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Das R/3-System
51
3 Das R/3-System
3.1 Einleitung
Im folgenden Kapitel wird die Funktionalität des betriebswirtschaftlichen Anwendungs-
systems R/3 der SAP AG dargestellt. Der erste Teil dieses Kapitels beschreibt die Ge-
schichte, die Unternehmensstrategie und die Marktstellung der SAP AG. Im zweiten Teil
des Kapitels werden die grundlegenden Organisationsstrukturen, die Hauptanwen-
dungsbereiche und die Architektur des R/3-Systems dargestellt. Die Beschreibung des
R/3-Systems basiert auf der Funktionalität des 1998 auf dem Markt verfügbar geworde-
nen Release 4.0.
Die ausführliche Darstellung der betriebswirtschaftlichen Funktionalität dient der Ver-
deutlichung der im vorangehenden Kapitel genannten Vor- und Nachteile von Enterpri-
se Management Systemen. Insbesondere soll dadurch ein Verständnis für die Funktions-
vielfalt, den hohen Integrationsgrad und die damit verbundene Komplexität eines sol-
chen Systems geschaffen werden.
Gleichzeitig stellt dieses Kapitel die Wissensgrundlage für die in den folgenden Kapiteln
behandelten Themenbereiche (Einführung von EMS und Erfahrungen mit der Einfüh-
rung von EMS) dar.
Das R/3-System
52
3.2 Unternehmensprofil der SAP AG
3.2.1 Geschichte
SAP wurde 1972 von 4 ehemaligen IBM-Technikern gegründet. Das Unternehmen,
welches anfänglich unter dem Namen "Systemanalyse und Programmentwicklung" exi-
stierte, wurde 1977 in die SAP GmbH (SAP = Systeme, Anwendungen und Produkte in
der Datenverarbeitung) mit Firmensitz in Walldorf umgewandelt. 1988 erfolgte eine
nochmalige Änderung der Rechtsform in eine börsennotierte Aktiengesellschaft. 1993
wurde die SAP-Aktie sogar mit einem Gewicht von 0.94 Prozentpunkten in den Deut-
schen Aktienindex (DAX 100) und in den FAZ-Index einbezogen. Seit Mitte 1994 ist die
SAP-Aktie auch im integrierten Börsenhandels- und Informationssystem (IBIS) vertreten
und kann dadurch auch international gehandelt werden. Die wichtigsten Meilensteine
des Unternehmens können Abb. 3-1 entnommen werden.
Jahr Ereignis
1972 Gründung der SAP unter dem Namen "Systemanalyse und Programmentwicklung"
Ab 1973 Stufenweise Entwicklung und Einführung verschiedener Module einer betriebswirt-schaftlichen Gesamtlösung
1976 Umwandlung in die SAP GmbH mit Sitz in Walldorf (D)
1979 Markteinführung des R/2-Systems
1984 Gründung der Holdinggesellschaft SAP (International) AG mit Sitz in Biel/CH (Zweck:Errichtung eines Netzes von Landesgesellschaften)
1987 Entwicklungsbeginn von R/3
1988 Umwandlung in eine AG mit Börsennotierung
1992 Integration der Holdinggesellschaft in die SAP AG
1992 Einführung des R/3-Systems (Release 1.0)
Ab 1989 Gründung von und Beteiligung an verschiedenen Gesellschaften
1994 SAP durchbricht die 1'000 Mio USD Umsatzgrenze
1996 SAP wird zum viertgrössten unabhängigen Softwarehersteller
Abb. 3-1: Entstehungsgeschichte der SAP AG.
Das R/3-System
53
3.2.2 Unternehmensstrategie
Von Anfang an wurde die Idee verfolgt, Standardsoftware für betriebliche Abläufe zu
entwickeln. Dabei standen vor allem folgende Aspekte im Vordergrund:
• Branchenneutralität (durch Customizing individuell anpassbar)
• Internationale Einsetzbarkeit (rechtliche Anforderungen, Sprach- und Währungs-
unabhängigkeit)
• Vollständige funktionale Integration aller betrieblichen Bereiche
• Modularer Aufbau
• Zentrale Datenhaltung
• Einheitliche Benutzeroberfläche
• Offene Systemarchitektur
• Hardwareunabhängigkeit durch klare Trennung von Basis- und betriebswirtschaftli-
chen Anwendungen
Mittlerweile ist die SAP zu einem der grössten Softwarehäuser der Welt herangewach-
sen. Lange Zeit stand der deutsche Markt im Zentrum der Aktivitäten. Durch die Inter-
nationalisierung der Anwendungssoftware hat die SAP ihren Absatzmarkt zunehmend
ausgedehnt. Das Unternehmen ist heute in über 50 Ländern auf sämtlichen Kontinenten
der Welt vertreten. Der nordamerikanische Markt zählt aufgrund des zu erwartenden
Wachstumspotentials zu den Schlüsselmärkten.
Der technologische Vorsprung ist vor allem auf das hohe Forschungs- und Entwick-
lungsbudget zurückzuführen, welches gegen 20% des Umsatzes ausmacht. Hinzu
kommt, dass in den Entwicklungszentren in Deutschland, Japan und den Vereinigten
Staaten (verschiedene Zeitzonen) rund um die Uhr entwickelt werden kann.
Mit dem Release 4.0 deckt das R/3-System über 1'000 verschiedene betriebliche Ge-
schäftsprozesse ab. Mit dieser Funktionsvielfalt können praktisch sämtliche Informati-
onsbedürfnisse moderner Industriebetriebe abgedeckt werden. Zusätzlich vermindert
der hohe Integrationsgrad der einzelnen Funktionen die Datenredundanz und verein-
facht gleichzeitig die Abwicklung der betrieblichen Prozesse. Die im R/3-System vor-
Das R/3-System
54
handenen Prozesse können dabei als Referenzprozesse (Best Practice in Business) be-
trachtet werden und bieten die ideale Grundlage für Business Reengineering-Projekte.
Dem Aspekt der kundengerechten Lösungen trägt die SAP vor allem durch lange Tra-
dition mit strategischen Partnerschaften Rechnung. Mit Hilfe dieser Partnerschaften
kann die Integration zu anderen Systemen erweitert werden. Zusätzlich wird indirekt
die Offenheit des Systems gefördert und erfolgversprechende neue Technologien kön-
nen innert kürzester Zeit in das R/3-System integriert werden. Der geregelte Erfahrungs-
austausch ermöglicht gleichzeitig eine bessere Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse
bei der Entwicklung des R/3-Systems.
3.2.3 Produkte
SAP bietet auf dem Markt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware 2 Produktelinien
an. Für Grossrechneranwendungen ist das funktionsorientierte R/2-System (R steht für
Realtime) und für offene Architekturen (Client/Server) das eher prozessorientierte R/3-
System vorgesehen. Die beiden Systeme unterstützen folgende Hauptanwendungsge-
biete:
• Rechnungswesen
• Logistik (Beschaffung-, Produktions- und Vertriebslogistik)
• Personalwirtschaft.
SAP R/2
Das R/2-System kam 1979 auf den Markt. Es verfügt über eine funktionale Gliederung
und eignet sich speziell für grosse, zentralistisch organisierte Unternehmen mit einer
hostbasierten Datenverarbeitung und einem hohen Transaktionsvolumen. Die grössten
Installationen ermöglichen bis zu 4'000 Endbenutzern einen gleichzeitigen Zugriff auf
die betrieblichen Daten. Das R/2-System wurde seit 1973 kontinuierlich weiter-
entwickelt und hat mit dem Release 6.0 seine endgültige Version erreicht. Das Produkt
soll allerdings noch über die Jahrtausendwende hinaus aktualisiert und um neue Funk-
tionen erweitert werden.
Das R/3-System
55
SAP R/3
Parallel zur Entwicklung des R/2-Systems wurde 1985 mit der Entwicklung des R/3-
Systems begonnen. R/3 stellt dabei eine konsequente Weiterentwicklung des R/2-
Systems dar und wurde primär für den Client/Server-Markt konzipiert. Mit dem Release
3.0 hatte R/3 ungefähr den gleichen Funktionsumfang erreicht, wie das R/2-System zum
Releasestand 5.0. Da sich SAP bei der Weiterentwicklung primär auf das R/3-System
konzentrieren wird, stellt dies auch den Standard-Migrationspfad für den Umstieg von
R/2 auf R/3 dar. Entgegen allen Gerüchten114, dass zum heutigen Zeitpunkt bereits an
der Entwicklung eines Nachfolgesystems gearbeitet wird, stellt SAP in Aussicht, dass R/3
weit über die Jahrtausendwende hinaus produktiv genutzt werden kann.115 Eine Weiter-
entwicklung soll evolutionär stattfinden und neben der Erweiterung der betriebswirt-
schaftlichen Funktionalität soll R/3 zunehmend für den Betrieb in unternehmensweiten
und globalen Netzen116 (Internet und Corporate Intranets) ausgerüstet werden.
114 Vgl. Cameron et. al. (1996).115 Vgl. NN (1996a), S. 4.116 Vgl. Bartholomew (1996a), S. 22.
Das R/3-System
56
3.2.4 Partnerkonzept
Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Marktposition nur mit Hilfe von strategi-
schen Allianzen erhalten und gestärkt werden kann. Durch entsprechende Kooperatio-
nen können Ressourcen gemeinsam verwendet und damit Zeit und Kosten eingespart
werden. Erfolgreiche Allianzen beruhen dabei auf den besonderen Fähigkeiten der
Partner und ermöglichen es durch Ausnutzung der eintretenden Synergieeffekte Wett-
bewerbsvorteile zu erzielen. Aus diesem Grund hat die SAP ein Partnerkonzept entwik-
kelt, welches diese Vorteile voll zum Tragen bringen soll. Dabei werden verschiedene
Arten von Partnern unterschieden (Abb. 3-2).
Logo-partner
Technologie-partner
Hardware-partner
INFORMIX
ORACLE
iXOS
MICROSOFTSOFTWARE AG
APPLE
HPIBM
SUN
DIGITAL
BULL
SNI
AT&T
COMPAQ
SEQUENT DATA GENERAL
IBM
Vertriebs-und Entwicklungs-
partner
Abb. 3-2: Das Vertriebskonzept der SAP AG.
Die Vertriebs- und Entwicklungspartner bieten ergänzende Produkte zu R/3 an. Diese
Systeme weisen eine zertifizierte Schnittstelle zu R/3 auf. Einige Beispiele sind:
• Archivierungssysteme
• CAD-Systeme
• Geographische Informationssysteme
• Mobile Datenerfassungssysteme.
Das R/3-System
57
Die Beratungspartner (Logopartner) unterstützen R/3-Anwender bei der Implemen-
tierung und Schulung des Systems. Es werden dabei je nach Grösse und Marktabdek-
kung des Unternehmens folgende Arten unterschieden:
• Globale R/3-Logopartner
• Regionale R/3-Logopartner
• Nationale R/3-Logopartner
• R/3-Implementierungspartner.
Als offenes System basiert R/3 auf verschiedenen Betriebssystemen und unterstützt
mehrere Datenbanken und graphische Benutzeroberflächen. Zur Förderung der Kom-
munikation mit den Herstellern dieser komplementären Softwarekomponenten, hat SAP
diese Beziehungen institutionalisiert. Der Hauptzweck besteht im Austausch von Infor-
mationen zu neuen Funktionen und Produkten. Dabei wird zwischen Technologie- und
Plattform-Partnern unterschieden. Als Technologie-Partner gelten die Hersteller der
Datenbanken (z.B. Oracle oder Informix) und der graphischen Benutzeroberflächen
(z.B. Microsoft, Apple oder IBM).
Die Plattform-Partner sind meist mit einem Competence Center bei SAP in Walldorf
vertreten und stellen die Kommunikation zu den Hardware-Herstellern sicher. Dabei
geht es darum, das R/3-System optimal an die verschiedenen Betriebssystemplattformen
anzupassen, resp. diese Plattformen für den produktive Gebrauch zu zertifizieren. Einige
dieser Plattform-Partner sind DEC, HP oder IBM.
Ein Value Added Reseller (dt. R/3-Systemhaus) zeichnet sich dadurch aus, dass er über
Ressourcen für den Verkauf, die Beratung, die Schulung und den Support verfügt. Zu-
sätzlich besitzt er ein eigenes Produkt, welches R/3 ergänzt. In dieser Eigenschaft unter-
stützt er in Zusammenarbeit mit anderen Beratungspartnern vor allem mittelständische
Unternehmen bei der Einführung von R/3.
Das R/3-System
58
3.3 Hauptanwendungsbereiche des R/3-Systems
3.3.1 Überblick
Das R/3-System deckt einen Grossteil der von Unternehmen verschiedener Branchen
benötigten betriebswirtschaftlichen Funktionen ab. Auf organisatorischer Ebene können
im R/3-System sowohl einzelne Unternehmensbereiche (z.B. die Vertriebsorganisation)
als auch ganze Konzerne mit einer Vielzahl von Tochtergesellschaften abgebildet wer-
den.
Der Aufbau des R/3-Systems ist grundsätzlich funktionsorientiert und richtet sich nach
den allgemein üblichen Hauptanwendungsbereichen Rechnungswesen, Logistik und
Personalwesen. Unter diesen sind die einzelnen Module (z.B. Materialwirtschaft, Ver-
trieb oder Instandhaltung) angesiedelt. Neben den eigentlichen Hauptanwendungsbe-
reichen werden alle übergreifenden Applikationen (z.B. Branchenlösungen) und das
Basissystem in separaten Anwendungsbereichen geführt. Dies ergibt folgende Grund-
gliederung für das R/3-System:117
• Rechnungswesen (FI, TR, CO, IM, EC)
• Logistik (LO, SD, MM, PP, QM, PM, PS)
• Personalwesen (PA, PD)
• Branchenlösungen (IS)
• Übergreifende Lösungen (CA)
• Basissystem (BC).
In Abb. 3-3 sind die einzelnen Module und in der folgenden Tabelle (vgl. Tab. 3-1) de-
ren Bedeutung und Einzelkomponenten im Detail dargestellt. Die folgenden Ausführun-
gen richten sich grundsätzlich an dieser Gliederung.
117 Auf die Bedeutung der einzelnen Modulbezeichnungen wird in Tab. 3-1 eingegangen.
Das R/3-System
59
IS
CABC
FITR
COSAPR/3IM
ECPA
MMSD
PP
QMPM
PSPD
LO
Abb. 3-3: Modulgliederung des R/3-Systems.
Das R/3-System
60
• • FI - Finanzwesen
− Hauptbuchhaltung
− Konsolidierung
− Kreditoren- undDebitorenbuchhaltung
− Anlagenbuchhaltung
− Spezielle Ledger
• • TR - Treasury
− Cashmanagement
− Finanzbudgetmanagement
− Treasury Management
• • CO - Controlling
− Gemeinkosten-Controlling
− Produktkosten-Controlling
− Ergebnis- undMarktsegementrechnung
− Prozesskostenrechnung
• • IM - Investitionsmanagement
− Sachinvestitionen
• • EC - Enterprise Controlling
− Profit-Center-Rechnung
− Unternehmensplanung
− Managementkonsolidierung
− Executive Information System
• • PA - Personaladministration und-abrechung
− Personaladministration
− Arbeitgeberleistungen
− Personalbeschaffung
− Zeitwirtschaft
− Leistungslohn
− Reise
− Abrechnung
• • PD - Personalplanung und-entwicklung
− Organisationsmanagement
− Personalentwicklung
− Personaleinsatz
− Veranstaltungsmanagement
− Raumbelegungsplanung
• • LO - Logistik allgmein
− Grunddaten Logistik
− Umweltdaten
− Prognose
− Variantenkonfiguration
− Änderungsdienst
− Logistikinformationssystem
• • MM - Materialwirtschaft
− Verbrauchsgesteuerte Dis-position
− Einkauf
− Bestandsführung
− Lagerverwaltung
− Rechnungsprüfung
− Informationssystem
• • SD - Vertrieb
− Verkauf
− Versand
− Transport
− Aussenhandel
− Fakturierung
− Vertriebsunterstützung
− Informationssystem
• • PP - Produktionsplanung und-steuerung
− Stücklisten, Arbeitsplätze undArbeitspläne
− Absatz- und Produktionsgrob-planung
− Produktionsplanung
− Kapazitätsplanung
− Bedarfsplanung
− Kanban
− Planung- und Steuerung beiSerienfertigung
− Montage
− ProduktionsplanungProzessindustrie
− Betriebsdatenerfassung
− Informationssystem
• • QM - Qualitätsmanagement
− Qualitätsplanung
− Qualitätsprüfung
− Qualitätslenkung
− Qualitätszeugnisse
− Qualitätsmeldungen
• • PM - Instandhaltung
− Technische Objekte
− Vorbeugende Instandhaltung
− Instandhaltungsabwicklung
− Instandhaltungsprojekte
− Service Management
− Informationssystem
• • PS - Projektmanagement
− Grunddaten
− Operative Strukturen
− Projektplanung
− Projektbudgetierung
− Projektrealisierung/Integration
− Informationssystem
• • BC - Basissystem
− Kernel-Komponenten
− Systemadministration
− Betriebssystemplattformen
− Datenbankplattformen
− Frontend-Plattformen
− ABAP/4 Development Workbench
− Business Engineering Workbench(Workflow Management)
• • CA - AnwendungsübergreifendeKomponenten
− Dokumentenverwaltung
− Klassensystem
− CAD-Integration
− ALE
• • IS - Branchenlösungen (Beispiele)
− IS-Oil (Ölverarbeitung)
− IS-Banking
− IS-Retail
− ...
Tab. 3-1: R/3-Module und deren Komponenten.
Neben der Gliederung der Funktionen in einzelne Module verfügt das R/3-System über
eine grosse Zahl verschiedener Organisationseinheiten als Grundlage für die Abbildung
der betrieblichen Ausbauorganisation. Dabei existieren einerseits grundlegende Organi-
sationseinheiten (z.B. zur Abbildung eines Konzerns), welche grundsätzlich im Rechtssy-
stem verankert sind und andererseits Organisationseinheiten zur Abbildung einzelner
Anwendungsbereiche (z.B. der Vertriebsorganisation). Diese verschiedenen Arten von
Organisationseinheiten werden im folgenden dargestellt.
Das R/3-System
61
3.3.2 Organisationsstrukturen des R/3-Systems
3.3.2.1 Grundlegende Organisationseinheiten
Die Abbildung komplexer Unternehmensstrukturen wird im R/3-System durch die Exi-
stenz flexibler Organisationseinheiten sichergestellt. Das organisatorische Konzept des
R/3-Systems basiert auf einer Konzernstruktur. Diese wird durch Verknüpfung von ein-
zelnen Organisationseinheiten charakterisiert. Neben den grundlegenden organisatori-
schen Einheiten (z.B. Konzern oder Tochtergesellschaft) verfügt jeder Bereich des R/3-
Systems (Rechnungswesen, Logistik und Personalwesen) über spezifische Organisations-
einheiten.
Von der organisatorischen Gliederung ist die systemtechnische Gliederung zu unter-
scheiden. Diese ist der organisatorischen Gliederung übergeordnet hat nur einen indi-
rekten Einfluss auf die organisatorische Struktur eines Unternehmens. Die Grundeinheit
von R/3 stellt das System dar. Ein System ist eine in sich abgeschlossene Installation von
R/3 mit eigenem Datenbestand. Innerhalb eines Systems können mehrere Mandanten
angelegt werden. Diese stellen jeweils einen Konzern dar. Bei einer R/3-Einführung
werden in der Regel mehrere Mandanten (Referenzmandant118, Testmandant und Pro-
duktivmandant) gleichzeitig verwendet.
Auf organisatorischer Ebene stellt der Mandant (Konzern) das übergeordnete Element
aller Organisationseinheiten dar. Verschiedene Datenbestände (z.B. Materialstamm)
können auf Mandantenebene geführt werden. Dadurch wird eine redundante Daten-
haltung verhindert. Die einzelnen Tochtergesellschaften eines Konzerns werden Bu-
chungskreise genannt und stellen rechtlich unabhängige Gesellschaften (z.B. eine AG
oder GmbH) dar. Die Betriebsstätten oder Niederlassungen einer Gesellschaft werden
als Werke bezeichnet. Auf dieser Ebene findet die Materialdisposition und die Be-
standsführung statt.
118 Referenzmandant = voreingestellter Mandant mit einem Referenzdatenbestand (z.B. IDES-Demosystem, vgl. Kapitel 3.3.6).
Das R/3-System
62
Mandant (Konzern)
Werk
Buchungskreis
001
0001 0002
00020001 0003
Grundlegende Organisationseinheiten
Abb. 3-4: Grundlegende Organisationseinheiten des R/3-Systems.
3.3.2.2 Organisationseinheiten der Logistik
Im Bereich der Logistik (LO, SD, MM, PP, QM, PM, PS) existieren weitere Organisati-
onseinheiten, welche vorwiegend zur Strukturierung des Beschaffungs- und Vertrieb-
sprozesses dienen. In der folgenden Darstellung werden nur die wichtigsten Elemente
genannt:
• Einkaufsorganisation
• Verkaufsorganisation
• Lager.
Die Einkaufsorganisation ist den einzelnen Werken übergeordnet und dient zur zen-
tralen Beschaffung von Materialien oder Dienstleistungen. Durch die Konzentration des
Einkaufs lassen sich bessere Konditionen aushandeln und der Einkauf kann für mehrere
Werke gleichzeitig abgewickelt werden.
In einer Verkaufsorganisation wird ähnlich wie bei der Einkaufsorganisation der Ver-
kauf einer Gesellschaft zentralisiert, resp. auf die Bedürfnisse des Marktes zugeschnitten.
Einem Werk können verschiedene Lager zugeordnet werden. In diesen werden die
Materialbestände eines Werkes räumlich zusammengefasst und verwaltet.
Das R/3-System
63
Mandant (Konzern)
Lager
Werk
Verkaufsorganisation
Einkaufsorganisation
Buchungskreis
Unternehmen
Lagerort
001
0001 0002
00020001 0003
1000 2000
3000 4000
0001 0002 0003 0004 0005
0001 0002 0003
100-4100-3100-2100-1
Abb. 3-5: Organisationseinheiten der Logistik.
Eine Strukturierung der dargestellten Bereiche (Einkaufs- und Verkaufsorganisation) kann
durch zusätzlich vorhandene Organisationseinheiten vorgenommen werden (z.B. Ver-
kaufsbüro, Verkäufergruppe, Vertriebsweg oder Sparte). Auf diese soll aber in diesem
Kontext nicht näher eingegangen werden.
3.3.2.3 Organisationseinheiten des Finanzwesens
Im Bereich des Finanzwesens (FI, CO, TR, EC und IM) wird grundsätzlich zwischen ei-
ner rechtlichen Organisationsstruktur und einer internen Organisationsstruktur unter-
schieden. Daneben existieren weitere Organisationseinheiten für die Zusammenfassung
bestimmter Merkmale des Finanzwesens. Folgende Organisationseinheiten dienen zur
Abbildung der rechtlichen Struktur:
• Gesellschaft
• Buchungskreis
• Kostenrechnungskreis.
Das R/3-System
64
Die Gesellschaft stellt ein rechtlich selbständiges Unternehmen dar, für das nach han-
delsrechtlichen Gesichtspunkten eine Bilanz sowie ein Gewinn- und Verlustrechnung
erstellt werden kann. Dabei kann eine Gesellschaft aus einem oder mehreren Bu-
chungskreisen bestehen. Durch diese Zuordnungsmöglichkeit werden Buchungskreise
für eine gemeinsame Konzernrechnungslegung zusammengefasst.
Ein Buchungskreis ist in der Regel ebenfalls eine rechtlich selbständige Einheit
(Ausnahme: ausländische Betriebsstätte mit eigener Währung und speziellen steuer-
rechtlichen Anforderungen), für die eine abgeschlossene Buchhaltung (Bilanz, Gewinn-
und Verlustrechnung) geführt werden kann. Für jeden Mandanten können mehrere Bu-
chungskreise eingerichtet werden. Dabei muss für jeden Mandanten mindestens ein
Buchungskreis angelegt sein.
Der Kostenrechnungskreis definiert die organisatorische Einheit, für die eine eigenstän-
dige Kostenrechnung erstellt werden kann. Ein Kostenrechnungskreis entspricht entwe-
der einem Buchungskreis oder umfasst bei buchungskreisübergreifender Abrechnung
mehrere Buchungskreise. Der zweite Fall ist anzutreffen, wenn für verschiedene selb-
ständig bilanzierende Gesellschaften eine Kostenrechnung geführt wird.
Mandant (Konzern)
Buchungskreis
Kostenrechnungskreis
Kontenplan
0001
CACH CADE
CH02CH01 DE01
0002 00050001 0003 0004
Rechtliche Organisationsstruktur
Abb. 3-6: Rechtliche Organisationsstruktur des Finanzwesens.
Das R/3-System
65
Folgende Organisationseinheiten dienen zur Abbildung der internen Struktur:
• Geschäftsbereich
• Kreditkontrollbereich
• Mahnbereich.
Zu Auswertungszwecken kann eine Gesellschaft in Geschäftsbereiche untergliedert
werden. Für diese können eigene Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen er-
stellt werden. Aus handelsrechtlicher Sicht hat dies jedoch keine Bedeutung; somit hat
diese Organisationseinheit nur internen Charakter. In einem Mandanten können meh-
rere Geschäftsbereiche angelegt werden. Die Kontierung der einzelnen Geschäftsberei-
che kann dabei in allen vorhandenen Buchungskreisen, d.h. buchungskreisübergreifend
erfolgen. Ein Geschäftsbereich lässt sich zusätzlich zu einem Konsolidierungsgeschäfts-
bereich zusammenfassen.
Innerhalb eines Kreditkontrollbereiches existieren einheitliche Kreditlimiten für Debi-
toren. Für die Kreditlimiten kann pro Kreditkontrollbereich eine Währung festgelegt
werden. Zu einem Kreditkontrollbereich können ein oder mehrere Buchungskreise zu-
geordnet werden. Umgekehrt kann ein Buchungskreis aber nicht mehrere Kreditkon-
trollbereiche umfassen.
