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3. Entwicklung der Quantenphysik Zu Beginn dieses Jahrhunderts gab es eine Reihe experimenteller Befunde, die durch bisher gewohnte ,,klassische“ Vorstellungen nicht erklärt werden konn- ten und die den Anstoß zur Entwicklung der Quantenphysik gaben. Beispiele sind die Diskrepanz zwischen theoretisch vorhergesagter und experimentell beobachteter Spektralverteilung der Hohlraumstrah- lung (die sogenannte Ultraviolett-Katastrophe), die Erklärung des photoelektrischen Effektes, die Deutung des Compton-Effektes, eine befriedigende Erklärung für die Stabilität der Atome und für ihre Linienspektren sowie der Franck-Hertz-Versuch. Es zeigte sich, daß sowohl das Teilchenmodell der klassischen Mechanik, das für jedes Teilchen mit bekanntem Anfangsort und Anfangsimpuls eine wohl- definierte Bahn in einem äußeren Kraftfeld vorhersagt (siehe Bd. 1, Abschn. 2.1), als auch das durch die Max- wellgleichung vollständig beschriebene Wellenmodell der elektromagnetischen Felder einer kritischen Revi- sion bedurfte, wenn man den Mikrobereich der Atome und Moleküle betrachtete. In diesem Kapitel sollen die wichtigsten experi- mentellen Hinweise auf eine notwendige Erweiterung und Modifikation der klassischen Physik, die zur Ent- wicklung der Quantenphysik geführt haben, vorgestellt werden [3.1, 2]. 3.1 Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung Im 18. Jahrhundert gab es einen langandauernden Streit über die Natur des Lichtes. Newton und seine An- hänger postulierten, daß Licht aus Partikeln bestehen müßte [3.3]. Sie konnten die geradlinige Ausbreitung von Licht und auch das Brechungsgesetz durch die Teil- chenhypothese erklären. Huygens und andere vertraten die Auffassung, daß Licht eine Welle sei, und die Be- obachtungen über Interferenz und Beugung ließen sich zwanglos mit Hilfe der Wellentheorie verstehen [3.4]. Das Wellenmodell des Lichtes schien endgültig den Sieg zu erringen, als Heinrich Hertz die elektromagne- tischen Wellen entdeckte und als klar wurde, daß Licht ein auf den Wellenlängenbereich λ = 0,40,7 µ m be- grenzter Spezialfall elektromagnetischer Wellen ist, der wie Wellen in anderen Bereichen des elektroma- gnetischen Spektrums durch die Maxwell-Gleichungen fast vollständig beschrieben werden kann (siehe Bd. 2, Abschn. 7.10). Wir wollen nun zeigen, daß im Sinne der Quan- tenphysik beide Richtungen teilweise recht hatten, daß aber zur vollständigen Beschreibung aller Eigenschaf- ten von Licht und Teilchen sowohl das Wellenmodell als auch der Teilchenaspekt berücksichtigt werden müssen. Der wichtige Punkt ist dabei, daß sich beide Modelle nicht widersprechen, sondern sich ergänzen. Je nach- dem, welche Eigenschaft von Licht beschrieben werden soll, eignet sich das Wellenmodell (Interferenz und Beugung) oder das Teilchenmodell (Absorption und Emission) besser. In der ,,klassischen Physik“ wird eine ebene elektromagnetische Welle E = A cost k · r ), die sich in der Richtung k ausbreitet, durch ihre Ampli- tude A =| A|·ˆ e p , ihre Frequenz ω, ihren Wellenvektor k und im Falle einer polarisierten Welle auch durch den Polarisationsvektor ˆ e p beschrieben (Bd. 2, Kap. 7). Die Energiedichte dieser Welle w em = ε 0 E 2 = 1 2 ε 0 ( E 2 + c 2 B 2 ) (3.1)

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3. Entwicklung der Quantenphysik

Zu Beginn dieses Jahrhunderts gab es eine Reiheexperimenteller Befunde, die durch bisher gewohnte,,klassische“ Vorstellungen nicht erklärt werden konn-ten und die den Anstoß zur Entwicklung derQuantenphysik gaben. Beispiele sind die Diskrepanzzwischen theoretisch vorhergesagter und experimentellbeobachteter Spektralverteilung der Hohlraumstrah-lung (die sogenannte Ultraviolett-Katastrophe), dieErklärung des photoelektrischen Effektes, die Deutungdes Compton-Effektes, eine befriedigende Erklärung fürdie Stabilität der Atome und für ihre Linienspektrensowie der Franck-Hertz-Versuch.

Es zeigte sich, daß sowohl das Teilchenmodellder klassischen Mechanik, das für jedes Teilchen mitbekanntem Anfangsort und Anfangsimpuls eine wohl-definierte Bahn in einem äußeren Kraftfeld vorhersagt(siehe Bd. 1, Abschn. 2.1), als auch das durch die Max-wellgleichung vollständig beschriebene Wellenmodellder elektromagnetischen Felder einer kritischen Revi-sion bedurfte, wenn man den Mikrobereich der Atomeund Moleküle betrachtete.

In diesem Kapitel sollen die wichtigsten experi-mentellen Hinweise auf eine notwendige Erweiterungund Modifikation der klassischen Physik, die zur Ent-wicklung der Quantenphysik geführt haben, vorgestelltwerden [3.1, 2].

3.1 Experimentelle Hinweiseauf den Teilchencharakterelektromagnetischer Strahlung

Im 18. Jahrhundert gab es einen langandauernden Streitüber die Natur des Lichtes. Newton und seine An-hänger postulierten, daß Licht aus Partikeln bestehenmüßte [3.3]. Sie konnten die geradlinige Ausbreitung

von Licht und auch das Brechungsgesetz durch die Teil-chenhypothese erklären. Huygens und andere vertratendie Auffassung, daß Licht eine Welle sei, und die Be-obachtungen über Interferenz und Beugung ließen sichzwanglos mit Hilfe der Wellentheorie verstehen [3.4].

Das Wellenmodell des Lichtes schien endgültig denSieg zu erringen, als Heinrich Hertz die elektromagne-tischen Wellen entdeckte und als klar wurde, daß Lichtein auf den Wellenlängenbereich λ = 0,4−0,7 µm be-grenzter Spezialfall elektromagnetischer Wellen ist,der wie Wellen in anderen Bereichen des elektroma-gnetischen Spektrums durch die Maxwell-Gleichungenfast vollständig beschrieben werden kann (siehe Bd. 2,Abschn. 7.10).

Wir wollen nun zeigen, daß im Sinne der Quan-tenphysik beide Richtungen teilweise recht hatten, daßaber zur vollständigen Beschreibung aller Eigenschaf-ten von Licht und Teilchen sowohl das Wellenmodell alsauch der Teilchenaspekt berücksichtigt werden müssen.Der wichtige Punkt ist dabei, daß sich beide Modellenicht widersprechen, sondern sich ergänzen. Je nach-dem, welche Eigenschaft von Licht beschrieben werdensoll, eignet sich das Wellenmodell (Interferenz undBeugung) oder das Teilchenmodell (Absorption undEmission) besser.

In der ,,klassischen Physik“ wird eine ebeneelektromagnetische Welle

E = Acos(ωt −k ·r) ,

die sich in der Richtung k ausbreitet, durch ihre Ampli-tude A = |A| · ep, ihre Frequenz ω, ihren Wellenvektor kund im Falle einer polarisierten Welle auch durch denPolarisationsvektor ep beschrieben (Bd. 2, Kap. 7). DieEnergiedichte dieser Welle

wem = ε0 E2 = 1

2ε0(E2 + c2 B2) (3.1)

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und ihre Intensität (Leistung pro bestrahlter Flächen-einheit)

I = cε0 E2 (3.2)

hängen quadratisch von der Wellenamplitude ab undsind kontinuierliche Funktionen der Feldstärke E unddes Ortes innerhalb des Raumes, in dem sich die Welleausbreitet. Die Impulsdichte der Welle (Impuls proVolumeneinheit) (siehe Bd. 2, Abschn. 7.6)

πSt = 1

c2· S = ε0(E× B) ; |πSt| = 1

cwem

ist proportional zum Poynting-Vektor S, und ihr Betrag|πSt| ist gleich der Energiedichte wem, dividiert durchdie Lichtgeschwindigkeit c.

Mit Hilfe der Maxwellgleichungen (Bd. 2, Ab-schn. 4.6) ließen sich alle damals bekannten elektri-schen und optischen Phänomene im Rahmen einerWellentheorie quantitativ richtig beschreiben. Warummußte dann dieses bewährte Konzept erweitert werden?

Der erste Hinweis auf eine notwendige Korrekturder kontinuierlichen Energie eines elektromagnetischenFelds kam aus der experimentellen Untersuchung derHohlraumstrahlung und ihrer theoretischen Deutung.

3.1.1 Hohlraumstrahlung

Man kann einen Schwarzen Körper, dessen Absorp-tionsvermögen A ≡ 1 ist (siehe Bd. 1, Abschn. 10.2.4),experimentell in guter Näherung realisieren durch einenHohlraum mit absorbierenden Wänden (Abb. 3.1), dereine Öffnung mit der Fläche ∆F hat, die sehr kleingegen die gesamte Innenfläche des Hohlraums ist.Strahlung, die durch die Öffnung eintritt, erleidet vieleReflexionen an den absorbierenden Innenwänden, be-vor sie die Öffnung wieder erreichen kann, so daß siepraktisch aus dem Hohlraum nicht mehr herauskommt.Das Absorptionsvermögen der Fläche ∆F der Öffnungist daher A ≈ 1.

F

FF <<∆

Abb. 3.1. Ein Hohlraummit einer kleinen Öff-nung ∆F verschlucktpraktisch die gesamtedurch ∆F eintretendeStrahlung

HHUK TT ≈ UK TT >>

Abb. 3.2. Der in einen Graphitblock tief eingefräste Buch-stabe H erscheint dunkler als seine Umgebung bei tiefen, aberheller bei hohen Temperaturen

Wenn man die Wände des Hohlraums auf eineTemperatur T aufheizt, so wirkt die Öffnung als eineStrahlungsquelle, deren Emissionsvermögen E∗ von al-len Körpern mit gleicher Temperatur T den maximalenWert hat, weil ein Schwarzer Körper mit A = 1 dasgrößtmögliche Emissionsvermögen hat.

Dies läßt sich durch folgenden Versuch demon-strieren (Abb. 3.2): In einem Graphitwürfel ist derBuchstabe H tief eingefräst. Bei Zimmertemperaturwirkt das H wesentlich schwarzer als die übrige Ober-fläche. Heizt man den Würfel auf etwa 1000 K, so strahltdas H wesentlich heller als seine Umgebung.

Für die Hohlraumstrahlung lassen sich durch einfa-che Überlegungen die folgenden Gesetze aufstellen:

• Im stationären Zustand müssen Emission und Ab-sorption der Hohlraumwände im Gleichgewichtsein, d. h. es gilt für alle Frequenzen ν derHohlraumstrahlung für die von einem beliebi-gen Flächenelement absorbierte bzw. emittierteLeistung:

dWA(ν)

dt= dWE(ν)

dt. (3.3)

In diesem Gleichgewichtszustand definieren wirals Temperatur T der Hohlraumstrahlung dieTemperatur der Wände.

• Die Hohlraumstrahlung ist isotrop, die spektraleStrahlungsdichte ([S∗

ν ] = W m−2 Hz−1 sr−1) ist alsoin jedem Punkt des Hohlraums unabhängig vonder Richtung und auch von der Art oder Formder Wände. Wäre dies nicht so, dann könnte maneine schwarze Scheibe in den Hohlraum bringenund sie so orientieren, daß ihre Flächennormalein die Richtung der größten Strahlungsdichte S∗zeigt. Die Scheibe würde in dieser Richtung mehrStrahlung absorbieren und sich dadurch stärker auf-

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3.1. Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung 75

heizen. Dies wäre ein Widerspruch zum zweitenHauptsatz der Thermodynamik.

• Die Hohlraumstrahlung ist homogen, d. h. diespektrale Energiedichte wν , ist unabhängig vom spe-ziellen Ort innerhalb des Hohlraums. Auch hierwürde sonst ein Perpetuum mobile zweiter Artmöglich sein.

Bringen wir in den Hohlraum einen Körper, so fälltauf das Flächenelement dF seiner Oberfläche ausdem Raumwinkel dΩ die spektrale StrahlungsleistungS∗

ν dνdF dΩ im Intervall von ν+ dν, so daß die von dFabsorbierte Strahlungsleistung

dWA

dt= Aν S∗

ν dF · dΩ · dν (3.4a)

wird, während die LeistungdWE

dt= E∗

ν dF · dΩ · dν (3.4b)

emittiert wird (Abb. 3.3). Aν und Eν heißen spektralesAbsorptions- bzw. Emissionsvermögen.

Im thermischen Gleichgewicht muß ebensovielLeistung absorbiert wie emittiert werden. Da die Hohl-raumstrahlung isotrop ist, muß dies für jede Richtungθ, ϕ gelten. Deshalb folgt aus (3.4) das KirchhoffscheGesetz:

E∗ν

= S∗ν (T ) . (3.5)

Für alle Körper im thermischen Gleichgewicht mitder Hohlraumstrahlung ist das Verhältnis von spek-tralem Emissions- zu Absorptionsvermögen bei derFrequenz ν gleich der spektralen Strahlungsdichte S∗

ν

der Hohlraumstrahlung.Für einen Schwarzen Körper ist A ≡ 1, so daß aus

(3.5) folgt:

Das spektrale Emissionsvermögen E∗ν eines

Schwarzen Körpers ist identisch mit der spektra-len Strahlungsdichte S∗

ν der Hohlraumstrahlung.

dF

isotropeHohlraum-strahlungdt

dWA

Ωd

Ωd

dtdWE

Abb. 3.3. Körper imthermischen Gleich-gewicht mit demthermischen Strah-lungsfeld im Hohl-raum

Wir wollen nun die spektrale Verteilung S∗ν (ν) der

Hohlraumstrahlung und damit auch der Strahlung einesSchwarzen Körpers bestimmen.

3.1.2 Das Plancksche Strahlungsgesetz

In Bd. 2, Abschn. 7.8 wurde gezeigt, daß aus der Wel-lengleichung Bd. 2, (7.3) mit den RandbedingungenBd. 2, (7.29) für stehende Wellen in einem kubischenHohlraum nur bestimmte stationäre Eigenschwingun-gen des elektromagnetischen Feldes im Hohlraummöglich sind, die wir Moden des Hohlraums genannthatten. Es zeigte sich (siehe Bd. 2, (7.39)), daß für Spek-tralbereiche, in denen die Wellenlänge λ der Strahlungklein gegen die Hohlraumdimensionen ist, die spek-trale Modendichte, d. h. die Zahl n(ν)dν dieser Modenpro m3 im Frequenzintervall zwischen ν und ν + dν

durch

n(ν)dν = 8πν2

c3dν (3.6)

gegeben ist. Wie man sich überlegen kann (siehe Bd. 2,Abb. 7.21), wird die Modendichte n(ν) unabhängig vonder Form des Hohlraums, wenn die Hohlraumdimen-sion L sehr groß gegen die Wellenlänge λ = c/ν ist. InAbb. 3.4 ist die Modendichte als Funktion der Frequenzangegeben.

)sm/()(n 3 ⋅ν −

510

610

410

310

210

1101310 1410 1510 1s/ −ν

Abb. 3.4. Spektrale Modendichte n(ν) als Funktion derFrequenz, dargestellt im doppelt-logarithmischen Maßstab

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76 3. Entwicklung der Quantenphysik

BEISPIEL

Man sieht aus (3.6), daß im sichtbaren Bereich(ν = 6 ·1014 s−1 = λ = 500 nm) die spektrale Moden-dichte n(ν) = 3 ·105 m−3 Hz−1 ist. Dies heißt, daßinnerhalb eines Frequenzintervalls ∆ν = 109 s−1 (diesentspricht der Frequenzbreite einer dopplerverbreiter-ten Spektrallinie) n(ν)∆ν = 3 ·1014 Moden/m3 liegen,d. h. die Modendichte ist im Sichtbaren sehr groß.

Die spektrale Energiedichte wν(ν) der Hohlraum-strahlung ist dann

wν(ν)dν = n(ν) · Wν(T )dν , (3.7)

wenn Wν(T ) die von der Temperatur abhängige mittlereEnergie pro Eigenschwingung in dem Frequenzinter-vall dν ist.

Um Wν(T ) zu bestimmen, verwendeten Rayleighund Jeans ein klassisches Modell für die Eigenschwin-gungen des elektromagnetischen Feldes im Hohlraum,in dem jeder Eigenschwingung, genau wie beim klas-sischen harmonischen Oszillator, die mittlere Energiek · T zugeordnet wurde (siehe Bd. 1, Abschn. 11.1.8).

Nach dem klassischen Modell würde die räumli-che Energiedichte (3.7) im Frequenzintervall dν

mit (3.4)

wν(ν)dν = 8πν2

c3kT dν (3.8)

quadratisch mit der Frequenz ν anwachsen(Rayleigh-Jeanssches Strahlungsgesetz).

Aus einem kleinen Loch des Hohlraums würdedann die Strahlungsdichte S∗

ν (ν)dν = (c/4π)wν(ν)dν

in den Raumwinkel ∆Ω = 1 Sterad emittiert. Diesergäbe mit (3.8)

S∗ν (ν)dν = 2ν2

c2kT dν . (3.9)

Während die experimentelle Nachprüfung für ge-nügend kleine Werte von ν (bei T = 5000 K mußλ = c/v > 2 µm sein, also im Infrarot-Bereich) guteÜbereinstimmung mit (3.9) ergibt, treten für densichtbaren und erst recht für den Ultraviolett-Bereich drastische Diskrepanzen auf. Bei Gültigkeitder Rayleigh-Jeans-Formel käme es zur Ultraviolett-Katastrophe ,d. h. die spektrale Energiedichte und dieintegrierte Strahlungsdichte S∗ würden für ν → ∞unendlich groß werden.

Was ist am Rayleigh-Jeans-Modell falsch?

Max Planck hat sich 1900 mit dieser Frage aus-einandergesetzt und dabei zur Vermeidung derUltraviolett-Katastrophe eine bis dahin völlig unge-wohnte Hypothese aufgestellt, die er Quantenhypothesenannte [3.2, 5].

Auch er betrachtete die Eigenmoden des Hohl-raums als Oszillatoren. Aber Planck nahm an, daßjeder Oszillator Energie nicht in beliebig kleinen Be-trägen aufnehmen kann (wie dies für Wν = kT beikontinuierlich ansteigender Temperatur der Fall wäre),sondern nur in bestimmten Energiequanten .DieseEnergiequanten hängen von der Frequenz ν der Eigen-schwingung ab und sind immer ganzzahlige Vielfacheeines kleinsten Quants h ·ν, wobei die Konstante

h = 6,6260693 ·10−34 Js

das Plancksche Wirkungsquantum heißt. Die kleinst-möglichen Energiequanten h ·ν der Eigenschwingun-gen des elektromagnetischen Feldes heißen Photonen.

Die Energie einer Eigenschwingung mit n Photonender Frequenz ν ist dann

Wν = n ·h ·ν . (3.10)

Im thermischen Gleichgewicht ist die Wahrscheinlich-keit p(W ), daß eine Eigenschwingung die EnergieW = n ·h ·ν hat, also mit n Photonen besetzt ist, pro-portional zum Boltzmann-Faktor exp[−W/kT ] (sieheBd. 1, Kap. 7). Die Wahrscheinlichkeit

p(W ) = e−n·h·ν/(kT )

∞∑

n=0e−n·h·ν/(kT )

(3.11)

ist so normiert, daß∑∞

n=0 p(nhν) = 1 wird, wie mansofort aus (3.11) sieht. Dies muß natürlich so sein,weil jede Schwingung ja irgendeine Energie nhν ha-ben muß, d. h. die Wahrscheinlichkeit

∑p(W ), über

alle erlaubten Energien summiert, muß 1 sein.Die mittlere Energie pro Eigenschwingung wird

dann

W =∞∑

n=0

nhν · p(nhν) (3.12)

=∑

nhν · e−nhν/(kT )

∑e−nhν/(kT )

= h ·νehν/(kt) −1

.

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3.1. Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung 77

BEWEIS

Mit β = 1/kT ergibt sich:

1.

∞∑

n=0

nhν · e−nhν·β = − ∂

∂β

( ∞∑

n=0

e−nhνβ

)

= − ∂

∂β

(1

1− e−hνβ

)

= hν · e−hνβ

(1− e−hνβ)2

2.

∞∑

n=0

e−nhν·β = 1

1− e−hν·β

1.

2.= hν

ehν/(kT ) −1.

Die spektrale Energiedichte wν(ν) der Hohlraumstrah-lung ist dann

wν(ν, T ) = n(ν) · W(ν, T ) . (3.13)

Einsetzen von (3.6) und (3.12) ergibt die berühmtePlancksche Strahlungsformel

wν(ν)dν = 8πhν3

c3

ehν/(kT ) −1(3.14a)

der spektralen Energiedichteverteilung wν(ν) der Hohl-raumstrahlung. Die Größe wν(ν) gibt die räumlicheEnergiedichte pro Frequenzintervall dν = 1 s−1 an(J m−3 s).

Die Strahlungsdichte der vom Flächenelement dFeines Schwarzen Körpers in den Raumwinkel dΩ

emittierten Strahlung (Abb. 3.5) ist dann:

S∗ν dνdΩ = c

4πwν dνdΩ

= 2hν3

c2

dνdΩ

ehν/(kT ) −1, (3.15)

in vollkommener Übereinstimmung mit experimentel-len Ergebnissen.

