktstellung der SAP AG. Im zweiten Teil

des Kapitels werden die grundlegenden Organisationsstrukturen, die Hauptanwen-

dungsbereiche und die Architektur des R/3-Systems dargestellt. Die Beschreibung des

R/3-Systems basiert auf der Funktionalität des 1998 auf dem Markt verfügbar geworde-

nen Release 4.0.

Die ausführliche Darstellung der betriebswirtschaftlichen Funktionalität dient der Ver-

deutlichung der im vorangehenden Kapitel genannten Vor- und Nachteile von Enterpri-

se Management Systemen. Insbesondere soll dadurch ein Verständnis für die Funktions-

vielfalt, den hohen Integrationsgrad und die damit verbundene Komplexität eines sol-

chen Systems geschaffen werden.

Gleichzeitig stellt dieses Kapitel die Wissensgrundlage für die in den folgenden Kapiteln

behandelten Themenbereiche (Einführung von EMS und Erfahrungen mit der Einfüh-

rung von EMS) dar.

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3.2 Unternehmensprofil der SAP AG

3.2.1 Geschichte

SAP wurde 1972 von 4 ehemaligen IBM-Technikern gegründet. Das Unternehmen,

welches anfänglich unter dem Namen "Systemanalyse und Programmentwicklung" exi-

stierte, wurde 1977 in die SAP GmbH (SAP = Systeme, Anwendungen und Produkte in

der Datenverarbeitung) mit Firmensitz in Walldorf umgewandelt. 1988 erfolgte eine

nochmalige Änderung der Rechtsform in eine börsennotierte Aktiengesellschaft. 1993

wurde die SAP-Aktie sogar mit einem Gewicht von 0.94 Prozentpunkten in den Deut-

schen Aktienindex (DAX 100) und in den FAZ-Index einbezogen. Seit Mitte 1994 ist die

SAP-Aktie auch im integrierten Börsenhandels- und Informationssystem (IBIS) vertreten

und kann dadurch auch international gehandelt werden. Die wichtigsten Meilensteine

des Unternehmens können Abb. 3-1 entnommen werden.

Jahr Ereignis

1972 Gründung der SAP unter dem Namen "Systemanalyse und Programmentwicklung"

Ab 1973 Stufenweise Entwicklung und Einführung verschiedener Module einer betriebswirt-schaftlichen Gesamtlösung

1976 Umwandlung in die SAP GmbH mit Sitz in Walldorf (D)

1979 Markteinführung des R/2-Systems

1984 Gründung der Holdinggesellschaft SAP (International) AG mit Sitz in Biel/CH (Zweck:Errichtung eines Netzes von Landesgesellschaften)

1987 Entwicklungsbeginn von R/3

1988 Umwandlung in eine AG mit Börsennotierung

1992 Integration der Holdinggesellschaft in die SAP AG

1992 Einführung des R/3-Systems (Release 1.0)

Ab 1989 Gründung von und Beteiligung an verschiedenen Gesellschaften

1994 SAP durchbricht die 1'000 Mio USD Umsatzgrenze

1996 SAP wird zum viertgrössten unabhängigen Softwarehersteller

Abb. 3-1: Entstehungsgeschichte der SAP AG.

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3.2.2 Unternehmensstrategie

Von Anfang an wurde die Idee verfolgt, Standardsoftware für betriebliche Abläufe zu

entwickeln. Dabei standen vor allem folgende Aspekte im Vordergrund:

• Branchenneutralität (durch Customizing individuell anpassbar)

• Internationale Einsetzbarkeit (rechtliche Anforderungen, Sprach- und Währungs-

unabhängigkeit)

• Vollständige funktionale Integration aller betrieblichen Bereiche

• Modularer Aufbau

• Zentrale Datenhaltung

• Einheitliche Benutzeroberfläche

• Offene Systemarchitektur

• Hardwareunabhängigkeit durch klare Trennung von Basis- und betriebswirtschaftli-

chen Anwendungen

Mittlerweile ist die SAP zu einem der grössten Softwarehäuser der Welt herangewach-

sen. Lange Zeit stand der deutsche Markt im Zentrum der Aktivitäten. Durch die Inter-

nationalisierung der Anwendungssoftware hat die SAP ihren Absatzmarkt zunehmend

ausgedehnt. Das Unternehmen ist heute in über 50 Ländern auf sämtlichen Kontinenten

der Welt vertreten. Der nordamerikanische Markt zählt aufgrund des zu erwartenden

Wachstumspotentials zu den Schlüsselmärkten.

Der technologische Vorsprung ist vor allem auf das hohe Forschungs- und Entwick-

lungsbudget zurückzuführen, welches gegen 20% des Umsatzes ausmacht. Hinzu

kommt, dass in den Entwicklungszentren in Deutschland, Japan und den Vereinigten

Staaten (verschiedene Zeitzonen) rund um die Uhr entwickelt werden kann.

Mit dem Release 4.0 deckt das R/3-System über 1'000 verschiedene betriebliche Ge-

schäftsprozesse ab. Mit dieser Funktionsvielfalt können praktisch sämtliche Informati-

onsbedürfnisse moderner Industriebetriebe abgedeckt werden. Zusätzlich vermindert

der hohe Integrationsgrad der einzelnen Funktionen die Datenredundanz und verein-

facht gleichzeitig die Abwicklung der betrieblichen Prozesse. Die im R/3-System vor-

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handenen Prozesse können dabei als Referenzprozesse (Best Practice in Business) be-

trachtet werden und bieten die ideale Grundlage für Business Reengineering-Projekte.

Dem Aspekt der kundengerechten Lösungen trägt die SAP vor allem durch lange Tra-

dition mit strategischen Partnerschaften Rechnung. Mit Hilfe dieser Partnerschaften

kann die Integration zu anderen Systemen erweitert werden. Zusätzlich wird indirekt

die Offenheit des Systems gefördert und erfolgversprechende neue Technologien kön-

nen innert kürzester Zeit in das R/3-System integriert werden. Der geregelte Erfahrungs-

austausch ermöglicht gleichzeitig eine bessere Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse

bei der Entwicklung des R/3-Systems.

3.2.3 Produkte

SAP bietet auf dem Markt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware 2 Produktelinien

an. Für Grossrechneranwendungen ist das funktionsorientierte R/2-System (R steht für

Realtime) und für offene Architekturen (Client/Server) das eher prozessorientierte R/3-

System vorgesehen. Die beiden Systeme unterstützen folgende Hauptanwendungsge-

biete:

• Rechnungswesen

• Logistik (Beschaffung-, Produktions- und Vertriebslogistik)

• Personalwirtschaft.

SAP R/2

Das R/2-System kam 1979 auf den Markt. Es verfügt über eine funktionale Gliederung

und eignet sich speziell für grosse, zentralistisch organisierte Unternehmen mit einer

hostbasierten Datenverarbeitung und einem hohen Transaktionsvolumen. Die grössten

Installationen ermöglichen bis zu 4'000 Endbenutzern einen gleichzeitigen Zugriff auf

die betrieblichen Daten. Das R/2-System wurde seit 1973 kontinuierlich weiter-

entwickelt und hat mit dem Release 6.0 seine endgültige Version erreicht. Das Produkt

soll allerdings noch über die Jahrtausendwende hinaus aktualisiert und um neue Funk-

tionen erweitert werden.

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SAP R/3

Parallel zur Entwicklung des R/2-Systems wurde 1985 mit der Entwicklung des R/3-

Systems begonnen. R/3 stellt dabei eine konsequente Weiterentwicklung des R/2-

Systems dar und wurde primär für den Client/Server-Markt konzipiert. Mit dem Release

3.0 hatte R/3 ungefähr den gleichen Funktionsumfang erreicht, wie das R/2-System zum

Releasestand 5.0. Da sich SAP bei der Weiterentwicklung primär auf das R/3-System

konzentrieren wird, stellt dies auch den Standard-Migrationspfad für den Umstieg von

R/2 auf R/3 dar. Entgegen allen Gerüchten114, dass zum heutigen Zeitpunkt bereits an

der Entwicklung eines Nachfolgesystems gearbeitet wird, stellt SAP in Aussicht, dass R/3

weit über die Jahrtausendwende hinaus produktiv genutzt werden kann.115 Eine Weiter-

entwicklung soll evolutionär stattfinden und neben der Erweiterung der betriebswirt-

schaftlichen Funktionalität soll R/3 zunehmend für den Betrieb in unternehmensweiten

und globalen Netzen116 (Internet und Corporate Intranets) ausgerüstet werden.

114 Vgl. Cameron et. al. (1996).115 Vgl. NN (1996a), S. 4.116 Vgl. Bartholomew (1996a), S. 22.

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3.2.4 Partnerkonzept

Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Marktposition nur mit Hilfe von strategi-

schen Allianzen erhalten und gestärkt werden kann. Durch entsprechende Kooperatio-

nen können Ressourcen gemeinsam verwendet und damit Zeit und Kosten eingespart

werden. Erfolgreiche Allianzen beruhen dabei auf den besonderen Fähigkeiten der

Partner und ermöglichen es durch Ausnutzung der eintretenden Synergieeffekte Wett-

bewerbsvorteile zu erzielen. Aus diesem Grund hat die SAP ein Partnerkonzept entwik-

kelt, welches diese Vorteile voll zum Tragen bringen soll. Dabei werden verschiedene

Arten von Partnern unterschieden (Abb. 3-2).

Logo-partner

Technologie-partner

Hardware-partner

INFORMIX

ORACLE

iXOS

MICROSOFTSOFTWARE AG

APPLE

HPIBM

SUN

DIGITAL

BULL

SNI

AT&T

COMPAQ

SEQUENT DATA GENERAL

IBM

Vertriebs-und Entwicklungs-

partner

Abb. 3-2: Das Vertriebskonzept der SAP AG.

Die Vertriebs- und Entwicklungspartner bieten ergänzende Produkte zu R/3 an. Diese

Systeme weisen eine zertifizierte Schnittstelle zu R/3 auf. Einige Beispiele sind:

• Archivierungssysteme

• CAD-Systeme

• Geographische Informationssysteme

• Mobile Datenerfassungssysteme.

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Die Beratungspartner (Logopartner) unterstützen R/3-Anwender bei der Implemen-

tierung und Schulung des Systems. Es werden dabei je nach Grösse und Marktabdek-

kung des Unternehmens folgende Arten unterschieden:

• Globale R/3-Logopartner

• Regionale R/3-Logopartner

• Nationale R/3-Logopartner

• R/3-Implementierungspartner.

Als offenes System basiert R/3 auf verschiedenen Betriebssystemen und unterstützt

mehrere Datenbanken und graphische Benutzeroberflächen. Zur Förderung der Kom-

munikation mit den Herstellern dieser komplementären Softwarekomponenten, hat SAP

diese Beziehungen institutionalisiert. Der Hauptzweck besteht im Austausch von Infor-

mationen zu neuen Funktionen und Produkten. Dabei wird zwischen Technologie- und

Plattform-Partnern unterschieden. Als Technologie-Partner gelten die Hersteller der

Datenbanken (z.B. Oracle oder Informix) und der graphischen Benutzeroberflächen

(z.B. Microsoft, Apple oder IBM).

Die Plattform-Partner sind meist mit einem Competence Center bei SAP in Walldorf

vertreten und stellen die Kommunikation zu den Hardware-Herstellern sicher. Dabei

geht es darum, das R/3-System optimal an die verschiedenen Betriebssystemplattformen

anzupassen, resp. diese Plattformen für den produktive Gebrauch zu zertifizieren. Einige

dieser Plattform-Partner sind DEC, HP oder IBM.

Ein Value Added Reseller (dt. R/3-Systemhaus) zeichnet sich dadurch aus, dass er über

Ressourcen für den Verkauf, die Beratung, die Schulung und den Support verfügt. Zu-

sätzlich besitzt er ein eigenes Produkt, welches R/3 ergänzt. In dieser Eigenschaft unter-

stützt er in Zusammenarbeit mit anderen Beratungspartnern vor allem mittelständische

Unternehmen bei der Einführung von R/3.

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3.3 Hauptanwendungsbereiche des R/3-Systems

3.3.1 Überblick

Das R/3-System deckt einen Grossteil der von Unternehmen verschiedener Branchen

benötigten betriebswirtschaftlichen Funktionen ab. Auf organisatorischer Ebene können

im R/3-System sowohl einzelne Unternehmensbereiche (z.B. die Vertriebsorganisation)

als auch ganze Konzerne mit einer Vielzahl von Tochtergesellschaften abgebildet wer-

den.

Der Aufbau des R/3-Systems ist grundsätzlich funktionsorientiert und richtet sich nach

den allgemein üblichen Hauptanwendungsbereichen Rechnungswesen, Logistik und

Personalwesen. Unter diesen sind die einzelnen Module (z.B. Materialwirtschaft, Ver-

trieb oder Instandhaltung) angesiedelt. Neben den eigentlichen Hauptanwendungsbe-

reichen werden alle übergreifenden Applikationen (z.B. Branchenlösungen) und das

Basissystem in separaten Anwendungsbereichen geführt. Dies ergibt folgende Grund-

gliederung für das R/3-System:117

• Rechnungswesen (FI, TR, CO, IM, EC)

• Logistik (LO, SD, MM, PP, QM, PM, PS)

• Personalwesen (PA, PD)

• Branchenlösungen (IS)

• Übergreifende Lösungen (CA)

• Basissystem (BC).

In Abb. 3-3 sind die einzelnen Module und in der folgenden Tabelle (vgl. Tab. 3-1) de-

ren Bedeutung und Einzelkomponenten im Detail dargestellt. Die folgenden Ausführun-

gen richten sich grundsätzlich an dieser Gliederung.

117 Auf die Bedeutung der einzelnen Modulbezeichnungen wird in Tab. 3-1 eingegangen.

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IS

CABC

FITR

COSAPR/3IM

ECPA

MMSD

PP

QMPM

PSPD

LO

Abb. 3-3: Modulgliederung des R/3-Systems.

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• • FI - Finanzwesen

− Hauptbuchhaltung

− Konsolidierung

− Kreditoren- undDebitorenbuchhaltung

− Anlagenbuchhaltung

− Spezielle Ledger

• • TR - Treasury

− Cashmanagement

− Finanzbudgetmanagement

− Treasury Management

• • CO - Controlling

− Gemeinkosten-Controlling

− Produktkosten-Controlling

− Ergebnis- undMarktsegementrechnung

− Prozesskostenrechnung

• • IM - Investitionsmanagement

− Sachinvestitionen

• • EC - Enterprise Controlling

− Profit-Center-Rechnung

− Unternehmensplanung

− Managementkonsolidierung

− Executive Information System

• • PA - Personaladministration und-abrechung

− Personaladministration

− Arbeitgeberleistungen

− Personalbeschaffung

− Zeitwirtschaft

− Leistungslohn

− Reise

− Abrechnung

• • PD - Personalplanung und-entwicklung

− Organisationsmanagement

− Personalentwicklung

− Personaleinsatz

− Veranstaltungsmanagement

− Raumbelegungsplanung

• • LO - Logistik allgmein

− Grunddaten Logistik

− Umweltdaten

− Prognose

− Variantenkonfiguration

− Änderungsdienst

− Logistikinformationssystem

• • MM - Materialwirtschaft

− Verbrauchsgesteuerte Dis-position

− Einkauf

− Bestandsführung

− Lagerverwaltung

− Rechnungsprüfung

− Informationssystem

• • SD - Vertrieb

− Verkauf

− Versand

− Transport

− Aussenhandel

− Fakturierung

− Vertriebsunterstützung

− Informationssystem

• • PP - Produktionsplanung und-steuerung

− Stücklisten, Arbeitsplätze undArbeitspläne

− Absatz- und Produktionsgrob-planung

− Produktionsplanung

− Kapazitätsplanung

− Bedarfsplanung

− Kanban

− Planung- und Steuerung beiSerienfertigung

− Montage

− ProduktionsplanungProzessindustrie

− Betriebsdatenerfassung

− Informationssystem

• • QM - Qualitätsmanagement

− Qualitätsplanung

− Qualitätsprüfung

− Qualitätslenkung

− Qualitätszeugnisse

− Qualitätsmeldungen

• • PM - Instandhaltung

− Technische Objekte

− Vorbeugende Instandhaltung

− Instandhaltungsabwicklung

− Instandhaltungsprojekte

− Service Management

− Informationssystem

• • PS - Projektmanagement

− Grunddaten

− Operative Strukturen

− Projektplanung

− Projektbudgetierung

− Projektrealisierung/Integration

− Informationssystem

• • BC - Basissystem

− Kernel-Komponenten

− Systemadministration

− Betriebssystemplattformen

− Datenbankplattformen

− Frontend-Plattformen

− ABAP/4 Development Workbench

− Business Engineering Workbench(Workflow Management)

• • CA - AnwendungsübergreifendeKomponenten

− Dokumentenverwaltung

− Klassensystem

− CAD-Integration

− ALE

• • IS - Branchenlösungen (Beispiele)

− IS-Oil (Ölverarbeitung)

− IS-Banking

− IS-Retail

− ...

Tab. 3-1: R/3-Module und deren Komponenten.

Neben der Gliederung der Funktionen in einzelne Module verfügt das R/3-System über

eine grosse Zahl verschiedener Organisationseinheiten als Grundlage für die Abbildung

der betrieblichen Ausbauorganisation. Dabei existieren einerseits grundlegende Organi-

sationseinheiten (z.B. zur Abbildung eines Konzerns), welche grundsätzlich im Rechtssy-

stem verankert sind und andererseits Organisationseinheiten zur Abbildung einzelner

Anwendungsbereiche (z.B. der Vertriebsorganisation). Diese verschiedenen Arten von

Organisationseinheiten werden im folgenden dargestellt.

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3.3.2 Organisationsstrukturen des R/3-Systems

3.3.2.1 Grundlegende Organisationseinheiten

Die Abbildung komplexer Unternehmensstrukturen wird im R/3-System durch die Exi-

stenz flexibler Organisationseinheiten sichergestellt. Das organisatorische Konzept des

R/3-Systems basiert auf einer Konzernstruktur. Diese wird durch Verknüpfung von ein-

zelnen Organisationseinheiten charakterisiert. Neben den grundlegenden organisatori-

schen Einheiten (z.B. Konzern oder Tochtergesellschaft) verfügt jeder Bereich des R/3-

Systems (Rechnungswesen, Logistik und Personalwesen) über spezifische Organisations-

einheiten.

Von der organisatorischen Gliederung ist die systemtechnische Gliederung zu unter-

scheiden. Diese ist der organisatorischen Gliederung übergeordnet hat nur einen indi-

rekten Einfluss auf die organisatorische Struktur eines Unternehmens. Die Grundeinheit

von R/3 stellt das System dar. Ein System ist eine in sich abgeschlossene Installation von

R/3 mit eigenem Datenbestand. Innerhalb eines Systems können mehrere Mandanten

angelegt werden. Diese stellen jeweils einen Konzern dar. Bei einer R/3-Einführung

werden in der Regel mehrere Mandanten (Referenzmandant118, Testmandant und Pro-

duktivmandant) gleichzeitig verwendet.

Auf organisatorischer Ebene stellt der Mandant (Konzern) das übergeordnete Element

aller Organisationseinheiten dar. Verschiedene Datenbestände (z.B. Materialstamm)

können auf Mandantenebene geführt werden. Dadurch wird eine redundante Daten-

haltung verhindert. Die einzelnen Tochtergesellschaften eines Konzerns werden Bu-

chungskreise genannt und stellen rechtlich unabhängige Gesellschaften (z.B. eine AG

oder GmbH) dar. Die Betriebsstätten oder Niederlassungen einer Gesellschaft werden

als Werke bezeichnet. Auf dieser Ebene findet die Materialdisposition und die Be-

standsführung statt.

118 Referenzmandant = voreingestellter Mandant mit einem Referenzdatenbestand (z.B. IDES-Demosystem, vgl. Kapitel 3.3.6).

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Das R/3-System

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Mandant (Konzern)

Werk

Buchungskreis

001

0001 0002

00020001 0003

Grundlegende Organisationseinheiten

Abb. 3-4: Grundlegende Organisationseinheiten des R/3-Systems.

3.3.2.2 Organisationseinheiten der Logistik

Im Bereich der Logistik (LO, SD, MM, PP, QM, PM, PS) existieren weitere Organisati-

onseinheiten, welche vorwiegend zur Strukturierung des Beschaffungs- und Vertrieb-

sprozesses dienen. In der folgenden Darstellung werden nur die wichtigsten Elemente

genannt:

• Einkaufsorganisation

• Verkaufsorganisation

• Lager.

Die Einkaufsorganisation ist den einzelnen Werken übergeordnet und dient zur zen-

tralen Beschaffung von Materialien oder Dienstleistungen. Durch die Konzentration des

Einkaufs lassen sich bessere Konditionen aushandeln und der Einkauf kann für mehrere

Werke gleichzeitig abgewickelt werden.

In einer Verkaufsorganisation wird ähnlich wie bei der Einkaufsorganisation der Ver-

kauf einer Gesellschaft zentralisiert, resp. auf die Bedürfnisse des Marktes zugeschnitten.

Einem Werk können verschiedene Lager zugeordnet werden. In diesen werden die

Materialbestände eines Werkes räumlich zusammengefasst und verwaltet.

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Mandant (Konzern)

Lager

Werk

Verkaufsorganisation

Einkaufsorganisation

Buchungskreis

Unternehmen

Lagerort

001

0001 0002

00020001 0003

1000 2000

3000 4000

0001 0002 0003 0004 0005

0001 0002 0003

100-4100-3100-2100-1

Abb. 3-5: Organisationseinheiten der Logistik.

Eine Strukturierung der dargestellten Bereiche (Einkaufs- und Verkaufsorganisation) kann

durch zusätzlich vorhandene Organisationseinheiten vorgenommen werden (z.B. Ver-

kaufsbüro, Verkäufergruppe, Vertriebsweg oder Sparte). Auf diese soll aber in diesem

Kontext nicht näher eingegangen werden.

3.3.2.3 Organisationseinheiten des Finanzwesens

Im Bereich des Finanzwesens (FI, CO, TR, EC und IM) wird grundsätzlich zwischen ei-

ner rechtlichen Organisationsstruktur und einer internen Organisationsstruktur unter-

schieden. Daneben existieren weitere Organisationseinheiten für die Zusammenfassung

bestimmter Merkmale des Finanzwesens. Folgende Organisationseinheiten dienen zur

Abbildung der rechtlichen Struktur:

• Gesellschaft

• Buchungskreis

• Kostenrechnungskreis.

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Die Gesellschaft stellt ein rechtlich selbständiges Unternehmen dar, für das nach han-

delsrechtlichen Gesichtspunkten eine Bilanz sowie ein Gewinn- und Verlustrechnung

erstellt werden kann. Dabei kann eine Gesellschaft aus einem oder mehreren Bu-

chungskreisen bestehen. Durch diese Zuordnungsmöglichkeit werden Buchungskreise

für eine gemeinsame Konzernrechnungslegung zusammengefasst.

Ein Buchungskreis ist in der Regel ebenfalls eine rechtlich selbständige Einheit

(Ausnahme: ausländische Betriebsstätte mit eigener Währung und speziellen steuer-

rechtlichen Anforderungen), für die eine abgeschlossene Buchhaltung (Bilanz, Gewinn-

und Verlustrechnung) geführt werden kann. Für jeden Mandanten können mehrere Bu-

chungskreise eingerichtet werden. Dabei muss für jeden Mandanten mindestens ein

Buchungskreis angelegt sein.

Der Kostenrechnungskreis definiert die organisatorische Einheit, für die eine eigenstän-

dige Kostenrechnung erstellt werden kann. Ein Kostenrechnungskreis entspricht entwe-

der einem Buchungskreis oder umfasst bei buchungskreisübergreifender Abrechnung

mehrere Buchungskreise. Der zweite Fall ist anzutreffen, wenn für verschiedene selb-

ständig bilanzierende Gesellschaften eine Kostenrechnung geführt wird.

Mandant (Konzern)

Buchungskreis

Kostenrechnungskreis

Kontenplan

0001

CACH CADE

CH02CH01 DE01

0002 00050001 0003 0004

Rechtliche Organisationsstruktur

Abb. 3-6: Rechtliche Organisationsstruktur des Finanzwesens.

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Folgende Organisationseinheiten dienen zur Abbildung der internen Struktur:

• Geschäftsbereich

• Kreditkontrollbereich

• Mahnbereich.

Zu Auswertungszwecken kann eine Gesellschaft in Geschäftsbereiche untergliedert

werden. Für diese können eigene Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen er-

stellt werden. Aus handelsrechtlicher Sicht hat dies jedoch keine Bedeutung; somit hat

diese Organisationseinheit nur internen Charakter. In einem Mandanten können meh-

rere Geschäftsbereiche angelegt werden. Die Kontierung der einzelnen Geschäftsberei-

che kann dabei in allen vorhandenen Buchungskreisen, d.h. buchungskreisübergreifend

erfolgen. Ein Geschäftsbereich lässt sich zusätzlich zu einem Konsolidierungsgeschäfts-

bereich zusammenfassen.

Innerhalb eines Kreditkontrollbereiches existieren einheitliche Kreditlimiten für Debi-

toren. Für die Kreditlimiten kann pro Kreditkontrollbereich eine Währung festgelegt

werden. Zu einem Kreditkontrollbereich können ein oder mehrere Buchungskreise zu-

geordnet werden. Umgekehrt kann ein Buchungskreis aber nicht mehrere Kreditkon-

trollbereiche umfassen.

Innerhalb eines Mahnbereichs wird das Mahnwesen einheitlich geregelt. Grundsätzlich

entspricht der Mahnbereich einem Buchungskreis. Kann das Mahnwesen auf Buchungs-

kreisebene nicht einheitlich geregelt werden, erfolgt eine Untergliederung des Bu-

chungskreises in Mahnbereiche. Diese können z.B. Sparten oder Verkaufsorganisatio-

nen entsprechen.