Innerhalb eines Mahnbereichs wird das Mahnwesen einheitlich geregelt. Grundsätzlich
entspricht der Mahnbereich einem Buchungskreis. Kann das Mahnwesen auf Buchungs-
kreisebene nicht einheitlich geregelt werden, erfolgt eine Untergliederung des Bu-
chungskreises in Mahnbereiche. Diese können z.B. Sparten oder Verkaufsorganisatio-
nen entsprechen.
Weitere wesentliche Organisationseinheiten des Finanzwesens sind:
• Finanzkreis
• Ergebnisbereich.
Der Finanzkreis ist eine organisatorische Einheit des Finanzmanagements (Treasury).
Durch diesen wird der Geltungsbereich für die Planung der finanziellen Mittel
Das R/3-System
66
(Budgetierung) festgelegt. Einem Finanzkreis muss mindestens einem Buchungskreis
zugeordnet sein. Für die buchungskreisübergreifende Budgetierung können einem Fi-
nanzkreis mehrere Buchungskreise zugewiesen werden.
Der Ergebnisbereich entspricht einem Segment des Absatzmarktes innerhalb eines Ko-
zerns, für welches durch Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen ein Ergebnis aus-
gewiesen wird (Ergebnis- und Marktsegmentrechnung). Je nach Gliederung des Kon-
zerns kann der Ergebnisbereich entweder einem oder mehreren Kostenrechnungskrei-
sen entsprechen.
3.3.2.4 Organisationseinheiten des Personalwesens
Die verschiedenen Organisationseinheiten des Personalwesens unterteilen diesen Be-
reich nach personaladministrativen, zeitwirtschaftlichen und abrechnungstechnischen
Gesichtspunkten. Das R/3-System stellt für diesen Zweck folgende Organisationsein-
heiten zur Verfügung:
• Personalbereich
• Personalteilbereich.
Personalbereiche werden auf Buchungskreisebene eingerichtet und stellen Unterneh-
mensbereiche mit gemeinsamen Merkmalen bezüglich der oben genannten Kriterien
dar. Innerhalb eines Personalbereichs sind z.B. die Tarif- und Lohnartenstruktur sowie
die Sollarbeitszeit einheitlich geregelt. Zudem stellt der Personalbereich ein Berechti-
gungsobjekt für den Zugriffsschutz dar.
Ein Personalbereich kann weiter in Personalteilbereiche untergliedert werden. Diese
zusätzliche Untergliederung kann insbesondere aus abrechnungstechnischen Gründen
erfolgen (z. B. können durch die geographische Gliederung eines Unternehmens meh-
rere Sozialversicherungseinrichtungen für einen Personalbereich zuständig sein). Aus-
serdem können für jeden Personalteilbereich u.a. verschiedene Lohnarten, Zeitmodelle
oder Feiertagskalender eingerichtet werden.
Das R/3-System
67
Mandant (Konzern)
Personalteilbereich
Personalbereich
Buchungskreis
001
0001 0002
00020001 0003
0001 0002 0003
Organisationseinheiten des Personalwesens
Abb. 3-7: Organisationseinheiten des Personalwesens.
Durch zusätzliche organisatorische Einheiten des Personalwesens können Merkmals-
gruppen für die Erfassung von Vorschlagswerten, für spezielle Auswertungen und für die
Verfeinerung des Berechtigungskonzepts gebildet werden. Für diese Zusatzaufgaben
stellt das R/3-System folgende Organisationsstrukturen zur Verfügung:
• Mitarbeitergruppe
• Mitarbeiterkreis.
Durch die Mitarbeitergruppe erfolgt eine Grobeinteilung der Arbeitnehmer nach deren
Stellung innerhalb des Unternehmens (z.B. Unterteilung in Voll- und Teilzeitbeschäftig-
te). Diese Gliederung wird insbesondere für die Erzeugung von Vorschlagswerten bei
der Datenerfassung und für die Bildung von Selektionskriterien bei Auswertungen vor-
genommen. Zusätzlich stellt auch die Mitarbeitergruppe ein Berechtigungsobjekt für die
Regelung des Zugriffsschutzes dar.
Mitarbeitergruppen können weiter in Mitarbeiterkreise unterteilt werden. Durch diese
Feingliederung lassen sich z.B. verschiedene Hierarchieebenen innerhalb eines Unter-
nehmens abbilden. Für Mitarbeiterkreise sind u.a. folgende Unterscheidungsmerkmale
vorgesehen:119
119 Vgl. SAP AG (1996a), Abschnitt: Mitarbeiterkreis pflegen.
Das R/3-System
68
• Festlegung der Behandlung in der Abrechnung
• Festlegung der Gültigkeit von Primärlohnarten
• Festlegung der Gültigkeit von Arbeitszeitplänen
• Festlegung der Gültigkeit von Tarifgruppen
• Festlegung der Gültigkeit von Zeitkontingententypen.
Ähnlich wie für Mitarbeitergruppen können auch hier Vorschlagswerte zur einfacheren
Stammdatenerfassung definiert werden. Ferner stellen Mitarbeiterkreise zusätzliche Se-
lektionskriterien für Auswertungen und eigene Berechtigungsobjekte für den Zugriffs-
schutz dar.
3.3.3 Rechungswesen
Das Rechnungswesen stellt ein klassisches Anwendungsgebiet für betriebswirtschaftliche
Anwendungssoftware dar. Neben der Rechnungslegung, dem eigentlichen Kern des
Rechnungswesens, spielt zunehmend auch die Planung, Abwicklung und Kontrolle des
Finanzmitteleinsatzes eine wichtige Rolle (vgl. Abb. 3-8).
Das in den meisten Industrieländern anerkannte Prinzip der doppelten Buchführung
sowie das Vorhandensein von teilweise ähnlichen Bilanzierungsvorschriften hat zu einer
starken Vereinheitlichung der Rechnungslegung geführt. Dieser Bereich wird im R/3-
System durch das Finanzwesen abgedeckt. Für die zielgerichtete Anlage der brach lie-
genden und für die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel steht das Finanz-
managementmodul (Treasury) zur Verfügung. Neben der herkömmlichen Buchführung
und dem Management der finanziellen Mittel spielt auch die Auswertung der gesam-
melten Daten durch das Controlling als Basis für die Unternehmensplanung und -
führung eine wichtige Rolle. Ferner muss die Planung, Realisierung und Abrechnung
von Investitionsprojekten (Sachanlagen) durch entsprechende Funktionen unterstützt
werden. Dieser Bereich wird im R/3-System durch das Investitionsmanagement abge-
deckt.
Das R/3-System
69
Durch die zunehmende Tendenz der Unternehmenskonzentration, hat ein weiteres
Anwendungsgebiet des Rechnungswesens - die Konzernrechnungslegung (Unter-
nehmenscontrolling) - an Bedeutung gewonnen.
Konzernrechnungswesen
TreasuryFinanz-wesen
Controlling
TRFI CO
EC
InvestitionsmanagementIM
Abb. 3-8: Module des Rechnungswesens.
Die dargestellten Anwendungsgebiete decken praktisch alle betrieblichen Bedürfnisse
im Bereich des Rechnungswesen ab und gewährleisten durch einen hohen Integrations-
grad bessere Transparenz und schnellere Verfügbarkeit der notwendigen Informationen.
Das R/3-System
70
3.3.3.1 FI - Finanzwesen (Financial Accounting)
Das R/3-System arbeitet mit einer einheitlichen Datenbasis und ermöglicht dadurch die
integrierte Verarbeitung eines jeden Geschäftsvorgangs. Dabei werden bei der Verbu-
chung einzelner Geschäftsvorgänge sämtliche damit verbundenen Buchungen automa-
tisch durchgeführt. Durch die Integration aller Teilbereiche des Finanzwesens (vgl. Abb.
3-9) können Geschäftsvorfälle schneller abgewickelt und präziser ausgewertet werden.
FI-GL
Hauptbuchhaltung
FI-AP
Kreditoren-buchhaltung
FI-AR
Debitoren-buchhaltung
FI - Finanzwesen
FI-LC
Konsolidierung
FI-AA
Anlage-buchhaltung
FI-SL
Special Ledger
Abb. 3-9: Komponenten des Finanzwesens.
Die Hauptbuchhaltung (FI-GL) beinhaltet die laufende Geschäftsbuchhaltung (Führung
der Haupt- und Nebenbücher) und ermöglicht die Erfassung der Buchungsvorgänge für
den Jahresabschluss. Die Kontengliederung kann sowohl auf Firmenebene als auch auf
Konzernebene frei gewählt werden. Die Geschäftsvorfälle werden als Einzelbelege er-
fasst und unmittelbar nach jeder Buchung synchron fortgeschrieben, damit die betroffe-
nen Kontostände, Summen- und Saldenlisten sowie Bilanz- und GuV-Auswertungen
jederzeit auf dem aktuellen Stand sind und vom Anwender eingesehen werden können.
Gleichzeitig werden die Nebenbücher und die relevanten Kostenbereiche mitgebucht.
Die Kreditoren- (FI-AP) und die Debitorenbuchhaltung (FI-AR) ermöglichen die ra-
tionelle Überwachung der Lieferantenverbindlichkeiten und der Kundenguthaben. Da-
bei werden offene Posten verfolgt und fällige Kreditorenrechungen automatisch begli-
chen. Bei fälligen Kundenguthaben lassen sich die ausstehenden Zahlungen mit einem
Das R/3-System
71
flexiblen Mahnwesen eintreiben. Zahlungsein- und Ausgänge können sowohl manuell
als auch über Datenfernübertragung verarbeitet werden. Entsprechende Schnittstellen
zur Ergebnis- und Marktsegmentrechnung sowie zur Finanzmittelüberwachung (TR-FM)
erlauben die ständige Überwachung des Verkaufs und ermöglichen die aktive Bewirt-
schaftung der vorhandenen flüssigen Mittel.
Die Konsolidierung (FI-LC) fasst die Abschlüsse einzelner Unternehmen zu einem Kon-
zernabschluss zusammen. Durch die Ausnutzung von Bewertungswahlrechten haben
Konzerne die Möglichkeit, das Gruppenergebnis aufgrund einer eigenen Bilanzpolitik zu
beeinflussen. Die Konsolidierung ist sowohl mit dem Finanzwesen als auch mit der An-
lagenwirtschaft verknüpft.
Mit der Komponente Anlagenbuchhaltung (FI-AA) können die im Unternehmen vor-
handenen Investitionsgüter über ihre ganze Lebensdauer verwaltet und kostenmässig
überwacht werden. Die vorhandenen Schnittstellen zum Finanzwesen und zum Logi-
stiksystem erhöhen die Transparenz und verbessern die Nutzung der vorhandenen An-
lagen. Dabei beginnt die Unterstützung bereits bei der Investitionsplanung und setzt sich
über den gesamten Lebenszyklus eines Investitionsgutes fort. Die Anlagenwirtschaft be-
steht aus folgenden Teilkomponenten:
• Klassische Anlagenbuchhaltung und -bewertung
• Leasingabwicklung.
Die klassische Anlagenbuchhaltung und -bewertung protokolliert alle Wertzu- und
-abgänge eines Investitionsgutes über dessen ganze Lebensdauer. Dabei werden sämtli-
che anfallenden Kosten (Zinsen, Abschreibungen, Versicherungen etc.) ermittelt und als
Grundlage für die Investitionsrechnung bereitgestellt. Eine weitere Aufgabe der Anla-
genbuchhaltung stellt die Bereitstellung von Grundlageninformationen für die Planung
der Wertentwicklung im Anlagevermögen dar (vgl. IM-Investitionsmanagement). Die
Integration der Anlagenbuchhaltung zu den anderen R/3-Modulen ist relativ hoch. Ei-
nerseits werden Informationen wie z.B. der Preis einer Anlage über die Einkaufskompo-
nente des R/3-Systems bezogen und andererseits werden R/3-Module mit entsprechen-
den Daten versorgt. Beispielsweise werden Informationen über Zinsen und Abschrei-
Das R/3-System
72
bungen direkt an das Finanzwesen und an das Controlling weitergegeben. Die techni-
sche Betreuung der Anlagen stellt einen erheblichen Kostenfaktor für ein Unternehmen
dar. Neben den eigentlichen Wartungskosten sind natürlich auch die Ausfallzeiten in die
Kostenbetrachtungen miteinzubeziehen. Zur besseren Überwachung dieser Kosten stellt
die technische Anlagenverwaltung verschiedene Werkzeuge zur Verfügung. Die techni-
sche Instandhaltung kann entweder über CO-OM-OPA (Controlling-Order Project Ac-
counting) oder über PM (Plant Maintenance) abgewickelt werden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Anlagenbuchhaltung stellt die Leasingabwicklung dar.
Dabei können Leasinganlagen erfasst und entweder als Anlagevermögen aktiviert
(Capital Lease) oder ohne Aktvierung (Operation Lease) als Mietaufwand in der Ge-
winn- und Verlustrechung verbucht werden. Die zu leistenden Leasinggebühren werden
automatisch verwaltet und zur Zahlung termingerecht an die Finanzbuchhaltung weiter-
geleitet. Ferner können bei einer Vertragsänderung oder bei Vertragsablauf die beste-
henden Anlagenstammsätze entfernt und wenn notwendig neu angelegt werden.
Über die Komponente Special Ledger (FI-SL) werden die Standardauswertungsmög-
lichkeiten (Standard Ledger) im Rechnungswesen durch ein flexibel einsetzbares Infor-
mationssystem zusätzlich erweitert. Konkret stellt FI-SL Funktionen für die Plausibili-
tätsprüfung und die Substitution bei der Datenerfassung, für die Sammlung von Daten
aus verschiedenen Anwendungen sowie für das Erstellen von aussagekräftigen Berichten
(Report Painter und Report Writer) zur Verfügung. Die Plausibilitätsprüfung der erfassten
Daten erfolgt anhand der in einem Regel-Manager erfassten Validierungsregeln. Die
Verprobung der Daten wird während der Erfassung durchgeführt und bietet dadurch
Gewähr, dass das Auftreten von Fehlern bei der Verbuchung reduziert werden kann.
Analog dazu können einzelne oder mehrere Werte beim Erfüllen von vorher festgeleg-
ten Bedingungen im Regel-Manager auch durch andere ersetzt werden. Dadurch wer-
den die Datenqualität erhöht und wichtige Voraussetzungen für die zielgerichtete Aus-
wertung der Daten geschaffen.
Das R/3-System
73
3.3.3.2 TR - Treasury
An verschiedenen Beispielen aus der Praxis kann gezeigt werden, dass durch geschick-
ten Einsatz der brach liegenden finanziellen Mittel in einigen Fällen sogar höhere Ge-
winne erwirtschaftet werden können als bei der Ausübung des Kerngeschäfts. Daneben
muss ein Unternehmen bei finanziellen Engpässen zur Bewahrung der Glaubwürdigkeit
am Markt in der Lage sein, rechtzeitig auf Fremdmittel zurückgreifen zu können. Diese
Aufgaben werden durch das Finanzmanagement wahrgenommen.
TR-TM
Forex DarlehenWertpapiereDerivative
InstrumenteGeld-
handel
- Termingeld- Kündigungs- geld
- Kassa- geschäft- Termin- geschäft- Swap
- Hypotheke- Police- Schuld- schein- ...
- Aktie- Anleihe- Options- schein- ...
- Swap- Option- Future- ...
FITR-CM
Ein-/Aus-zahlungen
TR-FM
- Forderungen / Verbindlichkeiten- Zahlungs- bedingungen- Zahlwege
- Bankkonten- Kassenstand- Ausgleich- Kontrolle
CashManagement
Finanzmittel-überwachung
- Planung- Prognose- Controlling
Treasury Management Instrumente
Abb. 3-10: Teilkomponenten des Treasury-Moduls.
Für die aktive Bewirtschaftung der finanziellen Mittel stellt die Treasury-Komponente
(TR) verschiedene Funktionen zur Verfügung. Obwohl Treasury grundsätzlich in das
Finanzwesen eingegliedert ist, wird es entsprechend dem Funktionsumfang als eigenes
Das R/3-System
74
Modul (TR) im R/3-System geführt. Für die Erfüllung der angesprochenen Aufgaben
stellt Treasury folgende Teilkomponenten zur Verfügung:
• Cash-Management
• Finanzmittelrechnung und -planung
• Finanzbudgetmanagement
• Market Risk Management.
Das Cash Management (TR-CM) bildet durch die ständige Auswertung der Debitoren-
und Kreditorenzahlungsströme die Grundlage für eine kurz- und mittelfristige Finanz-
disposition. Voraussetzung für die aktuelle Ermittlung dieser Informationen ist die weit-
gehend automatisierte Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Dabei können Bankkonten-
bewegungen (inkl. Valutenabgleich) für die Erhebung des Tagesfinanzstatus direkt in das
System eingespiesen und Zahlungen auf elektronischem Weg abgewickelt werden
(Electronic Banking). Daneben werden der Scheckverkehr und die Wechselverwaltung
(Schuld- und Besitzwechsel) weitgehend automatisiert durchgeführt. Zusätzlich ist es
möglich, die für das Tagesgeschäft relevanten Fremdwährungskurse maschinell zu pfle-
gen und entstandene Kursdifferenzen automatisch auszubuchen. Durch ein integriertes
Kontenclearing (Konzentration der Salden verschiedener Konten auf ein Zielkonto) kön-
nen kurzfristig Tagesgeldanlagen oder mehrtägige Festgeldanlagen resp. Geldaufnah-
men getätigt werden. Etwas längerfristige Aussagen über die Liquiditätsentwicklung
werden anhand der Liquiditätsvorschau (Liquidity Forecast) getroffen. Diese wird auf
der Grundlage der zu erwartenden Zahlungsein- und -ausgänge ermittelt, welche ihrer-
seits wiederum durch die zur Verfügung stehenden Dispositionsquellen (offene Posten,
geplante Lohn- und Gehaltszahlungen, MWST-Verbindlichkeiten etc.) geschätzt wer-
den. Die dargestellten Instrumente bilden die Basis zur Sicherung der Liquiditätsreser-
ven und zur Verbesserung der Kapitalerträge.
Während die Finanzdisposition kurzfristig ausgerichtet ist, stellt die Finanzmittelrech-
nung und -planung (TR-FM) eine eher mittel- und langfristige Betrachtung der liquiden
Mittel dar. Die Hauptaufgabe stellt dabei das rechtzeitige Aufdecken von drohender
Illiquidität oder absehbaren Finanzmittelüberschüssen dar. Basis für diese Prognosen
Das R/3-System
75
sind alle realisierten und unmittelbar absehbaren Zahlungsein- und Zahlungsausgänge
(z.B. Rechnungsausgänge oder -eingänge), welche einander gegenübergestellt werden,
und die Liquiditätsentwicklung, die aufgrund der vereinbarten Zahlungsziele abge-
schätzt wird. Darauf aufbauend kann für eine beliebige Anzahl Perioden eine Planung
der Zahlungsströme (Finanzmittelplanung) erstellt werden.
Das Finanzbudgetmanagement knüpft direkt an die Ergebnisse der Finanzmittelpla-
nung an und bezweckt die buchungskreisübergreifende Budgetierung und Kontrolle
(Finanzkreis) der finanziellen Mittel. Die Zuweisung der Budgetwerte erfolgt an die im
Unternehmen festgelegten Verantwortungsbereiche (Finanzstellen) auf der Basis der in
der Finanzmittelplanung veranschlagten Werte. Die Budgetplanung gilt jeweils für ein
Geschäftsjahr und wird durch Soll-/Ist-Vergleich der Zahlungsströme ständig überwacht.
Im Unterschied zur Finanzplanung ist die Budgetierung absolut verbindlich und Anpas-
sungen werden nur bei Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorge-
nommen. Das R/3-System bietet für diesen Fall die Möglichkeit, durch Umbuchung der
budgetierten Werte Korrekturmassnahmen vorzunehmen.
Während das Cash Management (TR-CM) und das Funds Management (TR-FM) die
Grundlageninformationen für Kapitalaufnahmen und -anlagen liefern, unterstützt die
Treasury Management-Komponente (TR-TM) die Verwaltung der angelegten oder von
dritter Seite zur Verfügung gestellten Gelder. Das R/3-System stellt zur Bewältigung die-
ser Aufgaben folgende Funktionsbereiche bereit:
• Geldhandel
• Devisenhandel
• Wertpapiermanagement
• Darlehensmanagement
• Derivative Finanzinstrumente.
Der kurzfristige Anlagebereich wird durch Funktionen zur Aufnahme resp. zur Anlage
von Termingeldern (Geld- und Devisenhandel) unterstützt. Durch die effiziente Ab-
Das R/3-System
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wicklung dieser Transaktionen ist ein schnelles Reagieren auf Veränderungen an den
Finanzmärkten sichergestellt.
Im langfristigen Anlagebereich deckt TR-TM sowohl den Handel und die Verwaltung
von börsennotierten Wertpapieren als auch die Aufnahme und Vergabe von Darlehen
ab. Bei den börsengehandelten Wertpapieren gewährt das R/3-System Hilfe beim Kauf
und Verkauf, bei der Haltung von Depots und bei der Verwaltung von Portfolios. Auf
der Seite der Darlehensverwaltung können neben der Erfassung von Darlehensverträgen
auch die dazugehörigen Sicherheiten (Grundpfandrechte und Bürgschaften) mit dem
R/3-System verwaltet werden.
Für die verschiedenen derivativen Finanzinstrumente (Hedginggeschäfte wie z.B.
Swaps, Caps, Floors, Optionen oder Futures) stellt das R/3-System ebenfalls entspre-
chende Funktionen zur Verfügung. Im Vordergrund steht dabei die Bewertung der ein-
zelnen Finanzanlagen. Daneben können durch verschiedene Analyseinstrumente z.B.
Fälligkeitsanalysen, "What-If"-Analysen oder sogar komplexe Simulationen durchgeführt
werden. Durch die Integration der Branchenlösung für Versicherungen (IS-IS) kann die-
se Funktionsvielfalt noch erweitert werden. Zusätzlich ermöglicht die direkte Anbindung
an das Rechnungswesen die Synchronisation der entstehenden Finanzströme mit der
Buchhaltung und der Liquiditätsplanung.
Das Market Risk Management (TR-MRM), welches zur Risikominimierung der ver-
schiedenen Kapitalanlagen dient, rundet die verschiedenen Möglichkeiten des Treasury-
Funktionsbausteins ab. Aktuelle Marktdaten lassen sich automatisch in das System einle-
sen und können neben der Bewertung der herkömmlichen Kapitalanlagen vor allem für
die Wertbestimmung der eher komplexen derivativen Finanzinstrumente herangezogen
werden. Finanzaktiva werden dabei zum Veräusserungspreis und Finanzpassiva zum
Rückkaufswert verrechnet. Durch verschiedene Risikoanalysen ("What-If"- und "Worst
Case"-Analysen) wird die Basis für Dispositionsentscheidungen an den Kapitalmärkten
geschaffen. Ausserdem können durch Standardreports die relevanten Kennzahlen (z.B.
Barwert, Internal Rate of Return, Liquiditätsentwicklung, Durchschnittskurse oder Sensi-
tivitätsanalysen) ermittelt werden. Durch den Einbezug fiktiver Geschäfte kann das Ri-
Das R/3-System
77
sikopotential und die Festlegung der richtigen Strategie bei Marktveränderungen zusätz-
lich verringert werden.
Die verschiedenen Werkzeuge des Treasury-Moduls sorgen für eine effiziente Abwick-
lung der Finanztransaktionen und erhöhen durch gezielte Auswertung aller verfügbaren
Daten die Markttransparenz. Dadurch können sowohl die Rentabilität des eingesetzten
Kapitals verbessert, als auch die Kosten für Kapitalaufnahmen möglichst niedrig gehalten
werden. Da das Treasury ein relativ neuer Funktionsbaustein im R/3-Sytem darstellt, ist
zu erwarten, dass die Funktionalität in Zukunft in diesem Bereich noch erheblich er-
weitert wird.
3.3.3.3 CO - Controlling
Die Bedeutung des Controllings hat in letzter Zeit erheblich zugenommen. Durch die
zunehmende Dynamisierung der Märkte, immer kürzer werdende Produktlebenszyklen
und den allgemein steigenden Wettbewerbsdruck werden die Unternehmen gezwun-
gen ihre Kosten, Erlöse und die Verwendung ihrer Ressourcen permanent zu planen, zu
überwachen und zu steuern. Damit diese Forderung erfüllt werden kann, ist jeder ein-
zelne Geschäftsvorfall vollständig in die verschiedenen Controllingbereiche einzubetten.
Nur unter Berücksichtigung dieser Integrationsbedingungen lassen sich auch wirklich
aussagekräftige Plan/Ist-Analysen erheben und daraus die richtigen Massnahmen ablei-
ten. Die dafür verwendbaren Kostenrechnungssysteme sind im R/3-System in die in
Abb. 3-11 dargestellten Bereiche untergliedert:
Das R/3-System
78
CO-OM
Gemeinkosten-controlling
CO-PC
Produktkosten-controlling
CO-PA
Ergebnis- und Markt-segmentrechnung
CO - Controlling
CO-ABC
Prozesskosten-rechnung
Abb. 3-11: Komponenten des Controllings.
Das Gemeinkostencontrolling (CO-OM) umfasst die Teilkomponenten Kostenarten-,
Kostenstellen- und Leistungsrechnung sowie Gemeinkostenaufträge und -projekte.
Die Kostenartenrechnung erfasst die für das Controlling relevanten Grundlagen. Dabei
wird zwischen primären und sekundären Kostenarten unterschieden. Die primären Ko-
stenarten bilden auf Kostenrechnungsseite das Spiegelbild zu den betrieblichen Auf-
wandkonten. Die sekundären Kostenarten hingegen dienen ausschliesslich der Kosten-
rechnung und stellen die Basis für die Ermittlung des kalkulatorischen Werteflusses dar.
Dadurch stellt die Kostenartenrechnung quasi ein Grundgerüst für die anderen Kosten-
rechnungssysteme zur Verfügung.