Für h ·ν kT kann man den Nenner in (3.15) we-gen e+x ≈ 1+ x durch hν/(kT ) annähern und erhältdann:

S∗ν (ν) ≈ 2ν2

c2kT ⇒ wν(ν) = 8πν2

c3kT , (3.16)

Abb. 3.5. Spektrale Verteilung S∗(λ) der Strahlungsdichte ei-nes Schwarzen Körpers im Wellenlängenintervall ∆λ = 1 nm.Die Kurve für 3000 K ist 100-fach überhöht

also das Rayleigh-Jeans-Gesetz, das sich damit alsGrenzfall der allgemeinen Planckschen Strahlungsfor-mel für hν kT erweist.

Wegen λ = c/ν kann man das Plancksche Strah-lungsgesetz (3.14a) auch als Funktion der Wellen-länge λ schreiben. Dabei muß man jedoch beachten, daßdλ/dν = −c/ν2 ⇒ dλ = −(c/ν2)dν gilt. Wenn wλ(λ)

die spektrale Energiedichte pro Wellenlängenintervalldλ = 1 m ist, erhält man aus (3.14a)

wλ(λ) = 8πhc

λ5

1

ehc/(λkT ) −1. (3.17)

Aus dwλ/dλ = 0 erhält man dann die Wellenlänge λm,bei der wλ maximal wird:

λm = 2,88 ·10−3

T [K] [m] (3.18)

(siehe Aufg. 3.1).In Abb. 3.6 sind für zwei unterschiedliche Tempera-

turen die spektralen Intensitätsverteilungen nach Planckund nach Rayleigh-Jeans dargestellt.

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78 3. Entwicklung der Quantenphysik

Planck

Planck

1000 K

R.J.R.J.3000 K

32,521,510,5

)rsnmmW/(*S 112 −−−⋅)(λ

m/ µλ

*S

*S 25⋅

Abb. 3.6. Vergleich von Planckschem und Rayleigh-Jeansschem Gesetz für die Strahlung einesSchwarzen Körpers bei zwei unterschiedlichenTemperaturen

BEISPIEL

Die Sonne kann in guter Näherung als SchwarzerStrahler angesehen werden. Nach (3.15) ist die Strah-lungsdichte S∗, die bei λ = 500 nm (ν = 6 ·1014 s−1)von 1 m2 der Sonnenoberfläche in den Raumwin-kel ∆Ω = 1 sr im Wellenlängenintervall ∆λ = 1 nm(= ∆ν = 1,2 · 1012 s−1) abgestrahlt wird, bei einerOberflächentemperatur der Sonne von 5800 K

S∗ν∆ν ≈ 4,5 ·104 W

m2 sr.

Integriert über alle Wellenlängen ergibt das eineStrahlungsdichte S∗ = 1 ·107 W/(m2 sr).

Die Erde erscheint vom Mittelpunkt der Sonne ausunter dem Raumwinkel

∆Ω = R2E/4

(1,5 ·1011)2= 2,5 ·10−7 sr .

Integriert man die Strahlungsdichte (3.15) über die Son-nenoberfläche, so läßt sich die Intensität der auf die Erdeauffallenden Strahlungsleistung berechnen (Aufg. 3.2).Die Erde bekommt im sichtbaren Spektralbereich zwi-schen ν1 = 4 ·1014 Hz und ν2 = 7 ·1014 Hz (∆ν ≈ 3 ·1014 Hz) dann etwa 500 W/m2 zugestrahlt. Dies sindetwa 36% der gesamten auf die Erde auftreffendenIntensität der Sonnenstrahlung [3.6, 7].

Wir haben aus den beiden vorigen Abschnittengesehen, daß die experimentellen Befunde richtig theo-retisch erklärt werden können, wenn man annimmt,daß das Strahlungsfeld quantisiert ist, d. h. daß dieEnergiedichte wν keine kontinuierliche Funktion derTemperatur ist, sondern daß es kleinste ,,Energiequan-ten“ h · ν gibt. Der klassische Ansatz wν ∝ kT mußersetzt werden durch das Plancksche Gesetz (3.14a).

Es gibt viele weitere Hinweise auf die Richtigkeitdes Planckschen Strahlungsgesetzes. Zu ihnen gehörtdie Verschiebung des Maximums der Intensitätsvertei-lung mit der Temperatur.

3.1.3 Wiensches Verschiebungsgesetz

Um die Lage des Intensitätsmaximums der PlanckschenStrahlung (d. h. der Strahlung des Schwarzen Kör-pers) zu finden, müssen wir die Ableitung dS∗(ν)/dν

bilden und gleich Null setzen. Einfacher ist es, denLogarithmus zu bilden und

d

(ln S∗(ν)

) = 0

zu setzen, was uns natürlich die gleiche Frequenz νm

liefert. Das Ergebnis ist (siehe Aufg. 3.1)

νm = 2,82

hkT

= 5,873 ·1010 [s−1K−1] · T [K] . (3.19)

Die Frequenz νm des Strahlungsmaximums steigtalso linear mit der Temperatur T an, d. h. derQuotient νm/T bleibt konstant.

Aus (3.18) folgt, daß das Produkt λm · T = 2,88 ·10−3 m · K unabhängig von der Temperatur ist:

⇒ λm · T = const . (3.20)

Ebenso sieht man aus (3.19), daß νm/T = 2,82 k/hunabhängig von T ist. Dies nennt man das Wien-sche Verschiebungsgesetz (Abb. 3.7), welches das

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3.1. Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung 79

Maximum der Intensitätsverteilung der thermischenStrahlung mit der Temperatur T der Strahlungsquelleverknüpft. Es folgt unmittelbar aus der Planck-schen Strahlungsformel und stimmt hervorragend mitentsprechenden Messungen überein.

Man beachte, daß das Maximum von wλ(λ) nichtbei λ = c/νm liegt. Dies liegt daran, daß wλ(λ) dieEnergiedichte im Einheitswellenlängenintervall (z. B.dλ = 1 nm) ist, während wν(ν) die Energiedichteim Einheitsfrequenzintervall dν = 1 s−1 ist. Wegendλ = −(c/ν2)dν nimmt dλ bei konstantem dν mit 1/ν2

ab mit steigendem ν. Mit einem Spektrographen wirdwλ gemessen.

BEISPIELE

1. Für T = 6000 K (Temperatur der Mitte der Son-nenoberfläche) ist λm = 480 nm, während νm = 3,5 ·1014 s−1 ist.

2. Für den Glühfaden einer Glühbirne ist T ≈2800 K ⇒ λm = 1028 nm.Das Maximum der Lichtemission liegt also im In-fraroten. Für die Beleuchtung kann nur ein kleinerTeil der emittierten Strahlung genutzt werden, d. h.die Lichtausbeute

η = emittierte sichtbare Lichtleistung

aufgewandte elektrische Leistung

einer Glühbirne ist klein gegen 1.3. Auch bei Zimmertemperatur T = 300 K strahlen

alle Körper Energie als Wärmeenergie mit demMaximum bei etwa λm ≈ 9,7 µm ab.

3.1.4 Das Stefan-BoltzmannscheStrahlungsgesetz

Die gesamte Energiedichte der Hohlraumstrahlung,integriert über alle Frequenzen, ist

w(T ) =∞∫

ν=0

wν(ν, T )dν

= 8πh

c3

∞∫

ν=0

ν3 dν

ehν/(kT ) −1. (3.21)

54321

*S m545,0max µ=λ m7,2max µ=λ

)(500 λ*SK5000T =

m/ µλ

K1000T =

Abb. 3.7. Wiensches Verschiebungsgesetz, illustriert an zweiPlanckverteilungen für T = 5000 K und T = 1000 K

Das Integral kann mit x = hν/(kT ) und der Reihenent-wicklung:

1

ex −1= e−x

1− e−x=

∞∑

n=1

e−nx

durch gliedweise Integration gelöst werden. Mit

ν = kT

hx ⇒ dν = kT

hdx

folgt:

w(T ) = 8πh

c3

(kT

h

)4 ∞∑

n=1

x3 e−nx dx .

Man erhält:

w(T ) = a · T 4 mit a = 8π5k4

15h3c3. (3.22)

Die Strahlungsdichte S∗ der von dem Oberflächen-element dF = 1 m2 eines Schwarzen Körpers in denRaumwinkel dΩ = 1 sr emittierten Strahlung ist wegenS∗ = c/(4π)w

S∗(T ) = c

4πcos θ · T 4

= 2π4k4

15h3c2· cos θ · T 4 . (3.23)

In den gesamten Halbraum (dΩ = 2π) wird dann proFlächeneinheit der Strahlungsquelle die Strahlungslei-stung

dW

dt=

S∗(T ) dΩ = σ · T 4 (3.24)

abgestrahlt (Stefan-Boltzmannsche Strahlungsformel).

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80 3. Entwicklung der Quantenphysik

Die Konstante

σ = 2π5k4

15c2h3= 5,67 ·10−8 Wm−2K−4

heißt Stefan-Boltzmann-Konstante.Viele experimentelle Befunde (z. B. die Abstrahlung

der Sonne oder die Wärmestrahlung heißer Körper)zeigen die Gültigkeit des Stefan-Boltzmann-Gesetzes(3.24), das aus der Planckschen Strahlungsformelhergeleitet wurde.

3.1.5 Photoelektrischer Effekt

Bestrahlt man eine gegen ihre Umgebung negativ auf-geladene isolierte Metallplatte mit ultraviolettem Licht(Abb. 3.8), so stellt man fest, daß die Ladung auf derPlatte abnimmt (Heinrich Hertz (1857–1894) 1887,Wilhelm Hallwachs (1859–1922) 1895). Es müssen alsoElektronen die Platte verlassen haben.

Diese durch Licht induzierte Elektronenemissionkann quantitativ mit der Anordnung in Abb. 3.9 ge-messen werden (Lenard 1902). Die bestrahlte Plattein einem evakuierten Glaskolben dient als Kathode,der eine Anode gegenübersteht. Der Photostrom IPh(U)

wird mit einem empfindlichen Amperemeter als Funk-tion der Spannung U zwischen Anode und Kathodegemessen (Abb. 3.9b). Er beginnt bereits bei einer ne-gativen Gegenspannung U0, wächst mit abnehmenderGegenspannung an, bis er einen konstanten Sättigungs-wert IS(Pλ) erreicht, der von der Leistung Pλ derauf die Kathode fallenden UV-Strahlung abhängt. DiePhotoelektronen müssen also eine kinetische EnergieEkin ≤ e ·U0 haben.

−−

Isolator

Elektro-meter

dQdt

N e= − ⋅•

−Qh ⋅ ν

Abb. 3.8. Versuch von Hall-wachs zum Nachweis desphotoelektrischen Effekts

+

+

−−−

a)

b)

PhI

PhI

U

U

0U− 0

Abb. 3.9. (a) Photozellezur Messung desPhotostroms als Funktionder angelegten Spannung;(b) Photostrom I(U)

Durch sorgfältige Messungen fand Lenard 1902folgende Resultate:

• Die kinetische Energie m2 v2 der Photoelektronen ist

nur von der Frequenz ν des Lichtes, nicht von seinerIntensität abhängig.

• Die Zahl der Photoelektronen ist proportional zurLichtintensität.

• Zwischen Lichteinfall und Elektronenaustritt gibt eskeine meßbare Verzögerung.

Einstein konnte 1905 die experimentellen BefundeLenards mit Hilfe des Lichtquanten-Modells erklä-ren [3.8]: Jedes absorbierte Photon gibt seine Energieh ·ν vollständig an ein Photoelektron ab. Für die maxi-male kinetische Energie der Photoelektronen folgt dannaus dem Energiesatz:

Emaxkin = h ·ν − Wa , (3.25)

wobei Wa = −e(φVak −φ) die Austrittsarbeit des Ka-thodenmaterials ist (man wählt meistens φVak = 0). Diesist diejenige Energie, die man aufwenden muß, um dasElektron gegen die Kräfte, die es im Metall binden, ausdem Metall ins Vakuum zu bringen (siehe Abschn. 13.5und Bd. 2, Abschn. 2.9.1). Da die maximale kinetischeEnergie

Emaxkin = −e ·U0 (U0 < 0 !)

aus der gemessenen Gleichspannung U0, bei der derPhotostrom einsetzt, bestimmt werden kann, läßt sich

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3.1. Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung 81

ν⋅⋅

=αh

Uetan 0

ν⋅haW

kin0 EeU =−

α

Abb. 3.10. Messung der maximalen Gegenspannung U0 alsFunktion der Frequenz ν des einfallenden Lichtes

(3.25) auch schreiben als

− e ·U0 = h ·ν − Wa . (3.26)

Trägt man daher −eU0 gegen die Photonenenergieh ·ν = hc/λ auf, so erhält man aus der Steigung derGeraden U0(ν) die Planck-Konstante h und aus demAchsenabschnitt die Austrittsarbeit Wa (Abb. 3.10).

Einstein (Bd. 1, Abb. 1.8) erhielt 1921 für seineTheorie des Photoeffektes den Nobelpreis für Physik.

Im klassischen Wellenmodell sollte die auf dieFläche F auftreffende Lichtleistung PL = IL · F gleich-mäßig auf alle Elektronen verteilt werden. Bei einerEindringtiefe ∆z ≈ λ der Lichtwelle (siehe Bd. 2, Ab-schn. 8.4.2) und einer Dichte N ([N] = 1 m−3) derLeitungselektronen im Metall würde jedes Elektron imMittel im Zeitintervall ∆t die Energie

∆W = PL

N · F ·λ ∆t (3.27)

aufnehmen. Damit ∆W größer als die Austrittsarbeit Wa

wird, muß ∆t > Wa · N · F ·λ/PL sein.

BEISPIEL

Eine Zinkplatte (Wa ≈ 4 eV) sei 1 m entfernt von derLichtquelle, die (durch ein Spektralfilter) 1 W Lichtlei-stung bei λ = 250 nm emittiert. Auf 1 cm2 der Plattefällt dann die Lichtintensität

IL = 1 W

4πR2≈ 8 ·10−6 W/cm2 ,

die sich bei einer Eindringtiefe λ der Lichtwelle auf N =1023 /cm3 ·λ = 2,5 ·1018 Elektronen pro cm2 verteilen.

Die pro Elektron im Mittel aufgenommene Leistung istdann

Pel ≈ 3 ·10−24 W = 2 ·10−5 eV/s .

Es würde etwa ∆t = Wa/Pel = 2 ·105 s dauern, bisElektronen emittiert würden, im krassen Widerspruchzum Experiment.

Es gibt in der physikalischen Literatur zahlrei-che Beschreibungen von detaillierten Experimenten,die Einsteins Erklärung des Photoeffekts eindeutigbestätigen [3.1]. Als Beispiel sei ein Experimentvon Joffe und Dobronrawov aus dem Jahre 1925angeführt, bei dem die Ladungsänderungen ∆Q ei-nes kleinen elektrisch geladenen Wismut-Kügelchensmit der Ladung Q gemessen wird, das in einemMillikan-Kondensator (Bd. 2, Abschn. 1.8) schwebtund mit schwacher Röntgenstrahlung beleuchtet wird(Abb. 3.11). Jede Ladungsänderung führt zu einer Stö-rung des mechanischen Gleichgewichtszustandes desKügelchens, das mit einem Mikroskop beobachtet wird.

Bei einer Strahlungsleistung der fast punktförmi-gen Röntgenquelle von P = 10−12 W (dies entsprichteiner Emissionsrate von etwa N = 103 Röntgenquan-ten pro Sekunde mit Energien h · ν = 104 eV) wurdeim Mittel etwa alle 30 min eine Ladungsänderung desBi-Teilchens beobachtet. Die Quantenhypothese erklärtdies wie folgt:

Die Zahl Z der Röntgenquanten, die im Zeitinter-vall ∆t auf ein Bi-Teilchen treffen, ist Z = N ·∆t ·dΩ/4π, wobei dΩ der Raumwinkel ist, unter demdie Querschnittsfläche des Bi-Teilchens von der Rönt-genquelle aus erscheint. Die daraus berechnete Rate Zstimmt gut mit der experimentell beobachteten Rate derLadungsänderungen ∆Q überein.

+

Blende

Abb. 3.11. Experiment von Joffe und Dobronrawov zurBestätigung der Photonenhypothese

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82 3. Entwicklung der Quantenphysik

Im Wellenmodell breitet sich die Röntgenstrahlungin Form einer Kugelwelle von der Quelle her in alleRichtungen aus. Genau wie im Quantenmodell wirdder Bruchteil dP = P · dΩ/4π der emittierten Leistungvom Bi-Teilchen absorbiert, sollte sich aber auf alleN ≈ 1012 Elektronen verteilen. Auch im Wellenmodellwürde das gesamte Bi-Teilchen nach etwa 30 min ge-nügend Energie absorbiert haben, um für ein Elektrondie Austrittsarbeit zu überwinden. Aber warum solltenalle N Elektronen ihren Energieanteil plötzlich auf einausgewähltes Elektron übertragen?

Man sieht hieraus, daß die Unzulänglichkeit desWellenmodells darin besteht, daß in ihm die Wellen-energie nicht lokalisiert ist auf ein einzelnes Atombzw. Elektron. Wie in [3.9] gezeigt wird, kann man je-doch diese Schwierigkeit umgehen, wenn man auch denElektronen im Metall Welleneigenschaften zuordnet(siehe Abschn. 11.3).

3.1.6 Compton-Effekt

Der korpuskulare Charakter der Lichtquanten wird be-sonders deutlich bei einem von Arthur Holly Compton(1892–1962) 1922 entdeckten Phänomen: Bestrahltman beliebiges Material mit Röntgenstrahlung derWellenlänge λ0, so findet man in der Streustrahlungaußer der erwarteten Wellenlänge λ0 auch Anteilemit größerer Wellenlänge λS > λ0 (Abb. 3.12). DieWellenlängenverteilung dieser langwelligen Streustrah-lung hängt stark vom Streuwinkel ϑ ab, weniger vomStreumaterial (Abb. 3.12d).

Im Photonenmodell wird der Compton-Effekt alsdirekter elastischer Stoß zwischen einem Photon mitder Energie hν und dem Impuls p = k und ei-nem schwach gebundenen Elektron des Streumaterialsgedeutet (Abb. 3.12b). Ist die Bindungsenergie EB

des Elektrons sehr klein gegen die Photonenenergie(EB hν), so können wir sie vernachlässigen und dasElektron als frei ansehen. Wir nehmen zur Vereinfa-chung der folgenden Rechnung ferner an, daß es sichvor dem Stoß in Ruhe befindet.

Bei dem Stoß

hν0 + e− → hνS + e−(Ekin) (3.28)

müssen Energie und Impuls erhalten bleiben. Da dasPhoton Lichtgeschwindigkeit hat und auch das Elek-tron nach dem Stoß große Geschwindigkeiten erreichenkann, müssen wir den relativistischen Energie- und Im-

pulssatz anwenden (siehe Bd. 1, Abschn. 4.4.3). Wirwählen unser Koordinatensystem so, daß die Strahlungin x-Richtung einfällt und die x-y-Ebene die Streu-ebene ist (Abb. 3.12c). Der Energiesatz lautet dann mitβ = v/c:

hν0 = hνS + Eekin (3.29)

mit

Eekin = m0c2

√1−β2

−m0c2 . (3.30)

Ordnen wir dann dem Photon mit der Energie hν denImpuls p = k mit |p| = k = h/λ = hν/c zu, so ergibtder Impulssatz

k0 = kS + pe mit pe = m0v√

1−β2. (3.31)

Auflösen nach pe und Quadrieren ergibt

m20v

2

1−β2= h2

c2(ν2

0 +ν2S −2ν0νS cos ϕ) (3.32)

mit ϕ als dem Winkel zwischen Einfalls- und Streurich-tung des Photons. Aus dem Energiesatz (3.29) ergibtsich durch Quadrieren:

(hν0 −hνS +m0c2)2 = m20c4

1−β2,

woraus man durch Umordnen erhält:

m20v

2

1−β2= h2

c2(ν0 −νS)

2 +2h(ν0 −νS)m0 . (3.33)

Durch Vergleich von (3.32) mit (3.33) erhält man dann

ν0 −νS = h

m0

ν0νS

c2(1− cos ϕ) . (3.34)

Mit λ = c/ν und (1−cos ϕ) = 2 sin2(ϕ/2) wird dies dieCompton-Streuformel:

λS = λ0 +2λc sin2(ϕ/2) (3.35)

mit

λc = h

m0c= 2,4262 ·10−12 m . (3.36a)

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3.1. Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung 83

Abb. 3.12a–d. Comptoneffekt: (a) Experiment; (b) Schema;(c) Vektordiagramm; (d) Wellenlängen λS als Funktion des

Streuwinkels für die Streuung der Kα-Strahlung von Mo inGraphit (siehe Abschn. 7.6) gemessen 1923 von Compton

Die Konstante λc wird die Compton-Wellenlänge desElektrons genannt. Sie gibt die Wellenlängenänderung∆λ = λS −λ0 bei einem Streuwinkel von ϕ = 90 an.Erweitert man die rechte Seite von (3.36a) mit c, soergibt dies

λc

λ0= hν0

m0c2. (3.36b)

Das Verhältnis λc/λ0 gibt also das Verhältnis vonPhotonenenergie hν0 der einfallenden Strahlung zurRuheenergie m0c2 des Elekrons an. Die Meßer-gebnisse stimmen mit den theoretischen Resultaten(3.35) hervorragend überein. Aus der Messung vonλS und ϕ läßt sich λc und damit auch die Planck-Konstante h (bei Kenntnis der Elektronenmasse m0)bestimmen.