Weitere wesentliche Organisationseinheiten des Finanzwesens sind:

• Finanzkreis

• Ergebnisbereich.

Der Finanzkreis ist eine organisatorische Einheit des Finanzmanagements (Treasury).

Durch diesen wird der Geltungsbereich für die Planung der finanziellen Mittel

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(Budgetierung) festgelegt. Einem Finanzkreis muss mindestens einem Buchungskreis

zugeordnet sein. Für die buchungskreisübergreifende Budgetierung können einem Fi-

nanzkreis mehrere Buchungskreise zugewiesen werden.

Der Ergebnisbereich entspricht einem Segment des Absatzmarktes innerhalb eines Ko-

zerns, für welches durch Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen ein Ergebnis aus-

gewiesen wird (Ergebnis- und Marktsegmentrechnung). Je nach Gliederung des Kon-

zerns kann der Ergebnisbereich entweder einem oder mehreren Kostenrechnungskrei-

sen entsprechen.

3.3.2.4 Organisationseinheiten des Personalwesens

Die verschiedenen Organisationseinheiten des Personalwesens unterteilen diesen Be-

reich nach personaladministrativen, zeitwirtschaftlichen und abrechnungstechnischen

Gesichtspunkten. Das R/3-System stellt für diesen Zweck folgende Organisationsein-

heiten zur Verfügung:

• Personalbereich

• Personalteilbereich.

Personalbereiche werden auf Buchungskreisebene eingerichtet und stellen Unterneh-

mensbereiche mit gemeinsamen Merkmalen bezüglich der oben genannten Kriterien

dar. Innerhalb eines Personalbereichs sind z.B. die Tarif- und Lohnartenstruktur sowie

die Sollarbeitszeit einheitlich geregelt. Zudem stellt der Personalbereich ein Berechti-

gungsobjekt für den Zugriffsschutz dar.

Ein Personalbereich kann weiter in Personalteilbereiche untergliedert werden. Diese

zusätzliche Untergliederung kann insbesondere aus abrechnungstechnischen Gründen

erfolgen (z. B. können durch die geographische Gliederung eines Unternehmens meh-

rere Sozialversicherungseinrichtungen für einen Personalbereich zuständig sein). Aus-

serdem können für jeden Personalteilbereich u.a. verschiedene Lohnarten, Zeitmodelle

oder Feiertagskalender eingerichtet werden.

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Das R/3-System

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Mandant (Konzern)

Personalteilbereich

Personalbereich

Buchungskreis

001

0001 0002

00020001 0003

0001 0002 0003

Organisationseinheiten des Personalwesens

Abb. 3-7: Organisationseinheiten des Personalwesens.

Durch zusätzliche organisatorische Einheiten des Personalwesens können Merkmals-

gruppen für die Erfassung von Vorschlagswerten, für spezielle Auswertungen und für die

Verfeinerung des Berechtigungskonzepts gebildet werden. Für diese Zusatzaufgaben

stellt das R/3-System folgende Organisationsstrukturen zur Verfügung:

• Mitarbeitergruppe

• Mitarbeiterkreis.

Durch die Mitarbeitergruppe erfolgt eine Grobeinteilung der Arbeitnehmer nach deren

Stellung innerhalb des Unternehmens (z.B. Unterteilung in Voll- und Teilzeitbeschäftig-

te). Diese Gliederung wird insbesondere für die Erzeugung von Vorschlagswerten bei

der Datenerfassung und für die Bildung von Selektionskriterien bei Auswertungen vor-

genommen. Zusätzlich stellt auch die Mitarbeitergruppe ein Berechtigungsobjekt für die

Regelung des Zugriffsschutzes dar.

Mitarbeitergruppen können weiter in Mitarbeiterkreise unterteilt werden. Durch diese

Feingliederung lassen sich z.B. verschiedene Hierarchieebenen innerhalb eines Unter-

nehmens abbilden. Für Mitarbeiterkreise sind u.a. folgende Unterscheidungsmerkmale

vorgesehen:119

119 Vgl. SAP AG (1996a), Abschnitt: Mitarbeiterkreis pflegen.

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Das R/3-System

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• Festlegung der Behandlung in der Abrechnung

• Festlegung der Gültigkeit von Primärlohnarten

• Festlegung der Gültigkeit von Arbeitszeitplänen

• Festlegung der Gültigkeit von Tarifgruppen

• Festlegung der Gültigkeit von Zeitkontingententypen.

Ähnlich wie für Mitarbeitergruppen können auch hier Vorschlagswerte zur einfacheren

Stammdatenerfassung definiert werden. Ferner stellen Mitarbeiterkreise zusätzliche Se-

lektionskriterien für Auswertungen und eigene Berechtigungsobjekte für den Zugriffs-

schutz dar.

3.3.3 Rechungswesen

Das Rechnungswesen stellt ein klassisches Anwendungsgebiet für betriebswirtschaftliche

Anwendungssoftware dar. Neben der Rechnungslegung, dem eigentlichen Kern des

Rechnungswesens, spielt zunehmend auch die Planung, Abwicklung und Kontrolle des

Finanzmitteleinsatzes eine wichtige Rolle (vgl. Abb. 3-8).

Das in den meisten Industrieländern anerkannte Prinzip der doppelten Buchführung

sowie das Vorhandensein von teilweise ähnlichen Bilanzierungsvorschriften hat zu einer

starken Vereinheitlichung der Rechnungslegung geführt. Dieser Bereich wird im R/3-

System durch das Finanzwesen abgedeckt. Für die zielgerichtete Anlage der brach lie-

genden und für die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel steht das Finanz-

managementmodul (Treasury) zur Verfügung. Neben der herkömmlichen Buchführung

und dem Management der finanziellen Mittel spielt auch die Auswertung der gesam-

melten Daten durch das Controlling als Basis für die Unternehmensplanung und -

führung eine wichtige Rolle. Ferner muss die Planung, Realisierung und Abrechnung

von Investitionsprojekten (Sachanlagen) durch entsprechende Funktionen unterstützt

werden. Dieser Bereich wird im R/3-System durch das Investitionsmanagement abge-

deckt.

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Das R/3-System

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Durch die zunehmende Tendenz der Unternehmenskonzentration, hat ein weiteres

Anwendungsgebiet des Rechnungswesens - die Konzernrechnungslegung (Unter-

nehmenscontrolling) - an Bedeutung gewonnen.

Konzernrechnungswesen

TreasuryFinanz-wesen

Controlling

TRFI CO

EC

InvestitionsmanagementIM

Abb. 3-8: Module des Rechnungswesens.

Die dargestellten Anwendungsgebiete decken praktisch alle betrieblichen Bedürfnisse

im Bereich des Rechnungswesen ab und gewährleisten durch einen hohen Integrations-

grad bessere Transparenz und schnellere Verfügbarkeit der notwendigen Informationen.

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Das R/3-System

70

3.3.3.1 FI - Finanzwesen (Financial Accounting)

Das R/3-System arbeitet mit einer einheitlichen Datenbasis und ermöglicht dadurch die

integrierte Verarbeitung eines jeden Geschäftsvorgangs. Dabei werden bei der Verbu-

chung einzelner Geschäftsvorgänge sämtliche damit verbundenen Buchungen automa-

tisch durchgeführt. Durch die Integration aller Teilbereiche des Finanzwesens (vgl. Abb.

3-9) können Geschäftsvorfälle schneller abgewickelt und präziser ausgewertet werden.

FI-GL

Hauptbuchhaltung

FI-AP

Kreditoren-buchhaltung

FI-AR

Debitoren-buchhaltung

FI - Finanzwesen

FI-LC

Konsolidierung

FI-AA

Anlage-buchhaltung

FI-SL

Special Ledger

Abb. 3-9: Komponenten des Finanzwesens.

Die Hauptbuchhaltung (FI-GL) beinhaltet die laufende Geschäftsbuchhaltung (Führung

der Haupt- und Nebenbücher) und ermöglicht die Erfassung der Buchungsvorgänge für

den Jahresabschluss. Die Kontengliederung kann sowohl auf Firmenebene als auch auf

Konzernebene frei gewählt werden. Die Geschäftsvorfälle werden als Einzelbelege er-

fasst und unmittelbar nach jeder Buchung synchron fortgeschrieben, damit die betroffe-

nen Kontostände, Summen- und Saldenlisten sowie Bilanz- und GuV-Auswertungen

jederzeit auf dem aktuellen Stand sind und vom Anwender eingesehen werden können.

Gleichzeitig werden die Nebenbücher und die relevanten Kostenbereiche mitgebucht.

Die Kreditoren- (FI-AP) und die Debitorenbuchhaltung (FI-AR) ermöglichen die ra-

tionelle Überwachung der Lieferantenverbindlichkeiten und der Kundenguthaben. Da-

bei werden offene Posten verfolgt und fällige Kreditorenrechungen automatisch begli-

chen. Bei fälligen Kundenguthaben lassen sich die ausstehenden Zahlungen mit einem

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Das R/3-System

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flexiblen Mahnwesen eintreiben. Zahlungsein- und Ausgänge können sowohl manuell

als auch über Datenfernübertragung verarbeitet werden. Entsprechende Schnittstellen

zur Ergebnis- und Marktsegmentrechnung sowie zur Finanzmittelüberwachung (TR-FM)

erlauben die ständige Überwachung des Verkaufs und ermöglichen die aktive Bewirt-

schaftung der vorhandenen flüssigen Mittel.

Die Konsolidierung (FI-LC) fasst die Abschlüsse einzelner Unternehmen zu einem Kon-

zernabschluss zusammen. Durch die Ausnutzung von Bewertungswahlrechten haben

Konzerne die Möglichkeit, das Gruppenergebnis aufgrund einer eigenen Bilanzpolitik zu

beeinflussen. Die Konsolidierung ist sowohl mit dem Finanzwesen als auch mit der An-

lagenwirtschaft verknüpft.

Mit der Komponente Anlagenbuchhaltung (FI-AA) können die im Unternehmen vor-

handenen Investitionsgüter über ihre ganze Lebensdauer verwaltet und kostenmässig

überwacht werden. Die vorhandenen Schnittstellen zum Finanzwesen und zum Logi-

stiksystem erhöhen die Transparenz und verbessern die Nutzung der vorhandenen An-

lagen. Dabei beginnt die Unterstützung bereits bei der Investitionsplanung und setzt sich

über den gesamten Lebenszyklus eines Investitionsgutes fort. Die Anlagenwirtschaft be-

steht aus folgenden Teilkomponenten:

• Klassische Anlagenbuchhaltung und -bewertung

• Leasingabwicklung.

Die klassische Anlagenbuchhaltung und -bewertung protokolliert alle Wertzu- und

-abgänge eines Investitionsgutes über dessen ganze Lebensdauer. Dabei werden sämtli-

che anfallenden Kosten (Zinsen, Abschreibungen, Versicherungen etc.) ermittelt und als

Grundlage für die Investitionsrechnung bereitgestellt. Eine weitere Aufgabe der Anla-

genbuchhaltung stellt die Bereitstellung von Grundlageninformationen für die Planung

der Wertentwicklung im Anlagevermögen dar (vgl. IM-Investitionsmanagement). Die

Integration der Anlagenbuchhaltung zu den anderen R/3-Modulen ist relativ hoch. Ei-

nerseits werden Informationen wie z.B. der Preis einer Anlage über die Einkaufskompo-

nente des R/3-Systems bezogen und andererseits werden R/3-Module mit entsprechen-

den Daten versorgt. Beispielsweise werden Informationen über Zinsen und Abschrei-

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Das R/3-System

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bungen direkt an das Finanzwesen und an das Controlling weitergegeben. Die techni-

sche Betreuung der Anlagen stellt einen erheblichen Kostenfaktor für ein Unternehmen

dar. Neben den eigentlichen Wartungskosten sind natürlich auch die Ausfallzeiten in die

Kostenbetrachtungen miteinzubeziehen. Zur besseren Überwachung dieser Kosten stellt

die technische Anlagenverwaltung verschiedene Werkzeuge zur Verfügung. Die techni-

sche Instandhaltung kann entweder über CO-OM-OPA (Controlling-Order Project Ac-

counting) oder über PM (Plant Maintenance) abgewickelt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt der Anlagenbuchhaltung stellt die Leasingabwicklung dar.

Dabei können Leasinganlagen erfasst und entweder als Anlagevermögen aktiviert

(Capital Lease) oder ohne Aktvierung (Operation Lease) als Mietaufwand in der Ge-

winn- und Verlustrechung verbucht werden. Die zu leistenden Leasinggebühren werden

automatisch verwaltet und zur Zahlung termingerecht an die Finanzbuchhaltung weiter-

geleitet. Ferner können bei einer Vertragsänderung oder bei Vertragsablauf die beste-

henden Anlagenstammsätze entfernt und wenn notwendig neu angelegt werden.

Über die Komponente Special Ledger (FI-SL) werden die Standardauswertungsmög-

lichkeiten (Standard Ledger) im Rechnungswesen durch ein flexibel einsetzbares Infor-

mationssystem zusätzlich erweitert. Konkret stellt FI-SL Funktionen für die Plausibili-

tätsprüfung und die Substitution bei der Datenerfassung, für die Sammlung von Daten

aus verschiedenen Anwendungen sowie für das Erstellen von aussagekräftigen Berichten

(Report Painter und Report Writer) zur Verfügung. Die Plausibilitätsprüfung der erfassten

Daten erfolgt anhand der in einem Regel-Manager erfassten Validierungsregeln. Die

Verprobung der Daten wird während der Erfassung durchgeführt und bietet dadurch

Gewähr, dass das Auftreten von Fehlern bei der Verbuchung reduziert werden kann.

Analog dazu können einzelne oder mehrere Werte beim Erfüllen von vorher festgeleg-

ten Bedingungen im Regel-Manager auch durch andere ersetzt werden. Dadurch wer-

den die Datenqualität erhöht und wichtige Voraussetzungen für die zielgerichtete Aus-

wertung der Daten geschaffen.

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Das R/3-System

73

3.3.3.2 TR - Treasury

An verschiedenen Beispielen aus der Praxis kann gezeigt werden, dass durch geschick-

ten Einsatz der brach liegenden finanziellen Mittel in einigen Fällen sogar höhere Ge-

winne erwirtschaftet werden können als bei der Ausübung des Kerngeschäfts. Daneben

muss ein Unternehmen bei finanziellen Engpässen zur Bewahrung der Glaubwürdigkeit

am Markt in der Lage sein, rechtzeitig auf Fremdmittel zurückgreifen zu können. Diese

Aufgaben werden durch das Finanzmanagement wahrgenommen.

TR-TM

Forex DarlehenWertpapiereDerivative

InstrumenteGeld-

handel

- Termingeld- Kündigungs- geld

- Kassa- geschäft- Termin- geschäft- Swap

- Hypotheke- Police- Schuld- schein- ...

- Aktie- Anleihe- Options- schein- ...

- Swap- Option- Future- ...

FITR-CM

Ein-/Aus-zahlungen

TR-FM

- Forderungen / Verbindlichkeiten- Zahlungs- bedingungen- Zahlwege

- Bankkonten- Kassenstand- Ausgleich- Kontrolle

CashManagement

Finanzmittel-überwachung

- Planung- Prognose- Controlling

Treasury Management Instrumente

Abb. 3-10: Teilkomponenten des Treasury-Moduls.

Für die aktive Bewirtschaftung der finanziellen Mittel stellt die Treasury-Komponente

(TR) verschiedene Funktionen zur Verfügung. Obwohl Treasury grundsätzlich in das

Finanzwesen eingegliedert ist, wird es entsprechend dem Funktionsumfang als eigenes

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Das R/3-System

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Modul (TR) im R/3-System geführt. Für die Erfüllung der angesprochenen Aufgaben

stellt Treasury folgende Teilkomponenten zur Verfügung:

• Cash-Management

• Finanzmittelrechnung und -planung

• Finanzbudgetmanagement

• Market Risk Management.

Das Cash Management (TR-CM) bildet durch die ständige Auswertung der Debitoren-

und Kreditorenzahlungsströme die Grundlage für eine kurz- und mittelfristige Finanz-

disposition. Voraussetzung für die aktuelle Ermittlung dieser Informationen ist die weit-

gehend automatisierte Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Dabei können Bankkonten-

bewegungen (inkl. Valutenabgleich) für die Erhebung des Tagesfinanzstatus direkt in das

System eingespiesen und Zahlungen auf elektronischem Weg abgewickelt werden

(Electronic Banking). Daneben werden der Scheckverkehr und die Wechselverwaltung

(Schuld- und Besitzwechsel) weitgehend automatisiert durchgeführt. Zusätzlich ist es

möglich, die für das Tagesgeschäft relevanten Fremdwährungskurse maschinell zu pfle-

gen und entstandene Kursdifferenzen automatisch auszubuchen. Durch ein integriertes

Kontenclearing (Konzentration der Salden verschiedener Konten auf ein Zielkonto) kön-

nen kurzfristig Tagesgeldanlagen oder mehrtägige Festgeldanlagen resp. Geldaufnah-

men getätigt werden. Etwas längerfristige Aussagen über die Liquiditätsentwicklung

werden anhand der Liquiditätsvorschau (Liquidity Forecast) getroffen. Diese wird auf

der Grundlage der zu erwartenden Zahlungsein- und -ausgänge ermittelt, welche ihrer-

seits wiederum durch die zur Verfügung stehenden Dispositionsquellen (offene Posten,

geplante Lohn- und Gehaltszahlungen, MWST-Verbindlichkeiten etc.) geschätzt wer-

den. Die dargestellten Instrumente bilden die Basis zur Sicherung der Liquiditätsreser-

ven und zur Verbesserung der Kapitalerträge.

Während die Finanzdisposition kurzfristig ausgerichtet ist, stellt die Finanzmittelrech-

nung und -planung (TR-FM) eine eher mittel- und langfristige Betrachtung der liquiden

Mittel dar. Die Hauptaufgabe stellt dabei das rechtzeitige Aufdecken von drohender

Illiquidität oder absehbaren Finanzmittelüberschüssen dar. Basis für diese Prognosen

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Das R/3-System

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sind alle realisierten und unmittelbar absehbaren Zahlungsein- und Zahlungsausgänge

(z.B. Rechnungsausgänge oder -eingänge), welche einander gegenübergestellt werden,

und die Liquiditätsentwicklung, die aufgrund der vereinbarten Zahlungsziele abge-

schätzt wird. Darauf aufbauend kann für eine beliebige Anzahl Perioden eine Planung

der Zahlungsströme (Finanzmittelplanung) erstellt werden.

Das Finanzbudgetmanagement knüpft direkt an die Ergebnisse der Finanzmittelpla-

nung an und bezweckt die buchungskreisübergreifende Budgetierung und Kontrolle

(Finanzkreis) der finanziellen Mittel. Die Zuweisung der Budgetwerte erfolgt an die im

Unternehmen festgelegten Verantwortungsbereiche (Finanzstellen) auf der Basis der in

der Finanzmittelplanung veranschlagten Werte. Die Budgetplanung gilt jeweils für ein

Geschäftsjahr und wird durch Soll-/Ist-Vergleich der Zahlungsströme ständig überwacht.

Im Unterschied zur Finanzplanung ist die Budgetierung absolut verbindlich und Anpas-

sungen werden nur bei Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorge-

nommen. Das R/3-System bietet für diesen Fall die Möglichkeit, durch Umbuchung der

budgetierten Werte Korrekturmassnahmen vorzunehmen.

Während das Cash Management (TR-CM) und das Funds Management (TR-FM) die

Grundlageninformationen für Kapitalaufnahmen und -anlagen liefern, unterstützt die

Treasury Management-Komponente (TR-TM) die Verwaltung der angelegten oder von

dritter Seite zur Verfügung gestellten Gelder. Das R/3-System stellt zur Bewältigung die-

ser Aufgaben folgende Funktionsbereiche bereit:

• Geldhandel

• Devisenhandel

• Wertpapiermanagement

• Darlehensmanagement

• Derivative Finanzinstrumente.

Der kurzfristige Anlagebereich wird durch Funktionen zur Aufnahme resp. zur Anlage

von Termingeldern (Geld- und Devisenhandel) unterstützt. Durch die effiziente Ab-

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Das R/3-System

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wicklung dieser Transaktionen ist ein schnelles Reagieren auf Veränderungen an den

Finanzmärkten sichergestellt.

Im langfristigen Anlagebereich deckt TR-TM sowohl den Handel und die Verwaltung

von börsennotierten Wertpapieren als auch die Aufnahme und Vergabe von Darlehen

ab. Bei den börsengehandelten Wertpapieren gewährt das R/3-System Hilfe beim Kauf

und Verkauf, bei der Haltung von Depots und bei der Verwaltung von Portfolios. Auf

der Seite der Darlehensverwaltung können neben der Erfassung von Darlehensverträgen

auch die dazugehörigen Sicherheiten (Grundpfandrechte und Bürgschaften) mit dem

R/3-System verwaltet werden.

Für die verschiedenen derivativen Finanzinstrumente (Hedginggeschäfte wie z.B.

Swaps, Caps, Floors, Optionen oder Futures) stellt das R/3-System ebenfalls entspre-

chende Funktionen zur Verfügung. Im Vordergrund steht dabei die Bewertung der ein-

zelnen Finanzanlagen. Daneben können durch verschiedene Analyseinstrumente z.B.

Fälligkeitsanalysen, "What-If"-Analysen oder sogar komplexe Simulationen durchgeführt

werden. Durch die Integration der Branchenlösung für Versicherungen (IS-IS) kann die-

se Funktionsvielfalt noch erweitert werden. Zusätzlich ermöglicht die direkte Anbindung

an das Rechnungswesen die Synchronisation der entstehenden Finanzströme mit der

Buchhaltung und der Liquiditätsplanung.

Das Market Risk Management (TR-MRM), welches zur Risikominimierung der ver-

schiedenen Kapitalanlagen dient, rundet die verschiedenen Möglichkeiten des Treasury-

Funktionsbausteins ab. Aktuelle Marktdaten lassen sich automatisch in das System einle-

sen und können neben der Bewertung der herkömmlichen Kapitalanlagen vor allem für

die Wertbestimmung der eher komplexen derivativen Finanzinstrumente herangezogen

werden. Finanzaktiva werden dabei zum Veräusserungspreis und Finanzpassiva zum

Rückkaufswert verrechnet. Durch verschiedene Risikoanalysen ("What-If"- und "Worst

Case"-Analysen) wird die Basis für Dispositionsentscheidungen an den Kapitalmärkten

geschaffen. Ausserdem können durch Standardreports die relevanten Kennzahlen (z.B.

Barwert, Internal Rate of Return, Liquiditätsentwicklung, Durchschnittskurse oder Sensi-

tivitätsanalysen) ermittelt werden. Durch den Einbezug fiktiver Geschäfte kann das Ri-

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Das R/3-System

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sikopotential und die Festlegung der richtigen Strategie bei Marktveränderungen zusätz-

lich verringert werden.

Die verschiedenen Werkzeuge des Treasury-Moduls sorgen für eine effiziente Abwick-

lung der Finanztransaktionen und erhöhen durch gezielte Auswertung aller verfügbaren

Daten die Markttransparenz. Dadurch können sowohl die Rentabilität des eingesetzten

Kapitals verbessert, als auch die Kosten für Kapitalaufnahmen möglichst niedrig gehalten

werden. Da das Treasury ein relativ neuer Funktionsbaustein im R/3-Sytem darstellt, ist

zu erwarten, dass die Funktionalität in Zukunft in diesem Bereich noch erheblich er-

weitert wird.

3.3.3.3 CO - Controlling

Die Bedeutung des Controllings hat in letzter Zeit erheblich zugenommen. Durch die

zunehmende Dynamisierung der Märkte, immer kürzer werdende Produktlebenszyklen

und den allgemein steigenden Wettbewerbsdruck werden die Unternehmen gezwun-

gen ihre Kosten, Erlöse und die Verwendung ihrer Ressourcen permanent zu planen, zu

überwachen und zu steuern. Damit diese Forderung erfüllt werden kann, ist jeder ein-

zelne Geschäftsvorfall vollständig in die verschiedenen Controllingbereiche einzubetten.

Nur unter Berücksichtigung dieser Integrationsbedingungen lassen sich auch wirklich

aussagekräftige Plan/Ist-Analysen erheben und daraus die richtigen Massnahmen ablei-

ten. Die dafür verwendbaren Kostenrechnungssysteme sind im R/3-System in die in

Abb. 3-11 dargestellten Bereiche untergliedert:

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Das R/3-System

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CO-OM

Gemeinkosten-controlling

CO-PC

Produktkosten-controlling

CO-PA

Ergebnis- und Markt-segmentrechnung

CO - Controlling

CO-ABC

Prozesskosten-rechnung

Abb. 3-11: Komponenten des Controllings.

Das Gemeinkostencontrolling (CO-OM) umfasst die Teilkomponenten Kostenarten-,

Kostenstellen- und Leistungsrechnung sowie Gemeinkostenaufträge und -projekte.

Die Kostenartenrechnung erfasst die für das Controlling relevanten Grundlagen. Dabei

wird zwischen primären und sekundären Kostenarten unterschieden. Die primären Ko-

stenarten bilden auf Kostenrechnungsseite das Spiegelbild zu den betrieblichen Auf-

wandkonten. Die sekundären Kostenarten hingegen dienen ausschliesslich der Kosten-

rechnung und stellen die Basis für die Ermittlung des kalkulatorischen Werteflusses dar.

Dadurch stellt die Kostenartenrechnung quasi ein Grundgerüst für die anderen Kosten-

rechnungssysteme zur Verfügung.

Nachdem die Kostenartenrechnung die Frage beantwortet, welche Kosten angefallen

sind, gibt die Kostenstellenrechnung Auskunft, wo, d.h. von welchen betrieblichen

Leistungseinheiten die Kosten verursacht wurden. Kern der Betrachtung bilden dabei

die immer wichtiger werdenden Gemeinkosten. Da die entstandenen Ist-Kosten in der

Regel mit einem vorgängig erstellten Plan (Plankostenrechnung) korrespondieren müs-

sen, werden die Abweichungen auf der Basis eines einfachen Plan-/Ist-Vergleich ermit-

telt und durch die Auswertung von verschiedenen, vom System gelieferten Berichten

analysiert.