Nachdem die Kostenartenrechnung die Frage beantwortet, welche Kosten angefallen
sind, gibt die Kostenstellenrechnung Auskunft, wo, d.h. von welchen betrieblichen
Leistungseinheiten die Kosten verursacht wurden. Kern der Betrachtung bilden dabei
die immer wichtiger werdenden Gemeinkosten. Da die entstandenen Ist-Kosten in der
Regel mit einem vorgängig erstellten Plan (Plankostenrechnung) korrespondieren müs-
sen, werden die Abweichungen auf der Basis eines einfachen Plan-/Ist-Vergleich ermit-
telt und durch die Auswertung von verschiedenen, vom System gelieferten Berichten
analysiert.
Das R/3-System
79
Die herkömmliche Leistungsrechnung dient zur Planung, Bewertung und Verrechnung
von innerbetrieblichen Leistungen. Die Kostenstellen lassen sich dadurch leistungsbezo-
gen planen und abrechnen. Durch die sofortige Umlage der Ist-Kosten können die Ab-
weichungen zu den Plankosten umgehend offengelegt werden und verschiedene Be-
richtmöglichkeiten helfen, die Abweichungsursachen zu ermitteln. Die im R/3-System
vorgesehenen Leistungsarten bilden die Grundlage für die Leistungsverrechnung.
Durch die Festlegung der Planleistung, der Kapazität und der Ausbringungsmenge wird
eine Leistungsart definiert und dadurch die Ableitung der für die Leistungsverrechnung
relevanten Grössen ermöglicht.
Im Unterschied zum PS-Modul (Projekt System) des R/3-Systems, welches für das Pla-
nen und Überwachen von komplexen Projekthierarchien vorgesehen ist, dient die Teil-
komponente Gemeinkostenaufträge und -projekte zur Planung und Kontrolle einstufi-
ger Projekte. Zwischen Aufträgen und Projekten im letztgenannten Sinn wird im R/3-
System kein Unterschied gemacht. Da Aufträge und Projekte sehr unterschiedlichen
Aufgabenstellungen dienen können, bietet das R/3-System die Möglichkeit, diese ver-
schiedenen Auftragsarten zuzuordnen. Die Auftrags- und Projektkostenrechnung ver-
folgt dabei unterschiedliche Ziele. Im Rahmen einer Kostenkontrolle sollen die angefal-
len Kosten ermittelt und in einem Plan-/Ist-Vergleich die Abweichungen dargestellt wer-
den. Ferner stellt diese Teilkomponente verschiedene Kalkulationsvarianten und Ko-
stenanalysefunktionen als Entscheidungshilfen zur Verfügung. Ausserdem können im
Rahmen einer Leistungsverrechnung die angefallenen Kosten auf verschiedene Zielob-
jekte (z.B. Kostenstelle, Anlage, Kundenauftrag, Projekt) umgelagert werden.
In der Komponente Produktkostencontrolling (CO-PC) werden die internen Kosten
über ein Umlageverfahren an die kostenverursachenden Leistungseinheiten des Betrie-
bes (z.B. Produkte oder Aufträge) zugewiesen. In diesem Zusammenhang wird auch von
Kostenträgerrechnung gesprochen. Ein Kostenträger stellt demnach die zur Ermittlung
der Herstell- und Selbstkosten zu kalkulierende Einheit dar, d.h. die Kosten werden
stückbezogen ermittelt. Im R/3-System kann die Kostenträgerrechnung für folgende
Objekte (Kostenträger) durchgeführt werden:
Das R/3-System
80
• Materialien
• Fertigungsversionen eines Materials
• Fertigungsaufträge
• Netzpläne
• Instandhaltungsaufträge
• Serienaufträge
• Prozessaufträge
• Kundenaufträge
• Innenaufträge
• Kostenträger-Identnummern
• Kostenträgerhierarchien
• Projekte
• Projektstrukturplanelemente.
Pro Kostenträger können Plankosten aufgestellt (Vorkalkulation) und Ist-Kosten
(Nachkalkulation) ermittelt werden. In einer Plan-/Ist-Analyse werden die gesammelten
Daten einander gegenübergestellt und durch integrierte Berichts- und Analysesysteme
verdichtet und ausgewertet. Das Ergebnis sind Informationen, die zur Optimierung der
Prozesse sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter qualitativen Aspekten verwendet
werden können.
Die Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) liefert Informationen (z.B. Netto-
ergebnisse und Deckungsbeiträge) von verschiedenen Produkten oder ganzen Märkten.
CO-PA basiert auf sogenannten Ergebnisobjekten, welche eine Kombination von ganz
bestimmten Auswertungsmerkmalen darstellen. Solche Auswertungsmerkmale können:
• artikelbezogen (Artikel, Artikelgruppe, Sortiment, Erzeugnisform)
• kundenbezogen (Kunde, Kundengruppe, Branche)
• vorgangsbezogen (Auftragsart, Auftragsgrösse) oder
• organisationsbezogen (Vertretergebiet, Vertriebsweg, Profit Center)
sein. Für einzelne oder für Gruppen von Ergebnisobjekten lassen sich Kennzahlen defi-
nieren. Durch diese werden sowohl Erlös- als auch Kostenkomponenten für die Be-
stimmung des Ergebnisses ermittelt. Die Fixkosten werden periodisch von der Kosten-
Das R/3-System
81
stellenrechnung bereitgestellt und können direkt in die Ergebnisrechnung miteinbezogen
werden. Vor der Ist-Kostenerfassung kann periodisch eine Absatz- und Ergebnisplanung
aufgestellt werden. Der Plan-/Ist-Vergleich dient zur Überwachung der vorher definier-
ten Ergebnisobjekte. Durch Standardanalysen und flexible Auswertungsmöglichkeiten
der Ergebnisrechnung (Berichte) lassen sich sehr detaillierte Informationen zu Produkten
und Märkten gewinnen. Nutzniesser dieser Erkenntnisse sind vor allem der Vertrieb, das
Marketing und das Produktmanagement. Selbst strategische Unternehmenseinheiten
sind für die Planung auf das Vorhandensein dieser Informationen angewiesen.
Die Prozesskostenrechnung120 (CO-ABC) stellt eine Erweiterung zur herkömmlichen
Leistungsverrechnung dar und ist auf die kostenmässige Erfassung der Leistungen in be-
reichsübergreifenden Unternehmensprozessen ausgerichtet (vgl. Abb. 3-12). Die Ko-
stenzuordnung erfolgt über sogenannte Aktivitäten, welche einen Preis haben und von
den Geschäftsprozessen verbraucht werden. Unter der Voraussetzung, dass die Ge-
meinkosten mit der Anzahl der verbrauchten Aktivitäten variieren, lassen sich die Kosten
über Kostentreiber auf die Kostenobjekte verteilen. Gemeinsam mit den direkten Kosten
ergeben die Kosten der verbrauchten Aktivitäten die Prozesskosten. Durch diese Art der
Umlegung der Gemeinkosten soll eine verursachergerechtere Verteilung der Kosten er-
möglicht werden.
Kostenzuordnung Aktivitäten Kostentreiber KostenobjekteKostenbasis
Was wird verbraucht? Wer verbraucht es?Weshalb wird esverbraucht?
MaschinenumstellungMaschinenumstellung
QualitätsberichtQualitätsbericht
ReportingReporting
MaterialtransportMaterialtransport
Anzahl UmstellungenAnzahl Umstellungen
Anzahl BestellungenAnzahl Bestellungen
Anzahl LoseAnzahl Lose
MaterialvolumenMaterialvolumen
InspektionInspektion ProduktionsausstossProduktionsausstoss
BestellungBestellung
ProduktProdukt
ProzessProzess
TeilTeil
AuftragAuftrag
Abb. 3-12: Prinzip der Prozesskostenrechnung.
120 Vgl. Busin (1996).
Das R/3-System
82
3.3.3.4 IM - Investitionsmanagement
Durch den zunehmenden Technisierungsgrad der für den Leistungserstellungsprozess
benötigten Anlagen und die damit verbundene hohe Kapitalbindung hat auch die Be-
deutung des Investitionsmanagements (IM) zugenommen. Der ganze Prozess einer
Investition für eine Sachanlage wird im R/3-System von der Planung, über die Beschaf-
fung und Nutzung bis zum Ende der Lebensdauer einer Anlage durch folgende Teil-
komponenten unterstützt:
• Investitionsanforderungen
• Investitionsprogramme
• Investitionsmassnahmen.
Anträge für Investitionen können als Investitionsanforderungen im System erfasst und
für die Berücksichtigung der Planung vorgemerkt werden. Durch verschiedene Formen
der Rentabilitätsrechnung werden die Grundlagen für Investitionsentscheide geschaffen.
Ferner kann anhand einer Statusverwaltung jederzeit der aktuelle Stand eines Investiti-
onsantrages ermittelt werden. Diese Funktionen bilden die Grundlage für die Investiti-
onsplanung.
Durch die systemgestützte Erstellung von Investitionsprogrammen können konzernweit
Budgets vergeben und Kosten geplant werden. Durch die Verknüpfung von Investiti-
onsmassnahmen und -programmen sowie die Möglichkeit der Aggregation einzelner
Investitionsvorhaben können jederzeit die budgetierten Werte mit den bereits entstan-
denen Ist-Kosten verglichen werden.
Investitionsmassnahmen werden im Rahmen von Innenaufträgen oder Projekten um-
gesetzt. Die in diesen Komponenten verfügbaren Instrumente (Ressourcen- und Kosten-
planung sowie Kostenüberwachung) bilden ideale Werkzeuge für die Unterstützung bei
der Realisierung von Investitionsprojekten. Ausserdem ist durch die Integration mit dem
Unternehmenscontrolling eine transparente und verursachergerechte Abrechnung der
getroffenen Investitionsmassnahmen möglich. Die Wertbestimmung einer Anlage erfolgt
durch Zuweisung der für jede einzelne Anlage benötigten Fremd- und Eigenleistungen.
Das R/3-System
83
Dadurch steht nach der Endabrechnung ein vollständiger Herkunftsnachweis zur Verfü-
gung. Bei der Wertbestimmung wird zusätzlich zwischen aktivierungspflichtigen und
nicht aktivierungspflichtigen Anlagen resp. Anlageteilen unterschieden. Die aktivie-
rungspflichtigen Anlagen können zur wertmässigen Fortschreibung in der Anlagenbuch-
haltung (FI-AA) verwaltet werden, und die nicht aktivierungspflichtigen Anlageteile flies-
sen der Kostenrechnung zu. Die Wertentwicklung einer Anlage kann durch Simulation
von Abschreibungen (Abschreibungsvorschau) vorgängig ermittelt und durch Aggregati-
on der Einzelwerte zur Schätzung des gesamten Anlagevermögens herangezogen wer-
den. Damit bildet das Investitionsmanagement zusammen mit der Anlagenbuchhaltung
und der Instandhaltung ein abgerundetes Instrumentarium für die finanzielle und tech-
nische Verwaltung der in einem Unternehmen vorhandenen Anlagen während deren
ganzen Lebensdauer.
3.3.3.5 EC - Unternehmenscontrolling
Die verschiedenen Instrumente des Unternehmenscontrollings (EC) erlauben eine
zeitnahe Überwachung aller Unternehmensaktivitäten anhand kritischer Erfolgsfaktoren
(CSF) und bilden dadurch die Grundlage für die strategische Planung auf Konzern-
ebene. Das EC-Modul gliedert sich in die in Abb. 3-13 dargestellten Bereiche.
EC-EIS
Führungsinforma-tionssysteme (EIS)
EC-MC
Management-Konsolidierung
EC-PCA
Profit CenterRechnung
EC - Unternehmenscontrolling
Abb. 3-13: Komponenten des Unternehmenscontrollings.
Durch das in R/3 vorhandene Führungsinformationssystem (EC-EIS) können ent-
scheidrelevante Informationen über alle Aktivitäten eines Unternehmens ermittelt wer-
den. Dabei ermöglicht das System die Zusammenführung von Daten aus externen und
internen Quellen in einer speziell dafür vorgesehenen EIS-Datenbank. Dieser Daten-
Das R/3-System
84
pool ist frei definierbar und bietet dadurch die Möglichkeit, Informationen bedürfnis-
gerecht zu sammeln. Die meist sehr heterogene Struktur der gesammelten Daten erfor-
dert eine Gruppierung von gleichartigen Daten. Zur Abdeckung dieses Bedürfnisses
können Teilbereiche der EIS-Datenbank in sogenannte "Aspekte" zusammengefasst wer-
den. Diese bilden die Grundlage für die Datenanalyse. Dabei können die entscheidre-
levanten Informationen entweder über eigene Auswertungen (flexible Analysen) oder
über sogenannte Standardreports ermittelt werden. Durch das EIS wird dem Manage-
ment ein unverzichtbares Mittel für die operative und strategische Führung eines Unter-
nehmens zur Verfügung gestellt.
Die Management-Konsolidierung121 (EC-MC) dient zur Erstellung einer Bilanz, Ge-
winn- und Verlustrechnung sowie einer Kapitalflussrechnung auf Konzernebene. Dabei
können für die Verdichtung der Werte beliebige Konsolidierungseinheiten (z.B. Gesell-
schaft, Geschäftsbereich oder Region) definiert werden. Für die Währungsumrechnung,
Aufwands- und Ertragskonsolidierung, Schuldenkonsolidierung, Eliminierung von Zwi-
schengewinnen und für die Kapitalkonsolidierung lassen sich die Konsolidierungsver-
fahren und die einzelnen Konsolidierungsschritte frei auswählen. Die dafür notwendi-
gen Daten werden in den operativen Anwendungen zur Konsolidierung vorbereitet und
an EC-MC weitergeleitet. Ferner können auch Daten aus Fremdsystemen in die Be-
trachtungen miteinbezogen werden. Durch Monitoring und umfangreiche Analysefunk-
tionen werden die einzelnen Erfolgsfaktoren ständig überwacht und gezielt ausgewertet.
Die Behandlung von auftretenden Meldedifferenzen wird durch EC-MC ebenfalls unter-
stützt.
121 Vgl. Sinzig (1996).
Das R/3-System
85
Die Profit-Center-Rechnung (EC-PCA) stellt dabei eine Sonderform der Ergebnisrech-
nung dar. Wesentliche Zielsetzung ist die kosten- und ergebnisbezogene Abbildung ei-
nes selbständig am Markt operierenden Unternehmensbereichs. Zur Ergebnisermittlung
kann entweder das Gesamtkostenverfahren oder das Umsatzkostenverfahren verwendet
werden. Dabei werden die Gesamtkosten einer Periode den Leistungen einer Unter-
nehmenseinheit (Profit Center) gegenübergestellt. Dadurch kann der Erfolg einer quasi
eigenständigen Unternehmenseinheit ermittelt werden.
Für die Budgetierung und Zuteilung der Ressourcen auf Konzernebene steht im EC-
Modul die Komponente Business Planning (EC-BP) zur Verfügung. Dabei können so-
wohl Planvorschläge aus den operativen Anwendungen übernommen (Bottom up) als
auch die auf Konzernebene ermittelten Vorgabewerte an diese übergeben werden (Top
down). Im Bereich der Investitionsplanung besteht zudem die Möglichkeit, Investitions-
bedarfe aus den operativen Bereichen zu übernehmen, zu überprüfen, freizugegeben
und anschliessend zu überwachen. Ferner kann zur Unterstützung der Planung ein mo-
dellbasiertes Planungsinstrument verwendet werden.
Durch die dargestellten Komponenten stehen flexible Instrumente für die rasche Er-
mittlung der steuerungsrelevanten Daten und zur Vereinheitlichung des gesamten Con-
trollings im Konzern zur Verfügung. Damit sind neben den operativen Bereichen auch
die strategischen Bedürfnisse des Rechnungswesens mehrheitlich abgedeckt.
Das R/3-System
86
3.3.4 Logistik
Die Logistik stellt einen weiteren Hauptanwendungsbereich innerhalb des R/3-Systems
dar. Durch die Integration der einzelnen Module (vgl. Abb. 3-14) ist die Durchgängig-
keit des gesamten Prozesses von der Beschaffung, über die Fertigung, die Lagerhaltung
und den Vertrieb gewährleistet. Somit gehören im wesentlichen die Fertigungsbetriebe
zu den primären Anwendern dieses Bereichs. Ohne das Modul Produktionsplanung
und -steuerung ist aber auch ein Einsatz von R/3 in Handels- und Dienstleistungsunter-
nehmen möglich.
Grunddaten
- Kunden
- Lieferanten
- Material
- Stückliste
- Arbeitsplan
- Fertigungshilfsmittel
- Planungsprofil
- Equipment
- Dokument
- Klassifizierung
SD Projektsystem
- Netzplan
- Projekte
Absatzplanung
PP
- Textverarbeitung
- Kommunikation
- EDI
QM
- Prüflos
- Prüfauftrag
MM
PM
- Instandsetzung
- Wartung
SD- Versand
Fakturierung
Transport
- Erzeugniskalkulation
Rechnungsprüfung
Direktanforderung
Lagerverwaltung
Einkauf
BestandesführungWareneingang
Bewertung
Kundenauftrags-verwaltung
Kundenbedarf
Ergebnisplanung
PlanbedarfPrognose
SOP
Programmplanung
BedarfsplanungGrobkapazitäts-
planung
FertigungssteuerungKapazitätsabgleichCAM
Plan-Aufträge
Eröffnungs-horizont
Auftrag:- Eröffnung- Freigabe- Rückmeldung
Abb. 3-14: Module des Hauptanwendungsbereichs Logistik.
Das R/3-System
87
Im Bereich der Beschaffungslogistik steht das Modul Materialwirtschaft (MM) im Zen-
trum. MM stellt alle nötigen Funktionen zur Einkaufsabwicklung (Bestellanforderungs-
verwaltung, Angebotsanfragen, Offertvergleich, Bestellung, Bestellverfolgung, Waren-
eingang, Lagerverwaltung, Rechnungsprüfung etc.) zur Verfügung. Die Datenbasis
(Materialstamm) und weitere Grundfunktionen werden durch das Modul Logistik all-
gemein (LO) bereitgestellt.
Im Zentrum der Produktionslogistik steht das Modul Produktionsplanung (PP). PP
deckt sowohl den gesamten Planungsprozess (SOP-Sales and Operation Plan-
ning/Programmplanung, Bedarfsplanung und Kapazitätsplanung) als auch die eigentli-
che Abwicklung der Produktion (Fertigungssteuerung, Kapazitätsabgleich) ab.
Im Hinblick auf die Vertriebslogistik stellt das Modul Sales and Distribution (SD) ei-
nerseits Funktionen im Bereich des Marketings sowie des Verkaufs (Offert- und Kun-
denauftragsabwicklung) zur Verfügung. Der sich aus diesem Prozess ergebende Kun-
denbedarf wird in Abhängigkeit vom verwendeten Fertigungstypen als Inputgrösse für
die Produktionsplanung verwendet. Andererseits deckt SD alle zur Vertriebsabwicklung
notwendigen Funktionen (Versand, Transport, Fakturierung) ab.
Zur Sicherung der Qualität im Rahmen der gesamten Logistikkette stellt das Qualitäts-
management (QM) Funktionen zur Qualitätsicherung zur Verfügung. Dabei werden
Qualitätssicherungsmassnahmen sowohl im Bereich Produktionslogistik als auch in den
Bereichen der Beschaffungs- und Vertriebslogistik zur Verfügung gestellt.
Zur Instandhaltung der eigenen Anlagen und für die Abwicklung von Wartungs- und
Servicedienstleistungen veräusserter Anlagen stellt das Modul Instandhaltung (PM) ent-
sprechende Funktionen zur Verfügung. Zur Wartung der eigenen Anlagen werden Mög-
lichkeiten zur Anlagenstrukturierung, zur Definition von Arbeits- und Wartungsplänen
und zur Durchführung von Instandhaltungsaufträgen geboten. Für die Erbringung von
Wartungs- und Serviceleistungen im Bereich der veräusserten Anlagen dient das Ser-
vice-Management. Diese Anwendung unterstützt die Bearbeitung von Servicemeldun-
gen, die Abwicklung von Serviceaufträgen und deren Abrechnung resp. Fakturierung.
Das R/3-System
88
Das Projektsystem (PS) ist ein weiterer Bestandteil des Logistiksystems und bezweckt
die branchenneutrale Unterstützung der Projektdurchführung. PS besitzt eine starke
Integration zu den Anwendungsbereichen Finanz- und des Personalwesen. PS unter-
stützt verschiedene Projektarten (z.B. Forschungs und Einzelprojekte, Kundeneinzelferti-
gung, Investitionsvorhaben, EDV-Projekte) und stellt dafür Funktionen sowohl für die
Projektstrukturierung als auch für die Projektplanung, -durchführung, -überwachung
und -abrechnung zur Verfügung.
3.3.4.1 LO - Logistik allgemein
Das Modul Logistik allgemein stellt als Basis für den gesamten Logistikbereich die in
Abb. 3-15 dargestellten Komponenten zur Verfügung. Im Zentrum steht insbesondere
die Erfassung der Materialstammdaten und die Auswertung sämtlicher für den Logistik-
bereich relevanten Daten. Daneben beinhaltet LO weitere, durch verschiedene Module
genutzte Komponenten wie die Chargenverwaltung, den Änderungsdienst, die Varian-
tenkonfiguration und die Montageabwicklung.
LO-MD
Grunddaten derLogistik
LO-BM
Chargen-verwaltung
LO-VC
Varianten-konfiguration
LO - Logistik Allgemein
LO-ECH
Änderungsdienst
LO-LIS
Logistikinforma-tionssystem
LO-AP
Montage-abwicklung
Abb. 3-15: Komponenten des Anwendungsbereichs "Logistik allgemein".
Im Zentrum der Grunddatenerfassung (LO-MED) des Logistikbereichs steht der Mate-
rialstamm. Über ein ausgeklügeltes Sichtenkonzept lassen sich für die einzelnen Unter-
nehmensbereiche (z.B. Einkauf, Konstruktion oder Buchhaltung) die relevanten Mate-
rialstammdaten erfassen. Dabei ist die Nutzung der Materialstammdaten nicht auf die
Das R/3-System
89
Materialwirtschaft beschränkt, sondern umfasst den ganzen Logistikbereich. Der Aufbau
des Materialstamms ist hierarchisch und entspricht den verschiedenen Organisation-
sebenen des R/3-Systems. Dadurch ist klar definiert, welche Datenelemente des Mate-
rialstamms für welche Unternehmensbereiche (Organisationseinheiten) gültig sind. Ge-
wisse grundlegende Angaben (z.B. Materialkurztexte, Gewicht und Volumen) sind auf
Mandantenebene festgelegt und gelten dadurch konzernweit. Andere wiederum gelten
nur auf Werks-, auf Lagerort- oder auf Vertriebsebene. Darüber hinaus lässt sich der
Materialstamm nach Branchen (z.B. Maschinenbau, Anlagenbau oder Chemie) und
nach Materialarten (z.B. Rohmaterial, Fertigerzeugnisse oder Handelswaren) unterglie-
dern. Durch diese Gliederungsmöglichkeiten lassen sich branchen- und materialartab-
hängige Datenfelder in den Masken ein- resp. ausblenden.
Damit die steigenden Anforderungen in den Bereichen des Verbraucher- und Umwelt-
schutzes (Produktehaftpflicht) erfüllt werden können, müssen die in einem Herstel-
lungsgang gefertigten Erzeugnisse eindeutig einer Charge zugeordnet und entsprechend
dokumentiert werden können. Die integrierte Chargenverwaltung (LO-BM) des R/3-
Systems kann im ganzen Logistikbereich eingesetzt werden und erlaubt die Nachverfol-
gung einer Charge von der Beschaffung der Rohstoffe bis zur Auslieferung des Ender-
zeugnisses. Dadurch herrscht absolute Transparenz über den Fertigungsprozess und
Detailinformationen über einzelne Fertigungsschritte einer Charge können auch nach-
träglich jederzeit zur Abklärung rekonstruiert werden.
Durch den Änderungsdienst (LO-ECH) wird die Mutation von Stammdaten (z.B. Mate-
rialstamm oder Stücklisten) lückenlos protokolliert. Dabei wird zwischen Änderungen
mit und ohne Historie unterschieden. Ein Änderung ohne Historie ist vor allem für Pro-
dukte in der Entwicklungsphase sinnvoll. Der Zustand vor der Änderung wird nicht fest-
gehalten. Bei Änderungen mit Historie gilt ein Zustand für einen ganz bestimmten Gül-
tigkeitszeitraum. Dadurch existiert beispielsweise für Produktehaftpflichtfälle eine voll-
ständige Dokumentation aller erfolgten Änderungen.
Die Forderung der Konsumenten nach mehr Individualität hat bei gewissen Produkten
(z.B. Fahrzeugen) zu einer enormen Variantenvielfalt geführt. Oftmals sind aber aus
Das R/3-System
90
technischen oder sonstigen Rahmenbedingungen nicht alle denkbaren Varianten mög-
lich bzw. sinnvoll (z.B. die Kombination Cabriolet und Klimaanlage). Die Möglichkeit
der Abdeckung dieses Bedürfnisses durch die Variantenkonfiguration (LO-VC) stellt
einen idealen Kompromiss zwischen der teuren Einzel- und der oftmals nicht bedürfnis-
gerechten Serienfertigung dar. Das zur Konfiguration eines Produkts notwendige Bezie-
hungswissen muss daher in einer Regeldatenbank abgelegt werden können. In Maxi-
malstücklisten und -arbeitsplänen sind alle möglichen Komponenten und Arbeitsgänge
festgehalten. Über frei definierbare Merkmale werden den einzelnen Produkten ver-
schiedene Eigenschaften zugewiesen. Durch das vorhandene Beziehungswissen kann
die Zulässigkeit einer Variante überprüft und anschliessend eine entsprechende Stückli-
ste erzeugt werden. Parallel zum Konfigurationsprozess erfolgt die Preisbestimmung für
die gewählte Variante. Diese wird auf der Basis der festgelegten Variantenkonditionen
durchgeführt. Neben Materialien kann die Variantenkonfiguration auch für Standard-
netze innerhalb des Projektsystems (PS) eingesetzt werden. Standardnetze sind pro-
jektneutrale Abläufe, die mehrfach verwendet werden können. Durch die Kombination
von verschiedenen Standardnetzen entstehen individuelle Netzpläne, deren Aufbau in
gleicher Weise über Merkmale und ein entsprechendes Beziehungswissen gesteuert
werden kann.