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84 3. Entwicklung der Quantenphysik

3.1.7 Eigenschaften des Photons

Die in den vorigen Abschnitten diskutierten Experi-mente haben den Teilchenaspekt elektromagnetischerWellen demonstriert. Jedes elektromagnetische Feld derFrequenz ν besteht aus Energiequanten hν, den Pho-tonen. Bei einer Energiedichte wem ist die Zahl derPhotonen pro m3

n = wem/(hν) . (3.37)

Bei einer elektromagnetischen Welle mit der IntensitätI = c · ε0 E2 fallen

N = I/(hν) mit N = n · c (3.38)

Photonen pro Zeit- und Flächeneinheit auf die beleuch-tete Fläche. Wie der Compton-Effekt gezeigt hat, läßtsich jedem Photon der Impuls p = k mit dem Betrag

p = hν/c (3.39)

zuordnen, so daß der Gesamtimpuls pro Volumenein-heit, den die Welle mit einer Energiedichte wem hat,durch

πSt = n ·k mit = h/2π , (3.40)

gegeben ist mit dem Betrag

πSt = nh/λ = wem/c . (3.41)

Bei der Absorption von Licht durch freie Atomewird beobachtet, daß jedes absorbierte Photon denDrehimpuls des Atoms um den Betrag = h/2π ändert.

Man kann daher aus der Erhaltung des Drehim-pulses des Systems Photon/Atom schließen, daß dasPhoton einen Drehimpuls haben muß, unabhängigvon seiner Energie h · ν. Wird links-zirkular pola-risiertes Licht (σ+, siehe Bd. 2, Abschn. 12.7), dasin z-Richtung läuft, von freien Atomen absorbiert,so ändert sich nur die Drehimpulskomponente Jz

um den Betrag ∆Jz = (siehe Abschn. 6.5), beiσ−-Polarisation um ∆Jz = −. Wir müssen darausschließen, daß der Drehimpuls aller Photonen bei σ+-Licht in die Ausbreitungsrichtung der Photonen, beiσ−-Licht entgegen dieser Richtung orientiert ist.

Da diese Richtung durch den Wellenvektor k festge-legt ist, gilt für den Drehimpuls sPh eines Photons, denman auch Photonenspin nennt

sPh = ± ·k/|k| . (3.42)

c)a) b)E→

k→

k→

s hk→ →∧

= −s hk→ →∧

= +

k→

k→

k→

σ+-Licht σ−-Licht

s hk→ →∧

= −s hk→ →∧

= +

+

Abb. 3.13a–c. Photonenmodell von polarisiertem Licht.(a) Linkszirkular, (b) rechtszirkular, (c) linear polarisiert

Da linear polarisiertes Licht durch Überlagerung glei-cher Anteile von σ+- und σ−-Licht entsteht, müssenin einer linear polarisierten elektromagnetischen Welledie Hälfte aller Photonen den Spin s+ = +k/k unddie andere Hälfte den Spin s− = −k/k haben, so daßder gesamte Drehimpuls einer linear polarisierten WelleNull ist (Abb. 3.13).

Gemäß der Beziehung E = mc2 zwischen Masse mund Energie E eines Teilchens kann man dem Photonformal die Masse

m = E

c2= hν

c2(3.43)

zuordnen. Man beachte jedoch, daß es keine ruhendenPhotonen gibt, so daß ,,Masse“ nicht der Ruhemasseeines klassischen Teilchens entspricht.

Aus dem relativistischen Energiesatz

E =√

p2c2 +m20c4 (3.44)

(siehe Bd. 1, Abschn. 4.4.3) folgt mit E = h · ν undp = E/c für die Ruhemasse m0 eines Photons m0 = 0.Dies hätte man natürlich auch sofort aus Bd. 1, (4.42)für die relativistische Masse m = m0/

√1−β2 se-

hen können, da nur Teilchen mit m0 = 0 sich mitLichtgeschwindigkeit (β = 1) bewegen können.

3.1.8 Photonen im Gravitationsfeld

Schreibt man den Photonen eine Masse m = h ·ν/c2 zu,so muß ein Photon die Arbeit

W = m ·∆φG = hν

c2

(φG(r2)−φG(r1)

)(3.45)

verrichten, wenn es im Gravitationsfeld von einem Ortmit dem Gravitationspotential φG(r1) zum Ort r2 mit

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3.1. Experimentelle Hinweise auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung 85

φG(r2) gelangt. Aus Gründen der Energieerhaltung mußdaher seine Energie h ·ν sich um diesen Betrag ändern.Die Frequenz des Photons ändert sich dann zu

ν2 = ν1

(

1− ∆φG

c2

)

⇒ ∆ν

ν= ∆φG

c2. (3.46)

BEISPIELE

1. Eine Lichtquelle auf dem Erdboden sendet Lichtvertikal nach oben aus. In der Höhe H wird dieFrequenz

ν2 = ν1

(

1− g · H

c2

)

gemessen. Mit H = 20 m, g = 9,81 m/s2 erhältman: ∆ν/ν ≈ 2,5 ·10−15. Diese Rotverschiebungwurde in der Tat von Pound und Rebka [3.10] mitHilfe des Mößbauer-Effektes (siehe Abschn. 12.4)gemessen (Abb. 3.14).

2. Licht, das von der Oberfläche der Sonne mit derFrequenz ν1 ausgesandt wird, hat auf der Erde diekleinere Frequenz

ν2 = ν1

(

1− G · MR · c2

)

,

wobei die Frequenzvergrößerung durch das Erdgra-vitationsfeld vernachlässigt werden kann. Einsetzender Zahlenwerte ergibt ∆ν/ν ≈ 5 ·10−7. Diese Ver-schiebung läßt sich mit modernen Interferometernrelativ leicht messen [3.11].

Man merke sich also:

Licht erfährt beim Aufsteigen im Gravitationsfeldeine Rotverschiebung, die der Zunahme ∆Wpot

an potentieller Energie m ·∆φG einer Masse m =hν/c2 entspricht.

3.1.9 Wellen- und Teilchenbeschreibung von Licht

Man sieht aus den vorigen Abschnitten, daß die Teil-cheneigenschaften Masse, Energie und Impuls desPhotons

m = hν

c2, E = hν,

p = k mit |k| = 2π

λ

Detektor

Quelle

H

ν1

ν2∆νν

= ⋅H g

c2

Abb. 3.14. Nachweis derRotverschiebung von Pho-tonen im Gravitationsfeld

nur über die Welleneigenschaften Frequenz ν bzw.Wellenlänge λ = c/ν definiert sind.

Dies zeigt bereits eine enge Verknüpfung zwischenTeilchen- und Wellenmodell für elektromagnetischeStrahlung. Wir wollen als Beispiel den Zusammenhangzwischen Intensität einer Welle und der Photonendichtediskutieren.

Wenn N Photonen h · ν pro Volumeneinheit mitder Geschwindigkeit c senkrecht durch die Flächen-einheit fliegen, dann ist im Teilchenbild die Intensitätder Lichtwelle (Energie pro m2 und s)

I = N · c ·h ·ν . (3.47a)

Im Wellenbild ist sie

I = ε0cE2 . (3.47b)

Sollen beide Ausdrücke identisch sein, so muß derBetrag der elektrischen Feldstärke der Lichtwelle

E =√

h ·νε0

· N (3.48)

proportional zur Wurzel aus der Photonenzahl N sein.Man kann die Photonenstruktur des Lichtes in vielen

verschiedenen Experimenten demonstrieren. Ein Bei-spiel ist das Experiment von Taylor (Abb. 3.15), bei demauf einem Kreis im Abstand R um eine Lichtquelle meh-rere gleiche Detektoren Di angeordnet sind [3.12]. Imklassischen Wellenmodell sendet die Lichtquelle eineKugelwelle

E = (A/r)ei(ωt−kr) (3.49)

aus, so daß alle Detektoren Di mit der Empfängerflä-che F pro Zeiteinheit die gleiche Strahlungsleistung

dW

dt= cε0

A2

R2· F (3.50)

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86 3. Entwicklung der Quantenphysik

SR

D5

D1

D2

D3D4

Abb. 3.15.Experiment vonTaylor zurPhotonenstruktureiner Lichtwelle

empfangen. Dies wird bei genügend großen Intensitätenin der Tat beobachtet.

Wenn jedoch die Lichtintensität der Lichtquelle so-weit vermindert wird, daß dW/dt h ·ν/τ wird, wobeiτ das zeitliche Auflösungsvermögen der Detektoren ist,so mißt man Empfangssignale der Detektoren, die zeit-lich statistisch über die einzelnen Detektoren verteiltsind. Es erreicht nämlich dann im Zeitintervall ∆t = τ

höchstens ein Photon einen der Detektoren, während imgleichen Intervall die anderen Detektoren kein Signalerhalten.

Das bedeutet, daß bei diesen kleinen Intensitä-ten die Quantennatur des Lichtes augenfällig wird.Die Energie wird nicht gleichzeitig in alle Richtun-gen emittiert, sondem in ganz bestimmte Richtungen,die jedoch statistisch verteilt sind. Mittelt man überlängere Zeiten, in denen jeder Detektor viele Pho-tonen erhalten hat, zeigt sich, daß im Mittel jederDetektor fast gleich viele Photonen zählt. Die An-zahl der Photonen, die auf die einzelnen Detektorentreffen, zeigt eine Poisson-Verteilung (siehe Bd. 1, Ab-schn. 1.8.4). Die Standardabweichung beträgt σ =

√N .

Die Wahrscheinlichkeit, daß ein beliebiger DetektorN = N ±3

√N Photonen gezählt hat, ist p = 0,997.

Dies illustriert, daß die klassische Beschreibungvon Licht als elektromagnetische Welle den Grenz-fall großer Photonenzahlen darstellt. Die relativeSchwankung der räumlichen Photonendichte

∆N

N∝ 1√

N

nimmt mit wachsender Photonenzahl ab.Ein besonderes Merkmal des klassischen Teilchens

ist seine Lokalisierbarkeit auf ein kleines Raumgebiet,das Volumen des Teilchens, im Gegensatz zur Welle, dieüber ein größeres Raumgebiet ausgebreitet ist. Wie auch

für diesen scheinbaren Widerspruch Photonen- undWellenmodell in Einklang gebracht werden können,wollen wir in Abschn. 3.3 näher behandeln [3.13].

Über die Frage, ob das Licht als Welle oderals aus Teilchen bestehend aufzufassen ist, gab eseinen lange andauernden Streit zwischen Isaac New-ton (1642–1727), der die Korpuskeltheorie vertrat, undChristiaan Huygens (1629–1695), der das Wellenmo-dell für richtig hielt [3.14]. Die beiden kamen 1689 inLondon zusammen und diskutierten ihre kontroversenAnsichten, kamen aber zu keiner Einigung. Experi-mente, die von Huygens, Thomas Young (1773–1829)und vielen anderen Forschern durchgeführt wurdenund welche eindeutig Interferenz- und Beugungser-scheinungen des Lichtes offenbarten, entschieden denStreit dann zugunsten des Wellenmodells, weil man da-mals glaubte, daß mit Teilchen keine Interferenz- undBeugungserscheinungen beobachtbar sein sollten.

Es ist sehr instruktiv, die Interferenz von Licht an ei-nem Doppelspalt (Youngscher Interferenzversuch sieheBd. 2, Abschn. 10.2) bei sehr kleinen Lichtintensitä-ten zu untersuchen (Abb. 3.16). Man beobachtet, daßdie einzelnen Photonen fast statistisch verteilt an denOrten x in der Beobachtungsebene ankommen und

I(x)

I

xc)

b)

a)

Abb. 3.16a–c. Erzeugung einer Interferenzstruktur mittels In-terferenz am Doppelspalt (a) für sehr kleine Lichtintensitäten,bei denen die statistische Schwankung ∆N der Photonenzahl∆N > Nmax − Nmin ist; (b) für ∆N ≈ Nmax − Nmin; (c) fürgroße Intensitäten

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3.2. Der Wellencharakter von Teilchen 87

Tabelle 3.1. Charakteristische Eigenschaften des Photons

Energie Impuls Drehimpuls Massen-äquivalent

E = h ν p = k s = ± k m = E/c2

= h/(c ·λ)

E = ω |p| = h/λ |s| = m0 = 0= E/c

Elektromagnetische Welle mit der Photonendichte n, derelektrischen Feldstärke E und der Intensität I :

spektrale Intensität ImpulsdichteEnergiedichte

w0 = n ·hν I = n · c ·hν πSt = (1/c2) · S= ε0|E|2 = cε0|E|2 = nk

dort z. B. auf einer Photoplatte eine körnige Strukturschwarzer Punkte erzeugen, aus denen man anfangsnoch keine Interferenzstruktur erkennen kann, solange√

N noch nicht wesentlich größer als der UnterschiedNmax − Nmin in der fast statistischen Verteilung N(x)der auf der Photoplatte ankommenden Photonen ist(Abb. 3.16a). Belichtet man jedoch die Photoplattegenügend lange, so sieht man immer deutlicher dieInterferenzstruktur (Abb. 3.16b,c), obwohl die Lichtin-tensität so klein ist, daß im gleichen Zeitintervall ∆T(Flugzeit der Photonen von der Quelle zum Detektor)immer höchstens nur ein Photon ,,unterwegs“ ist, so daßes nicht ohne weiteres verständlich ist, wie es zur Inter-ferenz der Photonen kommen kann. Dieses Paradoxonwurde dann durch die Quantentheorie gelöst, die wir inKap. 4 behandeln wollen.

Aus den Beispielen dieses Abschnitts wird jedochdeutlich, daß nach unserer heutigen VorstellungLicht sowohl Wellen- als auch Teilchencharakterhat.

Zum Schluß dieses Abschnitts sollen noch einmaldie Eigenschaften des Photons und ihr Zusammen-hang mit dem klassischen Wellenmodell in Tabelle 3.1zusammengefaßt werden.

Im nächsten Abschnitt werden wir sehen, daß auchbei Objekten wie Elektronen, Neutronen, Atomen oderMolekülen, die üblicherweise eindeutig als Teilchen an-gesehen werden, Beugungs- und Interferenzphänomenebeobachtet werden.

3.2 Der Wellencharakter von Teilchen

Louis de Broglie (1892–1987) (Abb. 3.17) machte 1924den Vorschlag, die duale Beschreibung p = k durchWellen- und Teilchenmodell, die sich bei Licht bewährthatte, auch auf Teilchen wie Elektronen, Neutronenoder Atome zu übertragen, deren Wellencharakter biszum damaligen Zeitpunkt nie beobachtet wurde [3.15].Für diese Arbeit erhielt de Broglie 1929 den Nobelpreis.

3.2.1 Die de-Broglie-Wellenlängeund Elektronenbeugung

Wendet man die Beziehung p = k auf Teilchen derMasse m an, die sich mit der Geschwindigkeit v bewe-gen, so muß man im dualen Modell wegen k = 2π/λ

Abb. 3.17. Louis de Broglie. Aus E. Bagge: Die Nobelpreis-träger der Physik (Heinz-Moos-Verlag, München 1964)

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88 3. Entwicklung der Quantenphysik

den Teilchen die de-Broglie-Wellenlänge

λ = h

p= h

m ·v = h√2m · Ekin

(3.51)

zuordnen. Die de-Broglie-Wellenlänge eines Teilchensist demnach umgekehrt proportional zu seinem Im-puls. Beschleunigt man z.B. Elektronen durch eineSpannung U auf die Geschwindigkeit v c, wird we-gen Ekin = e ·U ihre de-Broglie-Wellenlänge von derBeschleunigungsspannung U abhängig:

λ = h/√

2meU . (3.52)

BEISPIEL

U = 100 V, me = 9,1 ·10−31 kg, h = 6,6 ·10−34 Js ⇒λ = 1,2 ·10−10 m = 0,12 nm.

Clinton Joseph Davisson (1881–1958) (Nobelpreis1937) und Lester Halbert Germer (1896–1971) konn-ten dann in der Tat 1926 demonstrieren, daß beimDurchgang schneller Elektronen durch eine dünneFolie aus kristallinem Material auf einer Photo-platte im Abstand d hinter der Folie Beugungsringezu sehen waren, deren Durchmesser mit zuneh-mender Beschleunigungsspannung U der Elektronenabnahmen (Abb. 3.18a), völlig analog zu den Beu-gungserscheinungen beim Durchstrahlen der Folie mitRöntgenstrahlen (Abb. 3.18b).

Dies bedeutet: Elektronen, die bisher eindeutig alsTeilchen angesehen worden waren, zeigen in diesemExperiment Welleneigenschaften, im Einklang mit derHypothese von de Broglie [3.1].

In Abb. 3.19 werden die Beugungsstrukturen vonLicht und von Elektronen bei der Beugung an ei-ner Kante gezeigt. Dies soll illustrieren, daß beigleichem Produkt λ · r0 von Wellenlänge λ und Ab-stand r0 zwischen Kante und Beobachtungsebene

Abb. 3.18a,b. Vergleich (a) der Elektronenbeugung und(b) der Röntgenbeugung an einer dünnen Folie

Abb. 3.19a,b. Vergleich (a) der Lichtbeugung und (b) derElektronenbeugung (Ekin = 38 keV) an einer Kante einesMgO-Einkristalls. Dabei wurde in (b) der Abstand r0 der Pho-toplatte so eingestellt, daß r0 ·λ genau so groß wie in (a) war.Aus H. Raether: Elektroneninterferenzen, in: Handbuch derPhysik, Bd. 32, 443 (1957)

die Beugungsstrukturen und ihr Kontrastverhältnis fürElektronen und Licht durchaus vergleichbar sind.

3.2.2 Beugung und Interferenz von Atomen

Weitere Experimente zeigten, daß diese Beugungs-erscheinungen nicht auf Elektronen beschränkt sind,sondern daß auch mit Strahlen neutraler AtomeBeugungs- und Interferenzphänomene, die typisch sindfür Welleneigenschaften, beobachtet werden [3.16].

Wir wollen dies an zwei Beispielen verdeutli-chen. In Abb. 3.20 trifft ein Helium-Atomstrahl aufeinen engen Spalt der Breite b = 12 µm. Die amSpalt Sp gebeugten Atomwellen treffen dann 64 cmentfernt auf einen Doppelspalt (jeweils 1 µm breit,8 µm Abstand). In der Beobachtungsebene entstehtein Interferenzmuster I(y), das mit einem Detektor Dhinter einem in y-Richtung verschiebbaren Spalt ge-messen wird. Man sieht eine Interferenzverteilung,die völlig analog zu der Intensitätsverteilung vonLicht beim Youngschen Doppelspaltversuch ist (sieheBd. 2, Abschn. 10.5).

Hinweis

Um die Heliumatome einfacher nachweisen zu kön-nen, benutzt man energetisch angeregte Atome in einemlanglebigen metastabilen Zustand. Treffen diese an-geregten Atome auf eine Metallplatte, so können sieihr angeregtes Elektron abgeben, d. h. ionisiert werden.Die Ionen können dann mit einem Ionendetektor (sieheAbschn. 2.5) nachgewiesen werden [3.17].

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3.2. Der Wellencharakter von Teilchen 89

a)

b)

y

Interferenz-ebene

D

y

x

gebeugte

AtomwelleStrahl

Sp

He∗

S1

S2

-

I (Atome pro sec)

Untergrund

0

100

200

0

Abb. 3.20a,b. Beugung eines kollimierten Heliumatomstrahlsan einem Spalt und Beobachtung der Doppelspalt-Interferenz.(a) Beobachtete Interferenzstruktur; (b) experimentelleAnordnung [3.17]

In einem zweiten Experiment in Abb. 3.21 wird einkollimierter Strahl metastabiler He-Atome durch einestehende Lichtwelle mit der Wellenlänge λL geschickt.In den Knoten der stehenden Welle ist die Lichtam-plitude Null, und die Atome können dort ungehindertdurchfliegen. Die Lichtintensität ist in den Bäuchen ma-ximal, und die Atome können das Licht absorbieren,wenn die Lichtfrequenz ν auf einen atomaren Über-gang abgestimmt ist, so daß h ·ν = E2 − E1 gilt. Hinterder Welle beobachtet man das in Abb. 3.21b gezeigteInterferenzmuster für die Intensitätsverteilung N(θ) derHe-Atome, wenn man den Detektorspalt in y-Richtungverschiebt [3.17].

Man kann das Ergebnis mit zwei verschiedenen,sich nicht widersprechenden Modellen erklären:

Im Wellenmodell wirkt die stehende Lichtwelle fürdie de-Broglie-Welle der He-Atome wie ein Phasengit-

Laser

Laser

stehendeLichtwelle

Detektor

yeinfallendeMateriewelle Phasenmodulation

der Materiewelle

Beugungs-ordnungen

xa)

............ .

..

.

........

.

..

.

. ..

...

... .....

.

..

.................. ..........

.

..

.....

...... ..

...

. .....

....0 4−4−8

Impulsübertragung

Ato

mst

rahl

inte

nsitä

t N(θ

)

b)

0.0

0.5

1.0

8

∆p n hky = ⋅

Abb. 3.21a,b. Beugungs- und Interferenzphänomene beimDurchgang eines Heliumstrahls durch eine stehende Licht-welle. (a) Anordnung; (b) beobachtete Interferenzstruktur(Intensitätsverteilung N(θ) mit y = L · sin θ) [3.17]

ter, das zu Interferenzerscheinungen führt, völlig analogzum Phasen- oder Amplitudengitter in der Lichtop-tik. Durch Beugung an der periodischen Gitterstrukturmit der Gitterkonstante d = λL/2 werden die Teil-wellen der einfallenden Materiewellen abgelenkt. DiePhasendifferenz ∆ϕ = (2π/λD) ·∆s zwischen benach-barten Teilwellen hängt von der Wegdifferenz ∆s = d ·sin θ = 1

2λL · sin θ ab.Man erhält Interferenzmaxima für die Beugungs-

winkel θ, für die gilt

m ·λD = ∆s = 1

2λL · sin θ. (3.53)

Man kann das Meßergebnis in Abb. 3.21b auch imTeilchenbild interpretieren, wenn man konsequentHe-Atome und Photonen als Teilchen behandelt.