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Das R/3-System

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Die herkömmliche Leistungsrechnung dient zur Planung, Bewertung und Verrechnung

von innerbetrieblichen Leistungen. Die Kostenstellen lassen sich dadurch leistungsbezo-

gen planen und abrechnen. Durch die sofortige Umlage der Ist-Kosten können die Ab-

weichungen zu den Plankosten umgehend offengelegt werden und verschiedene Be-

richtmöglichkeiten helfen, die Abweichungsursachen zu ermitteln. Die im R/3-System

vorgesehenen Leistungsarten bilden die Grundlage für die Leistungsverrechnung.

Durch die Festlegung der Planleistung, der Kapazität und der Ausbringungsmenge wird

eine Leistungsart definiert und dadurch die Ableitung der für die Leistungsverrechnung

relevanten Grössen ermöglicht.

Im Unterschied zum PS-Modul (Projekt System) des R/3-Systems, welches für das Pla-

nen und Überwachen von komplexen Projekthierarchien vorgesehen ist, dient die Teil-

komponente Gemeinkostenaufträge und -projekte zur Planung und Kontrolle einstufi-

ger Projekte. Zwischen Aufträgen und Projekten im letztgenannten Sinn wird im R/3-

System kein Unterschied gemacht. Da Aufträge und Projekte sehr unterschiedlichen

Aufgabenstellungen dienen können, bietet das R/3-System die Möglichkeit, diese ver-

schiedenen Auftragsarten zuzuordnen. Die Auftrags- und Projektkostenrechnung ver-

folgt dabei unterschiedliche Ziele. Im Rahmen einer Kostenkontrolle sollen die angefal-

len Kosten ermittelt und in einem Plan-/Ist-Vergleich die Abweichungen dargestellt wer-

den. Ferner stellt diese Teilkomponente verschiedene Kalkulationsvarianten und Ko-

stenanalysefunktionen als Entscheidungshilfen zur Verfügung. Ausserdem können im

Rahmen einer Leistungsverrechnung die angefallenen Kosten auf verschiedene Zielob-

jekte (z.B. Kostenstelle, Anlage, Kundenauftrag, Projekt) umgelagert werden.

In der Komponente Produktkostencontrolling (CO-PC) werden die internen Kosten

über ein Umlageverfahren an die kostenverursachenden Leistungseinheiten des Betrie-

bes (z.B. Produkte oder Aufträge) zugewiesen. In diesem Zusammenhang wird auch von

Kostenträgerrechnung gesprochen. Ein Kostenträger stellt demnach die zur Ermittlung

der Herstell- und Selbstkosten zu kalkulierende Einheit dar, d.h. die Kosten werden

stückbezogen ermittelt. Im R/3-System kann die Kostenträgerrechnung für folgende

Objekte (Kostenträger) durchgeführt werden:

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Das R/3-System

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• Materialien

• Fertigungsversionen eines Materials

• Fertigungsaufträge

• Netzpläne

• Instandhaltungsaufträge

• Serienaufträge

• Prozessaufträge

• Kundenaufträge

• Innenaufträge

• Kostenträger-Identnummern

• Kostenträgerhierarchien

• Projekte

• Projektstrukturplanelemente.

Pro Kostenträger können Plankosten aufgestellt (Vorkalkulation) und Ist-Kosten

(Nachkalkulation) ermittelt werden. In einer Plan-/Ist-Analyse werden die gesammelten

Daten einander gegenübergestellt und durch integrierte Berichts- und Analysesysteme

verdichtet und ausgewertet. Das Ergebnis sind Informationen, die zur Optimierung der

Prozesse sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter qualitativen Aspekten verwendet

werden können.

Die Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) liefert Informationen (z.B. Netto-

ergebnisse und Deckungsbeiträge) von verschiedenen Produkten oder ganzen Märkten.

CO-PA basiert auf sogenannten Ergebnisobjekten, welche eine Kombination von ganz

bestimmten Auswertungsmerkmalen darstellen. Solche Auswertungsmerkmale können:

• artikelbezogen (Artikel, Artikelgruppe, Sortiment, Erzeugnisform)

• kundenbezogen (Kunde, Kundengruppe, Branche)

• vorgangsbezogen (Auftragsart, Auftragsgrösse) oder

• organisationsbezogen (Vertretergebiet, Vertriebsweg, Profit Center)

sein. Für einzelne oder für Gruppen von Ergebnisobjekten lassen sich Kennzahlen defi-

nieren. Durch diese werden sowohl Erlös- als auch Kostenkomponenten für die Be-

stimmung des Ergebnisses ermittelt. Die Fixkosten werden periodisch von der Kosten-

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stellenrechnung bereitgestellt und können direkt in die Ergebnisrechnung miteinbezogen

werden. Vor der Ist-Kostenerfassung kann periodisch eine Absatz- und Ergebnisplanung

aufgestellt werden. Der Plan-/Ist-Vergleich dient zur Überwachung der vorher definier-

ten Ergebnisobjekte. Durch Standardanalysen und flexible Auswertungsmöglichkeiten

der Ergebnisrechnung (Berichte) lassen sich sehr detaillierte Informationen zu Produkten

und Märkten gewinnen. Nutzniesser dieser Erkenntnisse sind vor allem der Vertrieb, das

Marketing und das Produktmanagement. Selbst strategische Unternehmenseinheiten

sind für die Planung auf das Vorhandensein dieser Informationen angewiesen.

Die Prozesskostenrechnung120 (CO-ABC) stellt eine Erweiterung zur herkömmlichen

Leistungsverrechnung dar und ist auf die kostenmässige Erfassung der Leistungen in be-

reichsübergreifenden Unternehmensprozessen ausgerichtet (vgl. Abb. 3-12). Die Ko-

stenzuordnung erfolgt über sogenannte Aktivitäten, welche einen Preis haben und von

den Geschäftsprozessen verbraucht werden. Unter der Voraussetzung, dass die Ge-

meinkosten mit der Anzahl der verbrauchten Aktivitäten variieren, lassen sich die Kosten

über Kostentreiber auf die Kostenobjekte verteilen. Gemeinsam mit den direkten Kosten

ergeben die Kosten der verbrauchten Aktivitäten die Prozesskosten. Durch diese Art der

Umlegung der Gemeinkosten soll eine verursachergerechtere Verteilung der Kosten er-

möglicht werden.

Kostenzuordnung Aktivitäten Kostentreiber KostenobjekteKostenbasis

Was wird verbraucht? Wer verbraucht es?Weshalb wird esverbraucht?

MaschinenumstellungMaschinenumstellung

QualitätsberichtQualitätsbericht

ReportingReporting

MaterialtransportMaterialtransport

Anzahl UmstellungenAnzahl Umstellungen

Anzahl BestellungenAnzahl Bestellungen

Anzahl LoseAnzahl Lose

MaterialvolumenMaterialvolumen

InspektionInspektion ProduktionsausstossProduktionsausstoss

BestellungBestellung

ProduktProdukt

ProzessProzess

TeilTeil

AuftragAuftrag

Abb. 3-12: Prinzip der Prozesskostenrechnung.

120 Vgl. Busin (1996).

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Das R/3-System

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3.3.3.4 IM - Investitionsmanagement

Durch den zunehmenden Technisierungsgrad der für den Leistungserstellungsprozess

benötigten Anlagen und die damit verbundene hohe Kapitalbindung hat auch die Be-

deutung des Investitionsmanagements (IM) zugenommen. Der ganze Prozess einer

Investition für eine Sachanlage wird im R/3-System von der Planung, über die Beschaf-

fung und Nutzung bis zum Ende der Lebensdauer einer Anlage durch folgende Teil-

komponenten unterstützt:

• Investitionsanforderungen

• Investitionsprogramme

• Investitionsmassnahmen.

Anträge für Investitionen können als Investitionsanforderungen im System erfasst und

für die Berücksichtigung der Planung vorgemerkt werden. Durch verschiedene Formen

der Rentabilitätsrechnung werden die Grundlagen für Investitionsentscheide geschaffen.

Ferner kann anhand einer Statusverwaltung jederzeit der aktuelle Stand eines Investiti-

onsantrages ermittelt werden. Diese Funktionen bilden die Grundlage für die Investiti-

onsplanung.

Durch die systemgestützte Erstellung von Investitionsprogrammen können konzernweit

Budgets vergeben und Kosten geplant werden. Durch die Verknüpfung von Investiti-

onsmassnahmen und -programmen sowie die Möglichkeit der Aggregation einzelner

Investitionsvorhaben können jederzeit die budgetierten Werte mit den bereits entstan-

denen Ist-Kosten verglichen werden.

Investitionsmassnahmen werden im Rahmen von Innenaufträgen oder Projekten um-

gesetzt. Die in diesen Komponenten verfügbaren Instrumente (Ressourcen- und Kosten-

planung sowie Kostenüberwachung) bilden ideale Werkzeuge für die Unterstützung bei

der Realisierung von Investitionsprojekten. Ausserdem ist durch die Integration mit dem

Unternehmenscontrolling eine transparente und verursachergerechte Abrechnung der

getroffenen Investitionsmassnahmen möglich. Die Wertbestimmung einer Anlage erfolgt

durch Zuweisung der für jede einzelne Anlage benötigten Fremd- und Eigenleistungen.

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Das R/3-System

83

Dadurch steht nach der Endabrechnung ein vollständiger Herkunftsnachweis zur Verfü-

gung. Bei der Wertbestimmung wird zusätzlich zwischen aktivierungspflichtigen und

nicht aktivierungspflichtigen Anlagen resp. Anlageteilen unterschieden. Die aktivie-

rungspflichtigen Anlagen können zur wertmässigen Fortschreibung in der Anlagenbuch-

haltung (FI-AA) verwaltet werden, und die nicht aktivierungspflichtigen Anlageteile flies-

sen der Kostenrechnung zu. Die Wertentwicklung einer Anlage kann durch Simulation

von Abschreibungen (Abschreibungsvorschau) vorgängig ermittelt und durch Aggregati-

on der Einzelwerte zur Schätzung des gesamten Anlagevermögens herangezogen wer-

den. Damit bildet das Investitionsmanagement zusammen mit der Anlagenbuchhaltung

und der Instandhaltung ein abgerundetes Instrumentarium für die finanzielle und tech-

nische Verwaltung der in einem Unternehmen vorhandenen Anlagen während deren

ganzen Lebensdauer.

3.3.3.5 EC - Unternehmenscontrolling

Die verschiedenen Instrumente des Unternehmenscontrollings (EC) erlauben eine

zeitnahe Überwachung aller Unternehmensaktivitäten anhand kritischer Erfolgsfaktoren

(CSF) und bilden dadurch die Grundlage für die strategische Planung auf Konzern-

ebene. Das EC-Modul gliedert sich in die in Abb. 3-13 dargestellten Bereiche.

EC-EIS

Führungsinforma-tionssysteme (EIS)

EC-MC

Management-Konsolidierung

EC-PCA

Profit CenterRechnung

EC - Unternehmenscontrolling

Abb. 3-13: Komponenten des Unternehmenscontrollings.

Durch das in R/3 vorhandene Führungsinformationssystem (EC-EIS) können ent-

scheidrelevante Informationen über alle Aktivitäten eines Unternehmens ermittelt wer-

den. Dabei ermöglicht das System die Zusammenführung von Daten aus externen und

internen Quellen in einer speziell dafür vorgesehenen EIS-Datenbank. Dieser Daten-

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Das R/3-System

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pool ist frei definierbar und bietet dadurch die Möglichkeit, Informationen bedürfnis-

gerecht zu sammeln. Die meist sehr heterogene Struktur der gesammelten Daten erfor-

dert eine Gruppierung von gleichartigen Daten. Zur Abdeckung dieses Bedürfnisses

können Teilbereiche der EIS-Datenbank in sogenannte "Aspekte" zusammengefasst wer-

den. Diese bilden die Grundlage für die Datenanalyse. Dabei können die entscheidre-

levanten Informationen entweder über eigene Auswertungen (flexible Analysen) oder

über sogenannte Standardreports ermittelt werden. Durch das EIS wird dem Manage-

ment ein unverzichtbares Mittel für die operative und strategische Führung eines Unter-

nehmens zur Verfügung gestellt.

Die Management-Konsolidierung121 (EC-MC) dient zur Erstellung einer Bilanz, Ge-

winn- und Verlustrechnung sowie einer Kapitalflussrechnung auf Konzernebene. Dabei

können für die Verdichtung der Werte beliebige Konsolidierungseinheiten (z.B. Gesell-

schaft, Geschäftsbereich oder Region) definiert werden. Für die Währungsumrechnung,

Aufwands- und Ertragskonsolidierung, Schuldenkonsolidierung, Eliminierung von Zwi-

schengewinnen und für die Kapitalkonsolidierung lassen sich die Konsolidierungsver-

fahren und die einzelnen Konsolidierungsschritte frei auswählen. Die dafür notwendi-

gen Daten werden in den operativen Anwendungen zur Konsolidierung vorbereitet und

an EC-MC weitergeleitet. Ferner können auch Daten aus Fremdsystemen in die Be-

trachtungen miteinbezogen werden. Durch Monitoring und umfangreiche Analysefunk-

tionen werden die einzelnen Erfolgsfaktoren ständig überwacht und gezielt ausgewertet.

Die Behandlung von auftretenden Meldedifferenzen wird durch EC-MC ebenfalls unter-

stützt.

121 Vgl. Sinzig (1996).

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Das R/3-System

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Die Profit-Center-Rechnung (EC-PCA) stellt dabei eine Sonderform der Ergebnisrech-

nung dar. Wesentliche Zielsetzung ist die kosten- und ergebnisbezogene Abbildung ei-

nes selbständig am Markt operierenden Unternehmensbereichs. Zur Ergebnisermittlung

kann entweder das Gesamtkostenverfahren oder das Umsatzkostenverfahren verwendet

werden. Dabei werden die Gesamtkosten einer Periode den Leistungen einer Unter-

nehmenseinheit (Profit Center) gegenübergestellt. Dadurch kann der Erfolg einer quasi

eigenständigen Unternehmenseinheit ermittelt werden.

Für die Budgetierung und Zuteilung der Ressourcen auf Konzernebene steht im EC-

Modul die Komponente Business Planning (EC-BP) zur Verfügung. Dabei können so-

wohl Planvorschläge aus den operativen Anwendungen übernommen (Bottom up) als

auch die auf Konzernebene ermittelten Vorgabewerte an diese übergeben werden (Top

down). Im Bereich der Investitionsplanung besteht zudem die Möglichkeit, Investitions-

bedarfe aus den operativen Bereichen zu übernehmen, zu überprüfen, freizugegeben

und anschliessend zu überwachen. Ferner kann zur Unterstützung der Planung ein mo-

dellbasiertes Planungsinstrument verwendet werden.

Durch die dargestellten Komponenten stehen flexible Instrumente für die rasche Er-

mittlung der steuerungsrelevanten Daten und zur Vereinheitlichung des gesamten Con-

trollings im Konzern zur Verfügung. Damit sind neben den operativen Bereichen auch

die strategischen Bedürfnisse des Rechnungswesens mehrheitlich abgedeckt.

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Das R/3-System

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3.3.4 Logistik

Die Logistik stellt einen weiteren Hauptanwendungsbereich innerhalb des R/3-Systems

dar. Durch die Integration der einzelnen Module (vgl. Abb. 3-14) ist die Durchgängig-

keit des gesamten Prozesses von der Beschaffung, über die Fertigung, die Lagerhaltung

und den Vertrieb gewährleistet. Somit gehören im wesentlichen die Fertigungsbetriebe

zu den primären Anwendern dieses Bereichs. Ohne das Modul Produktionsplanung

und -steuerung ist aber auch ein Einsatz von R/3 in Handels- und Dienstleistungsunter-

nehmen möglich.

Grunddaten

- Kunden

- Lieferanten

- Material

- Stückliste

- Arbeitsplan

- Fertigungshilfsmittel

- Planungsprofil

- Equipment

- Dokument

- Klassifizierung

SD Projektsystem

- Netzplan

- Projekte

Absatzplanung

PP

- Textverarbeitung

- Mail

- Kommunikation

- EDI

QM

- Prüflos

- Prüfauftrag

MM

PM

- Instandsetzung

- Wartung

SD- Versand

Fakturierung

Transport

- Erzeugniskalkulation

Rechnungsprüfung

Direktanforderung

Lagerverwaltung

Einkauf

BestandesführungWareneingang

Bewertung

Kundenauftrags-verwaltung

Kundenbedarf

Ergebnisplanung

PlanbedarfPrognose

SOP

Programmplanung

BedarfsplanungGrobkapazitäts-

planung

FertigungssteuerungKapazitätsabgleichCAM

Plan-Aufträge

Eröffnungs-horizont

Auftrag:- Eröffnung- Freigabe- Rückmeldung

Abb. 3-14: Module des Hauptanwendungsbereichs Logistik.

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Das R/3-System

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Im Bereich der Beschaffungslogistik steht das Modul Materialwirtschaft (MM) im Zen-

trum. MM stellt alle nötigen Funktionen zur Einkaufsabwicklung (Bestellanforderungs-

verwaltung, Angebotsanfragen, Offertvergleich, Bestellung, Bestellverfolgung, Waren-

eingang, Lagerverwaltung, Rechnungsprüfung etc.) zur Verfügung. Die Datenbasis

(Materialstamm) und weitere Grundfunktionen werden durch das Modul Logistik all-

gemein (LO) bereitgestellt.

Im Zentrum der Produktionslogistik steht das Modul Produktionsplanung (PP). PP

deckt sowohl den gesamten Planungsprozess (SOP-Sales and Operation Plan-

ning/Programmplanung, Bedarfsplanung und Kapazitätsplanung) als auch die eigentli-

che Abwicklung der Produktion (Fertigungssteuerung, Kapazitätsabgleich) ab.

Im Hinblick auf die Vertriebslogistik stellt das Modul Sales and Distribution (SD) ei-

nerseits Funktionen im Bereich des Marketings sowie des Verkaufs (Offert- und Kun-

denauftragsabwicklung) zur Verfügung. Der sich aus diesem Prozess ergebende Kun-

denbedarf wird in Abhängigkeit vom verwendeten Fertigungstypen als Inputgrösse für

die Produktionsplanung verwendet. Andererseits deckt SD alle zur Vertriebsabwicklung

notwendigen Funktionen (Versand, Transport, Fakturierung) ab.

Zur Sicherung der Qualität im Rahmen der gesamten Logistikkette stellt das Qualitäts-

management (QM) Funktionen zur Qualitätsicherung zur Verfügung. Dabei werden

Qualitätssicherungsmassnahmen sowohl im Bereich Produktionslogistik als auch in den

Bereichen der Beschaffungs- und Vertriebslogistik zur Verfügung gestellt.

Zur Instandhaltung der eigenen Anlagen und für die Abwicklung von Wartungs- und

Servicedienstleistungen veräusserter Anlagen stellt das Modul Instandhaltung (PM) ent-

sprechende Funktionen zur Verfügung. Zur Wartung der eigenen Anlagen werden Mög-

lichkeiten zur Anlagenstrukturierung, zur Definition von Arbeits- und Wartungsplänen

und zur Durchführung von Instandhaltungsaufträgen geboten. Für die Erbringung von

Wartungs- und Serviceleistungen im Bereich der veräusserten Anlagen dient das Ser-

vice-Management. Diese Anwendung unterstützt die Bearbeitung von Servicemeldun-

gen, die Abwicklung von Serviceaufträgen und deren Abrechnung resp. Fakturierung.

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Das R/3-System

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Das Projektsystem (PS) ist ein weiterer Bestandteil des Logistiksystems und bezweckt

die branchenneutrale Unterstützung der Projektdurchführung. PS besitzt eine starke

Integration zu den Anwendungsbereichen Finanz- und des Personalwesen. PS unter-

stützt verschiedene Projektarten (z.B. Forschungs und Einzelprojekte, Kundeneinzelferti-

gung, Investitionsvorhaben, EDV-Projekte) und stellt dafür Funktionen sowohl für die

Projektstrukturierung als auch für die Projektplanung, -durchführung, -überwachung

und -abrechnung zur Verfügung.

3.3.4.1 LO - Logistik allgemein

Das Modul Logistik allgemein stellt als Basis für den gesamten Logistikbereich die in

Abb. 3-15 dargestellten Komponenten zur Verfügung. Im Zentrum steht insbesondere

die Erfassung der Materialstammdaten und die Auswertung sämtlicher für den Logistik-

bereich relevanten Daten. Daneben beinhaltet LO weitere, durch verschiedene Module

genutzte Komponenten wie die Chargenverwaltung, den Änderungsdienst, die Varian-

tenkonfiguration und die Montageabwicklung.

LO-MD

Grunddaten derLogistik

LO-BM

Chargen-verwaltung

LO-VC

Varianten-konfiguration

LO - Logistik Allgemein

LO-ECH

Änderungsdienst

LO-LIS

Logistikinforma-tionssystem

LO-AP

Montage-abwicklung

Abb. 3-15: Komponenten des Anwendungsbereichs "Logistik allgemein".

Im Zentrum der Grunddatenerfassung (LO-MED) des Logistikbereichs steht der Mate-

rialstamm. Über ein ausgeklügeltes Sichtenkonzept lassen sich für die einzelnen Unter-

nehmensbereiche (z.B. Einkauf, Konstruktion oder Buchhaltung) die relevanten Mate-

rialstammdaten erfassen. Dabei ist die Nutzung der Materialstammdaten nicht auf die

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Das R/3-System

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Materialwirtschaft beschränkt, sondern umfasst den ganzen Logistikbereich. Der Aufbau

des Materialstamms ist hierarchisch und entspricht den verschiedenen Organisation-

sebenen des R/3-Systems. Dadurch ist klar definiert, welche Datenelemente des Mate-

rialstamms für welche Unternehmensbereiche (Organisationseinheiten) gültig sind. Ge-

wisse grundlegende Angaben (z.B. Materialkurztexte, Gewicht und Volumen) sind auf

Mandantenebene festgelegt und gelten dadurch konzernweit. Andere wiederum gelten

nur auf Werks-, auf Lagerort- oder auf Vertriebsebene. Darüber hinaus lässt sich der

Materialstamm nach Branchen (z.B. Maschinenbau, Anlagenbau oder Chemie) und

nach Materialarten (z.B. Rohmaterial, Fertigerzeugnisse oder Handelswaren) unterglie-

dern. Durch diese Gliederungsmöglichkeiten lassen sich branchen- und materialartab-

hängige Datenfelder in den Masken ein- resp. ausblenden.

Damit die steigenden Anforderungen in den Bereichen des Verbraucher- und Umwelt-

schutzes (Produktehaftpflicht) erfüllt werden können, müssen die in einem Herstel-

lungsgang gefertigten Erzeugnisse eindeutig einer Charge zugeordnet und entsprechend

dokumentiert werden können. Die integrierte Chargenverwaltung (LO-BM) des R/3-

Systems kann im ganzen Logistikbereich eingesetzt werden und erlaubt die Nachverfol-

gung einer Charge von der Beschaffung der Rohstoffe bis zur Auslieferung des Ender-

zeugnisses. Dadurch herrscht absolute Transparenz über den Fertigungsprozess und

Detailinformationen über einzelne Fertigungsschritte einer Charge können auch nach-

träglich jederzeit zur Abklärung rekonstruiert werden.

Durch den Änderungsdienst (LO-ECH) wird die Mutation von Stammdaten (z.B. Mate-

rialstamm oder Stücklisten) lückenlos protokolliert. Dabei wird zwischen Änderungen

mit und ohne Historie unterschieden. Ein Änderung ohne Historie ist vor allem für Pro-

dukte in der Entwicklungsphase sinnvoll. Der Zustand vor der Änderung wird nicht fest-

gehalten. Bei Änderungen mit Historie gilt ein Zustand für einen ganz bestimmten Gül-

tigkeitszeitraum. Dadurch existiert beispielsweise für Produktehaftpflichtfälle eine voll-

ständige Dokumentation aller erfolgten Änderungen.

Die Forderung der Konsumenten nach mehr Individualität hat bei gewissen Produkten

(z.B. Fahrzeugen) zu einer enormen Variantenvielfalt geführt. Oftmals sind aber aus

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Das R/3-System

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technischen oder sonstigen Rahmenbedingungen nicht alle denkbaren Varianten mög-

lich bzw. sinnvoll (z.B. die Kombination Cabriolet und Klimaanlage). Die Möglichkeit

der Abdeckung dieses Bedürfnisses durch die Variantenkonfiguration (LO-VC) stellt

einen idealen Kompromiss zwischen der teuren Einzel- und der oftmals nicht bedürfnis-

gerechten Serienfertigung dar. Das zur Konfiguration eines Produkts notwendige Bezie-

hungswissen muss daher in einer Regeldatenbank abgelegt werden können. In Maxi-

malstücklisten und -arbeitsplänen sind alle möglichen Komponenten und Arbeitsgänge

festgehalten. Über frei definierbare Merkmale werden den einzelnen Produkten ver-

schiedene Eigenschaften zugewiesen. Durch das vorhandene Beziehungswissen kann

die Zulässigkeit einer Variante überprüft und anschliessend eine entsprechende Stückli-

ste erzeugt werden. Parallel zum Konfigurationsprozess erfolgt die Preisbestimmung für

die gewählte Variante. Diese wird auf der Basis der festgelegten Variantenkonditionen

durchgeführt. Neben Materialien kann die Variantenkonfiguration auch für Standard-

netze innerhalb des Projektsystems (PS) eingesetzt werden. Standardnetze sind pro-

jektneutrale Abläufe, die mehrfach verwendet werden können. Durch die Kombination

von verschiedenen Standardnetzen entstehen individuelle Netzpläne, deren Aufbau in

gleicher Weise über Merkmale und ein entsprechendes Beziehungswissen gesteuert

werden kann.