Im Bereich der Kundeneinzelfertigung kommt es oft vor, dass bei einer Kundenbestel-
lung verlässliche Terminzusagen gemacht werden müssen. Da das Enderzeugnis in den
meisten Fällen aber nicht am Lager liegt und zuerst gefertigt werden muss, kann nur die
Verfügbarkeit von Baugruppen resp. einzelnen Komponenten überprüft werden. Durch
die Montageabwicklung (LO-AP) im R/3-System können die angesprochenen Über-
prüfungen vorgenommen werden. Dabei orientiert sich die Verfügbarkeitsprüfung an
der Menge und am gewünschten Liefertermin. Bei der Prüfung der Auftragsmenge wird
jene Komponente mit der geringsten Verfügbarkeitsmenge ermittelt. Die Bestimmung
des Liefertermins orientiert sich an jener Komponente, welche voraussichtlich als letzte
für die Montage bereitstehen wird. Für die Überprüfung des Liefertermins kann beim
Erfassen des Kundenauftrags ebenfalls bereits die Kapazitätsplanung durchgeführt wer-
den. Bei gleichzeitiger Verwendung der Variantenkonfiguration wird im System nach
Das R/3-System
91
der Festlegung einer Variante für die Terminermittlung ebenfalls ein Montageauftrag
erzeugt. Neben Montageaufträgen in Form von Fertigungs- oder Planaufträgen können
auch Netzpläne zeitlich terminiert werden.
Das Logistikinformationssystem (LO-LIS) dient zur Auswertung der im Logistikbereich
vorhandenen Daten und besteht aus den in Abb. 3-16 dargestellten Teilkomponenten.
Zur Auswertung der vorhandenen Daten werden in allen Informationssystemen diesel-
ben zentralen Auswertungswerkzeuge verwendet. Darüber hinaus sind für jedes einzel-
ne Informationssystem speziell zugeschnittene Auswertungstechniken verfügbar. Zusätz-
lich zur Auswertung der Ist-Daten können mit einem gut ausgebauten Prognoseinstru-
ment122 auch Planwerte ermittelt werden. Ferner steht für die kundenindividuelle Ge-
staltung des LO-LIS das sogenannte Logistics Data Warehouse zur Verfügung. Mit die-
sem Instrument kann eine eigene Datenbasis mit individuellen Fortschreibungsregeln
aufgebaut und für Auswertungen bereitgestellt werden.
122 Die Prognoserechnung wurde mit Release 3.0 zu einem zentral verfügbaren Instrument zusammen-gefasst und entsprechend erweitert.
Das R/3-System
92
LIS - Logistikinformationssystem
Vertriebsinformations-system
Einkaufsinformations-system
Bestandscontrolling
Fertigungs-informationssystem
Qualitätsmanagement-informationssystem
Instandhaltungs-informationssystem
Planung / Prognose
Frühwarnsystem
Logistikinformationsbibliothek
LO-LIS
Abb. 3-16: Komponenten des Logistikinformationssystems.
Ein integriertes Frühwarnsystem ermöglicht die Überwachung von ausgewählten Kenn-
zahlen mit dem Zweck, Ausnahmesituationen und Fehlentwicklungen frühzeitig zu er-
kennen. Das Frühwarnsystem ist in allen Teilbereichen des Logistikinformationssystems
verfügbar.
Für die verschiedenen Bereiche des LIS ist im R/3-Standard eine grosse Zahl von Kenn-
zahlen vorhanden. Diese sind in der Logistikinformationsbibliothek (LIB) in Klassen
zusammengefasst und dadurch übersichtlich strukturiert. Komfortable Suchroutinen ge-
währleisten das rasche Auffinden der gesuchten Kennzahl. Darüber hinaus besteht die
Möglichkeit, benutzerdefinierte Kennzahlen in die Logistikinformationsbibliothek einzu-
binden und allgemein zugänglich zu machen. Durch diese Funktionen wird die Trans-
parenz über die im R/3-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten erheblich ver-
bessert und gleichzeitig ist genügend Spielraum für die Integration von eigenentwickel-
ten Kennzahlen vorhanden.
Das R/3-System
93
3.3.4.2 SD - Vertriebsabwicklung (Sales & Distribution)
Das Vertriebssystem von R/3 unterstützt den Verkauf und den Versand von Produkten
und Dienstleistungen an verschiedene Geschäftspartner. Eine Vielzahl von organisatori-
schen Gestaltungsmöglichkeiten gewährleisten die optimale Abbildung der eigenen Ver-
kaufs- und Versandorganisation. Die Integration des Vertriebsbereichs ist recht ausge-
prägt und insbesondere zur Materialwirtschaft und zum Finanzwesen existieren wesent-
liche Verknüpfungen. Aus der Materialwirtschaft werden sämtliche Informationen über
Produkte und Dienstleistungen (Materialstamm) entnommen und über das Finanzwesen
erfolgt die Zahlungsüberwachung und -abwicklung. Auch zu andern Modulen des R/3-
Systems (CO, PP, PS und PM) erfolgt ein Datenaustausch. Das Vertriebssystem besteht
aus den Abb. 3-17 in dargestellten Teilbereichen.
SD-MD
Grunddaten
SD-BF
Grundfunktionen
SD-SHP
Versand
SD - Vertriebsabwicklung
SD-SLS
Verkauf
SD-BIL
Fakturierung
SD-CAS
Vertriebs-unterstützung
Abb. 3-17: Komponenten der Vertriebsabwicklung.
Bei der Vertriebsabwicklung muss entweder auf bereits bestehende Grunddaten (SD-
MD) - z.B. Materialstamm - zurückgegriffen werden können oder während des Ver-
kaufsprozesses ist die Erfassung von neuen Daten (z.B. Kunden, Konditionen, Abspra-
chen) notwendig. Die gesammelten Grunddaten bilden somit die Basis für alle weiteren
Schritte.
Die Grundfunktionen (SD-BF) der Vertriebsabwicklung stellen dem Vertriebsmitarbei-
ter ein breites Instrumentarium für die Unterstützung des Verkaufsprozesses zur Verfü-
Das R/3-System
94
gung. In diesem Zusammenhang sind im wesentlichen folgende Funktionsbausteine
relevant:
• Materialfindung
• Preisfindung
• Verfügbarkeitsprüfung
• Kreditmanagement.
Durch die Materialfindung kann ein bei der Verkaufsabwicklung erfasstes Material au-
tomatisch durch ein anderes ersetzt werden. Dieser Fall ist z.B. bei Aktionen oder saiso-
nal bedingten Verpackungsänderungen (z.B. Ostern oder Weihnachten) sinnvoll. Wird
ein Produkt bestellt, substituiert das System automatisch den gewählten Artikel durch
einen andern.
Die Preisfindung dient zur Berechnung der Nettopreise. Diese werden auf der Basis der
Bruttopreise und der zusätzlich vorhandenen Preiselemente (Zu- und Abschläge, Fracht,
Steuern) bestimmt. Die Bruttopreise und die einzelnen Preiselemente sind entweder fix
vorgegeben oder werden kundenindividuell anhand eines speziellen Konditionsschemas
bestimmt. Dabei können die Faktoren Kunde, Produkt und Bestellmenge für die Be-
stimmung des Endpreises relevant sein. Ferner besteht die Möglichkeit, die Preise von
einem Gültigkeitszeitraum abhängig zu machen (z.B. Gültigkeitszeitraum von Aktionen
oder Preislisten). Durch die dargestellten Möglichkeiten können praktisch alle Facetten
der Preisbestimmung abgedeckt werden.
Eine integrierte Verfügbarkeitsprüfung unterstützt den Verkaufsangestellten bei der
Zusicherung von Lieferterminen während des Verkaufsprozesses. Für die Ermittlung der
Materialverfügbarkeit stellt das System verschiedene Verfahren zur Verfügung. Bei der
Überprüfung eines gewünschten Liefertermins auf der Basis der ATP-Menge123 werden
der aktuelle Lagerbestand und die geplanten Zu- und Abgänge für die Berechnungen
herangezogen. Bei der Prüfung gegen die Vorplanung wird die Materialverfügbarkeit
123 ATP = Available To Promise.
Das R/3-System
95
aufgrund eines kundenanonymen Primärbedarfs ermittelt. Dieser wird im Rahmen der
Produktionsprogrammplanung anhand von Erfahrungswerten bestimmt und sukzessive
gegen die eingehenden Aufträge verrechnet. Darüber hinaus kann eine Verfügbarkeits-
prüfung mit oder ohne Einbeziehung der Wiederbeschaffungszeit durchgeführt werden.
Durch ein integriertes Kreditmanagement kann das Kreditrisiko bei der Vertriebsab-
wicklung verringert werden. Eine direkte Verbindung zur Finanzbuchhaltung liefert In-
formationen zum Stand der offenen Posten und ermöglicht dadurch die Überprüfung
der Einhaltung von Kreditlimiten und die Beurteilung der finanziellen Situation eines
Kunden. Bei kritischen Kreditsituationen wird der Vertriebsmitarbieter durch das System
via Mail benachrichtigt. Dadurch kann die Verkaufsabwicklung beschleunigt und das
Kreditrisiko minimiert werden.
Das R/3-System unterstützt den Verkauf (SD-SLS) mit einer ganze Palette von Möglich-
keiten. Durch verschiedene Arten von Verkaufsbelegen können alle Stadien der Auf-
tragsabwicklung (Anfrage, Angebot, Auftrag, Rahmenverträge und Reklamationen) dar-
gestellt werden. Die aus der Verkaufsabwicklung resultierenden Informationen (Preis,
Konditionen, Versandtermine, zugesicherte Mengen, etc.) erscheinen im Verkaufsbeleg
und bilden die Basis für die ganze Vertriebsabwicklung. Zur Unterstützung der für den
Versand (SD-SHP) erforderlichen Aktivitäten stellt das R/3-System folgende Grundfunk-
tionen zur Verfügung:
• Terminverfolgung der fälligen Aufträge
• Erstellung und Bearbeitung von Lieferungen
• Überwachung der Verfügbarkeit eines Artikels
• Transportdisposition
• Unterstützung der Kommissionierung (Anbindung an das Lagerverwaltungssystem)
• Verpacken der Lieferungen
• Druck und Übermittlung der Versandpapiere
• Abwicklung des Warenausgangs
• Überwachung des Arbeitsvorrats im Versand.
Das R/3-System
96
Der Versand basiert im wesentlichen auf den Versandbelegen Lieferung und Warenaus-
gang. Mit der Eröffnung eines Lieferbelegs wird der Versand eingeleitet. Falls der Liefe-
rung die Erfassung eines Auftrags vorangegangen ist (Regelfall), werden sämtliche ver-
sandrelevanten Informationen übernommen. Andernfalls muss eine manuelle Erfassung
durchgeführt werden. Nach der Erstellung des Lieferbelegs erfolgt der Warenausgang
und der Druck der Versandpapiere. Der Warenausgang als solches wird über das Mate-
rialwirtschaftsmodul (MM) abgewickelt, da es sich dabei um eine Materialbewegung
handelt. Nach dem Warenausgang ist der Versand abgeschlossen und die Lieferung
kann fakturiert werden.
Als letzte Aktivität des Vertriebs sind bei der Fakturierung (SD-BIL) Rechnungen auf-
grund der erbrachten Lieferungen und Leistungen zu erstellen. Die dafür relevanten
Informationen werden aus dem Verkaufs- und aus dem Versandbeleg entnommen.
Auch Sonderformen der Fakturierung (Proformarechnungen, Gut- und Lastschriften)
sind im System vorgesehen. Weiter kann die Stornierung von Rechnungen und die Bo-
nusabwicklung durchgeführt werden. Nach der Erstellung der Faktura erfolgt die Über-
gabe der Daten an die Finanzbuchhaltung (FI).
Die Vertriebsunterstützung (SD-CAS) bietet für alle Aktivitäten im Rahmen der Akqui-
sition und der Kundenbetreuung entsprechenden Support. Die gesammelten Informa-
tionen werden in strukturierter Form hinterlegt und können durch die Mitarbeiter des
Vertriebs und des Marketings in vielfältiger Weise genutzt werden. Dabei werden vor
allem Daten zu Kunden und Interessenten erfasst. Neben den eigentlichen Stammdaten
(Firmenname, Adresse, Ansprechpartner etc.) werden auch marketingrelevante Infor-
mationen (Umsatz, Anzahl Mitarbeiter, Branche etc.) erfasst. Zur Pflege des Kundenver-
hältnisses erlaubt das R/3-System die Erfassung von sämtlichen Informationen aus Kun-
denkontakten. Die Auswertung dieser Daten ermöglicht die bessere Planung und Koor-
dination der Vertriebsaktivitäten. Durch Mailingaktionen, welche ebenfalls im System
verwaltet werden können, lassen sich Kunden und Interessenten spezifischer bearbei-
ten. Neben der Sammlung und Auswertungen von kundenspezifischen Daten bietet das
R/3-System auch die Möglichkeit, Informationen über Wettbewerber und deren Pro-
Das R/3-System
97
dukte zu hinterlegen. Sämtliche Daten (inkl. Texte) müssen in strukturierter Form erfasst
werden. Dadurch ist die bessere Auswertbarkeit der Informationen gewährleistet, und
es können dadurch zuverlässigere Aussagen über die eigene Wettbewerbssituation und
über die Erfolgschancen bei der Erschliessung neuer Märkte gemacht werden.
Neben den dargestellten Grundelementen zur Vertriebsabwicklung unterstützt das R/3-
System zusätzliche Funktionen für die Anforderungen international ausgerichteter Un-
ternehmen. Darunter fallen insbesondere Instrumente zur Abwicklung von Aussenhan-
delsgeschäften. Im Zentrum steht dabei nicht nur die Veräusserung von Waren über die
Landesgrenzen hinweg, sondern auch um den Import von Gütern aus dem Ausland.
Die Teilkomponente Aussenhandel berücksichtigt diese besonderen Bedürfnisse durch
spezielle Datenfelder in den relevanten Stammdaten (Kundenstamm, Lieferanten-
stamm, Materialstamm, Einkaufsinfosatz), eine integrierte Ausfuhrkontrolle, ein weitge-
hend automatisiertes Meldeverfahren für behördliche Vorgänge und eine Herkunftser-
mittlung der verwendeten Teile und Baugruppen (Präferenzabwicklung). Dadurch wer-
den die Vertriebsaktivitäten bei der Abwicklung von Aussenhandelsgeschäften erheblich
erleichtert und durch Automatisierung gewisser Vorgänge beschleunigt.
3.3.4.3 MM - Materialwirtschaft (Materials Management)124
Innerhalb des Logistikbereichs nimmt die Materialwirtschaft zentrale Aufgaben wahr. Sie
ist vorwiegend auf die Beschaffungsseite in der Logistikkette ausgerichtet und stellt in
diesem Kontext Funktionen für den Einkauf von Gütern und Dienstleistungen sowie für
die Lagerverwaltung und Bewertung der beschafften Materialien dar. In Abb. 3-18 sind
die einzelnen Komponenten im Überblick dargestellt.
124 Vgl. dazu CDI (1996a) S. 113 ff.; Engels/Gresch/Nottenkämpfer (1996), S. 270 ff.; SAP AG (1996a);SAP AG (1993a).
Das R/3-System
98
MM-PUR
Einkauf
MM-SRV
Dienstleistung
MM-IM
Bestandes-führung
MM - Materialwirtschaft
MM-CBP
VerbrauchDisposition
MM-WM
Lagerverwaltung
MM-IV
Rechnungs-prüfung
Abb. 3-18: Komponenten der Materialwirtschaft.
Neben dem Einkauf (MM-PUR) von materiellen Gütern unterstützt das R/3-System
auch die Beschaffung von extern bezogenen Dienstleistungen (MM-SRV). Für diesen
Zweck existiert ein eigens dafür vorgesehener Dienstleistungsstamm, welcher eine ähn-
liche Struktur aufweist wie der Materialstamm. Die Bedarfsermittlung von Dienstleistun-
gen stützt sich im Unterschied zu materiellen Gütern eher auf Begehren der Instand-
haltung (PM) oder des Projektsystems (PS). Für die Einkaufsabwicklung benötigt das R/3-
System neben Materialstamm und Dienstleistungsstamm weitere Grunddaten. Dazu
gehören insbesondere der Lieferantenstamm und die Einkaufsinfosätze.
Der Lieferantenstamm bildet die Grundlage für den Einkauf und für die Buchhaltung.
Er ist in Analogie zum Materialstamm ebenfalls hierarchisch organisiert und die einzel-
nen Datenbereiche sind für verschiedene Organisationsebenen gültig (Mandant, Bu-
chungskreis oder Einkaufsorganisation). Für den Einkauf sind vorwiegend Informationen
zu Ansprechpartnern, Konditionen und Lieferbedingungen von Interesse. Die Buchhal-
tung benötigt vor allem Daten zu Bankverbindungen und Zahlungsbedingungen für die
Rechnungsprüfung und die Zahlungsabwicklung.
Für die Lieferantenermittlung werden im R/3-System sogenannte Einkaufsinfosätze
verwendet. Diese stellen eine Beziehung zwischen den benötigten Produkten und den
dafür in Frage kommenden Lieferanten her. Der Einkaufsinfosatz enthält zusätzlich In-
Das R/3-System
99
formationen zu Preisen, Konditionen, Lieferfristen und Lieferantenbeurteilungsdaten.
Die im Einkaufsinfosatz vorhandenen Daten werden als Grundlage für eine Bestellung
verwendet.
Die Abwicklung der Logistikprozesse erfolgt auf der Basis der erfassten Grunddaten.
Aufgrund der Informationen aus anderen R/3-Modulen (SD, PP, PS oder PM) oder an-
hand der aktuellen Bestandssituation wird eine Materialdisposition (MM-CBP) durch-
geführt. Diese löst in Abhängigkeit des verwendeten Dispositionsverfahrens (Ver-
brauchsgesteuerte Disposition oder Plangesteuerte Disposition) Bestellvorschläge aus.
Die verbrauchsgesteuerte Disposition stellt ein relativ einfaches Verfahren zur Be-
darfsermittlung dar und wird vorzugsweise in Betrieben ohne eigene Fertigung oder in
Produktionsbetrieben für die Beschaffung von B- und C-Teilen, resp. Hilfs- und Be-
triebsstoffen verwendet. Die plangesteuerte Disposition richtet sich am effektiven Be-
darf und wird in Produktionsbetrieben vorwiegend für die Beschaffung von A-Teilen
verwendet. Die aus der Materialdisposition resultierenden Bestellvorschläge, welche
unter Berücksichtigung des gewählten Dispositionsverfahrens und eines entsprechenden
Losgrössenverfahrens ermittelt werden, können in Abhängigkeit von der Beschaffungsart
des Materials (Fremdbeschaffung oder Eigenfertigung) entweder in eine Bestellanforde-
rung oder in einen Planauftrag umgewandelt werden. Dadurch kann entweder der Be-
schaffungs- oder der Produktionsprozess ausgelöst werden.
Innerhalb der Materialwirtschaft setzt sich der Logistikprozess mit der Einkaufsabwick-
lung fort. Durch die Bestellanforderung sind für die zu bestellenden Materialien die
Menge und der Termin festgelegt worden. Ausgehend von diesen Rahmenbedingungen
hat der Einkäufer die Möglichkeit, über das System eine oder mehrere Bezugsquellen zu
ermitteln und Anfragen zu formulieren. Nach dem Eintreffen der verschiedenen Offer-
ten lassen sich diese im System miteinander vergleichen, und eine Lieferantenauswahl
kann getroffen werden. Die nachfolgende Bestellabwicklung basiert auf den bereits er-
fassten Daten und ermöglicht ein weitgehend automatisiertes Vorgehen (Erstellen der
Bestellung und Bestellüberwachung). Die physische Einkaufsabwicklung wird durch den
Wareneingang abgeschlossen.
Das R/3-System
100
Jeder Vorgang der eine Veränderung des Warenbestandes bewirkt, wird im R/3-System
im Rahmen der Bestandesführung (MM-IM) erfasst. In diesem Zusammenhang wird
von Warenbewegungen gesprochen. Dabei werden verschiedene Arten von Warenbe-
wegungen unterschieden:
• Wareneingang (Erhöhung des Lagerbestands)
• Warenausgang (Verminderung des Lagerbestands)
• Umlagerung zwischen verschiedenen Lagerorten
• Umbuchung (z.B. Übernahme von Konsignationsmaterial in den eigenen Bestand).
Zur Unterscheidung der verschiedenen Warenbewegungen sind im R/3-System soge-
nannte Bewegungsarten vorgesehen. Diese beinhalten zugleich eine Steuerungsfunktion
für die Fortschreibung der Bestände. Die Bestandsführung berücksichtigt aber nicht nur
die mengenmässigen Auswirkungen einer Warenbewegung, sondern schreibt auch die
wertmässigen Veränderungen fort. Aus diesem Grund wird vom System neben dem
Materialbeleg zusätzlich ein Buchhaltungbeleg erzeugt. Durch diese mengen- und
wertmässige Erfassung jeder Warenbewegung sind die Lagerbestände und der aktuelle
Wert des Lagers jederzeit bekannt. Ein Abgleich zwischen den Buchungsbeständen und
den effektiven Beständen im Lager kann über verschiedene Inventurverfahren
(Stichtagsinventur, Stichprobeninventur, Cycle-Counting) erfolgen.
Das Lagerverwaltungssystem (MM-WM) ergänzt die Möglichkeiten der Bestandsfüh-
rung. Hier werden zusätzlich zu den rein mengen- und wertmässigen auch räumliche
Bewegungen erfasst und gesteuert. Dabei lassen sich die verschiedensten Lagertypen
(Hochregallager, Freilager, Blocklager etc.) mit dem R/3-System abbilden und verwal-
ten. Zusätzlich können sämtliche Lagerbewegungen initiiert, gesteuert und überwacht
werden.
Die Bestandsführung und das Lagerverwaltungssystem stellen eine wichtige Informa-
tionsbasis für andere R/3-Komponenten dar. Beispielsweise wird die Verfügbarkeits-
prüfung bei Kundenbestellungen (SD) oder bei kundenanonymen Fertigungsaufträgen
(PP) aufgrund der im Rahmen der Bestandsführung fortgeschriebenen Werte durchge-
Das R/3-System
101
führt. Aber auch andere R/3-Module (FI, CO, AM, PS, QM, PM, LIS) beziehen für die
Abwicklung bestimmter Geschäftsprozesse Informationen aus der Bestandsführung.
Endgültig abgeschlossen wird die Einkaufsabwicklung mit der Rechnungsprüfung (MM-
IV), welche ebenfalls ein Bestandteil von MM darstellt. Dabei werden eingehende
Rechnungen erfasst, auf sachliche, preisliche und rechnerische Richtigkeit geprüft und
in der Kreditorenbuchhaltung (FI) verbucht. Darüber hinaus können auch Rechnungen,
welche ausserhalb der ordentlichen Materialbeschaffung angefallen sind, über die
Rechnungsprüfung abgewickelt werden.
Im Rahmen der Materialbewertung wird der Bestandswert eines Materials errechnet
und in der Finanzbuchhaltung fortgeschrieben. Die dafür benötigten Informationen be-
zieht die Materialbewertung vom Einkauf, von der Bestandsführung und von der Rech-
nungsprüfung. Durch die aktuelle Berechnung der Bestandswerte kann der Wert des
Lagers für die Aufstellung von Zwischenbilanzen jederzeit ermittelt werden.
Im Material Ledger wird als alternative Methode zur Materialbewertung eine Art Ne-
benbuchhaltung für Materialien geführt. Dies hat den Vorteil, dass der Materialpreis für
einen bestimmten Zeitraum konstant gehalten werden kann. Ferner wird die Möglich-
keit geboten die Materialbewertung in 3 verschiedenen Währungen zu führen, was die
Konsolidierung der einzelnen Bilanzen in einem Konzern erheblich erleichtert.
3.3.4.4 PP - Produktionsplanung und -steuerung (Production Planning)125
Zwischen dem Einkauf und der Lagerung von Rohstoffen und Baugruppen und dem
Vertrieb der Endprodukte spielt die DV-gestützte Planung und Steuerung des Ferti-
gungsprozesses eine zentrale Rolle. In diesem Kontext trägt ein PPS-System wesentlich
zur Qualität, zur Variantenvielfalt und zur Erhaltung der Lieferbereitschaft in einem Fer-
tigungsbetrieb bei. Aufgrund der Komplexität der Planung und Steuerung von Ferti-
gungsprozessen haben viele Betriebe bereits frühzeitig erkannt, dass sich diese Problem-
stellung nur sinnvoll mit IV-Unterstützung lösen lässt. PPS-Systeme sind dementspre-
125 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 299 ff., SAP AG (1996a), SAP AG (1994a).
Das R/3-System
102
chend komplex und stellen ein klassisches Anwendungsgebiet für betriebswirtschaftliche
Applikationen dar. Die allgemeine Produktionsplanung und -steuerung des R/3-Systems
lässt sich in die in Abb. 3-19 dargestellten Einzelkomponenten untergliedern.
PP-BD
Grunddaten
PP-SOP
Absatz- und Pro-duktionsgrobplanung
PP-MRP
Lagerverwaltung
PP - Produktionsplanung und -steuerung
PP-MP
Produktions-planung
PP-CRP
Kapazitätsplanung
PP-SFC
Fertigungs-aufträge
CO-PC
Produktkalkulation
Abb. 3-19: Komponenten der Produktionsplanung und -steuerung.
Für die Planung und Abwicklung von Fertigungsprozessen benötigt ein PPS-System ent-
sprechende Grunddaten. Dazu werden insbesondere Informationen über das Produkt
und dessen Bestandteile (Materialstamm, Stücklisten), über das Vorgehen bei der Ferti-
gung (Arbeitspläne) sowie über die Art und Kapazitäten der vorhandenen Arbeitsplätze
benötigt.