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90 3. Entwicklung der Quantenphysik

Durch Absorption von n Photonen in ±y-Richtungwird ein Rückstoßimpuls

∆py = ±n ·k = ±n ·h/λL (3.54)

in ±y-Richtung übertragen. Die Atome fliegen daher et-was schräg mit einem Impuls p = px,±nk, so daßden Beugungsmaxima n-ter Ordnung Teilchen mit ei-ner Impulsübertragung ∆p = n ·k zugeordnet werdenkönnen [3.18, 19].

Dieses Beispiel macht deutlich, daß sowohlTeilchen- als auch Wellenmodell Beschreibungen desgleichen physikalischen Sachverhaltes sind.

3.2.3 Bragg-Reflexion und Neutronenspektrometer

Trifft ein kollimierter Strahl von Teilchen mit demImpuls p = m · v und der de-Broglie-WellenlängeλD = h/p unter dem Winkel α gegen die parallelenGitterebenen eines regelmäßigen Kristalls, so inter-ferieren die an den verschiedenen Gitterebenen mitdem Abstand d reflektierten Anteile genau dann kon-struktiv, wenn der Wegunterschied ∆s = n ·λ wird(Abb. 2.10). Dies führt analog zur Bragg-Reflexion vonRöntgenstrahlen zur Bedingung

2d · sin α = n ·λD , n ganzzahlig. (3.55)

Durch Messung der Einfallswinkel α, bei denenMaxima der Intensität der reflektierten Teilchenauftreten, läßt sich daher bei bekanntem Netzebenen-abstand d die de-Broglie-Wellenlänge λ bestimmen.In Abb. 3.22 wird dies am Beispiel eines Neutro-nenspektrometers verdeutlicht: Die Neutronen werdenin einem Kernreaktor (siehe Bd. 4) erzeugt, durchStöße mit Paraffin abgebremst und verlassen dannden Reaktor durch Kollimationsblenden als kollimierterStrahl mit einer thermischen Geschwindigkeitsvertei-lung. Durch einen drehbaren Kristall mit bekanntemNetzebenenabstand d kann ein wählbarer Einfalls-winkel α1 eingestellt werden. Damit können in derRichtung 2α1 gegen die Einfallsrichtung nur Neutro-nen mit einer de-Broglie-Wellenlänge λD = 2d · sin α1,also einer Geschwindigkeit v = h/(2md sin α1) selek-tiert werden. Der Kristall wirkt als Monochromatorund ist in seiner Wirkungsweise völlig analog zumGittermonochromator in der optischen Spektroskopie.

Statt der Bragg-Reflexion an einem bekanntenKristall kann auch eine Flugzeitmethode zur Geschwin-digkeitsselektion der Neutronen verwendet werden.

Probenkristall

Blende

Neutronen-zähler

Monochromator-Kristall

a)

α1

2 1α

monochromatischeNeutronen mit

Detektor

b)

dx

NeutronenvomReaktor λ αD d= ⋅2 1sin

Abb. 3.22a,b. Neutronen-Spektrometer. (a) Monochromati-sierung der Neutronen durch Bragg-Reflexion; (b) Selektioneiner wählbaren Geschwindigkeitsklasse N(v±∆v/2) durcheine Flugzeitmethode

Durch eine rotierende Scheibe mit einem Schlitzwerden die Teilchen nur während eines kurzen Zei-tintervalls ∆t zur Zeit t = 0 durchgelassen. Mißtman den Zeitpunkt t1 ihrer Ankunft am Detektor,so ist bei einer Flugstrecke L ihre Geschwindigkeitv = L/t1.

Diese Neutronen mit bekannter de-Broglie-Wellen-länge λD können jetzt auf einen Kristall mit unbe-kanntem Netzebenenabstand dx treffen, so daß aus denEinfallswinkeln αx , für die man Interferenz-Maximaerhält, die Netzebenenabstände dx bestimmt werdenkönnen. Die reflektierten Neutronen werden mit ei-nem neutronenempfindlichen Detektor (Zählrohr) mitBortrifluorid (siehe Bd. 4) nachgewiesen.

3.2.4 Neutronen-Interferometrie

Man kann die Welleneigenschaften von Neutronenausnutzen, um analog zum Röntgeninterferometer inAbb. 2.12 ein Neutroneninterferometer zu bauen. Dies

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3.2. Der Wellencharakter von Teilchen 91

1

2T

t

T

t

t3

Si-Kristall

Probe

reflektierende Gitterebenen

zumDetektor

D2

zumDetektor

D1

Abb. 3.23. Neutronen-Interferometer

wurde in mehreren Labors realisiert (Abb. 3.23) undbrachte eine Fülle neuer Untersuchungsmethoden fürfundamentale physikalische Fragestellungen und fürProbleme der angewandten Physik und Technik [3.20].

Man benutzt wie beim Röntgeninterferometer dieBragg-Reflexion an Kristallscheiben, die aus einemSilizium-Einkristall herausgeschnitten wurden, undmißt am Ausgang die Interferenz-Intensität der sichin der Scheibe 3 wieder überlagernden Teilstrahlen.Die Intensität hängt bekanntlich von der Phasendiffe-renz ∆ϕ zwischen den Teilwellen ab. Jetzt kann manin einen der beiden Teilstrahlen eine zu untersuchendeProbe einbringen, die eine zusätzliche Phasenverschie-bung verursacht und daher zu einer Änderung desMeßsignals führt. Man erhält zwei Richtungen am Aus-gang, in denen sich die Teilwellen überlagern. DieSumme der Signale an den Detektoren D1 und D2

muß unabhängig von der Phasenverschiebung ∆ϕ sein(Erhaltung der Teilchenzahl!).

Eine Phasenverschiebung kann auch durch dasGravitationsfeld der Erde erzeugt werden, wenn diebeiden Teilstrahlen in verschiedener Höhe verlaufen,d. h. wenn der Kristall in Abb. 3.23 um 90 um die

Längsachse gedreht wird. Das Interferometer ist soempfindlich, daß es den Unterschied der Gravitations-einwirkung bei einem Höhenunterschied von wenigencm noch nachweisen kann [3.21].

3.2.5 Anwendungen der Welleneigenschaftenvon Teilchen

Man kann die de-Broglie-Wellenlänge λD = h/(m ·v)durch geeignete Wahl der Teilchengeschwindigkeit v

an das jeweilige Problem optimal anpassen. Beider Vermessung von Gitterebenenabständen d durchBragg-Reflexion von Teilchen sollte λD etwas klei-ner als d sein. In Tabelle 3.2 sind die Zahlenwertevon λD für Elektronen, Neutronen und Heliumatome beiverschiedenen Energien Ekin = (m/2) v2 angegeben.

BEISPIEL

He-Atome haben bei Zimmertemperatur (T = 300 K)eine mittlere Geschwindigkeit v ≈ 1300 m/s und einemittlere kinetische Energie Ekin ≈ 0,03 eV. Ihre de-Broglie-Wellenlänge ist dann λD = 8,3 ·10−11 m, alsoetwa halb so groß wie der Atomabstand in einemKristall.

Mit solchen thermischen Heliumatomen kann mandie Oberflächenstruktur von Festkörpern abtasten, in-dem die Beugung eines parallelen, unter dem Winkel α

einfallenden Strahls durch Messung der Intensitäts-verteilung der von der Oberfläche reflektierten Atomegemessen wird. Da die Atome, im Gegensatz zu denNeutronen, nicht in den Festkörper eindringen, wird dieOberflächenstruktur der obersten Atomlage gemessen.Weitere Beispiele für Anwendungen der ,,Atomoptik“werden im Kap. 10 gegeben.

Tabelle 3.2. De-Broglie-Wellenlängen λD in 10−10 m = 1 Åfür Elektronen, Neutronen und Heliumatome bei verschiede-nen Energien Ekin

Ekin/eV Elektronen Neutronen He-Atome

0,03 70,9 1,65 0,831 12,3 0,28 0,143

104 0,123 0,003 0,001

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92 3. Entwicklung der Quantenphysik

Betrachten wir die Elektronen in einem Elektro-nenmikroskop als de-Broglie-Welle, so ergibt sichbei einer Energie Ekin = 105 eV eine WellenlängeλD ≈ 4 ·10−12 m, also um etwa fünf Größenord-nungen kleiner als die Lichtwellenlänge. Deshalbliegt die beugungsbedingte Auflösungsgrenze mit∆x ≥ λ/2 entsprechend tiefer. Die wirklich erreichteAuflösung des Elektronenmikroskops wird nicht durchdie Beugung, sondern durch Abbildungsfehler derElektronenoptik begrenzt.

3.3 Materiewellenund Wellenfunktionen

Zur Wellenbeschreibung eines Teilchens der Masse m,das sich mit der Geschwindigkeit v in x-Richtungbewegt, wählen wir für die Materiewelle eine zurLichtwelle analog Darstellung

ψ(x, t) = C · ei(ωt−kx) = C · ei/·(Et−px) , (3.56)

wobei die Frequenz ω der Materiewelle mit der kine-tischen Energie Ekin des Teilchens durch ω = Ekin/

verknüpft ist. Für die Photonen der Lichtwelle bzw. dieTeilchen der Materiewelle gelten die Relationen

E = ω und p = k (3.57)

mit |k| = 2π/λ. Es besteht jedoch ein wichtiger Unter-schied: Die Phasengeschwindigkeit, die man aus derBedingung

d

dt(ωt − kx) = 0 ⇒ dx

dt= vPh = ω

k(3.58)

erhält, ist für elektromagnetische Wellen unabhängigvon der Frequenz ω, weil k = ω/c und daher vPh = cist, d. h. die Dispersion dvPh/dω der Lichtwellen imVakuum ist Null.

Für Materiewellen gilt dies nicht! Aus den Rela-tionen (3.56) und (3.57) mit E = Ekin = p2/2m für einfreies Teilchen (d. h. das Teilchen bewegt sich kräftefreiim konstanten Potential) folgt mit p = k und ω = E/

ω =

2mk2 ⇒ vPh = ω

k=

2m· k

⇒ dvPh

dω= 1

k= 0 . (3.59)

Die Phasengeschwindigkeit hängt also vom Wellen-vektor k, d. h.. vom Impuls des Teilchens ab. Mit der

Teilchengeschwindigkeit vT = p/m = k/m folgt:

vPh = 1

2vT . (3.60)

Materiewellen zeigen also Dispersion, und ihrePhasengeschwindigkeit ist gleich der halbenTeilchengeschwindigkeit.

Deshalb ist die Materiewelle (3.56) und ihre Pha-sengeschwindigkeit vPh nicht ohne weiteres geeignet,die Teilchenbewegung zu beschreiben, zumal die ebeneWelle (3.56) sich im ganzen Raum ausbreitet, dasTeilchen jedoch wenigstens ungefähr lokalisierbar seinsollte. Wir werden sehen, daß man diesen Mangel durchdie Einführung von Wellenpaketen beheben kann.

3.3.1 Wellenpakete

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Materie-welle (3.56) und einem Teilchen im klassischen Sinnliegt darin, daß die ebene Welle eine ortsunabhängigeAmplitude hat, also über den gesamten Raum ausge-breitet ist, während das klassische Teilchen zu jeder Zeitan einem bestimmten Ort x lokalisiert werden kann.

Durch die Konstruktion von Wellenpaketen (auchWellengruppen genannt) kann man Materiewellen indefinierter Weise ,,lokalisieren“, wie im folgendengezeigt werden soll:

Überlagert man mehrere ebene monochromati-sche Wellen mit Amplituden C j , nahe benachbartenFrequenzen ω j und parallelen Wellenvektoren k j ,die in x-Richtung laufen, so zeigt ihre Überlage-rung (Abb. 3.24)

ψ(x, t) =∑

j

C j ei(ωj t−k j x) (3.61)

maximale Amplituden an bestimmten Orten xm, die sichmit der Gruppengeschwindigkeit vg = ∆ω/∆k in x-Richtung bewegen (siehe Bd. 1, Abschn. 11.9.7).

Bei der Überlagerung von unendlich vielen Wellen,deren Frequenzen ω das Intervall

ω0 −∆ω/2 ≤ ω ≤ ω0 +∆ω/2

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3.3. Materiewellen und Wellenfunktionen 93

Abb. 3.24. Überlagerung von zwei monochromatischen Wel-len mit etwas unterschiedlichen Frequenzen ω j und gleichenAmplituden C j

ausfüllen und deren Wellenzahlen im Intervall k = k0 ±∆k/2 liegen, geht die Summe (3.61) in das Integral

ψ(x, t) =k0+∆k/2∫

k0−∆k/2

C(k) · ei(ωt−kx) dk (3.62)

über. Wenn ∆k k0 gilt, kann man die Funktion

ω(k) = ω0 +(

dk

)

k0

· (k − k0)+· · · (3.63)

in eine Taylorreihe entwickeln, deren höhere Gliederwir vernachlässigen.

Wenn sich die Amplitude C(k) im engen Inter-vall ∆k (man beachte, daß ∆k k gewählt wurde) nichtwesentlich ändert, können wir C(k) durch den konstan-ten Wert C(k0) ersetzen und erhalten durch Einsetzenvon (3.63) in (3.62) mit den Abkürzungen κ = k − k0

und u = (dω/dk)k0 · t − x:

ψ(x, t) = C(k0) · ei(ω0t−k0x)

+∆k/2∫

−∆k/2

eiuκ dκ .

Die Integration ist elementar ausführbar und ergibt

ψ(x, t) = A(x, t) ei(ω0t−k0x) (3.64a)

mit

A(x, t) = 2C(k0)sin(u∆k/2)

u. (3.64b)

x

xb)

a)

ψ

ψ

∆ ∆x k= 4π /

vg

Abb. 3.25a,b. Wellenpaket als Überlagerung von unendlichvielen Wellen mit Frequenzen ω im Bereich ω0 ±∆ω/2(a) mit konstanter Amplitude C(k) = C(k0) der Teilwellen,(b) mit gaußförmiger Verteilung der Amplituden

Die Funktion ψ(x, t) beschreibt eine ebene Welle, de-ren Amplitude A ein Maximum bei u = 0 hat, also beixm = (dω/dk)k0 · t (Abb. 3.25). Wir nennen ψ(x, t) einWellenpaket. Die Form des Wellenpaketes (Höhe undAbstand der Nebenmaxima) hängt von der Größe desIntervalls ∆k und von der Amplitudenverteilung C(k)in (3.62) ab. Sein Maximum bewegt sich mit derGruppengeschwindigkeit

vg =(

dk

)

k0

(3.65)

in x-Richtung. Aus den Relationen

ω = E

= p2

2m= k2

2m

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94 3. Entwicklung der Quantenphysik

folgt

vg = dω

dk= k

m= p

m= vT . (3.66)

Ein Wellenpaket eignet sich besser zur Beschrei-bung bewegter Mikroteilchen als die ebene Mate-riewelle (3.56), weil seine charakteristischen Eigen-schaften mit entsprechenden Größen des klassischenTeilchenmodells verknüpft werden können:

• Die Gruppengeschwindigkeit vg des Wellenpaketesist gleich der Teilchengeschwindigkeit vT.

• Der Wellenvektor k0 des Gruppenzentrums be-stimmt den Teilchenimpuls pT = k0.

• Im Gegensatz zur ebenen Welle ist das Wellenpaketlokalisiert. Seine Amplitude hat nur in einem be-schränkten Raumgebiet ∆x maximale Werte. Aus(3.64b) erhält man zu einem Zeitpunkt t = 0 fürdie volle Fußpunktsbreite des zentralen Maximumswegen ∆k < 2k0:

∆x = 4π/∆k ≥ 2π/k0 = λD , (3.67)

woraus man sieht, daß dieses Maximum minde-stens so breit wie die de-Broglie-Wellenlänge λD

der Materiewelle des Teilchens ist.

Teilchen können durch Wellenpakete beschriebenwerden. Die Teilchengeschwindigkeit entsprichtder Gruppengeschwindigkeit des Wellenpaketes.

Anmerkung

Die zusätzlichen Nebenmaxima in Abb. 3.25a ver-schwinden, wenn man für die Amplituden Ck derTeilwellen keinen konstanten Wert, sondern z. B. eineGaußverteilung

Ck = C(k0) · exp

(

− (k − k0)2

2∆k2

)

annimmt (Abb. 3.25b).

Trotz dieser Verknüpfungen kann man das Wel-lenpaket aus folgenden Gründen nicht direkt als dasWellenmodell des Teilchens ansehen:

• Die Wellenfunktion ψ(x, t) in (3.64a) kann kom-plexe und auch negative Werte annehmen, dienicht unmittelbar mit realen Meßgrößen verknüpftwerden können.

• Die Breite des Wellenpaketes wird, wie im näch-sten Abschnitt gezeigt wird, wegen der Dispersionder Materiewellen, aus denen es aufgebaut ist, imLaufe der Zeit größer. Es verändert also seine Formwährend der Ausbreitung im Raum im Gegensatzzu einem klassischen Teilchen, das seine Gestaltbeibehält.

• Ein elementares Teilchen wie das Elektron stel-len wir uns unteilbar vor. Eine Welle kann aber,z.B. durch einen Strahlteiler, in zwei Komponen-ten aufgeteilt werden, die sich dann in verschiedeneRichtungen weiter ausbreiten.

Abb. 3.26. Max Born. Aus E. Bagge: Die Nobelpreisträgerder Physik (Heinz-Moos-Verlag, München 1964)

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3.3. Materiewellen und Wellenfunktionen 95

Diese Schwierigkeiten bewogen Max Born (1882–1970, Abb. 3.26) 1927, eine statistische Deutung derMateriewellen vorzuschlagen [3.22].

3.3.2 Statistische Deutung der Wellenfunktion

Da ein Teilchen beim Auftreffen auf eine Grenzflä-che entweder reflektiert oder transmittiert wird, liegtes nahe, die Aufteilung der entsprechenden Materie-wellen in einen reflektierten und einen transmittiertenAnteil der Wellenamplitude mit den Wahrscheinlichkei-ten für Reflexion bzw. Transmission des Teilchens zuverbinden.

Da die Wahrscheinlichkeit definitionsgemäß einereelle positive Zahl zwischen Null und Eins ist, kanndie komplexe Wellenamplitude selbst nicht als Maßfür diese Wahrscheinlichkeit verwendet werden. Bornschlug folgende Definition vor:

Die Wahrscheinlichkeit W(x, t)dx, daß sich einTeilchen zur Zeit t im Ortsintervall von x bis x +dx befindet, ist proportional zum Absolutqua-drat |ψ(x, t)|2 der das Teilchen beschreibendenMateriewellenfunktion ψ(x, t):

W(x, t)dx ∝ |ψ(x, t)| 2 dx . (3.68)

Man nennt |ψ(x, t)|2 die Wahrscheinlichkeits-dichte am Ort x zur Zeit t (Abb. 3.27a).

Ein Teilchen, das sich entlang der x-Achse bewegt,muß mit der Wahrscheinlichkeit W = 1 irgendwo zwi-schen x = −∞ und x = +∞ zu finden zu sein. Deshalbmuß die Normierungsbedingung gelten:

+∞∫

x=−∞|ψ(x, t)| 2 dx = 1 . (3.69)

Mit dieser Normierung wird der Proportionalitätsfaktorin (3.68) gleich eins, und es gilt:

W(x, t) dx = |ψ(x, t)| 2 dx . (3.70)

Kann sich das Teilchen frei im Raum bewegen,ordnen wir ihm ein dreidimensionales Wellenpa-ket ψ(x, y, z, t) zu (siehe auch Abb. 3.27b). Da einexistierendes Teilchen mit Sicherheit, d. h. mit der

a)

b)

vg

x

y

x0 x

ψ( , )x t t= 02

∆x

W x t dx x t dx( , ) ( , )0 0 0 02= ψ

Abb. 3.27. (a) Absolutquadrat der Wellenfunktion eines Wel-lenpaketes als Wahrscheinlichkeitsdichte, ein Teilchen umden Ort x = x0 zur Zeit t = t0 zu finden; (b) zweidimensiona-les Wellenpaket |ψ(x, y, t0)|2

Wahrscheinlichkeit W = 1, irgendwo im Raum seinmuß, gilt für den dreidimensionalen Fall:

∫∫∫

V

|ψ(x, y, z, t)| 2 dx dy dz ≡ 1 . (3.71)

Wir können also zusammenfassen: Jedes physikali-sche ,,Teilchen“ kann durch ein Wellenpaket dargestelltwerden, das durch eine Wellenfunktion ψ(x, y, z, t)(z. B. (3.64)) beschrieben wird. Die Größe

W(x, y, z, t) dx dy dz = |ψ(x, y, z, t)| 2 dx dy dz

dieser gemäß (3.71) normierten Funktion ψ gibt dieWahrscheinlichkeit W(x, y, z) an, das Teilchen zurZeit t im Volumenelement dV = dx dy dz zu fin-den. Diese Wahrscheinlichkeit ist am größten für dasZentrum des Wellenpaketes, das sich mit der Gruppen-geschwindigkeit vg im Raum fortbewegt, die identischmit der Teilchengeschwindigkeit ist. Die Wahrschein-lichkeit ist jedoch in einem endlichen Volumen ungleich

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96 3. Entwicklung der Quantenphysik

Null, d. h. man kann das Teilchen nicht exakt an einemPunkte x, y, z lokalisieren. Seine Ortsbestimmungweist eine gewisse Unschärfe auf, die mit der räum-lichen Verteilung des Wellenpaketes zusammenhängtund die wir jetzt genauer quantifizieren wollen.