Im Bereich der Kundeneinzelfertigung kommt es oft vor, dass bei einer Kundenbestel-

lung verlässliche Terminzusagen gemacht werden müssen. Da das Enderzeugnis in den

meisten Fällen aber nicht am Lager liegt und zuerst gefertigt werden muss, kann nur die

Verfügbarkeit von Baugruppen resp. einzelnen Komponenten überprüft werden. Durch

die Montageabwicklung (LO-AP) im R/3-System können die angesprochenen Über-

prüfungen vorgenommen werden. Dabei orientiert sich die Verfügbarkeitsprüfung an

der Menge und am gewünschten Liefertermin. Bei der Prüfung der Auftragsmenge wird

jene Komponente mit der geringsten Verfügbarkeitsmenge ermittelt. Die Bestimmung

des Liefertermins orientiert sich an jener Komponente, welche voraussichtlich als letzte

für die Montage bereitstehen wird. Für die Überprüfung des Liefertermins kann beim

Erfassen des Kundenauftrags ebenfalls bereits die Kapazitätsplanung durchgeführt wer-

den. Bei gleichzeitiger Verwendung der Variantenkonfiguration wird im System nach

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Das R/3-System

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der Festlegung einer Variante für die Terminermittlung ebenfalls ein Montageauftrag

erzeugt. Neben Montageaufträgen in Form von Fertigungs- oder Planaufträgen können

auch Netzpläne zeitlich terminiert werden.

Das Logistikinformationssystem (LO-LIS) dient zur Auswertung der im Logistikbereich

vorhandenen Daten und besteht aus den in Abb. 3-16 dargestellten Teilkomponenten.

Zur Auswertung der vorhandenen Daten werden in allen Informationssystemen diesel-

ben zentralen Auswertungswerkzeuge verwendet. Darüber hinaus sind für jedes einzel-

ne Informationssystem speziell zugeschnittene Auswertungstechniken verfügbar. Zusätz-

lich zur Auswertung der Ist-Daten können mit einem gut ausgebauten Prognoseinstru-

ment122 auch Planwerte ermittelt werden. Ferner steht für die kundenindividuelle Ge-

staltung des LO-LIS das sogenannte Logistics Data Warehouse zur Verfügung. Mit die-

sem Instrument kann eine eigene Datenbasis mit individuellen Fortschreibungsregeln

aufgebaut und für Auswertungen bereitgestellt werden.

122 Die Prognoserechnung wurde mit Release 3.0 zu einem zentral verfügbaren Instrument zusammen-gefasst und entsprechend erweitert.

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LIS - Logistikinformationssystem

Vertriebsinformations-system

Einkaufsinformations-system

Bestandscontrolling

Fertigungs-informationssystem

Qualitätsmanagement-informationssystem

Instandhaltungs-informationssystem

Planung / Prognose

Frühwarnsystem

Logistikinformationsbibliothek

LO-LIS

Abb. 3-16: Komponenten des Logistikinformationssystems.

Ein integriertes Frühwarnsystem ermöglicht die Überwachung von ausgewählten Kenn-

zahlen mit dem Zweck, Ausnahmesituationen und Fehlentwicklungen frühzeitig zu er-

kennen. Das Frühwarnsystem ist in allen Teilbereichen des Logistikinformationssystems

verfügbar.

Für die verschiedenen Bereiche des LIS ist im R/3-Standard eine grosse Zahl von Kenn-

zahlen vorhanden. Diese sind in der Logistikinformationsbibliothek (LIB) in Klassen

zusammengefasst und dadurch übersichtlich strukturiert. Komfortable Suchroutinen ge-

währleisten das rasche Auffinden der gesuchten Kennzahl. Darüber hinaus besteht die

Möglichkeit, benutzerdefinierte Kennzahlen in die Logistikinformationsbibliothek einzu-

binden und allgemein zugänglich zu machen. Durch diese Funktionen wird die Trans-

parenz über die im R/3-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten erheblich ver-

bessert und gleichzeitig ist genügend Spielraum für die Integration von eigenentwickel-

ten Kennzahlen vorhanden.

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3.3.4.2 SD - Vertriebsabwicklung (Sales & Distribution)

Das Vertriebssystem von R/3 unterstützt den Verkauf und den Versand von Produkten

und Dienstleistungen an verschiedene Geschäftspartner. Eine Vielzahl von organisatori-

schen Gestaltungsmöglichkeiten gewährleisten die optimale Abbildung der eigenen Ver-

kaufs- und Versandorganisation. Die Integration des Vertriebsbereichs ist recht ausge-

prägt und insbesondere zur Materialwirtschaft und zum Finanzwesen existieren wesent-

liche Verknüpfungen. Aus der Materialwirtschaft werden sämtliche Informationen über

Produkte und Dienstleistungen (Materialstamm) entnommen und über das Finanzwesen

erfolgt die Zahlungsüberwachung und -abwicklung. Auch zu andern Modulen des R/3-

Systems (CO, PP, PS und PM) erfolgt ein Datenaustausch. Das Vertriebssystem besteht

aus den Abb. 3-17 in dargestellten Teilbereichen.

SD-MD

Grunddaten

SD-BF

Grundfunktionen

SD-SHP

Versand

SD - Vertriebsabwicklung

SD-SLS

Verkauf

SD-BIL

Fakturierung

SD-CAS

Vertriebs-unterstützung

Abb. 3-17: Komponenten der Vertriebsabwicklung.

Bei der Vertriebsabwicklung muss entweder auf bereits bestehende Grunddaten (SD-

MD) - z.B. Materialstamm - zurückgegriffen werden können oder während des Ver-

kaufsprozesses ist die Erfassung von neuen Daten (z.B. Kunden, Konditionen, Abspra-

chen) notwendig. Die gesammelten Grunddaten bilden somit die Basis für alle weiteren

Schritte.

Die Grundfunktionen (SD-BF) der Vertriebsabwicklung stellen dem Vertriebsmitarbei-

ter ein breites Instrumentarium für die Unterstützung des Verkaufsprozesses zur Verfü-

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gung. In diesem Zusammenhang sind im wesentlichen folgende Funktionsbausteine

relevant:

• Materialfindung

• Preisfindung

• Verfügbarkeitsprüfung

• Kreditmanagement.

Durch die Materialfindung kann ein bei der Verkaufsabwicklung erfasstes Material au-

tomatisch durch ein anderes ersetzt werden. Dieser Fall ist z.B. bei Aktionen oder saiso-

nal bedingten Verpackungsänderungen (z.B. Ostern oder Weihnachten) sinnvoll. Wird

ein Produkt bestellt, substituiert das System automatisch den gewählten Artikel durch

einen andern.

Die Preisfindung dient zur Berechnung der Nettopreise. Diese werden auf der Basis der

Bruttopreise und der zusätzlich vorhandenen Preiselemente (Zu- und Abschläge, Fracht,

Steuern) bestimmt. Die Bruttopreise und die einzelnen Preiselemente sind entweder fix

vorgegeben oder werden kundenindividuell anhand eines speziellen Konditionsschemas

bestimmt. Dabei können die Faktoren Kunde, Produkt und Bestellmenge für die Be-

stimmung des Endpreises relevant sein. Ferner besteht die Möglichkeit, die Preise von

einem Gültigkeitszeitraum abhängig zu machen (z.B. Gültigkeitszeitraum von Aktionen

oder Preislisten). Durch die dargestellten Möglichkeiten können praktisch alle Facetten

der Preisbestimmung abgedeckt werden.

Eine integrierte Verfügbarkeitsprüfung unterstützt den Verkaufsangestellten bei der

Zusicherung von Lieferterminen während des Verkaufsprozesses. Für die Ermittlung der

Materialverfügbarkeit stellt das System verschiedene Verfahren zur Verfügung. Bei der

Überprüfung eines gewünschten Liefertermins auf der Basis der ATP-Menge123 werden

der aktuelle Lagerbestand und die geplanten Zu- und Abgänge für die Berechnungen

herangezogen. Bei der Prüfung gegen die Vorplanung wird die Materialverfügbarkeit

123 ATP = Available To Promise.

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aufgrund eines kundenanonymen Primärbedarfs ermittelt. Dieser wird im Rahmen der

Produktionsprogrammplanung anhand von Erfahrungswerten bestimmt und sukzessive

gegen die eingehenden Aufträge verrechnet. Darüber hinaus kann eine Verfügbarkeits-

prüfung mit oder ohne Einbeziehung der Wiederbeschaffungszeit durchgeführt werden.

Durch ein integriertes Kreditmanagement kann das Kreditrisiko bei der Vertriebsab-

wicklung verringert werden. Eine direkte Verbindung zur Finanzbuchhaltung liefert In-

formationen zum Stand der offenen Posten und ermöglicht dadurch die Überprüfung

der Einhaltung von Kreditlimiten und die Beurteilung der finanziellen Situation eines

Kunden. Bei kritischen Kreditsituationen wird der Vertriebsmitarbieter durch das System

via Mail benachrichtigt. Dadurch kann die Verkaufsabwicklung beschleunigt und das

Kreditrisiko minimiert werden.

Das R/3-System unterstützt den Verkauf (SD-SLS) mit einer ganze Palette von Möglich-

keiten. Durch verschiedene Arten von Verkaufsbelegen können alle Stadien der Auf-

tragsabwicklung (Anfrage, Angebot, Auftrag, Rahmenverträge und Reklamationen) dar-

gestellt werden. Die aus der Verkaufsabwicklung resultierenden Informationen (Preis,

Konditionen, Versandtermine, zugesicherte Mengen, etc.) erscheinen im Verkaufsbeleg

und bilden die Basis für die ganze Vertriebsabwicklung. Zur Unterstützung der für den

Versand (SD-SHP) erforderlichen Aktivitäten stellt das R/3-System folgende Grundfunk-

tionen zur Verfügung:

• Terminverfolgung der fälligen Aufträge

• Erstellung und Bearbeitung von Lieferungen

• Überwachung der Verfügbarkeit eines Artikels

• Transportdisposition

• Unterstützung der Kommissionierung (Anbindung an das Lagerverwaltungssystem)

• Verpacken der Lieferungen

• Druck und Übermittlung der Versandpapiere

• Abwicklung des Warenausgangs

• Überwachung des Arbeitsvorrats im Versand.

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Der Versand basiert im wesentlichen auf den Versandbelegen Lieferung und Warenaus-

gang. Mit der Eröffnung eines Lieferbelegs wird der Versand eingeleitet. Falls der Liefe-

rung die Erfassung eines Auftrags vorangegangen ist (Regelfall), werden sämtliche ver-

sandrelevanten Informationen übernommen. Andernfalls muss eine manuelle Erfassung

durchgeführt werden. Nach der Erstellung des Lieferbelegs erfolgt der Warenausgang

und der Druck der Versandpapiere. Der Warenausgang als solches wird über das Mate-

rialwirtschaftsmodul (MM) abgewickelt, da es sich dabei um eine Materialbewegung

handelt. Nach dem Warenausgang ist der Versand abgeschlossen und die Lieferung

kann fakturiert werden.

Als letzte Aktivität des Vertriebs sind bei der Fakturierung (SD-BIL) Rechnungen auf-

grund der erbrachten Lieferungen und Leistungen zu erstellen. Die dafür relevanten

Informationen werden aus dem Verkaufs- und aus dem Versandbeleg entnommen.

Auch Sonderformen der Fakturierung (Proformarechnungen, Gut- und Lastschriften)

sind im System vorgesehen. Weiter kann die Stornierung von Rechnungen und die Bo-

nusabwicklung durchgeführt werden. Nach der Erstellung der Faktura erfolgt die Über-

gabe der Daten an die Finanzbuchhaltung (FI).

Die Vertriebsunterstützung (SD-CAS) bietet für alle Aktivitäten im Rahmen der Akqui-

sition und der Kundenbetreuung entsprechenden Support. Die gesammelten Informa-

tionen werden in strukturierter Form hinterlegt und können durch die Mitarbeiter des

Vertriebs und des Marketings in vielfältiger Weise genutzt werden. Dabei werden vor

allem Daten zu Kunden und Interessenten erfasst. Neben den eigentlichen Stammdaten

(Firmenname, Adresse, Ansprechpartner etc.) werden auch marketingrelevante Infor-

mationen (Umsatz, Anzahl Mitarbeiter, Branche etc.) erfasst. Zur Pflege des Kundenver-

hältnisses erlaubt das R/3-System die Erfassung von sämtlichen Informationen aus Kun-

denkontakten. Die Auswertung dieser Daten ermöglicht die bessere Planung und Koor-

dination der Vertriebsaktivitäten. Durch Mailingaktionen, welche ebenfalls im System

verwaltet werden können, lassen sich Kunden und Interessenten spezifischer bearbei-

ten. Neben der Sammlung und Auswertungen von kundenspezifischen Daten bietet das

R/3-System auch die Möglichkeit, Informationen über Wettbewerber und deren Pro-

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dukte zu hinterlegen. Sämtliche Daten (inkl. Texte) müssen in strukturierter Form erfasst

werden. Dadurch ist die bessere Auswertbarkeit der Informationen gewährleistet, und

es können dadurch zuverlässigere Aussagen über die eigene Wettbewerbssituation und

über die Erfolgschancen bei der Erschliessung neuer Märkte gemacht werden.

Neben den dargestellten Grundelementen zur Vertriebsabwicklung unterstützt das R/3-

System zusätzliche Funktionen für die Anforderungen international ausgerichteter Un-

ternehmen. Darunter fallen insbesondere Instrumente zur Abwicklung von Aussenhan-

delsgeschäften. Im Zentrum steht dabei nicht nur die Veräusserung von Waren über die

Landesgrenzen hinweg, sondern auch um den Import von Gütern aus dem Ausland.

Die Teilkomponente Aussenhandel berücksichtigt diese besonderen Bedürfnisse durch

spezielle Datenfelder in den relevanten Stammdaten (Kundenstamm, Lieferanten-

stamm, Materialstamm, Einkaufsinfosatz), eine integrierte Ausfuhrkontrolle, ein weitge-

hend automatisiertes Meldeverfahren für behördliche Vorgänge und eine Herkunftser-

mittlung der verwendeten Teile und Baugruppen (Präferenzabwicklung). Dadurch wer-

den die Vertriebsaktivitäten bei der Abwicklung von Aussenhandelsgeschäften erheblich

erleichtert und durch Automatisierung gewisser Vorgänge beschleunigt.

3.3.4.3 MM - Materialwirtschaft (Materials Management)124

Innerhalb des Logistikbereichs nimmt die Materialwirtschaft zentrale Aufgaben wahr. Sie

ist vorwiegend auf die Beschaffungsseite in der Logistikkette ausgerichtet und stellt in

diesem Kontext Funktionen für den Einkauf von Gütern und Dienstleistungen sowie für

die Lagerverwaltung und Bewertung der beschafften Materialien dar. In Abb. 3-18 sind

die einzelnen Komponenten im Überblick dargestellt.

124 Vgl. dazu CDI (1996a) S. 113 ff.; Engels/Gresch/Nottenkämpfer (1996), S. 270 ff.; SAP AG (1996a);SAP AG (1993a).

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Das R/3-System

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MM-PUR

Einkauf

MM-SRV

Dienstleistung

MM-IM

Bestandes-führung

MM - Materialwirtschaft

MM-CBP

VerbrauchDisposition

MM-WM

Lagerverwaltung

MM-IV

Rechnungs-prüfung

Abb. 3-18: Komponenten der Materialwirtschaft.

Neben dem Einkauf (MM-PUR) von materiellen Gütern unterstützt das R/3-System

auch die Beschaffung von extern bezogenen Dienstleistungen (MM-SRV). Für diesen

Zweck existiert ein eigens dafür vorgesehener Dienstleistungsstamm, welcher eine ähn-

liche Struktur aufweist wie der Materialstamm. Die Bedarfsermittlung von Dienstleistun-

gen stützt sich im Unterschied zu materiellen Gütern eher auf Begehren der Instand-

haltung (PM) oder des Projektsystems (PS). Für die Einkaufsabwicklung benötigt das R/3-

System neben Materialstamm und Dienstleistungsstamm weitere Grunddaten. Dazu

gehören insbesondere der Lieferantenstamm und die Einkaufsinfosätze.

Der Lieferantenstamm bildet die Grundlage für den Einkauf und für die Buchhaltung.

Er ist in Analogie zum Materialstamm ebenfalls hierarchisch organisiert und die einzel-

nen Datenbereiche sind für verschiedene Organisationsebenen gültig (Mandant, Bu-

chungskreis oder Einkaufsorganisation). Für den Einkauf sind vorwiegend Informationen

zu Ansprechpartnern, Konditionen und Lieferbedingungen von Interesse. Die Buchhal-

tung benötigt vor allem Daten zu Bankverbindungen und Zahlungsbedingungen für die

Rechnungsprüfung und die Zahlungsabwicklung.

Für die Lieferantenermittlung werden im R/3-System sogenannte Einkaufsinfosätze

verwendet. Diese stellen eine Beziehung zwischen den benötigten Produkten und den

dafür in Frage kommenden Lieferanten her. Der Einkaufsinfosatz enthält zusätzlich In-

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Das R/3-System

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formationen zu Preisen, Konditionen, Lieferfristen und Lieferantenbeurteilungsdaten.

Die im Einkaufsinfosatz vorhandenen Daten werden als Grundlage für eine Bestellung

verwendet.

Die Abwicklung der Logistikprozesse erfolgt auf der Basis der erfassten Grunddaten.

Aufgrund der Informationen aus anderen R/3-Modulen (SD, PP, PS oder PM) oder an-

hand der aktuellen Bestandssituation wird eine Materialdisposition (MM-CBP) durch-

geführt. Diese löst in Abhängigkeit des verwendeten Dispositionsverfahrens (Ver-

brauchsgesteuerte Disposition oder Plangesteuerte Disposition) Bestellvorschläge aus.

Die verbrauchsgesteuerte Disposition stellt ein relativ einfaches Verfahren zur Be-

darfsermittlung dar und wird vorzugsweise in Betrieben ohne eigene Fertigung oder in

Produktionsbetrieben für die Beschaffung von B- und C-Teilen, resp. Hilfs- und Be-

triebsstoffen verwendet. Die plangesteuerte Disposition richtet sich am effektiven Be-

darf und wird in Produktionsbetrieben vorwiegend für die Beschaffung von A-Teilen

verwendet. Die aus der Materialdisposition resultierenden Bestellvorschläge, welche

unter Berücksichtigung des gewählten Dispositionsverfahrens und eines entsprechenden

Losgrössenverfahrens ermittelt werden, können in Abhängigkeit von der Beschaffungsart

des Materials (Fremdbeschaffung oder Eigenfertigung) entweder in eine Bestellanforde-

rung oder in einen Planauftrag umgewandelt werden. Dadurch kann entweder der Be-

schaffungs- oder der Produktionsprozess ausgelöst werden.

Innerhalb der Materialwirtschaft setzt sich der Logistikprozess mit der Einkaufsabwick-

lung fort. Durch die Bestellanforderung sind für die zu bestellenden Materialien die

Menge und der Termin festgelegt worden. Ausgehend von diesen Rahmenbedingungen

hat der Einkäufer die Möglichkeit, über das System eine oder mehrere Bezugsquellen zu

ermitteln und Anfragen zu formulieren. Nach dem Eintreffen der verschiedenen Offer-

ten lassen sich diese im System miteinander vergleichen, und eine Lieferantenauswahl

kann getroffen werden. Die nachfolgende Bestellabwicklung basiert auf den bereits er-

fassten Daten und ermöglicht ein weitgehend automatisiertes Vorgehen (Erstellen der

Bestellung und Bestellüberwachung). Die physische Einkaufsabwicklung wird durch den

Wareneingang abgeschlossen.

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Das R/3-System

100

Jeder Vorgang der eine Veränderung des Warenbestandes bewirkt, wird im R/3-System

im Rahmen der Bestandesführung (MM-IM) erfasst. In diesem Zusammenhang wird

von Warenbewegungen gesprochen. Dabei werden verschiedene Arten von Warenbe-

wegungen unterschieden:

• Wareneingang (Erhöhung des Lagerbestands)

• Warenausgang (Verminderung des Lagerbestands)

• Umlagerung zwischen verschiedenen Lagerorten

• Umbuchung (z.B. Übernahme von Konsignationsmaterial in den eigenen Bestand).

Zur Unterscheidung der verschiedenen Warenbewegungen sind im R/3-System soge-

nannte Bewegungsarten vorgesehen. Diese beinhalten zugleich eine Steuerungsfunktion

für die Fortschreibung der Bestände. Die Bestandsführung berücksichtigt aber nicht nur

die mengenmässigen Auswirkungen einer Warenbewegung, sondern schreibt auch die

wertmässigen Veränderungen fort. Aus diesem Grund wird vom System neben dem

Materialbeleg zusätzlich ein Buchhaltungbeleg erzeugt. Durch diese mengen- und

wertmässige Erfassung jeder Warenbewegung sind die Lagerbestände und der aktuelle

Wert des Lagers jederzeit bekannt. Ein Abgleich zwischen den Buchungsbeständen und

den effektiven Beständen im Lager kann über verschiedene Inventurverfahren

(Stichtagsinventur, Stichprobeninventur, Cycle-Counting) erfolgen.

Das Lagerverwaltungssystem (MM-WM) ergänzt die Möglichkeiten der Bestandsfüh-

rung. Hier werden zusätzlich zu den rein mengen- und wertmässigen auch räumliche

Bewegungen erfasst und gesteuert. Dabei lassen sich die verschiedensten Lagertypen

(Hochregallager, Freilager, Blocklager etc.) mit dem R/3-System abbilden und verwal-

ten. Zusätzlich können sämtliche Lagerbewegungen initiiert, gesteuert und überwacht

werden.

Die Bestandsführung und das Lagerverwaltungssystem stellen eine wichtige Informa-

tionsbasis für andere R/3-Komponenten dar. Beispielsweise wird die Verfügbarkeits-

prüfung bei Kundenbestellungen (SD) oder bei kundenanonymen Fertigungsaufträgen

(PP) aufgrund der im Rahmen der Bestandsführung fortgeschriebenen Werte durchge-

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Das R/3-System

101

führt. Aber auch andere R/3-Module (FI, CO, AM, PS, QM, PM, LIS) beziehen für die

Abwicklung bestimmter Geschäftsprozesse Informationen aus der Bestandsführung.

Endgültig abgeschlossen wird die Einkaufsabwicklung mit der Rechnungsprüfung (MM-

IV), welche ebenfalls ein Bestandteil von MM darstellt. Dabei werden eingehende

Rechnungen erfasst, auf sachliche, preisliche und rechnerische Richtigkeit geprüft und

in der Kreditorenbuchhaltung (FI) verbucht. Darüber hinaus können auch Rechnungen,

welche ausserhalb der ordentlichen Materialbeschaffung angefallen sind, über die

Rechnungsprüfung abgewickelt werden.

Im Rahmen der Materialbewertung wird der Bestandswert eines Materials errechnet

und in der Finanzbuchhaltung fortgeschrieben. Die dafür benötigten Informationen be-

zieht die Materialbewertung vom Einkauf, von der Bestandsführung und von der Rech-

nungsprüfung. Durch die aktuelle Berechnung der Bestandswerte kann der Wert des

Lagers für die Aufstellung von Zwischenbilanzen jederzeit ermittelt werden.

Im Material Ledger wird als alternative Methode zur Materialbewertung eine Art Ne-

benbuchhaltung für Materialien geführt. Dies hat den Vorteil, dass der Materialpreis für

einen bestimmten Zeitraum konstant gehalten werden kann. Ferner wird die Möglich-

keit geboten die Materialbewertung in 3 verschiedenen Währungen zu führen, was die

Konsolidierung der einzelnen Bilanzen in einem Konzern erheblich erleichtert.

3.3.4.4 PP - Produktionsplanung und -steuerung (Production Planning)125

Zwischen dem Einkauf und der Lagerung von Rohstoffen und Baugruppen und dem

Vertrieb der Endprodukte spielt die DV-gestützte Planung und Steuerung des Ferti-

gungsprozesses eine zentrale Rolle. In diesem Kontext trägt ein PPS-System wesentlich

zur Qualität, zur Variantenvielfalt und zur Erhaltung der Lieferbereitschaft in einem Fer-

tigungsbetrieb bei. Aufgrund der Komplexität der Planung und Steuerung von Ferti-

gungsprozessen haben viele Betriebe bereits frühzeitig erkannt, dass sich diese Problem-

stellung nur sinnvoll mit IV-Unterstützung lösen lässt. PPS-Systeme sind dementspre-

125 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 299 ff., SAP AG (1996a), SAP AG (1994a).

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Das R/3-System

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chend komplex und stellen ein klassisches Anwendungsgebiet für betriebswirtschaftliche

Applikationen dar. Die allgemeine Produktionsplanung und -steuerung des R/3-Systems

lässt sich in die in Abb. 3-19 dargestellten Einzelkomponenten untergliedern.

PP-BD

Grunddaten

PP-SOP

Absatz- und Pro-duktionsgrobplanung

PP-MRP

Lagerverwaltung

PP - Produktionsplanung und -steuerung

PP-MP

Produktions-planung

PP-CRP

Kapazitätsplanung

PP-SFC

Fertigungs-aufträge

CO-PC

Produktkalkulation

Abb. 3-19: Komponenten der Produktionsplanung und -steuerung.

Für die Planung und Abwicklung von Fertigungsprozessen benötigt ein PPS-System ent-

sprechende Grunddaten. Dazu werden insbesondere Informationen über das Produkt

und dessen Bestandteile (Materialstamm, Stücklisten), über das Vorgehen bei der Ferti-

gung (Arbeitspläne) sowie über die Art und Kapazitäten der vorhandenen Arbeitsplätze

benötigt.

Auf die Bedeutung des Materialstamms wurde bereits im Rahmen der Materialwirt-

schaft hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist sicherlich noch erwähnenswert, dass

neben den Einzelteilen und Baugruppen im Materialstamm auch sämtliche Enderzeug-

nisse erfasst werden. Die unterschiedliche Rolle wird den Materialien über die Zuord-

nung zu einer Materialart (z.B. ROH, HALB, FERT) zugeschrieben.