Auf die Bedeutung des Materialstamms wurde bereits im Rahmen der Materialwirt-
schaft hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist sicherlich noch erwähnenswert, dass
neben den Einzelteilen und Baugruppen im Materialstamm auch sämtliche Enderzeug-
nisse erfasst werden. Die unterschiedliche Rolle wird den Materialien über die Zuord-
nung zu einer Materialart (z.B. ROH, HALB, FERT) zugeschrieben.
Das R/3-System
103
Die Struktur eines Endprodukts wird durch die Erfassung von Stücklisten dargestellt.
Eine Stückliste definiert die Menge und Art der Einzelbestandteile eines Enderzeugnis-
ses. Im R/3-System werden verschiedene Arten von Stücklisten unterschieden:
• Einfache Stückliste
• Variantenstückliste
• Mehrfachstückliste.
Bei einer einfachen Stückliste existiert zu einem Produkt nur eine Stückliste, bzw. diese
wird für kein anderes Produkt verwendet. Variantenstücklisten werden bei der Her-
stellung von ähnlichen Erzeugnissen, d.h. wenn die Grundstruktur identisch ist und nur
geringe Abweichungen in Einzelbereichen existieren (z.B. Variantenkonfiguration von
Fahrzeugen in der Automobilindustrie). Mehrfachstücklisten werden für Produkte ver-
wendet, die je nach Losgrösse in unterschiedlichen Verfahren und unterschiedlichen
Mengenverhältnissen hergestellt werden. Diese Anwendung ist insbesondere bei Er-
zeugnissen aus der Chemischen Industrie üblich.
Neben der Art einer Stückliste wird auch der Verwendungszweck als Differenzierungs-
merkmal herangezogen. Unterschieden wird dabei zwischen Verwendungen für die
Fertigung, die Konstruktion, die Instandhaltung, den Vertrieb oder die Kalkulation.
Durch Arbeitspläne wird die Reihenfolge einzelner Arbeitsgänge festgelegt. Gleichzeitig
erfolgt eine Zuordnung der Arbeitsgänge zu den im Betrieb vorhandenen Arbeitsplät-
zen. Zudem können in einem Arbeitsplan auch die benötigten Fertigungshilfsmittel
(Werkzeuge etc.) berücksichtigt werden. Für die Terminierung und Kalkulation des Her-
stellungsprozesses lassen sich für jeden Arbeitsgang Vorgabewerte erfassen. Im eigentli-
chen Fertigungsprozess werden die erfassten Arbeitspläne als Vorlage verwendet und
können gegebenenfalls nach der Übernahme in den Fertigungsauftrag noch angepasst
werden.
In den für die Erfassung der Arbeitspläne notwendigen Arbeitsplätzen wird festgelegt,
welche personellen oder maschinellen Ressourcen verfügbar sind. Dabei werden nicht
nur die Kapazitäten bestimmt, sondern auch die Kosten, welche bei der Nutzung dieser
Das R/3-System
104
Faktoren entstehen. Diese Informationen bilden die Grundlage für verschiedene R/3-
Komponenten. Insbesondere bilden sie die Grundlage für die Kalkulation, für die Ter-
minierung und für die Kapazitätsplanung.
Am Anfang des Produktionsplanungs- und -steuerungszyklusses steht die Absatz- und
Produktionsgrobplanung (SOP = Sales & Operations Planning). Deren Ziel ist es auf
der Basis einer mittel- oder langfristigen Absatzmengenplanung die dazu notwendigen
Produktionsaktivitäten festzulegen. Dabei können die voraussichtlichen Absatzmengen
entweder manuell erfasst werden (z. B. geplante Absatzwerte) oder auf der Grundlage
von Vergangenheitswerten über verschiedene Prognoseverfahren bestimmt werden. Die
Planung kann wahlweise für einzelne Materialien oder ganze Produktgruppen durch-
geführt werden. Ausgehend von den in der Absatzmengenplanung ermittelten Werten
wird anschliessend ein Produktionsgrobplan erstellt. Dieser bildet einen Richtwert für
nachgelagerte Planungsphasen.
Die Langfristplanung stellt eine Art simulative Planung für eine längere Zeitspanne (ca.
1 Jahr) dar. Dabei wird das Ziel verfolgt, längerfristig abzuschätzen, ob für einen gege-
benen Absatzplan ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen oder ob diese Kapa-
zitäten allenfalls erweitert werden müssen (z.B. durch Zukauf neuer Maschinen). Aus-
serdem kann der Einkauf anhand der Planwerte das Bestellvolumen für einzelne Liefe-
ranten ableiten und wird dadurch in die Möglichkeit versetzt, Kontrakte zu günstigen
Konditionen auszuhandeln. Die Langfristplanung wird simulativ, d.h. losgelöst von der
operativen Planung durchgeführt. Es besteht allerdings die Möglichkeit ein bestehendes
Produktionsprogramm durch eine bevorzugte Version der Langfristplanung zu ersetzen.
Bei der eigentlichen operativen Planung (Produktionsprogrammplanung) werden die
Bedarfsmengen und die Liefertermine für Enderzeugnisse und wichtige Baugruppen
festgelegt. Die Absatzzahlen zur Ermittlung des Produktionsprogramms entstammen
entweder der Prognoserechnung oder werden von der Ergebnis- und Marktseg-
mentrechnung (CO-PA) bzw. von der Planungskomponente des Vertriebsinformations-
systems (SD-IS) geliefert. Auch Absatzzahlen aus externen Datenquellen können als In-
putwerte für die Produktionsprogrammplanung verwendet werden.
Das R/3-System
105
Beeinflusst wird die Planung von der gewählten Planungsstrategie. Dabei können
grundsätzlich folgende Strategien unterschieden werden:
• Anonyme Lagerfertigung
• Kundeneinzelfertigung
• Losfertigung für Kunden- und Lageraufträge.
Über die Auswahl einer Vorplanungstrategie wird bestimmt, ob gegebenenfalls gewisse
Baugruppen auftragsneutral vorproduziert werden und wie diese vorproduzierten Bau-
gruppen gegen eingehende Kundenaufträge verrechnet werden sollen.
Die Bedarfsplanung hat dafür zu sorgen, dass das richtige Material zum richtigen Zeit-
punkt und in der richtigen Menge vorhanden ist. Dabei steht die Gewährleistung eines
möglichst optimalen Lagerbestands im Vordergrund. Bei der Durchführung der Ma-
terialbedarfsplanung können im R/3-System verschiedene Dispositionsverfahren ver-
wendet werden:
• Plangesteuerte Disposition
• Leitteileplanung
• Verbrauchsgesteuerte Disposition.
Durch die plangesteuerte Disposition (oder auch deterministische Disposition ge-
nannt) werden die exakten Bedarfsmengen ermittelt. Dies ermöglicht eine Produktion
mit minimalen Sicherheitsbeständen. Ausgangspunkt für die plangesteuerte Disposition
sind Kundenaufträge, Planprimärbedarfe oder Materialreservierungen.
Für Teile, die einen erheblichen Einfluss auf den Produktionsprozess haben, wird eine
separate Disposition (Leitteileplanung) durchgeführt. Diese Differenzierung wird insbe-
sondere aufgrund der Tatsache vorgenommen, dass bei vollständiger Erfassung aller
Teile die eingeplanten Puffer und Sicherheitsbestände zu einer hohen Kapitalbindung
führen.
Im Rahmen der verbrauchsgesteuerten Disposition wird der künftige Bedarf anhand
vergangener Verbrauchswerte durch verschiedene Prognoseverfahren bestimmt. Das
Das R/3-System
106
Verfahren basiert auf den aktuellen Beständen und errechnet die Primär- und Sekun-
därbedarfe bei Unterschreitung eines Meldebestandes.
Auf die zeitliche und mengenmässige Festlegung der zu produzierenden Güter
(Kapazitätsbedarf) folgt die Abstimmung mit den vorhandenen Kapazitäten (Kapazitäts-
angebot). In diesem Zusammenhang wird von Kapazitätsplanung gesprochen. Eine
Kapazität stellt dabei eine Ressource (z.B. Person oder Maschine) dar, deren Angebot
für einen Zeitraum festgelegt werden kann. Über die Arbeitspläne erfolgt die Zuordnung
der einzelnen Arbeitsgänge zu den verfügbaren Arbeitsplätzen. Für alle Arbeitsplätze ist
somit über die zugewiesenen Kapazitäten ein bestimmtes Kapazitätsangebot verfügbar.
Dieses Kapazitätsangebot wird im Rahmen der Kapazitätsplanung den aus den Vorga-
bewerten ermittelten Bedarfen gegenübergestellt (Kapazitätsauswertung). Die einzelnen
Bedarfe werden vor allem aus folgenden Anwendungsbereichen des R/3-Systems er-
zeugt:
• Vertrieb (Kundenaufträge)
• Absatz- und Produktionsgrobplanung (Produktionsgrobplanmengen)
• Langfristplanung (Planaufträge)
• Leitteileplanung (Planaufträge)
• Materialbedarfsplanung (Planaufträge)
• Serienfertigung (geplante Produktionsmengen)
• Fertigungssteuerung (Fertigungsaufträge)
• Projektsystem (Netzpläne)
• Instandhaltung (Instandhaltungsaufträge)
• Personalplanung (Personalplanungsaufträge).
Das R/3-System
107
Durch den Vergleich von Kapazitätsangebot und Kapazitätsbedarf lassen sich Über- und
Unterbelastungen innerhalb des Fertigungsprozesses bestimmen. Es ist das Ziel des Ka-
pazitätsabgleichs, diese Schwankungen auszugleichen. Ferner werden folgende Ziele
verfolgt:
• Hohe Kapazitätsauslastung
• Hohe Termintreue
• Kurze Durchlaufzeit
• Niedrige Bestände.
Diese teilweise gegenläufigen Ziele erschweren die Planung. Werden Kapazitätsengpäs-
se festgestellt, kann diesen durch verschiedene Massnahmen entgegengewirkt werden.
Ist der durchzuführende Auftrag bezüglich Endtermin flexibel, reicht eine einfache Um-
planung der Arbeitsgänge. Bei fixen Endterminen können Kapazitätsengpässe nur durch
Ausweitung des Kapazitätsangebots (Überstunden, Schichtarbeit, temporäre Aushilfs-
kräfte) überwunden werden. Die Auswirkungen auf die Planung können bei Änderung
des Kapazitätsangebots simulativ ermittelt werden.
Nach erfolgter Kapazitätsplanung werden die Fertigungsaufträge freigegeben und zur
Überwachung der Auftragsabwicklung an die Fertigungssteuerung übergeben. In einem
Fertigungsauftrag sind sämtliche Daten, welche für die Erbringung einer innerbetriebli-
chen Leistung relevant sind, zusammengefasst. Zusätzlich sind auch kostenrelevante
Informationen zur Auftragsabrechnung hinterlegt. Die Auftragsabwicklung ist in drei
Phasen unterteilt:
• Auftragseröffnung (Umsetzung von Planaufträgen, Stücklistenauswahl und Arbeits-
planselektion, Materialreservierungen, Ermittlung der Plankosten, Erzeugung von
Kapazitätsbedarfen, Bestellanforderungen für Nichtlagerpositionen und fremdbear-
beitete Vorgänge)
• Auftragsabwicklung (Materialentnahme, Auftragsdurchführung, Rückmeldungen,
Lagerzugang)
• Auftragsabschluss (technischer Abschluss, Auftragsabrechnung)
Das R/3-System
108
Mit der Abrechnung ist der Fertigungsauftrag abgeschlossen und sämtliche Daten kön-
nen einem elektronischen Archiv zugeführt werden.
Zur Preis- und Kostenbestimmung von Enderzeugnissen wird im R/3-System die Pro-
duktkalkulation (CO-PC) herangezogen. Diese besteht aus der Erzeugniskalkulation
und der Bauteilekalkulation.
Die Erzeugniskalkulation126 dient primär zur Ermittlung der Einzelpreise von gefertigten
Produkten. Dabei werden die Herstell- (Material-, Fertigungs- und Gemeinkosten) und
die Selbstkosten errechnet. Die dazu notwendigen Informationen bezieht das R/3-
System aus den Materialstamm (Materialpreise), aus den Stücklisten (Mengenangaben),
aus den Arbeitsplänen (Zeitvorgabewerte für die Durchführung des Arbeitsgangs), aus
den Arbeitsplätzen und aus der Kostenstellenrechnung (Leistungstarife). Die Gemeinko-
sten (Material- und Fertigungsgemeinkosten) werden über ein Kalkulationsschema als
Zuschlagssätze berücksichtigt. Die daraus resultierenden Herstellkosten bilden die
Preisbasis (Standardpreis) im Materialstamm.
Während die Erzeugniskalkulation in der Regel gemeinsam mit der Produktionsplanung
verwendet wird (Kalkulation von Materialien, Fertigungsaufträgen oder Kundenaufträ-
gen), ist die Einzelkalkulation für die Bearbeitung von kalkulationsrelevanten Daten aus
Fremdsystemen vorgesehen. Die Bauteilekalkulation, welche die Funktionalität der
Einzelkalkulation nutzt, stellt ebenfalls ein Instrument zur Kostenplanung und Preisbil-
dung für Produkte dar. Im Gegensatz zur Erzeugniskalkulation ist bei der Bauteilekalku-
lation aber eine Kostenermittlung ohne Bezug zu Stücklisten und Arbeitsplänen (resp.
Netz- und Wartungspläne) möglich. Zusätzlich lassen sich einzelne Kalkulationspositio-
nen (Bauteile) hierarchisch zusammenfassen. Dadurch besteht die Möglichkeit der
Wiederverwendung einzelner Kalkulationselemente.
Neben den Standardfunktionen der Produktionsplanung und -steuerung unterstützt das
R/3-System in diesem Bereich spezielle produktionswirtschaftliche Bedürfnisse durch
Zusatzkomponenten. Darunter fallen die in Abb. 3-20 dargestellten PP-Komponenten:
126 Vgl. Wenzel (1995a), S. 385 ff.
Das R/3-System
109
PP-REM
Serienfertigung
PP-KAP
Kanban
PP-PI
ProduktionsplanungProzessindustrie
Spezielle Komponenten von PP
Abb. 3-20: Spezielle Komponenten der Produktionsplanung und -steuerung.
Die Komponente Serienfertigung basiert auf den Ergebnissen der Gesamtbedarfspla-
nung und stellt für die Planung und Steuerung der Fertigungsabwicklung spezielle Funk-
tionen zur Verfügung. Der als Grundlage für die Serienfertigung notwendige Gesamtbe-
darf wird anhand von Bedarfsprognosen und Planprimärbedarfen bestimmt. Diese wer-
den mit den eingehenden Kundenaufträgen verrechnet und stellen als Gesamtergebnis
das Produktionsprogramm dar. Ausgehend von diesem Produktionsprogramm werden
periodenbezogen die Produktionsmengen für jedes Erzeugnis festgelegt. Die kurzfristige
Einplanung erfolgt mit Hilfe einer grafischen Plantafel.
Für die Abwicklung der Serienfertigung stehen grundsätzlich zwei verschiedene Varian-
ten zur Verfügung. Bei der ersten Variante können Serienaufträge durch Zusammenfas-
sung von selbständigen Plan- oder Fertigungsaufträgen erstellt werden. Die Sammlung
der Ist-Daten erfolgt dabei auf Basis der Fertigungsaufträge. Bei der zweiten Variante
entfallen die Fertigungsaufträge. Ein Serienauftrag besteht aus mehreren Produktions-
einteilungen, welche in gewissem Sinn mit Planaufträgen vergleichbar sind. Die Zuwei-
sung der während der Produktion anfallenden Kosten erfolgt in diesem Fall über soge-
nannte Produktionskostensammler.
Die zeitraumbezogene Betrachtungsweise in der Planung und die Vereinfachung bei der
Ist-Datenerfassung ermöglicht im Unterschied zur Einzel- und Werkstattfertigung eine
entsprechende Reduktion des Aufwands bei der Abwicklung von Serienaufträgen.
Die Produktionssteuerung mit Kanban stellt eine elektronische Variante des bekannten
Kanban/Just-in-Time-Verfahrens (Kanban/JIT) dar. Dabei wird das für die Fertigung be-
nötigte Material in Behältern direkt am Fertigungsort zwischengelagert. Entsteht bei der
Das R/3-System
110
Fertigung ein Materialbedarf, kann dieser durch Entnahme aus einem bereitgestellten
Behälter gedeckt werden. Die Materialentnahme wird über einen Barcode-Leser sofort
an das R/3-System weitergemeldet (analog der Weiterleitung einer Kanban-Karte). Die-
ser Impuls löst im System entweder einen Lagernachschub oder die externe Beschaffung
resp. die innerbetriebliche Fertigung des entsprechenden Teils aus. Die administrativen
Bereiche eines Unternehmens werden durch dieses Vorgehen entlastet und das Fehler-
risiko wird vermindert. Gleichzeitig bewirkt die Rückwärtsverkettung des Materialnach-
schubs eine Verringerung der Lagerbestände sowie eine Verkürzung der Durchlaufzei-
ten. Ein entsprechendes Informationssystem zur Überwachung des Materialflusses
schafft zusätzliche Transparenz, indem die Disponenten auf Engpässe und Störsituatio-
nen bei der Materialversorgung aufmerksam gemacht werden.
Die Produktionsplanung für die Prozessindustrie (PP-PI) richtet sich primär nach den
Bedürfnissen der chemischen, der pharmazeutischen, der Nahrungs- und Genussgüter-
industrie sowie der prozessorientierten Elektronikbetriebe. Hauptmerkmale dieser Un-
ternehmen sind:
• Der Fertigungsprozess ist nicht kontinuierlich (Chargenfertigung).
• Produktionsanlagen sind variabel einsetzbar.
• Durch die aufwendigen Reinigungsvorgänge steht die Reihenfolgeplanung im Vor-
dergrund.
• In der Produktion fallen Kuppel- und Abfallstoffe an.
• Die Rezepturen sind umgebungsabhängig und müssen auch nachträglich jeder
Charge zugeordnet werden können.
Diese Besonderheiten werden durch entsprechende Funktionen in der PP-PI-Kompo-
nente unterstützt.
In der Ressourcenverwaltung werden sämtliche für den Produktionsprozess benötigten
Produktionsmittel verwaltet. Anstelle von Stücklisten und Arbeitsplänen werden die
Produktionsverfahren mit den dafür benötigten Ressourcen (inkl. Kuppel- und Abfall-
produkte) in sogenannten Planungsrezepten beschrieben. Die Prozessplanung (Absatz-
Das R/3-System
111
und Produktionsgrobplanung, Langfristplanung, Programmplanung, Materialbedarfspla-
nung und Kapazitätsplanung) erfolgt mit den Planungsinstrumenten der Standard-R/3-
PP-Komponente. Die Prozessaufträge übernehmen in PP-PI die Funktion von Ferti-
gungsaufträgen und beschreiben durch Übernahme und Anpassung der Planungsre-
zepte den konkreten Herstellungsvorgang. Die Prozesskoordination stellt die Schnitt-
stelle zwischen PP-PI und automatisierten, teilautomatisierten sowie manuell gesteuer-
ten Prozesssteuerungsanlagen dar. Dabei werden Steuerrezepte an die Prozesssteue-
rungsanlagen weitergeleitet und Prozessmeldungen von diesen entgegengenommen,
damit laufend der Prozessfortschritt überwacht werden kann. Zur Gewährleistung eines
weitgehend automatisierten Informationsflusses existieren für die Anbindung an Pro-
zessleitsysteme und die Übernahme von Rückmeldedaten entsprechende Schnittstellen.
Die Prozessdokumentation und -auswertung wird durch die Anbindung von optischen
Archivierungssystemen sichergestellt. Gesetzliche Vorschriften verlangen, dass z.B. in
der pharmazeutischen Industrie die zum Prozessauftrag gehörenden Daten fälschungssi-
cher archiviert und jederzeit für Nacherhebungen verfügbar gemacht werden können.
Die PP-PI-Komponente stellt somit ein leistungsfähiges Planungs- und Steuerungsin-
strument für die spezifischen Bedürfnisse der Prozessindustrie dar.
Das R/3-System
112
3.3.4.5 QM - Qualitätsmanagement127127
Neben der Optimierung des Produktionsabläufe und der Minimierung der Kosten spielt
auch die Qualität der Enderzeugnisse eine wichtige Rolle. Das Qualitätsmanagement
bezieht sich gemäss den ISO 9000 - Richtlinien nicht nur auf den Fertigungsprozess von
Enderzeugnissen, sondern erfasst die Qualitätssicherungsmassnahmen im gesamten
Auftragsabwicklungsprozess. Darunter fallen die Lieferantenbeurteilung bei der Be-
schaffung, die fertigungsbegleitenden Prüfungen während der Produktion und die Qua-
litätsprüfung unmittelbar vor der Auslieferung (Vertrieb).
Durch die Integration von Qualitätssicherungsfunktionen in die betroffenen R/3-
Komponenten, können die bei der ISO-Zertifizierung festgehaltenen Massnahmen weit-
gehend über das System abgewickelt werden. Die dabei unterstützten CIQ-Aufgaben
(Computer Integrated Quality Management) lassen sich im Überblick wie folgt darstel-
len:128
• Integration der Qualitätsdaten im Materialstamm
• Verwaltung der materialbezogenen Qualitätsinformationen zu Lieferanten und Kun-
den bzw. Vertriebsbereichen
• Verknüpfung von Prüfmerkmalen und Qualitätsmerkmalen in den Materialspezifika-
tionen
• Verwaltung von qualitätsbezogenen Dokumenten
• Integration der Qualitätsprüfung in den SAP Business Workflow.
In erster Linie geht es um die Erfassung und Verwaltung der Qualitätsdaten und entspre-
chenden Richtlinien, um die kontrollierte Durchführung von Qualitätsprüfungen und
um die Verwaltung von qualitätsbezogenen Dokumenten. Zur Bewältigung dieser Auf-
127 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 392 ff.; SAP AG (1996a), Abschnitt: Qualitätsmanagement; SAP AG(1994a), S. 10-1 ff.
128 Vgl. SAP AG (1996a), Abschnitt: CIQ-Aufgaben des Moduls QM.
Das R/3-System
113
gabenbereiche stellt das R/3-System die in Abb. 3-21 dargestellten Komponenten zur
Verfügung.
QM-PT
Prüfplanung
QM-IM
Prüfabwicklung
QM - Qualitätsmanagement
QM-QC
Qualitätslenkung
QM-CA
Qualitäts-zeugnisse
QM-QN
Qualitäts-meldungen
Abb. 3-21: Komponenten der Qualitätssicherung.
Die Grundlage für die Prüfplanung (QM-PT) bilden der Prüfplan und die Prüfmerkma-
le. Die Prüfmerkmale bestimmen, welche Sollwerte vorgegeben sind und welche Tole-
ranzwerte eingehalten werden müssen. Zusätzlich können Stichprobenmerkmale fest-
gehalten werden. Die Prüfmerkmale können anschliessend entweder Prüfplänen oder
Arbeitsplänen zugeordnet werden. In einem Prüfplan wird der Ablauf einer Prüfungs-
durchführung festgelegt. Einige wesentliche Grunddaten der Qualitätssicherung sind
auch im Materialstamm (Sicht - Qualitätsmanagement) zu finden. Es handelt sich dabei
vor allem um Beschaffungs- und Prüfdaten.
Diese Grunddaten bilden die Voraussetzung für die eigentliche Prüfabwicklung (QM-
IM). Diese unterstützt die Funktionen Prüfungsverwaltung und Qualitätsdatenerfassung.
Die Prüfungsverwaltung löst Prüfungen aus und steuert deren Ablauf und sorgt für eine
entsprechende Bewertung der Prüfergebnisse. Im Rahmen der Qualitätsdatenerfassung
werden die Daten der zu prüfenden Merkmale abgelegt. Als Abschluss des Prüfprozes-
ses erfolgt eine Bewertung der Prüfergebnisse und damit der Entscheid über die Ver-
wendung eines Teils.
Das R/3-System
114
Parallel zur Durchführung der Qualitätsprüfung können die Prüfkosten ermittelt werden.
Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, den während der Fertigung entstandenen Fehllei-
stungsaufwand zu bestimmen. Die Ermittlung dieser Kostenwerte bildet die Grundlage
für ein effizienteres Qualitätssicherungsmanagement (Qualitätslenkung QM-QC) und
trägt damit wesentlich zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit und zur Erhöhung der
Wettbewerbsfähigkeit bei.
Durch Qualitätszeugnisse (QM-CA) werden bestimmte Eigenschaften eines Produktes
oder die Einhaltung eines genau festgelegten Herstellungsprozesses ausgewiesen. Es
wird zwischen kundenspezifischen Qualitätszeugnissen und Zeugnissen für einen grös-
seren Kundenkreis (Allgemeine Zeugnisse) unterschieden. Die einzelnen Zeugnisse sind
in der Regel an eine Lieferposition gebunden und werden weitgehend automatisch er-
zeugt. In speziellen Fällen können Qualitätszeugnisse auch direkt für eine Charge oder
ein Prüflos ausgestellt werden.
Qualitätsmeldungen (QM-QN) stellen eine wichtige Funktion des Qualitätsicherungs-
managements dar. Durch Qualitätmeldungen können Daten zu Produkten oder
Dienstleistungen von ungenügender Qualität erfasst und ausgewertet werden. Darunter
fallen sowohl Kundenreklamationen als auch Mängelrügen an Lieferanten sowie be-
triebsinterne Problemmeldungen. QM-QN ist Teil des integrierten SAP-Meldesystems
und dadurch eng mit der Instandhaltung und dem Servicemanagement verbunden.
Ferner bietet das Qualitätsmanagementinformationssystem, welches Teil des Logistikin-
formationssystems (LO-LIS) ist, zusätzliche Auswertungsmöglichkeiten zu den Aktivitäten
der Qualitätssicherung. Diese Informationen tragen ebenfalls zur Qualitätslenkung bei.