3.3.3 Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation

Als Beispiel für ein Wellenpaket wählen wir eineÜberlagerung von ebenen Wellen, deren Amplituden

C(k) = C0 exp

[

−(a

2

)2(k − k0)

2]

(3.72)

um k = k0 gaußverteilt sind (Abb. 3.27). Das eindimen-sionale Wellenpaket wird damit

ψ(x, t) = C0

+∞∫

−∞e−(a/2)2 (k−k0)2

ei(kx−ωt) dk . (3.73)

Die Integration über k ist analytisch ausführbar undliefert für den Zeitpunkt t = 0 mit der Normierungs-konstanten C0 = √

a/(2π)3/4

ψ(x, 0) =(

2

πa2

)1/4

· e−x2/a2 · eik0x . (3.74)

Die so normierte Funktion hat die Wahrscheinlichkeits-dichte

|ψ(x, 0)| 2 =√

2

πa2e−2x2/a2

, (3.75)

welche der Normierungsbedingung

+∞∫

−∞|ψ(x, 0)| 2 dx = 1 (3.76)

genügt, wie man durch Einsetzen von (3.75) in (3.76)sieht.

Das Wellenpaket von (3.74) hat seine maxi-male Amplitude bei x = 0. Für x1,2 = ±a/2 ist dieWahrscheinlichkeitsdichte |ψ(x, 0)|2 auf 1/

√e ihres

Maximalwertes abgesunken. Man definiert üblicher-weise das Intervall x1 − x2 = ∆x = a als die volle Breitedes Wellenpaketes (3.75).

Gemäß (3.73) setzt sich das Wellenpaket aus ebenenWellen mit einer Amplitudenverteilung C(k) zusam-men. Die Breite ∆k = k1 − k0 der Verteilung C(k)zwischen den Wellenzahlen k1 und k0, für die gilt:|C(k1)|2 = C2

0/√

e, ist nach (3.72) ∆k = 1/a.

Wir erhalten daher das wichtige Ergebnis:

Das Produkt aus räumlicher Breite ∆x desWellenpaketes und der Breite ∆k des Wel-lenzahlintervalls der das Wellenpaket bildendenMateriewellen ist gleich 1.

∆x ·∆k = 1 (3.77)

Dieses Ergebnis ist uns bereits aus der Optik bekannt(siehe Bd. 2, Abschn. 11.6.4). In einem Spektralappa-rat ist das kleinste noch auflösbare Frequenzintervall∆ω = 1/∆tmax durch die maximale Laufzeitdifferenz∆tmax = ∆x/c der miteinander interferierenden Teil-wellen begrenzt. Mit ∆ω = c ·∆k entspricht dies genau(3.77).

Abb. 3.28. Werner Heisenberg. Aus E. Bagge: Die Nobel-preisträger der Physik (Heinz-Moos-Verlag, München 1964)

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3.3. Materiewellen und Wellenfunktionen 97

Seine Bedeutung für die quantenmechanischeBeschreibung von Teilchen erhält (3.77) durch Interpre-tation des Absolutquadrates des Wellenpaketes (3.75)als Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Aufenthalts-ort eines Teilchens. Mit der de-Broglie-Beziehungpx = k für den Impuls des Teilchens, das sich inx-Richtung bewegt, wird aus (3.77) die Gleichung

∆x ·∆px = . (3.78)

Man kann zeigen [3.23], daß ein gaußförmiges Wel-lenpaket das minimale Produkt ∆x ·∆px aus Orts-und Impulsbreite liefert. Bei allen anderen Amplitu-denverteilungen gilt ∆x ·∆px > . Wir kommen damitzur Aussage der erstmals von Werner Karl Heisenberg(1901–1975, Abb. 3.28) formulierten HeisenbergschenUnbestimmtheitsrelation, oft auch Unschärferelationgenannt:

∆x ·∆px ≥ . (3.79)

Das Produkt aus der Unbestimmtheit ∆x der Orts-bestimmung des Teilchens, definiert als die räum-liche Breite des Wellenpaketes, und der Impulsun-schärfe ∆px des Teilchens, definiert als die Breiteder Impulsverteilung der das Wellenpaket aufbauendenWellen mit den Impulsen px = kx , ist immer größeroder gleich (Abb. 3.29).

Anmerkung

Oft wird als Breite ∆x einer Gaußverteilung das In-tervall zwischen den Punkten gewählt, bei denen dieFunktion auf 1/e (statt auf 1/

√e) ihres Maximal-

wertes gesunken ist. Dann ergibt sich für ∆k aus(3.72) ∆k = 2 ·2/a = 4/a und aus (3.75) ∆x = 2 ·a/

√2

= a ·√2. Man erhält dann statt (3.77) ∆k ·∆x = 4 ·√2und für die Unschärferelation

∆x ·∆px ≥ 4 ·√2≈ 5,7 · . (3.80)

Wählt man als Breite des Wellenpaketes den Abstandder beiden ersten Nullstellen auf beiden Seiten des zen-tralen Maximums, so erhält man ∆x ·∆k = 2π, und aus(3.79) wird dann

∆x ·∆p ≥ h , (3.81)

d. h. wird durch h = 2π ersetzt.

Abb. 3.29a,b. Darstellung der Unbestimmtheitsrelation durchdie Orts- und Impulsunschärfen eines Wellenpaketes:(a) kleine Ortsunschärfe; (b) große Ortsunschärfe

Der Zahlenwert der unteren Grenze für das Pro-dukt ∆x ·∆px hängt von der Definition derOrtsunschärfen ∆x bzw. ∆px ab.

Für die anderen Raumrichtungen eines dreidimen-sionalen Wellenpaketes erhält man analog zu (3.79)

∆y ·∆py ≥ , ∆z ·∆pz ≥ . (3.82)

Wir wollen uns die Unbestimmtheitsrelation aneinigen Beispielen verdeutlichen:

a) Beugung von Elektronen an einem Spalt

Auf einen Spalt der Breite ∆x = b falle senkrecht einparalleler, in x-Richtung ausgedehnter Strahl von Elek-tronen mit dem Impuls p = 0, py, 0 (Abb. 3.30). Vordem Durchlaufen des Spalts ist ihre Impulskompo-nente px = 0, während wir über die x-Koordinate einesElektrons keine genauere Angaben machen können.

Von allen einfallenden Elektronen passieren je-doch nur solche den Spalt, deren x-Koordinate imIntervall x = 0±b/2 liegt, d. h. für diese transmit-

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98 3. Entwicklung der Quantenphysik

Abb. 3.30. Beugung von Elektronen an einem Spalt, inter-pretiert durch die Unbestimmtheitsrelation

tierten Elektronen läßt sich die Unbestimmtheit ihrerx-Koordinate einengen auf das Intervall ∆x = b.Nach der Unbestimmtheitsrelation (3.81) wird dadurchdie Unbestimmtheit der Impulskomponente px ≥ h/b,d. h. die Elektronen können hinter dem Spalt in einemWinkelbereich −θ ≤ ϕ ≤ +θ angetroffen werden mit

sin θ = ∆px

p= h

b · p. (3.83a)

Beschreiben wir die Elektronen durch eine de-Broglie-Welle mit der Wellenlänge λ = h/p, so wird diese amSpalt gebeugt, und wir erhalten ein zentrales Beugungs-maximum mit der Fußpunktsbreite ∆ϕ = 2θ zwischenden ersten beiden Nullstellen der Intensitätsverteilung.

Analog zur Beugung in der Optik (siehe Bd. 2,Kap. 10) gilt:

sin θ = λ

b= h

b · p, (3.83b)

was sich als identisch mit (3.83a) erweist.

Dies macht deutlich, daß die Unschärferelationnichts weiter als die Wellenbeschreibung von Teil-chen und die bei einer räumlichen Begrenzungder Welle auftretenden Beugungserscheinungenberücksichtigt.

b) Räumliche Auflösungsgrenze eines Licht-mikroskops auf Grund der Unschärferelation

Angenommen, wir wollten mit einem Lichtmikroskopden Ort x eines ruhenden Mikroteilchens bestimmen.Dazu müssen wir das Teilchen beleuchten, um aus demvon ihm gestreuten Licht der Wellenlänge λ seinen Ortfeststellen zu können (Abb. 3.31).

Ein gestreutes Photon muß in einen Raumkegelmit dem Öffnungswinkel 2α gestreut werden, damites vom Objektiv (Durchmesser d) des Mikroskops er-faßt werden kann, wobei sin α ≈ tan α = d/2y. SeineImpulskomponente px hat dann eine Unbestimmtheit

∆px = pPh · sin α ≈ h

λ· d

2y. (3.84)

Wegen der Impulserhaltung beim Streuvorgang hatdann auch das Teilchen, an dem das Photon gestreutwurde und das dadurch einen Rückstoß bekommt, dieImpulsunschärfe ∆px .

Paralleles Licht, das in Abb. 3.31b von oben iny-Richtung auf das Mikroskop trifft, erzeugt in derFokusebene im Abstand y vom Objektiv wegen derBeugung am Objektivrand eine Beugungsstruktur,deren zentrales Maximum den Durchmesser

D = 1,22y · sin θ ≈ 2y ·λ/d (3.85)

hat (siehe Bd. 2, Abschn. 10.5.1).

d

y

x

gestreutesPhoton

Teilchen

d

y

D

Licht-quelle

p h= / λ

α

a) b)

θ

D y

y d

= ⋅ ⋅ ⋅= ⋅ ⋅

2 12

2

, sin

/

θλ

Abb. 3.31. Erklärung der räumlichen Auflösungsgrenze einesMikroskops mit Hilfe der Unschärferelation

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10. Experimentelle Methodender Atom- und Molekülphysik

Ziel aller Untersuchungen in der Atom- und Molekül-physik ist die Aufklärung der Struktur von Atomen undMolekülen und ihrer gegenseitigen Wechselwirkungen,die Bestimmung von Bindungs- und Ionisationsener-gien, von elektrischen und magnetischen Momentensowie eine möglichst genaue Kenntnis der molekularenDynamik, d. h. der zeitlichen Entwicklung molekula-rer Zustände, welche durch interne Umordnung derMolekülstruktur oder auch durch Stöße erfolgen kann.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine große Viel-falt verschiedener Experimentiertechniken entwickelt,die man aber alle den folgenden drei Bereichenzuordnen kann:

• Spektroskopische Methoden, bei denen die Ab-sorption oder Emission elektromagnetischer Strah-lung durch freie Atome oder Moleküle beobachtetwird. Aus der Messung der Wellenlängen derentsprechenden Spektrallinien lassen sich die Ener-gieniveaus und damit die Molekülstruktur ermitteln.Die Intensitäten der Linien geben Aufschluß überdie Übergangswahrscheinlichkeiten und damit überdie Symmetrien der Zustände und ihre gegensei-tigen Kopplungen. Aus den Linienbreiten lassensich oft Lebensdauern angeregter Molekülzuständebestimmen, aus Messungen der Druckverbrei-terung die Wechselwirkungspotentiale zwischenStoßpartnern. Zeitlich auflösende Verfahren gebenAufschluß über die Moleküldynamik.

• Messungen integraler und differentieller Streu-querschnitte und ihrer Abhängigkeit von derRelativgeschwindigkeit der Stoßpartner bei ato-maren oder molekularen Stoßprozessen. Aus denelastischen Streuquerschnitten gewinnt man Infor-mationen über das Wechselwirkungspotential zwi-schen den Stoßpartnern. Messungen inelastischerStoßquerschnitte erlauben detaillierte Einsichten indie verschiedenen Möglichkeiten des Energietrans-

fers bei Stößen und geben Aufschluß über diePrimärprozesse chemischer Reaktionen.

• Untersuchungen makroskopischer Phänomenewie die Transporteigenschaften molekularer Gase(Diffusion, Wärmeleitung, Reibung, siehe Bd. 1,Kap. 7) oder die Abhängigkeiten zwischen ther-modynamischen Größen (Druck p, Volumen V ,Temperatur T ) eines realen Gases. Bei diesen Ver-fahren werden nicht einzelne molekulare Stößeerfaßt, sondern statistische Mittelwerte über eine un-geheuer große Zahl (> 1020) von Stoßprozessen beistatistisch verteilten Relativgeschwindigkeiten undOrientierungen der Moleküle.

Die Informationen, welche aus den verschiedenenVerfahren gewonnen werden, ergänzen sich. Soliefert z. B. die Spektroskopie überwiegend Datenüber gebundene Zustände von Molekülen, derenGeometrie nicht weit von der Gleichgewichts-geometrie entfernt ist, während Stoßprozessehauptsächlich vom langreichweitigen Teil desPotentials beeinflußt werden.

In den letzten Jahren sind bei der Verwendungvon Lasern eine Reihe von Verfahren entwickelt wor-den, die Spektroskopie und Streuphysik miteinanderverbinden und dadurch weit mehr und wesentlich de-tailliertere Informationen über Molekülstruktur undMoleküldynamik ergeben.

Wir wollen nun in diesem Kapitel grundlegendeExperimentiertechniken inklusive neuerer Verfahrendiskutieren, um eine etwas genauere Vorstellung dar-über zu vermitteln, wie unsere heutige Kenntnis überAtome und Moleküle, die in den vorangegangenen Ka-piteln behandelt wurde, durch Experimente gewonnenwurde [10.1, 2].

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340 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

10.1 Spektroskopische Verfahren

Bei allen spektroskopischen Verfahren spielt dasspektrale Auf lösungsvermögen

R = λ

∆λmin(10.1)

die entscheidende Rolle. Dabei gibt ∆λmin das minimalenoch auflösbare Wellenlängenintervall an, d. h. zweiSpektrallinien, deren Abstand ∆λ größer ist als ∆λmin,können noch als getrennte Linien erkannt werden.

Ein zweites wichtiges Kriterium der spektrosko-pischen Technik ist ihre Empfindlichkeit. Diese wirdbestimmt durch die minimale Zahl der auf einematomaren oder molekularen Übergang Ei → Ek emit-tierten bzw. absorbierten Photonen, die gerade nochnachgewiesen werden kann.

Das spektrale Auflösungsvermögen hängt bei denmeisten spektroskopischen Techniken ab vom jeweilsverwendeten dispersiven Instrument zur Trennung derverschiedenen Wellenlängen (z. B. Spektrograph oderInterferometer, siehe Bd. 2, Abschn. 11.6), ist also ap-paratebedingt. Nur bei einigen Verfahren stellt dieLinienbreite (Dopplerbreite, Druckverbreiterung, sieheAbschn. 7.5) der absorbierenden bzw. emittierendenÜbergänge eine prinzipielle Grenze für die spektraleAuflösung dar.

Verschiedene Laserverfahren erlauben eine doppler-freie Spektroskopie, bei der die natürliche Linienbreitevermessen werden kann, obwohl sie sehr viel schmalerist als die Dopplerbreite (siehe Abschn. 10.2.5–2.7).

Die Empfindlichkeit bei der Absorptionsspektro-skopie kann mit Hilfe des minimalen noch meßbarenAbsorptionskoeffizienten α(ν) angegeben werden. Fällteine elektromagnetische Welle mit der Frequenz ν

und der Intensität I0 auf eine absorbierende Probe(Abb. 10.1), so wird die transmittierte, vom Detektor

La)

I0 I It 0= ⋅ − ⋅e Lα

α σ= ⋅∆N

b) Ni

Nk

Ji

Jk

g J= +2 1

∆N N Nkgg ik

i= −( )

Abb. 10.1. Absorption einer monochromatischen Welle durcheine Probe mit Absorptionskoeffizient α und Absorptions-länge L

gemessene Intensität

It(ν) = I0 · e−α(ν)·x . (10.2)

Der spektrale Nettoabsorptionskoeffizient αν(νki) mit[αν] = 1 m−1 Hz−1 für einen molekularen ÜbergangEk → Ei ist durch die Differenz von Absorptions-rate minus induzierter Emissionsrate bestimmt. NachAbschn. 8.1.1 gilt:

αν(νki) = [Nk − (gk/gi) Ni

] ·σν(νki) , (10.3)

wobei Ni , Nk die Besetzungszahldichten (in m−3) derNiveaus Ei , Ek sind, gi , gk die statistischen Gewichteder Niveaus mit Drehimpulsen Ji , Jk, welche durchdie Zahl 2J +1 der Orientierungsmöglichkeiten ge-geben ist, und σ(νki) ist der Absorptionsquerschnittpro Molekül auf dem Übergang Ek → Ei , welcher mitdem in (7.2) definierten Einsteinkoeffizienten Bki fürAbsorption durch die Relation

Bki = c

h ·νki

σν(νki) · dν

verknüpft ist. Die Integration erfolgt über alle Fre-quenzen von ν = 0 bis ν = ∞. Allerdings trägt derIntegrand nur innerhalb des Linienprofils I(ν) merklichzum Integral bei.

Für kleine Exponenten α · x 1 läßt sich die Nä-herung e−αx ≈ 1−αx verwenden, und (10.2) geht füreine Absorptionslänge x = L über in

I0 − It

I0= ∆I

I0≈ α · L

= [Nk − (gk/gi) Ni

] ·σ (νki) · L . (10.4)

Die minimale noch nachweisbare Intensitätsänderung∆I = I0 − It hängt von der Empfindlichkeit des Detek-tors ab, wird aber meistens begrenzt durch statistischeSchwankungen ∆IR (Rauschen) der einfallenden Inten-sität I0, d. h. der Lichtquelle, da absorptionsbedingteÄnderungen ∆I ∆IR nicht mehr nachgewiesenwerden können.

Die Erfindungsgabe des Experimentators mußsich daher auf Methoden zur Verbesserung desSignal-Rauschverhältnisses ∆I/∆IR konzentrie-ren [10.3].

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10.1. Spektroskopische Verfahren 341

10.1.1 Mikrowellenspektroskopie

Reine Rotationsübergänge von Molekülen liegen imMikrowellenbereich (siehe Abschn. 9.5). Da man ausder sehr genau möglichen Messung der Absorptions-frequenzen

νki = 2c · Bv(Jk +1) (10.5)

bzw. der Wellenzahlen νki = 1/λki = νki/c bei einemRotationsübergang Jk → Ji = Jk +1 die Rotationskon-stanten Bv zweiatomiger Moleküle im Schwingungs-zustand v und damit den mittleren Kernabstand Rbestimmen kann (siehe Abschn. 9.5), stellt die Mi-krowellenspektroskopie die genaueste Methode zurBestimmung der Molekülstruktur im elektronischenGrundzustand dar. Bei mehratomigen Molekülen mußman zur Bestimmung der Molekülstruktur die drei Träg-heitsmomente um die Hauptträgheitsachsen ermitteln(siehe Abschn. 9.8), also drei Rotationskonstanten mes-sen. Dazu braucht man mehrere Rotationsübergänge,d. h. viele Linien im Mikrowellenspektrum. Die Ana-lyse solcher Spektren ist nicht immer eindeutig, undoft muß man verschiedene Isotopomere eines Mole-küls vermessen, um die Bindungslängen und -winkel ingrößeren Molekülen eindeutig festzulegen.

Durchläuft eine Mikrowelle ein Zelle, welche dasabsorbierende Molekülgas bei der Temperatur T ent-hält, so gilt für die Besetzungszahlen bei thermo-dynamischem Gleichgewicht (siehe Bd. 1, Kap. 7)

Ni

Nk= gi

gk· e−∆E/kBT . (10.6)

Setzt man dies in (10.3) ein, so erhält man

αν(νki) = Nk(1− e−∆E/kBT ) ·σν(νki) . (10.7)

Bei Zimmertemperatur (T = 300 K ⇒ kBT ≈ 4 ·10−21 J) gilt für Mikrowellenübergänge kBT ∆E.

BEISPIEL

Bv = 0,2 cm−1, Jk = 5 ⇒ νik = 2,4 cm−1 ⇒ ∆E = h ·c ·νik = 4,3 ·10−23 J ⇒ ∆E/kBT ≈ 10−2.

Deshalb läßt sich die Exponentialfunktion in (10.7)entwickeln als exp(−∆E/kBT ) ≈ 1−∆E/kBT , undman erhält für den Absorptionskoeffizienten

α(νki) ≈ Nk · (∆E/kBT ) ·σ(νki) . (10.8)

Für ∆E kBT ergibt sich aus (10.6)

∆N

Nk= ∆E

kBT 1 .

Die relative Besetzungsdifferenz wird also sehr klein.

Auf Grund der sehr kleinen relativen Besetzungs-zahldifferenz (Nk − Ni)/Nk wird die Absorptionfast vollständig kompensiert durch die nur wenigkleinere induzierte Emission. Anders ausge-drückt: Die effektive Zahl Nk absorbierender Mo-leküle wird um den Faktor ∆E/kBT verringert.

BEISPIEL

Bei einem Gasdruck von 10 mbar ist die Molekülzahl-dichte N = ∑

Ni etwa N ≈ 3 ·1023 m3. Die Besetzungverteilt sich auf viele Rotations-Schwingungs-Niveaus.Wenn sich 1% aller Moleküle im Niveau Ek befin-det und das Verhältnis ∆E/kBT = 10−2 angenommenwird, dann wird der Absorptionskoeffizient α = 3 ·1019 ·σ (νik)/m3. Bei einem Absorptionsquerschnittvon σ = 10−24 m2 wird die relative Absorption auf 1 mAbsorptionslänge ∆I/I0 ≈ 3 ·10−5. Um dies nachzu-weisen, darf die einfallende Intensität nur um wenigerals 3 ·10−5 schwanken.