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Das R/3-System

103

Die Struktur eines Endprodukts wird durch die Erfassung von Stücklisten dargestellt.

Eine Stückliste definiert die Menge und Art der Einzelbestandteile eines Enderzeugnis-

ses. Im R/3-System werden verschiedene Arten von Stücklisten unterschieden:

• Einfache Stückliste

• Variantenstückliste

• Mehrfachstückliste.

Bei einer einfachen Stückliste existiert zu einem Produkt nur eine Stückliste, bzw. diese

wird für kein anderes Produkt verwendet. Variantenstücklisten werden bei der Her-

stellung von ähnlichen Erzeugnissen, d.h. wenn die Grundstruktur identisch ist und nur

geringe Abweichungen in Einzelbereichen existieren (z.B. Variantenkonfiguration von

Fahrzeugen in der Automobilindustrie). Mehrfachstücklisten werden für Produkte ver-

wendet, die je nach Losgrösse in unterschiedlichen Verfahren und unterschiedlichen

Mengenverhältnissen hergestellt werden. Diese Anwendung ist insbesondere bei Er-

zeugnissen aus der Chemischen Industrie üblich.

Neben der Art einer Stückliste wird auch der Verwendungszweck als Differenzierungs-

merkmal herangezogen. Unterschieden wird dabei zwischen Verwendungen für die

Fertigung, die Konstruktion, die Instandhaltung, den Vertrieb oder die Kalkulation.

Durch Arbeitspläne wird die Reihenfolge einzelner Arbeitsgänge festgelegt. Gleichzeitig

erfolgt eine Zuordnung der Arbeitsgänge zu den im Betrieb vorhandenen Arbeitsplät-

zen. Zudem können in einem Arbeitsplan auch die benötigten Fertigungshilfsmittel

(Werkzeuge etc.) berücksichtigt werden. Für die Terminierung und Kalkulation des Her-

stellungsprozesses lassen sich für jeden Arbeitsgang Vorgabewerte erfassen. Im eigentli-

chen Fertigungsprozess werden die erfassten Arbeitspläne als Vorlage verwendet und

können gegebenenfalls nach der Übernahme in den Fertigungsauftrag noch angepasst

werden.

In den für die Erfassung der Arbeitspläne notwendigen Arbeitsplätzen wird festgelegt,

welche personellen oder maschinellen Ressourcen verfügbar sind. Dabei werden nicht

nur die Kapazitäten bestimmt, sondern auch die Kosten, welche bei der Nutzung dieser

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Das R/3-System

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Faktoren entstehen. Diese Informationen bilden die Grundlage für verschiedene R/3-

Komponenten. Insbesondere bilden sie die Grundlage für die Kalkulation, für die Ter-

minierung und für die Kapazitätsplanung.

Am Anfang des Produktionsplanungs- und -steuerungszyklusses steht die Absatz- und

Produktionsgrobplanung (SOP = Sales & Operations Planning). Deren Ziel ist es auf

der Basis einer mittel- oder langfristigen Absatzmengenplanung die dazu notwendigen

Produktionsaktivitäten festzulegen. Dabei können die voraussichtlichen Absatzmengen

entweder manuell erfasst werden (z. B. geplante Absatzwerte) oder auf der Grundlage

von Vergangenheitswerten über verschiedene Prognoseverfahren bestimmt werden. Die

Planung kann wahlweise für einzelne Materialien oder ganze Produktgruppen durch-

geführt werden. Ausgehend von den in der Absatzmengenplanung ermittelten Werten

wird anschliessend ein Produktionsgrobplan erstellt. Dieser bildet einen Richtwert für

nachgelagerte Planungsphasen.

Die Langfristplanung stellt eine Art simulative Planung für eine längere Zeitspanne (ca.

1 Jahr) dar. Dabei wird das Ziel verfolgt, längerfristig abzuschätzen, ob für einen gege-

benen Absatzplan ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen oder ob diese Kapa-

zitäten allenfalls erweitert werden müssen (z.B. durch Zukauf neuer Maschinen). Aus-

serdem kann der Einkauf anhand der Planwerte das Bestellvolumen für einzelne Liefe-

ranten ableiten und wird dadurch in die Möglichkeit versetzt, Kontrakte zu günstigen

Konditionen auszuhandeln. Die Langfristplanung wird simulativ, d.h. losgelöst von der

operativen Planung durchgeführt. Es besteht allerdings die Möglichkeit ein bestehendes

Produktionsprogramm durch eine bevorzugte Version der Langfristplanung zu ersetzen.

Bei der eigentlichen operativen Planung (Produktionsprogrammplanung) werden die

Bedarfsmengen und die Liefertermine für Enderzeugnisse und wichtige Baugruppen

festgelegt. Die Absatzzahlen zur Ermittlung des Produktionsprogramms entstammen

entweder der Prognoserechnung oder werden von der Ergebnis- und Marktseg-

mentrechnung (CO-PA) bzw. von der Planungskomponente des Vertriebsinformations-

systems (SD-IS) geliefert. Auch Absatzzahlen aus externen Datenquellen können als In-

putwerte für die Produktionsprogrammplanung verwendet werden.

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Das R/3-System

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Beeinflusst wird die Planung von der gewählten Planungsstrategie. Dabei können

grundsätzlich folgende Strategien unterschieden werden:

• Anonyme Lagerfertigung

• Kundeneinzelfertigung

• Losfertigung für Kunden- und Lageraufträge.

Über die Auswahl einer Vorplanungstrategie wird bestimmt, ob gegebenenfalls gewisse

Baugruppen auftragsneutral vorproduziert werden und wie diese vorproduzierten Bau-

gruppen gegen eingehende Kundenaufträge verrechnet werden sollen.

Die Bedarfsplanung hat dafür zu sorgen, dass das richtige Material zum richtigen Zeit-

punkt und in der richtigen Menge vorhanden ist. Dabei steht die Gewährleistung eines

möglichst optimalen Lagerbestands im Vordergrund. Bei der Durchführung der Ma-

terialbedarfsplanung können im R/3-System verschiedene Dispositionsverfahren ver-

wendet werden:

• Plangesteuerte Disposition

• Leitteileplanung

• Verbrauchsgesteuerte Disposition.

Durch die plangesteuerte Disposition (oder auch deterministische Disposition ge-

nannt) werden die exakten Bedarfsmengen ermittelt. Dies ermöglicht eine Produktion

mit minimalen Sicherheitsbeständen. Ausgangspunkt für die plangesteuerte Disposition

sind Kundenaufträge, Planprimärbedarfe oder Materialreservierungen.

Für Teile, die einen erheblichen Einfluss auf den Produktionsprozess haben, wird eine

separate Disposition (Leitteileplanung) durchgeführt. Diese Differenzierung wird insbe-

sondere aufgrund der Tatsache vorgenommen, dass bei vollständiger Erfassung aller

Teile die eingeplanten Puffer und Sicherheitsbestände zu einer hohen Kapitalbindung

führen.

Im Rahmen der verbrauchsgesteuerten Disposition wird der künftige Bedarf anhand

vergangener Verbrauchswerte durch verschiedene Prognoseverfahren bestimmt. Das

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Das R/3-System

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Verfahren basiert auf den aktuellen Beständen und errechnet die Primär- und Sekun-

därbedarfe bei Unterschreitung eines Meldebestandes.

Auf die zeitliche und mengenmässige Festlegung der zu produzierenden Güter

(Kapazitätsbedarf) folgt die Abstimmung mit den vorhandenen Kapazitäten (Kapazitäts-

angebot). In diesem Zusammenhang wird von Kapazitätsplanung gesprochen. Eine

Kapazität stellt dabei eine Ressource (z.B. Person oder Maschine) dar, deren Angebot

für einen Zeitraum festgelegt werden kann. Über die Arbeitspläne erfolgt die Zuordnung

der einzelnen Arbeitsgänge zu den verfügbaren Arbeitsplätzen. Für alle Arbeitsplätze ist

somit über die zugewiesenen Kapazitäten ein bestimmtes Kapazitätsangebot verfügbar.

Dieses Kapazitätsangebot wird im Rahmen der Kapazitätsplanung den aus den Vorga-

bewerten ermittelten Bedarfen gegenübergestellt (Kapazitätsauswertung). Die einzelnen

Bedarfe werden vor allem aus folgenden Anwendungsbereichen des R/3-Systems er-

zeugt:

• Vertrieb (Kundenaufträge)

• Absatz- und Produktionsgrobplanung (Produktionsgrobplanmengen)

• Langfristplanung (Planaufträge)

• Leitteileplanung (Planaufträge)

• Materialbedarfsplanung (Planaufträge)

• Serienfertigung (geplante Produktionsmengen)

• Fertigungssteuerung (Fertigungsaufträge)

• Projektsystem (Netzpläne)

• Instandhaltung (Instandhaltungsaufträge)

• Personalplanung (Personalplanungsaufträge).

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Das R/3-System

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Durch den Vergleich von Kapazitätsangebot und Kapazitätsbedarf lassen sich Über- und

Unterbelastungen innerhalb des Fertigungsprozesses bestimmen. Es ist das Ziel des Ka-

pazitätsabgleichs, diese Schwankungen auszugleichen. Ferner werden folgende Ziele

verfolgt:

• Hohe Kapazitätsauslastung

• Hohe Termintreue

• Kurze Durchlaufzeit

• Niedrige Bestände.

Diese teilweise gegenläufigen Ziele erschweren die Planung. Werden Kapazitätsengpäs-

se festgestellt, kann diesen durch verschiedene Massnahmen entgegengewirkt werden.

Ist der durchzuführende Auftrag bezüglich Endtermin flexibel, reicht eine einfache Um-

planung der Arbeitsgänge. Bei fixen Endterminen können Kapazitätsengpässe nur durch

Ausweitung des Kapazitätsangebots (Überstunden, Schichtarbeit, temporäre Aushilfs-

kräfte) überwunden werden. Die Auswirkungen auf die Planung können bei Änderung

des Kapazitätsangebots simulativ ermittelt werden.

Nach erfolgter Kapazitätsplanung werden die Fertigungsaufträge freigegeben und zur

Überwachung der Auftragsabwicklung an die Fertigungssteuerung übergeben. In einem

Fertigungsauftrag sind sämtliche Daten, welche für die Erbringung einer innerbetriebli-

chen Leistung relevant sind, zusammengefasst. Zusätzlich sind auch kostenrelevante

Informationen zur Auftragsabrechnung hinterlegt. Die Auftragsabwicklung ist in drei

Phasen unterteilt:

• Auftragseröffnung (Umsetzung von Planaufträgen, Stücklistenauswahl und Arbeits-

planselektion, Materialreservierungen, Ermittlung der Plankosten, Erzeugung von

Kapazitätsbedarfen, Bestellanforderungen für Nichtlagerpositionen und fremdbear-

beitete Vorgänge)

• Auftragsabwicklung (Materialentnahme, Auftragsdurchführung, Rückmeldungen,

Lagerzugang)

• Auftragsabschluss (technischer Abschluss, Auftragsabrechnung)

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Das R/3-System

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Mit der Abrechnung ist der Fertigungsauftrag abgeschlossen und sämtliche Daten kön-

nen einem elektronischen Archiv zugeführt werden.

Zur Preis- und Kostenbestimmung von Enderzeugnissen wird im R/3-System die Pro-

duktkalkulation (CO-PC) herangezogen. Diese besteht aus der Erzeugniskalkulation

und der Bauteilekalkulation.

Die Erzeugniskalkulation126 dient primär zur Ermittlung der Einzelpreise von gefertigten

Produkten. Dabei werden die Herstell- (Material-, Fertigungs- und Gemeinkosten) und

die Selbstkosten errechnet. Die dazu notwendigen Informationen bezieht das R/3-

System aus den Materialstamm (Materialpreise), aus den Stücklisten (Mengenangaben),

aus den Arbeitsplänen (Zeitvorgabewerte für die Durchführung des Arbeitsgangs), aus

den Arbeitsplätzen und aus der Kostenstellenrechnung (Leistungstarife). Die Gemeinko-

sten (Material- und Fertigungsgemeinkosten) werden über ein Kalkulationsschema als

Zuschlagssätze berücksichtigt. Die daraus resultierenden Herstellkosten bilden die

Preisbasis (Standardpreis) im Materialstamm.

Während die Erzeugniskalkulation in der Regel gemeinsam mit der Produktionsplanung

verwendet wird (Kalkulation von Materialien, Fertigungsaufträgen oder Kundenaufträ-

gen), ist die Einzelkalkulation für die Bearbeitung von kalkulationsrelevanten Daten aus

Fremdsystemen vorgesehen. Die Bauteilekalkulation, welche die Funktionalität der

Einzelkalkulation nutzt, stellt ebenfalls ein Instrument zur Kostenplanung und Preisbil-

dung für Produkte dar. Im Gegensatz zur Erzeugniskalkulation ist bei der Bauteilekalku-

lation aber eine Kostenermittlung ohne Bezug zu Stücklisten und Arbeitsplänen (resp.

Netz- und Wartungspläne) möglich. Zusätzlich lassen sich einzelne Kalkulationspositio-

nen (Bauteile) hierarchisch zusammenfassen. Dadurch besteht die Möglichkeit der

Wiederverwendung einzelner Kalkulationselemente.

Neben den Standardfunktionen der Produktionsplanung und -steuerung unterstützt das

R/3-System in diesem Bereich spezielle produktionswirtschaftliche Bedürfnisse durch

Zusatzkomponenten. Darunter fallen die in Abb. 3-20 dargestellten PP-Komponenten:

126 Vgl. Wenzel (1995a), S. 385 ff.

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Das R/3-System

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PP-REM

Serienfertigung

PP-KAP

Kanban

PP-PI

ProduktionsplanungProzessindustrie

Spezielle Komponenten von PP

Abb. 3-20: Spezielle Komponenten der Produktionsplanung und -steuerung.

Die Komponente Serienfertigung basiert auf den Ergebnissen der Gesamtbedarfspla-

nung und stellt für die Planung und Steuerung der Fertigungsabwicklung spezielle Funk-

tionen zur Verfügung. Der als Grundlage für die Serienfertigung notwendige Gesamtbe-

darf wird anhand von Bedarfsprognosen und Planprimärbedarfen bestimmt. Diese wer-

den mit den eingehenden Kundenaufträgen verrechnet und stellen als Gesamtergebnis

das Produktionsprogramm dar. Ausgehend von diesem Produktionsprogramm werden

periodenbezogen die Produktionsmengen für jedes Erzeugnis festgelegt. Die kurzfristige

Einplanung erfolgt mit Hilfe einer grafischen Plantafel.

Für die Abwicklung der Serienfertigung stehen grundsätzlich zwei verschiedene Varian-

ten zur Verfügung. Bei der ersten Variante können Serienaufträge durch Zusammenfas-

sung von selbständigen Plan- oder Fertigungsaufträgen erstellt werden. Die Sammlung

der Ist-Daten erfolgt dabei auf Basis der Fertigungsaufträge. Bei der zweiten Variante

entfallen die Fertigungsaufträge. Ein Serienauftrag besteht aus mehreren Produktions-

einteilungen, welche in gewissem Sinn mit Planaufträgen vergleichbar sind. Die Zuwei-

sung der während der Produktion anfallenden Kosten erfolgt in diesem Fall über soge-

nannte Produktionskostensammler.

Die zeitraumbezogene Betrachtungsweise in der Planung und die Vereinfachung bei der

Ist-Datenerfassung ermöglicht im Unterschied zur Einzel- und Werkstattfertigung eine

entsprechende Reduktion des Aufwands bei der Abwicklung von Serienaufträgen.

Die Produktionssteuerung mit Kanban stellt eine elektronische Variante des bekannten

Kanban/Just-in-Time-Verfahrens (Kanban/JIT) dar. Dabei wird das für die Fertigung be-

nötigte Material in Behältern direkt am Fertigungsort zwischengelagert. Entsteht bei der

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Das R/3-System

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Fertigung ein Materialbedarf, kann dieser durch Entnahme aus einem bereitgestellten

Behälter gedeckt werden. Die Materialentnahme wird über einen Barcode-Leser sofort

an das R/3-System weitergemeldet (analog der Weiterleitung einer Kanban-Karte). Die-

ser Impuls löst im System entweder einen Lagernachschub oder die externe Beschaffung

resp. die innerbetriebliche Fertigung des entsprechenden Teils aus. Die administrativen

Bereiche eines Unternehmens werden durch dieses Vorgehen entlastet und das Fehler-

risiko wird vermindert. Gleichzeitig bewirkt die Rückwärtsverkettung des Materialnach-

schubs eine Verringerung der Lagerbestände sowie eine Verkürzung der Durchlaufzei-

ten. Ein entsprechendes Informationssystem zur Überwachung des Materialflusses

schafft zusätzliche Transparenz, indem die Disponenten auf Engpässe und Störsituatio-

nen bei der Materialversorgung aufmerksam gemacht werden.

Die Produktionsplanung für die Prozessindustrie (PP-PI) richtet sich primär nach den

Bedürfnissen der chemischen, der pharmazeutischen, der Nahrungs- und Genussgüter-

industrie sowie der prozessorientierten Elektronikbetriebe. Hauptmerkmale dieser Un-

ternehmen sind:

• Der Fertigungsprozess ist nicht kontinuierlich (Chargenfertigung).

• Produktionsanlagen sind variabel einsetzbar.

• Durch die aufwendigen Reinigungsvorgänge steht die Reihenfolgeplanung im Vor-

dergrund.

• In der Produktion fallen Kuppel- und Abfallstoffe an.

• Die Rezepturen sind umgebungsabhängig und müssen auch nachträglich jeder

Charge zugeordnet werden können.

Diese Besonderheiten werden durch entsprechende Funktionen in der PP-PI-Kompo-

nente unterstützt.

In der Ressourcenverwaltung werden sämtliche für den Produktionsprozess benötigten

Produktionsmittel verwaltet. Anstelle von Stücklisten und Arbeitsplänen werden die

Produktionsverfahren mit den dafür benötigten Ressourcen (inkl. Kuppel- und Abfall-

produkte) in sogenannten Planungsrezepten beschrieben. Die Prozessplanung (Absatz-

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Das R/3-System

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und Produktionsgrobplanung, Langfristplanung, Programmplanung, Materialbedarfspla-

nung und Kapazitätsplanung) erfolgt mit den Planungsinstrumenten der Standard-R/3-

PP-Komponente. Die Prozessaufträge übernehmen in PP-PI die Funktion von Ferti-

gungsaufträgen und beschreiben durch Übernahme und Anpassung der Planungsre-

zepte den konkreten Herstellungsvorgang. Die Prozesskoordination stellt die Schnitt-

stelle zwischen PP-PI und automatisierten, teilautomatisierten sowie manuell gesteuer-

ten Prozesssteuerungsanlagen dar. Dabei werden Steuerrezepte an die Prozesssteue-

rungsanlagen weitergeleitet und Prozessmeldungen von diesen entgegengenommen,

damit laufend der Prozessfortschritt überwacht werden kann. Zur Gewährleistung eines

weitgehend automatisierten Informationsflusses existieren für die Anbindung an Pro-

zessleitsysteme und die Übernahme von Rückmeldedaten entsprechende Schnittstellen.

Die Prozessdokumentation und -auswertung wird durch die Anbindung von optischen

Archivierungssystemen sichergestellt. Gesetzliche Vorschriften verlangen, dass z.B. in

der pharmazeutischen Industrie die zum Prozessauftrag gehörenden Daten fälschungssi-

cher archiviert und jederzeit für Nacherhebungen verfügbar gemacht werden können.

Die PP-PI-Komponente stellt somit ein leistungsfähiges Planungs- und Steuerungsin-

strument für die spezifischen Bedürfnisse der Prozessindustrie dar.

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Das R/3-System

112

3.3.4.5 QM - Qualitätsmanagement127127

Neben der Optimierung des Produktionsabläufe und der Minimierung der Kosten spielt

auch die Qualität der Enderzeugnisse eine wichtige Rolle. Das Qualitätsmanagement

bezieht sich gemäss den ISO 9000 - Richtlinien nicht nur auf den Fertigungsprozess von

Enderzeugnissen, sondern erfasst die Qualitätssicherungsmassnahmen im gesamten

Auftragsabwicklungsprozess. Darunter fallen die Lieferantenbeurteilung bei der Be-

schaffung, die fertigungsbegleitenden Prüfungen während der Produktion und die Qua-

litätsprüfung unmittelbar vor der Auslieferung (Vertrieb).

Durch die Integration von Qualitätssicherungsfunktionen in die betroffenen R/3-

Komponenten, können die bei der ISO-Zertifizierung festgehaltenen Massnahmen weit-

gehend über das System abgewickelt werden. Die dabei unterstützten CIQ-Aufgaben

(Computer Integrated Quality Management) lassen sich im Überblick wie folgt darstel-

len:128

• Integration der Qualitätsdaten im Materialstamm

• Verwaltung der materialbezogenen Qualitätsinformationen zu Lieferanten und Kun-

den bzw. Vertriebsbereichen

• Verknüpfung von Prüfmerkmalen und Qualitätsmerkmalen in den Materialspezifika-

tionen

• Verwaltung von qualitätsbezogenen Dokumenten

• Integration der Qualitätsprüfung in den SAP Business Workflow.

In erster Linie geht es um die Erfassung und Verwaltung der Qualitätsdaten und entspre-

chenden Richtlinien, um die kontrollierte Durchführung von Qualitätsprüfungen und

um die Verwaltung von qualitätsbezogenen Dokumenten. Zur Bewältigung dieser Auf-

127 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 392 ff.; SAP AG (1996a), Abschnitt: Qualitätsmanagement; SAP AG(1994a), S. 10-1 ff.

128 Vgl. SAP AG (1996a), Abschnitt: CIQ-Aufgaben des Moduls QM.

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Das R/3-System

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gabenbereiche stellt das R/3-System die in Abb. 3-21 dargestellten Komponenten zur

Verfügung.

QM-PT

Prüfplanung

QM-IM

Prüfabwicklung

QM - Qualitätsmanagement

QM-QC

Qualitätslenkung

QM-CA

Qualitäts-zeugnisse

QM-QN

Qualitäts-meldungen

Abb. 3-21: Komponenten der Qualitätssicherung.

Die Grundlage für die Prüfplanung (QM-PT) bilden der Prüfplan und die Prüfmerkma-

le. Die Prüfmerkmale bestimmen, welche Sollwerte vorgegeben sind und welche Tole-

ranzwerte eingehalten werden müssen. Zusätzlich können Stichprobenmerkmale fest-

gehalten werden. Die Prüfmerkmale können anschliessend entweder Prüfplänen oder

Arbeitsplänen zugeordnet werden. In einem Prüfplan wird der Ablauf einer Prüfungs-

durchführung festgelegt. Einige wesentliche Grunddaten der Qualitätssicherung sind

auch im Materialstamm (Sicht - Qualitätsmanagement) zu finden. Es handelt sich dabei

vor allem um Beschaffungs- und Prüfdaten.

Diese Grunddaten bilden die Voraussetzung für die eigentliche Prüfabwicklung (QM-

IM). Diese unterstützt die Funktionen Prüfungsverwaltung und Qualitätsdatenerfassung.

Die Prüfungsverwaltung löst Prüfungen aus und steuert deren Ablauf und sorgt für eine

entsprechende Bewertung der Prüfergebnisse. Im Rahmen der Qualitätsdatenerfassung

werden die Daten der zu prüfenden Merkmale abgelegt. Als Abschluss des Prüfprozes-

ses erfolgt eine Bewertung der Prüfergebnisse und damit der Entscheid über die Ver-

wendung eines Teils.

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Das R/3-System

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Parallel zur Durchführung der Qualitätsprüfung können die Prüfkosten ermittelt werden.

Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, den während der Fertigung entstandenen Fehllei-

stungsaufwand zu bestimmen. Die Ermittlung dieser Kostenwerte bildet die Grundlage

für ein effizienteres Qualitätssicherungsmanagement (Qualitätslenkung QM-QC) und

trägt damit wesentlich zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit und zur Erhöhung der

Wettbewerbsfähigkeit bei.

Durch Qualitätszeugnisse (QM-CA) werden bestimmte Eigenschaften eines Produktes

oder die Einhaltung eines genau festgelegten Herstellungsprozesses ausgewiesen. Es

wird zwischen kundenspezifischen Qualitätszeugnissen und Zeugnissen für einen grös-

seren Kundenkreis (Allgemeine Zeugnisse) unterschieden. Die einzelnen Zeugnisse sind

in der Regel an eine Lieferposition gebunden und werden weitgehend automatisch er-

zeugt. In speziellen Fällen können Qualitätszeugnisse auch direkt für eine Charge oder

ein Prüflos ausgestellt werden.

Qualitätsmeldungen (QM-QN) stellen eine wichtige Funktion des Qualitätsicherungs-

managements dar. Durch Qualitätmeldungen können Daten zu Produkten oder

Dienstleistungen von ungenügender Qualität erfasst und ausgewertet werden. Darunter

fallen sowohl Kundenreklamationen als auch Mängelrügen an Lieferanten sowie be-

triebsinterne Problemmeldungen. QM-QN ist Teil des integrierten SAP-Meldesystems

und dadurch eng mit der Instandhaltung und dem Servicemanagement verbunden.

Ferner bietet das Qualitätsmanagementinformationssystem, welches Teil des Logistikin-

formationssystems (LO-LIS) ist, zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten zu den Aktivitäten

der Qualitätssicherung. Diese Informationen tragen ebenfalls zur Qualitätslenkung bei.

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Das R/3-System

115

3.3.4.6 PM - Instandhaltung (Plant Maintenance)129

Ähnlich wie das Qualitätsmanagement trägt auch die Instandhaltung (PM) zur Steige-

rung der Produktequalität und zur Verbesserung der Kundenserviceleistungen bei. Re-

gelmässig durchgeführte Instandhaltungsmassnahmen für die betrieblichen Anlagen re-

duzieren Stillstandszeiten und Fehlmengenkosten. Dies steigert die Kundenzufrieden-

heit und trägt damit indirekt zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei.