Das R/3-System
115
3.3.4.6 PM - Instandhaltung (Plant Maintenance)129
Ähnlich wie das Qualitätsmanagement trägt auch die Instandhaltung (PM) zur Steige-
rung der Produktequalität und zur Verbesserung der Kundenserviceleistungen bei. Re-
gelmässig durchgeführte Instandhaltungsmassnahmen für die betrieblichen Anlagen re-
duzieren Stillstandszeiten und Fehlmengenkosten. Dies steigert die Kundenzufrieden-
heit und trägt damit indirekt zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei.
Das PM-Modul unterstützt den gesamten Bereich der Instandhaltung von der Planung
über die Abwicklung bis zur Abrechnung (vgl.
Abb. 3-22). Darunter fallen geplante (Wartungs- und Inspektionsarbeiten) und unge-
plante Instandhaltungsmassnahmen (Störungen). Hauptsächlich bezieht sich das In-
standhaltungsmanagement auf den Unterhalt eigner Anlagen. Daneben bietet eine spe-
zielle Service-Komponente (Service Management) die Möglichkeit der Abwicklung von
Wartungs- und Serviceleistungen für veräusserte Produkte und Anlagen. Über eine be-
sondere Schnittstelle kann zusätzlich das Service Support System eines Drittanbieters
angebunden werden. Durch dieses System werden Servicemitarbeiter via Notebook vor
Ort mit allen notwendigen Informationen versorgt.
PM-EQM
Anlagen-strukturierung
PM-PRM
Arbeits- undWartungspläne
PM-WOC
Instandhaltungs-auftragsabwicklung
PM - Instandhaltung
PM-SMA
Service-Management
Abb. 3-22: Komponenten der Instandhaltung.
129 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 414 ff.; SAP AG (1996a) Abschnitt: Instandhaltung; SAP AG (1996c).
Das R/3-System
116
Die Anlagenstrukturierung (PM-EQM) schafft die notwendige Transparenz über die
vorhandenen Anlagen. Dabei können die Anlagen nach folgenden Kriterien strukturiert
werden:
• nach funktionalen Kriterien (technische Plätze)
• nach objektbezogenen Kriterien (Equipmenthierarchien)
• nach technischen Gesichtspunkte (Klassifizierung)
• nach buchhalterischen Gesichtpunkten (in Sinne der Anlagenbuchhaltung).
Anhand dieser Strukturierungsmerkmale und durch zusätzliche graphische Darstel-
lungsmöglichkeiten lassen sich die vorhandenen Anlagenstrukturen übersichtlich ver-
walten. Ferner besteht durch eine Schnittstelle zum Dokumentenverwaltungssystem
(DVS) des R/3-Systems die Möglichkeit, die einzelnen Anlagen durch technische Skiz-
zen und Pläne visuell darzustellen.
Durch die Objektverbindung resp. die Objektvernetzung können die Abhängigkeiten
zwischen den einzelnen Anlagen erfasst werden. Dadurch ergeben sich bei komplexen
Anlagestrukturen (z.B. Chemische Industrie) im Störfall erhebliche Vorteile für die Feh-
lersuche (z.B. Auswirkungen von vorgelagerten Systemen). Gleichzeitig lassen sich die
Instandhaltungsmassnahmen besser planen, denn durch die Objektverbindung wird
klargestellt, welche vorgelagerten und nachgelagerten Systeme bei der Wartung einer
einzelnen Anlage betroffen sind.
Instandhaltungsstücklisten und -arbeitspläne bilden die Grundlage für Wartungsmass-
nahmen. Eine Instandhaltungstückliste beschreibt die Struktur eines technischen Objekts
und liefert gleichzeitig Informationen über die einzelnen Ersatzteile einer Anlage.
Instandhaltungsarbeitspläne (PM-PRM) halten die notwendigen Vorgehensschritte bei
der Wartung fest. Dadurch können stets wiederkehrende Aktivitäten standardisiert und
in einheitlicher Form für die Planung bereitgestellt werden.
Mit der Wartungsplanung wird das Ziel verfolgt, die Stillstandszeiten von Produktions-
anlagen möglichst zu reduzieren. Bei der Wartungsplanung müssen neben Kosten- und
Qualitätsaspekten auch externe Rahmenbedingungen (Wartungsvorschriften des Her-
Das R/3-System
117
stellers, rechtliche Vorschriften und Umweltschutzbestimmungen) in die Betrachtungen
einbezogen werden. Durch Auswahl einer Wartungsstrategie werden allgemeine Termi-
nierungsregeln festgelegt. In der Detailplanung wird anschliessend festgelegt, welche
technischen Objekte gewartet werden sollen und wie die Wartung zu erfolgen hat
(Zuordnung zu Instandhaltungsarbeitsplänen).
Durch eine Instandhaltungsmeldung wird der augenblickliche Zustand eines techni-
schen Objekts beschrieben. Darunter fallen insbesondere Störmeldungen und Tätig-
keitsmeldungen im Rahmen der Wartungsarbeiten und periodischen Überprüfungen
(z.B. Inspektionsbefund). Daneben können über sogenannte Instandhaltungsanforde-
rungen vor allem Ersatzinvestitionen ausgelöst werden, ohne dass eine eigentliche Stö-
rung zwingend vorliegen muss. Diese stellen in den meisten Fällen den Auslöser für die
Instandhaltungsauftragsabwicklung (PM-WOC) dar.
Instandhaltungsaufträge dienen zur Planung, Durchführung und Abrechnung von In-
standhaltungsarbeiten. Ausgelöst werden diese in der Regel durch eine Instandhal-
tungsmeldung. Bei der Planung von IH-Aufträgen wird der Termin, das genaue Vorge-
hen (Instandhaltungsarbeitsplan), die ausführenden Arbeitsplätze (auch Fremdvergabe
von Arbeiten), die benötigten Materialien und entsprechende Abrechnungsregeln fest-
gelegt. Während der Durchführung können Arbeitspapiere erstellt werden, Material
eingeplant und vom Lager entnommen und entsprechende Rückmeldungen verfasst
werden. Schlussendlich wird der IH-Auftrag abgerechnet und die entstandenen Kosten
ermittelt.
Ebenfalls im Rahmen der Instandhaltung können zu den einzelnen Anlagen verschiede-
ne Messwerte ermittelt und Zählerstände erfasst werden. Diese dienen zur Überwa-
chung des Anlagengebrauchs und stellen ein wichtiges Instrumentarium für die Planung
von Instandhaltungsmassnahmen dar.
Ebenfalls von grosser Bedeutung für die Instandhaltungsplanung ist die Historie der im
Zeitablauf über eine Anlage gesammelten Daten. Durch die Erfassung der sogenannten
Instandhaltungshistorie werden verschiedene Ziele verfolgt: Auf der einen Seite kann
einer allfällig vorhandenen Nachweispflicht über die Wartung der Anlagen nachge-
Das R/3-System
118
kommen werden und auf der anderen Seite bieten diese Informationen die Grundlage
sowohl für Ersatzinvestitionsentscheide als auch für die Wiederholungsplanung von
Wartungsarbeiten.
Für die Instandhaltung der Geräte und Anlagen von Kunden dient das Service-Manage-
ment (PM-SMA). Diese Anwendung unterstützt die Bearbeitung von Servicemeldungen,
die Abwicklung von Serviceaufträgen und deren Abrechnung resp. Fakturierung. Die
Servicedienstleistungen können auch losgelöst von einem gelieferten Produkt abgewik-
kelt werden. Damit wird dem allgemeinen Trend zum Outsourcing von Servicedienstlei-
stungen Rechnung getragen.
Grundlage für die Abwicklung von Service-Leistungen bilden die zu den einzelnen Ser-
vice-Objekten erfassten Daten. Der Verschiedenheit der einzelnen Service-Objekte
(z.B. Kopiergeräte, Eisenbahnlokomotiven oder Kraftwerke) wird durch unterschiedliche
Erfassungsmöglichkeiten der Stammdaten Rechnung getragen. Dabei können diese
entweder als Material, als Equipment oder als technischer Platz erfasst werden. Durch
die Erfassung von Stücklisten kann die Struktur eines Service-Objekts dargestellt wer-
den. Die Einzelstücke von gleichartigen Materialien können über eine entsprechende
Seriennummernverwaltung unterschieden werden. Bei der eigentlichen Abwicklung der
Servicedienstleistungen stellt das R/3-System folgende Funktionen zur Verfügung:
• Garantieverwaltung
• Meldungsverarbeitung (Erfassung, Bearbeitung, Überwachung und Abschluss)
• Fakturierung des Serviceauftrags.
In der Garantieverwaltung wird zuerst die Garantieart (Herstellergarantie, Lieferanten-
garantie oder Kundengarantie) und die detaillierte Ausprägung der Gewährleistung (z.B.
Dauer, Umfang und Einschränkungen) festgelegt. Beim Eintreffen einer Kundenservice-
meldung wird die Meldungsverarbeitung angestossen. Bei der Meldungserfassung wer-
den die Objekt- und Partnerdaten, die Problembeschreibung sowie die Dringlichkeit
resp. die Ausführungstermine aufgenommen. Im Rahmen der Meldungsverarbeitung
erfolgt eine Zuweisung der Meldung zu einer entsprechenden Massnahme (Technische
Rückmeldung, Einsatz eines Technikers, Versand eines Ersatzteils) und durch den Mel-
Das R/3-System
119
dungsabschluss wird die entsprechende Massnahme ausgelöst. Die allfällige Fakturie-
rung eines Serviceauftrags wird durch eine Fakturaanforderung vorgemerkt. Während
der Bearbeitung des Serviceauftrags werden sämtliche Massnahmen durch Rückmel-
dungen dokumentiert und alle Kosten zum entsprechenden Objekt gesammelt. Anhand
dieser Informationen wird am Ende der Abwicklung eine detaillierte Rechnung erstellt.
Die im Rahmen von Instandhaltungsmassnahmen und Serviceleistungen erfassten Daten
können über das Instandhaltungsinformationssystem ausgewertetet werden. Dadurch
lassen sich die getroffenen Massnahmen besser überwachen und die entsprechenden
Leistungen können stetig optimiert werden. Durch die Verbesserung der Instandhal-
tungsmassnahmen und Serviceleistungen wird ein wesentlicher Beitrag sowohl zur Er-
höhung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen als auch zur Kundenzufrie-
denheit geleistet.
3.3.4.7 PS - Projektsystem130
Das Projektsystem (PS) ist Bestandteil des Logistiksystems und bezweckt die Unterstüt-
zung der Projektdurchführung. Projekte weichen von Alltagsaufgaben ab und besitzen
ganz besondere Merkmale131:
• Klare Abgrenzung der Thematik: Zielvorgaben, Rahmenbedingungen
• Einzigartigkeit
• Zeitliche Begrenzung: Klar definierter Anfang und Ende (Termindruck)
• Neuartigkeit
• Komplexität
• Hohes Risiko: Technisch, wirtschaftlich, terminlich
• Kosten- und kapazitätsintensiv
• Hohe Qualitätsanforderungen
• Strategische Bedeutung: Grosse Bedeutung für die betroffene Unternehmung
130 Vgl. dazu SAP AG (1996a), Abschnitt: PS-Projektsystem; SAP AG (1994b).131 Vgl. Litke (1995), S. 17.
Das R/3-System
120
Die Verschiedenheit der oben genannten Merkmale verdeutlicht die Komplexität der
Problemsituation. Projektmanagement ist eine sehr vielseitige Tätigkeit und kann nur
durch ein äusserst flexibles System angemessen unterstützt werden. Das PS-Modul des
R/3-Systems versucht diesen Anforderungen durch branchenneutrale Einsetzbarkeit und
Integration zu anderen R/3-Modulen (FI, CO, SD, MM, PP) gerecht zu werden und un-
terstützt z.B. folgende Projektarten:
• Forschungs- und Einzelprojekte
• Kundeneinzelfertigung
• Investitionsvorhaben
• EDV-Projekte.
Zur Unterstützung der Projektabwicklung in den oben genannten Bereichen stellt das
PS-Modul die in Abb. 3-23 dargestellten Komponenten zur Verfügung.
PS-OPS
Projekt-strukturierung
PS-PLN
Projektplanung
PS - Projektsystem
PS-APP
Projekt-budgetierung
PS-EXE
Projektrealisierung
PS-IS
Projektinfor-mationssystem
Abb. 3-23: Komponenten des Projektsystems.
Grundvoraussetzung für ein Projekt sind präzis formulierte Zielsetzungen. Daneben
spielt die klare Projektstrukturierung eine massgebende Rolle für den Projekterfolg. In
diesem Zusammenhang ist insbesondere eine zweckmässige Ausbau- und Ablauforgani-
sation wichtig. Zu den zentralen Projektstrukturen des PS-Moduls gehören:
Das R/3-System
121
• Projektstrukturpläne (Aufbauorganisation)
• Netzpläne (Ablauforganisation).
Durch Projektstrukturpläne (PSP) wird die Aufbauorganisation eines Projektes be-
schrieben. Diese sind für die Organisation und Steuerung eines Projektes von zentraler
Bedeutung. Die Ausprägung der hierarchischen Gliederung wird durch die vorgesehe-
nen Aufgaben und durch die beteiligten Personen bestimmt.
Die Ablaufplanung wird anhand von Netzplänen festgelegt. Diese legen den zeitlichen
Ablauf und die vorgesehenen Tätigkeiten mit deren Abhängigkeiten fest. Die einzelnen
Aktivitäten sollten dabei klar abgegrenzten Phasen zugeordnet sein. Grob betrachtet
gliedert sich ein Projekt in die folgenden Phasen:
• Initialisierung (Idee, Zielsetzungen)
• Planung
• Durchführung
• Abschluss.
Auf der Basis einer neuen Idee oder aufgrund eines existierenden Problems erfolgt die
Inititalisierung eines neuen Projektes. Darauf aufbauend werden Zielsetzungen und
die existierenden Rahmenbedingungen formuliert.
Im Anschluss an die Initialisierungsphase findet die Projektplanung (PS-PLN) statt. Die-
se kann in eine Grob- und eine Detailplanung unterteilt sein. Bei der Planung erfolgt die
Festlegung der Aufbauorganisation und der Ecktermine im Rahmen der Projektdefiniti-
on. Anhand der PSP-Elemente werden die Aufgaben und Teilaufgaben beschrieben.
Diesen PSP-Elementen werden anschliessend konkrete Termine und Kosten zugeord-
net. Netzpläne legen den Ablauf einzelner Aktivitäten inkl. Zuordnung der Ressourcen
(Arbeitskräfte, Materialien, Hilfsmittel und Dienstleistungen) fest. Der Netzplan muss
ebenfalls einem PSP-Element zugeordnet werden.
Nach der Planungsphase erfolgt die Genehmigung des Projekts. Diese gibt den Start-
schuss für die eigentliche Projektrealisierung (PS-EXE). Vor der Umsetzung des Projekts
werden die Plankosten als Budgetwerte in die PSP-Elemente übernommen. Diese bil-
Das R/3-System
122
den die Grundlage für die Projektbudgetierung (PS-APP) (Kosten- und Finanzmittel-
budgetüberwachung). Während der Durchführung konzentrieren sich die Aktivitäten
des Projektmanagements vor allem auf die Überwachung des Projekts. Diese wird
grundsätzlich anhand der erfassten und ausgewerteten Rückmeldungen vorgenommen.
Das Projektmanagement-System überprüft laufend die Verfügbarkeit der für das Projekt
benötigten Ressourcen (Finanzielle Mittel, Arbeitskräfte, Material und Fertigungshilfs-
mittel) und stellt diese im Rahmen der Fortschrittsanalyse den erbrachten Leistungen
gegenüber.
Nach der Realisierung erfolgt mit der Abrechnung des Projektes der Projektabschluss.
Dabei werden alle angefallenen Kosten ermittelt und das veranschlagte Budget durch
Gegenbuchungen entlastet. Die Verteilung der Kosten wird anhand von festgelegten
Abrechnungsvorschriften (Aufteilungsregeln) vorgenommen und auf der Basis des Ab-
rechnungsschemas abgewickelt. Die Kosten werden dabei den in den Aufteilungsregeln
festgelegten Empfängern (Kostenstelle, Projekt, Anlage, Sachkonto, Ergebnisobjekt) zu-
gewiesen und für das Informationssystem verfügbar gemacht. Das PS-Informations-
system (PS-IS) unterstützt durch gezielte Auswertung der gesammelten Daten die
Überwachung und Steuerung von Projekten. Dabei werden folgende Informationen zur
Verfügung gestellt:
• Budget
• Kosten
• Finanzen
• Termine
• Ressourcen
• Fortschrittsanalyse.
Das PS-Informationssystem ist in die Bereiche Strukturen/Termine und Erlöse/Kosten/Fi-
nanzen gegliedert. Durch den Bereich Strukturen/Termine werden anhand der Selekti-
on der Einzelobjekte (PSP-Elemente, Netzpläne etc.) deren Abhängigkeiten und hierar-
chische Beziehung dargestellt. Gleichzeitig erfolgt eine Ermittlung des aktuellen Status
Das R/3-System
123
der Einzelobjekte. Im Bereich Erlöse/Kosten/Finanzen kann entweder ein einzelnes
Projekt nach verschiedenen Kriterien (Strukturberichte, Kostenartenberichte, Einzelpo-
stenverdichtung) ausgewertet werden oder die verfügbaren Daten mehrerer gleicharti-
ger Projekte können in verdichteter Form dargestellt werden. Die für die Projektüber-
wachung notwendigen Information sind damit verfügbar, und die laufenden Projekte
lassen sich dadurch besser steuern.
3.3.5 Personal
Die Personalwirtschaftsmodule132 des R/3-Systems decken die Bereiche des betriebli-
chen Personalwesens breit ab. Dabei werden sowohl die gesetzlichen Anforderungen
der jeweiligen Länder als auch allgemeinwirtschaftliche Tendenzen wie der technische
Wandel und der damit verbundene steigende Bedarf an Fachkräften berücksichtigt. Au-
sserdem orientiert sich das System an den geltenden Datenschutz- und Datensiche-
rungsbestimmungen und trägt den generell steigenden Anforderungen der Arbeitneh-
mer nach mehr Humanität am Arbeitsplatz Rechnung. Das Personalwesen ist in die
Module Personaladministration- und -abrechnung (PA) und Personalplanung und
-entwicklung (PD) unterteilt.
PA unterstützt sowohl den Personaladministrations- und -beschaffungprozess als auch
den ganzen Personalabrechnungsprozess (Zeitwirtschaft, Leistungslohn, Reisekosten
etc.). Die eigentliche Personalabrechnung ist stark auf die gesetzlichen Vorschriften des
jeweiligen Landes ausgerichtet. Das Schwergewicht dieser Aktivität liegt in der Berech-
nung des Entgelts pro Mitarbeiter und Periode unter Berücksichtigung der erfassten Ar-
beitszeiten und der vorgegebenen Leistungskomponenten.
PD umfasst die Bereiche Organisationsmanagment (Aufbauorganisation, Stellenbe-
schreibungen) und Veranstaltungsmanagement (Personalentwicklungsmassnahmen so-
wie Administration und Abrechnung von Veranstaltungen).
132 Vgl. dazu Wenzel (1995a), S. 531 ff.; SAP AG (1996a), Abschnitt: Personalplanung und -entwicklungsowie Personaladministration und Abrechnung; SAP AG (1993c).
Das R/3-System
124
3.3.5.1 PA - Personaladministration und - abrechnung
Im Bereich der Personaladministration und -abrechnung wird ein Unternehmen mit
unzähligen gesetzlichen Vorschriften (z.B. Sozialversicherungsgesetzgebung oder Daten-
schutzvorschriften) konfrontiert. Diese können sowohl innerhalb eines Landes als auch
zwischen verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich sein. Zusätzlich ist die Nachfrage
und das Angebot am Arbeitsmarkt durch allgemeinwirtschaftliche Veränderungen (z.B.
der technische Wandel und die damit verbundene erhöhte Nachfrage nach Fachkräf-
ten) grossen Schwankungen unterworfen. Flexibilität und Internationalität sind demzu-
folge unausweichliche Erfordernisse für ein konzernweit einsetzbares Informationssy-
stem im Bereich des Personalwesens. Im R/3-System werden diese Grundanforderun-
gen vorwiegend durch das Modul Personaladministration und -abrechnung (PA) ab-
gedeckt. Dieses besteht aus den in Abb. 3-24 dargestellten Einzelkomponenten.
PA-PAD
Personal-administration
PA-APP
Personal-beschaffung
PA-INW
Leistungslohn
PA - Personaladministration und -abrechnung
PA-TIM
Personal-zeitwirtschaft
PA-TRV
Reisekosten
PA-PAY
Personal-abrechnung
Abb. 3-24: Komponenten der Personaladministration und -abrechnung.
Die Personaladministration (PA-PAD) umfasst primär die Erfassung, Verwaltung und
Auswertung der mitarbeiterspezifischen Daten (Personalstammdatenverwaltung). Dabei
können die organisatorischen Verknüpfungen der Mitarbeiter abgebildet werden. Im
Rahmen der Personaldatenerfassung erfolgt parallel dazu die hierarchische Einordnung
des Mitarbeiters. Dieser wird zu einer für ihn geltenden Zeit-, Tarif- und Lohnarten-
struktur zugeordnet. Durch sogenannte Personalmassnahmen wird sichergestellt, dass
Das R/3-System
125
für einen Personalvorgang (z.B. Einstellung, Beförderung oder Kündigung eines Mitar-
beiters) sämtliche notwendigen Daten (Infotypen) erfasst werden und gleichzeitig eine
Historie der Bewegungen geführt wird. Durch die Zuweisung eines Infotyps zu einem
bestimmten Gültigkeitszeitraum wird sichergestellt, dass die Vergangenheitsdaten vor-
handen bleiben und sich für jeden Zeitpunkt in der Vergangenheit können die gültigen
Daten ermitteln lassen. Darüber hinaus können die Personaldaten durch umfangreiche
Reportingmöglichkeiten bedürfnisgerecht ausgewertet werden. Ein Berichtsbaum fasst
die wichtigsten Reports zusammen.
Die Personalbeschaffung (PA-APP) besteht aus den Funktionen Ermittlung des Perso-
nalbedarfs, Personalwerbung sowie Verwaltung und Auswahl der Bewerber. Die Be-
stimmung des Personalbedarfs erfolgt entweder durch die manuelle Erfassung von Va-
kanzen oder anhand der aus der Personalplanung resultierenden und gleichzeitig als
"vakant" bezeichneten Planstellen.
In der Personalwerbung erfolgt die Verwaltung der Stellenausschreibungen (Medium,
Ausschreibungstext etc.) und die Zuordnung der Bewerber zu einer konkreten Aus-
schreibung. Gleichzeitig generiert das System einen Vorschlag für eine mögliche Vakan-
zenzuordnung. Diese kann gegebenenfalls noch geändert werden. Eine allfällige Zuwei-
sung von Spontanbewerbern zu Vakanzen muss manuell erfolgen. Anhand der Ver-
knüpfung zwischen Ausschreibung und Bewerber kann die Effektivität der verwendeten
Medien und anderen Personalbeschaffungsinstrumente beurteilt werden.
Durch die Personalzeitwirtschaft (PA-TIM) werden die An- und Abwesenheitszeiten
der Mitarbeiter erfasst und anderen R/3-Komponenten (Lohn- und Gehaltsabrechnung,
Verrechnung von Arbeitsleistungen in CO etc.) in ausgewerteter Form zur Verfügung
gestellt. Dabei werden verschiedene Arbeitszeitmodelle (z.B. Gleitzeit oder Schichtbe-
trieb) und viele Sonderformen (z.B. Bereitschaftszeiten, Dienstreisen oder Sonn- und
Feiertagsarbeit) für die Abrechnung der Leistungen unterstützt. Eine der wichtigsten
Funktionen der Zeitwirtschaft stellt die Auswertung der Zeitdaten dar. Diese erfolgt an-
hand der Erfassung von unternehmensspezifischen Regeln im Customizing.
Das R/3-System
126
Die Komponente Leistungslohn (PA-INW) dient zur Verarbeitung von Akkord-, Prämi-
en- und Zeitlöhnen. Die Leistungslohndaten werden anhand von Lohnscheinen manu-
ell erfasst und können Einzelpersonen oder Personengruppen zugewiesen werden. Zu-
sätzlich können die Leistungsdaten über spezifische Schnittstellen zu den Logistikmo-
dulen PP, PM und PS automatisch aus den dort vorhandenen Rückmeldungen über-
nommen werden. Gleichzeitig mit der Erfassung werden die Lohnscheine perio-
denweise kumuliert, so dass z.B. der Stundensaldo jederzeit aufgerufen werden kann.
Die erfassten Lohnscheine stellen die Grundlage für die Lohn- und Gehaltsabrechnung
dar.
Eine weitere Komponente des HR-Systems deckt die Erfassung und Auswertung der
Reisekosten (PA-TRV) ab. Die Reisedaten können entweder zentral oder dezentral
(durch den Mitarbeiter) erfasst werden. Das System unterstützt verschiedene Erfassungs-
arten (Einzelerfassung, Schnellerfassung, Belegerfassung), welche auf die unterschiedli-
chen Reisetypen (Inland oder Auslandreise, ein- oder mehrtägige Reise) ausgerichtet
sind. In der Regel muss eine Genehmigung für eine Reise vorliegen. Dieses Genehmi-
gungsverfahren wird durch eine entsprechende Funktion unterstützt. Für absolvierte
Reisen mit dem Status "genehmigt" kann anschliessend die Abrechnung und Auswertung
der Reisedaten durchgeführt werden. Diese erfolgt nach den länderspezifischen Vor-
schriften. Zur Auszahlung der Spesenentschädigung werden die Daten entweder an die
Finanzbuchhaltung (FI) oder an die Lohn- und Gehaltsabrechnung (HR-PA) weiterge-
leitet. Sämtliche Daten können nach Abschluss der Abrechnung optisch archiviert wer-
den.