Man muß deshalb die Empfindlichkeit des Nach-weises steigern, um ein genügend großes Verhältnis vonAbsorptionssignal S zum Rauschen R des Untergrun-des (Signal-Rauschverhältnis S/R) zu erhalten. Dieskann erreicht werden durch eine Modulation

ν = νm(1+a · cos(2π ft)

) ; a ≤ 1 (10.9)

der durchstimmbaren Mikrowellenfrequenz νm, so daßdie einfallende Intensität

I(t) = I0 · cos2[2πνm(1+a · cos 2π f t)t]periodisch um ihre Mittenfrequenz νm moduliert ist.Wird jetzt νm kontinuierlich über eine Absorptionsliniehinweg gefahren, so wird der Absorptionskoeffizi-ent α(ν) und damit auch das detektierte Signal, dasproportional zur transmittierten Intensität ist, mit derModulationsfrequenz f moduliert (Abb. 10.2). Die

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342 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

α ν( )

ν0νm

α( )tα ν( )m

ν

ν

I I( ) cos [( cos ) ]t a ft t= ⋅ + ⋅02 2 2πν πa)

ν

ddαν

ν0

b)

t

Abb. 10.2a,b. Absorption α(t) bei modulierter Frequenz dereinfallenden Intensität. (a) Modulation von α( f ); (b) Ab-sorptionsprofile dα/d(ν) phasenempfindlich gemessen aufder Frequenz f

transmittierte Intensität läßt sich in eine Taylor-Reihe

It(ν) = It(ν0)+∑

n

an

n!(

dn It

dνn

)

ν0

ν n0 · cosn(2π ft)

(10.10)

entwickeln. Wird von einem phasenempfindlichen Ver-stärker nur der Anteil des Detektorsignals auf derModulationsfrequenz f durchgelassen, so mißt manbeim Durchstimmen der Frequenz νm nur die Modu-lation der Differenz ∆I = I0 − It auf der Frequenz f ,nämlich:

∆It( f ) = ν0 ·a ·(

dIt

)

ν0

· cos(2π ft) . (10.11)

Das gemessene Signal ist also proportional zur er-sten Ableitung dIt/dν der transmittierten Intensität,d. h. wegen (10.4) auch zur ersten Ableitung desAbsorptionskoeffizienten α(ν) (Abb. 10.2b).

Da nur Signale auf der Frequenz f nachgewiesenwerden, gehen Schwankungen der Mikrowelleninten-sität I0 auf allen anderen Frequenzen nicht in dasSignal-Rauschverhältnis ein. Man wählt die Modula-tionsfrequenz f so, daß auf ihr möglichst geringesRauschen detektiert wird.

Anstatt die Mikrowellenfrequenz zu modulieren,kann man auch die Absorptionsfrequenz νik der Mole-

Klystron

Spannungs-rampe

Isolator

Frequenzmessung

Modulation

Lock-In

Rechner-bildschirm

DetektorStark-Elektrode

Verstärker

Abb. 10.3. Mikrowellenspektrometer

küle durch ein moduliertes elektrisches Feld variieren,das eine periodische Starkverschiebung der Absorp-tionslinien bewirkt (siehe Abschn. 10.3.2).

In Abb. 10.3 ist schematisch ein Mikrowellenspek-trometer gezeigt. Die Mikrowelle wird z. B. durchein Klystron (Bd. 2, Abschn. 6.3) erzeugt, durch Hohl-leiter (Bd. 2, Abschn. 7.9) geleitet, die mit demAbsorptionsgas gefüllt sind, und von einer Mi-krowellendiode detektiert. Das elektrische Feld zurModulation der Absorption wird zwischen einer Me-tallplatte in der Mitte des Absorptionsrohres und denWänden angelegt [10.4].

10.1.2 Fourierspektroskopie

Fourierspektroskopie ist im wesentlichen Zweistrahl-Interferometrie mit einem Michelson-Interferometer(siehe Bd. 2, Abschn. 10.3.4). Sie kann als Emissions-oder als Absorptionsspektroskopie betrieben wer-den [10.5]. Wir wollen uns ihr Prinzip am Beispiel der

InterferometerkammerDetektor-kammer

Absorptions-probenkammer

F

C

Q

D

M1

M2

M3

M4

M5M6

M7

M8

M9

M10M11

St

Abb. 10.4. Prinzip des Fourier-Spektrometers als Michelson-Interferometer (Polytec FIR 30)

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10.1. Spektroskopische Verfahren 343

Emissionsspektroskopie klarmachen (Abb. 10.4) (Fürdieses Beispiel entfällt die Absorptionsprobenkammerin Abb. 10.4). Die Strahlung der Quelle Q, deren Spek-trum I(ν) gemessen werden soll, wird durch einenHohlspiegel gesammelt und in ein paralleles Strahlbün-del transformiert. Dies wird am Strahlteiler St in zweiTeilbündel aufgespalten, zu zwei Spiegeln M2 und M3

gelenkt und nach der Reflexion wieder überlagert. Dievom Detektor gemessene Intensität ist dann von derWegdifferenz ∆s zwischen den beiden interferierendenTeilbündeln abhängig.

Nun wird der Spiegel M2 mit konstanter Geschwin-digkeit v bewegt, so daß ∆s = v · t eine lineare Funktionder Zeit wird. Das dann als Funktion der Zeit ge-messene Detektorsignal S(t), das proportional ist zurInterferenzintensität It(t) in der Detektorebene, heißtInterferogramm. Es enthält alle gewünschten Infor-mationen über das Spektrum I(ν) der einfallendenStrahlung. Das Spektrum I(ν) kann durch eine Fourier-transformation aus dem Signal S(t) gewonnen werden.Dies wird durch die folgenden Beispiele verdeutlicht:

Angenommen, die Quelle Q emittiere monochro-matische Strahlung mit der Amplitude

E(ω) = A0 · cos ω0t

und der Intensität

I(ω) = c · ε0 · E2

= cε0 A20 cos2 ω0t = I0 · cos2 ω0t .

Die beiden interferierenden Teilbündel mit der Wellen-zahl k = ω/ c haben dann die Amplituden

A = √R · T · A0

(R: Reflexionsvermögen, T : Transmission des Strahl-teilers, I0 = c · ε0 · A2

0) und durchlaufen die Wege s1

bzw. s2 bis zur Detektorebene. Die Interferenzintensitätam Detektor ist damit:

It = c · ε0 · R · T · A20 (10.12)

· [ cos(ω0t + ks1)+ cos(ω0t + ks2)]2

.

Sie hängt ab vom Wegunterschied ∆s = s1 − s2

zwischen den beiden Teilbündeln.Der Detektor kann den schnellen optischen Schwin-

gungen mit der Frequenz ω0 nicht folgen, so daß dasDetektorsignal S(t) proportional zum ZeitmittelwertI(t) wird. Wegen 〈cos ω0t〉 = 0, 〈cos2 ω0t〉 = 1/2 erhält

man aus (10.12) mit s2 = s1 +v · t :

S(t) ∝ I(t)

= R · T · I0

[1+ cos

(ω0

v

ct)]2

. (10.13)

Statt der Frequenz ω0 der Strahlungsquelle mißt derDetektor für die über die Detektorzeitkonstante gemit-telte transmittierte Intensität eine Frequenz ω0 ·v/c, dieum den Faktor v/c herabgesetzt ist und deshalb vomDetektor zeitlich aufgelöst werden kann.

Beim Michelson-Interferometer mit gleichförmigbewegtem Spiegel wird die optische Frequenz ω0

der Strahlungsquelle auf den wesentlich kleinerenWert (v/c) ·ω0 herabtransformiert.

BEISPIEL

v = 3 cm/s, ω0 = 1014s−1 ⇒ (v/c) ω0 = 104 s−1.

In Abb. 10.5 ist I(t) bei monochromatischer einfal-lender Strahlung als Funktion der Phase δ = ω0v/c · tgezeigt. Man erhält Maxima, wenn die Wegdiffe-renz v · t ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlängeλ = 2πc/ω0 wird. Mathematisch kann das SpektrumI(ω) durch eine Fouriertransformation aus dem gemes-senen Interferogramm S(t) zurückgewonnen werden,denn (10.13) kann geschrieben werden als

I(ω) = limτ→∞

τ∫

t=0

S(t) cos(ω

v

ct)

dt , (10.14)

wie man durch Einsetzen von (10.13) sieht.

I IT / 0

v t⋅

00

π 2π 3π δ

12

λ λ 32

λ

1

0,5

Abb. 10.5. Interferenzintensität I t(t) bei einer monochroma-tischen einfallenden Welle

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344 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

Enthält die Strahlungsquelle zwei Frequenzen ω1

und ω2, so interferieren die beiden Teilbündel der Fre-quenz ω1 miteinander, ebenso die der Frequenz ω2.Die Interferenz zwischen ω1 und ω2 mittelt sich zuNull, weil die Phasen der beiden Anteile A1(ω1) undA2(ω2) in der Quelle statistisch gegeneinander schwan-ken. Die gemessene transmittierte Intensität It(t) istdeshalb einfach die Summe der beiden Teilintensitäten

It(t) = It(ω1)+ It(ω2) ,

so daß auch das Interferogramm einfach die Überlage-rung der Interferogramme für ω1 und ω2 ist. In Abb. 10.6ist als Beispiel die transmittierte Intensität für eine ein-fallende Strahlung der Intensität I0 = I1 + I2 mit zweimonochromatischen Anteilen I1(ω1) und I2(ω2) für denFall I1 = I2 gezeigt.

Aus (10.13) erhalten wir dann:

I t(t) = R · T · I

[

1+ cos

(ω1 −ω2

2· v

ct

)

· cos

(ω1 +ω2

2· v

ct

)]

. (10.15)

Man kann an Abb. 10.6 gut das spektrale Auflösungs-vermögen des Fourierspektrometers diskutieren.

Um aus dem gemessenen Interferogramm diebeiden Frequenzanteile

ω1 = ω1 +ω2

2+ ω1 −ω2

2,

ω2 = ω1 +ω2

2− ω1 −ω2

2der Strahlungsquelle zu bestimmen, muß die Spiegel-verschiebung ∆s so groß sein, daß mindestens eineSchwebungsperiode in Abb. 10.6 durchfahren wird, da-mit (ω1 −ω2) gemessen werden kann. Das minimal

0

I IT / 0

v t⋅

1

0,5

0π ⋅ c∆ω

2π ⋅ c∆ω

cos( )ω ω1 2

2− ⋅ ⋅v t

ccos( )ω ω1 2

2+ ⋅ ⋅v t

c

Abb. 10.6. Interferogramm einer polychromatischen Strah-lungsquelle mit den beiden Frequenzen ω1 und ω2

noch auflösbare Frequenzintervall δω = (ω1 −ω2)min

ist mit der Meßzeit ∆t = ∆s/v verknüpft durch

δω ·∆t ≥ 2π . (10.16)

Wenn die Strahlungsquelle auf vielen Frequenzenemittiert oder sogar ein kontinuierliches Spektrum aus-sendet, wird das Detektorsignal S(t) komplizierter.Immer gilt jedoch:

S(t) = a ·∞∫

0

I(ω)[1+ cos

v

ct)]

dω . (10.17)

Durch eine Fouriertransformation, die vom Rechner desSpektrometers durchgeführt wird, erhält man aus demgemessenen Signal (10.17) das emittierte Spektrum

I(ω) = limτ→∞

a

τ

τ∫

0

S(t) cos(ω

v

ct)

dt . (10.18a)

Nun kann die Wegdifferenz ∆s nicht unendlich großwerden, sondern hat einen maximalen Wert ∆smax, dervon der Konstruktion des Interferometers abhängt. Mankann dies berücksichtigen, indem man das gemesseneSignal S(t) mit einer Transmissionsfunktion D(∆t) mit∆t = ∆s/v multipliziert, wobei D(∆s/v) für konstanteTransmission zwischen ∆s = 0 und ∆s = ∆smax eineRechteckfunktion

D(∆s/v) =

1 für 0 ≤ ∆s ≤ ∆smax

0 sonst

ist. Das durch die Fouriertransformation gemesseneSpektrum (10.18a) heißt dann:

I(ω) =∞∫

0

S(t) · D∆s

v· cos

v

ct)

dt . (10.18b)

Die Fouriertransformierte einer Rechteckfunktion f(x)ist (wie bei der Beugung am Spalt) die Funktion sin x/x.Deshalb entsteht bei der Transformation (10.18b) fürjede Linie im Spektrum eine beugungsähnliche Struk-tur, die sich bei einem dichten Spektrum störendbemerkbar macht. Man gibt deshalb der FunktionD(∆s/v) eine Form (z. B. eine Dreiecksform oder einengaußförmigen Verlauf), bei der die Verzerrung desSpektrums minimal wird (Apodisierung).

Um mit Hilfe der Fourierspektroskopie Absorp-tionskoeffizienten aufzunehmen, wird eine Strahlungs-quelle Q mit kontinuierlichem Emissionsspektrumverwendet, und das Strahlungsbündel läuft durch eine

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10.1. Spektroskopische Verfahren 345

6400 6500 6600 6700

ν− −/ cm 1

Abb. 10.7. Fourier-Spektrum der Obertonbande (10100) ←(00000) von Acethylen-Molekülen C2H2 bei ν = 6550 cm−1

(gemessen von Th. Platz, Kaiserslautern)

Absorptionszelle (Abb. 10.4), bevor es den Detektorerreicht. Um die Empfindlichkeit zu erhöhen, wirddie Zelle mit Hilfe einer entsprechenden Spiegeloptikmehrmals durchlaufen.

In Abb. 10.7 ist als Beispiel ein Ausschnitt ausdem Fourierspektrum des Acetylenmoleküls C2H2 ge-zeigt, bei dem als Apodisierungsfunktion D(∆s/v) eineTrapezfunktion verwendet wurde.

Der große Vorteil der Fourierspektroskopie ist nebender hohen erreichbaren spektralen Auflösung das guteSignal-Rauschverhältnis: Alle Frequenzanteile I(ω) derStrahlungsquelle werden gleichzeitig gemessen, wäh-rend man z. B. in der Mikrowellenspektroskopie dieFrequenz der Mikrowelle kontinuierlich durchfährtund deshalb in jedem Zeitintervall nur jeweils einschmales Frequenzintervall mißt. Teilt man das ge-samte gemessene Spektrum der Frequenzbreite ∆ω

in N Teilintervalle δω mit N · δω = ∆ω auf, wo-bei δω das kleinste noch auflösbare Spektralintervallist, so gewinnt man bei gleicher Meßzeit den Fak-tor N an Signalgröße und damit den Faktor

√N beim

Signal-Rauschverhältnis.

BEISPIEL

∆ν = 1000 cm−1 ⇒ ∆ω = 2π · 3 · 1012 s−1, δ ν =0,1 cm−1 ⇒ N = 104. Man erhält hier bei 1% der Meß-zeit bereits das gleiche Signal-Rauschverhältnis wie beieiner Messung desselben Spektrums, bei der ein Mono-chromator kontinuierlich über den Spektralbereich ∆ν

durchgestimmt wird.

10.1.3 Klassische Emissions-und Absorptionsspektroskopie

Die klassische Spektroskopie verwendet Gitter- bzw.Prismenspektrometer zur spektralen Auflösung des zumessenden Spektrums (siehe Bd. 2, Abschn. 11.6).

Bei der Emissionsspektroskopie wird die Strah-lungsquelle auf den Eintrittsspalt S1 der Breite δ x1

des Spektrometers abgebildet (Abb. 10.8). Das Bild S2

des Eintrittsspaltes hat die Breite δ x2 = ( f2/ f1) δ x1

und seine Position x2(λ) in der Beobachtungs-ebene hängt von der spektralen Dispersion dx/dλ

des Spektrometers ab. Das kleinste noch auflösbareWellenlängenintervall δλ ist durch

δλ = mdλ

dxδx2

= f2

f1· δx1 · dλ

dx(10.19)

bestimmt. Man hat nun zur Aufnahme des Spektrumszwei Möglichkeiten:

Dioden-Zeile x2

PhD

S2

x1

G

Sp2

Sp1S1

LQ

a)

x2x( )λ1 x( )λ2

I( )x2

18 2/ π

I( )λ2I( )λ1

I( )x2

b)

Abb. 10.8a,b. Experimentelle Anordnung zur Messung einesEmissionsspektrums mit einem Gitterspektrometer. (a) Strah-lengang im Spektrometer; (b) Zwei gerade noch auflösbareSpektrallinienprofile

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346 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

• Ein ganzer Spektralbereich wird gleichzeitig, aberspektral aufgelöst gemessen. Dazu wird in dieBeobachtungsebene (dies ist die Brennebene desSpiegels Sp2 in Abb. 10.8, in die der Eintrittsspaltabgebildet wird) ein in x-Richtung ausgedehnterDetektor gesetzt. Dies kann eine Photoplatte seinoder eine Diodenzeile bzw. eine CCD-Kamera,bei denen etwa 1024 bzw. 2048 schmale Photodi-oden (mit einer Breite b ≈ 10−20 µm) auf einemChip nebeneinander angeordnet sind [10.6]. Diean jeder Photodiode Pdi erzeugte Spannung, dieproportional zur einfallenden Lichtenergie ist, wirdausgelesen und gespeichert. Die Spannung Ui ander Diode Pdi ist ein Maß für die über die Meßzeitintegrierte Lichtleistung im Wellenlängenintervallδλ = (dλ/dx) ·b. Die spektrale Auflösung ist durchδλ und damit durch die Breite b der Dioden und diespektrale Dispersion dx/dλ bestimmt.

• Man verwendet einen Austrittsspalt S2, dessenBreite δx = ( f2/ f1) δ x1 gleich der Breite des Spalt-bildes von S1 ist. Die durch den Spalt S2 mit derHöhe h hindurchgelassene Strahlungsleistung

P(λ) = I(λ) ·h · δ x2

wird von einem photoelektrischen Detektor (z. B.Photomultiplier, Abschn. 2.5.3, oder Photodiode)gemessen. Beim gleichmäßigen Drehen des Gitterswerden die Spaltbilder B1(λ) des Eintrittsspaltes S1

über den Austrittsspalt hinweggefahren, und manerhält ein Detektorsignal S(λ), das als Funktion desDrehwinkels α(t) und damit der Zeit t aufgenommenwird. In dieser Betriebsweise wird das Spektrometerauch als Monochromator bezeichnet.

Absorptionszelle

ReferenzzelleL1

L

Spektrograph

IT( )λ

Schreiber oderComputerbildschirm

Photo-detektor

L2

Kontinuum-lichtquelle

Abb. 10.9. Klassische Anordnung zur Absorptionsspektro-skopie

Für die Absorptionsspektroskopie wird die Absorp-tionszelle vor das Spektrometer gesetzt und von demparallelen Lichtbündel einer spektral kontinuierlichenLichtquelle (z. B. ein heißer glühender Draht oder eineHochdrucklampe) durchstrahlt. Die Absorptionslinienerscheinen dann als Einbrüche im kontinuierlichenSpektrum hinter dem Spektrometer (Abb. 10.9).

Zur Erhöhung der Empfindlichkeit wird eine leereReferenzzelle abwechselnd in in den Strahlenganggeschoben und das Differenzsignal gemessen. Nochbesser ist es, das einfallende Licht mit Hilfe einesrotierenden segmentierten Spiegelrades abwechselnddurch die Referenz- bzw. Absorptionszelle zu schickenund beide Teilstrahlen vor dem Spektrographen zuüberlagern.

10.1.4 Ramanspektroskopie

Man kann die Ramanspektroskopie als inelastischeStreuung von Photonen ω0 an Molekülen im Anfangs-zustand Ek auffassen, bei der das Molekül in einenhöheren Zustand Ei > Ek übergeht und das gestreutePhoton ωs die Energie ∆E = (ω0 −ωs) = Ei − Ek

verloren hat (Abb. 10.10)

ω0 +M(Ek) ⇒ M∗(Ei)+ωs . (10.20)

Strahlt man auf die zu untersuchende molekulare Probemonochromatisches Licht eines Lasers, so beobachtetman in der Streustrahlung, die durch einen Monochro-mator spektral zerlegt wird, auf der langwelligen Seiteder elastisch gestreuten Wellenlänge λ0 (Rayleigh-

M

hω0h sω

a)

∆E ∆E

Ej Ej

Ek Ek

hω0 hω0

h sω h sωEi Ei

Stokes-strahlung

Anti-Stokes-strahlung

b) c)

E Ek i→

Abb. 10.10. (a) Ramanstreuung als inelastische Photonen-streuung an Molekülen. (b) Inelastische und (c) superelasti-sche Streuung

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10.1. Spektroskopische Verfahren 347

Stokes Anti-Stokes

Rayleigh

ν0 ν

Abb. 10.11. Raman-Spektrum

Strahlung) neue Linien, die Stokes-Strahlung, derenEnergieabstand Rotations-Schwingungs-Energiediffe-renzen der Moleküle entsprechen (Abb. 10.11).

Manchmal erscheinen auch auf der kurzwelligenSeite der Wellenlänge λ0 neue Linien (Anti-Stokes-Strahlung). Sie entstehen, wenn das einfallende Lichtan bereits angeregten Molekülen gestreut wird, die dannin einen tieferen Zustand übergehen (superelastischePhotonenstreuung ).

Die klassische Beschreibung des Raman-Effektesgeht davon aus, daß die einfallende Welle im Molekülein elektrisches Dipolmoment pind

el induziert, das pro-portional zur elektrischen Feldstärke E der Welle istund sich einem eventuell bereits vorhandenem perma-nenten Dipolmoment p0

el überlagert [10.7]. Das gesamteDipolmoment ist dann

pel = p0el + α · E , (10.21a)

wobei α der Tensor der Polarisierbarkeit des Molekülsist, dessen Komponenten αik von den Rückstellkräf-ten der Elektronenhülle in den einzelnen Richtungenabhängen.