Das PM-Modul unterstützt den gesamten Bereich der Instandhaltung von der Planung

über die Abwicklung bis zur Abrechnung (vgl.

Abb. 3-22). Darunter fallen geplante (Wartungs- und Inspektionsarbeiten) und unge-

plante Instandhaltungsmassnahmen (Störungen). Hauptsächlich bezieht sich das In-

standhaltungsmanagement auf den Unterhalt eigner Anlagen. Daneben bietet eine spe-

zielle Service-Komponente (Service Management) die Möglichkeit der Abwicklung von

Wartungs- und Serviceleistungen für veräusserte Produkte und Anlagen. Über eine be-

sondere Schnittstelle kann zusätzlich das Service Support System eines Drittanbieters

angebunden werden. Durch dieses System werden Servicemitarbeiter via Notebook vor

Ort mit allen notwendigen Informationen versorgt.

PM-EQM

Anlagen-strukturierung

PM-PRM

Arbeits- undWartungspläne

PM-WOC

Instandhaltungs-auftragsabwicklung

PM - Instandhaltung

PM-SMA

Service-Management

Abb. 3-22: Komponenten der Instandhaltung.

129 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 414 ff.; SAP AG (1996a) Abschnitt: Instandhaltung; SAP AG (1996c).

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Das R/3-System

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Die Anlagenstrukturierung (PM-EQM) schafft die notwendige Transparenz über die

vorhandenen Anlagen. Dabei können die Anlagen nach folgenden Kriterien strukturiert

werden:

• nach funktionalen Kriterien (technische Plätze)

• nach objektbezogenen Kriterien (Equipmenthierarchien)

• nach technischen Gesichtspunkte (Klassifizierung)

• nach buchhalterischen Gesichtpunkten (in Sinne der Anlagenbuchhaltung).

Anhand dieser Strukturierungsmerkmale und durch zusätzliche graphische Darstel-

lungsmöglichkeiten lassen sich die vorhandenen Anlagenstrukturen übersichtlich ver-

walten. Ferner besteht durch eine Schnittstelle zum Dokumentenverwaltungssystem

(DVS) des R/3-Systems die Möglichkeit, die einzelnen Anlagen durch technische Skiz-

zen und Pläne visuell darzustellen.

Durch die Objektverbindung resp. die Objektvernetzung können die Abhängigkeiten

zwischen den einzelnen Anlagen erfasst werden. Dadurch ergeben sich bei komplexen

Anlagestrukturen (z.B. Chemische Industrie) im Störfall erhebliche Vorteile für die Feh-

lersuche (z.B. Auswirkungen von vorgelagerten Systemen). Gleichzeitig lassen sich die

Instandhaltungsmassnahmen besser planen, denn durch die Objektverbindung wird

klargestellt, welche vorgelagerten und nachgelagerten Systeme bei der Wartung einer

einzelnen Anlage betroffen sind.

Instandhaltungsstücklisten und -arbeitspläne bilden die Grundlage für Wartungsmass-

nahmen. Eine Instandhaltungstückliste beschreibt die Struktur eines technischen Objekts

und liefert gleichzeitig Informationen über die einzelnen Ersatzteile einer Anlage.

Instandhaltungsarbeitspläne (PM-PRM) halten die notwendigen Vorgehensschritte bei

der Wartung fest. Dadurch können stets wiederkehrende Aktivitäten standardisiert und

in einheitlicher Form für die Planung bereitgestellt werden.

Mit der Wartungsplanung wird das Ziel verfolgt, die Stillstandszeiten von Produktions-

anlagen möglichst zu reduzieren. Bei der Wartungsplanung müssen neben Kosten- und

Qualitätsaspekten auch externe Rahmenbedingungen (Wartungsvorschriften des Her-

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Das R/3-System

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stellers, rechtliche Vorschriften und Umweltschutzbestimmungen) in die Betrachtungen

einbezogen werden. Durch Auswahl einer Wartungsstrategie werden allgemeine Termi-

nierungsregeln festgelegt. In der Detailplanung wird anschliessend festgelegt, welche

technischen Objekte gewartet werden sollen und wie die Wartung zu erfolgen hat

(Zuordnung zu Instandhaltungsarbeitsplänen).

Durch eine Instandhaltungsmeldung wird der augenblickliche Zustand eines techni-

schen Objekts beschrieben. Darunter fallen insbesondere Störmeldungen und Tätig-

keitsmeldungen im Rahmen der Wartungsarbeiten und periodischen Überprüfungen

(z.B. Inspektionsbefund). Daneben können über sogenannte Instandhaltungsanforde-

rungen vor allem Ersatzinvestitionen ausgelöst werden, ohne dass eine eigentliche Stö-

rung zwingend vorliegen muss. Diese stellen in den meisten Fällen den Auslöser für die

Instandhaltungsauftragsabwicklung (PM-WOC) dar.

Instandhaltungsaufträge dienen zur Planung, Durchführung und Abrechnung von In-

standhaltungsarbeiten. Ausgelöst werden diese in der Regel durch eine Instandhal-

tungsmeldung. Bei der Planung von IH-Aufträgen wird der Termin, das genaue Vorge-

hen (Instandhaltungsarbeitsplan), die ausführenden Arbeitsplätze (auch Fremdvergabe

von Arbeiten), die benötigten Materialien und entsprechende Abrechnungsregeln fest-

gelegt. Während der Durchführung können Arbeitspapiere erstellt werden, Material

eingeplant und vom Lager entnommen und entsprechende Rückmeldungen verfasst

werden. Schlussendlich wird der IH-Auftrag abgerechnet und die entstandenen Kosten

ermittelt.

Ebenfalls im Rahmen der Instandhaltung können zu den einzelnen Anlagen verschiede-

ne Messwerte ermittelt und Zählerstände erfasst werden. Diese dienen zur Überwa-

chung des Anlagengebrauchs und stellen ein wichtiges Instrumentarium für die Planung

von Instandhaltungsmassnahmen dar.

Ebenfalls von grosser Bedeutung für die Instandhaltungsplanung ist die Historie der im

Zeitablauf über eine Anlage gesammelten Daten. Durch die Erfassung der sogenannten

Instandhaltungshistorie werden verschiedene Ziele verfolgt: Auf der einen Seite kann

einer allfällig vorhandenen Nachweispflicht über die Wartung der Anlagen nachge-

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kommen werden und auf der anderen Seite bieten diese Informationen die Grundlage

sowohl für Ersatzinvestitionsentscheide als auch für die Wiederholungsplanung von

Wartungsarbeiten.

Für die Instandhaltung der Geräte und Anlagen von Kunden dient das Service-Manage-

ment (PM-SMA). Diese Anwendung unterstützt die Bearbeitung von Servicemeldungen,

die Abwicklung von Serviceaufträgen und deren Abrechnung resp. Fakturierung. Die

Servicedienstleistungen können auch losgelöst von einem gelieferten Produkt abgewik-

kelt werden. Damit wird dem allgemeinen Trend zum Outsourcing von Servicedienstlei-

stungen Rechnung getragen.

Grundlage für die Abwicklung von Service-Leistungen bilden die zu den einzelnen Ser-

vice-Objekten erfassten Daten. Der Verschiedenheit der einzelnen Service-Objekte

(z.B. Kopiergeräte, Eisenbahnlokomotiven oder Kraftwerke) wird durch unterschiedliche

Erfassungsmöglichkeiten der Stammdaten Rechnung getragen. Dabei können diese

entweder als Material, als Equipment oder als technischer Platz erfasst werden. Durch

die Erfassung von Stücklisten kann die Struktur eines Service-Objekts dargestellt wer-

den. Die Einzelstücke von gleichartigen Materialien können über eine entsprechende

Seriennummernverwaltung unterschieden werden. Bei der eigentlichen Abwicklung der

Servicedienstleistungen stellt das R/3-System folgende Funktionen zur Verfügung:

• Garantieverwaltung

• Meldungsverarbeitung (Erfassung, Bearbeitung, Überwachung und Abschluss)

• Fakturierung des Serviceauftrags.

In der Garantieverwaltung wird zuerst die Garantieart (Herstellergarantie, Lieferanten-

garantie oder Kundengarantie) und die detaillierte Ausprägung der Gewährleistung (z.B.

Dauer, Umfang und Einschränkungen) festgelegt. Beim Eintreffen einer Kundenservice-

meldung wird die Meldungsverarbeitung angestossen. Bei der Meldungserfassung wer-

den die Objekt- und Partnerdaten, die Problembeschreibung sowie die Dringlichkeit

resp. die Ausführungstermine aufgenommen. Im Rahmen der Meldungsverarbeitung

erfolgt eine Zuweisung der Meldung zu einer entsprechenden Massnahme (Technische

Rückmeldung, Einsatz eines Technikers, Versand eines Ersatzteils) und durch den Mel-

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dungsabschluss wird die entsprechende Massnahme ausgelöst. Die allfällige Fakturie-

rung eines Serviceauftrags wird durch eine Fakturaanforderung vorgemerkt. Während

der Bearbeitung des Serviceauftrags werden sämtliche Massnahmen durch Rückmel-

dungen dokumentiert und alle Kosten zum entsprechenden Objekt gesammelt. Anhand

dieser Informationen wird am Ende der Abwicklung eine detaillierte Rechnung erstellt.

Die im Rahmen von Instandhaltungsmassnahmen und Serviceleistungen erfassten Daten

können über das Instandhaltungsinformationssystem ausgewertetet werden. Dadurch

lassen sich die getroffenen Massnahmen besser überwachen und die entsprechenden

Leistungen können stetig optimiert werden. Durch die Verbesserung der Instandhal-

tungsmassnahmen und Serviceleistungen wird ein wesentlicher Beitrag sowohl zur Er-

höhung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen als auch zur Kundenzufrie-

denheit geleistet.

3.3.4.7 PS - Projektsystem130

Das Projektsystem (PS) ist Bestandteil des Logistiksystems und bezweckt die Unterstüt-

zung der Projektdurchführung. Projekte weichen von Alltagsaufgaben ab und besitzen

ganz besondere Merkmale131:

• Klare Abgrenzung der Thematik: Zielvorgaben, Rahmenbedingungen

• Einzigartigkeit

• Zeitliche Begrenzung: Klar definierter Anfang und Ende (Termindruck)

• Neuartigkeit

• Komplexität

• Hohes Risiko: Technisch, wirtschaftlich, terminlich

• Kosten- und kapazitätsintensiv

• Hohe Qualitätsanforderungen

• Strategische Bedeutung: Grosse Bedeutung für die betroffene Unternehmung

130 Vgl. dazu SAP AG (1996a), Abschnitt: PS-Projektsystem; SAP AG (1994b).131 Vgl. Litke (1995), S. 17.

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Das R/3-System

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Die Verschiedenheit der oben genannten Merkmale verdeutlicht die Komplexität der

Problemsituation. Projektmanagement ist eine sehr vielseitige Tätigkeit und kann nur

durch ein äusserst flexibles System angemessen unterstützt werden. Das PS-Modul des

R/3-Systems versucht diesen Anforderungen durch branchenneutrale Einsetzbarkeit und

Integration zu anderen R/3-Modulen (FI, CO, SD, MM, PP) gerecht zu werden und un-

terstützt z.B. folgende Projektarten:

• Forschungs- und Einzelprojekte

• Kundeneinzelfertigung

• Investitionsvorhaben

• EDV-Projekte.

Zur Unterstützung der Projektabwicklung in den oben genannten Bereichen stellt das

PS-Modul die in Abb. 3-23 dargestellten Komponenten zur Verfügung.

PS-OPS

Projekt-strukturierung

PS-PLN

Projektplanung

PS - Projektsystem

PS-APP

Projekt-budgetierung

PS-EXE

Projektrealisierung

PS-IS

Projektinfor-mationssystem

Abb. 3-23: Komponenten des Projektsystems.

Grundvoraussetzung für ein Projekt sind präzis formulierte Zielsetzungen. Daneben

spielt die klare Projektstrukturierung eine massgebende Rolle für den Projekterfolg. In

diesem Zusammenhang ist insbesondere eine zweckmässige Ausbau- und Ablauforgani-

sation wichtig. Zu den zentralen Projektstrukturen des PS-Moduls gehören:

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• Projektstrukturpläne (Aufbauorganisation)

• Netzpläne (Ablauforganisation).

Durch Projektstrukturpläne (PSP) wird die Aufbauorganisation eines Projektes be-

schrieben. Diese sind für die Organisation und Steuerung eines Projektes von zentraler

Bedeutung. Die Ausprägung der hierarchischen Gliederung wird durch die vorgesehe-

nen Aufgaben und durch die beteiligten Personen bestimmt.

Die Ablaufplanung wird anhand von Netzplänen festgelegt. Diese legen den zeitlichen

Ablauf und die vorgesehenen Tätigkeiten mit deren Abhängigkeiten fest. Die einzelnen

Aktivitäten sollten dabei klar abgegrenzten Phasen zugeordnet sein. Grob betrachtet

gliedert sich ein Projekt in die folgenden Phasen:

• Initialisierung (Idee, Zielsetzungen)

• Planung

• Durchführung

• Abschluss.

Auf der Basis einer neuen Idee oder aufgrund eines existierenden Problems erfolgt die

Inititalisierung eines neuen Projektes. Darauf aufbauend werden Zielsetzungen und

die existierenden Rahmenbedingungen formuliert.

Im Anschluss an die Initialisierungsphase findet die Projektplanung (PS-PLN) statt. Die-

se kann in eine Grob- und eine Detailplanung unterteilt sein. Bei der Planung erfolgt die

Festlegung der Aufbauorganisation und der Ecktermine im Rahmen der Projektdefiniti-

on. Anhand der PSP-Elemente werden die Aufgaben und Teilaufgaben beschrieben.

Diesen PSP-Elementen werden anschliessend konkrete Termine und Kosten zugeord-

net. Netzpläne legen den Ablauf einzelner Aktivitäten inkl. Zuordnung der Ressourcen

(Arbeitskräfte, Materialien, Hilfsmittel und Dienstleistungen) fest. Der Netzplan muss

ebenfalls einem PSP-Element zugeordnet werden.

Nach der Planungsphase erfolgt die Genehmigung des Projekts. Diese gibt den Start-

schuss für die eigentliche Projektrealisierung (PS-EXE). Vor der Umsetzung des Projekts

werden die Plankosten als Budgetwerte in die PSP-Elemente übernommen. Diese bil-

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den die Grundlage für die Projektbudgetierung (PS-APP) (Kosten- und Finanzmittel-

budgetüberwachung). Während der Durchführung konzentrieren sich die Aktivitäten

des Projektmanagements vor allem auf die Überwachung des Projekts. Diese wird

grundsätzlich anhand der erfassten und ausgewerteten Rückmeldungen vorgenommen.

Das Projektmanagement-System überprüft laufend die Verfügbarkeit der für das Projekt

benötigten Ressourcen (Finanzielle Mittel, Arbeitskräfte, Material und Fertigungshilfs-

mittel) und stellt diese im Rahmen der Fortschrittsanalyse den erbrachten Leistungen

gegenüber.

Nach der Realisierung erfolgt mit der Abrechnung des Projektes der Projektabschluss.

Dabei werden alle angefallenen Kosten ermittelt und das veranschlagte Budget durch

Gegenbuchungen entlastet. Die Verteilung der Kosten wird anhand von festgelegten

Abrechnungsvorschriften (Aufteilungsregeln) vorgenommen und auf der Basis des Ab-

rechnungsschemas abgewickelt. Die Kosten werden dabei den in den Aufteilungsregeln

festgelegten Empfängern (Kostenstelle, Projekt, Anlage, Sachkonto, Ergebnisobjekt) zu-

gewiesen und für das Informationssystem verfügbar gemacht. Das PS-Informations-

system (PS-IS) unterstützt durch gezielte Auswertung der gesammelten Daten die

Überwachung und Steuerung von Projekten. Dabei werden folgende Informationen zur

Verfügung gestellt:

• Budget

• Kosten

• Finanzen

• Termine

• Ressourcen

• Fortschrittsanalyse.

Das PS-Informationssystem ist in die Bereiche Strukturen/Termine und Erlöse/Kosten/Fi-

nanzen gegliedert. Durch den Bereich Strukturen/Termine werden anhand der Selekti-

on der Einzelobjekte (PSP-Elemente, Netzpläne etc.) deren Abhängigkeiten und hierar-

chische Beziehung dargestellt. Gleichzeitig erfolgt eine Ermittlung des aktuellen Status

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der Einzelobjekte. Im Bereich Erlöse/Kosten/Finanzen kann entweder ein einzelnes

Projekt nach verschiedenen Kriterien (Strukturberichte, Kostenartenberichte, Einzelpo-

stenverdichtung) ausgewertet werden oder die verfügbaren Daten mehrerer gleicharti-

ger Projekte können in verdichteter Form dargestellt werden. Die für die Projektüber-

wachung notwendigen Information sind damit verfügbar, und die laufenden Projekte

lassen sich dadurch besser steuern.

3.3.5 Personal

Die Personalwirtschaftsmodule132 des R/3-Systems decken die Bereiche des betriebli-

chen Personalwesens breit ab. Dabei werden sowohl die gesetzlichen Anforderungen

der jeweiligen Länder als auch allgemeinwirtschaftliche Tendenzen wie der technische

Wandel und der damit verbundene steigende Bedarf an Fachkräften berücksichtigt. Au-

sserdem orientiert sich das System an den geltenden Datenschutz- und Datensiche-

rungsbestimmungen und trägt den generell steigenden Anforderungen der Arbeitneh-

mer nach mehr Humanität am Arbeitsplatz Rechnung. Das Personalwesen ist in die

Module Personaladministration- und -abrechnung (PA) und Personalplanung und

-entwicklung (PD) unterteilt.

PA unterstützt sowohl den Personaladministrations- und -beschaffungprozess als auch

den ganzen Personalabrechnungsprozess (Zeitwirtschaft, Leistungslohn, Reisekosten

etc.). Die eigentliche Personalabrechnung ist stark auf die gesetzlichen Vorschriften des

jeweiligen Landes ausgerichtet. Das Schwergewicht dieser Aktivität liegt in der Berech-

nung des Entgelts pro Mitarbeiter und Periode unter Berücksichtigung der erfassten Ar-

beitszeiten und der vorgegebenen Leistungskomponenten.

PD umfasst die Bereiche Organisationsmanagment (Aufbauorganisation, Stellenbe-

schreibungen) und Veranstaltungsmanagement (Personalentwicklungsmassnahmen so-

wie Administration und Abrechnung von Veranstaltungen).

132 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 531 ff.; SAP AG (1996a), Abschnitt: Personalplanung und -entwicklungsowie Personaladministration und Abrechnung; SAP AG (1993c).

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Das R/3-System

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3.3.5.1 PA - Personaladministration und - abrechnung

Im Bereich der Personaladministration und -abrechnung wird ein Unternehmen mit

unzähligen gesetzlichen Vorschriften (z.B. Sozialversicherungsgesetzgebung oder Daten-

schutzvorschriften) konfrontiert. Diese können sowohl innerhalb eines Landes als auch

zwischen verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sein. Zusätzlich ist die Nachfrage

und das Angebot am Arbeitsmarkt durch allgemeinwirtschaftliche Veränderungen (z.B.

der technische Wandel und die damit verbundene erhöhte Nachfrage nach Fachkräf-

ten) grossen Schwankungen unterworfen. Flexibilität und Internationalität sind demzu-

folge unausweichliche Erfordernisse für ein konzernweit einsetzbares Informationssy-

stem im Bereich des Personalwesens. Im R/3-System werden diese Grundanforderun-

gen vorwiegend durch das Modul Personaladministration und -abrechnung (PA) ab-

gedeckt. Dieses besteht aus den in Abb. 3-24 dargestellten Einzelkomponenten.

PA-PAD

Personal-administration

PA-APP

Personal-beschaffung

PA-INW

Leistungslohn

PA - Personaladministration und -abrechnung

PA-TIM

Personal-zeitwirtschaft

PA-TRV

Reisekosten

PA-PAY

Personal-abrechnung

Abb. 3-24: Komponenten der Personaladministration und -abrechnung.

Die Personaladministration (PA-PAD) umfasst primär die Erfassung, Verwaltung und

Auswertung der mitarbeiterspezifischen Daten (Personalstammdatenverwaltung). Dabei

können die organisatorischen Verknüpfungen der Mitarbeiter abgebildet werden. Im

Rahmen der Personaldatenerfassung erfolgt parallel dazu die hierarchische Einordnung

des Mitarbeiters. Dieser wird zu einer für ihn geltenden Zeit-, Tarif- und Lohnarten-

struktur zugeordnet. Durch sogenannte Personalmassnahmen wird sichergestellt, dass

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für einen Personalvorgang (z.B. Einstellung, Beförderung oder Kündigung eines Mitar-

beiters) sämtliche notwendigen Daten (Infotypen) erfasst werden und gleichzeitig eine

Historie der Bewegungen geführt wird. Durch die Zuweisung eines Infotyps zu einem

bestimmten Gültigkeitszeitraum wird sichergestellt, dass die Vergangenheitsdaten vor-

handen bleiben und sich für jeden Zeitpunkt in der Vergangenheit können die gültigen

Daten ermitteln lassen. Darüber hinaus können die Personaldaten durch umfangreiche

Reportingmöglichkeiten bedürfnisgerecht ausgewertet werden. Ein Berichtsbaum fasst

die wichtigsten Reports zusammen.

Die Personalbeschaffung (PA-APP) besteht aus den Funktionen Ermittlung des Perso-

nalbedarfs, Personalwerbung sowie Verwaltung und Auswahl der Bewerber. Die Be-

stimmung des Personalbedarfs erfolgt entweder durch die manuelle Erfassung von Va-

kanzen oder anhand der aus der Personalplanung resultierenden und gleichzeitig als

"vakant" bezeichneten Planstellen.

In der Personalwerbung erfolgt die Verwaltung der Stellenausschreibungen (Medium,

Ausschreibungstext etc.) und die Zuordnung der Bewerber zu einer konkreten Aus-

schreibung. Gleichzeitig generiert das System einen Vorschlag für eine mögliche Vakan-

zenzuordnung. Diese kann gegebenenfalls noch geändert werden. Eine allfällige Zuwei-

sung von Spontanbewerbern zu Vakanzen muss manuell erfolgen. Anhand der Ver-

knüpfung zwischen Ausschreibung und Bewerber kann die Effektivität der verwendeten

Medien und anderen Personalbeschaffungsinstrumente beurteilt werden.

Durch die Personalzeitwirtschaft (PA-TIM) werden die An- und Abwesenheitszeiten

der Mitarbeiter erfasst und anderen R/3-Komponenten (Lohn- und Gehaltsabrechnung,

Verrechnung von Arbeitsleistungen in CO etc.) in ausgewerteter Form zur Verfügung

gestellt. Dabei werden verschiedene Arbeitszeitmodelle (z.B. Gleitzeit oder Schichtbe-

trieb) und viele Sonderformen (z.B. Bereitschaftszeiten, Dienstreisen oder Sonn- und

Feiertagsarbeit) für die Abrechnung der Leistungen unterstützt. Eine der wichtigsten

Funktionen der Zeitwirtschaft stellt die Auswertung der Zeitdaten dar. Diese erfolgt an-

hand der Erfassung von unternehmensspezifischen Regeln im Customizing.

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Das R/3-System

126

Die Komponente Leistungslohn (PA-INW) dient zur Verarbeitung von Akkord-, Prämi-

en- und Zeitlöhnen. Die Leistungslohndaten werden anhand von Lohnscheinen manu-

ell erfasst und können Einzelpersonen oder Personengruppen zugewiesen werden. Zu-

sätzlich können die Leistungsdaten über spezifische Schnittstellen zu den Logistikmo-

dulen PP, PM und PS automatisch aus den dort vorhandenen Rückmeldungen über-

nommen werden. Gleichzeitig mit der Erfassung werden die Lohnscheine perio-

denweise kumuliert, so dass z.B. der Stundensaldo jederzeit aufgerufen werden kann.

Die erfassten Lohnscheine stellen die Grundlage für die Lohn- und Gehaltsabrechnung

dar.

Eine weitere Komponente des HR-Systems deckt die Erfassung und Auswertung der

Reisekosten (PA-TRV) ab. Die Reisedaten können entweder zentral oder dezentral

(durch den Mitarbeiter) erfasst werden. Das System unterstützt verschiedene Erfassungs-

arten (Einzelerfassung, Schnellerfassung, Belegerfassung), welche auf die unterschiedli-

chen Reisetypen (Inland oder Auslandreise, ein- oder mehrtägige Reise) ausgerichtet

sind. In der Regel muss eine Genehmigung für eine Reise vorliegen. Dieses Genehmi-

gungsverfahren wird durch eine entsprechende Funktion unterstützt. Für absolvierte

Reisen mit dem Status "genehmigt" kann anschliessend die Abrechnung und Auswertung

der Reisedaten durchgeführt werden. Diese erfolgt nach den länderspezifischen Vor-

schriften. Zur Auszahlung der Spesenentschädigung werden die Daten entweder an die

Finanzbuchhaltung (FI) oder an die Lohn- und Gehaltsabrechnung (HR-PA) weiterge-

leitet. Sämtliche Daten können nach Abschluss der Abrechnung optisch archiviert wer-

den.