Die eigentliche Personalabrechnung (PA-PAY) ist stark auf die gesetzlichen Vorschriften
den jeweiligen Landes ausgerichtet. Das Schwergewicht dieser Aktivität liegt in der Be-
rechnung des Entgelts pro Mitarbeiter und Periode. Die Abrechnung basiert auf dem
Bruttogehalt, welches sich aus einer oder mehreren Lohn- und Gehaltsarten zusammen-
setzt. Von diesem Bruttogehalt werden allfällige Steuern und Sozialversicherungsbeiträ-
ge abgezogen. Das daraus resultierende Nettogehalt stellt das Entgelt dar, welches dem
Arbeitnehmer pro Periode ausbezahlt wird. Die Berechnung des Nettogehalts kann in
Das R/3-System
127
einem Abrechnungslauf simuliert werden. Beim Feststellen von fehlerhaften Stammda-
ten (z.B. unrichtig erfasste Lohnarten) können diese noch korrigiert werden (Rück-
rechnung). Danach erfolgt der definitive Abrechnungslauf. Damit ist die Lohn- und Ge-
haltsabrechnung für eine Periode abgeschlossen, und es können die notwendigen Ent-
geltsnachweise (Lohn- und Gehaltsabrechnungsbelege) ausgedruckt sowie die Zah-
lungsanweisungen vorbereitet werden. Zur Überweisung der Zahlungen stehen ver-
schiedene Verfahren zur Auswahl. Entweder kann ein Überweisungsträger für den Da-
tenaustausch mit der Bank erstellt werden (DTA-Verfahren) oder die notwendigen
Überweisungformulare können ausgedruckt und in Papierform übersandt werden. Nach
der Lohn- und Gehaltsüberweisung erfolgt die Auswertung der Abrechnungsergebnisse.
Im Rahmen dieser Aktivität werden Auswertungsdaten (kumulierte Werte) für die Ab-
rechnung der verschiedenen Sozialversicherungen und für die Weiterleitung der Lohn-
abrechnungsdaten an FI und CO erzeugt. Mit der Zuführung der buchungsrelevanten
Informationen ist die Personalabrechnung abgeschlossen.
3.3.5.2 PD - Personalplanung und -entwicklung
Der zweite Hauptbereich der Personalwirtschaft konzentriert sich auf die Personalpla-
nung und -entwicklung. Dieser umfasst die in Abb. 3-25 dargestellten Hauptanwen-
dungsbereiche.
PD - Personalplanung und -entwicklung
Qualitäts-zeugnisse
Qualitäts-meldungen
PD-OM
Organisations-management
PD-SCM
Veranstaltungs-management
Abb. 3-25: Komponenten der Personalplanung und -entwicklung.
Im Rahmen des Organisationsmanagements (PD-OM) wird die Aufbauorganisation
eines Unternehmens beschrieben. Da sich diese im Zeitablauf ändert, muss eine ent-
Das R/3-System
128
sprechende Historie geführt werden, damit für jeden Zeitpunkt in der Vergangenheit, in
der Gegenwart oder in der Zukunft die jeweils gültige Aufbauorganisation bestimmt
werden kann. Zusätzlich zur Historienführung können verschiedene Planvarianten der
Aufbauorganisation verwaltet werden. Die aktuell gültige Organisationsstruktur stellt
dabei die jeweils aktive Planvariante dar. Die Darstellung der Aufbauorganisation erfolgt
durch Objekte (Grundinformationselemente). Darunter fallen z.B. Organisationseinhei-
ten, Stellen, Planstellen, Arbeitsplätze und Aufgaben. Zu den jeweiligen Objekten kann
ein Status (aktiv, geplant etc.) und ein Gültigkeitszeitraum zugeordnet werden. Die ein-
zelnen Objekte können nun zur Beschreibung der Aufbauorganisation herangezogen
werden. Es werden folgende Strukturierungsmöglichkeiten unterschieden:
• Organisationsstruktur
• Organigramm oder Matrixorganisation
• Stellenplan
• Arbeitsplatzkatalog
• Aufgabenkatalog.
Die Struktur entsteht durch Darstellung der Abhängigkeiten mittels Verknüpfung der
Einzelobjekte. Auf diese Weise wird z.B. ein Arbeitsplatz oder eine Planstelle zu einer
Organisationseinheit oder eine Aufgabe zu einer Stelle zugeordnet. Parallel zur Be-
schreibung der Aufbauorganisation können über Tätigkeitsprofile und zugehörigen Akti-
vitäten die notwendigen Berechtigungen eines R/3-Anwenders festgelegt werden. Zur
übersichtlichen Darstellung und Bearbeitung der Aufbauorganisation dient die Struktur-
grafik, durch welche die Verknüpfungen der Einzelobjekte dargestellt und verschoben
werden können. Daneben können weiterführende Auswertungen mit dem Personalin-
formationssystem durchgeführt werden.
Das Veranstaltungsmanagement (PD-SCM) dient zur Planung, administrativen Durch-
führung und Abrechnung von Veranstaltungen. Unter Veranstaltungen sind sowohl Aus-
und Weiterbildungsveranstaltungen als auch Veranstaltungen zur Förderung des Infor-
mationsaustausches zu verstehen. Teilnehmer dieser Veranstaltungen können entweder
die eigenen Mitarbeiter oder Personen (Bewerber, Mitarbeiter eines Geschäftspartners
Das R/3-System
129
oder einer gänzlich fremden Firma) sein. Im Rahmen der Vorbereitung und Durchfüh-
rung einer Veranstaltung unterstützt das System folgende Tätigkeiten:
• Anlegen und Planen von Veranstaltungen (Veranstalter, Ort, Ablauf etc.)
• Bestimmung der Veranstaltungskosten und Ermitteln eines Preisvorschlags
• Vormerken und Buchen von Teilnahmen
• Umbuchung und Stornierung von Teilnahmen
• Fixieren oder Absagen einer Veranstaltung
• Abrechnung oder Verrechnung einer Veranstaltung.
Durch das Organisationsmanagement werden die Voraussetzungen für die Personal-
planung, d.h. für die Ermittlung des Personalbedarfs geschaffen. Das Veranstaltungs-
management dient primär zur Unterstützung der Veranstaltungsabwicklung. Gleichzei-
tig können Ausbildungsbedürfnisse der eigenen Mitarbeiter erfasst und bei der Planung
von Ausbildungskursen berücksichtigt werden. Ausserdem besteht die Möglichkeit
durch Auswertung der besuchten Veranstaltungen eine Kontrolle über den Ausbildungs-
stand der eigenen Mitarbeiter zu führen. Dadurch sind auch die Belange der Persona-
lentwicklung abgedeckt.
Das R/3-System
130
3.3.6 CA - Anwendungsübergreifende Funktionen
3.3.6.1 WF - Workflow
Während sich SAP Business Workflow auf die Verkettung von Vorgängen konzentriert,
unterstützen die in diesem Abschnitt diskutierten Werkzeuge vor allem den dokumen-
tenbasierten Workflow, d.h. die Automatisierung und Beschleunigung des Dokumen-
tenflusses. Dieses Bestreben wird durch folgende Funktionen unterstützt
• SAPoffice Grundfunktionen
• Die IDoc-Schnittstelle für den elektronischen Datenaustausch (EDI)
• SAP ArchiveLink
• Nachrichtensteuerung.
SAPoffice ist ein elektronisches Mail- und Ablagesystem für das Versenden, Empfangen
und Verwalten von Informationen. Diese Informationen können entweder innerhalb des
Systems (an andere Benutzer) oder über entsprechende Kommunikationsschnittstellen
(X.400, X.500 und Internet) auch ausserhalb verschickt werden. Der Kern des Email-
Systems stellt der elektronische Eingangskorb (Universal Inbox) dar. Neben normalen
Textdokumenten (SAPoffice-Dokumente) kann der Eingangskorb in einer Worklist auch
spezielle Workflow-Objekte (Workitems) verwalten (vgl. SAP Business Workflow). Dar-
unter fallen z.B. zu erledigende Tätigkeiten. Für diese Objekte existieren zusätzliche
Möglichkeiten für die Steuerung der Workflow-Prozesse (vgl. Nachrichtensteuerung).
Durch ein mit dem Email-System verbundenes Ablagesystem lassen sich die empfange-
nen und versendeten Dokumente in Mappen verwalten. Dabei wird zwischen persönli-
chen und allgemeinen Ablagen unterschieden. Letztere ermöglichen den gemeinsamen
Zugriff der Mitglieder einer Arbeitsgruppe auf die für die Arbeit relevanten Dokumente.
Über Verteilerlisten kann ein vorher definierter Personenkreis angesprochen werden
und zu erledigende Arbeiten können dadurch weitergeleitet und deren Erledigung
überwacht werden. Zur Bearbeitung der Dokumente können neben den im R/3-System
vorhandenen Werkzeugen auch systemfremde Applikationen (z.B. Word oder Excel)
eingesetzt werden.
Das R/3-System
131
Für den elektronischen Datenaustausch (EDI) ist im R/3-System die sogenannte IDoc-
Schnittstelle (IDoc=Intermediate Document) vorgesehen. Diese Schnittstelle konver-
tiert für den elektronischen Datenaustausch genormte Dokumente gemäss den gängig-
sten EDI-Standards und ermöglicht damit den koordinierten Datenaustausch (inkl. Ein-
gangs- und Ausgangsbearbeitung) mit verschiedenen Geschäftspartnern. Neben der her-
kömmliche Papierschnittstelle und der integrierten Fax-Übermittlung bildet die EDI-
Schnittstelle ein wertvolles Instrument zur raschen Übermittlung von Dokumenten.
In Ergänzung zu den übrigen Komponenten bietet SAP-ArchiveLink die Möglichkeit,
Dokumente in einem angekoppelten optisches Archivierungssystem abzulegen. Archi-
veLink übernimmt im wesentlichen die Funktion einer Schnittstelle zwischen R/3 und
Archivierungssystemen von Fremdanbietern. Dabei wird sowohl der Austausch von ma-
schinell bearbeitbaren Dokumenten (Coded Information) als auch von eingehenden
Originalbelegen unterstützt. Letztere müssen eingescannt werden und können nur in
Form von Rasterbildern (Non Coded Information) abgelegt werden. Die Zuordnung der
archiverten Dokumente zu den entsprechenden R/3-Funktionen ist über Verknüp-
fungstabellen festgelegt. Dadurch können ein- und ausgehende Dokumente zugeordnet
und jederzeit aufgerufen werden. Die Kommunikation mit dem Archivserver erfolgt via
Remote Function Call (RFC). Zusätzlich ermöglicht ArchiveLink die Anbindung von Do-
kument-Viewern und Scan-Softwareprodukten über Industriestandardschnittstellen
(OLE und AppleScript). Durch die direkte Verknüpfung der Geschäftsprozesse mit den
zugehörigen Originaldokumenten sind jederzeit alle notwendigen Informationen rasch
verfügbar und einzelne Arbeitsschritte können dadurch erheblich vereinfacht und be-
schleunigt werden.
Die Nachrichtensteuerung dient zum automatisierten Austausch von Informationen
zwischen verschiedenen Partnern. Zusätzlich kann beim Eintreffen einer Information
eine Folgeverarbeitung angestossen werden. Die Steuerung erfolgt durch Regeln, wel-
che über Tabellen verwaltet und den entsprechenden Geschäftsprozessen zugeordnet
Das R/3-System
132
werden. Zur Ausformulierung der Regeln kann die Programmiersprache ABAP/4133 ver-
wendet werden. Damit lassen sich bei Bedarf auch sehr komplexe Regeln abbilden.
Beim Eintreffen einer Nachricht (z.B. Auftragserteilung eines Kunden) werden durch das
Regelwerk Nachrichtenvorschläge (z.B. Auftragsbestätigung) erzeugt. Diese können an-
schliessend über ein Verarbeitungsprogramm (Druck, Fax, Mail, EDI, CPI-C oder Work-
flow-Ereignis) an den entsprechenden Adressaten weitergeleitet werden. Durch diese
Steuerungsmöglichkeit des Informationsflusses können Geschäftsprozesse besser inte-
griert werden und einzelne Bearbeitungsschritte schneller und zuverlässiger abgewickelt
werden.
3.3.6.2 Weitere anwendungsübergreifende Funktionen
Neben den bereits dargestellten anwendungsübergreifenden Werkzeugen (Cross Appli-
cations) runden weitere Teilkomponenten die Funktionalität des R/3-Systems ab. Zu
den wichtigsten Funktionen dieser Kategorie gehören folgende Anwendungsbereiche:
• Klassifizierungssystem
• Dokumentenverwaltungssystem
• Dokumentationswerkzeuge
• CAD-Integration
• ALE-Konzept
• BAPIs
• Schnittstellen zu Fremdsystemen.
133 ABAP/4 (Advanced Business Application Programming der 4. Generation) bezeichnet die Program-miersprache, mit welcher Erweiterungen zum R/3-System geschrieben werden können.
Das R/3-System
133
Das Klassifizierungssystem in R/3 hat die Aufgabe, beliebigen Objekten Merkmale zu-
zuordnen und diese dadurch in Gruppen zusammenzufassen. Diese Klassifizierung be-
zweckt vor allem das rasche Auffinden einzelner Objekte, indem bei einer Suche glei-
che oder ähnliche Objekte aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Klasse zusätzlich auf-
geführt werden und damit das gesuchte Objekt möglichst schnell aufgefunden wird.
Die hohen Anforderungen an die Qualität und der steigende Komplexitätsgrad der her-
gestellten Produkte erfordern auch eine zuverlässige Verwaltung der für die Herstellung
und den Verkauf benötigten Dokumente. Dieser Anspruch wird von R/3 durch ein inte-
griertes Dokumentenverwaltungssystem (DVS) gerecht. Dieses erlaubt dem Anwender
wichtige Dokumente unternehmensweit bereitzustellen und mit anderen R/3-Objekten
(z.B. Materialstammsatz oder Fertigungshilfmittel) zur verknüpfen. Zudem unterstützt
das DVS den Herstellungsprozess und die Freigabe einzelner Dokumente oder ganzer
Dokumenthierarchien (Dokumentenstückliste). Durch die Integration des DVS mit an-
deren Anwendungsbereichen des R/3-Systems (z.B. ArchiveLink, Klassifizierungssystem,
SAP Business Workflow oder Änderungsdienst) hat jeder Anwender schnellen Zugriff
auf die aktuell gültigen Dokumente und redundante und inkonsistente Datenbestände
können dadurch verhindert werden.
Durch verschiedene Dokumentationswerkzeuge können die im R/3-System vorhande-
nen Dokumentationen an unternehmensspezifische Bedürfnisse angepasst und erweitert
werden. Die Online-Dokumentation des R/3-Systems, welche mit der F1-Taste aufge-
rufen werden kann, lässt sich in der Dokumentationsdatenbank beliebig ändern oder
erweitern. Bei Erweiterung der SAP-eigenen Dokumentation bleiben kundeneigene Er-
weiterungen nach einem Release-Wechsel erhalten. Erfolgt hingegen eine Änderung der
SAP-Original-Dokumentation, dann gehen alle Änderungen nach einem Release-
Wechsel verloren. Die Dokumentationstexte können dabei in allen unterstützten Spra-
chen gepflegt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht durch Anlage von eigenen On-
line-Dokumentationen. Diese haben eine hypertextähnliche Struktur (analog dem Ein-
führungsleitfaden). Grundsätzlich ist eine solche Dokumentation hierarchisch gegliedert
und bietet zusätzlich die Möglichkeit, an Knoten Verknüpfungen zu anderen Textstellen
Das R/3-System
134
zu definieren. Durch diese Werkzeuge kann die Abwicklung der eigenen Geschäftspro-
zesse für den Anwender im System dokumentiert werden. Gleichzeitig können eigene
Dokumentationen z.B. Vorgehensmodelle für das Projektmanagement im R/3-System
abgebildet werden.
Die CAD-Schnittstelle (CAD = Computer Aided Design) stellt keine Besonderheit,
sondern eher eine unabdingbare Notwendigkeit für ein integriertes System dar. Die
Möglichkeit der Integration von CAD-Anwendungen in das R/3-System wird durch eine
logische Verbindung zwischen betriebswirtschaftlichen und technischen Standardan-
wendungen hergestellt. Beide Bereiche können davon profitieren. Der Konstrukteur
kann beispielsweise auf Datenbestände im PPS-System zugreifen und diese Erkenntnisse
für seine Arbeit nutzen. Auf der Gegenseite können Entwicklungen durch eine zentrale
Datenhaltung überwacht und Parallelentwicklungen verhindert werden. Durch den ge-
genseitigen Datenaustausch lassen sich Datenredundanzen und -inkonsistenzen ver-
meiden. Neben der Konstruktion lässt sich die CAD-Schnittstelle auch für die Integration
von geographischen Informationssystemen (GIS), z.B. für die Abbildung von Leitungs-
netzen in der Versorgungswirtschaft verwenden.
Hinter dem ALE-Konzept verbirgt sich die Möglichkeit, allgemeine Entwicklungstenden-
zen der letzten Jahre im betriebswirtschaftlichen Umfeld, wie z.B. Lean Production oder
Dezentralisierung, beim Wandel eines Unternehmens voll zum Tragen zu bringen. ALE
(Application Link Enabling) schafft die Voraussetzung für die Koppelung verschiedener
Systeme über die Anwendungsgrenzen hinweg (vgl. Abb. 3-26).
Das R/3-System
135
R/33.X
R/2
NonSAP
R/33.X synchron / asynchron
RFCIDOCS
ALE-Szenarien
MM
PP
SD-SHP
SD-ORD
CO
FI
Abb. 3-26: ALE-Szenarien.
Durch den mit der ALE-Schnittstelle möglich gewordenen kontrollierten Datenaustausch
zwischen eigenständigen Systemen, kann eine konsistente Datenhaltung gewährleistet
werden. Die vielfach notwendige geographische Verteilung oder die Verselbständigung
einzelner Unternehmensbereiche (z.B. Produktion in einem Billiglohnland und Vertrieb
sowie Forschung & Entwicklung in einem High-Tech-Land) lässt sich dadurch ohne Rei-
bungsverluste für die eingesetzten Informationssysteme realisieren. Der Datenaustausch
zwischen den gekoppelten Systemen erfolgt über synchrone und asynchrone Kommuni-
kation. Im Vordergrund steht die Verknüpfung verschiedener R/2- und/oder R/3-
Systeme. Daneben besteht auch die Möglichkeit der Koppelung von einem oder meh-
reren Fremdsystemen mit R/3. Die Definition einer zwar proprietären, aber zumindest
einheitlichen Schnittstelle (ALE) ist zwar ein kleiner aber immerhin doch sehr wichtiger
Schritt in Richtung Verwirklichung einer vollen Integration von Standardanwendungen
verschiedener Hersteller über das Netz.
Das R/3-System
136
Business Application Programming Interfaces (BAPIs)134 stellen in gewissem Sinn eine
Ergänzung resp. eine Erweiterung des ALE-Konzepts dar. BAPIs sind offene Programm-
schnittstellen für den Datenaustausch zwischen R/3 und anderen betriebswirtschaftli-
chen Anwendungssystemen. Durch die Möglichkeit der direkten Anbindung von Inter-
net-Applikations-Komponenten (IACs) an das R/3-System können alle R/3-Funktionen,
für welche BAPIs definiert sind, direkt über das Inter- oder Intranet verfügbar gemacht
werden. Dadurch besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass ein Kunde über Internet
bestimmte Produkte direkt bestellen oder deren Verfügbarkeit beim Lieferanten über-
prüfen kann. Für den Zugriff auf R/3 über unternehmensexterne (Internet) oder -interne
Netze (Intranet) stehen grundsätzlich die drei in Abb. 3-27 dargestellten Varianten zur
Verfügung.
R/3-SystemWeb Server System
1
2
3
HTTPServer
HTTPServer
Java, Visual Basic, C
R/3-InternetTransaction Server
ElectronicCommerceApplications(3rd party)
SAPAuto-
mation
R/3 InternetApplication
Components
BAPIS
FI
MM
PP
SD
PA
. . .
R/3
Bus
ines
s O
bjec
ts
Abb. 3-27: Zugriffsmöglichkeiten auf R/3 über Intra-/Internet.135
Variante 1 stellt die am meisten standardisierte und daher einfachste Zugriffsmöglich-
keit auf R/3 dar. Der Zugang erfolgt dabei über einen sogenannten R/3-Internet Tran-
134 Vgl. SAP AG (1996b), S. 1-11; Roggenkemper (1996), S. 1-19.135 Vgl. Hantusch/Matzke/Pérez (1996), S. 88.
Das R/3-System
137
saction Server136. Die Electronic Commerce Applikationen befinden sich auf der Ebene
des R/3-Systems und werden auf der Basis von speziellen R/3 Internet Application
Components (Internet-Anwendungskomponenten) erstellt. In Variante 2 sind die Inter-
net Commerce Applikationen ausserhalb des R/3-Systems angesiedelt. Die Kommuni-
kation erfolgt über SAP-Automation137, wodurch ein direkter Zugriff auf R/3-Trans-
aktionen ermöglicht wird. Bei den beiden genannten Varianten wird die Transaktions-
konsistenz über die Schnittstellenprogramme sichergestellt. Variante 3 zeigt den Zugriff
einer eigenständigen Internet Commerce Applikation auf das R/3-System, welche z. B.
in Java, Visual Basic oder C geschrieben ist. Der Zugang erfolgt dabei direkt über BAPIs.
Dies hat den Nachteil, dass die Transaktionskonsistenz innerhalb der Eletronic Com-
merce Applikationen sichergestellt werden muss.
Abb. 3-28 veranschaulicht als Anwendungsbeispiel die notwendigen Komponenten und
Netzverbindungen für den Zugriff auf ein R/3-System über einen normalen Web-
Browser (z.B. Netscape oder Internet Explorer) anhand der Internet-Transaction-Server-
Variante.138
Firewall
WAN
Internet user Intranet user
Internet
Web Server System
HTTPServer
R/3 System
FI PASDPPMM
R/3Internet
TransactionServer
R/3 InternetApplication
ComponentsBAPIS
. . .
Intranet
Abb. 3-28: Anbindung an R/3 über einen Internet Transaction Server.
136 Ab Release 3.1 verfügbar.137 SAP-Automation ist ein Werkzeug für den vereinfachten Zugriff auf R/3-Funktionen über ein Front-
end via RFC (vergleichbar mit anderen Screen Scraping Tools).138 Vgl. Hantusch/Matzke/Pérez (1996), S. 89.
Das R/3-System
138
Für die rein unternehmensinterne Verwendung kann das Netz von aussen durch ent-
sprechende Vorkehrungen (Firewalls) abgeschirmt werden. Die Kommunikation zwi-
schen dem HTTP-Server139 und den im R/3-System vorhandenen Internet-
Anwendungskomponenten (Internet Application Components) wird durch den R/3 In-
ternet Transaction Server gesteuert. Diese auf R/3-Ebene vorhandenen Internet-
Anwendungskomponenten ermöglichen Consumer-to-Business- (z.B. Serviceanforde-
rungen von Endabnehmern), Business-to-Business- (z.B. Bestellungen oder Bestellsta-
tusabfragen von Kunden) und Intranet-Transaktionen (z.B. interne Stellenausschreibung
und Mitarbeiterrekrutierung). Die Möglichkeit der Nutzung von R/3-Funktionen über
das Netz wird dabei nur über das Vorhandensein von entsprechenden BAPIs be-
schränkt. Reicht der verfügbare Spielraum nicht aus, muss entweder ein eigenes BAPI
erstellt oder der Weg über SAP-Automation (Variante 2; vgl. Abb. 3-29) gewählt wer-
den. Ferner existiert die in Variante 3 beschriebene Möglichkeit der WWW-Anbindung
von R/3 über Drittprodukte (z.B. HAHT140).
Firewall
WAN
Internet user Intranet user
Internet
Web Server System
HTTP
Server
SAP
Auto-mation
ElectronicCom-merceApps.
HTML
Gene-rator
R/3 System
FI PAIMSDMM
BAPIS
Intranet
Abb. 3-29: Anbindung an R/3 über SAP-Automation.
139 HTTP = Hypertext Transfer Protocol.140 Vgl. www.haht.com.
Das R/3-System
139
Zusätzlich zu den genannten Anbindungsmöglichkeiten von Fremdsystemen an das R/3-
System existieren weitere, z.T. historisch gewachsene Schnittstellen zu Fremdsyste-
men. Darunter fallen auf der einen Seite eher allgemein verwendbare Schnittstellen,
wie die PDC-Schnittstelle, mit welcher Subsysteme auf der Basis von TCP/IP und RFC
mit dem R/3-System kommunizieren können (z.B. Betriebsdatenerfassungssysteme). Auf
der anderen Seite liegen Schnittstellen zu Fremdsystemen vor, welche für einen ganz
bestimmten Zweck vorgesehen sind. Zu diesen gehören beispielsweise folgende:
• QM-IDI Schnittstelle (Anbindung von Qualitätssicherungssystemen)
• PI-PCS Schnittstelle (Ankoppelung von Prozess-Steuerungssystemen)
• MM-MOB und WM-LSR Schnittstelle (Ankoppelung von Systemen für die mobile
Datenerfassung)
• ArchiveLink-Schnittstelle (Anbindung von elektronischen Archivierungssystemen)
Die dargestellten anwendungsübergreifenden Komponenten bieten eine sinnvolle
Ergänzung zur betriebswirtschaftlichen Grundfunktionalität des R/3-Systems und erhö-
hen dessen Flexibilität und Integrationsmöglichkeiten in erheblichem Ausmass.
3.3.7 IS- Branchenlösungen (Industry Solutions)
Viele Geschäftsprozesse sind in gleicher oder ähnlicher Weise in allen Branchen anzu-
treffen. In EMS werden diese Prozesse durch Integration einzelner Funktionen abgebil-
det. Durch Customizing können Standardprozesse in einem gewissen Spielraum an die
eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Für viele Branchen reicht dieser Spielraum aus.