Das elektrische Dipolmoment

pel = −e∑

i

ri + e∑

k

Zk Rk (10.21b)

hängt von den Koordinaten ri der Elektronen und Rk derKerne ab. Sein über die schnelle Elektronenbewegunggemittelter Wert ist dann nur noch durch die Kernkoor-dinaten bestimmt und kann deshalb in eine Taylor-Reihenach den Auslenkungen Qk = |Rk − R0

k | der Kerne ausihren Ruhelagen entwickelt werden. Die Qk werdenso gewählt, daß sie den Normalschwingungsauslenkun-gen (siehe Abschn. 9.9) entsprechen. Analog wird diePolarisierbarkeit entwickelt, so daß man die Abhängig-keiten des Dipolmomentes p(Q) und der Komponenten

αij(Q) des Polarisierbarkeitstensors

pel(Q) = pel(0)+∑

n

(∂ pel

∂Qn

)

0Qn , (10.22a)

αij(Q) = αij(0)+∑

n

(∂αij

∂Qn

)

0Qn (10.22b)

von den Normalkoordinaten erhält.Für kleine Schwingungsamplituden können die

Normalkoordinaten durch harmonische Schwingungen

Qn(t) = Qn0 · cos ωnt (10.23)

mit der Amplitude Qn0 und der Frequenz ωn be-schrieben werden. Setzt man (10.22) und (10.23)in (10.21a) ein, so ergibt sich das zeitabhängigeelektrische Dipolmoment

pel = p0el +

n

(∂ pel

∂Qn

)

0Qn0 cos ωnt

+ α(0)E0 cos ωt (10.24)

+(

n

(∂αij

∂Qn

)

0Qn0 cos(ω±ωn) t

)

· E0

2.

Der erste Term beschreibt das permanente Dipol-moment des Moleküls, der zweite den mit denMolekülschwingungen oszillierenden Anteil, der fürdas Infrarotspektrum des Moleküls verantwortlich ist.Die weiteren Terme in (10.24) geben die durch dieeinfallende Welle induzierten Anteile des molekularenDipolmomentes an. Da ein oszillierender elektrischerDipol elektromagnetische Wellen auf seiner Oszil-lationsfrequenz abstrahlt (siehe Bd. 2, Abschn. 6.5),zeigt (10.24), daß jedes Molekül einen mikroskopi-schen Anteil zur Streustrahlung beiträgt. Die Amplitudeder elastischen Streuwelle (Rayleigh-Streuung) auf derFrequenz ω der einfallenden Welle hängt von der Pola-risierbarkeit des Moleküls in Richtung des Vektors E0

der Welle ab.Die Amplitude der inelastisch (ω−ωn) bzw. su-

perelastisch (ω+ωn) gestreuten Welle wird durchdie Abhängigkeit (∂αij/∂Qn) der Polarisierbarkeits-komponenten von den Auslenkungen Qn der Kernebestimmt.

Homonukleare Moleküle haben kein Infrarotspek-trum, weil (∂ pel/∂Qn) = 0 ist (siehe Abschn. 9.6.2),aber sie haben ein Ramanspektrum, weil (∂α/∂Q) = 0gilt.

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348 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

Aus den gemessenen Verschiebungen der Stokes-Linien bzw. Anti-Stokes-Linien kann man die Schwin-gungsfrequenzen ωn der Moleküle bestimmen und beigenügend hoher spektraler Auflösung auch die Ener-gieabstände ihrer Rotationsniveaus. Dabei können imRamanspektrum mit geringer Intensität auch ,,Ober-töne“ mit ∆v > 1 auftreten, bei denen das Molekül mehrals ein Schwingungsquant aufnimmt. In Abb. 10.12 istals Beispiel ein solches rotationsaufgelöstes Oberton-Ramanspektrum des Wasserstoff-Isotops D2 gezeigt,bei dem das D2-Molekül vom Zustand (v′′ = 0, J ′′) inden Zustand (v′ = 2, J ′ = J ′′) übergeht.

Aus den gemessenen Intensitäten der Streustrah-lung lassen sich die Abhängigkeiten (∂αij/∂Qn) derPolarisierbarkeit von den Normalkoordinaten ermitteln,woraus man die Ladungsverschiebungen und die Rück-stellkonstanten bei Molekülschwingungen bestimmenkann. Die Berechnung der Intensitäten verlangt einequantentheoretische Behandlung, welche die Wel-lenfunktionen der am Raman-Übergang beteiligtenZustände liefert und daraus die Übergangselemente(Abschn. 7.2) berechnet, deren Aboslutquadrat propor-tional zur Intensität ist [10.8].

Da die Intensität der inelastischen Streustrahlungsehr klein gegen die der elastischen Strahlung ist,muß ein Spektrometer mit starker Unterdrückungder Rayleigh-Strahlung verwendet werden. Man be-nutzt zwei oder drei Monochromatoren hintereinander(Doppel- bzw. Tripel-Monochromator).

J = 4J = 3

J = 2

J = 1

J = 0

D v' v'2 2 0)( '= ← =

10

5

05820 5835 5850 5865 5880

∆ ν− −/ cm 1

Abb. 10.12. Rotationsaufgelöster Q-Zweig im Oberton-Raman-Spektrum des D2-Moleküls [10.9]

10.2 Laserspektroskopie

Durch den Einsatz von Lasern in der Spektroskopiewurden die Möglichkeiten spektroskopischer Unter-suchungen von Atomen und Molekülen sehr starkerweitert. Sowohl die Empfindlichkeit als auch diespektrale Auflösung konnten um mehrere Größenord-nungen gesteigert werden.

Besonders interessant ist die Untersuchung schnel-ler zeitlicher Vorgänge, die heute mit Lasern mit einerZeitauflösung bis hinunter in den Femtosekundenbe-reich (1 fs = 10−15 s) möglich ist.

Wir wollen in diesem Abschnitt an Hand wenigerausgewählter Beispiele einige Verfahren der Laser-spektroskopie kennenlernen. Für eine ausführlicheDarstellung wird auf die Literatur [10.3, 10] verwiesen.

10.2.1 Laser-Absorptionsspektroskopie

Die Absorptionsspektroskopie mit monochromati-schen, in ihrer Wellenlänge durchstimmbaren Lasern(siehe Abschn. 8.4.3) ist in mancher Hinsicht analog zurMikrowellenspektroskopie (Abschn. 10.1.1). Der Vor-teil der Laser ist jedoch ihr weiter Durchstimmbereichund die Tatsache, daß es mittlerweile Laser im ge-samten Spektralbereich vom fernen Infrarot bis zumVakuum-Ultraviolett gibt [10.11].

Die Vorteile der Laser gegenüber der klas-sischen Absorptionsspektroskopie mit inkohärentenLichtquellen lassen sich wie folgt zusammenfassen(Abb. 10.13):

• Man braucht keinen Monochromator, da der Laserselbst monochromatisch ist und die Absorptions-spektren beim Durchstimmen der Laserwellenlängeautomatisch spektral aufgelöst erscheinen.

• Die spektrale Auflösung ist nicht mehr instru-mentell begrenzt, sondern nur noch durch dieBreite der Absorptionslinien (im allgemeinenist dies die Dopplerbreite, siehe Abschn. 7.5.2).Es gibt spezielle Methoden zur dopplerfreienLaserspektroskopie (siehe Abschn. 10.2.5–2.8).

• Wegen der guten Strahlbündelung von Laserstrahlenkann man durch Mehrfachreflexion lange Absorp-tionswege realisieren (Abb. 10.13), so daß manauch kleine Absorptionsübergänge oder geringeKonzentrationen absorbierender Moleküle nochnachweisen kann.

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10.2. Laserspektroskopie 349

durchstimmbarerLaser

ReferenzstrahlPhotodioden

Bildschirm

Frequenzmarken

Langes Fabry-Perot-Int.

Absorptionszelle

VielfachreflexionszelleRechner-steuerung

PD1

PD2

PD3

I I1 2−

Abb. 10.13. Absorptionsspektroskopie mit einemkontinuierlich durchstimmbaren monochromati-schen Laser

• Zur Erhöhung der Empfindlichkeit wird, wie beider Mikrowellenspektroskopie, die Laserfrequenzwährend des Durchstimmens moduliert und nurder modulierte Anteil der transmittierten Intensitätauf der Modulationsfrequenz nachgewiesen. Damitwerden Intensitätsschwankungen des Lasers weit-gehend im Nachweis unterdrückt, und man erreichteine Nachweisempfindlichkeit für Absorptions-koeffizienten von αmin ≈ 10−8 m−1.

Bei der Absorptionsspektroskopie wird die absor-bierte Leistung ∆P als (i. allg. sehr kleine) Differenzzwischen den beiden fast gleich großen Beträgender einfallenden Leistung P0 und der transmittiertenLeistung Pt gemessen. Dies begrenzt die Empfindlich-keit, da ∆P größer sein muß als Schwankungen derEingangsleistung P0.

Es gibt nun eine Reihe von Verfahren, bei denen dieabsorbierte Leistung direkt detektiert wird. Sie sollenim folgenden kurz vorgestellt werden:

10.2.2 Optoakustische Spektroskopie

Wird ein Molekül in einer Zelle mit dem VolumenV , die N = n · V Moleküle enthält, durch Absorp-tion in das Energieniveau Ei = Ek + h · ν angeregt(Abb. 10.14a), so kann es diese Energie durch Stöße inTranslationsenergie (d. h. kinetische Energie der Stoß-partner) umwandeln, wenn die Wahrscheinlichkeit füreinen solchen stoßinduzierten Energietransfer größer istals die für die Strahlungsdeaktivierung. Bei Anregungvon N1 Molekülen wird bei solcher Stoßdeaktivierungdie kinetische Energie um ∆Ekin = N1 ·h ·ν größer.Dadurch steigt die Temperatur T der Zelle wegen

Ekin = (3/2) kBT · N um

∆T = (N1/N ) hν

(3/2) kBT(10.25)

und der Druck p = n · kB · T um

∆p = n · kB ·∆T

= 2

3n · (N1/N ) ·h ·ν . (10.26)

Die absorbierte Photonenenergie wird also durch in-elastische Stöße in eine Druckerhöhung umgewandelt.Diese Umwandlung ist um so effizienter, je größer dasVerhältnis (τrad/τStoß) von strahlender zu stoßlimitierterLebensdauer ist. Wird nämlich ein Teil der angeregtenMoleküle durch Emission von Strahlung deakiviert, soerscheint in (10.26) statt N1 der Wert

N1 · WStoß/(WStoß + Wrad) = N1 · (1+ τStoß/τrad)−1 ,

wobei W die Wahrscheinlichkeit für die jeweilige De-aktivierung ist. Die Druckerhöhung ∆p ist proportionalzur Molekülzahldichte n und zum Bruchteil aller durchStöße deaktivierten angeregten Moleküle und damitzum Absorptionskoeffizienten α(ν).

ZelleLaser

Unterbrecher

Vorver-stärker

KondensatorMikrofon

Lock-In

Bild-schirm

Laser

Stoß-relaxa-tion

a) b)

Abb. 10.14a,b. Optoakustische Spektroskopie. (a) Prinzip;(b) Experimentelle Anordnung

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350 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

Wird der auf einen Absorptionsübergang ab-gestimmte Laserstrahl periodisch unterbrochen, soentstehen in der Absorptionszelle periodische Druck-wellen (Schallwellen, siehe Bd. 1, Abschn. 10.14), dievon einem Mikrofon in der Wand der Zelle empfind-lich nachgewiesen werden (Abb. 10.14b). Wählt mandie Unterbrecherfrequenz geeignet, so daß sie mit ei-ner akustischen Eigenresonanz der Absorptionszelleübereinstimmt, so können sich stehende Schallwellenausbilden, deren Amplitude resonant überhöht ist.

Stimmt man die Laserwellenlänge über die Ab-sorptionslinien der zu messenden Moleküle hinweg,so erscheinen die Absorptionslinien als elektrischeSignale am Ausgang des Mikrofons, die dann in ei-nem rauscharmen Verstärker weiter verstärkt werdenkönnen.

Da bei diesem Verfahren die absorbierte opti-sche Energie in akustische (mechanische) Energieumgewandelt wird, nennt man es optoakustischeSpektroskopie [10.12].

Die große Empfindlichkeit des Verfahrens wird inAbb. 10.15 am Beispiel des sehr schwachen Ober-tonüberganges (2, 0, 3, 00, 00) ← (0, 0, 0, 00, 00) vonAcetylen C2H2 illustriert, bei dem zwei der fünfNormalschwingungen von C2H2 gleichzeitig angeregtwerden und dessen Absorptionskoeffizient bei einemDruck von 103 Pa nur α ≈ 10−6 cm−1 ist, weil hierdurch die Absorption nur eines Photons insgesamt fünfSchwingungsquanten angeregt werden.

P-Zweig R-Zweig

15560 15580 15600 15620 ν_ / cm−1

Abb. 10.15. Optoakustisches Rotationsspektrum der Ober-tonbande (2, 0, 3, 00, 00) ← (0, 0, 0, 00, 00) des Azetylen-Moleküls H2C2 [Th. Platz, Kaiserslautern 1997]

10.2.3 Laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie

Wenn ein Atom oder Molekül durch Absorption ei-nes Photons h ·ν in einen höheren Energiezustand Ei

angeregt wurde (Abb. 10.16a), so kann es seine An-regungsenergie durch Aussendung von Photonen h ·ν ′wieder abgeben. Diese spontane Emission von Strah-lung heißt Fluoreszenz. Ihre räumliche Verteilung wirddurch das Matrixelement (7.26) bestimmt.

Die Moleküle im optisch angeregten Niveau könnendurch Stöße eventuell in andere angeregte, aber lang-lebige Niveaus gebracht werden, die dann auch weiterdurch Lichtemission deaktiviert werden. Diese ,,lang-same“ Lichtemission heißt auch Phosphoreszenz, weilsie bei der Anregung von Phosphor durch radioaktiveStrahlung erstmals beobachtet wurde.

Wenn Stoßdeaktivierung des angeregten Niveausvernachlässigt werden kann, wird für jedes absorbiertePhoton h ·νa ein Fluoreszenzphoton h ·νFl (mit νFl ≤ νa)ausgesandt. Die Fluoreszenz kann in alle Richtungenemittiert werden. Ein Teil davon wird über Linsen oder

a)

b)

12

43

65

78 9 10

FluoreszenzLaser

v' J, 'E

R0

480 490 500 510 520 530

Lase

r PR

PR

PR

PR

PRPR

PRPR

PRPR

PRPR

PR PR

PRPR

v''=1

2

3

4

5

6

78

9

1112

13 14

1516

10

Abb. 10.16a,b. LIF (Laserinduzierte Fluoreszenzspektrosko-pie). (a) Termschema; (b) LIF-Spektrum des Na2(B1Πu)-Zustandes in dem das Niveau (v′ = 6, J ′ = 27) selektiv voneiner Argonlaserlinie bei λ = 476,5 nm angeregt wurde

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10.2. Laserspektroskopie 351

Sammelspiegel auf den Detektor abgebildet. Jedes aufden Photomultiplier fallende Photon löst dort mit derWahrscheinlichkeit η < 1 ein Photoelektron aus, dasdann zu einer Elektronenlawine und damit zu einemSpannungspuls am Ausgang des Photomultipliers führt.

Ist ε ≤ 1 die Quantenausbeute der Moleküle,d. h. der Bruchteil aller angeregten Moleküle, die nichtstrahlungslos deaktiviert werden, sondern ein Fluores-zenzphoton aussenden, das vom Detektor innerhalb desRaumwinkels ∆Ω erfaßt wird, so erhält man bei Na

absorbierten Photonen

Ne = Na ·η · ε · (∆Ω/4π) (10.27)

Photoelektronen, die zu Ne Signalpulsen führen.

BEISPIEL

Bei einer einfallenden Laserleistung von P = 100 mWund einer Photonenenergie von h ·ν = 2 eV ergibt sichdie pro Zeiteinheit einfallende Zahl der Laserphoto-nen zu NL = 8 ·1017 s−1. Bei einer relativen Absorption∆P/P = 10−14 wird die Zahl der absorbierten Pho-tonen pro Zeiteinheit dNa/dt = 8 ·103 s−1. Mit ε = 1und η = 0,2, ∆Ω/4π = 0,1 folgt dNe/dt = 160 s−1,d. h. man erhält eine Signalzählrate von 160 Pulsen/s.Hat der Photomultiplier eine Dunkelpulsrate von10 /s, so erreicht man selbst bei der kleinen re-lativen Absorption von ∆P/P = 10−14 bereits einSignal-Untergrundverhältnis von 16.

Bei der LIF-Spektroskopie wird die Laserwellen-länge λL kontinuierlich durchgestimmt und die vomDetektor erfaßte Fluoreszenzleistung PFl(λL) als Funk-tion von λL gemessen. Das so erhaltene Spektrum heißtAnregungsspektrum. Es entspricht im wesentlichendem Absorptionsspektrum α(λL) ∝ Na(λL), solange dieQuantenausbeute ε in (10.27) nicht von λL abhängt.

Anmerkung

Die Fluoreszenz-Anregungsspektroskopie hat diegrößte Empfindlichkeit für ε = 1, d. h. unter stoß-freien Bedingungen, während im Gegensatz dazu dieoptoakustische Spektroskopie gerade von der Stoßdeak-tivierung der angeregten Niveaus (d. h. ε 1) profitiert.Bei einem gegebenem Druck in der Absorptionszelleist ε ≈ 1 für genügend kurze Strahlungslebensdauern,während bei langlebigen Niveaus die stoßinduzierte

Deaktivierung wahrscheinlicher wird als die Strah-lungsemission. Die beiden Methoden ergänzen sichdaher. Je nach den vorliegenden Bedingungen ist einesder beiden Verfahren empfindlicher als das andere.

10.2.4 Resonante Zweistufen-Photoionisation

Bei diesem empfindlichsten aller Nachweisverfahrenwerden zwei Laser benötigt: Der erste Laser wird wiebei der LIF über die Absorptionsbereiche der interessie-renden Moleküle durchgestimmt. Die durch Absorptioneines Photons besetzten angeregten Molekülzuständewerden hier jedoch nicht wie bei der LIF durch dieFluoreszenz nachgewiesen, sondern sie werden durcheinen zweiten Laser, dessen Wellenlänge λL fest bleibt,ionisiert (Abb. 10.17). Ist WiI die Wahrscheinlichkeit(pro Zeiteinheit) dafür, daß ein Molekül im angereg-ten Zustand |i〉 ionisiert wird, so ist die Rate der proVolumeneinheit erzeugten Ionen

N Ion = Ni · WiI = Ni ·σiI · NL2 (10.28)

vom Ionisationsquerschnitt σiI für das angeregte Ni-veau |i〉 und von der Intensität, d. h. der Zahl NL2

der auf die angeregten Moleküle Ni pro Flächen-und Zeiteinheit treffenden Photonen des ionisierendenLasers abhängig. Die zeitliche Änderung der Beset-zungsdichte Ni wird durch Anregungs- und Zerfallsratebestimmt:

dNi

dt= Nkσki · NL1 − Ni · (Ai +σiI NL2) , (10.29)

wobei Ai die spontane Übergangswahrscheinlichkeitfür Übergänge von Niveau |i〉 in tiefere Zustände an-gibt (siehe Abschn. 7.2). Für die Besetzung Ni im

Ionisations-kontinuum

L1 ν1

L2 ν2 fest

durchstimmbar

M Ek( )

M E h h M ek( ) + + → ++ −ν ν1 2

|k>

|i>

Ionendetektor

Ionen

MolekülstrahlLaserstrahl

+U1

−U2

a) b)

Abb. 10.17. (a) Detektion der Absorption auf dem Über-gang |i〉 ← |k〉 durch Photoionisation; (b) experimentelleAnordnung zur Zweiphotonen-Ionisation

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352 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

stationären Zustand dNi/dt = 0 folgt dann:

Ni = Nk · σki NL1

Ai +σiI NL2

. (10.30a)

Das gemessene Signal S(λ1) ist proportional zurIonenrate (10.28), für die sich mit (10.30a) ergibt

N Ion = Nk · σki NL1

1+ Ai/(σiI · NL2). (10.30b)

Ist die Intensität des ionisierenden Lasers groß genug(d. h. NL2σiI Ai), so wird fast jedes angeregte Mo-lekül ionisiert. Da man die gebildeten Ionen durch einelektrisches Feld sammeln und auf einen Ionendetektorbeschleunigen kann, lassen sich in diesem Fall einzelneangeregte Moleküle und damit auch einzelne absor-bierte Photonen des anregenden Lasers L1 nachweisen(Abb. 10.17b).

Den Übergang |k〉 → |i〉 kann man im allgemeinenbereits mit mäßigen Laserintensitäten sättigen, d. h. je-des Molekül im absorbierenden Zustand |k〉, das durchden Strahl des Lasers L1 fliegt, wird angeregt. FürσiI · NL2 Ai kann man mit Hilfe der resonanten Zwei-photonenionisation also einzelne Atome oder Molekülenoch nachweisen [10.13]!

10.2.5 Laserspektroskopie in Molekularstrahlen

In vielen Fällen verhindert die Dopplerbreite der Ab-sorptions- bzw. Emissionslinien die Auflösung feinererDetails (z. B. der Hyperfeinstruktur) im Spektrum vonAtomen oder Molekülen. Deshalb sind eine Reihe spek-troskopischer Verfahren von Bedeutung, welche dieDopplerbreite ,,überlisten“. Eine dieser Methoden istdie Laserspektroskopie von Atomen und Molekülen inkollimierten Molekularstrahlen.

Die zu untersuchenden Moleküle fliegen vomReservoir R durch ein enges Loch A ins Va-kuum. Durch eine Blende B im Abstand d von Awerden nur solche Moleküle durchgelassen, derenGeschwindigkeitskomponente vx die Bedingung

vx < vz · tan ε = vz ·b/2d (10.31)

erfüllt (Abb. 10.18). Die Zahl tan ε 1 heißt das Kolli-mationsverhältnis des Molekularstrahls. Kreuzt hinterder Blende der parallele Strahl eines monochromati-schen durchstimmbaren Lasers in x-Richtung senkrechtden kollimierten Molekularstrahl, dessen Achse in

ZelleStrahl

R

B

Laser

d

A

0

b

vx

vz

v→

vx

Abb. 10.18. Laserspektroskopie mit reduzierter Dopplerbreitein einem kollimierten Molekularstrahl

z-Richtung liege, so ist die Verteilung der Geschwin-digkeitskomponenten vx in Laserstrahlrichtung umden Faktor tan ε eingeengt gegenüber derjenigen inz-Richtung. Nach (7.84–88) wird dadurch auch dieDopplerbreite der Absorptionslinien um diesen Faktorschmaler.