Die eigentliche Personalabrechnung (PA-PAY) ist stark auf die gesetzlichen Vorschriften

den jeweiligen Landes ausgerichtet. Das Schwergewicht dieser Aktivität liegt in der Be-

rechnung des Entgelts pro Mitarbeiter und Periode. Die Abrechnung basiert auf dem

Bruttogehalt, welches sich aus einer oder mehreren Lohn- und Gehaltsarten zusammen-

setzt. Von diesem Bruttogehalt werden allfällige Steuern und Sozialversicherungsbeiträ-

ge abgezogen. Das daraus resultierende Nettogehalt stellt das Entgelt dar, welches dem

Arbeitnehmer pro Periode ausbezahlt wird. Die Berechnung des Nettogehalts kann in

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Das R/3-System

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einem Abrechnungslauf simuliert werden. Beim Feststellen von fehlerhaften Stammda-

ten (z.B. unrichtig erfasste Lohnarten) können diese noch korrigiert werden (Rück-

rechnung). Danach erfolgt der definitive Abrechnungslauf. Damit ist die Lohn- und Ge-

haltsabrechnung für eine Periode abgeschlossen, und es können die notwendigen Ent-

geltsnachweise (Lohn- und Gehaltsabrechnungsbelege) ausgedruckt sowie die Zah-

lungsanweisungen vorbereitet werden. Zur Überweisung der Zahlungen stehen ver-

schiedene Verfahren zur Auswahl. Entweder kann ein Überweisungsträger für den Da-

tenaustausch mit der Bank erstellt werden (DTA-Verfahren) oder die notwendigen

Überweisungformulare können ausgedruckt und in Papierform übersandt werden. Nach

der Lohn- und Gehaltsüberweisung erfolgt die Auswertung der Abrechnungsergebnisse.

Im Rahmen dieser Aktivität werden Auswertungsdaten (kumulierte Werte) für die Ab-

rechnung der verschiedenen Sozialversicherungen und für die Weiterleitung der Lohn-

abrechnungsdaten an FI und CO erzeugt. Mit der Zuführung der buchungsrelevanten

Informationen ist die Personalabrechnung abgeschlossen.

3.3.5.2 PD - Personalplanung und -entwicklung

Der zweite Hauptbereich der Personalwirtschaft konzentriert sich auf die Personalpla-

nung und -entwicklung. Dieser umfasst die in Abb. 3-25 dargestellten Hauptanwen-

dungsbereiche.

PD - Personalplanung und -entwicklung

Qualitäts-zeugnisse

Qualitäts-meldungen

PD-OM

Organisations-management

PD-SCM

Veranstaltungs-management

Abb. 3-25: Komponenten der Personalplanung und -entwicklung.

Im Rahmen des Organisationsmanagements (PD-OM) wird die Aufbauorganisation

eines Unternehmens beschrieben. Da sich diese im Zeitablauf ändert, muss eine ent-

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Das R/3-System

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sprechende Historie geführt werden, damit für jeden Zeitpunkt in der Vergangenheit, in

der Gegenwart oder in der Zukunft die jeweils gültige Aufbauorganisation bestimmt

werden kann. Zusätzlich zur Historienführung können verschiedene Planvarianten der

Aufbauorganisation verwaltet werden. Die aktuell gültige Organisationsstruktur stellt

dabei die jeweils aktive Planvariante dar. Die Darstellung der Aufbauorganisation erfolgt

durch Objekte (Grundinformationselemente). Darunter fallen z.B. Organisationseinhei-

ten, Stellen, Planstellen, Arbeitsplätze und Aufgaben. Zu den jeweiligen Objekten kann

ein Status (aktiv, geplant etc.) und ein Gültigkeitszeitraum zugeordnet werden. Die ein-

zelnen Objekte können nun zur Beschreibung der Aufbauorganisation herangezogen

werden. Es werden folgende Strukturierungsmöglichkeiten unterschieden:

• Organisationsstruktur

• Organigramm oder Matrixorganisation

• Stellenplan

• Arbeitsplatzkatalog

• Aufgabenkatalog.

Die Struktur entsteht durch Darstellung der Abhängigkeiten mittels Verknüpfung der

Einzelobjekte. Auf diese Weise wird z.B. ein Arbeitsplatz oder eine Planstelle zu einer

Organisationseinheit oder eine Aufgabe zu einer Stelle zugeordnet. Parallel zur Be-

schreibung der Aufbauorganisation können über Tätigkeitsprofile und zugehörigen Akti-

vitäten die notwendigen Berechtigungen eines R/3-Anwenders festgelegt werden. Zur

übersichtlichen Darstellung und Bearbeitung der Aufbauorganisation dient die Struktur-

grafik, durch welche die Verknüpfungen der Einzelobjekte dargestellt und verschoben

werden können. Daneben können weiterführende Auswertungen mit dem Personalin-

formationssystem durchgeführt werden.

Das Veranstaltungsmanagement (PD-SCM) dient zur Planung, administrativen Durch-

führung und Abrechnung von Veranstaltungen. Unter Veranstaltungen sind sowohl Aus-

und Weiterbildungsveranstaltungen als auch Veranstaltungen zur Förderung des Infor-

mationsaustausches zu verstehen. Teilnehmer dieser Veranstaltungen können entweder

die eigenen Mitarbeiter oder Personen (Bewerber, Mitarbeiter eines Geschäftspartners

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Das R/3-System

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oder einer gänzlich fremden Firma) sein. Im Rahmen der Vorbereitung und Durchfüh-

rung einer Veranstaltung unterstützt das System folgende Tätigkeiten:

• Anlegen und Planen von Veranstaltungen (Veranstalter, Ort, Ablauf etc.)

• Bestimmung der Veranstaltungskosten und Ermitteln eines Preisvorschlags

• Vormerken und Buchen von Teilnahmen

• Umbuchung und Stornierung von Teilnahmen

• Fixieren oder Absagen einer Veranstaltung

• Abrechnung oder Verrechnung einer Veranstaltung.

Durch das Organisationsmanagement werden die Voraussetzungen für die Personal-

planung, d.h. für die Ermittlung des Personalbedarfs geschaffen. Das Veranstaltungs-

management dient primär zur Unterstützung der Veranstaltungsabwicklung. Gleichzei-

tig können Ausbildungsbedürfnisse der eigenen Mitarbeiter erfasst und bei der Planung

von Ausbildungskursen berücksichtigt werden. Ausserdem besteht die Möglichkeit

durch Auswertung der besuchten Veranstaltungen eine Kontrolle über den Ausbildungs-

stand der eigenen Mitarbeiter zu führen. Dadurch sind auch die Belange der Persona-

lentwicklung abgedeckt.

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Das R/3-System

130

3.3.6 CA - Anwendungsübergreifende Funktionen

3.3.6.1 WF - Workflow

Während sich SAP Business Workflow auf die Verkettung von Vorgängen konzentriert,

unterstützen die in diesem Abschnitt diskutierten Werkzeuge vor allem den dokumen-

tenbasierten Workflow, d.h. die Automatisierung und Beschleunigung des Dokumen-

tenflusses. Dieses Bestreben wird durch folgende Funktionen unterstützt

• SAPoffice Grundfunktionen

• Die IDoc-Schnittstelle für den elektronischen Datenaustausch (EDI)

• SAP ArchiveLink

• Nachrichtensteuerung.

SAPoffice ist ein elektronisches Mail- und Ablagesystem für das Versenden, Empfangen

und Verwalten von Informationen. Diese Informationen können entweder innerhalb des

Systems (an andere Benutzer) oder über entsprechende Kommunikationsschnittstellen

(X.400, X.500 und Internet) auch ausserhalb verschickt werden. Der Kern des Email-

Systems stellt der elektronische Eingangskorb (Universal Inbox) dar. Neben normalen

Textdokumenten (SAPoffice-Dokumente) kann der Eingangskorb in einer Worklist auch

spezielle Workflow-Objekte (Workitems) verwalten (vgl. SAP Business Workflow). Dar-

unter fallen z.B. zu erledigende Tätigkeiten. Für diese Objekte existieren zusätzliche

Möglichkeiten für die Steuerung der Workflow-Prozesse (vgl. Nachrichtensteuerung).

Durch ein mit dem Email-System verbundenes Ablagesystem lassen sich die empfange-

nen und versendeten Dokumente in Mappen verwalten. Dabei wird zwischen persönli-

chen und allgemeinen Ablagen unterschieden. Letztere ermöglichen den gemeinsamen

Zugriff der Mitglieder einer Arbeitsgruppe auf die für die Arbeit relevanten Dokumente.

Über Verteilerlisten kann ein vorher definierter Personenkreis angesprochen werden

und zu erledigende Arbeiten können dadurch weitergeleitet und deren Erledigung

überwacht werden. Zur Bearbeitung der Dokumente können neben den im R/3-System

vorhandenen Werkzeugen auch systemfremde Applikationen (z.B. Word oder Excel)

eingesetzt werden.

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Das R/3-System

131

Für den elektronischen Datenaustausch (EDI) ist im R/3-System die sogenannte IDoc-

Schnittstelle (IDoc=Intermediate Document) vorgesehen. Diese Schnittstelle konver-

tiert für den elektronischen Datenaustausch genormte Dokumente gemäss den gängig-

sten EDI-Standards und ermöglicht damit den koordinierten Datenaustausch (inkl. Ein-

gangs- und Ausgangsbearbeitung) mit verschiedenen Geschäftspartnern. Neben der her-

kömmliche Papierschnittstelle und der integrierten Fax-Übermittlung bildet die EDI-

Schnittstelle ein wertvolles Instrument zur raschen Übermittlung von Dokumenten.

In Ergänzung zu den übrigen Komponenten bietet SAP-ArchiveLink die Möglichkeit,

Dokumente in einem angekoppelten optisches Archivierungssystem abzulegen. Archi-

veLink übernimmt im wesentlichen die Funktion einer Schnittstelle zwischen R/3 und

Archivierungssystemen von Fremdanbietern. Dabei wird sowohl der Austausch von ma-

schinell bearbeitbaren Dokumenten (Coded Information) als auch von eingehenden

Originalbelegen unterstützt. Letztere müssen eingescannt werden und können nur in

Form von Rasterbildern (Non Coded Information) abgelegt werden. Die Zuordnung der

archiverten Dokumente zu den entsprechenden R/3-Funktionen ist über Verknüp-

fungstabellen festgelegt. Dadurch können ein- und ausgehende Dokumente zugeordnet

und jederzeit aufgerufen werden. Die Kommunikation mit dem Archivserver erfolgt via

Remote Function Call (RFC). Zusätzlich ermöglicht ArchiveLink die Anbindung von Do-

kument-Viewern und Scan-Softwareprodukten über Industriestandardschnittstellen

(OLE und AppleScript). Durch die direkte Verknüpfung der Geschäftsprozesse mit den

zugehörigen Originaldokumenten sind jederzeit alle notwendigen Informationen rasch

verfügbar und einzelne Arbeitsschritte können dadurch erheblich vereinfacht und be-

schleunigt werden.

Die Nachrichtensteuerung dient zum automatisierten Austausch von Informationen

zwischen verschiedenen Partnern. Zusätzlich kann beim Eintreffen einer Information

eine Folgeverarbeitung angestossen werden. Die Steuerung erfolgt durch Regeln, wel-

che über Tabellen verwaltet und den entsprechenden Geschäftsprozessen zugeordnet

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Das R/3-System

132

werden. Zur Ausformulierung der Regeln kann die Programmiersprache ABAP/4133 ver-

wendet werden. Damit lassen sich bei Bedarf auch sehr komplexe Regeln abbilden.

Beim Eintreffen einer Nachricht (z.B. Auftragserteilung eines Kunden) werden durch das

Regelwerk Nachrichtenvorschläge (z.B. Auftragsbestätigung) erzeugt. Diese können an-

schliessend über ein Verarbeitungsprogramm (Druck, Fax, Mail, EDI, CPI-C oder Work-

flow-Ereignis) an den entsprechenden Adressaten weitergeleitet werden. Durch diese

Steuerungsmöglichkeit des Informationsflusses können Geschäftsprozesse besser inte-

griert werden und einzelne Bearbeitungsschritte schneller und zuverlässiger abgewickelt

werden.

3.3.6.2 Weitere anwendungsübergreifende Funktionen

Neben den bereits dargestellten anwendungsübergreifenden Werkzeugen (Cross Appli-

cations) runden weitere Teilkomponenten die Funktionalität des R/3-Systems ab. Zu

den wichtigsten Funktionen dieser Kategorie gehören folgende Anwendungsbereiche:

• Klassifizierungssystem

• Dokumentenverwaltungssystem

• Dokumentationswerkzeuge

• CAD-Integration

• ALE-Konzept

• BAPIs

• Schnittstellen zu Fremdsystemen.

133 ABAP/4 (Advanced Business Application Programming der 4. Generation) bezeichnet die Program-miersprache, mit welcher Erweiterungen zum R/3-System geschrieben werden können.

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Das R/3-System

133

Das Klassifizierungssystem in R/3 hat die Aufgabe, beliebigen Objekten Merkmale zu-

zuordnen und diese dadurch in Gruppen zusammenzufassen. Diese Klassifizierung be-

zweckt vor allem das rasche Auffinden einzelner Objekte, indem bei einer Suche glei-

che oder ähnliche Objekte aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Klasse zusätzlich auf-

geführt werden und damit das gesuchte Objekt möglichst schnell aufgefunden wird.

Die hohen Anforderungen an die Qualität und der steigende Komplexitätsgrad der her-

gestellten Produkte erfordern auch eine zuverlässige Verwaltung der für die Herstellung

und den Verkauf benötigten Dokumente. Dieser Anspruch wird von R/3 durch ein inte-

griertes Dokumentenverwaltungssystem (DVS) gerecht. Dieses erlaubt dem Anwender

wichtige Dokumente unternehmensweit bereitzustellen und mit anderen R/3-Objekten

(z.B. Materialstammsatz oder Fertigungshilfmittel) zur verknüpfen. Zudem unterstützt

das DVS den Herstellungsprozess und die Freigabe einzelner Dokumente oder ganzer

Dokumenthierarchien (Dokumentenstückliste). Durch die Integration des DVS mit an-

deren Anwendungsbereichen des R/3-Systems (z.B. ArchiveLink, Klassifizierungssystem,

SAP Business Workflow oder Änderungsdienst) hat jeder Anwender schnellen Zugriff

auf die aktuell gültigen Dokumente und redundante und inkonsistente Datenbestände

können dadurch verhindert werden.

Durch verschiedene Dokumentationswerkzeuge können die im R/3-System vorhande-

nen Dokumentationen an unternehmensspezifische Bedürfnisse angepasst und erweitert

werden. Die Online-Dokumentation des R/3-Systems, welche mit der F1-Taste aufge-

rufen werden kann, lässt sich in der Dokumentationsdatenbank beliebig ändern oder

erweitern. Bei Erweiterung der SAP-eigenen Dokumentation bleiben kundeneigene Er-

weiterungen nach einem Release-Wechsel erhalten. Erfolgt hingegen eine Änderung der

SAP-Original-Dokumentation, dann gehen alle Änderungen nach einem Release-

Wechsel verloren. Die Dokumentationstexte können dabei in allen unterstützten Spra-

chen gepflegt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht durch Anlage von eigenen On-

line-Dokumentationen. Diese haben eine hypertextähnliche Struktur (analog dem Ein-

führungsleitfaden). Grundsätzlich ist eine solche Dokumentation hierarchisch gegliedert

und bietet zusätzlich die Möglichkeit, an Knoten Verknüpfungen zu anderen Textstellen

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Das R/3-System

134

zu definieren. Durch diese Werkzeuge kann die Abwicklung der eigenen Geschäftspro-

zesse für den Anwender im System dokumentiert werden. Gleichzeitig können eigene

Dokumentationen z.B. Vorgehensmodelle für das Projektmanagement im R/3-System

abgebildet werden.

Die CAD-Schnittstelle (CAD = Computer Aided Design) stellt keine Besonderheit,

sondern eher eine unabdingbare Notwendigkeit für ein integriertes System dar. Die

Möglichkeit der Integration von CAD-Anwendungen in das R/3-System wird durch eine

logische Verbindung zwischen betriebswirtschaftlichen und technischen Standardan-

wendungen hergestellt. Beide Bereiche können davon profitieren. Der Konstrukteur

kann beispielsweise auf Datenbestände im PPS-System zugreifen und diese Erkenntnisse

für seine Arbeit nutzen. Auf der Gegenseite können Entwicklungen durch eine zentrale

Datenhaltung überwacht und Parallelentwicklungen verhindert werden. Durch den ge-

genseitigen Datenaustausch lassen sich Datenredundanzen und -inkonsistenzen ver-

meiden. Neben der Konstruktion lässt sich die CAD-Schnittstelle auch für die Integration

von geographischen Informationssystemen (GIS), z.B. für die Abbildung von Leitungs-

netzen in der Versorgungswirtschaft verwenden.

Hinter dem ALE-Konzept verbirgt sich die Möglichkeit, allgemeine Entwicklungstenden-

zen der letzten Jahre im betriebswirtschaftlichen Umfeld, wie z.B. Lean Production oder

Dezentralisierung, beim Wandel eines Unternehmens voll zum Tragen zu bringen. ALE

(Application Link Enabling) schafft die Voraussetzung für die Koppelung verschiedener

Systeme über die Anwendungsgrenzen hinweg (vgl. Abb. 3-26).

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Das R/3-System

135

R/33.X

R/2

NonSAP

R/33.X synchron / asynchron

RFCIDOCS

ALE-Szenarien

MM

PP

SD-SHP

SD-ORD

CO

FI

Abb. 3-26: ALE-Szenarien.

Durch den mit der ALE-Schnittstelle möglich gewordenen kontrollierten Datenaustausch

zwischen eigenständigen Systemen, kann eine konsistente Datenhaltung gewährleistet

werden. Die vielfach notwendige geographische Verteilung oder die Verselbständigung

einzelner Unternehmensbereiche (z.B. Produktion in einem Billiglohnland und Vertrieb

sowie Forschung & Entwicklung in einem High-Tech-Land) lässt sich dadurch ohne Rei-

bungsverluste für die eingesetzten Informationssysteme realisieren. Der Datenaustausch

zwischen den gekoppelten Systemen erfolgt über synchrone und asynchrone Kommuni-

kation. Im Vordergrund steht die Verknüpfung verschiedener R/2- und/oder R/3-

Systeme. Daneben besteht auch die Möglichkeit der Koppelung von einem oder meh-

reren Fremdsystemen mit R/3. Die Definition einer zwar proprietären, aber zumindest

einheitlichen Schnittstelle (ALE) ist zwar ein kleiner aber immerhin doch sehr wichtiger

Schritt in Richtung Verwirklichung einer vollen Integration von Standardanwendungen

verschiedener Hersteller über das Netz.

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Das R/3-System

136

Business Application Programming Interfaces (BAPIs)134 stellen in gewissem Sinn eine

Ergänzung resp. eine Erweiterung des ALE-Konzepts dar. BAPIs sind offene Programm-

schnittstellen für den Datenaustausch zwischen R/3 und anderen betriebswirtschaftli-

chen Anwendungssystemen. Durch die Möglichkeit der direkten Anbindung von Inter-

net-Applikations-Komponenten (IACs) an das R/3-System können alle R/3-Funktionen,

für welche BAPIs definiert sind, direkt über das Inter- oder Intranet verfügbar gemacht

werden. Dadurch besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass ein Kunde über Internet

bestimmte Produkte direkt bestellen oder deren Verfügbarkeit beim Lieferanten über-

prüfen kann. Für den Zugriff auf R/3 über unternehmensexterne (Internet) oder -interne

Netze (Intranet) stehen grundsätzlich die drei in Abb. 3-27 dargestellten Varianten zur

Verfügung.

R/3-SystemWeb Server System

1

2

3

HTTPServer

HTTPServer

Java, Visual Basic, C

R/3-InternetTransaction Server

ElectronicCommerceApplications(3rd party)

SAPAuto-

mation

R/3 InternetApplication

Components

BAPIS

FI

MM

PP

SD

PA

. . .

R/3

Bus

ines

s O

bjec

ts

Abb. 3-27: Zugriffsmöglichkeiten auf R/3 über Intra-/Internet.135

Variante 1 stellt die am meisten standardisierte und daher einfachste Zugriffsmöglich-

keit auf R/3 dar. Der Zugang erfolgt dabei über einen sogenannten R/3-Internet Tran-

134 Vgl. SAP AG (1996b), S. 1-11; Roggenkemper (1996), S. 1-19.135 Vgl. Hantusch/Matzke/Pérez (1996), S. 88.

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Das R/3-System

137

saction Server136. Die Electronic Commerce Applikationen befinden sich auf der Ebene

des R/3-Systems und werden auf der Basis von speziellen R/3 Internet Application

Components (Internet-Anwendungskomponenten) erstellt. In Variante 2 sind die Inter-

net Commerce Applikationen ausserhalb des R/3-Systems angesiedelt. Die Kommuni-

kation erfolgt über SAP-Automation137, wodurch ein direkter Zugriff auf R/3-Trans-

aktionen ermöglicht wird. Bei den beiden genannten Varianten wird die Transaktions-

konsistenz über die Schnittstellenprogramme sichergestellt. Variante 3 zeigt den Zugriff

einer eigenständigen Internet Commerce Applikation auf das R/3-System, welche z. B.

in Java, Visual Basic oder C geschrieben ist. Der Zugang erfolgt dabei direkt über BAPIs.

Dies hat den Nachteil, dass die Transaktionskonsistenz innerhalb der Eletronic Com-

merce Applikationen sichergestellt werden muss.

Abb. 3-28 veranschaulicht als Anwendungsbeispiel die notwendigen Komponenten und

Netzverbindungen für den Zugriff auf ein R/3-System über einen normalen Web-

Browser (z.B. Netscape oder Internet Explorer) anhand der Internet-Transaction-Server-

Variante.138

Firewall

WAN

Internet user Intranet user

Internet

Web Server System

HTTPServer

R/3 System

FI PASDPPMM

R/3Internet

TransactionServer

R/3 InternetApplication

ComponentsBAPIS

. . .

Intranet

Abb. 3-28: Anbindung an R/3 über einen Internet Transaction Server.

136 Ab Release 3.1 verfügbar.137 SAP-Automation ist ein Werkzeug für den vereinfachten Zugriff auf R/3-Funktionen über ein Front-

end via RFC (vergleichbar mit anderen Screen Scraping Tools).138 Vgl. Hantusch/Matzke/Pérez (1996), S. 89.

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Das R/3-System

138

Für die rein unternehmensinterne Verwendung kann das Netz von aussen durch ent-

sprechende Vorkehrungen (Firewalls) abgeschirmt werden. Die Kommunikation zwi-

schen dem HTTP-Server139 und den im R/3-System vorhandenen Internet-

Anwendungskomponenten (Internet Application Components) wird durch den R/3 In-

ternet Transaction Server gesteuert. Diese auf R/3-Ebene vorhandenen Internet-

Anwendungskomponenten ermöglichen Consumer-to-Business- (z.B. Serviceanforde-

rungen von Endabnehmern), Business-to-Business- (z.B. Bestellungen oder Bestellsta-

tusabfragen von Kunden) und Intranet-Transaktionen (z.B. interne Stellenausschreibung

und Mitarbeiterrekrutierung). Die Möglichkeit der Nutzung von R/3-Funktionen über

das Netz wird dabei nur über das Vorhandensein von entsprechenden BAPIs be-

schränkt. Reicht der verfügbare Spielraum nicht aus, muss entweder ein eigenes BAPI

erstellt oder der Weg über SAP-Automation (Variante 2; vgl. Abb. 3-29) gewählt wer-

den. Ferner existiert die in Variante 3 beschriebene Möglichkeit der WWW-Anbindung

von R/3 über Drittprodukte (z.B. HAHT140).

Firewall

WAN

Internet user Intranet user

Internet

Web Server System

HTTP

Server

SAP

Auto-mation

ElectronicCom-merceApps.

HTML

Gene-rator

R/3 System

FI PAIMSDMM

BAPIS

Intranet

Abb. 3-29: Anbindung an R/3 über SAP-Automation.

139 HTTP = Hypertext Transfer Protocol.140 Vgl. www.haht.com.

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Das R/3-System

139

Zusätzlich zu den genannten Anbindungsmöglichkeiten von Fremdsystemen an das R/3-

System existieren weitere, z.T. historisch gewachsene Schnittstellen zu Fremdsyste-

men. Darunter fallen auf der einen Seite eher allgemein verwendbare Schnittstellen,

wie die PDC-Schnittstelle, mit welcher Subsysteme auf der Basis von TCP/IP und RFC

mit dem R/3-System kommunizieren können (z.B. Betriebsdatenerfassungssysteme). Auf

der anderen Seite liegen Schnittstellen zu Fremdsystemen vor, welche für einen ganz

bestimmten Zweck vorgesehen sind. Zu diesen gehören beispielsweise folgende:

• QM-IDI Schnittstelle (Anbindung von Qualitätssicherungssystemen)

• PI-PCS Schnittstelle (Ankoppelung von Prozess-Steuerungssystemen)

• MM-MOB und WM-LSR Schnittstelle (Ankoppelung von Systemen für die mobile

Datenerfassung)

• ArchiveLink-Schnittstelle (Anbindung von elektronischen Archivierungssystemen)

Die dargestellten anwendungsübergreifenden Komponenten bieten eine sinnvolle

Ergänzung zur betriebswirtschaftlichen Grundfunktionalität des R/3-Systems und erhö-

hen dessen Flexibilität und Integrationsmöglichkeiten in erheblichem Ausmass.

3.3.7 IS- Branchenlösungen (Industry Solutions)

Viele Geschäftsprozesse sind in gleicher oder ähnlicher Weise in allen Branchen anzu-

treffen. In EMS werden diese Prozesse durch Integration einzelner Funktionen abgebil-

det. Durch Customizing können Standardprozesse in einem gewissen Spielraum an die

eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Für viele Branchen reicht dieser Spielraum aus.