Daneben existieren aber Branchen mit besonderen Bedürfnissen, d.h. in gewissen Be-
reichen reicht die verfügbare Funktionalität nicht aus. Damit der hohe Integrationsgrad
des R/3-Systems für diese Branchen dennoch genutzt werden können, bietet SAP zu-
sammen mit seinen Entwicklungspartnern verschiedene Branchenlösungen an. Diese
Branchenlösungen basieren auf den einzelnen Modulen des R/3-Systems. Für Bereiche,
in denen die vorhandene Funktionalität nicht ausreicht, werden die Standardmodule
(FI, CO, AM, MM, PP, SD etc.) durch massgeschneiderte Komponenten, sogenannte
Das R/3-System
140
Industry Solutions (IS) ergänzt. Zum Betrachtungszeitpunkt waren für folgende Branchen
Zusatzlösungen verfügbar:141
• Automobilindustrie (Automotive)
• Banken (Banking)
• Chemische Industrie (Chemicals)
• Konsumgüterindustrie (Consumer Products)
• Gesundheitswesen (Healthcare)
• High Tech- und Elektronikbranche (High Tech & Electronics)
• Versicherungen (Insurance)
• Oelindustrie (Oil & Gas)
• Pharmazeutische Industrie (Pharmaceuticals)
• Öffentliche Verwaltungen (Public Sector)
• Einzelhandel (Retail)
• Telekommunikation (Telecommunications)
• Versorgungswirtschaft (Utilities).
Durch die intensive Zusammenarbeit mit Software-Partnern ist davon auszugehen, dass
in Zukunft weitere Branchenlösungen auf den Markt kommen werden und damit das
Einsatzspektrum des R/3-Systems zusätzlich erweitert wird.
3.3.8 BC- Basissystem
3.3.8.1 Systemverwaltung
Die Systemverwaltung innerhalb des Basissystems (BC) bietet verschiedene Funktionen
zur Einrichtung eines neuen und zur Unterstützung von Betrieb und Wartung eines be-
stehenden R/3-Systems. Darunter fallen sehr unterschiedliche Werkzeuge, welche
nachfolgend im Überblick dargestellt sind:142
141 Vgl. z.B. Hernández (1997), S. 36.142 Vgl. z.B. Hernández (1997), S. 165 ff.
Das R/3-System
141
• Systemüberwachung (CCMS143)
• Benutzereinrichtung und Berechtigungsvergabe
• Transportsystem (Transport von Systemeinstellungen bei einer Neuinstallation oder
einem Releasewechsel)
• Druckerkonfiguration
• Datenimport (Batch-Input)
• Werkzeuge zur Kommunikation mit anderen R/3-Systemen oder mit Fremdsystemen
auf der Basis von CPI-C und RFC
• Kommunikationsserver für EDI, Mail, und andere Telekommunikationsdienste
• Werkzeuge für die Formulargestaltung (SAPScript)
• Kopieren von Mandanten
• Archivierung von Anwendungsdaten.
3.3.8.2 Datenbankverwaltung
Die Datenbankverwaltung des R/3-Systems unterstützt mit verschiedenen Dienstpro-
grammen die Einrichtung und insbesondere die Administration (Reorganisation, Tuning,
Datensicherung) des Datenbanksystems, mit welchem die System- und Anwendungs-
daten von R/3 verwaltet werden. Da die Möglichkeit besteht, verschiedene Datenbank-
systeme (z.B. Oracle oder Informix) für die Datenhaltung einzusetzen, sind auch ent-
sprechende Unterschiede in der Funktionalität der einzelnen Dienstprogramme vor-
handen.
3.3.8.3 ABAP/4 Development Workbench
Die ABAP/4 Development Workbench ist eine komfortabel ausgebaute Entwicklungs-
umgebung, welche ursprünglich für die Entwicklung von Anpassungen und Erweiterun-
gen für das R/3-System vorgesehen war. Mittlerweile wird die ABAP/4 Development
Workbench losgelöst vom R/3-System vermarktet und lässt sich für die Entwicklung von
143 CCMS (Computing Center Management System) ist ein System zur Laufzeitüberwachung zur vor-sorglichen Diagnose von Problemen und zur Performanceoptimierung (z.B. Memorymanagement).
Das R/3-System
142
beliebigen betriebswirtschaftlichen Client/Server-Anwendungen einsetzen. Für diesen
Zweck stellt die Entwicklungsumgebung alle notwendigen Werkzeuge und Schnittstellen
zur Verfügung. Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über die vorhandenen
Werkzeuge:144
• Verschiedene Werkzeuge zur Programmentwicklung (Programm-Editor, Funktions-
bibliotheken, Screen Painter, Menü-Painter, Laufzeitanalysewerkzeug, Testhilfen)
• ABAP/4-Query (Erstellen von Reports)
• Programmierschnittstellen (z.B. Datenübernahme mit Batch Input)
• Externe Kommunikationsschnittstellen (z.B. RFC, API, OLE, SAP-Automation)
• SAP-Grafik (Werkzeug für die Erstellung von Geschäftsgrafiken)
• Data Dictionary (Datenbankstrukturverwaltung)
• Workbench Organizer (Organisatorische Unterstützung von Entwicklungsprojekten)
• Data Modeler (Datenmodellierung mit der SAP-SERM-Methode145)
• CATT146 (Testwerkzeug zur Überprüfung von Transaktionen, Systemmeldungen,
Datenfortschreibungen und Customizingeinstellungen)
• SAP Style-Guide (Leitfaden für die Oberflächengestaltung)
• Erweiterungskonzept (Leitfaden zur Verwendung von User Exits147)
• Tabellenpflege (Werkzeug zur Entwicklung von komfortablen Datenmanipulations-
funktionen)
• Zentrale Pflege- und Transportobjekte (Werkzeuge für die Zusammenfassung von
betriebswirtschaftlich zusammengehörigen Daten in entsprechenden Objekten für
die vereinfachte Pflege und den Transport dieser Daten)
• XXL-Listenexport148 (Werkzeug zur strukturierten Listenübergabe aus dem R/3-
System an PC-Anwendungen).
144 Vgl. Mende (1998), S. 21 ff.145 SAP-SERM = Strukturiertes Entity Relationship-Modell der SAP.146 CATT = Computer Aided Test Tool.147 User Exits sind Programmschnittstellen innerhalb des R/3-Systems, an welche eigenentwickelte An-
wendungen als Ersatz oder Ergänzung für R/3-Funktionen angebunden werden können.148 XXL = Extended Export of Lists
Das R/3-System
143
3.3.8.4 Business Engineer
Der Business Engineer bezweckt die Unterstützung der Einführung des R/3-Systems mit
dem Ziel, bestehende Geschäftsprozesse zu optimieren oder grundlegend umzugestal-
ten. Die Geschäftsprozessoptimierung bezieht sich nicht nur auf die Prozesse im indu-
striellen Bereich sondern schliesst durch die Möglichkeit des Einsatzes von aktiven
Workflowkomponenten den Büro- und Verwaltungsbereich mit ein. Der Business Engi-
neer umfasst folgende Komponenten:
• Vorgehensmodell
• Customizing Handbuch (IMG
• R/3 Referenzmodell.
• IDES-Demosystem
• SAP Business Workflow
Das Vorgehensmodell149 für die Einführung von R/3 bietet die notwendige Unterstüt-
zung für das Projektmanagement und liefert die Grundlage für das Customizing150 des
Systems. Es besteht aus 4 Hauptphasen und weiteren übergreifenden Anwendungs-
schritten:
• Phase-1: Organisation und Konzeption
• Phase-2: Detaillierung und Realisierung
• Phase-3: Produktionsvorbereitung
• Phase-4: Produktivbetrieb
• Projektadministration und Projektcontrolling
• Systemwartung und Release-Wechsel.
149 Vgl. Kap 4.3.150 Unter Customizing wird die Anpassung des R/3-Systems an die betriebliche Aufbau- und Ablaufor-
ganisation mittels Parametersetzung verstanden.
Das R/3-System
144
Hauptsächlich unterstützt das Vorgehensmodell die Ersteinführung des R/3-Systems.
Daneben sind aber auch Empfehlungen für Releasewechsel und für die Einpflegung von
neuen Funktionen integriert. Die einzelnen für die jeweilige Projektphase notwendigen
Aktivitäten sind in einem Strukturplan dargestellt und darin ausführlich beschrieben.
Zusätzlich werden die einzelnen Einführungsphasen durch die verschiedenen Imple-
mentierungswerkzeuge des Customizings (Customizing-Handbuch, R/3-Referenzmodell)
unterstützt.
Der Einführungsleitfaden (Implementation Guide; IMG) liefert in strukturierter Form
detaillierte Hinweise für das Customizing des R/3-Systems. Für jedes Einführungsprojekt
kann ein auf die Erfordernisse zugeschnittener Einführungsleitfaden generiert werden.
Zusätzlich beinhaltet dieses Werkzeug Funktionen für die Projektsteuerung und -doku-
mentation.
Das R/3-Referenzmodell beschreibt in graphischer Form den Aufbau und die Funk-
tionsweise des R/3-Systems. Die Darstellung erfolgt entweder über eine im R/3-System
integrierte Navigationskomponente (Business Navigator) oder über Zusatzwerkzeuge
(z.B. ARIS-Toolset), mit welchem das Referenzmodell auch losgelöst vom R/3-System
betrachtet werden kann.
Das IDES-Demosystem (IDES = International Demo and Education System) wird als
integrierender Bestandteil von R/3 ausgeliefert und bezweckt die Darstellung der Funk-
tionsvielfalt des Systems. IDES stellt ein voll funktionsfähiges Demosystem für die Eva-
luation, die Einführungsunterstützung und Schulung des R/3-Systems dar. In der Evalua-
tionsphase wird durch transparente Darstellung der verschiedenen Funktionen der Ver-
gleich mit anderen Produkten erleichtert. Während der Einführung steht die IDES-
Datenbank als Ideenquelle für die Implementierung der abzubildenden Geschäftspro-
zesse zur Verfügung. Gleichzeitig existiert eine einheitliche Basis für die Schulung der
Projektmitglieder. Die während den Schulungsveranstaltungen verwendeten Beispiele
können in einer späteren Phase nachvollzogen und im Detail analysiert werden. Die
Internationalität der IDES-Datenbank lässt auch die Möglichkeit offen, länderspezifische
Bedürfnisse in einer realen Umgebung zu überprüfen. Durch die konsequente Verwen-
Das R/3-System
145
dung des Demosystems wird die Einarbeitung in das System erleichtert und damit der
Einführungsaufwand von R/3 reduziert.
Mit dem SAP Business Workflow151 stehen verschiedene Komponenten zur Optimie-
rung und Automatisierung von Geschäftsprozessen zur Verfügung. Während sich die
Bestrebungen in der Vergangenheit vor allem auf Produktivitätssteigerungen im Ferti-
gungsbereich beschränkt haben, bezieht sich das Workflow-Management primär auf die
Optimierung von Büro- und Verwaltungsprozessen. Im letztgenannten Bereich sind
durch die vielerorts vorhandenen langen Transport- und Liegezeiten bei der Aufga-
benerledigung, sowie die mangelnde Prozesstransparenz und der oft erschwerliche Zu-
griff auf die vorhandenen Archive (Papier- und Mikrofilmarchive) erhebliche Effizienz-
steigerungspotentiale zu vermuten. Bisher haben sich Verbesserungen von Büro- und
Verwaltungsprozessen schwergewichtig auf die zusätzliche Technisierung der einzelnen
Arbeitsplätze beschränkt, was aber im Hinblick auf die Optimierung von zusammen-
hängenden Prozessen keine nennenswerten Vorteile gebracht hat.
151 Vgl. dazu Fritz/Zuck (1996), S. 63 ff.; Wenzel (1995a), S. 575 ff.; SAP AG (1996a), Abschnitt: SAPBusiness Workflow; SAP AG (1995b).
Das R/3-System
146
Workflow-Definition
Workflow-Steuerung
Workflow-Überwachung
Definitions-werkzeuge
Laufzeit-werkzeuge
- Objekt-Repository- Aufbau-
Organisation- Ereigniserzeugung
- integrierterEingangskorb
- Workflow-Ausgang
- Workitem-Analyse- Workload-Analyse- Aufgaben-Analyse
Ziel: Optimierung von Büro- und Verwaltungsprozessen
Reporting
Abb. 3-30: Komponenten von SAP Business Workflow.
SAP Business Workflow zielt auf dieses Defizit ab und ermöglicht durch die aktive Ver-
knüpfung von einzelnen Arbeitsschritten und die flexible Abbildung organisatorischer
Strukturen die Realisierung von erheblichen Verbesserungen. Zur Gewährleistung eines
ganzheitlichen Workflowmanagement-Konzepts stehen die folgenden Werkzeuge für
die Definition, die Steuerung und Überwachung von Geschäftsprozessen zur Verfügung:
• Workflow-Definition (Workflow-Editor)
• Laufzeitsystem (Workflow-, Workitem- und Ereignismanager)
• Informationssystem zur Überwachung einzelner Arbeitsschritte (Workitems) und zur
Diagnose und Fehlerfindung innerhalb eines durchgängigen Prozesses
Die Workflow-Definition wird über einen graphischen Editor vorgenommen. Dabei
können die Kontroll- und Datenflüsse zwischen den einzelnen Bearbeitungsschritten
Das R/3-System
147
festgelegt werden. Über die Definition von entsprechenden Verknüpfungen erfolgt die
Zuordnung der für die Bearbeitung notwendigen Dokumente.
Das Laufzeitsystem steuert über Ereignisse (=Zustandsänderungen eines Objekts z.B.
das Erreichen einer Terminschranke oder auch das Eintreffen einer Nachricht von aus-
serhalb des Systems) die Auslösung von Folgeschritten. Die weiteren Bearbeitungs-
schritte werden anschliessend entweder automatisch abgewickelt oder in Form einer
Anweisung einem zuständigen Bearbeiter zugeteilt. Die Zuweisung der Aufgaben erfolgt
über einen elektronischen Eingangskorb (Universal Inbox). Über diesen werden alle zu
bearbeitenden Tätigkeiten (Workitems) in einer Pendenzenliste (Worklist) verwaltet. Der
elektronische Eingangskorb ist Bestandteil des Email-Systems. Die zugewiesenen Work-
items werden durch eingehende Nachrichten dargestellt, welche der Klasse WF
(Workflow) zugeordnet sind und im Unterschied zu den herkömmlichen Mailnachrich-
ten über spezielle Eigenschaften verfügen. Ein Workitem beinhaltet alle notwendigen
Informationen zur Erledigung einer Aufgabe. Gleichzeitig können Anwendungsobjekte
(z.B. bestimmte R/3-Transaktionen) für die Folgeverarbeitung mit dem Workitem ver-
bunden werden. Parallel zur Bearbeitung der Aufgaben wird der Status (z.B. wartend,
angenommen, in Arbeit oder ausgeführt) mitgeführt. Beim Übergang auf den Status
"beendet" ist die Aufgabe erledigt und der im Workflow vorgesehene Zustand erreicht.
Durch ein integriertes Informationssystem ist es jederzeit möglich, sich einen Überblick
über den Stand der Arbeiten und der Belastung einzelner Stellen und ganzer Organisa-
tionseinheiten zu verschaffen. Durch die Workitem-Analyse können statistische Aus-
wertungen einzelner oder mehrerer Tätigkeiten (z.B. Ermittlung des Bearbeitungsstatus)
vorgenommen und Objektverknüpfungen dargestellt werden. Die Workload-Analyse
dient zur Ermittlung der Arbeitsbelastung einzelner Stellen oder Organisationseinheiten.
Anhand der Aufgabenanalyse können die definierten Aufgaben und deren Abhängig-
keiten dargestellt werden. Diese Auswertungsmöglichkeiten bilden die Grundlage für
die notwendige Transparenz über die Vorgänge.
SAP Business Workflow unterstützt durch die genannten Funktionen den prozessorien-
tierten Ansatz bei der Vorgangssteuerung von Büro- und Verwaltungsprozessen. Diese
Das R/3-System
148
Abläufe können dadurch vereinfacht, beschleunigt, transparenter gestaltet und besser
überwacht werden. Zusätzlich wird ein asynchrones Arbeiten (zeitlich und örtlich ver-
setzt) an den zu erledigenden Aufgaben ermöglicht. Insgesamt wird dadurch ein grosser
Beitrag zur Ausnutzung des noch vorhandenen Optimierungspotentials bei Büro- und
Verwaltungsprozessen geleistet.
3.4 System-Architektur
Das R/3-System basiert auf einer Client/Server-Architektur. Die Umsetzung dieses Prin-
zips wurde durch ein Mehrschichtenmodell realisiert (vgl. Abb. 3-31). Die einzelnen
Ebenen sind über Schnittstellen miteinander verbunden und gewährleisten dadurch
eine weitgehende Unabhängigkeit des R/3-Systems von der verwendeten Systemsoft-
ware und damit auch von den verwendeten Hardwarekomponenten.
SystemsoftwareSystemsoftware
Basissystem(BC)Basissystem(BC)
ABAP/4ABAP/4Development WorkbenchDevelopment Workbench
R/3-AnwendungenR/3-Anwendungen
..............
MMFI CO TR
Abb. 3-31: Schichtenarchitektur des R/3-Systems.
Die Systemsoftware gehört dabei nicht zum R/3-System und umfasst das Betriebssy-
stem, die Datenbank-Managementsoftware und die Kommunikationssoftware. Durch
die Middleware (BC-Basissystem), welche direkt mit der darunterliegenden Sy-
stemsoftware kommuniziert, können die verschiedenen Anwendungen des R/3-
Systems und die Entwicklungsumgebung des R/3-Systems (ABAP/4 Development
Das R/3-System
149
Workbench) neutral gehalten werden. Dadurch wird es möglich, R/3 mit verschiedenen
Betriebssystemen und Datenbanken einzusetzen. Die Variationsvielfalt wird nur durch
das Vorhandensein entsprechender Schnittstellen mit dem Basissystem eingeschränkt.
Mit Release 3.1 unterstützt das R/3-System, die in Abb. 3-32 dargestellten Betriebssy-
steme, Datenbanken und Benutzeroberflächen.
Datenbank
Hardware Unix SystemeBull IBMDEC SNIHP Sun
AT&T Data General SequentBull/Zenith HP (Intel) SNICompaq IBM (Intel) Digital
... ... ...
IBMAS/400
Betriebssystem
AIX ReliantDec Unix SINIXHP-UX Solaris
Windows NT OS/400
ADABAS DDB2 für AIX
InformixORACLE
ADABAS DMS SQL ServerInformix-Online
ORACLE
DB2 forOS/400
Dialog (SAPGUI)Windows 3.1, Windows 95, Windows NT
OSF/Motif*, OS/2 Presentation Manager (PM),Macintosh*, Java
Sprachen
ABAP/4,C,C++, HTML, JavaIF...
THEN...
ELSE...
IBMS/390
OS/390
DB2 forOS/390
* Wird als Frontend für AS/400 nicht unterstützt
Abb. 3-32: Mögliche Hardware- und Systemsoftwareplattformen für das R/3-System.152
152 Releasestand 3.1.
Das R/3-System
150
Zusätzlich zur Offenheit bietet das R/3-System durch die Umsetzung des Mehreben-
nenmodells von Client/Server-Architekturen für jede Unternehmensgrösse eine massge-
schneiderte Konfigurationsmöglichkeit (vgl. Abb. 3-33). Durch die Trennung von Prä-
sentations-, Applikations- und Datenbankebene kann das R/3-System beinahe beliebig
skaliert werden. Dabei unterstützt die Präsentationsebene die graphische Darstellung
der Anwendungsfunktionen (GUI153) und ist somit für die Interaktion zwischen Anwen-
der und System zuständig. Auf Applikationsebene ist die eigentliche Anwendungslogik
angesiedelt. Auf dieser Stufe werden die Verarbeitungsfolgen gesteuert und die not-
wendigen Integritätsbedingungen bei der Datenerfassung und -verarbeitung überprüft.
Auf Datenbankebene erfolgt die zentrale Speicherung und Bereitstellung der für die
betrieblichen Abläufe relevanten Daten. Ausgehend von diesem Mehrebenenkonzept
sind in Abhängigkeit von der Unternehmensgrösse verschiedene Skalierungsmöglich-
keiten denkbar (vgl. Abb. 3-33 )
Präsentation Applikation Datenbank
ZentralesSystem
VerteiltePräsentation
DreistufigeC/S-Architektur
Mehrstufige,kooperative
C/S-Architektur
ZweistufigeC/S-Architektur
Abb. 3-33: Konfigurationsmöglichkeiten des R/3-Systems.
153 GUI = Graphical User Interface; im R/3-Umfeld wird in diesem Zusammenhang auch der BegriffSAPGUI (Graphische Benutzeroberfläche der SAP) verwendet.
Das R/3-System
151
Bei Verwendung einer einstufigen Lösung (Zentrales System) sind alle Ebenen auf ei-
nem Rechner (z.B. Laptop) zusammengefasst. Diese Lösung ist nicht für den produkti-
ven Einsatz vorgesehen und dient vor allem zu Präsentationszwecken. Bei der verteilten
Präsentation erfolgt der Zugriff auf ein zentrales R/3-System, in welchem Applikations-
server- und die Datenbankserverfunktionen zusammengefasst sind, von mehreren Prä-
sentationsrechnern aus. Beim zweistufigen Ansatz beziehen mehrere Rechner, welche
Präsentations- und Applikationsfunktionen vereinen, ihre Daten von einem zentralen
Datenbankserver. Die beiden letztgenannten Varianten sind vor allem für kleinere und
mittelgrosse Unternehmen geeignet. In einer weiteren Ausbaustufe kommt das klassi-
sche dreistufige Client/Server-Modell zum Einsatz. Die Datenhaltung erfolgt zentral auf
einem Datenbankserver. Auf der zweiten Ebene werden je nach Benutzerzahl in den
verschiedenen Anwendungsbereichen werden mehrere Applikationsserver eingesetzt.
Durch zielgerichtete Verteilung der Anwender (Präsentationsebene) auf den verschie-
denen Applikationsservern kann die zur Verfügung stehende Leistung optimal genutzt
werden und bei zusätzlichen Leistungsbedürfnissen durch Hinzufügen eines weiteren
Applikationsservers flexibel angepasst werden. Beim Einsatz einer mehrstufigen koope-
rativen Client/Server-Architektur können mehrere R/3-Systeme miteinander gekoppelt
werden. Selbst die Datenhaltung ist in diesem Modell verteilt. Diese Variante ist vor
allem in internationalen Konzernen mit geographisch weit auseinanderliegenden Funk-
tionsbereichen anzutreffen. Befindet sich beispielsweise der Vertrieb sowie Forschung &
Entwicklung in Europa und die Produktion in Asien, dann ist es sinnvoll auf jedem Kon-
tinent ein separates R/3-System einzusetzen. Damit eine konsistente Datenhaltung (z.B.
Materialstammdaten) gewährleistet ist, muss ein Abgleich zwischen den beiden Daten-
bankservern stattfinden können. Dieser Datenaustausch wird durch das ALE-Konzept
sichergestellt.
Für die Nutzung des R/3-Systems im Internet kann die Systemarchitektur durch die Ein-
bindung einer Web-Server-Ebene zusätzlich erweitert werden (vgl. Abb. 3-34). Dadurch
wird es möglich, über einen normalen WWW-Browser (Web-Client) auf ein R/3-System
zuzugreifen und dessen Funktionen zu nutzen. Eine Electronic Commerce Applikation
auf dem Web-Server stellt für diesen Zweck die dazu notwendige Programmlogik zur
Das R/3-System
152
Verfügung. Über spezifische Schnittstellenprogramme (Internet Transaction Server oder
SAP-Automation) wird die Kommunikation mit den benötigten R/3-Transaktionen ge-
steuert. Dadurch wird die Möglichkeit geboten, R/3 über die Unternehmensgrenzen
hinweg zu nutzen und damit die existierenden Prozessketten durchgängig mit Informa-
tionssystemen abzudecken.
Client/Server-Architektur des R/3-Systems
Klassisches 3-Ebenen ModellErweitertes 4-Ebenen Modell
(Internet Integration)
Präsentation(Web Client)
Web Server
Applikations-server
DatenbankServer
DatenbankServer
Applikations-server
Präsentation(SAPGUI)
Abb. 3-34: Integration von R/3 in das Internet.
Die dargestellten technischen Gestaltungsmöglichkeiten bieten einen grossen Spielraum
für den Einsatz des R/3-Systems. Folgende Merkmale sind besonders hervorzuheben:
• Skalierbarkeit: Die Ausbaumöglichkeiten der technischen Architektur über mehrere
Stufen und die Verteilbarkeit der verschiedenen R/3-Applikationen und der zugehö-
rigen Datenbestände gewährleisten eine weitreichende Anpassbarkeit des R/3-
Systems an die unternehmensspezifischen Erfordernisse und bieten genügend Spiel-
raum bei Veränderung des Leistungsbedarfs.
Das R/3-System
153
• Portabilität: Das SAP-Basissystem ermöglicht die Nutzung des R/3-Systems auf ver-
schiedenen Plattformen mit unterschiedlichsten Systemsoftwarekomponenten
(Betriebssysteme, Datenbanken und graphische Benutzeroberflächen). Diese Unab-
hängigkeit gewährleistet den Einsatz der am besten geeigneten Komponenten und
sorgt durch die damit verbundene längere Nutzungszeit der betriebswirtschaftlichen
Anwendungen für einen besseren Investitionsschutz.
• Offenheit: Durch die Möglichkeit der Verwendung von Hardware- und Systemsoft-
warekomponenten unterschiedlicher Hersteller entfällt die bei rein proprietären Sy-
stemen üblicherweise vorhandene einseitige Abhängigkeit.
• Graphische Benutzeroberfläche: Die ausschliessliche Verwendung von graphi-
schen Benutzeroberflächen als Frontend für das R/3-System reduzieren den Einar-
beitungsaufwand und sorgen für eine bessere Akzeptanz bei den Anwendern.
• Desktop-Integration: Die Integration von Desktop-Applikationen (z.B. Winword
oder Excel) in das R/3-System schafft eine einheitliche Basis und erleichtert die
Weiterverarbeitung der betrieblichen Daten. Zusätzlich wird die Einstellung neuer
Arbeitskräfte durch Verwendung weit verbreiteter Office-Pakete vereinfacht und die
bereits erfolgte Ausbildung der Anwender auf solchen Systemen kann voll genutzt
werden.