Man erhält gegenüber der Absorption in ei-ner Zelle bei der Temperatur T im kollimiertenStrahl eine reduzierte Dopplerbreite, die um dasKollimationsverhältnis schmaler ist.

BEISPIEL

b = 1 mm, d = 100 mm ⇒ tan ε = 5 ·10−3. Statt ei-ner Dopplerbreite von typischerweise ∆νD ≈ 109 Hz ineiner Absorptionszelle erhält man ∆νred

D ≈ 5 ·106 Hz.Dies liegt bereits in der Größenordnung der natürlichenLinienbreite vieler Übergänge (siehe Abschn. 7.5).

10.2.6 Nichtlineare Absorption

Auf ein absorbierendes Medium mit dem Absorptions-koeffizienten α(ω) möge eine ebene Welle der IntensitätI0 einfallen. Entlang der Absorptionslänge dx nimmtdie Intensität I(x) dann um

d I = −α · I · dx (10.32)

ab. Der Absorptionskoeffizient

α(ω) = (Nk − (gk/gi)Ni

)σ (ω)

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10.2. Laserspektroskopie 353

Fluoreszenz

Stoß-relaxation

Absorp-tion

Ni

Nk

a)

∆N

I0

b)

I0

IFl

c)Fluoreszenzzelle

Fluoreszenz

Detektor

Laser

d)

Abb. 10.19a–d. Zur nichtlinearen Spektroskopie. (a) Term-diagramm; (b) Besetzungsdifferenz ∆N(IL) (c) Fluoreszenz-leistung als Funktion der einfallenden Lichtintensität I0;(d) Nachweis der Sättigung des absorbierenden Übergangesüber die laserinduzierte Fluoreszenzintensität IFl(I0)

ist durch die Besetzungsdifferenz ∆N = Nk −(gk/gi) Ni und den Absorptionsquerschnitt σ(ω) gege-ben. Damit wird (14.31a) zu

d I = −∆N ·σ (ω) · I · dx . (10.33)

Bei genügend kleinen Intensitäten I0 werden die Be-setzungsdichten Ni , Nk nicht merklich geändert, daRelaxationsprozesse die Absorptionsrate kompensieren(Abb. 10.19). Deshalb wird α unabhängig von I , und(14.31a) kann integriert werden. Man erhält dann dasBeersche Absorptionsgesetz der linearen Absorption

I = I0 · e−αx = I0 · e−∆N ·σ ·x . (10.34)

Bei größeren Intensitäten I0 wird die Absorptionsrategrößer als die Relaxationsraten, die das absorbie-rende Niveau wieder auffüllen. Dies bedeutet, daßdie Besetzungsdifferenz ∆N mit zunehmender Inten-sität abnimmt und damit auch die Absorption dereinfallenden Welle. Mit ∆N = ∆N(I ) wird aus (10.33)

d I = ∆N(I ) · I ·σ · dx . (10.35)

Die Abnahme d I der Intensität und damit auch die ab-sorbierte Leistung hängt in nichtlinearer Weise von derIntensität I ab. Schreiben wir für die Besetzungsdichtedes absorbierenden Niveaus

Nk = Nk0 + dNk

dI· I + 1

2

d2 Nk

d I2· I2 +· · · (10.36a)

und eine entsprechende Relation für das obere Niveau

Ni = Ni0 + dNi

dI· I + 1

2

d2 Ni

d I2· I2 +· · · , (10.36b)

so erhält man für die Besetzungsdifferenz

∆N = ∆N0 + d

dI(∆N ) · I +· · · . (10.37)

Der erste Term in (10.37) gibt die lineare Absorption,der zweite die quadratisch von I abhängige Absorption,wobei dNi/dI und dNk/dI > 0 ist. Setzt man (10.37)in (10.35) ein, so ergibt dies

d I =[

∆N0σI + d

dI(∆N ) · I2 ·σ

]

dx

mit d(∆N )/dI < 0.Man kann die nichtlineare Absorption meßtech-

nisch erfassen, indem man z. B. die laserinduzierteFluoreszenz IFl(I0) als Funktion der einfallendenLichtintensität mißt (Abb. 10.19c). Man sieht, daß an-fangs IFl ∝ I0 ansteigt, dann aber weniger als linearzunimmt (weil der Absorptionskoeffizient abnimmt)und dann gegen einen konstanten Wert konvergiert(Sättigung).

Man kann dieses Sättigungsverhalten ausnutzen,um mit Hilfe der Sättigungsspektroskopie dopplerfreiespektrale Auflösungen zu erhalten.

10.2.7 Sättigungsspektroskopie

Wir betrachten ein gasförmiges Medium aus Atomenoder Molekülen mit dopplerverbreiterten Absorptions-übergängen, durch das eine monochromatische Welle in±z-Richtung läuft (Abb. 10.20a). In Abb. 10.20b ist dieBesetzungsverteilung N(vz) und ihr Absorptionsprofilschematisch dargestellt. Atome mit vz = 0 absorbierenLicht hauptsächlich innerhalb des Frequenzintervallsω0 − δωn ≤ ω+ δωn, wobei δωn die homogene Lini-enbreite des Überganges ist (z. B. bei kleinem Druckist dies die natürliche Linienbreite). In den meistenpraktischen Fällen ist δωn δωD (Dopplerbreite).

Eine in z-Richtung einfallende Welle mit der Fre-quenz ω = ω0 und dem Wellenvektor k kann dahernur von solchen Atomen absorbiert werden, die aufGrund ihrer Dopplerverschiebung für die Lichtwelledie Absorptionsfrequenz ω haben. Wegen

ω = ω0 (1+ k ·vz)

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354 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

N vi z( )

vz

vz

N vi z( )

0

γ s

N Nk k0 − ω ωs zk v= + ⋅0

Ek

Ei

hω0ωs k,→

a)

vz

∆N vs z( )

α ω( )

∆vz

ω0

( ) /ω ωs k− 0

ω

b)

c)

+k

−k

Abb. 10.20a–c. Geschwindigkeitsselektive Sättigung einesdopplerverbreiterten Überganges. (a) Schema der Messungmit einer laufenden Welle und Gaußprofil der Besetzungsver-teilung Nk(vz); Ni(vz) im unteren und oberen Zustand mitLöchern bzw. lokalen Maxima für ωL = ω0; (b) symmetrischzur Linienmitte erscheinende Löcher bei einer stehendenWelle; (c) Lamb-Dip im Absorptionsprofil α(ω) für ω = ω0

muß ihre Geschwindigkeitskomponente vz im Intervall

vz ±∆vz = (ω−ω0 ± δωn)/k (10.38)

liegen. Für diese Moleküle sinkt auf Grund der Ab-sorption die Besetzungsdichte Nk im unteren Zustand,und die im oberen Zustand Ni(vz) steigt entsprechend,weil das absorbierte Photon ein Atom vom Zustand |k〉nach |i〉 bringt. Die monochromatische Welle brenntein Loch mit der Breite ∆vz = δωn/k in die Be-setzungsverteilung Nk(vz) (Abb. 10.20a) und erzeugteine entsprechende Spitze in der Verteilung Ni(vz) desoberen Zustandes.

Läßt man die einfallende Welle an einem Spiegelreflektieren, so kann für ω = ω0 die reflektierte Wellenur von Atomen der entgegengesetzten Geschwindig-keitsklasse

−vz ∓∆vz = −(ω−ω0 ± δωn)/k (10.39)

absorbiert werden. Sie brennt daher ein zweites Lochbei einer anderen Geschwindigkeitskomponente vz indie Verteilung Nk(vz) und erzeugt ein entsprechendschmales Maximum bei Ni(vz) (Abb. 10.20b).

Die Gesamtabsorption der Welle beim Hin- undRückweg durch die Absorptionszelle mit der Länge L

ist daher

∆I = [I1∆N(vz, I1)+ I2∆N(−vz, I2)

] ·σ(ω) ·2L .

(10.40)

Für ω = ω0 fallen beide Löcher zusammen. Da jetzt diegleiche Geschwindigkeitsklasse N(vz = 0±∆vz) mitbeiden Wellen wechselwirkt, erfahren diese Moleküleeine größere Intensität I = I1 + I2. Die Sättigung derBesetzungsdifferenz ∆N ist deshalb stärker, und dieGesamtabsorption

∆I = (I1 + I2) ·∆N(vz = 0, I1 + I2) ·σ(ω) ·2L(10.41)

wird kleiner, weil 2∆N(I ) < ∆N(I1)+∆N(I2) ist.Die Absorption hat deshalb für ω = ω0 ein loka-

les Minimum (Abb. 10.20c), das nach Willis Lamb, derdieses Phänomen zuerst theoretisch untersucht hat, alsLamb-Dip bezeichnet wird.

Die Breite der Lamb-Dips ist für Übergänge imsichtbaren Spektralbereich um etwa zwei Größenord-nungen schmaler als die Dopplerbreite. Ihre Messungfür atomare bzw. molekulare Übergänge, die auf der se-lektiven Sättigung der Besetzung von Niveaus beruht,an der nur Moleküle, die senkrecht zu Laserstrah-len fliegen, teilhaben, heißt Sättigungsspektroskopie(oft auch Lamb-Dip-Spektroskopie). Ihr Vorteil für diespektrale Auflösung wird in Abb. 10.21 deutlich, wozwei benachbarte Übergänge gezeigt sind, deren Dopp-

a)α ω( )

ω

∆α( )ω

ω

b)

ba

c

Abb. 10.21a,b. Spektrale Auflösung der Lamb-Dips zweierbenachbarter Moleküllinien, deren Dopplerbreiten überlap-pen. (a) Ohne, (b) mit periodischer Unterbrechung desSättigungsstrahls

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10.2. Laserspektroskopie 355

vomLaser

Unterbrecher

Pumpstrahl

Abfrage-strahl

DetektorAbsorptionszelle

ST

f

Lock-In

Abb. 10.22. Experimentelle Anordnung zur Sättigungsspek-troskopie

lerprofile sich überlappen, so daß man sie nicht alsgetrennte Linien erkennen kann. Ihre Lamb-Dips sinddagegen sehr wohl getrennt.

Es gibt verschiedene experimentelle Anordnungenzur Realisierung der Sättigungsspektroskopie [10.3]. InAbb. 10.22 wird der Laserstrahl durch einen Strahl-teiler ST in zwei Teilstrahlen aufgespalten: denstärkeren Pumpstrahl, der die Sättigung der moleku-laren Übergänge bewirkt, und den entgegenlaufendenAbfragestrahl, der auf Grund der selektiven Sättigungder absorbierenden Niveaus in der Mitte der doppler-verbreiterten Übergänge lokale Minima der Absorptionerfährt (Lamb-Dips, Abb. 10.23a). Wird der Pumpstrahlperiodisch unterbrochen und die transmittierte In-tensität des Abfragestrahls mit und ohne Pumplaser

IFluoreszenz

0

1

2

3

4

1 2 3 4 5 6 78 91011

12 131415

122MHz

a)

b) Laserfrequenz

νL

νL

Abb. 10.23. (a) Lamb-Dip-Spektrum der Hyperfeinstruktureines Überganges im J2-Molekül mit dopplerverbreiter-tem Übergang; (b) Elimination des Doppleruntergrundesdurch Messung der Absorptionsdifferenz mit bzw. ohnePumplaserstrahl

gemessen, so wird bei der Differenzbildung der dopp-lerverbreiterte Untergrund abgezogen, und man erhältnur die schmalen dopplerfreien Signale, die den Lamb-Dips der Absorption, also Maxima der transmittiertenIntensität, entsprechen (Abb. 10.23b).

In Abb. 10.24 wird die Probe, deren Spektrumgemessen werden soll, in den Resonator eines durch-stimmbaren Lasers gesetzt, in dem die stehende Welleder oszillierenden Resonatormode als Überlagerungaus zwei entgegengesetzt laufenden Wellen angesehenwerden kann. Die Lamb-Dips im Maximum der dopp-lerverbreiterten Absorptionslinien bei ω = ω0 führenjeweils zu einem lokalen Minimum der Absorption, sodaß für ω = ω0 die Verluste des Lasers ein Minimumhaben. Dies bewirkt ein entsprechendes Maximumder Laseremission (Abb. 10.24b). Moduliert man dieResonatorlänge d während des Durchstimmens derLaserwellenlänge, so erhält man bei phasenempfindli-chem Nachweis der Laserintensität die erste Ableitungdes Sättigungsspektrums (siehe Abschn. 10.1.1), alsodes dopplerfreien Absorptionsspektrums der moleku-laren Probe im Laserresonator. Zur Illustration ist inAbb. 10.25 ein solches moduliertes Sättigungsspektrumder Hyperfeinstruktur einer Rotationslinie des elektro-nischen Übergangs X1Σg → B3Πu des Iodmoleküls I2

dargestellt, das auch zur Frequenzstabilisierung vonLasern verwendet wird.

Laser Absorptions-zelle

Etalon

Detektor

Abstimm-einheit

M1 M2

2

1FluoreszenzDetektor

a)

IFl

ω0 ω ω0 ω

IL

b)

Abb. 10.24a,b. Sättigungsspektroskopie im Resonator ei-nes Lasers. (a) Experimentelle Anordnung; (b) Lamb-Dipin der Fluoreszenzintensität und Lamb-Spitze in der Aus-gangsleistung PL(ω) des Lasers bei der Mittenfrequenzω = ω0

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356 10. Experimentelle Methoden der Atom- und Molekülphysik

Abb. 10.25. Moduliertes Sättigungsspektrum des ÜbergangesB3Πu(v′ = 58, J ′ = 11) ← X1Σ+

s (v′′ = 1, J ′′ = 98) im J2-Molekül mit spektral aufgelöster Hyperfeinstruktur

10.2.8 Dopplerfreie Zweiphotonenabsorption

Bei genügend großer Lichtintensität kann es vorkom-men, daß von einem Atom oder Molekül gleichzeitigzwei Photonen absorbiert werden. Dadurch wird aufdas Atom der Drehimpuls ∆l = 0 oder ∆l = ±2übertragen, je nach der relativen Orientierung derbeiden Photonenspins. Zweiphotonenübergänge sindum mehrere Größenordnungen weniger wahrschein-lich als die erlaubten elektrischen Dipolübergänge fürEinphotonenabsorption (siehe Abschn. 7.2). Deshalbbraucht man Laser mit genügend hohen Intensitäten,um sie beobachten zu können. Die Absorptionswahr-scheinlichkeit wird jedoch stark erhöht, wenn einAtom- bzw. Molekülniveau, das vom AusgangsniveauEi durch einen Einphotonenübergang erreicht werdenkann, in der Nähe von ω1 oder ω2 (von Ei aus ge-rechnet) liegt (fast resonanter Zweiphotonenübergang,Abb. 10.26).

Bei einem Zweiphotonenübergang |i〉 → | f 〉 mußfür ein ruhendes Atom gelten

E f − Ei = (ω1 +ω2) . (10.42)

Wenn sich das Molekül mit der Geschwindigkeit v

bewegt, so wird die Frequenz ω der Lichtwelle imbewegten System des Moleküls dopplerverschoben zuω′ = ω−k ·v.

Ef

Ej

Ek

Ei

hω2

hω1 hω1

Ei

hω2

a) b)

Abb. 10.26a,b. Zweiphotonenübergänge. (a) Zweiphotonen-absorption mit ω1 = ω2; (b) stimulierte Ramanstreuung mitω1 = ω2

Die Resonanzbedingung (10.42) wird dann zu

E f − Ei = (ω1 +ω2)−v · (k1 +k2) . (10.43)

Stammen die beiden absorbierten Photonen aus zweiverschiedenen antikollinear laufenden Lichtwellen mitder gleichen Frequenz ω1 = ω2, so wird k1 = −k2, undman sieht aus (10.43), daß die Dopplerverschiebung desZweiphotonenüberganges zu Null kompensiert wird.In diesem Falle tragen alle Moleküle, unabhängigvon ihrer Geschwindigkeit v, zur Zweiphotonenab-sorption bei der gleichen Lichtfrequenz bei. Dies istanders als bei der Sättigungsspektroskopie, wo nureine schmale Geschwindigkeitsklasse (etwa 1% allerMoleküle im absorbierenden Zustand) zum Sättigungs-signal beiträgt. Deshalb erhält man im allgemeinenin der dopplerfreien Zweiphotonenspektroskopie trotzder viel kleineren Übergangswahrscheinlichkeit Si-gnale der gleichen Größenordnung wie bei derSättigungsspektroskopie. In Abb. 10.27 ist eine mög-liche experimentelle Anordnung zur Messung vonZweiphotonen-Absorptionsspektren gezeigt. Der La-serstrahl wird zur Erhöhung der Intensität mit Hilfeeiner Linse in die Gaszelle mit den absorbierenden Mo-lekülen fokussiert. Das transmittierte Licht wird durcheinen Hohlspiegel so reflektiert, daß sein Fokus mit demder einfallenden Welle übereinstimmt. Die Absorptionkann über Fluoreszenz vom oberen Niveau E f in tiefereNiveaus nachgewiesen werden.

Natürlich können beim Durchstimmen der Laser-frequenz auch je ein Photon aus beiden Strahlen zurAbsorption beitragen. In diesem Falle ist k1 = k2, unddie dadurch bewirkte Absorption hat die doppelteDopplerbreite wie ein Einphotonenübergang bei derFrequenz ω.

Faraday-Rotator

Spektral-Analysator

Photo-multiplier

Filter

k i

kr

→ Ef

Ei

EmFarbstoff-laser

a) b)

Fluoreszenz

Abb. 10.27a,b. Experimentelle Anordnung zur Messung vonZweiphotonenabsorption

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10.3. Messung magnetischer und elektrischer Momente von Atomen und Molekülen 357

dopplerfrei

Doppler-untergrund

IFl

ω12

ωif

h kiω +→

h kiω −→0

0vz

vz

Abb. 10.28. Schematische Darstellung eines dopplerfreienZweiphotonensignals. Der dopplerverbreiterte Untergrund iststark überhöht gezeichnet

Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fall ist halb sogroß wie die, daß beide Photonen aus unterschiedli-chen Strahlen kommen. Die Fläche des dopplerfreienSignals ist deshalb doppelt so groß wie die des verbrei-terten Untergrundes. Da seine Breite jedoch um etwazwei Größenordnungen schmaler ist, wird die Höhe desdopplerfreien Signals mehr als 100 mal größer als diedes Untergrundes (Abb. 10.28).

Ausführlichere Darstellungen der Mehrphotonen-Spektroskopie findet man in [10.14, 15].

10.3 Messung magnetischerund elektrischer Momentevon Atomen und Molekülen

Viele Moleküle haben auf Grund von Bahndrehim-pulsen oder Spins ihrer Elektronen oder auf Grundvon Kernspins ein magnetisches Dipolmoment pm. Sieerfahren dann in äußeren Magnetfeldern B ein Dreh-moment D = pm × B, das versucht, die Moleküle sozu orientieren, daß pm parallel zum Magnetfeld B steht,weil dann die potentielle Energie

Wpot = −pm · B (10.44)

minimal wird. Das magnetische Dipolmoment hatim molekülfesten Koordinatensystem eine feste Rich-tung, welche durch die Kernverbindungsachse und denelektronischen Gesamtdrehimpuls festgelegt ist.

Durch die Molekülrotation dreht sich pm, undes bleibt als zeitlicher Mittelwert nur die Projektionvon pm auf die Richtung des Gesamtdrehimpulses J(Abb. 10.29). Im äußeren Magnetfeld ist die mittlere

< >→p

Bm

pm

J→

J→

B→

< >→p

m< >→

pm

Abb. 10.29. Durch die Molekülrotation gemitteltes ma-gnetisches Moment pm(J ), dessen Projekion 〈pm(J)〉 imMagnetfeld B präzediert

potentielle Energie dann:⟨Wpot

⟩ = − (pm · J) · (J · B)

J2. (10.45)

Auf Grund der thermischen Bewegung bei Temperatu-ren T > 0 überlagert sich dieser durch das Magnetfeldbewirkten Orientierungstendenz die durch Stöße ver-ursachte statistisch in alle Raumrichtungen verteilteDesorientierung der Moleküle. Der Ausrichtungsgradder molekularen magnetischen Momente resultiert ineiner mittleren Magnetisierung

〈Mm〉 ∝ 〈Wpot〉3/2 kT

, (10.46)

die vom Verhältnis von mittlerer magnetischer zuthermischer Energie abhängt.

Man kann 〈Mm〉 berechnen, wenn man das über dieMolekülrotation gemittelte magnetische Moment 〈pm〉der Moleküle kennt.

Wenn die Ladungsschwerpunkte der Kernladun-gen und der Elektronenladungen nicht zusammenfallen,haben die Moleküle auch ein elektrisches Dipolmo-ment pel (siehe Bd. 2, Abschn. 1.8) (Beispiele: HCl,H2O, NaCl). Auf solche Moleküle wirkt im homogenenelektrischen Feld das Drehmoment

D = pel × E

und im inhomogenen Feld zusätzlich eine Kraft

F = pel ·grad E. (10.47)

Diese elektrischen und magnetischen Momente ha-ben eine große wissenschaftliche und technischeBedeutung z. B. für die Orientierung von Molekülenin Flüssigkristallen, bei Meß- und Diagnoseverfah-ren (z. B. Kernspintomographie), bei der Optimierungvon Piezokeramik, bei der Realisierung extrem tieferTemperaturen mit Hilfe der adiabatischen Entmagneti-sierung etc. Wir wollen im folgenden einige Verfahrenzu ihrer Messung kurz vorstellen.