Daneben existieren aber Branchen mit besonderen Bedürfnissen, d.h. in gewissen Be-

reichen reicht die verfügbare Funktionalität nicht aus. Damit der hohe Integrationsgrad

des R/3-Systems für diese Branchen dennoch genutzt werden können, bietet SAP zu-

sammen mit seinen Entwicklungspartnern verschiedene Branchenlösungen an. Diese

Branchenlösungen basieren auf den einzelnen Modulen des R/3-Systems. Für Bereiche,

in denen die vorhandene Funktionalität nicht ausreicht, werden die Standardmodule

(FI, CO, AM, MM, PP, SD etc.) durch massgeschneiderte Komponenten, sogenannte

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Das R/3-System

140

Industry Solutions (IS) ergänzt. Zum Betrachtungszeitpunkt waren für folgende Branchen

Zusatzlösungen verfügbar:141

• Automobilindustrie (Automotive)

• Banken (Banking)

• Chemische Industrie (Chemicals)

• Konsumgüterindustrie (Consumer Products)

• Gesundheitswesen (Healthcare)

• High Tech- und Elektronikbranche (High Tech & Electronics)

• Versicherungen (Insurance)

• Oelindustrie (Oil & Gas)

• Pharmazeutische Industrie (Pharmaceuticals)

• Öffentliche Verwaltungen (Public Sector)

• Einzelhandel (Retail)

• Telekommunikation (Telecommunications)

• Versorgungswirtschaft (Utilities).

Durch die intensive Zusammenarbeit mit Software-Partnern ist davon auszugehen, dass

in Zukunft weitere Branchenlösungen auf den Markt kommen werden und damit das

Einsatzspektrum des R/3-Systems zusätzlich erweitert wird.

3.3.8 BC- Basissystem

3.3.8.1 Systemverwaltung

Die Systemverwaltung innerhalb des Basissystems (BC) bietet verschiedene Funktionen

zur Einrichtung eines neuen und zur Unterstützung von Betrieb und Wartung eines be-

stehenden R/3-Systems. Darunter fallen sehr unterschiedliche Werkzeuge, welche

nachfolgend im Überblick dargestellt sind:142

141 Vgl. z.B. Hernández (1997), S. 36.142 Vgl. z.B. Hernández (1997), S. 165 ff.

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Das R/3-System

141

• Systemüberwachung (CCMS143)

• Benutzereinrichtung und Berechtigungsvergabe

• Transportsystem (Transport von Systemeinstellungen bei einer Neuinstallation oder

einem Releasewechsel)

• Druckerkonfiguration

• Datenimport (Batch-Input)

• Werkzeuge zur Kommunikation mit anderen R/3-Systemen oder mit Fremdsystemen

auf der Basis von CPI-C und RFC

• Kommunikationsserver für EDI, Mail, und andere Telekommunikationsdienste

• Werkzeuge für die Formulargestaltung (SAPScript)

• Kopieren von Mandanten

• Archivierung von Anwendungsdaten.

3.3.8.2 Datenbankverwaltung

Die Datenbankverwaltung des R/3-Systems unterstützt mit verschiedenen Dienstpro-

grammen die Einrichtung und insbesondere die Administration (Reorganisation, Tuning,

Datensicherung) des Datenbanksystems, mit welchem die System- und Anwendungs-

daten von R/3 verwaltet werden. Da die Möglichkeit besteht, verschiedene Datenbank-

systeme (z.B. Oracle oder Informix) für die Datenhaltung einzusetzen, sind auch ent-

sprechende Unterschiede in der Funktionalität der einzelnen Dienstprogramme vor-

handen.

3.3.8.3 ABAP/4 Development Workbench

Die ABAP/4 Development Workbench ist eine komfortabel ausgebaute Entwicklungs-

umgebung, welche ursprünglich für die Entwicklung von Anpassungen und Erweiterun-

gen für das R/3-System vorgesehen war. Mittlerweile wird die ABAP/4 Development

Workbench losgelöst vom R/3-System vermarktet und lässt sich für die Entwicklung von

143 CCMS (Computing Center Management System) ist ein System zur Laufzeitüberwachung zur vor-sorglichen Diagnose von Problemen und zur Performanceoptimierung (z.B. Memorymanagement).

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Das R/3-System

142

beliebigen betriebswirtschaftlichen Client/Server-Anwendungen einsetzen. Für diesen

Zweck stellt die Entwicklungsumgebung alle notwendigen Werkzeuge und Schnittstellen

zur Verfügung. Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über die vorhandenen

Werkzeuge:144

• Verschiedene Werkzeuge zur Programmentwicklung (Programm-Editor, Funktions-

bibliotheken, Screen Painter, Menü-Painter, Laufzeitanalysewerkzeug, Testhilfen)

• ABAP/4-Query (Erstellen von Reports)

• Programmierschnittstellen (z.B. Datenübernahme mit Batch Input)

• Externe Kommunikationsschnittstellen (z.B. RFC, API, OLE, SAP-Automation)

• SAP-Grafik (Werkzeug für die Erstellung von Geschäftsgrafiken)

• Data Dictionary (Datenbankstrukturverwaltung)

• Workbench Organizer (Organisatorische Unterstützung von Entwicklungsprojekten)

• Data Modeler (Datenmodellierung mit der SAP-SERM-Methode145)

• CATT146 (Testwerkzeug zur Überprüfung von Transaktionen, Systemmeldungen,

Datenfortschreibungen und Customizingeinstellungen)

• SAP Style-Guide (Leitfaden für die Oberflächengestaltung)

• Erweiterungskonzept (Leitfaden zur Verwendung von User Exits147)

• Tabellenpflege (Werkzeug zur Entwicklung von komfortablen Datenmanipulations-

funktionen)

• Zentrale Pflege- und Transportobjekte (Werkzeuge für die Zusammenfassung von

betriebswirtschaftlich zusammengehörigen Daten in entsprechenden Objekten für

die vereinfachte Pflege und den Transport dieser Daten)

• XXL-Listenexport148 (Werkzeug zur strukturierten Listenübergabe aus dem R/3-

System an PC-Anwendungen).

144 Vgl. Mende (1998), S. 21 ff.145 SAP-SERM = Strukturiertes Entity Relationship-Modell der SAP.146 CATT = Computer Aided Test Tool.147 User Exits sind Programmschnittstellen innerhalb des R/3-Systems, an welche eigenentwickelte An-

wendungen als Ersatz oder Ergänzung für R/3-Funktionen angebunden werden können.148 XXL = Extended Export of Lists

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Das R/3-System

143

3.3.8.4 Business Engineer

Der Business Engineer bezweckt die Unterstützung der Einführung des R/3-Systems mit

dem Ziel, bestehende Geschäftsprozesse zu optimieren oder grundlegend umzugestal-

ten. Die Geschäftsprozessoptimierung bezieht sich nicht nur auf die Prozesse im indu-

striellen Bereich sondern schliesst durch die Möglichkeit des Einsatzes von aktiven

Workflowkomponenten den Büro- und Verwaltungsbereich mit ein. Der Business Engi-

neer umfasst folgende Komponenten:

• Vorgehensmodell

• Customizing Handbuch (IMG

• R/3 Referenzmodell.

• IDES-Demosystem

• SAP Business Workflow

Das Vorgehensmodell149 für die Einführung von R/3 bietet die notwendige Unterstüt-

zung für das Projektmanagement und liefert die Grundlage für das Customizing150 des

Systems. Es besteht aus 4 Hauptphasen und weiteren übergreifenden Anwendungs-

schritten:

• Phase-1: Organisation und Konzeption

• Phase-2: Detaillierung und Realisierung

• Phase-3: Produktionsvorbereitung

• Phase-4: Produktivbetrieb

• Projektadministration und Projektcontrolling

• Systemwartung und Release-Wechsel.

149 Vgl. Kap 4.3.150 Unter Customizing wird die Anpassung des R/3-Systems an die betriebliche Aufbau- und Ablaufor-

ganisation mittels Parametersetzung verstanden.

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Das R/3-System

144

Hauptsächlich unterstützt das Vorgehensmodell die Ersteinführung des R/3-Systems.

Daneben sind aber auch Empfehlungen für Releasewechsel und für die Einpflegung von

neuen Funktionen integriert. Die einzelnen für die jeweilige Projektphase notwendigen

Aktivitäten sind in einem Strukturplan dargestellt und darin ausführlich beschrieben.

Zusätzlich werden die einzelnen Einführungsphasen durch die verschiedenen Imple-

mentierungswerkzeuge des Customizings (Customizing-Handbuch, R/3-Referenzmodell)

unterstützt.

Der Einführungsleitfaden (Implementation Guide; IMG) liefert in strukturierter Form

detaillierte Hinweise für das Customizing des R/3-Systems. Für jedes Einführungsprojekt

kann ein auf die Erfordernisse zugeschnittener Einführungsleitfaden generiert werden.

Zusätzlich beinhaltet dieses Werkzeug Funktionen für die Projektsteuerung und -doku-

mentation.

Das R/3-Referenzmodell beschreibt in graphischer Form den Aufbau und die Funk-

tionsweise des R/3-Systems. Die Darstellung erfolgt entweder über eine im R/3-System

integrierte Navigationskomponente (Business Navigator) oder über Zusatzwerkzeuge

(z.B. ARIS-Toolset), mit welchem das Referenzmodell auch losgelöst vom R/3-System

betrachtet werden kann.

Das IDES-Demosystem (IDES = International Demo and Education System) wird als

integrierender Bestandteil von R/3 ausgeliefert und bezweckt die Darstellung der Funk-

tionsvielfalt des Systems. IDES stellt ein voll funktionsfähiges Demosystem für die Eva-

luation, die Einführungsunterstützung und Schulung des R/3-Systems dar. In der Evalua-

tionsphase wird durch transparente Darstellung der verschiedenen Funktionen der Ver-

gleich mit anderen Produkten erleichtert. Während der Einführung steht die IDES-

Datenbank als Ideenquelle für die Implementierung der abzubildenden Geschäftspro-

zesse zur Verfügung. Gleichzeitig existiert eine einheitliche Basis für die Schulung der

Projektmitglieder. Die während den Schulungsveranstaltungen verwendeten Beispiele

können in einer späteren Phase nachvollzogen und im Detail analysiert werden. Die

Internationalität der IDES-Datenbank lässt auch die Möglichkeit offen, länderspezifische

Bedürfnisse in einer realen Umgebung zu überprüfen. Durch die konsequente Verwen-

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Das R/3-System

145

dung des Demosystems wird die Einarbeitung in das System erleichtert und damit der

Einführungsaufwand von R/3 reduziert.

Mit dem SAP Business Workflow151 stehen verschiedene Komponenten zur Optimie-

rung und Automatisierung von Geschäftsprozessen zur Verfügung. Während sich die

Bestrebungen in der Vergangenheit vor allem auf Produktivitätssteigerungen im Ferti-

gungsbereich beschränkt haben, bezieht sich das Workflow-Management primär auf die

Optimierung von Büro- und Verwaltungsprozessen. Im letztgenannten Bereich sind

durch die vielerorts vorhandenen langen Transport- und Liegezeiten bei der Aufga-

benerledigung, sowie die mangelnde Prozesstransparenz und der oft erschwerliche Zu-

griff auf die vorhandenen Archive (Papier- und Mikrofilmarchive) erhebliche Effizienz-

steigerungspotentiale zu vermuten. Bisher haben sich Verbesserungen von Büro- und

Verwaltungsprozessen schwergewichtig auf die zusätzliche Technisierung der einzelnen

Arbeitsplätze beschränkt, was aber im Hinblick auf die Optimierung von zusammen-

hängenden Prozessen keine nennenswerten Vorteile gebracht hat.

151 Vgl. dazu Fritz/Zuck (1996), S. 63 ff.; Wenzel (1995a), S. 575 ff.; SAP AG (1996a), Abschnitt: SAPBusiness Workflow; SAP AG (1995b).

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Das R/3-System

146

Workflow-Definition

Workflow-Steuerung

Workflow-Überwachung

Definitions-werkzeuge

Laufzeit-werkzeuge

- Objekt-Repository- Aufbau-

Organisation- Ereigniserzeugung

- integrierterEingangskorb

- Workflow-Ausgang

- Workitem-Analyse- Workload-Analyse- Aufgaben-Analyse

Ziel: Optimierung von Büro- und Verwaltungsprozessen

Reporting

Abb. 3-30: Komponenten von SAP Business Workflow.

SAP Business Workflow zielt auf dieses Defizit ab und ermöglicht durch die aktive Ver-

knüpfung von einzelnen Arbeitsschritten und die flexible Abbildung organisatorischer

Strukturen die Realisierung von erheblichen Verbesserungen. Zur Gewährleistung eines

ganzheitlichen Workflowmanagement-Konzepts stehen die folgenden Werkzeuge für

die Definition, die Steuerung und Überwachung von Geschäftsprozessen zur Verfügung:

• Workflow-Definition (Workflow-Editor)

• Laufzeitsystem (Workflow-, Workitem- und Ereignismanager)

• Informationssystem zur Überwachung einzelner Arbeitsschritte (Workitems) und zur

Diagnose und Fehlerfindung innerhalb eines durchgängigen Prozesses

Die Workflow-Definition wird über einen graphischen Editor vorgenommen. Dabei

können die Kontroll- und Datenflüsse zwischen den einzelnen Bearbeitungsschritten

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Das R/3-System

147

festgelegt werden. Über die Definition von entsprechenden Verknüpfungen erfolgt die

Zuordnung der für die Bearbeitung notwendigen Dokumente.

Das Laufzeitsystem steuert über Ereignisse (=Zustandsänderungen eines Objekts z.B.

das Erreichen einer Terminschranke oder auch das Eintreffen einer Nachricht von aus-

serhalb des Systems) die Auslösung von Folgeschritten. Die weiteren Bearbeitungs-

schritte werden anschliessend entweder automatisch abgewickelt oder in Form einer

Anweisung einem zuständigen Bearbeiter zugeteilt. Die Zuweisung der Aufgaben erfolgt

über einen elektronischen Eingangskorb (Universal Inbox). Über diesen werden alle zu

bearbeitenden Tätigkeiten (Workitems) in einer Pendenzenliste (Worklist) verwaltet. Der

elektronische Eingangskorb ist Bestandteil des Email-Systems. Die zugewiesenen Work-

items werden durch eingehende Nachrichten dargestellt, welche der Klasse WF

(Workflow) zugeordnet sind und im Unterschied zu den herkömmlichen Mailnachrich-

ten über spezielle Eigenschaften verfügen. Ein Workitem beinhaltet alle notwendigen

Informationen zur Erledigung einer Aufgabe. Gleichzeitig können Anwendungsobjekte

(z.B. bestimmte R/3-Transaktionen) für die Folgeverarbeitung mit dem Workitem ver-

bunden werden. Parallel zur Bearbeitung der Aufgaben wird der Status (z.B. wartend,

angenommen, in Arbeit oder ausgeführt) mitgeführt. Beim Übergang auf den Status

"beendet" ist die Aufgabe erledigt und der im Workflow vorgesehene Zustand erreicht.

Durch ein integriertes Informationssystem ist es jederzeit möglich, sich einen Überblick

über den Stand der Arbeiten und der Belastung einzelner Stellen und ganzer Organisa-

tionseinheiten zu verschaffen. Durch die Workitem-Analyse können statistische Aus-

wertungen einzelner oder mehrerer Tätigkeiten (z.B. Ermittlung des Bearbeitungsstatus)

vorgenommen und Objektverknüpfungen dargestellt werden. Die Workload-Analyse

dient zur Ermittlung der Arbeitsbelastung einzelner Stellen oder Organisationseinheiten.

Anhand der Aufgabenanalyse können die definierten Aufgaben und deren Abhängig-

keiten dargestellt werden. Diese Auswertungsmöglichkeiten bilden die Grundlage für

die notwendige Transparenz über die Vorgänge.

SAP Business Workflow unterstützt durch die genannten Funktionen den prozessorien-

tierten Ansatz bei der Vorgangssteuerung von Büro- und Verwaltungsprozessen. Diese

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Das R/3-System

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Abläufe können dadurch vereinfacht, beschleunigt, transparenter gestaltet und besser

überwacht werden. Zusätzlich wird ein asynchrones Arbeiten (zeitlich und örtlich ver-

setzt) an den zu erledigenden Aufgaben ermöglicht. Insgesamt wird dadurch ein grosser

Beitrag zur Ausnutzung des noch vorhandenen Optimierungspotentials bei Büro- und

Verwaltungsprozessen geleistet.

3.4 System-Architektur

Das R/3-System basiert auf einer Client/Server-Architektur. Die Umsetzung dieses Prin-

zips wurde durch ein Mehrschichtenmodell realisiert (vgl. Abb. 3-31). Die einzelnen

Ebenen sind über Schnittstellen miteinander verbunden und gewährleisten dadurch

eine weitgehende Unabhängigkeit des R/3-Systems von der verwendeten Systemsoft-

ware und damit auch von den verwendeten Hardwarekomponenten.

SystemsoftwareSystemsoftware

Basissystem(BC)Basissystem(BC)

ABAP/4ABAP/4Development WorkbenchDevelopment Workbench

R/3-AnwendungenR/3-Anwendungen

..............

MMFI CO TR

Abb. 3-31: Schichtenarchitektur des R/3-Systems.

Die Systemsoftware gehört dabei nicht zum R/3-System und umfasst das Betriebssy-

stem, die Datenbank-Managementsoftware und die Kommunikationssoftware. Durch

die Middleware (BC-Basissystem), welche direkt mit der darunterliegenden Sy-

stemsoftware kommuniziert, können die verschiedenen Anwendungen des R/3-

Systems und die Entwicklungsumgebung des R/3-Systems (ABAP/4 Development

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Das R/3-System

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Workbench) neutral gehalten werden. Dadurch wird es möglich, R/3 mit verschiedenen

Betriebssystemen und Datenbanken einzusetzen. Die Variationsvielfalt wird nur durch

das Vorhandensein entsprechender Schnittstellen mit dem Basissystem eingeschränkt.

Mit Release 3.1 unterstützt das R/3-System, die in Abb. 3-32 dargestellten Betriebssy-

steme, Datenbanken und Benutzeroberflächen.

Datenbank

Hardware Unix SystemeBull IBMDEC SNIHP Sun

AT&T Data General SequentBull/Zenith HP (Intel) SNICompaq IBM (Intel) Digital

... ... ...

IBMAS/400

Betriebssystem

AIX ReliantDec Unix SINIXHP-UX Solaris

Windows NT OS/400

ADABAS DDB2 für AIX

InformixORACLE

ADABAS DMS SQL ServerInformix-Online

ORACLE

DB2 forOS/400

Dialog (SAPGUI)Windows 3.1, Windows 95, Windows NT

OSF/Motif*, OS/2 Presentation Manager (PM),Macintosh*, Java

Sprachen

ABAP/4,C,C++, HTML, JavaIF...

THEN...

ELSE...

IBMS/390

OS/390

DB2 forOS/390

* Wird als Frontend für AS/400 nicht unterstützt

Abb. 3-32: Mögliche Hardware- und Systemsoftwareplattformen für das R/3-System.152

152 Releasestand 3.1.

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Zusätzlich zur Offenheit bietet das R/3-System durch die Umsetzung des Mehreben-

nenmodells von Client/Server-Architekturen für jede Unternehmensgrösse eine massge-

schneiderte Konfigurationsmöglichkeit (vgl. Abb. 3-33). Durch die Trennung von Prä-

sentations-, Applikations- und Datenbankebene kann das R/3-System beinahe beliebig

skaliert werden. Dabei unterstützt die Präsentationsebene die graphische Darstellung

der Anwendungsfunktionen (GUI153) und ist somit für die Interaktion zwischen Anwen-

der und System zuständig. Auf Applikationsebene ist die eigentliche Anwendungslogik

angesiedelt. Auf dieser Stufe werden die Verarbeitungsfolgen gesteuert und die not-

wendigen Integritätsbedingungen bei der Datenerfassung und -verarbeitung überprüft.

Auf Datenbankebene erfolgt die zentrale Speicherung und Bereitstellung der für die

betrieblichen Abläufe relevanten Daten. Ausgehend von diesem Mehrebenenkonzept

sind in Abhängigkeit von der Unternehmensgrösse verschiedene Skalierungsmöglich-

keiten denkbar (vgl. Abb. 3-33 )

Präsentation Applikation Datenbank

ZentralesSystem

VerteiltePräsentation

DreistufigeC/S-Architektur

Mehrstufige,kooperative

C/S-Architektur

ZweistufigeC/S-Architektur

Abb. 3-33: Konfigurationsmöglichkeiten des R/3-Systems.

153 GUI = Graphical User Interface; im R/3-Umfeld wird in diesem Zusammenhang auch der BegriffSAPGUI (Graphische Benutzeroberfläche der SAP) verwendet.

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Bei Verwendung einer einstufigen Lösung (Zentrales System) sind alle Ebenen auf ei-

nem Rechner (z.B. Laptop) zusammengefasst. Diese Lösung ist nicht für den produkti-

ven Einsatz vorgesehen und dient vor allem zu Präsentationszwecken. Bei der verteilten

Präsentation erfolgt der Zugriff auf ein zentrales R/3-System, in welchem Applikations-

server- und die Datenbankserverfunktionen zusammengefasst sind, von mehreren Prä-

sentationsrechnern aus. Beim zweistufigen Ansatz beziehen mehrere Rechner, welche

Präsentations- und Applikationsfunktionen vereinen, ihre Daten von einem zentralen

Datenbankserver. Die beiden letztgenannten Varianten sind vor allem für kleinere und

mittelgrosse Unternehmen geeignet. In einer weiteren Ausbaustufe kommt das klassi-

sche dreistufige Client/Server-Modell zum Einsatz. Die Datenhaltung erfolgt zentral auf

einem Datenbankserver. Auf der zweiten Ebene werden je nach Benutzerzahl in den

verschiedenen Anwendungsbereichen werden mehrere Applikationsserver eingesetzt.

Durch zielgerichtete Verteilung der Anwender (Präsentationsebene) auf den verschie-

denen Applikationsservern kann die zur Verfügung stehende Leistung optimal genutzt

werden und bei zusätzlichen Leistungsbedürfnissen durch Hinzufügen eines weiteren

Applikationsservers flexibel angepasst werden. Beim Einsatz einer mehrstufigen koope-

rativen Client/Server-Architektur können mehrere R/3-Systeme miteinander gekoppelt

werden. Selbst die Datenhaltung ist in diesem Modell verteilt. Diese Variante ist vor

allem in internationalen Konzernen mit geographisch weit auseinanderliegenden Funk-

tionsbereichen anzutreffen. Befindet sich beispielsweise der Vertrieb sowie Forschung &

Entwicklung in Europa und die Produktion in Asien, dann ist es sinnvoll auf jedem Kon-

tinent ein separates R/3-System einzusetzen. Damit eine konsistente Datenhaltung (z.B.

Materialstammdaten) gewährleistet ist, muss ein Abgleich zwischen den beiden Daten-

bankservern stattfinden können. Dieser Datenaustausch wird durch das ALE-Konzept

sichergestellt.

Für die Nutzung des R/3-Systems im Internet kann die Systemarchitektur durch die Ein-

bindung einer Web-Server-Ebene zusätzlich erweitert werden (vgl. Abb. 3-34). Dadurch

wird es möglich, über einen normalen WWW-Browser (Web-Client) auf ein R/3-System

zuzugreifen und dessen Funktionen zu nutzen. Eine Electronic Commerce Applikation

auf dem Web-Server stellt für diesen Zweck die dazu notwendige Programmlogik zur

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Verfügung. Über spezifische Schnittstellenprogramme (Internet Transaction Server oder

SAP-Automation) wird die Kommunikation mit den benötigten R/3-Transaktionen ge-

steuert. Dadurch wird die Möglichkeit geboten, R/3 über die Unternehmensgrenzen

hinweg zu nutzen und damit die existierenden Prozessketten durchgängig mit Informa-

tionssystemen abzudecken.

Client/Server-Architektur des R/3-Systems

Klassisches 3-Ebenen ModellErweitertes 4-Ebenen Modell

(Internet Integration)

Präsentation(Web Client)

Web Server

Applikations-server

DatenbankServer

DatenbankServer

Applikations-server

Präsentation(SAPGUI)

Abb. 3-34: Integration von R/3 in das Internet.

Die dargestellten technischen Gestaltungsmöglichkeiten bieten einen grossen Spielraum

für den Einsatz des R/3-Systems. Folgende Merkmale sind besonders hervorzuheben:

• Skalierbarkeit: Die Ausbaumöglichkeiten der technischen Architektur über mehrere

Stufen und die Verteilbarkeit der verschiedenen R/3-Applikationen und der zugehö-

rigen Datenbestände gewährleisten eine weitreichende Anpassbarkeit des R/3-

Systems an die unternehmensspezifischen Erfordernisse und bieten genügend Spiel-

raum bei Veränderung des Leistungsbedarfs.

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• Portabilität: Das SAP-Basissystem ermöglicht die Nutzung des R/3-Systems auf ver-

schiedenen Plattformen mit unterschiedlichsten Systemsoftwarekomponenten

(Betriebssysteme, Datenbanken und graphische Benutzeroberflächen). Diese Unab-

hängigkeit gewährleistet den Einsatz der am besten geeigneten Komponenten und

sorgt durch die damit verbundene längere Nutzungszeit der betriebswirtschaftlichen

Anwendungen für einen besseren Investitionsschutz.

• Offenheit: Durch die Möglichkeit der Verwendung von Hardware- und Systemsoft-

warekomponenten unterschiedlicher Hersteller entfällt die bei rein proprietären Sy-

stemen üblicherweise vorhandene einseitige Abhängigkeit.

• Graphische Benutzeroberfläche: Die ausschliessliche Verwendung von graphi-

schen Benutzeroberflächen als Frontend für das R/3-System reduzieren den Einar-

beitungsaufwand und sorgen für eine bessere Akzeptanz bei den Anwendern.

• Desktop-Integration: Die Integration von Desktop-Applikationen (z.B. Winword

oder Excel) in das R/3-System schafft eine einheitliche Basis und erleichtert die

Weiterverarbeitung der betrieblichen Daten. Zusätzlich wird die Einstellung neuer

Arbeitskräfte durch Verwendung weit verbreiteter Office-Pakete vereinfacht und die

bereits erfolgte Ausbildung der Anwender auf solchen Systemen kann voll genutzt

werden.